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Göschenhaus-Journal 3/2012

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Johann Gottfried Seume und mehr<br />

Ein Gespräch in neun Fragen mit dem Schriftsteller Jan Decker (Leipzig)<br />

Das Seume-Jahr 2013 rückt näher, Zeit also, einmal bei einem Schriftsteller<br />

nachzufragen, welche Bedeutung denn Seume heute noch haben kann. Die Fragen stellte<br />

Thorsten Bolte schriftlich. Geantwortet hat Herr Decker mit sehr klugen Bemerkungen<br />

über Seume und das eigene Schreiben, hier ungekürzt wiedergegeben.<br />

1. Friedrich Nietzsche bezeichnete es als das beste<br />

deutsche Buch: „Die Gespräche mit Goethe in den<br />

letzten Jahren seines Lebens“, geschrieben von Johann<br />

Peter Eckermann (1792-1854). Eckermann ist trotzdem<br />

eher als traurige Gestalt in die Literaturgeschichte<br />

eingegangen, als der „übertreue“ Goethe-Begleiter.<br />

Herr Decker, Sie haben ausgerechnet Eckermann zum<br />

Antihelden Ihres letzten Buchprojekts gemacht, dessen<br />

Titel lautet: „Eckermann oder die Geburt der<br />

Psychoanalyse aus dem Geist Goethes.<br />

Theatermonolog in drei Bildern“. Wie sind Sie auf<br />

das Thema gestoßen?<br />

Jan Decker: Ich habe Eckermann wie Seume<br />

relativ früh kennengelernt, jedenfalls bevor ich<br />

mich dem Autorenberuf zuwandte. Es muss in den<br />

ersten Semestern meines Germanistikstudiums gewesen sein, um 1999 herum. Zu dieser<br />

Zeit war ich von der Universität reichlich ernüchtert, wie auch sonst? Ich wollte zum<br />

eigenen Schreiben finden, befand mich aber noch in der langen Zeit vor dem ersten Text,<br />

die für viele Autoren besonders qualvoll ist. Ich schwänzte die Seminare und hörte mir<br />

lieber im Radio Lesungen von Klassikern an. Heute kommt mir das lustig vor. Ich hätte<br />

ebenso gut in die Universität gehen können, um etwas über die Klassiker zu erfahren. In<br />

dieser Zeit verschlang ich die „Gespräche mit Goethe“, erst akustisch, dann auf<br />

gedrucktem Papier. Wenn ich mich heute Eckermann zuwende, dann geht es mir auch<br />

um diese Zeit. Der „übertreue“ Begleiter ist ein Nichtprivilegierten-Kind, das sich seinen<br />

Weg zu den Olympiern lang erarbeiten muss und dabei – siehe Eckermann –<br />

charakterlich untergeht. Ersteres ist mir vertraut, letzteres soll mir<br />

nicht passieren.<br />

Der Vertraute Goethes:<br />

Johann Peter Eckermann<br />

(1792-1854)<br />

Jan Decker, geboren 1977 in Kassel,<br />

lebt als freier Autor in Leipzig.<br />

Er schrieb mehrere Theaterstücke mit<br />

Uraufführungen am Staatstheater<br />

Nürnberg und dem Theater Vorpommern.<br />

Zahlreiche Hörspiele und Features.<br />

Zuletzt: „Die große Weltreise“ (SWR 2011),<br />

„Jaco Pastorius’ Gang durch<br />

den Schnee von Rheidt nach Havona“<br />

(D Kultur 2011). Zahlreiche<br />

Auszeichnungen, u.a. von der Filmstiftung<br />

NRW und der Kulturstiftung des Freistaates<br />

Sachsen.<br />

Sein Theatermonolog<br />

„Eckermann oder die Geburt der<br />

Psychoanalyse aus dem Geist Goethes“<br />

erschien <strong>2012</strong> in bibliophiler<br />

Ausstattung in der Edition Ornament.<br />

2. Nun gehört Eckermann mit seinen Werken nicht unbedingt zu den<br />

bedeutendsten Literaten der deutschen Sprache, auch wenn einige seiner<br />

Gedichte zumindest über das Mittelmaß hinausgehen. Ganz anders ist das<br />

natürlich bei Goethes Werk. So schwierig oftmals Goethes Charakter –<br />

Göschen hat da auch seine Erfahrungen gemacht –, seine literarischen<br />

Leistungen sind überragend. Herr Decker: Welche Bedeutung hat der<br />

Dichterfürst aus Weimar für einen Schriftsteller von heute?<br />

Jan Decker: Erst als ich anfing zu schreiben – und ich meine damit<br />

das kontinuierliche, tägliche Schreiben, das ich seit dem Beginn<br />

4 © <strong>Göschenhaus</strong> Grimma-Hohnstädt und Seume-Verein „ARETHUSA“ e. V. Grimma <strong>2012</strong>

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