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Die Grundlagen der Musiktherapie - Prof. Dr. Horst-Peter Hesse

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Schloss Goldegg, 19. November 2004<br />

<strong>Die</strong> <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Musiktherapie</strong><br />

Univ.-<strong>Prof</strong>. Univ. <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Horst</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Horst</strong> <strong>Peter</strong> <strong>Hesse</strong><br />

Universität Universit t Mozarteum Salzburg


Mensch und Musik<br />

Alltagserfahrungen<br />

1. Musik aktiviert Körper K rper und Psyche,<br />

versetzt in Stimmung, regt zum Mitsingen<br />

und zur Bewegung an<br />

2. Musik beruhigt Körper K rper und Psyche,<br />

löst st Erinnerungen und Assoziationen aus,<br />

regt zum Träumen Tr umen an


Möglicher glicher therapeutisch nutzbarer<br />

Einfluss von Musik<br />

Anregung – Entspannung<br />

�� Einwirkung primär prim r über ber den Körper K rper<br />

�� Aktivierung des Körpers K rpers (z.B. Tanz)<br />

�� Beruhigung des Körpers K rpers (z.B. Wiegenlied)<br />

Lösung sung von körperlicher k rperlicher Anspannung<br />

�� Einwirkung primär prim r über ber die Psyche<br />

�� Emotionale Aktivierung (Stimmung)<br />

�� Befreiung von Ängsten ngsten und Lösung L sung von<br />

angstbedingten Spannungszuständen<br />

Spannungszust nden


Methoden<br />

�� Aktive <strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Instrumentalimprovisation<br />

�� Gruppensingtherapie<br />

�� Bewegungsimprovisation<br />

�� Rezeptive <strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Reaktive <strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Regulative <strong>Musiktherapie</strong>


Rezeptive <strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Auch dann, wenn man Musik nicht selbst ausführt, ausf hrt, son<strong>der</strong>n wenn<br />

man einer musikalischen Darbietung zuhört, zuh rt, bewegt sie den<br />

Menschen und kann dementsprechend verschiedene Funktionen<br />

erfüllen: erf llen:<br />

�� Physiologische Ebene: Als Klang aktiviert Musik die<br />

Funktionen des Gehörs, Geh rs, löst l st Reflexe <strong>der</strong> Muskulatur aus und regt<br />

Bewegungsvorgänge Bewegungsvorg nge an.<br />

�� Emotionale Ebene: Als Symbol kann Musik Gef<br />

Als Symbol kann Musik Gefühle hle aktivieren<br />

und Erinnerungen an emotional meist positiv gefärbte gef rbte Erlebnisse <strong>der</strong><br />

Vergangenheit wecken.<br />

�� Mentale Ebene: Musik trainiert das Ged<br />

Musik trainiert das Gedächtnis chtnis und regt als<br />

akustische Struktur kognitive Prozesse an, die aus den Beziehungen<br />

Beziehungen<br />

<strong>der</strong> Töne T ne das Wechselspiel von Spannung und Entspannung<br />

generieren.


Therapiekriterien in <strong>der</strong> Rezeptiven<br />

�� Symptome<br />

<strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Wirkungen bestimmter Musik<br />

�� Persönliche Pers nliche Vorliebe, Wertschätzung<br />

Wertsch tzung<br />

gewisser musikalischer Gattungen<br />

(Bildungsstand)


Grundsätzliche Grunds tzliche Regeln für f r die<br />

rezeptive <strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Persönliche Pers nliche Präferenzen<br />

Pr ferenzen berücksichtigen<br />

ber cksichtigen<br />

�� Hohe Qualität Qualit <strong>der</strong> Musikwie<strong>der</strong>gabe<br />

�� Kopfhörer Kopfh rer besser als Lautsprecher<br />

�� Lautstärkeregelung<br />

Lautst rkeregelung durch den Patienten<br />

�� Musikpaare beson<strong>der</strong>s wirkungsvoll<br />

kein Rauschen, Knacken o<strong>der</strong> Knistern<br />

Umgebungsgeräusche Umgebungsger usche abgeschirmt<br />

keine Belastung <strong>der</strong> Umgebung<br />

Hörempfindlichkeit rempfindlichkeit ist sehr unterschiedlich<br />

erstes Stück St ck entspannend, zweites Stück St ck aktivierend<br />

pro Stück St ck 5 – 8 Minuten


Methodik<br />

�� 1. Schritt: Musik muss zun<br />

Musik muss zunächst chst dem<br />

aktuellen psychischen Status des Patienten<br />

entsprechen<br />

Isoprinzip<br />

�� 2. Schritt: Patienten durch Musik mit<br />

geän<strong>der</strong>tem ge n<strong>der</strong>tem musikalischen Charakter<br />

beeinflussen


<strong>Musiktherapie</strong><br />

�� Wissenschaftlich fundierte,<br />

diagnosespezifische Nutzung von<br />

Musik o<strong>der</strong> von musikalischen<br />

Elementen zu Heilzwecken<br />

�� Reproduzierbare Wirkungen<br />

�� Bedingungen für f r die Durchführung<br />

Durchf hrung


Musik im Rahmen nichtmedikamentöser<br />

nichtmedikament ser<br />

Maßnahmen Ma nahmen in <strong>der</strong> Medizin<br />

�� Psychiatrie<br />

�� Psychopathie<br />

�� Neurosen<br />

�� Psychosen<br />

�� Psychosomatosen<br />

Zwei wichtige Bereiche:<br />

Allgemeine Spannungsregulierung<br />

�� Stress<br />

�� Angst<br />

�� Schmerz<br />

�� Allgemeine Spannungsregulierung


Musik bei psychischen Problemen und<br />

Erkrankungen<br />

Gefühlsleben, Gef hlsleben, Antrieb und geistige Leistungen sind an<br />

elektro-chemische elektro chemische Vorgänge Vorg nge im Gehirn gebunden.<br />

Störung St rung <strong>der</strong> Stoffwechselprozesse im Gehirn kann<br />

verschiedene Ursachen haben.<br />

�� Therapie:<br />

�� pharmakologisch<br />

�� psychotherapeutisch<br />

�� Musik als komplementär-therapeutisches<br />

komplement therapeutisches Mittel


Musik in <strong>der</strong> Psychotherapie<br />

Ziele:<br />

�� Emotionale Aktivierung, Überwindung berwindung einer<br />

neurotisch gestörten gest rten Erlebniseinschränkung<br />

Erlebniseinschr nkung<br />

�� Entwicklung <strong>der</strong> interpersonellen<br />

Kommunikationsbereitschaft<br />

�� Beeinflussung psychovegetativer<br />

Regulationsstörungen, Regulationsst rungen, Reduzierung<br />

psychosomatischer Organbeschwerden


Spezielle Verfahren<br />

�� Reaktive <strong>Musiktherapie</strong>:<br />

�� Auslösung Ausl sung körperlicher k rperlicher o<strong>der</strong> affektiver<br />

Reaktionen<br />

�� Regulative <strong>Musiktherapie</strong>:<br />

�� Training unter Anleitung des Therapeuten<br />

�� Aufmerksame Wahrnehmung <strong>der</strong> Musik,<br />

o<strong>der</strong> des eigenen Körpers, K rpers, o<strong>der</strong> von<br />

Vorstellungen und Gefühlen Gef hlen


�� Erholung<br />

Spannungsregulierung<br />

�� Wechsel von Spannung und Entspannung in<br />

verschiedenen Zyklen<br />

�� Therapie<br />

�� Verspannung: Verspannung:<br />

Natürlicher Nat rlicher Wechsel von Spannung<br />

und Entspannung gestört gest rt o<strong>der</strong> aufgehoben<br />

�� durch einseitige Überbeanspruchung<br />

berbeanspruchung<br />

�� durch Angst


Homöostase<br />

Hom ostase<br />

�� Regelung <strong>der</strong> physikalisch-chemischen physikalisch chemischen Zustände Zust nde<br />

innerhalb des Körpers: K rpers:<br />

Beispiele: Körpertemperatur, K rpertemperatur, Atmung, Blutzucker,<br />

Hormonspiegel, Muskeltonus<br />

�� Vegetatives Nervensystem:<br />

Dynamisches Gleichgewicht<br />

�� Zustand wird als Stimmung bewusst<br />

�� Prozesse von entwicklungsgeschichtlich alten<br />

Zentren im Hirnstamm geregelt. Vorgänge Vorg nge ohne<br />

vorhergehenden Willensakt


1 Endhirn<br />

(Telencephalon)<br />

2 Zwischenhirn<br />

(<strong>Die</strong>ncephalon)<br />

3 Hirnanhangsdrüse<br />

(Hypophyse)<br />

4 Mittelhirn<br />

(Mesencephalon)<br />

5 Brückenhirn<br />

(Pons)<br />

6 Kleinhirn<br />

(Cerebellum)<br />

7 Verlängertes Mark<br />

(Medulla oblongata)


Regelungsprozesse<br />

�� Regelung erfolgt rhythmisch, nicht<br />

kontinuierlich<br />

�� Beispiele: Wachen – Schlafen, Atmung,<br />

Herzschlag, Verdauung, Ausscheidung<br />

�� Musik ist rhythmisch strukturiert


Funktionen <strong>der</strong><br />

endogen-autonomen endogen autonomen Systeme<br />

�� Regelung periodisch, nicht kontinuierlich<br />

Wachen – Schlafen, Kreislauf, Atmung, Herzschlag, EEG<br />

Magneteffekt: Einfließende Einflie ende Information (z.B. externer<br />

Rhythmus) wirkt auf interne rhythmisch organisierte<br />

Prozesse<br />

�� Magneteffekt:<br />

�� Strukturierte Koordination verschiedener Vorg<br />

verschiedener Vorgänge: nge:<br />

Synchronie o<strong>der</strong> bevorzugte Phasenrelation, ganzzahlige<br />

Frequenzverhältnisse Frequenzverh ltnisse (z.B. Puls-Atem Puls Atem 4:1)<br />

Frequenzkoppelung bei Ruhe intensiviert, bei<br />

Erregung zunehmend aufgehoben<br />

�� Frequenzkoppelung


Psychophysiologische Effekte von Musik in <strong>der</strong><br />

Anästhesie An sthesie und Schmerztherapie<br />

�� Herz-Kreislauf<br />

Herz<br />

�� Atmung<br />

Kreislauf Senkung <strong>der</strong> Herzfrequenz<br />

Senkung des Blutdrucks<br />

Atmung Senkung des Atemvolumens<br />

Harmonisierung des Rhythmus<br />

Stoffwechsel Senkung des Grundumsatzes<br />

Erzeugung von Schlafbereitschaft<br />

�� Stoffwechsel<br />

�� Innere Sekretion Vermin<strong>der</strong>te Freisetzung von<br />

�� Psychomotorik<br />

Adrenalin, Dopamin, ACTH, Cortisol<br />

Psychomotorik vermin<strong>der</strong>ter Muskeltonus<br />

vermin<strong>der</strong>te motorische Unruhe<br />

Perzeption Anhebung <strong>der</strong> Schmerzschwelle,<br />

erhöhte erh hte Schmerzempfindungstoleranz<br />

�� Perzeption


Pulsfrequenz im zeitlichen Verlauf


Musikalische Charakteristik und <strong>der</strong>en körperliche k rperliche Wirkung<br />

aktivierend beruhigend<br />

�� große gro e Lautstärke Lautst rke<br />

Intensitäätt Intensit<br />

geringe Lautstärke Lautst rke<br />

�� große gro e Lautstärke Lautst rkeän<strong>der</strong>ungen n<strong>der</strong>ungen geringe Lautstärke Lautst rkeän<strong>der</strong>ungen n<strong>der</strong>ungen<br />

�� starke Akzente weiches Pulsieren<br />

�� schnelles Tempo Zeitablauf<br />

Zeitablauf<br />

Tempo in o<strong>der</strong> unterhalb Herzfrequenz<br />

�� häufige ufige Tempowechsel gleichmäß gleichmäßiges<br />

iges Tempo<br />

�� tänzerischer nzerischer <strong>Dr</strong>eiertakt zweizeitige (gerade) Taktarten<br />

�� großer gro er Tonhöhenumfang<br />

Tonh henumfang<br />

Tonhööhenstruktur<br />

Tonh henstruktur<br />

geringer Tonhöhenumfang<br />

Tonh henumfang<br />

�� weite Intervalle (melodische Sprünge) Spr nge) enge Intervalle (Tonschritte)<br />

�� aufwärts aufw rts gerichtete Intervalle abwärts abw rts gerichtete Intervalle<br />

�� hell strahlende Klangfarbe Klangcharakter<br />

weiche Klangfarbe<br />

�� dissonanteZusammenklänge<br />

dissonanteZusammenkl nge konsonante Zusammenklänge<br />

Zusammenkl nge<br />

�� weiter Bereich <strong>der</strong> Harmonik einfache Harmonik


Musik als Therapeutikum<br />

�� Musik wirkt nicht nur ausschließlich ausschlie lich auf ein bestimmtes<br />

Organ, son<strong>der</strong>n richtet sich an die gesamte Person und<br />

<strong>der</strong>en körperliche, k rperliche, emotionale und geistige Funktionen<br />

�� Musik aktiviert die Fähigkeit F higkeit des Organismus, seine<br />

internen Prozesse zu regulieren<br />

�� Musik ist nicht toxisch, und auch bei langfristiger<br />

Anwendung sind keine unerwünschten unerw nschten Nebenwirkungen<br />

bekannt


Literaturauswahl<br />

�� Harm Willms (Hrsg.): Musik und Entspannung. Stuttgart u.a.: G.<br />

Fischer, 1977<br />

�� Wolfgang Strobel und Gernot Huppmann: <strong>Musiktherapie</strong> –<br />

<strong>Grundlagen</strong>, Formen, Möglichkeiten. M glichkeiten. Göttingen G ttingen u.a.: Hogrefe, 1978.<br />

�� Christoph Schwabe: Methodik <strong>der</strong> <strong>Musiktherapie</strong> und <strong>der</strong>en<br />

theoretische <strong>Grundlagen</strong>. 2. Aufl. Leipzig: J. A. Barth, 1980.<br />

�� Gerhart Harrer (Hrsg.): <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Musiktherapie</strong> und<br />

Musikpsychologie. 2. Aufl. Stuttgart u.a.: G. Fischer, 1982.<br />

�� Ralph Spintge und Roland <strong>Dr</strong>oh: Musik-Medizin. Musik Medizin. Physiologische<br />

<strong>Grundlagen</strong> und praktische Anwendungen. Stuttgart u.a.: G. Fischer, Fischer,<br />

1992.<br />

�� Hans-Helmut Hans Helmut Decker-Voigt Decker Voigt (Hrsg.): Schulen <strong>der</strong> <strong>Musiktherapie</strong>.<br />

München: nchen: E. Reinhardt, 2001.

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