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1,9 MB - Shanti Partnerschaft Bangladesch eV

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<strong>Shanti</strong><br />

1


Inhalt<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Vorwort<br />

<strong>Partnerschaft</strong><br />

SHANTI - DIPSHIKHA (Paul Tigga)<br />

ALOHA Social Service Bangladesh –ASSB (Minara Begum)<br />

Zusammenarbeit<br />

<strong>Shanti</strong> und Misereor (Corinna Broeckmann)<br />

<strong>Shanti</strong> und ILD (Lothar Kleipaß)<br />

Geschichte<br />

Historie<br />

Chronik der Vorsitzenden<br />

Spaß muss sein. Organisationsentwicklung bei <strong>Shanti</strong><br />

644,85 Mark für Kinder aus <strong>Bangladesch</strong><br />

Arbeitskreis 3. Welt St. Josef<br />

Projekte in <strong>Bangladesch</strong><br />

Gruppenmitglieder<br />

Jamina Begum<br />

Bishu Ram Roy<br />

Sona Banu<br />

Freiwillige- Fotos und Übersicht<br />

Gedanken vor einem Freiwilligenaufenthalt (Anna Sarikaya)<br />

Impressionen von Freiwilligen<br />

Eindrücke von Deutschlandbesuchen<br />

Anthony Rebeiro<br />

John Gomes<br />

Jadab Chandra Deb Nath: ein persönlicher Nachruf (Annegret Burger)<br />

Rezept aus dem Heft Bangla-Ranna<br />

Von den Träumen der Rikschafahrer - Urbane Situation und die Rolle<br />

des Dorfes in <strong>Bangladesch</strong> (Anna Heringer)<br />

Reisebericht von 1982 (Karl-Heinz Barthelmeus)<br />

Gedicht (Rabindranath Tagore)<br />

Kontakt-Adressen<br />

Impressum<br />

4<br />

5<br />

8<br />

12<br />

13<br />

15<br />

27<br />

28<br />

30<br />

31<br />

32<br />

34<br />

35<br />

36<br />

38<br />

41<br />

42<br />

48<br />

49<br />

52<br />

56<br />

57<br />

61<br />

65<br />

66<br />

67<br />

3


Vorwort<br />

(Elmar Roth)<br />

Am 4. Mai 1983 trafen sich in Stuttgart<br />

18 Menschen. Es waren Mitglieder<br />

eines Freundeskreises, der den seit<br />

1976 in Bangladesh tätigen Pfarrer<br />

Klaus Beurle ideell und finanziell<br />

unterstützte. Der Freundeskreis hatte<br />

sich den bengalischen Namen <strong>Shanti</strong><br />

(= Friede) gegeben, in langen Diskussionen<br />

eine Satzung entwickelt und<br />

wollte sich nun die rechtliche Form<br />

eines eingetragenen Vereins geben.<br />

Zweck dieses Vereins sollte sein:<br />

- die Unterstützung und Finanzierung<br />

von Entwicklungs- und Bildungsarbeit,<br />

insbesondere der von der bengalischen<br />

Organisation Dipshikha initiierten<br />

lokalen Kleinprojekte auf den Dörfern<br />

- die Soforthilfe bei Krankheiten und<br />

Notsituationen in <strong>Bangladesch</strong><br />

- ebenso die Förderung von Austauschprogrammen.<br />

Keines der Gründungsmitglieder dieses<br />

am 26. Juli 1983 unter dem Namen<br />

„<strong>Partnerschaft</strong> <strong>Shanti</strong>-<strong>Bangladesch</strong>“<br />

beim Amtsgericht Rottweil eingetragenen<br />

Vereins hat sich damals wohl<br />

vorstellen können, dass dieser Verein<br />

im Jahre 2003 sein zwanzigjähriges<br />

Bestehen feiern würde.<br />

Von den damaligen Mitgliedern haben<br />

sich zwar manche wieder vom Verein<br />

getrennt, aber ein „harter Kern“<br />

hat immer neu mit Erfolg versucht,<br />

die damals festgelegten Ziele zu<br />

verwirklichen. Und die <strong>Partnerschaft</strong><br />

mit Dipshikha (= Lichtfunke) besteht<br />

noch immer.<br />

Gerade diese sich ständig weiter<br />

entwickelnde <strong>Partnerschaft</strong> mit einer<br />

bengalischen Entwicklungsinitiative<br />

ist ein besonderes Merkmal unseres<br />

Vereins. Mehr als die Hälfte der Mitglieder<br />

hat eigene „<strong>Bangladesch</strong>-<br />

Erfahrungen“, und so sind wir stets<br />

bodenständig geblieben.<br />

Die Zusammenarbeit mit „Misereor“<br />

hat sich als sehr fruchtbar erwiesen,<br />

ebenso die Mitgliedschaft im<br />

„Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband“<br />

sowie im „Internationalen<br />

Landvolkdienst“ (ILD). Neue regionale<br />

Schwerpunkte (zum Beispiekl in<br />

Bayern) sind hinzugekommen und<br />

die Mitgliederzahl ist auf etwa 150<br />

angestiegen. Doch im Grunde ist<br />

<strong>Shanti</strong> noch immer ein Freundeskreis,<br />

in dem man sich wohl und daheim<br />

fühlen kann.<br />

Herzliche Glückwünsche und weiterhin<br />

so erfolgreiche Arbeit!<br />

Elmar Roth, Ehrenvorsitzender n


<strong>Partnerschaft</strong><br />

SHANTI - DIPSHIKHA (Paul Tigga)<br />

Die offi zielle Gründung von Dipshikha<br />

fand 1984 statt, obwohl erste Aktivitäten<br />

bereits weiter zurückreichen. Das<br />

bengalische Wort „Dipshikha“<br />

bedeutet Funke, Lichtfunke. Im Gegensatz<br />

dazu bedeutet „<strong>Shanti</strong>“ – auch ein<br />

bengalisches Wort – Friede. Demnach<br />

haben Dipshikha – Feuer und<br />

<strong>Shanti</strong> – Friede sehr gegensätzliche<br />

Bedeutungen. Wie kommt es also,<br />

dass diese beiden Organisationen<br />

koexistieren, kooperieren und ihre<br />

<strong>Partnerschaft</strong> seit mehr als zwei<br />

Jahrzehnten besteht? Hier eine<br />

Anekdote, die mir dazu in den Sinn<br />

kommt.<br />

Es gab schon immer und gibt auch<br />

heute noch Hunde in Rudrapur Gana<br />

Aloy. Es war einmal eine Katze dort, die<br />

starb, nachdem sie zwei kleine Kätzchen<br />

geboren hatte. Da es sonst niemanden<br />

gab, der die Kätzchen säugen konnte,<br />

wurden sie einer Hündin gegeben,<br />

die gerade geworfen hatte. Jemand,<br />

der sah, wie die Kätzchen von der<br />

Hündin gesäugt wurden, wunderte<br />

sich, wie dieses möglich sei. In dieser<br />

Zeit war Elmar Roth von <strong>Shanti</strong> mit<br />

seiner Familie in Rudrapur und sagte:<br />

„Seht ihr, das ist der wahre Geist von<br />

Dipshikha!“<br />

Es scheint mir, dass Dipshikha und<br />

<strong>Shanti</strong>, obwohl die Bedeutung der<br />

Namen so gegensätzlich ist, das<br />

Fundament ihrer <strong>Partnerschaft</strong> auf<br />

<strong>Shanti</strong><br />

tiefe Zuneigung, Vertrauen, Wahrheit<br />

und Gewaltlosigkeit gründen. Dies, so<br />

meinen wir, sind die Kernwerte, auf<br />

denen die <strong>Partnerschaft</strong> gegründet ist.<br />

Weiterhin möchten wir die folgenden<br />

Punkte erwähnen, die dazu beigetragen<br />

haben, die <strong>Partnerschaft</strong> zu erhalten<br />

und zu stärken.<br />

Freundschaft und Offenheit:<br />

Freundschaft und Offenheit sind Werte,<br />

die Verständnis, Teilen und Empathie<br />

fördern. In der langen gemeinsamen<br />

„Reise“ waren dies die wesentlichen<br />

Wurzeln der <strong>Partnerschaft</strong>. Lasst uns<br />

dies in der Zukunft fortsetzen.<br />

Austauschbesuche und Freiwillige:<br />

Es gab einen kontinuierlichen Fluss<br />

von Besuchern und Freiwilligen, die<br />

von <strong>Shanti</strong> aus Dipshikha besuchten.<br />

Dipshikha hat diese, insbesondere<br />

auch die jungen Freiwilligen aus<br />

Deutschland, immer mit großer<br />

Freude willkommen geheißen und<br />

wird dies auch in Zukunft tun. Die<br />

Besucher und Freiwilligen sorgen<br />

5


dafür, dass der Informationsfluss<br />

und der Erfahrungsaustausch wie in<br />

einem Blutkreislauf zwischen <strong>Shanti</strong><br />

und Dipshikha zirkulieren. Ebenso<br />

haben regelmäßige Besuche von<br />

Dipshikha nach Deutschland, auch<br />

von Besuchsgruppen, wesentlich<br />

dazu beigetragen, dass die Verbindung<br />

zwischen den beiden Organisationen<br />

gestärkt wurde.<br />

Familie Tigga, Kamal und Naresh mit<br />

Landjugend Rottal Inn<br />

Kommunikation:<br />

Wann immer Unklarheiten oder<br />

die Notwendigkeit für Erklärungen<br />

auftraten, bestand die Möglichkeit,<br />

diese in persönlichen Gesprächen, in<br />

Briefen oder e-mails zu klären. Wir<br />

sind der Meinung, dass dies eine große<br />

Stärke unserer <strong>Partnerschaft</strong> darstellt.<br />

Gemeinsame Entscheidungen:<br />

Dipshikha und <strong>Shanti</strong> haben in den<br />

wesentlichen Punkten Entscheidungen<br />

gemeinsam getroffen. Zum Beispiel<br />

wenn Dipshikha den Wunsch hatte,<br />

seine Aktivitäten und Arbeitsfelder<br />

auszuweiten, wurden diese Fragen<br />

gemeinsam diskutiert und entschieden.<br />

Dieses gab und gibt uns ein Gefühl<br />

der gemeinsamen Sorge und<br />

Verantwortung für die <strong>Partnerschaft</strong>.<br />

<strong>Shanti</strong>s Rolle als Initiator:<br />

<strong>Shanti</strong> ist wie ein Gärungsmittel<br />

für Dipshikha, so dass durch <strong>Shanti</strong>s<br />

besondere Rolle eine Reihe weitere<br />

Zusammenarbeiten von Dipshikha mit<br />

anderen Organisationen angestoßen<br />

wurden.<br />

Evangelischer Kirchentag, München<br />

1993<br />

Viele Menschen - <strong>Shanti</strong>-Mitglieder,<br />

Freiwillige und Besucher - haben ganz<br />

wesentlich dazu beigetragen, dass und<br />

wie sich die <strong>Partnerschaft</strong> und der<br />

gemeinsame Weg entwickelt haben. Es<br />

ist nicht möglich, hier alle zu erwähnen<br />

und die einzelnen Beiträge zu<br />

würdigen. Sepp Gruber zum Beispiel


hat in seiner langjährigen Mitarbeit und<br />

vielen Besuchen in <strong>Bangladesch</strong> das<br />

Landwirtschaftsprogramm begründet.<br />

Annegret Burger leistete Pionierarbeit<br />

beim Aufbau des Präventivprogramms/<br />

Gesundheitsdienstes und arbeitete<br />

eng mit unserem Arzt Mr. Jadab<br />

Ch. Debnath zusammen. Fritz<br />

Nonnenmacher hat sich insbesondere<br />

für die Schulen in Dipshikha<br />

eingesetzt. Viele weitere Menschen<br />

haben wertvolle Beiträge geleistet.<br />

Zu diesem großen Anlass des 20jährigen<br />

Bestehens von <strong>Shanti</strong> wünschen wir<br />

uns von Herzen, dass sich unsere<br />

<strong>Partnerschaft</strong> in den kommenden<br />

Jahren noch weiter verfestigt.<br />

Paul C. Tigga,<br />

Executive Director Dipshikha n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Paul C. Tigga<br />

7


<strong>Partnerschaft</strong><br />

ALOHA Social Service <strong>Bangladesch</strong> (Minara Begum)<br />

ALOHA bedeutet in Hawaii<br />

„Willkommen“ und ist gleichzeitig<br />

die Kurzform für „Aloha Social<br />

Services Bangladesh“ (ASSB). Diese<br />

von Frauen gegründete und geleitete<br />

Nichtregierungsorganisation arbeitet<br />

für Frauen und Kinder im Nordwesten<br />

von <strong>Bangladesch</strong>.<br />

Ein in Hawaii lebender Verwandter<br />

der Gründer baute Kontakte zu<br />

der amerikanischen Organisation<br />

„Aloha Medical Mission“ auf. Daraus<br />

entwickelte sich eine enge Kooperation.<br />

Während mehrerer Kurzzeiteinsätze<br />

amerikanischer Ärzte wurden viele<br />

Menschen in Dhaka und Dinajpur<br />

medizinisch behandelt und mehrere<br />

Kinder, die unter starken körperlichen<br />

Behinderungen litten, konnten in den<br />

USA erfolgreich operiert werden.<br />

1998 gründeten sieben Geschwister,<br />

fünf Schwestern und zwei Brüder,<br />

zusammen mit ihren Ehepartnern<br />

im Namen ihres Vaters und ihrer<br />

verstorbenen Mutter den „Muhammad<br />

Ali Fayezun Nessa Trust“ (MAFTA).<br />

MAFTA betreibt eine Vorschule für<br />

Slumkinder in Dinajpur und kümmert<br />

sich um die regelmäßige medizinische<br />

Versorgung dieser Kinder.<br />

Die Schule befindet sich auf einem<br />

Grundstück, das der Vater und die<br />

beiden Brüder zur Verfügung stellten.<br />

Finanziert wurde und wird dieses<br />

Projekt in Dinajpur bis heute vor<br />

allem über private Spenden der<br />

Organisationsgründer.<br />

Die erfolgreiche Arbeit von MAFTA<br />

ermutigte die Familie, ihre finanzielle<br />

Unterstützung weiter auszudehnen. 1999<br />

gründeten sie die Organisation Aloha<br />

Social Services Bangladesh (ASSB).<br />

Inzwischen engagieren sich alle Familienmitglieder<br />

auf unterschiedlichste<br />

Weise. Auch immer mehr interessierte<br />

Bürger in <strong>Bangladesch</strong> wurden als<br />

Mitglieder für ASSB gewonnen.<br />

Gemäß der muslimischen Tradition<br />

stellen sie einen Teil ihres jährlichen<br />

Einkommens für karitative Zwecke -<br />

für ASSB - bereit. In der Anfangsphase<br />

wurde ASSB personell von Natasha<br />

unterstützt, die im Rahmen des „Peace<br />

Corps-Programms“ den Lehrplan der<br />

Schule ausarbeitete, bei der Lehrerausbildung<br />

und der Projektplanung<br />

mithalf.<br />

Vorschule in Dinajpur


Bildung und medizinische Versorgung<br />

sind lebensnotwendig, und darum<br />

begann ASSB in dem Dorf Mobarakpur<br />

im Naogaon Distrikt, aus dem der<br />

Großvater der Familie stammt, ein<br />

Gesundheitszentrum zu errichten. Mit<br />

der fachlichen Unterstützung aus dem<br />

Augenkrankenhaus von Dinajpur wird<br />

mindestens einmal im Jahr ein „Eye-<br />

Camp“ organisiert. Schon über 300<br />

Menschen können nach erfolgreicher<br />

Staroperation wieder sehen.<br />

Gesundheitszentrum<br />

1999 wurden auch die ersten<br />

Kontakte zwischen ASSB und <strong>Shanti</strong><br />

sowie zwischen ASSB und anderen<br />

deutschen Entwicklungsorganisatio<br />

nen geknüpft, denen gemeinsam ist,<br />

dass sie sich für die Überwindung<br />

der Armut und Benachteiligung<br />

von Menschen in <strong>Bangladesch</strong> einsetzen.<br />

Die Unterstützung gilt vor<br />

allem den Frauen und Kindern,<br />

weil sie in besonderer Weise von<br />

<strong>Shanti</strong><br />

extremer Armut, Diskriminierung<br />

und Ausbeutung betroffen sind.<br />

Im Zentrum der Aktivitäten<br />

stehen daher die Verbesserung der<br />

Gesundheitsversorgung und die<br />

Stärkung und Förderung der Frauen<br />

und Kinder. ASSB ist davon überzeugt,<br />

dass Gesundheit die notwendige<br />

Voraussetzung ist, damit Menschen ihr<br />

Leben menschenwürdig gestalten und<br />

sich als aktiver Teil in die Gesellschaft<br />

einbringen können.<br />

Im Januar 2003 reiste ein deutsches<br />

Ärzte- und Schwesternteam für<br />

einen dreiwöchigen Aufenthalt nach<br />

Naogaon. Über 60 Patienten wurden<br />

im neuen Gesundheitszentrum<br />

operiert, die sich unter normalen<br />

Umständen eine solche Operation<br />

niemals hätten leisten können.<br />

Anschließend behandelte ein<br />

amerikanischer Arzt von „Aloha<br />

Medical Mission“ unentgeltlich<br />

einmal wöchentlich Patienten im<br />

neu errichteten Gesundheitszentrum<br />

in Naogaon. Nach Ausbruch des<br />

Irakkrieges im März 2003 musste er<br />

leider das Land verlassen. Darüber<br />

hinaus bilden weiterhin deutsche<br />

Krankenschwestern in ihrem Urlaub<br />

die ASSB-Mitarbeiterinnen des Gesundheitsbereiches<br />

aus.<br />

Außerdem konnte eine Computerexpertin<br />

aus Deutschland für die<br />

9


Fortbildung der Mitarbeiter in diesem<br />

Bereich gewonnen werden.<br />

Die nachfolgende Übersicht zeigt die<br />

bisherigen Projekte und Kooperationen<br />

von ASSB:<br />

No. 1<br />

Projekt und Projektregion:<br />

Errichtung eines Gesundheitszentrums<br />

in Mobarakpur, Naogaon (das Land für<br />

das Gesundheits- und Trainingszentrum<br />

wurde von Verwandten gestiftet)<br />

Schwerpunkt:<br />

Fundament und halbes Erdgeschoss<br />

mit vorläufigem Dach<br />

Kooperationspartner:<br />

Geißler<br />

Eine-Welt-Kreis Altötting<br />

No. 2<br />

Projekt und Projektregion:<br />

Integriertes Entwicklungsprojekt für<br />

Frauen in 10 Dörfern in Patichora,<br />

Naogaon<br />

Schwerpunkt:<br />

Förderung der sozioökonomischen<br />

Situation armer und benachteiligter<br />

Frauen<br />

Kooperationspartner:<br />

<strong>Shanti</strong><br />

No. 3<br />

Projekt und Projektregion:<br />

Gesundheitsförderung für Mütter und<br />

Kinder in 10 Dörfern in Patnitola,<br />

Naogaon sowie in Slums von<br />

Dinajpur<br />

Schwerpunkt:<br />

Errichtung medizinischer Einrichtungen<br />

für benachteiligte Mütter und<br />

Kinder; Vergabe von Krediten für<br />

einkommensschaffende Maßnahmen<br />

Kooperationspartner:<br />

Kindermissionswerk<br />

No. 4<br />

Projekt und Projektregion:<br />

Entwicklungs- und Empowermentprogramm<br />

für Frauen in zehn Dörfern<br />

in Aranagar, Naogaon<br />

Schwerpunkt:<br />

Einkommensschaffende Maßnahmen;<br />

Schulungen<br />

Kooperationspartner:<br />

Marie-Schlei-Verein


No. 5<br />

Projekt und Projektregion:<br />

Integrierte ländliche Entwicklung<br />

mit den Schwerpunkten Frauenförderung<br />

und Verbesserung der<br />

Gesundheitssituation in Patichora,<br />

Naogaon<br />

Schwerpunkt:<br />

Einkommensschaffende Maßnahmen;<br />

Schulungen; Demonstrationsfelder;<br />

Errichtung von Fischkulturen; Bau<br />

von Latrinen und Pumpbrunnen;<br />

Aufbau eines Gesundheits- und<br />

Schulungszentrums Das Land für das<br />

Gesundheits- und Trainingszentrum<br />

wurde von Verwandten gestiftet.<br />

Kooperationspartner:<br />

Internationaler Landvolkdienst (ILD)<br />

der Katholischen Landvolk-Bewegung<br />

(KLB); <strong>Shanti</strong><br />

Minara Moyeen Begum,<br />

Director ASSB n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Minara, Nancy, Vater, Chhabi<br />

11


Zusammenarbeit<br />

<strong>Shanti</strong> und Misereor (Corinna Broeckmann)<br />

Die gemeinsame Arbeit begann im<br />

Juli 1984. Es hatte bereits eine Reihe<br />

von Gesprächen zwischen <strong>Shanti</strong> e.V.<br />

und Misereor gegeben, bis man sich<br />

darauf einigte, dass Misereor in einem<br />

sogenannten „<strong>Partnerschaft</strong>sprojekt“<br />

mit Dipshikha die Weiterleitung<br />

von Spenden übernähme, die<br />

<strong>Shanti</strong> sammeln würde. <strong>Shanti</strong> war<br />

in <strong>Bangladesch</strong> damals noch keine<br />

anerkannte Hilfsorganisation, so dass<br />

Gelder für Partnerorganisationen<br />

anderweitig überwiesen werden<br />

mussten. Misereor übernahm mit der<br />

Weiterleitung der Spenden auch eine<br />

Ausfallbürgschaft gegenüber Dipshikha:<br />

Hätte <strong>Shanti</strong> es nicht geschafft, über<br />

die geplanten Jahre hinweg Dipshikha<br />

ausreichend zu unterstützen, hätte<br />

Misereor das Defizit übernommen.<br />

Dies war jedoch nicht notwendig, und<br />

Ende 1991 konnte man bei Misereor<br />

das erste Projekt abschließen, das in<br />

<strong>Partnerschaft</strong> mit <strong>Shanti</strong> und Dipshikha<br />

(mit einer Laufzeitverlängerung von<br />

2 1⁄2 Jahren) durchgeführt wurde.<br />

Der Titel dieses ersten Projekts lautete:<br />

„Laufende Kosten für ein integriertes<br />

Dorfentwicklungsprogramm der Dipshikha-Bewegung<br />

in <strong>Bangladesch</strong>“.<br />

Das NETZ-Heft 1/85 beschreibt<br />

die damalige Arbeitsteilung zwischen<br />

<strong>Shanti</strong> und Misereor: „Das Dipshikha-<br />

Projekt wird von <strong>Shanti</strong> begleitet und<br />

finanziert, von Misereor in Fragen der<br />

Entwicklungskonzeption und in Ver<br />

waltungsangelegenheiten betreut und<br />

unterstützt.“<br />

Im Laufe der letzten fast 20 Jahre und<br />

sieben gemeinsamer Projekte hat sich<br />

die Zusammenarbeit zwischen <strong>Shanti</strong><br />

e.V. und Misereor gewandelt. Dies hat<br />

sicherlich nicht nur damit zu tun, dass<br />

es <strong>Shanti</strong> bereits seit Ende der 1980er<br />

Jahre möglich ist, direkt Gelder an seine<br />

Projektpartner zu überweisen, sondern<br />

auch damit, dass sich über die Jahre<br />

ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis<br />

zwischen den Institutionen und ihren<br />

Mitarbeiter/innen (trotz mehrerer<br />

Wechsel in der Bearbeitung) aufbauen<br />

konnte. Die Nähe <strong>Shanti</strong>s zu seinen<br />

Projektpartnern, die regelmäßigen<br />

Besuche bei Dipshikha und die Diskussionen<br />

über den Fortgang der inzwischen<br />

gemeinsam geförderten<br />

Projekte unterstützt Misereor in<br />

seinem Verständnis der Arbeit vor Ort<br />

und trägt zu einer gegenseitigen Befruchtung<br />

der inhaltlichen Arbeit bei.<br />

Wir wünschen <strong>Shanti</strong> e.V. für seine<br />

Arbeit in Bangladesh und in der Arbeit<br />

in Deutschland weiterhin alles Gute,<br />

freuen uns auch weiterhin auf eine<br />

partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />

und gratulieren zum 20jährigen<br />

Jubiläum!<br />

Corinna Broeckmann (Misereor)<br />

Länderreferentin für Bangladesh n


<strong>Shanti</strong> und ILD (Lothar Kleipaß)<br />

Eins plus eins ergibt mehr als zwei<br />

- <strong>Shanti</strong> und ILD: seit acht Jahren<br />

eine glückliche Konstellation<br />

Wenn sich zwei wie <strong>Shanti</strong> und der<br />

Internationale Landvolkdienst (ILD)<br />

zusammentun, dann kommt dies<br />

nicht nur diesen beiden Initiativen<br />

in Deutschland zugute, sondern vor<br />

allem denjenigen in <strong>Bangladesch</strong>, die<br />

tatkräftig daran mitwirken, dass sich<br />

die Lebenssituation ausgesprochen<br />

armer Bevölkerungsgruppen in ihrem<br />

Land verbessert. Sie stehen dafür, dass<br />

Dipshikha und Aloha Social Services<br />

Bangladesh (ASSB) Hoffnungsträger<br />

für viele Menschen sind, deren<br />

eigene Armut keinen Ausweg aus<br />

tief empfundener Hoffnungslosigkeit<br />

bietet. Hoffnungsträger auch für uns<br />

in Deutschland, die wir uns doch<br />

bengalische Partner wünschen, auf die<br />

Verlass ist und die tatsächlich etwas<br />

zum Positiven wenden.<br />

Was 1994 nach einem <strong>Bangladesch</strong>-<br />

Besuch mit dem damaligen <strong>Shanti</strong>-<br />

Vorsitzenden Sepp Gruber als<br />

„Versuchsballon“ begann, hat sich<br />

in der Projektzusammenarbeit inzwischen<br />

bestens bewährt. Damals<br />

wollte Dipshikha mit einem<br />

neuen Projekt und Konzept seinen<br />

Aktionsradius erweitern, sicher auch,<br />

um als Entwicklungsorganisation<br />

einen höheren Stellenwert im eigenen<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Land zu erreichen. <strong>Shanti</strong> wollte<br />

diesen Weg tatkräftig unterstützen, sah<br />

sich aber selber nicht in der Lage, ein<br />

in Ghoraghat vorgesehenes Projekt<br />

alleine zu fi nanzieren.<br />

Da bot sich eine Zusammenarbeit<br />

mit dem ILD förmlich an, der einige<br />

Jahre zuvor von der Katholischen<br />

Landvolkbewegung (KLB) als eigenständiger<br />

Projektträger ins Leben<br />

gerufen worden war, um Projekte<br />

mit Hilfe staatlicher Zuschüsse<br />

fördern zu können. <strong>Shanti</strong> wurde<br />

Mitglied beim ILD und das Projekt<br />

in Ghoraghat Realität. Finanziert<br />

wurde es gemeinsam: von <strong>Shanti</strong> und<br />

Dipshikha, sowie zu 75% vom ILD<br />

in Form von Zuschüssen seitens des<br />

Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ).<br />

In der Folgezeit wurde schnell<br />

deutlich, dass mit dieser Art der<br />

Kooperation eigentlich alle nur<br />

gewinnen können. Deshalb wurde sie<br />

fortgesetzt und inzwischen sind wir<br />

beim fünften Projekt, einer seit 1995<br />

bis 2006 bewilligten Zuschusssumme<br />

in Höhe von mehr als 1,6 Mio. Euro<br />

und mit Aloha bei einem weiteren<br />

bengalischem Partner im gemeinsamen<br />

Boot angelangt. Diese knappen<br />

Fakten belegen, dass wir uns auf dem<br />

richtigen Weg befi nden. Sie kommen<br />

aber auch nicht von ungefähr, sondern<br />

13


erfordern, trotz des einen oder<br />

anderen Rückschlags, überzeugtes und<br />

überzeugendes Engagement auf allen<br />

Seiten. Dass <strong>Shanti</strong> und Dipshikha<br />

dies gemeinsam über einen so langen<br />

Zeitraum durchgehalten haben,<br />

zeichnet sie in besonderer Weise und<br />

als verlässliche Größe aus.<br />

Unsere Projekte sind immer<br />

längerfristig angelegt, ihre Auswirkungen<br />

werden gemeinsam eingehend<br />

reflektiert und ausgewertet.<br />

Nach Ende ihrer Finanzierung sollen<br />

sie sich selber tragen. Dies ist eine<br />

große Herausforderung für alle, aber je<br />

mehr Ideen zusammenkommen, desto<br />

besser wird’s klappen.<br />

Dass eins plus eins mehr als zwei ergibt,<br />

heißt auch, dass es sich um eine Art der<br />

Zusammenarbeit handelt, die geprägt<br />

ist von gegenseitigem Vertrauen<br />

und Respekt, von Begeisterung für<br />

die Sache und für die Menschen<br />

in <strong>Bangladesch</strong>, sowie von einem<br />

konstruktiven Umgang bei der Suche<br />

nach noch besseren und professionellen<br />

Lösungen. Es ist eine glückliche<br />

Konstellation engagierter Menschen,<br />

von der zu hoffen bleibt, dass sie dem<br />

gemeinsamen Anliegen weiter dient.<br />

Lothar Kleipaß, ILD-Geschäftsführer n


Geschichte<br />

Historie<br />

Eckpunkte der Geschichte von <strong>Shanti</strong><br />

1975-78<br />

In verschiedenen Städten Baden-<br />

Württembergs bilden sich Freundeskreise,<br />

um den aus der Diözese<br />

Rottenburg-Stuttgart stammenden<br />

und seit 1974 in <strong>Bangladesch</strong> lebenden<br />

Priester Klaus Beurle bei seiner<br />

praxisorientierten Bildungsarbeit zu<br />

unterstützen.<br />

Klaus Beurle<br />

Beurle hatte zusammen mit sozial<br />

engagierten Bengalen, darunter dem<br />

Caritas-Direktor von Dinajpur, Paul<br />

Tigga, gemeinsame Vorstellungen zur<br />

Armutsbekämpfung durch Bildung<br />

entwickelt, die vor allem von<br />

vielen Jugendlichen im ländlichen<br />

<strong>Bangladesch</strong> mit Enthusiasmus<br />

aufgegriffen wurden. Der lose Verband<br />

visionärer Menschen aus allen<br />

Religionsgemeinschaften gibt sich den<br />

Namen „ Dipshikha“ (= Lichtfunke,<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Feuerfunke). Dem ebenso lockeren<br />

Verbund deutscher Kontaktgruppen<br />

schlägt man vor, sich den Namen<br />

„<strong>Shanti</strong>“ zu geben. “<strong>Shanti</strong> ist das<br />

bengalische Wort für Friede und der<br />

Name für eine Gemeinschaft von<br />

Menschen verschiedener Völker. Das<br />

Ziel der Gemeinschaft ist es, Frieden<br />

durch Entwicklung zu schaffen.<br />

Entwicklungsarbeit an der Seite der<br />

Ärmsten setzt Frieden im Innern des<br />

Menschen voraus und sucht äußeren<br />

sozialen Frieden zu gewinnen“.<br />

1979<br />

Im Sommer erfährt <strong>Shanti</strong> durch<br />

den Deutschlandbesuch der<br />

Dipshikha-Leitungspersonen Paul<br />

Tigga und Naresh Chakraborty<br />

einen entscheidenden Durchbruch.<br />

Sie besuchen als „Botschafter“<br />

verschiedene Kontaktgruppen und<br />

geben der deutsch-bengalischen<br />

Freundschaft wegweisende Impulse.<br />

Unter der Leitung von Jürgen<br />

Knubben wird die Zeitschrift<br />

NETZ als deutsches Sprachrohr der<br />

<strong>Partnerschaft</strong> und als Plattform für<br />

sozialkritische Themen gegründet.<br />

Im Herbst beginnen die ersten<br />

Freiwilligen Ulrike Engel und<br />

Verena Glöggler einen „solidarischen<br />

Lerndienst“ in <strong>Bangladesch</strong>.<br />

15


1980<br />

Die zurückgekehrten Freiwilligen<br />

berichten von ihren Erfahrungen und<br />

halten Seminare mit dem Leitmotiv<br />

„Ständig voneinander lernen, sich<br />

gegenseitig beraten und stärken“.<br />

Bei ihrer Rückkehr bringen die<br />

inzwischen wachsende Zahl von<br />

Freiwilligen und die deutschen<br />

Kurzzeitbesucher in ihren Koffern<br />

Jute-Handarbeiten von bengalischen<br />

Frauen mit. Daraus entsteht unter<br />

Leitung von Gudrun Riedesser mit<br />

der Zeit ein organisierter Import und<br />

Vertrieb zur Förderung der Dipshikha-<br />

Frauenarbeit. In Rottweil findet eine<br />

überregionale <strong>Shanti</strong>-Woche mit<br />

30 Teilnehmern statt. Das ständig<br />

steigende Spendenaufkommen führt<br />

zur Einrichtung des „Sonderkontos<br />

<strong>Bangladesch</strong>“, das von Renate Kurfess<br />

verwaltet wird.<br />

1981<br />

Es wird ein Koordinationsteam<br />

gewählt, das die vielfältigen Aktivitäten<br />

miteinander verbindet, in unklaren<br />

Situationen entscheidet und den<br />

Kurs von <strong>Shanti</strong> nach außen vertritt.<br />

Es besteht aus Franz Keckeisen<br />

(Sprecher), Renate Kurfess und Rainer<br />

Knubben. Dem Koordinationsteam<br />

steht ein Verantwortlichenteam von<br />

15 Personen zur Seite, das für Sachaufgaben<br />

zuständig ist.<br />

1982<br />

Als ein Schwerpunkt von Dipshikha<br />

hat sich die Bildungsarbeit herausgebildet,<br />

die unter dem Namen<br />

„Shikkhito Gram“ (gebildetes Dorf)<br />

läuft und Vorschul-, Grundschul- und<br />

Erwachsenenbildung umfasst. <strong>Shanti</strong><br />

wirbt um Dauerspender zur langfristigen<br />

Förderung dieses Programms.<br />

1983<br />

Glückwunsch zum gelungenen<br />

Rohbau von Gona Aloy<br />

Trotz verschiedener Bedenken soll nach<br />

mehrheitlicher Auffassung ein Verein<br />

gegründet werden, um vor allem bei<br />

der Spendenverwaltung eine rechtlich


abgesicherte Struktur zu haben. Am<br />

4. Mai 1983 fi ndet in Stuttgart die<br />

Gründungsversammlung des Vereins<br />

„<strong>Partnerschaft</strong> <strong>Shanti</strong>-<strong>Bangladesch</strong>“<br />

statt. Gewählt wird Prof. Elmar Roth<br />

als Vorsitzender und Christa Ritter als<br />

Stellvertreterin. Am 26. Juli 1983 wird<br />

der Verein beim Amtsgericht Rottweil<br />

in das Vereinsregister eingetragen.<br />

Zur Verdeutlichung der Vereinsziele<br />

führt man im Briefkopf den Zusatz<br />

„Initiative für Entwicklung und<br />

Frieden“. Durch den Besuch von<br />

Bischof Moser und Generalvikar Mühlbacher<br />

in <strong>Bangladesch</strong> wird <strong>Shanti</strong> in<br />

weiteren Kreisen bekannt.<br />

1984<br />

<strong>Shanti</strong> startet einen Spendenaufruf<br />

für die Opfer der bisher größten<br />

Flutkatastrophe in <strong>Bangladesch</strong>.<br />

Misereor wird offi zieller Projektpartner<br />

und übernimmt eine Ausfallbürgschaft,<br />

falls <strong>Shanti</strong> aus irgendeinem Grund<br />

seinen fi nanziellen Verpfl ichtungen<br />

nicht nachkommen kann. Diese<br />

Verbindung ist auch wichtig für den<br />

legalen Geldtransfer nach <strong>Bangladesch</strong><br />

(damals Militärdiktatur), so dass die<br />

Überweisungen für die Dipshikha-<br />

Projekte über Misereor laufen. Die<br />

Freiwilligenvorbereitung wird jetzt<br />

zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>Shanti</strong><br />

für Entwicklungshilfe (AGEH) in<br />

Köln durchgeführt. In Hessen (v.a.<br />

Wiesbaden) bildet sich eine <strong>Shanti</strong>-<br />

Gruppe, die bis heute große fi nanzielle<br />

Unterstützung leistet. In <strong>Bangladesch</strong><br />

erfolgt die staatliche Anerkennung von<br />

Dipshikha als NGO (Non Government<br />

Organisation = von der Regierung<br />

unabhängige Organisation).<br />

1985<br />

<strong>Shanti</strong> veranstaltet Sommer-Seminare<br />

mit Jean und Hildegard Goss-Mayr<br />

über Gewaltfreiheit, mit Pater Johannes<br />

Müller S.J. über christliche Sozialethik<br />

und mit Heinrich Spaemann über<br />

Arme und Reiche in der Bibel. „Die<br />

Seminare wollen Anstöße geben,<br />

über unser Verhältnis zur Dritten<br />

Welt, zu uns selbst und zu unserer<br />

eigenen Gesellschaft nachzudenken.<br />

Grundlegend ist die Besinnung auf<br />

das spirituelle Fundament.“ In <strong>Shanti</strong><br />

werden auch ökologische Probleme<br />

aufgegriffen (Stichwort: Aktion<br />

gegen Froschschenkel-Importe aus<br />

<strong>Bangladesch</strong>). Nachdem sich der<br />

Jutevertrieb immer mehr ausgeweitet<br />

hat und durch <strong>Shanti</strong> nicht mehr<br />

zu bewältigen ist, übernimmt eine<br />

Gruppe um Elfriede Reuschenbach<br />

den Import und Vertrieb. Die Kirchengemeinde<br />

St. Johann in Ludwigsburg<br />

stellt hierfür ein Lager zur Verfügung.<br />

17


1986<br />

<strong>Shanti</strong> wird in die Vorbereitung<br />

des <strong>Bangladesch</strong>-Besuchs von<br />

Bundespräsident Richard von<br />

Weizsäcker einbezogen. Eine dreiköpfige<br />

Delegation informiert den<br />

Bundespräsidenten über das <strong>Partnerschaft</strong>sprojekt<br />

<strong>Shanti</strong> - Dipshikha.<br />

Der Bundespräsident empfängt auf<br />

seinem Staatsbesuch in <strong>Bangladesch</strong><br />

die Leitungspersonen von Dipshikha.<br />

In Ludwigsburg findet ein Hungermarsch<br />

mit über 300 Teilnehmern zu<br />

Gunsten von Dipshikha statt.<br />

1988<br />

In einem Richtungsstreit vertritt ein<br />

Teil von <strong>Shanti</strong> die Auffassung, dass<br />

der Verein sein Selbstverständnis als<br />

Partnerorganisation von Dipshikha<br />

ausweiten und auch Projekte in<br />

anderen Ländern unterstützen solle.<br />

Ebenso wird eine Satzungsänderung<br />

gefordert, die eine internationale<br />

Friedens- und Versöhnungsarbeit<br />

ermöglicht. Diese Forderung steht vor<br />

dem Hintergrund, dass man gewaltfreie<br />

Aktionen zur Beseitigung von<br />

Diktaturen wie das Marcos-Regime<br />

auf den Philippinen nicht nur ideell,<br />

sondern auch finanziell unterstützen<br />

wollte. Nachdem sich hierfür keine<br />

Mehrheit findet, spaltet sich diese<br />

Gruppierung ab und gründet ein Jahr<br />

später die Organisation NETZ e.V.<br />

1989<br />

Auf dem „Trierer Treffen“ beschließt<br />

<strong>Shanti</strong> den „Direktkontakt“ zu<br />

Dipshikha, d.h. die Kommunikation<br />

und Entscheidungsprozesse laufen<br />

jetzt nicht mehr über Pfarrer Beurle,<br />

sondern direkt über die Dipshikha-<br />

Leitungsgremien. Für <strong>Shanti</strong> bedeutet<br />

dies einen entscheidenden Schritt<br />

von Dipshikha zur Selbstständigkeit<br />

und die eigenverantwortliche<br />

Wahrnehmung seiner Interessen<br />

ausschließlich durch bengalische<br />

Mitarbeiter. Mofakh Khairul Islam,<br />

genannt „Pappa“ (Direktor von<br />

Dipshikha) und Jagadish Chandra Roy<br />

(Leiter von Dipshikha-Handicrafts)<br />

nehmen auf ihrem fünfwöchigen<br />

Deutschlandbesuch an 38 Treffen teil.<br />

Aus Altersgründen übergeben Renate<br />

und Franz Kurfess nach zwölfjähriger<br />

Tätigkeit die Kassenführung an Martin<br />

Eibl. Sie werden für ihre Verdienste mit<br />

der silbernen Ehrennadel des Landes<br />

Baden-Württemberg ausgezeichnet.


Franz und Renate Kurfess<br />

Fritz Nonnenmacher wird zum<br />

neuen <strong>Shanti</strong>-Vorsitzenden gewählt.<br />

Der langjährige Vorsitzende Elmar<br />

Roth möchte ins „zweite Glied“<br />

zurücktreten und wird zum<br />

stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.<br />

Aus dem ursprünglichen 18 Dörfer-<br />

Projekt sind inzwischen 57 Dörfer<br />

geworden, inhaltlich erweitert um das<br />

Gesundheitsprojekt. <strong>Shanti</strong> hat Mühe,<br />

diesem Prozess personell und inhaltlich<br />

zu folgen.<br />

1990<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Fritz Nonnenmacher<br />

Dr. Gerhard Oberle wird zum<br />

<strong>Shanti</strong>-Vorsitzenden gewählt. Die<br />

räumliche Entfernung (Wohnsitz<br />

Frankfurt) macht es notwendig, dass<br />

noch mehr Verantwortung an den<br />

„Geschäftsführenden Ausschuss“ (zuständig<br />

für administrative Aufgaben)<br />

und die Sachausschüsse delegiert wird.<br />

Der deutsche Projektpartner Misereor<br />

führt eine Evaluierung des „Integrated<br />

Village Development Projects“ durch<br />

und kommt zu folgendem Ergebnis:<br />

„Zusammenfassend ist festzustellen, dass<br />

der integrierte Ansatz von Dipshikha<br />

eine breite sozio-ökonomische Entwicklung<br />

in Gang gesetzt hat. Die<br />

19


speziellen Projektziele wurden bei den<br />

meisten Programmen erreicht.“<br />

Gerhard Oberle zu Besuch<br />

in <strong>Bangladesch</strong><br />

Unter der redaktionellen Leitung von<br />

Michael Eckerle wird ein Jahres- und<br />

Rechenschaftsbericht herausgegeben,<br />

der in der Folge jährlich erscheint und<br />

zu einem wesentlichen Bestandteil der<br />

Öffentlichkeitsarbeit wird.<br />

In <strong>Bangladesch</strong> wird die Frauenarbeit<br />

„Dipshikha-Handicrafts“ in die<br />

selbständige Handelsorganisation<br />

TARANGO ausgegliedert. <strong>Shanti</strong><br />

entsendet ebenso wie NETZ e.V.<br />

einen Vertreter in das deutsche<br />

Jutekoordinationsteam.<br />

1991<br />

Angesichts der finanziellen Dimension<br />

von 2 Mio. DM (<strong>Shanti</strong>-Anteil<br />

500.000 DM) wird der Projektantrag<br />

von Dipshikha für 1991-94 „mit<br />

Bauchschmerzen“ verabschiedet.<br />

1993<br />

Michael Eckerle<br />

Beim Ev. Kirchentag in München<br />

ist <strong>Shanti</strong> – wie schon bei früheren<br />

Kirchen- und Katholikentagen – mit<br />

einem Stand vertreten. Erstmals ist<br />

von Dipshikha ein „Cultural Team“<br />

dabei, das auf einer Rundreise mit<br />

bengalischen Liedern und Tänzen<br />

begeistert. Aufgrund des Mottos des<br />

Kirchentags „Teilen zwischen Nord<br />

und Süd“ wird eine Diskussion<br />

angestoßen, inwieweit <strong>Shanti</strong> zu


allgemein politischen Themen und zu<br />

Problemen in der eigenen Gesellschaft<br />

Stellung beziehen soll. In einem<br />

Mediationsseminar werden Konfl ikte<br />

mit Klaus Beurle offen angesprochen<br />

und weitgehend ausgeräumt. Auf<br />

Wunsch von Dipshikha übernimmt<br />

<strong>Shanti</strong> die Finanzierung des<br />

DEDP-Projekts (Vorschulen in 44<br />

Dörfern). Auf ihrer Deutschlandreise<br />

unterbreiten Paul Tigga und Khalilur<br />

Rahman ihre Vorstellungen über das<br />

neue Ghoraghat-Projekt.<br />

1994<br />

Sepp Gruber<br />

<strong>Shanti</strong> startet einen Spendenaufruf<br />

wegen der Dürrekatastrophe in<br />

<strong>Bangladesch</strong>. Neben der Nothilfe<br />

wird ein Beschäftigungsprogramm<br />

für Landlose fi nanziert. Mit Sepp<br />

Gruber aus Simbach/Inn übernimmt<br />

ein „Freiwilliger der ersten Stunde“<br />

<strong>Shanti</strong><br />

das Amt des Vorsitzenden. Durch<br />

vielfältige Aktivitäten von ihm und<br />

seiner Frau Christine ergibt sich für<br />

<strong>Shanti</strong> daraus in der Folgezeit ein<br />

neuer regionaler Schwerpunkt in<br />

Bayern. <strong>Shanti</strong> wird Mitglied beim ILD<br />

(Internationaler Landvolkdienst) und<br />

überträgt diesem die Projektbegleitung<br />

des Ghoraghat-Projekts (offi zieller<br />

Beginn 1995). Durch die Kooperation<br />

mit dem ILD und die professionelle<br />

Arbeit von dessen Geschäftsführer<br />

Lothar Kleipaß vollzieht sich sowohl<br />

in <strong>Shanti</strong> als auch in Dipshikha<br />

hinsichtlich einer fachkompetenten<br />

Projektplanung und -begleitung ein<br />

außerordentlicher Qualitätssprung.<br />

Über den ILD erhält <strong>Shanti</strong> auch<br />

Zugang zu den Fördermitteln des<br />

BMZ (Bundesministerium für<br />

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung). Im November reist<br />

eine <strong>Shanti</strong>-Delegation bestehend<br />

aus Elmar Roth, Gerhard Oberle,<br />

Traude Rebmann, Hildegard Oberle<br />

und Mattias Grammling zum Fest<br />

anlässlich des 10jährigen Bestehens<br />

von Dipshikha als staatlich anerkannte<br />

Entwicklungshilfeorganisation nach<br />

<strong>Bangladesch</strong>. An den Feierlichkeiten<br />

nehmen über 20.000 Menschen<br />

und zahlreiche hochgestellte<br />

Persönlichkeiten teil.<br />

21


1995<br />

<strong>Shanti</strong> lädt wieder ein „Cultural<br />

Team“ nach Deutschland ein, das im<br />

süddeutschen Raum ein vielfältiges<br />

Programm absolviert. Sepp Gruber<br />

knüpft auf einer Projektreise erste<br />

Kontakte zu der Frauenorganisation<br />

<strong>MB</strong>SK unter der Leitung von Meherun<br />

Nesa (genannt Chhabi, sprich: Chobi).<br />

1996<br />

Meherun Nesa Chabbi<br />

Lothar Kleipaß von der<br />

Partnerorganisation ILD macht anlässlich<br />

seiner Projektreise eine erste<br />

Auswertung des Ghoraghat-Projekts,<br />

mit dessen Verlauf alle Beteiligten sehr<br />

zufrieden sind.<br />

1997<br />

Eine bengalische Frauendelegation,<br />

bestehend aus Meherun Nesa Chhabi<br />

(Vorsitzende der Frauen- und M<br />

enschenrechtsorganisation <strong>MB</strong>SK<br />

und zugleich zweite Vorsitzende von<br />

Dipshikha) und Nasneen (Dipshikha-<br />

Mitarbeiterin) besucht <strong>Shanti</strong>. Es<br />

kommt zu einem lebhaften Austausch<br />

über frauenrelevante Themen und<br />

gesellschaftliche Fragen. Weiterhin kommen<br />

das Ehepaar Tigga zusammen mit<br />

der Shebikha (Gesundheitshelferin)<br />

<strong>Shanti</strong> Rani nach Deutschland. Wie<br />

immer dienen diese Besuche der<br />

Festigung der Freundschaft, dem<br />

persönlichen Austausch und der Diskussion<br />

über die Projekte. <strong>Shanti</strong><br />

wird Mitglied im Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverband.<br />

<strong>Shanti</strong>-Treffen mit Ehepaar Tigga<br />

und <strong>Shanti</strong> Rani<br />

Bei der Neuwahl des 2. Vorsitzenden<br />

stellt sich Elmar Roth aus Altersgründen


nicht mehr zur Wahl. Er wird auf<br />

Grund seiner Verdienste für den Verein<br />

zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Neue<br />

stellvertretende Vorsitzende wird<br />

Annegret Burger.<br />

1998<br />

<strong>Shanti</strong> feiert zusammen mit<br />

einer Dipshikha-Delegation in<br />

Kleinheppach sein 15jähriges Vereinsjubiläum.<br />

Aufgrund verhee render<br />

Über schwemmungen in <strong>Bangladesch</strong><br />

ist wieder eine Fluthilfe aktion erforderlich.<br />

Mit der vor kurzem von einem<br />

Freiwilligeneinsatz zurück gekehrten<br />

Manuela Strobel tritt erstmals eine<br />

Frau an die Spitze von <strong>Shanti</strong>. Die<br />

weibliche „Doppel spitze“ im <strong>Shanti</strong>-<br />

Vorsitz versteht man auch als Zeichen<br />

an die rein männerdominierte Leitung<br />

von Dipshikha für eine „gender<br />

balance“.<br />

1999<br />

Die vom PMK (Päpstliches<br />

Missions werk für Kinder) jährlich<br />

durchgeführte Sternsingeraktion<br />

hat dieses Mal <strong>Bangladesch</strong> als<br />

Schwerpunkt. Ein Teil der Spenden<br />

kommt einem dreijährigen Mutter-<br />

und Kind-Projekt von Dipshikha zu<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Gute. Die Idee von Paul Tigga von<br />

einem nach modernen pädagogischen<br />

Methoden ausgerichteten Schul- und<br />

Ausbildungsprojekt wird in enger<br />

Zusammenarbeit mit <strong>Shanti</strong> in ein<br />

Pilotprojekt umgesetzt. Im Herbst<br />

werden die ersten Schülerinnen und<br />

Schüler in METI (Modern Education<br />

und Training Institute) eingeschult.<br />

2000<br />

METI-Schüler<br />

Beim Frühjahrstreffen wird Birgit<br />

Kleipaß als Vorsitzende und Cornelia<br />

Schultz-Khan als stellvertretende<br />

Vorsitzende gewählt. Zu den deutschen<br />

Kooperationspartnern gehören inzwischen<br />

Misereor, das Päpstliche<br />

Missionswerk für Kinder PMK und<br />

der ILD. Die deutsche Botschaft in<br />

Dhaka leistet eine einmalige fi nanzielle<br />

Unterstützung für METI. Insbesondere<br />

die zahlenmäßige und inhaltliche<br />

Ausweitung der Dipshikha-Projekte<br />

(inzwischen sind es fünf) führt dazu,<br />

mehr Aufgaben von den beiden<br />

23


Vorsitzenden auf das Vorstandsteam zu<br />

verlagern. In der langjährigen Tradition<br />

der Frühjahrs- und Herbsttreffen<br />

wird erstmals eine Zusammenkunft<br />

in Bayern durchgeführt. Das von<br />

der <strong>Shanti</strong>-Gruppe in Rinchnach<br />

organisierte Herbsttreffen übertrifft an<br />

Herzlichkeit und Gastfreundschaft alles<br />

bisher Dagewesene.<br />

2001<br />

Durch den Tod von Martin<br />

Mühlschlegel in Ghoraghat, der mit<br />

seiner Frau und einem Freundeskreis<br />

nach <strong>Bangladesch</strong> gereist war, wird das<br />

Jahr 2001 für <strong>Shanti</strong> und Dipshikha<br />

von Trauer überschattet. Nicht aber<br />

das Verhältnis zu Dipshikha, das<br />

sich gerade in dieser Zeit als tiefe<br />

Freundschaft erweist. Die seit 1997<br />

bestehenden Kontakte zu Mrs.<br />

Meherun Nesa Chhabi, die inzwischen<br />

zusammen mit ihrer Schwester Minara<br />

die Organisation „ALOHA Social<br />

Services Bangladesh“ (ASSB) leitet,<br />

werden vertieft. <strong>Shanti</strong> beschließt,<br />

eine Projektpartnerschaft mit ASSB<br />

einzugehen. Für die Freiwilligeneinsätze<br />

werden Leitlinien verabschiedet, für<br />

die es bereits 1995 einen Vorläufer gab<br />

(für „Entwicklungslerner/innen“ und<br />

Fachkräfte). Nach der Rückkehr der<br />

Freiwilligen Anna Heringer (Laufen<br />

a.d. Salzach) und Margaret Warzecha<br />

(Sulzbach-Rosenberg) erfährt <strong>Shanti</strong><br />

von Freundeskreisen in diesen Orten<br />

starke Unterstützung.<br />

2002<br />

Die neu zu <strong>Shanti</strong> gekommene<br />

Dr. Christiane Eickhoff wird zur<br />

stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.<br />

Zeitgleich werden in einem UmstrukturierungsprozessAufgabenbereiche<br />

neu definiert und verteilt.<br />

Arbeitsgruppen werden gebildet,<br />

die sich eigenverantwortlich in<br />

der Projektbegleitung, Freiwilligenvorereitung,<br />

Öffentlichkeitsarbeit und<br />

bei anderen Arbeitsschwerpunkten engagieren.<br />

Man erhofft sich dadurch eine<br />

Entlastung der beiden Vorsitzenden –<br />

insbesondere durch die Bildung von<br />

Projektteams - und eine attraktivere<br />

Möglichkeit zur Mitarbeit für neue<br />

Mitglieder. Die Diskussion um die<br />

Einstellung eines hauptamtlichen Mitarbeiters<br />

wird damit vorläufig beendet.<br />

Nach einer neunmonatigen Vorlaufphase<br />

beginnt in Kooperation mit dem<br />

ILD im Herbst das neue ASSB-Projekt<br />

(Integrierte ländliche Entwicklung<br />

mit Schwerpunkt Frauenförderung)<br />

in Patichora. Außerdem beschließt<br />

<strong>Shanti</strong> die Förderung eines weiteren<br />

Dipshikha-Projektes im Distrikt


Sirajganj, das dem neu konzipierten<br />

„Familienansatz“ folgt.<br />

<strong>Shanti</strong> beteiligt sich am so genannten<br />

„<strong>Bangladesch</strong>-Forum“, in dem deutsche<br />

Hilfsorganisationen ihre Arbeit<br />

ko ordinieren, Strategien zur Armutsbekämpfung<br />

und zur Verbesserung der<br />

Menschenrechtssituation entwickeln<br />

und Lobbyarbeit für <strong>Bangladesch</strong><br />

leisten.<br />

Mit rd. 105.000 Euro erzielt <strong>Shanti</strong> ein<br />

hervorragendes Spendenergebnis.<br />

Gerhard Stahl, Paul Tigga,<br />

Martin Eibl, Andreas Georg<br />

2003<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Durch die unvorhersehbare<br />

Verhinderung der Referentin muss<br />

das Programm für das Frühjahrstreffen<br />

kurzfristig völlig umgestellt<br />

werden. Man beschäftigt sich mit<br />

möglichen Auswirkungen des<br />

wachsenden Fundamentalismus auf<br />

die Entwicklungsarbeit. Mit rund<br />

20 Teilnehmern fi ndet auch dieses<br />

Treffen wieder guten Zuspruch und<br />

ist ein wichtiges Bindeglied zwischen<br />

Mitarbeitern und Interessierten. Im<br />

September fi ndet in Kleinheppach<br />

ein Fest zum 20jährigen Bestehen des<br />

Vereins statt, zu dem ca. 100 Personen<br />

erwartet werden. <strong>Shanti</strong> freut sich<br />

besonders auf die Delegationen der<br />

bengalischen Partner Dipshikha und<br />

ASSB sowie auf die Vertreter der<br />

deutschen Kooperationspartner.<br />

Wie in den Anfängen von <strong>Shanti</strong><br />

besteht der „harte Kern“ aus<br />

ungefähr 15 ehrenamtlich arbeitenden<br />

Mitarbeiter/innen.<br />

Dipshikha hat sich inzwischen zu<br />

einer sehr professionell arbeitenden<br />

Organisation mit über 230<br />

hauptamtlichen Mit arbeiter/innen entwickelt.<br />

Als zweite Partnerorganisation<br />

ist ASSB hinzugekommen. Die<br />

Projektarbeit ist insgesamt um<br />

ein vielfaches umfangreicher und<br />

komplexer geworden. Wir hoffen,<br />

25


dass <strong>Shanti</strong> mit seinen ehrenamtlichen<br />

und personellen Kapazitäten und<br />

Strukturen den Herausforderungen<br />

auch in Zukunft gewachsen sein wird.<br />

Damit dies gelingt sind alle<br />

Interessierten eingeladen, sich bei<br />

<strong>Shanti</strong> zu engagieren.<br />

Zusammengestellt von<br />

Gerhard Stahl und Birgit Kleipaß n


Geschichte<br />

Chronik der Vorsitzenden<br />

1981<br />

Koordinationsteam, aus Franz Keckeisen<br />

(Sprecher), Renate Kurfeß und<br />

Rainer Knubben.<br />

1983<br />

Elmar Roth (1. Vorsitzender),<br />

Christa Ritter (2. Vorsitzende).<br />

1984<br />

Agnes Nonnenmacher (2. Vorsitzende).<br />

1988<br />

Fritz Nonnenmacher (2. Vorsitzender).<br />

1989<br />

Fritz Nonnenmacher (1. Vorsitzender),<br />

Elmar Roth (2. Vorsitzender).<br />

<strong>Shanti</strong><br />

1990<br />

Gerhard Oberle (1. Vorsitzender).<br />

1994<br />

Josef Gruber (1. Vorsitzender),.<br />

1997<br />

Annegret Burger (2. Vorsitzende).<br />

1998<br />

Manuela Strobel (1. Vorsitzende).<br />

2000<br />

Birgit Kleipaß (1. Vorsitzende),<br />

Cornelia Schultz-Khan (2. Vorsitzende).<br />

2002<br />

Christiane Eickhoff (2. Vorsitzende).<br />

Elmar Roth (Ehrenvorsitzender).<br />

27


Spaß muss sein<br />

Organisationsentwicklung bei <strong>Shanti</strong><br />

Von vielen sicher noch unbemerkt hat<br />

sich bei <strong>Shanti</strong> viel verändert seit dem<br />

letzten Jahr. Was ist geschehen? Und<br />

wieso überhaupt?<br />

Immer mehr und anspruchsvollere<br />

Entwicklungsprojekte in <strong>Bangladesch</strong><br />

bedeuten einerseits immer bessere<br />

Entwicklungschancen für benachteiligte<br />

Menschen in <strong>Bangladesch</strong>,<br />

zugleich aber auch einen immer<br />

höheren Arbeitsaufwand bei <strong>Shanti</strong><br />

in Deutschland. Um die Freude am<br />

ehrenamtlichen Engagement bei<br />

allen Aktiven zu erhalten, war daher<br />

eine Grundsatzdiskussion fällig.<br />

Eine intensive Auseinandersetzung<br />

über die Möglichkeiten einer Arbeitsorganisation,<br />

die niemandem<br />

mehr abverlangt, als er wirklich<br />

einbringen will, erfolgte mittels<br />

schriftlicher Befragung und mehrerer<br />

Sondersitzungen im erweiterten<br />

Vorstandsteam und beim Frühjahrstreffen.<br />

Neben vielen anderen<br />

Ideen und Lösungsansätzen wurden<br />

auch die Chancen und Risiken der<br />

Schaffung einer hauptamtlichen<br />

(Teilzeit-) Stelle diskutiert. Das für<br />

viele überraschend elegante und hocherfreuliche<br />

Ergebnis: Die intensive<br />

Rückbesinnung auf die jeweils eigene<br />

Motivation zum ehrenamtlichen En-<br />

gagement und ein klarer Überblick<br />

über die möglichen Betätigungsfelder<br />

bei <strong>Shanti</strong> animierten viele alte und<br />

junge „<strong>Shanti</strong>-Hasen“, sich für die<br />

Übernahme auch neuer Aufgaben zu<br />

entscheiden.<br />

Durch Bildung von Projektteams<br />

konnten die Zuständigkeiten für<br />

sachlich und zumeist auch zeitlich<br />

klar begrenzte Aufgabenbereiche auf<br />

viele Schultern verteilt werden. Die<br />

Vorsitzenden sind damit von einem<br />

guten Teil der bisherigen Facharbeit<br />

entlastet und können sich auf ihre<br />

Kernfunktionen konzentrieren.<br />

Eine hauptamtliche Stelle ist bis auf<br />

Weiteres nicht notwendig. Weitere<br />

Interessierte können künftig durch<br />

Mitarbeit in einzelnen Teams definierte<br />

Teilaufgaben übernehmen und damit<br />

noch leichter integriert werden.<br />

Was sind nun eigentlich die Motive,<br />

die uns dazu bringen, kostbare Freizeit<br />

mit Arbeit bei <strong>Shanti</strong> zu Gunsten von<br />

Menschen in <strong>Bangladesch</strong> zu füllen?<br />

Natürlich hat da jede/-r von uns seine<br />

ganz eigene, spezifische Antwort. Doch<br />

einige Aspekte ziehen sich wie ein<br />

roter Faden durch die verschiedenen<br />

Argumentationen: <strong>Shanti</strong> bietet die<br />

Möglichkeit, den eigenen Horizont<br />

zu erweitern, kulturelle Vielfalt zu<br />

erleben, interessante und professionelle<br />

Entwicklungsarbeit mitzuerleben und<br />

mitzugestalten, interreligiösen Dialog


und interreligiöse sowie interkulturelle<br />

Zusammenarbeit zu erfahren und<br />

darin eingebunden zu sein sowie last<br />

but not least national und international<br />

persönliche Bindungen zu engagierten<br />

Menschen einzugehen, daraus Kraft zu<br />

schöpfen und Bestärkung zu erfahren.<br />

Erscheinen auch Ihnen solche Perspektiven<br />

reizvoll?<br />

Cornelia Schultz-Khan n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

29


644,85 Mark für Kinder in<br />

<strong>Bangladesch</strong><br />

Benjamin, der Kassier und Sprössling<br />

eines Bankers konnte es kaum fassen,<br />

als er die Einnahmen aus der Aktion<br />

„Marktstand für Kinder in <strong>Bangladesch</strong>”<br />

zählte. Über sechshundert Mark<br />

waren zusammengekommen. Trotz<br />

des schlechten Wetters verkauften<br />

die Kinder aus der vierten Klasse der<br />

Urbanschule in Korb im Remstal auf<br />

dem Wochenmarkt am 24. Juni fast<br />

alle gespendeten Kuchen. Auch ihr<br />

Dosenwurfstand brachte einige Märker<br />

ein, wobei er für einen Teil der jungen<br />

Helfer eine beliebte Abwechslung<br />

zu Verkauf, Schuhe putzen und<br />

Spenden sammeln bot. Das Gewusel<br />

der zeitweise über 20 Kinder weckte<br />

die Neugier der Marktbesucher. Sie<br />

blieben vor den Infowänden stehen,<br />

warfen auch ein paar Mark in die<br />

Spendendosen, mit denen einige<br />

Mädchen und Jungen über den<br />

Markt wanderten. Ganz wagemutige<br />

Korber ließen sich sogar von den<br />

Kindern die Schuhe putzen. Idee und<br />

Planung dieser Aktion entstand in<br />

der Unterrichtseinheit „Voneinander<br />

lernen - miteinander teilen”. Am<br />

Beispiel Minaras aus dem Video „Ein<br />

Mädchen aus <strong>Bangladesch</strong>” lernten<br />

die Kinder der vierten Klasse das<br />

Leben eines gleichaltrigen Kindes in<br />

<strong>Bangladesch</strong> kennen. In Lernstationen<br />

zum Thema konnten sie dann konkret<br />

erproben, wie in <strong>Bangladesch</strong> gegessen<br />

wird, wie man sich kleidet und spielt.<br />

Die bengalischen Schriftzeichen wurden<br />

besonders bestaunt und eifrig<br />

versucht nachzuschreiben. Die Themen<br />

„Kinderarbeit” und „Wer nicht zur<br />

Schule muss, hat es gut!?” weckten bei<br />

den Mädchen und Buben nicht nur<br />

Betroffenheit und Nachdenken über<br />

die eigene Lebenssituation, sondern<br />

ließen den Wunsch reifen, selbst für<br />

die Kinder in <strong>Bangladesch</strong> etwas zu<br />

tun bzw. ihnen etwas von unserem<br />

Reichtum abzugeben. So entstand die<br />

Idee eines Standes auf dem Korber<br />

Wochenmarkt mit Kuchenverkauf<br />

und Dosenwurfstation. Dass ihr<br />

erwirtschaftetes Geld bei bengalischen<br />

Kindern im Projektgebiet von<br />

Dipshikha ankommt und eingesetzt<br />

wird, erfuhren diese Korber Kinder<br />

bald im Dankesbrief von <strong>Shanti</strong>.<br />

So wurde „Voneinander lernen<br />

- miteinander teilen” für sie eine<br />

gemeinsame Erfahrung<br />

Christa Hauser n


Arbeitskreis 3. Welt St. Josef<br />

Seit mehr als 15 Jahren unterstützt<br />

der AK 3. Welt St Josef in Wiesbaden-<br />

Dotzheim die Arbeit von Dipshikha.<br />

Ein Teil seiner Arbeit besteht im<br />

Verkauf von GEPA-Waren und<br />

Handarbeiten aus <strong>Bangladesch</strong> jeweils<br />

nach den Wochengottesdiensten. Der<br />

Verkauf der Waren aus <strong>Bangladesch</strong><br />

(bezogen aus Ludwigsburg) steht für<br />

uns immer an 1. Stelle, wird aber<br />

immer schwieriger.<br />

Es hat sich im Laufe der Jahre<br />

entwickelt, dass weitere 6 Wiesbadener<br />

Gemeinden die Waren für ihren 3. Welt-<br />

Verkauf oder für Gemeindefeste und<br />

Basare bei uns auf Kommission holen.<br />

So entstehen nebenbei Kontakte, es<br />

gibt Gespräche, man lernt sich kennen<br />

und Artikel aus <strong>Bangladesch</strong> kommen<br />

in weitere Gemeinden. Neben dem<br />

Verkauf war es uns immer wichtig,<br />

über Dipshikha zu informieren, um<br />

das Interesse weiter zu stärken.<br />

Es gab beispielsweise Vorträge von Paul<br />

Tigga und Meherun Nessa Chhabi,<br />

bengalische Abende mit Tänzen und<br />

musikalisch begleitet von bengalischen<br />

Musikern, Essen mit Freunden des<br />

Arbeitskreises (aus dem bengalischen-<br />

Kochbuch), bei dem wir zum ersten<br />

Mal ohne Besteck aßen, Einrichtung<br />

eines Sonderkontos, Artikel in Wiesbadener<br />

Zeitungen um Spenden<br />

<strong>Shanti</strong><br />

für Flutkatastrophen. Wir waren<br />

sehr überrascht, wieviele Menschen<br />

reagiert haben. Spenden erhalten wir<br />

durch Basare in der Vorweihnachtszeit,<br />

Fastenessen, zweimal im Jahr<br />

eine Tombola, Verkaufsstände bei<br />

Stadtteilfesten und auch von Verkauf<br />

selbstgekochter Marmelade.<br />

Jetzt suchen wir mehr junge Leute mit<br />

frischen Elan und Begeisterung, die<br />

unsere Arbeit fortsetzen.<br />

Herta Kapellen n<br />

31


Projekte<br />

2<br />

8<br />

4<br />

7<br />

1 ,1a<br />

5<br />

3<br />

6<br />

Thakurgaon<br />

Dinajpur<br />

Jaipurhat<br />

Naogaon Bogra<br />

Sirajganj<br />

Dhaka<br />

1. DIP:<br />

Dipshikha Integrated<br />

Project (Dipshikha)<br />

“Laufende Kosten<br />

für ein integriertes<br />

Dorfentwicklungsprogramm der<br />

Dipshikha-Bewegung in Bangladesh”<br />

(57 Dörfer)<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Biral,<br />

Zentrum “Gana Aloy” in Rudrapur<br />

Zwei aufeinander aufbauende<br />

Projekte<br />

Gesamtlaufzeit: Juli 1984 bis Dez.<br />

2. MCC:<br />

Mother and Child Care Project<br />

(Dipshikha)<br />

Mutter- und Kind-Fürsorge in 14<br />

Dörfern<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Birganj; Zentrum<br />

in Polashbari<br />

Laufzeit: Juli 1998 bis Juni<br />

2001, verlängert bis Juni 2002<br />

(Nachfolgeprojekt: 8. IRDB)<br />

1a. IVD-1:<br />

Integrated Village Development<br />

Project 1 (Dipshikha)<br />

Integriertes<br />

Dorfentwicklungsprojekt in 101<br />

Dörfern (Nachfolgeprojekt von<br />

DIP)<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Biral;<br />

Zentrum “Gana Aloy” in<br />

Rudrapur<br />

Vier aufeinander aufbauende<br />

Projekte in 57 bis 101 Dörfern<br />

Gesamtlaufzeit: Juli 1992 bis Dez.<br />

1998<br />

Seit Jan. 1999: unabhängige<br />

Fortführung (self reliant project)<br />

3. IVD-2:<br />

Integrated Village Development<br />

Project 2 (Dipshikha)<br />

Integriertes Dorfentwicklungsprojekt<br />

in 40 Dörfern<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Ghoraghat;<br />

Zentrum “Dipalaya”<br />

2 Projekte (Phase I / II) in je 20<br />

Dörfern<br />

Laufzeit: Juli 1995 bis März 1999 und<br />

April 1999 bis März 2002<br />

Seit April 2002: unabhängige Fortführung<br />

(self reliant project)


4. ICDP:<br />

Integrated Community<br />

Development Project (Dipshikha)<br />

Integriertes Gemeindeentwicklungspr<br />

ojekt in 50 Dörfern<br />

Distrikt Dinajpur, Kreise Birganj,<br />

Kaharole und Bochaganj; Zentrum in<br />

Bakultala<br />

3 aufeinander aufbauende Projekte<br />

(ICDP, Brückenprojekt und Cont.<br />

ICDP)<br />

Laufzeit: Jan. 1999 bis Juni 2001, Juli<br />

bis Dez. 2001 und Jan. 2002 bis Dez.<br />

2003<br />

5. IDRW:<br />

Integrated Development for<br />

Rural Women (ASSB)<br />

Integrierte ländliche Entwicklung mit<br />

Schwerpunkt der Frauenförderung<br />

und der Verbesserung der Gesundheitssituation<br />

in 15 Dörfern<br />

Distrikt Naogaon, Kreis Patnitala;<br />

Gemeinde Patichora<br />

Vorbereitungsphase (in 10 Dörfern)<br />

und Projektphase (in 15 Dörfern)<br />

Laufzeit: Okt. 2001 bis Juni 2002 und<br />

Aug. 2002 bis Juli 2005<br />

Zusammengestellt von Cornelia Schultz-Khan.<br />

Detaillierte Informationen zu den zur Zeit<br />

geförderten Projekten sind im aktuellen <strong>Shanti</strong><br />

Jahresbericht 2002/2003 zu fi nden.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

6. FIVDP<br />

Family-based Integrated Village<br />

Development Project (Dipshikha)<br />

Integrierte Dorfentwicklung auf Familienbasis<br />

in 30 Dörfern<br />

Distrikt Sirajgonj, Kreis Taras; Gemeinden<br />

Deshigram und Madhainagar<br />

Laufzeit: Mai 2002 bis Dez. 2006<br />

7. METI:<br />

Modern Education and Training<br />

Institute (Dipshikha)<br />

Modernes Schul- und Ausbildungszentrum<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Biral; Schulzentrum<br />

in Rudrapur (bei “Gana<br />

Aloy”) mit Außenstelle in Dinajpur<br />

Stadt (beim Dipshikha-Regionalbüro)<br />

Konzeptionsphase und 2 Projektphasen<br />

Laufzeit: 1998, gefördert Jan. 1999 bis<br />

Aug. 2005<br />

8. IRDB:<br />

Integrated Rural Development<br />

Birganj, Polashbari (Dipshikha)<br />

Integrierte ländliche Entwicklung<br />

Birganj (Nachfolgeprojekt von MCC)<br />

Distrikt Dinajpur, Kreis Birganj;<br />

Gemeinden Polashbari (Zentrum),<br />

Maricha und Shatagram<br />

Gefördert von: Juni 2003 bis Mai<br />

2006<br />

33


Gruppenmitglieder<br />

Jamina Begum<br />

Jamina Begum wohnt in dem Dorf<br />

Rampur, das im Gebiet des ICDP-<br />

Projektes liegt. Sie ist Mutter von drei<br />

Söhnen und einer Tochter. Ihr ältester<br />

Sohn musste die Schule abbrechen,<br />

da Jamina Begum das Geld für die<br />

Schulgebühren nicht mehr aufbringen<br />

konnte. Die anderen Söhne gehen<br />

noch nicht zur Schule. Ihre Tochter<br />

ist in der 7. Klasse. Ihr Mann, Abdul<br />

Satter, arbeitet als Tagelöhner und auf<br />

der eigenen, kleinen Parzelle.<br />

Zu ihrem Besitz zählen ca. 1/2 Hektar<br />

Land, ein kleines Haus, drei Kühe, zwei<br />

Ziegen und einige Hühner. Um die<br />

Ausgaben der Familie einigermaßen<br />

decken zu können, musste Jamina<br />

immer sehr hart arbeiten. Allerdings<br />

reichte das Einkommen kaum zum<br />

Überleben. Damit gehört diese Familie<br />

zu den Benachteiligten in diesem<br />

Dorf.<br />

Über ihren Nachbarn erfuhr Jamina<br />

von den Dipshikha-Aktivitäten und<br />

gründete, gemeinsam mit anderen<br />

Dorfbewohnern, am 6. Juli 1999 eine<br />

Dipshikha-Gruppe. Zu dieser Gruppe<br />

zählen insgesamt 30 Mitglieder.<br />

Jamina besuchte die Gruppentreffen<br />

regelmäßig und war sehr ernsthaft bei<br />

der Sache. Ihre persönlichen Ersparnisse<br />

belaufen sich auf 190 Taka und das der<br />

Gruppe auf 4500 Taka (Anm.: 50Taka<br />

entspricht etwa 1 Euro).<br />

Kreditvergabe an Gruppenmitglieder<br />

Das erste Mal erhielt Jamina einen<br />

Kredit über 2000 Taka. Damit baute sie<br />

einen kleinen Verkaufsstand auf. Ihre<br />

Waren bezieht sie aus einem Geschäft -<br />

ihr Mann hilft ihr dabei - um sie dann<br />

an ihrem Stand weiter zu verkaufen.<br />

Wir konnten beobachten, dass ihre<br />

Nachbarn regelmäßig an ihrem<br />

Stand einkaufen. Zu ihrem Sortiment<br />

gehören Reis, Kartoffeln, Plätzchen,<br />

Salz, Salzgebäck (Chanachoor), gebratener<br />

Reis, Betelnüsse und Betelblätter,<br />

Zigaretten, Seife, Gewürze etc.<br />

Ihr Wunsch ist es gewesen, ihre<br />

ökonomische Situation zu verbessern.<br />

„Diesen Verkaufsstand habe ich mit


dem Kredit von Dipshikha aufgebaut.<br />

Täglich mache ich ein wenig Profi t und<br />

kann somit zum Familieneinkommen<br />

beitragen. Auch hatte ich noch keine<br />

Probleme, meine Raten an Dipshikha<br />

zurück zu bezahlen. Das nächste Mal<br />

möchte ich einen Kredit über 5000<br />

Taka aufnehmen, um weiter in mein<br />

Geschäft zu investieren. Dipshikha<br />

bedeutet eine große Hilfe für mich.”<br />

Jamina Begum, Mitglied der Gruppe<br />

„Kanchon Mohila Dal”, Rampur,<br />

ICDP-Projekt<br />

Bishu Ram Roy<br />

Bishu Ram Roy ist 38 Jahre alt. Seine<br />

Frau ist Hausfrau. Er hat zwei Töchter<br />

und einen Sohn.<br />

Er berichtet: „Ich nehme seit 1989 an<br />

Aktivitäten von Dipshikha-Gruppen<br />

teil. Wir sind sehr arm und hatten<br />

lediglich eine kleine Hütte. Unser<br />

Einkommen stammte nur aus meiner<br />

Arbeit als Tagelöhner. Wir konnten uns<br />

keine drei Mahlzeiten am Tag leisten.<br />

Als ich aber in eine Dipshikha-Gruppe<br />

eingetreten war, nahm ich einen<br />

Kredit auf und investierte dieses Geld<br />

in den Handel mit Reis. Dipshikha hat<br />

mir den Weg gezeigt, wie ich meine<br />

wirtschaftliche Situation verbessern<br />

konnte.“<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Reissetzen auf dem Feld<br />

Bishu weiss jetzt sehr viel mehr über<br />

seine Situation. Er nahm einen Kredit<br />

bei Dipshikha auf und verwendete<br />

dieses Geld für den Handel mit<br />

Reis. In mehreren Schritten nahm er<br />

Darlehen auf und investierte sie in sein<br />

Projekt. Parallel zu seinem Reishandel<br />

begann er, auf seinem kleinen Stück<br />

Land Gemüse anzubauen. Jede Woche<br />

geht er mit seinem Reisgeschäft zum<br />

Dorfmarkt. Von seinem Gewinn kaufte<br />

er sich landwirtschaftlich nutzbares<br />

Land. Dieses Jahr erntete er 370 kg<br />

Weizen und 148 kg Gemüse. Er<br />

erzählt: „Die Unterstützung durch<br />

den Dipshikha-Kredit hat mir eine<br />

neue Lebensperspektive gegeben. Ich<br />

kann die Bedürfnisse meiner Familie<br />

stillen. Ich habe jetzt drei Lehmhütten<br />

mit Wellblechdächern gebaut, und wir<br />

können unsere Kinder in die Schule<br />

gehen lassen.“<br />

Bishu ist von Anfang an ein engagiertes<br />

Gruppenmitglied. Zur Zeit besteht die<br />

35


Gruppe aus acht Mitgliedern. Die<br />

Gesamtersparnisse der Gruppe betragen<br />

9837 Taka; Bishus Anteil daran beträgt<br />

1550 Taka. Die Gruppenmitglieder<br />

haben eine sehr gute Beziehung<br />

zueinander und zu Dipshikha. Sie<br />

führen die Gruppenkonten korrekt<br />

und halten wöchentliche Sitzungen ab.<br />

Bishu ist Vorsitzender der Gruppe. Er<br />

sagt: „Ich möchte meinen Kindern eine<br />

Ausbildung zukommen lassen. Und<br />

ich möchte außerdem ein Haus aus<br />

Ziegeln errichten. Ich bin Dipshikha<br />

dankbar, dass sie einen Wandel in mein<br />

Leben gebracht haben.“<br />

Dipshikhamitarbeiter besuchen ein<br />

Gruppenmitglied<br />

Sona Banu<br />

Sona Banu, 35 Jahre, war ausschließlich<br />

zu Hause. Bevor sie sich 1999 einer<br />

Dipshikha-Gruppe anschloss, befasste<br />

sie sich - gemäß der traditionellen<br />

Frauenrolle in <strong>Bangladesch</strong> - nur<br />

damit, zu kochen und die Kinder zu<br />

versorgen.<br />

Bengalische Küche<br />

Sie lebt mit ihrer Familie in dem<br />

Dorf Bishnupur. Die Familie ist<br />

sehr arm. Ihr Ehemann arbeitet als<br />

Tagelöhner. Als Dipshikha mit der<br />

Entwicklungsarbeit in Bishnupur<br />

begann, bildeten sie und 26 andere<br />

arme und benachteiligte Frauen<br />

eine Gruppe. Alle Teilnehmerinnen<br />

sind sehr aktiv und darauf bedacht,<br />

sich gegenseitig zu helfen. Sie halten<br />

regelmäßig Treffen ab und beraten ihre<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Bedingungen. Sie tauschen Ansichten<br />

und Ideen aus, wie sie ihre Probleme<br />

selbst überwinden können. Auf ein<br />

Gruppenkonto zahlen sie Geld für<br />

zukünftige Investitionen ein.<br />

Banu erzählt: „Wir waren in einer<br />

schrecklichen finanziellen Situation,<br />

als ich den ersten Kredit in Höhe von<br />

2000 Taka von Dipshikha aufnahm.<br />

Das ist wirklich wahr, denn 800


Taka benötigten wir für den Kauf<br />

von Nahrungsmitteln. Für 900 Taka<br />

kauften wir eine Ziege und für den<br />

Rest schafften wir Hühner an. Ich<br />

wusste durch das Schulungsprogramm,<br />

dass die Kredite ausschließlich für<br />

einkommensschaffende Maßnahmen<br />

vorgesehen sind, aber ich konnte mich<br />

nicht daran halten, weil wir nichts<br />

zu essen hatten. Mein Ehemann und<br />

ich arbeiteten einen Plan aus, dass<br />

das Geld, das wir von seiner Arbeit<br />

als Tagelöhner und dem Verkauf der<br />

Eier hatten, für die Rückzahlung der<br />

Kreditraten verwendet wurde.<br />

Nach einigen Monaten brachte die<br />

Ziege Junge auf die Welt, und auch die<br />

Anzahl der Hühner wuchs. Dadurch<br />

haben wir ein Einkommen und sehen<br />

einen Funken der Hoffnung für die<br />

Entwicklung unserer Zukunft.“<br />

Um ihr Einkommen weiter zu steigern,<br />

nahm sie ein zweites Darlehen auf<br />

und kaufte ein kleines Stück Land<br />

in der Nähe ihres Hauses. Auf dem<br />

Land begann sie, Gemüse anzubauen.<br />

Bei ihrem Haus pfl anzte sie mehrere<br />

Obstbäume.<br />

Banu und ihr Ehemann haben<br />

vor, einen 3. Kredit bei Dipshikha<br />

aufzunehmen. Sie stellten einen Plan<br />

auf, ein kleines Geschäft zu eröffnen.<br />

Vorher müssten sie allerdings ein neues<br />

Haus für die Unterbringung der Waren<br />

errichten.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Hühnernester<br />

So sehen ihre Pläne für die Zukunft<br />

aus.<br />

Zur Zeit besitzt Sona 50 Hühner<br />

und vier Ziegen. Jeden Tag erhält sie<br />

ungefähr 25 Eier. Sona Banu hat einen<br />

Sohn und eine Tochter. Beide Kinder<br />

gehen in Schulen von Dipshikha. Sie<br />

sagt: „Ich bin jetzt glücklich, denn ich<br />

kann meinen Kindern zu essen geben<br />

und sie gehen in die Schule. Wir haben<br />

sauberes Trinkwasser und sind gerade<br />

dabei, eine Latrine zu errichten. Ich<br />

bin Dipshikha sehr dankbar, das sie mir<br />

geholfen haben, meinen Kampf ums<br />

Überleben zu gewinnen.“<br />

37


Freiwillige<br />

1979/80<br />

Ulrike Engel<br />

1979/80<br />

Verena Wehinger<br />

geb. Glöggler<br />

1980/81<br />

Josef Gruber<br />

1980/81<br />

Franz Keckeisen<br />

1980/81<br />

Hans-Peter Hamm<br />

(1983 tödlich verunglückt)<br />

mit Franz Keckeisen<br />

1980/81<br />

Andreas Grossmann<br />

1981-83<br />

Peter Dietzel<br />

1981/82<br />

Maria Wegmann<br />

geb. Keckeisen<br />

1981/82<br />

Kurt Frenzel<br />

1981/82<br />

Urs Kühnis<br />

1987/88<br />

Annegret Burger<br />

1982<br />

Traute Lutz


1982<br />

Christa Hauser, geb. Ritter<br />

mit Fritz Nonnenmacher<br />

Verena Wehinger, Traute Lutz,<br />

Christa Hauser, Peter Dietzel,<br />

Franz Keckeisen, 1983<br />

1982/83<br />

Fritz Nonnenmacher<br />

1982/83<br />

Dorothee Hiller<br />

1983<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Gabriele Dietzel<br />

geb. Eibach<br />

1984/85 + 1988<br />

Ulrich Herkommer<br />

1984/85<br />

Hermann Rathgeb<br />

1984/85<br />

Franz Scheßl<br />

1984/85<br />

Siegfried Herzog<br />

1984/85<br />

Liesel Deuschle<br />

1985/86<br />

Franz Roth<br />

1985/86<br />

Dorothee Mack<br />

1987/88<br />

Dorothee Hiller<br />

1992/93<br />

Ingo Ritz<br />

39


1993/94<br />

Ulrike Röhrl und<br />

Bettina Kuba geb. Maiwald<br />

1993/94<br />

Bettina Kuba<br />

geb. Maiwald<br />

1994-96 + 1997/98<br />

Mattias Grammling<br />

1996/97<br />

Manuela Strobel<br />

1997/98<br />

Anna Heringer<br />

1998<br />

Manuela Ochsenmayer<br />

1998/99<br />

Tibor Assheuer<br />

2000/01<br />

Margaret Warzecha<br />

2002/03<br />

Vera Bosse


Gedanken<br />

vor einem Freiwilligenaufenhalt<br />

Anna Sarikaya wird im Herbst<br />

2003 als Freiwillige für einige<br />

Monate nach <strong>Bangladesch</strong> gehen<br />

und dort in einem Projekt von<br />

Dipshikha mitarbeiten. Seit einem<br />

Jahr bereitet sie sich intensiv auf<br />

diesen Aufenthalt vor.<br />

Ich lehne an dem Haus, das schon stand vor meiner Geburt<br />

neben mir die Petersilie zum Trocknen ausgebreitet<br />

Sternenklare Nacht<br />

Jetzt - genau in diesem Moment -<br />

sieht ein anderes Auge aus einem anderen Winkel<br />

zu einer anderen Seite desselben Himmels empor<br />

Neben sich den Reis zum Trocknen ausgebreitet,<br />

an die Lehmhütte gelehnt,<br />

die erst steht seit dem letzten Monsun.<br />

Bald schon werd` ich in dieses Auge schauen,<br />

teilhaben an seiner Sicht und Wahrnehmung<br />

Wie sich mein eigner Blick dadurch verändert,<br />

kann ich noch nicht sagen.<br />

Unbeschreiblich ist das Gefühl,<br />

wie im Meer zu schwimmen<br />

ohne den gewohnten Halt unter den Füßen.<br />

Doch voll Vertrauen, dass das Wasser tragen wird<br />

Noch hab ich keine Ahnung,<br />

was genau ich aus dieser Zeit schöpfen werde<br />

doch ich werd` es erzählen, wenn ich wiederkomme<br />

Anna Sarikaya n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

41


Impressionen<br />

von Freiwilligen<br />

Ein Tag in Gana Aloy<br />

Das Frühstück dich schon erwartend,<br />

mit der mütterlichen Fürsorge unserer<br />

Köchin zubereitet, wie sie alles für<br />

mich gekocht hat. Dann mit dem<br />

Fahrrad in die umliegenden Dörfer<br />

fahren – dabei jeden Tag neue Wege<br />

finden, neue Gegenden und neue<br />

Gedanken. Vom Fahrrad absteigen,<br />

mit den Menschen reden – wenn du<br />

nicht zu neu, nicht zu fremd für sie<br />

bist – und wenn du schon bekannt<br />

bist in der Gegend, mit den Kindern<br />

spielen; hinter ihnen herrennen, vor<br />

ihnen weglaufen, sich freuen wie sie<br />

sich darüber freuen. Beim Mittagessen<br />

dich von den Angeboten der kleinen<br />

Restaurants überraschen lassen.<br />

Nachmittags nach Hause kommen<br />

– bemerken, dass du wirklich „nach<br />

Hause“ kommst, z. B. weil du das<br />

Gefühl hast, das die Nachbarn dich fast<br />

schon erwartet haben.<br />

Abends in „unserem Kino“ (dem<br />

Fernsehzimmer in Gana Aloy)<br />

mit den Mitarbeitern von Dipshikha<br />

die Zusammenfassung der<br />

Weltmeisterschaft im Kricket anschauen<br />

– die ihren glanzvollsten Höhepunkt<br />

an dem Tag erreichte, als Bangladesh<br />

den haushohen Favoriten Pakistan<br />

besiegte! Dann mit klatschenden<br />

Händen (damit die Schlangen dich<br />

hören und aus dem Weg gehen) in<br />

das eigene Zimmer gehen. Dich über<br />

das elektrische Licht im Zimmer und<br />

den Ventilator freuen, beides Dinge,<br />

die keine Selbstverständlichkeit in der<br />

Umgebung sind, die aber dafür sorgen,<br />

dass du noch Briefe schreiben kannst<br />

– und von den Moskitos ein wenig in<br />

Ruhe gelassen wirst.<br />

Kurz vor dem Einschlafen den Ratten<br />

auf dem Wellblechdach zuhören,<br />

wie sie anscheinend Wettrennen veranstalten.<br />

Sie sind schnell!<br />

Und morgens aufwachen, weil die<br />

Kinder am Fensterladen klopfen und<br />

mit Ausdauer deinen Namen rufen.<br />

Tibor Assheuer n<br />

Alles ist im Fluss<br />

Die Fruchtbarkeit der Reisfelder –<br />

der Schwemmsand – kommt aus dem<br />

Fluss, Kadaver und Asche gehen in<br />

den Fluss. Flüsse sind die pulsierenden


Lebensadern, die natürlichen<br />

Versorgungswege: keine Reise ohne sie,<br />

kein Transport ohne ihre Zustimmung.<br />

Sie sind Waschplätze, Abfallplätze, Fluch<br />

und Segen. Sie gebieten das Tempo des<br />

Lebens, sie nehmen Land und geben es<br />

nach Laune wieder. Sie lassen Dürre<br />

zurück oder übertreten die Ufer in<br />

maßloser Flut. Sie sind ungezogen.<br />

Meist hat man nicht einmal Steine,<br />

um sie einzudämmen. Die größten<br />

unter ihnen hat bisher keine Technik<br />

bändigen können. Manchmal haben<br />

sie die Brücken einfach ohne Wasser<br />

stehen lassen und sind andere Wege<br />

gegangen...<br />

Fritz Nonnenmacher n<br />

Bus fahren<br />

Wenn ich mich körperlich wohl fühle,<br />

macht es mir irrsinnig Spaß, Bus zu<br />

fahren. So bin ich auch heute gerade<br />

noch mit einem Fuß in den schon<br />

total überfüllten Bus eingestiegen und<br />

habe mich in bengalischer Manier bis<br />

zur obersten Stufe durchgekämpft.<br />

Im Bus selber hat die Luft gestanden,<br />

und es ist wirklich unmöglich, darin<br />

umzufallen. Von hinten und von<br />

vorne gepresst, rieche ich meine<br />

Nachbarn, doch es ist kein Parfum,<br />

sondern Schweiß, der ihnen in<br />

gleicher Weise herunterläuft wie mir.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Seltsamerweise fühle ich mich heute<br />

darin wohl, gleichgestellt, dazugehörig<br />

als Fahrgast. Blicke begegnen sich und<br />

werden durch ein Lächeln erwidert.<br />

Ich vergesse ganz, dass ich von allen<br />

Seiten gedrückt und geschoben werde,<br />

unsere Körper zerfl ießen ineinander.<br />

Derjenige, der keinen Haltegriff mehr<br />

gefunden hat, legt ungeniert dem<br />

Anderen seine Hand auf die Schulter,<br />

niemand empfi ndet das als lästig –<br />

es ist normal, Tuchfühlung ist noch<br />

erlaubt. Sicherlich bedingt durch die<br />

Überbevölkerung haben die Menschen<br />

ein anderes Verhältnis zueinander als<br />

bei uns.<br />

Franz Keckeisen n<br />

Franz Keckeisen und<br />

Naresh Chkraborty<br />

43


Augenblicke<br />

Wenn man mit dem Postboten<br />

im Schatten vor dem Haus kauert,<br />

die vorbeigehenden Leute beobachtet<br />

und sich gebrochen auf Bengalisch<br />

unterhält.<br />

Den Sonnenaufgang und das<br />

Erwachen des Lebens in den Dörfern<br />

mitbekommen.<br />

Oder wenn man abends mit den<br />

Frauen<br />

vom Feld nach Hause geht<br />

und zusammen lacht.<br />

Wenn man bei Stromausfall<br />

die Sterne geniesst und über den<br />

schiefen Mond diskutiert.<br />

Den ersten Regen nach der Trockenzeit<br />

auf der Haut spüren.<br />

Der Moment, in dem einem der Mund<br />

vom scharfen Essen so brennt,<br />

dass man ihn gar nicht mehr zumachen<br />

kann.<br />

Wenn man unter freien Himmel an<br />

einem geborgten Tisch isst<br />

und Tee trinkt.<br />

Ein Danke nach einer Malstunde.<br />

Wenn man sich endlich einigermaßen<br />

verständigen kann.<br />

Das intensive Grün.<br />

Eine Spiegelung der untergehenden<br />

Sonne in den überschwemmten<br />

Reisfeldern.<br />

Lieder singen.<br />

Der Augenblick,<br />

wenn man das erste Mal<br />

in bengalischer Sprache einen Tee<br />

bestellt.<br />

Zusammen kochen.<br />

Das Leben auf den Märkten<br />

miterleben.<br />

Der Moment,<br />

wenn man in voller Montur<br />

im Dorfweiher schwimmen geht.<br />

… Es sind diese Augenblicke, die man<br />

mit nach Hause bringt.<br />

Margaret Warzecha n<br />

Bengalischer Markt


Die Bäume wachsen noch<br />

– Dipshikha nach zehn Jahren<br />

Meine Freiwilligenzeit bei Dipshikha<br />

war von November 1992 bis Juli 1993.<br />

Ich wohnte im Trainingszentrum<br />

Gana Aloy, wo damals auch noch<br />

das zentrale Büro für alle Dipshikha-<br />

Projekte war, und arbeitete im<br />

Landwirtschaftprogramm mit. Ein Fieldworker<br />

und ich fuhren von dort mit dem<br />

Fahrrad zu den Kleinbauern, um über<br />

ihre Situation, ihre Schwierigkeiten<br />

und ihre Erwartungen an Dipshikha<br />

zu reden. Auf Grund dieser vielen<br />

Gespräche wurden Vorschläge für das<br />

Landwirtschaftsprogramm gemacht.<br />

Zu dieser Zeit wurde ein neuer<br />

Agraringenieur eingestellt. Das<br />

war ein Glücksfall. Denn es stellte<br />

sich heraus, dass er im Gegensatz<br />

zu vielen seiner Kollegen praktisch<br />

mitdenken und arbeiten konnte. Er<br />

brachte Erfahrungen aus einer anderen<br />

Organisation mit, z.B. zum Anpfl anzen<br />

von Bäumen an den Wegesrändern.<br />

Der Projektleiter von Dipshikha<br />

hatte Vorschläge zum Impfprogramm<br />

für Gefl ügel und Kühe. Ich hatte bei<br />

Besuchen von anderen Entwicklungsorganisationen<br />

in Dinajpur das Modell<br />

von Kleinbaumschulen gesehen.<br />

Als ich im Februar 2002 wieder in Gana<br />

Aloy war, habe ich mich über die vielen<br />

Bäume an den Wegesrändern gefreut.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Das Landwirtschaftsprogramm von<br />

Dipshikha hat sich gut weiterentwickelt.<br />

Nicht alles ist verwirklicht worden.<br />

Aber insgesamt habe ich den Eindruck,<br />

dass die Interessen der Kleinbauern im<br />

Mittelpunkt stehen und wirtschaftlich<br />

gedacht wird. Es war schön, nach fast<br />

zehn Jahren wieder auf den weiten<br />

Wegen Fahrrad zu fahren. Auf dem<br />

Markt in Bugdur, zwei Kilometer östlich<br />

von Gana Aloy, traf ich alte Bekannte<br />

wieder, z.B. einen der Fieldworker aus<br />

dem Landwirtschaftsprogramm. Er war<br />

einer derjenigen gewesen, die mich<br />

1993 eingeladen hatten, in ihrem Haus<br />

zu übernachten. Diese Gastfreundschaft<br />

und Offenheit ist eine der wichtigsten<br />

Erfahrungen in <strong>Bangladesch</strong> gewesen.<br />

Ich wünsche Dipshikha und <strong>Shanti</strong><br />

und natürlich den Menschen, mit<br />

denen sie arbeiten, alles Gute für die<br />

Zukunft!<br />

Ingo Ritz n<br />

45


Von einem, der auszog... oder:<br />

nach 20 Jahren immer noch<br />

„freiwillig“ dabei!<br />

Als ich im Mai 1980, damals<br />

21jährig, nach meinem Zivildienst<br />

als „Freiwilliger“ nach <strong>Bangladesch</strong><br />

aufbrach, wusste ich sehr wenig<br />

über Land, Leute, Kultur und Entwicklungsbemühungen<br />

des Dipshikha-<br />

Projektes. Im Handgepäck hatte ich<br />

meine Blockflöte, Malariatabletten<br />

und einen Sack voller Idealismus. So<br />

lebte ich dann auch recht unbeschwert<br />

fast ein ganzes Jahr, lernte die<br />

bengalische Sprache nach dem Prinzip<br />

„learning by doing“ und erfuhr im<br />

Zusammenleben und –arbeiten viel<br />

über dieses liebenswerte Volk.<br />

Beim Abschied erklärte mir Paul Tigga<br />

(Mitbegründer und heutiger Direktor<br />

des Projektes), dass nun meine Zeit des<br />

Lernens hier vorüber sei und jetzt erst<br />

meine tatsächliche Aufgabe beginne:<br />

„Erzähle den Menschen wie wir leben,<br />

von der Schönheit unseres Landes,<br />

singe unsere Lieder in denen Freud‘<br />

und Leid unseres Volkes zum Ausdruck<br />

kommen!“<br />

Erst nach und nach begriff ich diese<br />

Worte, die mich nun doch schon so<br />

lange begleiten.<br />

Franz Keckeisen n<br />

Ach, die liebe Zeit<br />

Hier im Süden (Dhandoba, Shitour)<br />

hat alles seine Zeit. Es geht nicht<br />

schneller als es geht. Da kann man<br />

sich auf den Kopf stellen. Besser<br />

ist es, mit einem Achselzucken das<br />

Unveränderliche hinzunehmen. Das<br />

Schöne ist, jeder weiß das. Auf dem<br />

Weg vergeht sehr viel Zeit. Man zeigt<br />

sehr oft sympathische weiße Zähne,<br />

lacht dazu. Sicher, es ist wahr. Wir<br />

sind (fast) immer unterwegs. Es kann<br />

niemand mehr erwarten...<br />

Fritz Nonnenmacher n<br />

Fritz Nonnemmacher, 1983


Ohnmacht überwinden<br />

Wir waren auf dem Weg zum Treffen<br />

einer Dipshikha-Dorfgruppe. Die<br />

Sonne schickte sich an unterzugehen,<br />

und die leichte Abendbrise tat gut<br />

nach der Hitze des Tages. Bauern<br />

kamen uns mit ihren Zuggespannen<br />

entgegen, Karren mit knarrenden,<br />

großen Holzrädern, die von<br />

Wasserbüffeln gezogen wurden,<br />

hochbeladen mit Jute. Wir wurden<br />

stutzig. Der Weg zum Markt lag doch<br />

gerade in die umgekehrte Richtung.<br />

„Ja“, antworteten die Bauern, als der<br />

Dipshikha-Mitarbeiter sie ansprach,<br />

mit dem ich unterwegs war, „wir<br />

haben unsere Jute nicht verkauft.“<br />

„Warum nicht?“ – „Der Preis ist<br />

zu niedrig.“ Die Zeitungen hatten<br />

vom guten Ergebnis der Jute-Ernte<br />

berichtet und dass demzufolge der<br />

Weltmarktpreis für die goldene Faser<br />

stark gefallen war. „Aber die Regierung<br />

hat doch einen Aufkaufpreis von 250<br />

Taka pro Ballen festgesetzt?“ fragten<br />

wir. „Wir bekommen aber nur 190<br />

pro Ballen. Damit können wir nicht<br />

mal die Kosten für das Saatgut, den<br />

Dünger und die Arbeiter bezahlen“,<br />

sagte einer der Bauern mit leiser,<br />

verzweifelter Stimme. Noch nie hatte<br />

ich so niedergeschlagene Gesichter in<br />

<strong>Bangladesch</strong> gesehen. „Weshalb wehrt<br />

Ihr Euch nicht und verlangt den Preis,<br />

<strong>Shanti</strong><br />

der Euch zusteht?“ – „Einige Bauern<br />

haben sich gewehrt. Ihre Wagen sind<br />

angezündet worden von den Leuten,<br />

die den Einkauf abwickeln, ihre ganze<br />

Jute-Ernte ist verbrannt. Wir müssen<br />

an die Zwischenhändler verkaufen, sie<br />

sagen, dass es jedem so geht, der sich<br />

wehrt.“ – „Und jetzt?“ Die Bauern<br />

zuckten nur mit den Schultern – und<br />

die blieben auch unten, als sie langsam<br />

ihren Heimweg fortsetzten. Als ich ein<br />

paar Monate später die Dörfer wieder<br />

besuchte, war der Hunger zu sehen.<br />

Dies war eine der Begegnungen<br />

während meines Freiwilligendienstes,<br />

die mir die Augen öffneten:<br />

Selbsthilfe- und Bildungsprogramme,<br />

wie die von Dipshikha, sind wichtig.<br />

Doch sie reichen nicht aus. Wir<br />

müssen an den Strukturen von Macht,<br />

Gewalt und Korruption rütteln, die<br />

Kleinbauern, Landlose und Frauen<br />

arm machen und in Armut gefangen<br />

halten. Wir müssen Menschen und<br />

Programme unterstützen, die diese<br />

Unrechtsstrukturen in ihrem Land<br />

verändern. Denn das habe ich gelernt<br />

von Menschen in <strong>Bangladesch</strong>: Wir<br />

können passive Ohnmacht überwinden.<br />

Doch die Hoffnung muss laufend<br />

gepfl egt werden – durch Engagement<br />

statt durch bloßes Zuschauen.<br />

Peter Dietzel n<br />

47


Eindrücke<br />

von Deutschlandbesuchen<br />

Zwei langjährige Mitarbeiter<br />

(Anthony Rebeiro und John<br />

Gomes) bei unserer Partnerorganisation<br />

Dipshikha besuchten<br />

erstmals Deutschland. Hier einige<br />

Gedanken und Eindrücke, die sie<br />

uns nach ihrer Rückkehr nach<br />

<strong>Bangladesch</strong> von ihrem Besuch in<br />

Deutschland schilderten.<br />

Anthony Rebeiro<br />

[...] Ich hatte Gelegenheit, einen Tag<br />

bei einer Bauernfamilie zu verbringen.<br />

Der Name des Bauern war Gorge<br />

und er besitzt 150 Hektar Land, 300<br />

Kühe, 150 Schweine einen kleinen<br />

Laden und einige Einrichtungen für<br />

Touristen. Der Bauernhof war so<br />

groß, wie ich mir das vorher nicht<br />

vorstellen konnte. Das Verhältnis der<br />

Familienmitglieder zueinander hat<br />

mich sehr beeindruckt. Jeder arbeitet<br />

auf dem Hof, sogar die Kinder vor<br />

und nach der Schule. Andererseits hat<br />

mir der Bauer erzählt, dass die Jugend<br />

heute kein großes Interesse mehr an<br />

der Landwirtschaft hat und dass dies<br />

ein großes Problem darstellt.<br />

Im Programm war auch ein Besuch<br />

bei einem Bergbauern, um deren<br />

System und das Leben in den Alpen<br />

kennen zu lernen. Im Vergleich sind<br />

diese Bauernhöfe sehr klein. Ich war<br />

begeistert von den wunderschönen<br />

Alpenblumen. Es war sehr interessant<br />

und noch jetzt höre ich den Klang<br />

des Wasserfalls. Die Schönheit der<br />

Berge wird mir immer in Erinnerung<br />

bleiben. [.........]<br />

Danach bin ich mit zum Vorstandstreffen<br />

von <strong>Shanti</strong> in ein Dorf bei Nürnberg<br />

gefahren. Ich konnte an dem Treffen<br />

teilnehmen und habe viele neue und<br />

alte Freunde von <strong>Shanti</strong> getroffen und<br />

mit ihnen Erfahrungen ausgetauscht.<br />

Ich war beeindruckt, dass alle aus<br />

unterschiedlichen Städten zum Treffen<br />

gekommen sind, einige viele hundert<br />

Kilometer. Trotzdem haben sie mit<br />

dem Treffen pünktlich begonnen und<br />

alle Arbeit in der kurzen vorhandenen<br />

Zeit erledigt. Sie machen das neben<br />

ihrem Beruf. Es hat mich sehr berührt,<br />

wie wichtig ihnen diese Arbeit für die<br />

Menschen in <strong>Bangladesch</strong> ist.<br />

(v.l.n.r.) Birgit Kleipaß,<br />

Cornelia Schultz-Khan, Elmar Roth


Deutschland ist überall sehr entwickelt<br />

und die Schönheit des Landes ist sehr<br />

groß. Fast alle Häuser haben Blumen<br />

im Garten und auf den Balkonen und<br />

überall ist es sauber und ordentlich.<br />

Die Familien wohnen meistens in<br />

großen schönen Häusern. Ich glaube<br />

sie sind deshalb alle so freundlich und<br />

friedlich.<br />

Die Dörfer wirkten wie kleine Städte.<br />

Alle waren immer sehr ernsthaft bei<br />

der Arbeit und sehr gastfreundlich.<br />

Alle folgen den Verkehrsregeln und<br />

deshalb schützen die Menschen ihr<br />

eigenes Leben und das von anderen.<br />

Sie respektieren einander und folgen<br />

den Gesetzen im Land. Und sie fühlen<br />

sich dem Land gegenüber verpfl ichtet.<br />

Anthony Rebeiro, Dipshikha,<br />

<strong>Bangladesch</strong> 2002 n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

John Gomes<br />

Dieser Besuch war mein erster Besuch<br />

in Deutschland und in Europa<br />

überhaupt. Ein lang gehegter Wunsch<br />

ging in Erfüllung: nämlich ein Land<br />

der „Ersten Welt“ zu besuchen und<br />

die Menschen, die dort leben, kennen<br />

zu lernen. Die Gelegenheit ergab<br />

sich, als Dipshikha mich vorschlug,<br />

am Internationalen Jugendseminar in<br />

Herrsching/Ammersee teilzunehmen.<br />

Das Seminar begann am 1. Juli 2000.<br />

Um mich an das Leben in Deutschland<br />

schon etwas zu gewöhnen, hatte <strong>Shanti</strong><br />

für mich ein 4-tägiges Programm im<br />

Vorfeld des Seminars arrangiert. So<br />

traf ich am 27.6. in München ein. Ich<br />

verbrachte einige Tage in Simbach<br />

und besuchte verschiedene Städte<br />

und Dörfer, einige Familien und<br />

Organisationen. Ich habe Deutschland<br />

als ein sehr entwickeltes und schönes<br />

Land erlebt. Fast vor jedem Haus sind<br />

Blumen gepfl anzt. Überall ist es grün.<br />

Die hohen Berge tragen besonders<br />

zur Schönheit der Landschaft bei.<br />

Das Land machte einen sehr sauberen<br />

und ordentlichen Eindruck auf<br />

mich. Alles ist sehr systematisch und<br />

kunstvoll organisiert. Während meines<br />

Aufenthaltes habe ich das Wetter als<br />

sehr angenehm empfunden.<br />

Die Menschen wohnen in schönen<br />

Häusern. Auch in den Dörfern gibt es<br />

eine gute Infrastruktur, denn jedes Haus<br />

49


ist an eine Asphaltstraße angebunden.<br />

Elektrizität, Telefon, Kühlschrank,<br />

Fernsehen und ein eigenes Auto<br />

gehören zu jedem Haushalt und<br />

ermöglichen ein angenehmes Leben.<br />

Dörfer kommen mir eher wie Städte<br />

vor. In ihrem Berufsleben und in ihren<br />

vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />

sind die Menschen sehr ehrlich und<br />

pflichtbewusst. Die Leute zeigen<br />

sich sehr kooperativ. Wenn man sie<br />

fragt und sie Englisch verstehen, sind<br />

sie sehr hilfsbereit. Aber sie sind alle<br />

immer sehr beschäftigt.<br />

Überrascht war ich, dass alle Leute die<br />

Verkehrsregeln stets beachten. Nirgendwo<br />

habe ich Bettler gesehen. Ich habe<br />

erfahren, dass demokratische Werte in<br />

der deutschen Gesellschaft sehr stark<br />

verankert sind. Das Nationalbewusstsein<br />

ist ziemlich hoch. Gegenüber<br />

ihrem Land fühlen sich die Deutschen<br />

stark verpflichtet. Sie respektieren und<br />

befolgen die Gesetze. Auch nahm ich<br />

an einem <strong>Shanti</strong>-Vorstandstreffen in<br />

Stuttgart teil. Die Mitglieder reisten<br />

aus den verschiedensten Teilen Deutschlands<br />

an und sie gehen alle einer<br />

eigenen beruflichen Tätigkeit nach.<br />

Trotzdem arbeiten sie ehrenamtlich für<br />

<strong>Shanti</strong>, um die Arbeit von Dipshikha<br />

zu unterstützen. Es hat mich sehr<br />

berührt, dass sie sich für die Menschen<br />

in <strong>Bangladesch</strong> und für unser Land<br />

verantwortlich fühlen. Ich habe dann<br />

an dem „20. Internationalen Seminar<br />

zur Förderung der Landjugendarbeit“<br />

teilgenommen. Veranstalter war das<br />

„Bundesministerium für Landwirtschaft,<br />

Forstwirtschaft und Ernährung“<br />

in Zusammenarbeit mit dem „Bayrischen<br />

Bauernverband“ Ziel des<br />

Seminars war es, die Teilnehmer/innen<br />

mit Methoden der Gruppen- und<br />

Teamarbeit, der Konfliktbewältigung,<br />

der Kommunikation, der Leitungskompetenz<br />

und der Evaluierung vertraut<br />

zu machen und Ideen für die<br />

Planung von Entwicklungsprojekten<br />

zur Förderung der Landjugendarbeit<br />

zu vermitteln. Außerdem wurde das<br />

Thema „Globale Herausforderungen“<br />

und Reaktionsmöglichkeiten durch<br />

entsprechende Aktionspläne diskutiert.<br />

Der Lernerfolg diese Seminars wird<br />

mir helfen, die Kompetenz der<br />

Führungskräfte, besonders an der<br />

Basis in den Dipshikha-Gruppen und<br />

auf kommunaler Ebene, zu stärken<br />

und mit neuen Inhalten zu füllen.<br />

Die Beschäftigung mit den globalen,<br />

menschlichen Herausforderungen ist<br />

auch für uns von großer Bedeutung,<br />

um die Probleme in der Zukunft lösen<br />

zu können. Das Seminar gab mir auch<br />

die Gelegenheit, ein Netzwerk mit den<br />

anderen 99 Teilnehmer/innen aus 65<br />

Ländern aufzubauen.<br />

Gemeinsam mit einer Studentengruppe<br />

von der Münchener Universität nahm


ich an einer Exkursion zu einem Schafzüchterbetrieb<br />

teil. Um zu zeigen, dass<br />

die Schafzucht ein profi tables Geschäft<br />

ist, gab es zum Mittagessen Schaffl eisch.<br />

Beeindruckt hat mich vor allem das<br />

freundschaftliche Verhältnis zwischen<br />

dem Dozenten und den Studenten.<br />

Bezüglich der Gleichwertigkeit von<br />

Frauen habe ich beobachtet, dass sie<br />

gleiche Rechte besitzen. Sie erfreuen<br />

sich derselben Freiheiten und es gibt<br />

Chancengleichheit. Zum Aufbau<br />

ihres Landes haben die Frauen eine<br />

Menge beigetragen. Ohne Probleme<br />

können sie jederzeit überall hingehen.<br />

Sicherheit ist für alle garantiert.<br />

Auch habe ich beobachtet, dass alle<br />

Menschen gleich behandelt werden.<br />

Ein Klassensystem gibt es nicht.<br />

Wegen der Art der Beschäftigung wird<br />

niemand verachtet. Während eines<br />

Kultur abends in unserem Tagungshaus<br />

habe ich gesehen, dass der Institutsleiter<br />

mit dem Küchenpersonal getanzt<br />

hat. Das war unfassbar für mich und<br />

hat einen starken Eindruck auf mich<br />

gemacht.<br />

Mir wurde berichtet, dass es viele<br />

Bauern gibt, die aufgrund geringer<br />

Erträge eigentlich kein Interesse<br />

mehr haben, in der Landwirtschaft zu<br />

arbeiten. Während unseres Seminars<br />

besuchte ich einen Tag lang eine<br />

Familie, die von der Landwirtschaft<br />

lebt. Sie besitzt 200 Milchkühe,<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Schweine etc. Trotz modernster<br />

Maschinen und großer Flächen sinkt<br />

ihr Einkommen ständig. Mir kam<br />

dieser Hof, ausgestattet mit modernster<br />

Technologie, wie ein großer, profi tabler<br />

Industriebetrieb vor.<br />

Im Anschluss an das Seminar machten<br />

wir einen Ausfl ug in die Alpen, nach<br />

Salzburg und Passau. Dort haben<br />

wir eine Ausstellung besucht, die<br />

mir die Augen für die „Religion der<br />

Zukunft“ geöffnet hat: eine gerechte<br />

und moralische Gesellschaft. An einer<br />

solchen Gesellschaft möchte ich<br />

gerne mitarbeiten. Während meines<br />

Besuches waren alle Leute sehr besorgt<br />

um mich und bereit, alles für mich zu<br />

tun. Das war eine besonders schöne<br />

Erfahrung und ich bin sehr dankbar<br />

für ihre großzügige Unterstützung und<br />

Hilfsbereitschaft. Insgesamt betrachtet<br />

haben der Besuch und das Seminar<br />

mein Wissen, meinen Erfahrungsschatz,<br />

mein Selbstvertrauen und meine<br />

Verpfl ichtung den Menschen in<br />

<strong>Bangladesch</strong> gegenüber bereichert<br />

und gestärkt. Ich hoffe meine Arbeit<br />

kreativer und effi zienter angehen zu<br />

können. Mir ist weiterhin aufgefallen,<br />

dass ein Besuch in einem anderen Land<br />

die persönliche Sichtweise erweitert.<br />

Am 18. Juli 2000 habe ich Deutschland<br />

wieder verlassen.<br />

John Gomes, Dipshikha n<br />

51


Nachruf<br />

auf Jadab Chandra Deb Nath (Annegret Burger)<br />

In meiner langjährigen Mitgliedschaft<br />

bei <strong>Shanti</strong> hat mich immer wieder<br />

überrascht, wie vielseitig und<br />

unterschiedlich Deutsche, die nach<br />

<strong>Bangladesch</strong> gereist sind, Land und<br />

Menschen erlebt haben, und was die<br />

Einzelnen bei ihrem Aufenthalt als<br />

besonders prägend erlebt haben.<br />

Ich selbst staunte vor allem darüber,<br />

welcher Grad an Nähe und an<br />

Verstehen mir mit einigen wenigen<br />

Bengalen möglich war, und das trotz<br />

kultureller, wirtschaftlicher, religiöser<br />

und sonstiger Unterschiede, von<br />

der die deutschen und bengalischen<br />

Lebenswelten geprägt sind. Jadab<br />

Chandra Deb Nath war einer dieser<br />

Menschen für mich. Er starb am 11.<br />

Juli 2002 nach längerer Krankheit im<br />

Alter von ungefähr 45 Jahren. Mein<br />

Verständnis von <strong>Bangladesch</strong> und<br />

meine Erfahrungen mit den Menschen<br />

<strong>Bangladesch</strong>s sind eng mit ihm<br />

verwoben.<br />

Im November 1987 kam ich zum ersten<br />

Mal nach <strong>Bangladesch</strong>. In meinem<br />

Beruf als Krankenschwester hatte ich<br />

die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit<br />

dem zuständigen bengalischen Arzt<br />

bei Dipshikha in den zu Dipshikha<br />

gehörigen Dörfern grundsätzliche<br />

Strukturen von Gesundheitsvorsorge<br />

aufzubauen. Dieser Arzt war Jadab.<br />

Zeit hat in <strong>Bangladesch</strong> für viele Menschen<br />

eine, wie ich meine, absichts-<br />

losere Dimension als in Deutschland.<br />

Auf endlos langen Fahrten mit Zug,<br />

Bus oder Moped, beim gemeinsamen<br />

Besuch von Patienten in den Dörfern<br />

des Dipshikhagebiets, einmal auch<br />

bei einer gemeinsamen Reise nach<br />

Darjeeling, in Nordindien, habe ich<br />

während insgesamt vier Aufenthalten<br />

in Bangladesh viel Zeit mit Jadab<br />

geteilt. Dieser gemeinsamen Zeit habe<br />

ich einen Großteil meiner Bengalischkenntnisse<br />

zu verdanken, denn Jadab<br />

war ein geduldiger Zuhörer und<br />

Lehrer. Von Anfang an kommunizierten<br />

wir aufgrund seiner damals geringen<br />

Englischkenntnisse und ungeachtet<br />

meiner damals ebenso rudimentären<br />

bengalischen Sprachkenntnisse auf<br />

Bengali. Anfangs ging es eben sehr<br />

langsam, das störte uns aber nicht.<br />

Der mit Jadab geteilten Zeit<br />

verdanke ich auch einen relativ<br />

unmittelbaren Einblick in die<br />

bengalische dörfliche Gesellschaft<br />

und ihre Machtkonstellationen und<br />

auch in die Formen des kreativen<br />

Widerstands gegen Ungerechtigkeit<br />

und Unterdrückung, die sich sowohl<br />

im Kontext zwischen arm und reich<br />

als auch zwischen Mann und Frau<br />

oder alt und jung finden lassen. Jadab<br />

ermöglichte mir sozusagen einen Blick<br />

hinter die Kulissen.<br />

Sein Beitrag zu Dipshikha war<br />

auf den ersten Blick ein leiser und


unauffälliger. Bei näherem Hinsehen<br />

aber wird deutlich, dass er mit seiner<br />

Person Dipshikha mit geprägt hat.<br />

Ich möchte deshalb versuchen,<br />

seinen unverwechselbaren Beitrag zur<br />

Dipshikhaarbeit einzufangen.<br />

Jadab arbeitete von circa 1985 bis 2001<br />

bei Dipshikha im Gesundheitsbereich.<br />

Er war Hindu und gehörte damit zu<br />

einer religiösen Minderheit. Als Sohn<br />

eines Dorfarztes hatte er eine praktische<br />

medizinische Ausbildung absolviert.<br />

Bei Dipshikha bestand seine Aufgabe<br />

unter anderem darin, die für jedes Dorf<br />

ausgewählten Gesundheitshelferinnen<br />

zu motivieren, zu schulen und zu<br />

beaufsichtigen. Außerdem bot er über<br />

viele Jahre hinweg im Auftrag von<br />

Dipshikha medizinische Hilfe und<br />

Beratung an.<br />

Jadab in der kleinen Ambulanz<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Für mich waren Bescheidenheit und<br />

Humor die an ihm hervorstechendsten<br />

Eigenschaften.<br />

Vielen Deutschen erschien er als sehr<br />

netter, engagierter, aber ein wenig<br />

konturloser Mitarbeiter in Dipshikha.<br />

Öffentliche Auftritte waren seine<br />

Sache nicht. Seine Fähigkeit lag vor<br />

allem im informellen Kontakt mit der<br />

„Basis“. Auch bei seinem Besuch 1996<br />

hier in Deutschland beeindruckte er<br />

eher im Kleinen. Damals fi el mir auf,<br />

wie schnell er es verstand, eine ungezwungene,<br />

fröhliche Stimmung um<br />

sich zu verbreiten.<br />

Auch in seinem Zuhause herrschte<br />

eine erfrischend tolerante und<br />

unautoritäre Haltung vor, die er als<br />

Familienoberhaupt bewusst pfl egte.<br />

Dasselbe galt für seine Rolle als<br />

Vorgesetzter: darin war er für<br />

bengalische Verhältnisse ausgesprochen<br />

partnerschaftlich. Bei<br />

Fortbildungsseminaren für seine<br />

Mitarbeiterinnen herrschte schon<br />

bald ein ungezwungener fröhlicher<br />

Umgangston. Der trug dazu bei, dass<br />

viele der Dorfgesundheits helferinnen<br />

sich von ihrer anfänglichen Schüchternheit<br />

und Passivität in selbstbewusste<br />

Frauen verwandelten, die ihn - wenn<br />

nötig - auch mit seinen eigenen<br />

Schwächen konfrontierten. Sehr gut<br />

veranschaulicht diese Ent wicklung<br />

eine Begebenheit, die ihm selbst sehr<br />

53


edeutsam erschien, und die er mir<br />

deshalb bei seinem Besuch im Herbst<br />

1996 in Deutschland erzählte:<br />

Eine der besonders fähigen Dorfges<br />

undheitshelferinnen hatte Jadab um<br />

einen Betrag aus dem gemeinsamen<br />

Sparfonds der Gesundheitshelferinnen<br />

gebeten, da ihr Mann krank sei. Jadab<br />

gab ihr das Geld aus dem für Notfälle<br />

vorgesehenen Fonds nicht nur auf<br />

eigene Verantwortung, sondern auch,<br />

ohne einen für solche Situationen<br />

vorgesehenen gemeinsamen Beschluss<br />

der Helferinnen abzuwarten. Ja,<br />

es hatten ihm sogar einige der Gesundheitshelferinnen<br />

mit mancherlei<br />

Andeutungen von der Auszahlung des<br />

Geldes abgeraten.<br />

Nachdem die betreffende Dorfgesundheitshelferin<br />

die finanzielle<br />

Unterstützung erhalten hatte,<br />

brannte sie mithilfe des erhaltenen<br />

Geldbetrags mit ihrem jugendlichen<br />

Liebhaber durch und ließ einen<br />

verzweifelten Ehemann mit zwei<br />

Kindern zurück. Mittlerweile ist sie<br />

längst wieder in den Schoß ihrer<br />

Familie zurückgekehrt. Allerdings<br />

hat sie damals aufgrund des Vorfalls<br />

ihre Stelle als Gesundheitshelferin<br />

verloren. Auch das Geld konnte sie<br />

nicht mehr zurückerstatten. Die<br />

anderen Gesundheitshelferinnen<br />

machten Jadab damals darauf<br />

aufmerksam, dass er das ausgegebene<br />

Geld wieder in die Gemeinschaftskasse<br />

zurückerstatten müsse, da er gegen<br />

die gemeinsam beschlossenen Regeln<br />

verstoßen habe. „Und hast Du das<br />

Geld zurückerstattet?“ fragte ich ihn.<br />

„Natürlich,“ sagte er, „das war das<br />

Lehrgeld, das ich zu bezahlen hatte.<br />

Aber weißt Du, wie stolz ich auf diese<br />

Frauen bin und auf die Stärke und<br />

Klugheit, die sie mir gegenüber in<br />

diesem Konflikt bewiesen haben?“ Er<br />

war sichtlich gerührt. Damals hatte ich<br />

den Eindruck, dass er dieses Ereignis<br />

als kostbare Frucht seiner langjährigen<br />

Arbeit mit den Shebikhas betrachtete.<br />

Jadab gehörte als fester Mitarbeiter<br />

von Dipshikha zur beneidenswerten<br />

Minderheit der Dorfbevölkerung,<br />

die über ein regelmäßiges und<br />

gutes monatliches Einkommen verfügte.<br />

Auch gehörte seine Familie<br />

mittlerweile eher zum Mittelstand. Als<br />

Kind allerdings hatte er bittere Armut<br />

gekannt. Er hat nie vergessen, was sie<br />

bedeutet. Nicht wenigen Patienten,<br />

die er behandelte, die aber zu arm<br />

waren, um sich die notwendigen<br />

Medikamente kaufen zu können,<br />

finanzierte er ihre Medizin aus eigener<br />

Tasche. Dies betrachtete er schlicht als<br />

seine soziale Verantwortung. Ich erfuhr<br />

eher nebenbei davon. Er stellte solche<br />

Schenkungen nie heraus, verheimlichte<br />

sie eher.


Auch begleitete ich ihn immer<br />

wieder zu Besuchen von Kranken, die<br />

unheilbar krank waren. Er erhielt dafür<br />

keine Entlohnung. Es war ihm einfach<br />

wichtig, sie nicht allein zu lassen, auch<br />

wenn er mit seiner medizinischen<br />

Kunst längst am Ende war.<br />

Bei meinem letzten Aufenthalt in<br />

<strong>Bangladesch</strong> 1997 vertraute er mir<br />

einen Wunschtraum an: Wenn seine<br />

beiden Söhne einmal die notwendige<br />

Schulbildung erhalten hätten und<br />

den Lebensunterhalt der Großfamilie<br />

mittragen würden, plante er, keiner<br />

Lohnarbeit mehr nachzugehen,<br />

sondern ärztliche Hilfe und Beratung<br />

für die Ärmsten auf ehrenamtlicher<br />

Basis anzubieten.<br />

Jadabs menschliche und berufl iche<br />

Grundhaltung wurde sicherlich<br />

entscheidend von der Dipshikha-<br />

Philosophie mitgeprägt. Aber - und<br />

davon bin ich überzeugt - in seiner<br />

schlichten und unauffälligen Art prägte<br />

er die Umsetzung dieser Dipshikha-<br />

Philosophie ebenfalls entscheidend<br />

mit. Ich habe ihm viel zu verdanken,<br />

und ich vermisse ihn.<br />

Annegret Burger n<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Jadap zu Besuch in Deutschland 1996<br />

55


Bangla Ranna<br />

Bengal ische Küche<br />

Das Essen nimmt in <strong>Bangladesch</strong> einen<br />

zentralen Platz ein. Es ist wichtiger als<br />

Kleidung und Wohnen. Wenn Gäste<br />

kommen, wird der Tisch so reich wie<br />

möglich gedeckt, selbst wenn für den<br />

Gastgeber darauf Hungertage folgen.<br />

Natürlich sind die Gerichte und<br />

Zubereitungsarten auch in <strong>Bangladesch</strong><br />

vom Geldbeutel abhängig.<br />

Quelle des Rezeptes ist das von <strong>Shanti</strong><br />

herausgebrachte Kochbuch Bangla-Ranna<br />

Rezept - Linsen (Dal)<br />

Bengalische Linsen, Dal, werden<br />

nahezu bei jedem Essen gereicht. je<br />

nach Sorte ist er rot oder gelb, und<br />

genauso zahlreich wie die Dalsorten<br />

sind seine Zubereitungsarten.<br />

Einfacher Dal:<br />

1 Tasse rote oder gelbe Linsen<br />

4-6 Tasse Wasser<br />

2 Knoblauchzehen<br />

1 Zwiebel<br />

1 TL Chillie oder eine grüne<br />

Chillieschote<br />

1TL Gelbwurzel<br />

1TL Koriander<br />

1 Lorbeerblatt<br />

1/2 Tasse Öl<br />

1/2 EL Salz<br />

evtl. 1 TL Kreuzkümmelsamen und<br />

frischen Ingwer<br />

Die Linsen werden gründlich<br />

gewaschen und dann in Wasser<br />

mit Salz, Chillie, Gelbwurzel<br />

und Koriander etwa 40 Minuten<br />

weichgekocht. Zwiebeln, Knoblauch<br />

und Ingwer werden fein geschnitten<br />

und im heißen Öl mit Lorbeer und<br />

dem ungemahlenen Kreuzkümmel angebraten.<br />

Dann löscht man mit dem<br />

Dal ab, und rührt gut um, läßt alles<br />

nochmal aufkochen und kann jetzt<br />

nach Geschmack nachwürzen.<br />

Dal wird mit Reis und Fladenbrot<br />

gegessen.


Das Dorf<br />

Von den Träumen der Rikschafahrer<br />

Urbane Situation und die Rolle<br />

des Dorfes in <strong>Bangladesch</strong><br />

Während eines zehnwöchigen Aufenthaltes<br />

in <strong>Bangladesch</strong> im Sommer<br />

2002 untersuchten die vier<br />

Architekturstudenten der Kunstuniversität<br />

Linz Tobias Hagleitner,<br />

Anna Heringer, Petra Rager und<br />

Gunar Wilhelm die Dorfsituationen<br />

in <strong>Bangladesch</strong>. Ergebnisse<br />

des Forschungsaufenthaltes sind in<br />

der Arbeit “Ort, Beziehungen und<br />

Funktion” zusammengefasst.<br />

Dhaka Airport, 6 Uhr 40. Die Luft ist<br />

schwer, der Boden dampft noch feucht<br />

vom letzten Monsunschauer. Vier<br />

Studen ten aus Linz bahnen sich mit<br />

ihrem Gepäck einen Weg durch das<br />

laute Durcheinander von Verkäufern,<br />

deren Sortiment von Bananen<br />

bis Schnürsenkel reicht, Bettlern,<br />

deren einzige soziale Absicherung<br />

das muslimische Gebot der<br />

Almosenverteilung ist und Babytaxi-<br />

Fahrern, die um Kunden wetteifern.<br />

„Madam! Gulshan, Banani..?“<br />

Nein, unser Ziel ist nicht eines<br />

der Nobelviertel Dhakas, sondern<br />

Mirpur, ein Arbeiter viertel, wo sich<br />

die Hauptzentrale unserer Gastgeber,<br />

der NGO (Non Govern mental Or-<br />

<strong>Shanti</strong><br />

gani sation) Dipshikha, befi ndet. Auf<br />

dem Weg dorthin bekommen wir eine<br />

Ahnung von dem riesigen Organismus,<br />

in dem sich unser Kleinbus gerade<br />

bewegt.<br />

Dhaka, die Hauptstadt von <strong>Bangladesch</strong>,<br />

ist eine einzigartige Mischung von<br />

Extremen und Eigenarten. Mit nichts<br />

vergleichbar.<br />

Der Verkehr gleicht den unkontrollierten<br />

Wassermassen des<br />

Ganges deltas, die jährlich unbe rechenbar<br />

anschwellen und sich ständig neue<br />

Wege durch das Land bahnen. Jede<br />

Lücke wird genutzt.<br />

Rikschafahrer<br />

Wir passieren die Stadtviertel der<br />

oberen Schichten, die beinahe<br />

abrupt in Slums münden, Tankstellen,<br />

die monu mentalen Tempelbauten<br />

gleichen, Geschäftszeilen, wo die gewagtesten<br />

Bambusgerüste vor den<br />

modischen neuen Spiegelfassaden<br />

lehnen. In ihnen spiegelt sich der<br />

Strom der unzähligen Rikschas und<br />

57


Babytaxis. Farbenfroh bemalt wirken<br />

sie auf den Neuankömmling wie ein<br />

Bilderbuch, das von den Träumen ihrer<br />

Fahrer erzählt. Vor uns ein Babytaxi<br />

verziert mit einem Bild des Taj Mahal,<br />

gefolgt von einer Rikscha, auf deren<br />

Bemalung das Regierungsgebäude<br />

von Louis Kahn zu erkennen ist, weiter<br />

hinten zeigt ein neueres Schild die 1998<br />

fertiggestellte Jamuna Bridge über den<br />

Brahmaputra (Jamuna) - eine wichtige<br />

infrastrukturelle Verbesserung für den<br />

Norden des Landes. Ein älteres Schild<br />

zeigt hingegen noch ein Flussufer mit<br />

kleinen Fischerbooten, ein anderer<br />

vermisst wohl sein Heimatdorf,<br />

Phantasievögel, deren Gezwitscher<br />

im lauten Sog Dhakas wohl nie zu<br />

hören sein werden, Kinostars, die<br />

früher nur im Sari abgebildet waren,<br />

tragen hie und da schon Miniröcke<br />

und v. a. Sonnenbrillen. Strohbedeckte<br />

Lehmhütten haben ihre Träumer<br />

genauso wie „westliche“ Häuser mit<br />

Ziegeldächern.<br />

Bemalte Rikscha<br />

Jeder Quadratmeter des knappen<br />

Baulandes ist kostbar. Teilweise<br />

erstrecken sich Hütten auf Bambuskonstruktionen<br />

sogar über die<br />

Ränder kleiner Teiche. Selbst manche<br />

Verkehrsinseln finden eine Nutzung<br />

als Verkaufs- oder Wohnflächen. Die<br />

Gassen im Viertel der Dipshikha-<br />

Zentrale sind so eng, dass sich ein<br />

Auto nur mühsam fortbewegen kann.<br />

Man merkt, dass die Verkehrswege<br />

an die Haupttransportmittel, d.h.<br />

Fahrradrikscha und Babytaxi angepasst<br />

sind und nicht an die wenigen Autos.<br />

Das Viertel Mirpur ist ein typisches<br />

Beispiel für die „unplanned residential<br />

areas“(ca. 37% der Stadtfläche, dagegen<br />

25% „planned“). Hier findet man<br />

keine Villen, sondern mehrstöckige<br />

Wohnhäuser, die teilweise nur<br />

zwei Meter Zwischenraum zum<br />

Nachbargebäude einhalten. Anstelle<br />

einer geregelten Müllentsorgung wird<br />

der Mist einfach in die Gassen oder auf<br />

andere freie Flächen geworfen, wo er<br />

zunächst von Bettlern, Kindern und<br />

schließlich von Hunden und Krähen<br />

durchwühlt wird, bevor der Rest<br />

irgendwann verbrannt wird.<br />

Zur Zeit der Gründung des Staates<br />

<strong>Bangladesch</strong>, nach der Trennung von<br />

Westpakistan 1971, erfuhr die Stadt<br />

eine explosionsartige Erweiterung.<br />

Ein massiver Zuwanderungsprozess<br />

aus den ländlichen Gebieten führte zu


einer Nutzungsdichte und Verslumung<br />

extremen Ausmaßes.<br />

1981 lag der Anteil der Slum be völkerung<br />

bei ca. 40%, der Schätzwert<br />

für die Gegenwart liegt bei ca. 50%<br />

(RAJUK, 1999). Die bengalische<br />

Tageszeitung „Daily Observer“ (1999)<br />

geht von mehr als 3000 Slums über<br />

ganz Dhaka verteilt aus.<br />

Trotz der massiven Armutsprobleme<br />

im urbanen Raum arbeiten überraschenderweise<br />

nur sehr wenige der<br />

vielen NGOs in den Städten. Die<br />

meisten von ihnen konzentrieren ihren<br />

Entwicklungsansatz auf die dörfl ichen<br />

Gegenden von <strong>Bangladesch</strong>.<br />

Dies mag verwundern, doch ihre<br />

Philosophie wird besser verständlich,<br />

betrachtet man die Tatsache, dass ca.<br />

75% der Familienvorstände in Dhaka<br />

auf dem Land geboren sind. Die<br />

Motive der Landfl ucht sind unterschiedlich:<br />

viele treibt die Armut in<br />

die Hauptstadt, aber auch mangelnde<br />

Infrastrukturen wie Elektrizität, Telefon,<br />

Krankenversorgung, Ausbild ungsstätten,<br />

Arbeitsplätze und fehlende<br />

Zukunftsperspektiven sind Ursachen.<br />

Das Ziel oder der Traum vieler NGOs<br />

ist es, der Basis des Landes, nämlich den<br />

Dörfern, neue Perspektiven zu geben;<br />

sich auf Grundlage der Selbsthilfe in<br />

ihrer Tradition weiterzuentwickeln<br />

ohne zu entwurzeln und den Wert<br />

<strong>Shanti</strong><br />

des Dorfes in seiner Vielschichtigkeit<br />

wieder zu entdecken.<br />

Eine Studie der Weltbank über die<br />

aktuelle und zukünftige Situation des<br />

Landes prognostiziert für das Jahr 2020,<br />

dass fast jeder <strong>Bangladesch</strong>i im urbanen<br />

Raum leben wird, zur Zeit trifft dies<br />

nur auf ein Viertel der Bevölkerung<br />

zu. Dies wird bei durchdachter<br />

effektiver Planungsstrategie entweder<br />

zu Wohlstand („prosperty“) oder bei<br />

unkontrollierter Entwicklung zum<br />

Absturz („decline“) führen. In beiden<br />

Fällen geht die Studie von mehreren<br />

10 Millionen <strong>Bangladesch</strong>is aus, die<br />

ihre Dörfer verlassen und in den Slums<br />

der beiden Megacities Dhaka und<br />

Chittagong enden werden.<br />

Veränderungen sind unaufhaltsam.<br />

Ob der eingeschlagene Weg in<br />

Richtung Zentralisierung und<br />

Ur bani sierung das Land in eine<br />

nachhaltige Eigenständigkeit führt,<br />

bleibt zu hinterfragen. Eine deutliche<br />

Verbesserung der Situation im urbanen<br />

Raum ist ohne Zweifel wichtig für<br />

den Aufschwung des Landes, doch<br />

ob dieser ohne eine Aufwertung,<br />

Entwicklung und Erhaltung der<br />

Dörfer geschehen kann?<br />

Zwei Eigenschaften der bengalischen<br />

Mentalität geben Grund zu der<br />

Hoff nung, dass diese Neu strukturierungen<br />

in eine positive Richtung<br />

wirken werden. Zum einen ist es<br />

59


ihre Kreativität, die sie mit dem<br />

selben Dieselmotor Wasserpumpen,<br />

Minitraktoren, Fernseher und Boote<br />

betreiben lässt, zum anderen ihr nahezu<br />

unbegrenztes, kindliches Vertrauen, das<br />

sich in dem täglich gebrauchten “In<br />

shaa Allah!” (so Gott will) ausdrückt.<br />

Dies kann zwar auch die Aufgabe jeder<br />

persönlichen Verantwortung zur Folge<br />

haben, dennoch ist Vertrauen essentiell<br />

für das Realisieren von Visionen.<br />

Anna Heringer n<br />

Factbox 2001<br />

Hauptstadt Dhaka:<br />

- 10 Mio. Einwohner<br />

- (offiziell 5,4 Mio.)<br />

- 50 % in Slums<br />

- 600 000 Rickshaws<br />

Landwirtschaft:<br />

Anteil der Nutzfläche an der<br />

Gesamtfläche: 64%, davon<br />

bewässert: 44,8%. ca. 60% aller<br />

Erwerbstätigen sind in der<br />

Landwirtschaft beschäftigt<br />

Wichtiger Exportartikel: Jutefasern


Reisebericht<br />

von 1982 (Karl-Heinz Barthelmeus)<br />

Der Kriegsversehrte und die<br />

Kinder mit den großen Augen<br />

Es heißt immer, der Schluss ist<br />

schnell geschrieben, doch nun sind<br />

schon zwei Wochen um, seit ich<br />

<strong>Bangladesch</strong> verlassen habe, und die<br />

letzte Zeile in meinem Reisetagebuch<br />

ist immer noch nicht in Sicht. Meine<br />

erste Erfahrung hier in Deutschland<br />

ist die, dass eine solche Reise nicht<br />

zu Ende geht. Ich bin immer noch<br />

unterwegs, vielleicht bin ich eben<br />

mal ausgestiegen, ein Ziel habe ich<br />

nicht erreicht, obwohl ich irgendwo<br />

angekommen bin auf meiner Reise,<br />

angekommen sein muss. Alle schauen<br />

mich erwartungsvoll an, so als wollten<br />

sie sagen: „Na, wie war’s?“ Die Armut<br />

der Dritten Welt hat keine Spuren an<br />

mir hinterlassen, wenigstens keine, die<br />

man sehen könnte. „Nun, wie war’s?“<br />

„Aufregend. Ja, es war – durchweg -<br />

aufregend.“ Und dann beginne ich<br />

zu erzählen. Ungeordnet sprudeln die<br />

Eindrücke hervor. Ich muss aufpassen,<br />

mich nicht zu verlieren, denn was sich<br />

mir in meinem Kopf als klares Bild<br />

darstellt, ist für meinen Zuhörer nur<br />

Information. In diesem Augenblick<br />

erinnere ich mich an Nachrichten im<br />

Fernsehen, Berichte über die Dritte<br />

Welt und so, und schon halte ich inne<br />

und fange von vorne an, langsam und<br />

der Reihe nach.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Also, Peter holte mich am Flughafen<br />

in Dhaka ab. Ich wurde erwartet. das<br />

hat mich die ganzen sieben Wochen<br />

hindurch begleitet, wo immer ich<br />

hinkam, stets vermittelten mir die<br />

Menschen das Gefühl, erwartet zu<br />

werden. Die Bengalen besitzen diese<br />

Offenheit stärker als wir, auf andere<br />

zuzugehen; und so war jeder Tag ein<br />

Tag des Ankommens. Ich reiste mit<br />

kleinem Gepäck und ohne besondere<br />

Erwartungen, bereit mich möglichst<br />

schnell meiner Umgebung anzupassen.<br />

Vorgewarnt und vorbereitet, versuchte<br />

ich mein Herz zu verschließen. Doch<br />

bald schon bemerkte ich, dass ich nichts<br />

vom Land erfahren würde, wenn ich<br />

mich nicht entschloss, den Menschen<br />

wirklich ins Gesicht zu schauen.<br />

Und da waren sie, Gesichter, vom<br />

Leben gezeichnet und dabei doch<br />

nicht verbittert, stets dem Lachen näher<br />

als dem Weinen. Ich staunte. Hoffnung<br />

regte sich. Alles geschieht zum ersten<br />

Mal, das Essen mit den Händen, die<br />

erste Rikschafahrt, ein bengalischer<br />

Theaterabend, die Begegnung mit<br />

dem blinden Bettler. Auf dem Wege<br />

von meinem Nachtquartier in Mr.<br />

Mamoon al Rasheed’s Haus in<br />

Mohamodpur, einem Stadtteil von<br />

Dhaka, zum Dipshikha-Center habe<br />

ich in Farm-Gate einen Busumstieg.<br />

Ich muss an ihnen vorbei, nicht nur<br />

an einem, an vier, zehn - ich habe<br />

61


sie nicht gezählt – Krüppeln, Blinden<br />

und Bettlerkindern. Meine Hand<br />

findet den Weg zur Geldbörse nicht,<br />

Verwirrung stellt sich ein. Am nächsten<br />

Tag stecke ich mir einige Münzen in<br />

die Hosentasche, aber sie reichen nicht<br />

einmal für die Hälfte der bittenden<br />

Hände.<br />

Sie erinnern sich sicher an den<br />

Kriegsversehrten, der vor dem Eingang<br />

von Karstadt Mundharmonika spielte.<br />

Die Märzsonne bemüht sich, aber es ist<br />

doch ziemlich kalt.<br />

Unangenehm, warum der heute wieder<br />

da sitzt. Warum werden solche Leute<br />

auch nicht ausreichend vom Staat<br />

versorgt, wir zahlen doch schließlich<br />

unsere Steuern.<br />

Gott sei dank sieht man heute nicht<br />

mehr so viele behinderte Kinder.<br />

Die sind ja in Heimen alle sehr gut<br />

untergebracht.<br />

Der Bus stand vor unserer Abfahrt von<br />

Barisal ungefähr eine halbe Stunde<br />

an der Station. Wir waren schon<br />

eingestiegen; Peter legte Arme und<br />

Kopf auf die Lehne des Vordersitzes<br />

und schlief ein wenig. Rund um den<br />

Bus herrschte ein reges Treiben, Waren<br />

wurden feil geboten, bettelnde Frauen<br />

waren da, Alte und Kinder.<br />

Ein Fahrgast hinter mir bat einen jungen<br />

Rikschafahrer, der neben dem Bus hielt,<br />

ihm Zigaretten zu holen. Als der etwa<br />

Fünfzehnjährige über die Straße ging,<br />

sah ich, dass er eine Gehbehinderung<br />

hatte. Es ist vorauszusehen, dass sich<br />

die Behinderung verschlechtern und<br />

schließlich zur Arbeitslosigkeit führen<br />

wird. Ein alter Bettler kam in<br />

den Bus und bat im Namen Allahs<br />

um eine Gabe. Peter, ich und einige<br />

andere gaben ihm etwas. Wenig später<br />

kam ein zweiter, wohl nicht weniger


edürftig, der ging mit leeren Händen<br />

aus. Die Händler in den kleinen Läden<br />

gegenüber wiesen die Bettler auf<br />

sehr rüde Weise ab. Auf der anderen<br />

Straßenseite ging ein Mann von<br />

ungefähr dreißig Jahren vorüber, der<br />

sich bei jedem Schritt mit einem Stock<br />

abstützte, weil er mit seinem linken Fuß<br />

nur auf dem vorderen Teil auftreten<br />

konnte. Ich habe solche verwachsenen<br />

Menschen häufi g gesehen.<br />

Mein Blick suchte unwillkürlich<br />

den jungen Rikschawalla. Ich wollte<br />

aussteigen - halt rufen, zu allem<br />

nein sagen. Doch ich wusste, dass<br />

die Menschen mich nur anstarren<br />

würden, weit davon zu verstehen; und<br />

so blieb mein Mund verschlossen, nur<br />

im Herzen keimte zum ersten Mal<br />

die Frage: warum? Wir können es<br />

nicht ertragen, unser Mitleid. Warum<br />

sitzt der Kriegsversehrte im März bei<br />

Karstadt vor der Tür? Mitleidzeit ist<br />

vor Weihnachten oder am Buß- und<br />

Bettag, Totensonntag. Unterwegs bei<br />

den Flussübergängen, auf den Fähren<br />

– wir müssen jedes Mal aussteigen<br />

– sind sie wieder da, Greise, Frauen,<br />

Kinder, und es sind nicht nur die<br />

Hände, es sind die Augen, die bitten.<br />

Sie streicheln deine Hand, und es ist<br />

mehr als die paar Münzen, um die sie<br />

fl ehen, wenn sie ihre dünnen Arme um<br />

deine Beine schlingen.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Ein Junge, vielleicht sieben Jahre alt,<br />

rutscht auf den Stümpfen seiner Beine<br />

um mich herum. Ich bin am Ende, kann<br />

nicht mehr zum Portemonnaie greifen.<br />

Geld – es geht um mehr, um viel mehr.<br />

Dem alten Mann kann meine Gabe<br />

das Leben erhalten, bis seine Zeit<br />

abgelaufen ist. Ihm ist es Broterwerb<br />

des Alters, die Kinder aber zeigen eine<br />

schreckliche Hoffnungslosigkeit auf.<br />

Einige werden nie arbeiten können, tun<br />

jetzt was sie in Jahren auch tun werden,<br />

und wieder möchte ich aufschreien.<br />

Ich bin den Tränen nahe ob meiner<br />

Ohnmacht und frage warum, frage die<br />

sinnloseste aller Fragen. Obwohl ich<br />

weiß, dass es auf warum keine Antwort<br />

gibt, will ich Gott diese Frage stellen,<br />

aber ich schweige. Schweige, weil ich<br />

Zusammenhänge ahne und sehe, dass<br />

Gott nicht schweigt. Auch mein Herz<br />

schweigt nicht, und so muss auch ich<br />

einen Preis zahlen, wer weiß wofür. Im<br />

Kopf ist nur diese grässliche Leere, und<br />

selbst jetzt, wo ich dies niederschreibe,<br />

habe ich nur Tränen.<br />

Das Fernsehen sendet wieder einen<br />

solchen Bericht, diesmal sind es<br />

hungernde Kinder in Afrika; vielleicht<br />

werde ich morgen etwas auf das<br />

Spendenkonto überweisen. Morgen<br />

ist Sonntag, na dann eben Montag. In<br />

<strong>Bangladesch</strong> ist immer Montag, da gibt<br />

es keine Mitleidzeit und keine Heime,<br />

keine Isolierstation.<br />

63


Ich wollte der Reihe nach berichten,<br />

und nun habe ich mich doch wieder<br />

verloren. Na, wie war’s? Ja, so war’s<br />

auch. Ich werde noch viel mehr von<br />

meiner Reise berichten. Heiteres,<br />

Beglückendes. Aber wo immer man<br />

auch ist, in diesem schönen Land,<br />

wo Ganges und Brahmaputra sich<br />

vereinen, an den Kindern mit den<br />

großen schwarzen Augen kommt man<br />

nicht vorbei.<br />

Karl-Heinz Barthelmeus n


Gedicht<br />

Rabindranath Tagore<br />

Warum ging die Lampe aus?<br />

Ich hielt meinen Mantel darüber,<br />

um sie gegen den Wind zu schützen,<br />

darum ist die Lampe ausgegangen.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Warum welkte die Blume?<br />

Ich drückte sie an mein Herz in sorgender Liebe,<br />

darum ist die Blume verwelkt.<br />

Warum trocknete der Strom aus?<br />

Ich zog einen Damm hindurch,<br />

um ihn ganz für mich zu haben,<br />

darum ist der Strom ausgetrocknet.<br />

Warum riss die Harfensaite?<br />

Ich wollte einen Ton zwingen,<br />

der über ihre Kräfte ging,<br />

darum ist die Harfensaite gerissen.<br />

65


Kontakt-Adressen<br />

Gerhard Stahl<br />

Körnerstr. 47<br />

74348 Lauffen<br />

Tel: (07133) 3310<br />

FAX: (07133) 965617<br />

EMail: gerh.stahl@t-online.de<br />

Birgit Kleipaß<br />

Schloßstr. 6<br />

53340 Meckenheim<br />

Tel: (02225) 18227<br />

Fax: (02225) 837436<br />

EMail: birgitulothar@aol.com<br />

Dr. Christiane Eickhoff<br />

Großbeerenstr. 81<br />

10963 Berlin<br />

Tel: (030) 2516608<br />

Fax:(030) 25899240<br />

EMail: cc.eickhoff@t-online.de<br />

Christine Gruber<br />

Kagerbauer 50<br />

84359 Simbach<br />

Tel: (08571) 7350<br />

FAX: (08571) 7320<br />

EMail: mimo@tronicplanet.de<br />

Andreas Georg<br />

Richard Wagner Str. 37<br />

79104 Freiburg<br />

Tel: (0761) 4768078<br />

EMail: ageorg@gmx.de<br />

Michael Eckerle<br />

Reichenfelser Str. 7<br />

91086 Aurachtal<br />

Tel: (09132) 735259<br />

Fax: (09132) 735257<br />

EMail: ba1875@fen-net.de


<strong>Shanti</strong><br />

Impressum<br />

Jubiläumszeitschrift <strong>Partnerschaft</strong><br />

<strong>Shanti</strong>-<strong>Bangladesch</strong> e.V.<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Partnerschaft</strong> <strong>Shanti</strong>-<strong>Bangladesch</strong> e.V.<br />

c/o Birgit Kleipaß<br />

Schloßstraße 6<br />

53340 Meckenheim<br />

Redaktion:<br />

Dr. Christiane Eickhoff<br />

Margaret Warzecha<br />

Anna Heringer<br />

Fotos:<br />

<strong>Shanti</strong>mitglieder<br />

Layout:<br />

Margaret Warzecha<br />

Jan Tretschok<br />

Michael Eckerle<br />

Druck:<br />

Novaconcept Schorsch GmbH<br />

Kulmbach<br />

Erscheinungsdatum:<br />

September 2003<br />

Spendenkonto: <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Shanti</strong> - <strong>Bangladesch</strong> e.V<br />

Kto Nr. 7728684, Landesbank Baden-Württemberg, BLZ 60050101<br />

67


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