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Handout zum Vortrag von Maria Fischer als PDF

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erstellt <strong>von</strong> Mag. <strong>Maria</strong> <strong>Fischer</strong><br />

HPG + PHT Schwerpunkttag Samstag, 19.01.2013<br />

Belastungen blockieren – Blockaden belasten<br />

<strong>Vortrag</strong> „Schüler/innen mit psychischen Belastungen<br />

bzw. <strong>als</strong> Angehörige <strong>von</strong> psychisch erkrankten Menschen“<br />

Teil 1: Psychische Erkrankung in Familien aus Sicht der ‚SchülerInnen‘ (<strong>Maria</strong> FISCHER)<br />

Wie erleben Kinder die psychische Erkrankung der Eltern?<br />

• Unberechenbarkeit in der affektiven Zuwendung (fehlende Verlässlichkeit): Schwanken zwischen Nähe<br />

und Distanz, zwischen Verwöhnung und Entwertung<br />

• Vermindertes Einfühlungsvermögen, geringe emotionale Schwingungsfähigkeit<br />

• Starkes Hervortreten negativer Gefühle: Angst, Aggression, Wut, Feindseligkeit, Reizbarkeit, Depressivität<br />

• Beeinträchtigte Verhaltenssteuerung (Impulsivität): Tendenz zu Fremd- oder Autoaggression (Gewalt,<br />

Suizidalität, Selbstverletzung)<br />

• Antriebsstörung mit Passivität, Apathie, Interesselosigkeit und geringer emotionaler Beteiligung oder Unruhe,<br />

Getriebenheit, Nervosität<br />

• Ängstigender Umgang mit der Realität: Durchlässigkeit der Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit.<br />

Kind in Konflikt zwischen eigener Realitätswahrnehmung und der Loyalität <strong>zum</strong> erkrankten Elternteil<br />

• Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus: chaotischer Umgang mit Zeit und Geld; sozialer<br />

Abstieg; Desorganisation des Haushaltes, Konflikte mit dem sozialen Umfeld, Kommunikationsverbote<br />

• Beziehungsdiskontinuität, gehäufte Beziehungsabbrüche: häufige Identitätswechsel durch<br />

Krankheitsrezidive, Abwesenheit durch stationäre Aufenthalte, Fremdunterbringung<br />

Welche Auswirkungen hat elterliche psychische Erkrankung auf die Kinder?<br />

• Desorientierung, Verunsicherung, Verwirrung<br />

• Emotionale Unsicherheit oder Verarmung<br />

• Verwahrlosung, Vernachlässigung, Missbrauch<br />

• Traumatisierungen<br />

• Angst, Scham-, Schuldgefühle (egozentrisches Weltbild)<br />

• Selbstwirksamkeitsutopien (magisches Denken)<br />

• Parentifizierung<br />

• Loyalitätskonflikte<br />

• Tabuisierung psychischer Erkrankung: Schweigen, Kommunikationsverbot<br />

• Gesellschaftliche Isolation, sozialer Rückzug<br />

• Störungen der Selbstwahrnehmung<br />

• instabiles Selbstkonzept, erschwerte Identitätsfindung, Selbstwertprobleme<br />

• mangelnde Beziehungssicherheit, Bindungsprobleme<br />

Die negativen Auswirkungen elterlicher psych. Erkrankung sind umso schwerwiegender:<br />

• je schwerer die Ausprägung der psychischen Erkrankung ist<br />

• je jünger die Kinder sind<br />

• je intensiver sie in die Symptomatik des kranken Elternteiles einbezogen werden<br />

• je schlechter die Krankheitsbewältigung des erkrankten Menschen selbst ist<br />

• je geringer der Informationsgrad des Kindes ist<br />

• je weniger kognitive Fähigkeiten das Kind hat<br />

• je mehr die kompensatorische Funktion eines stabilen gesunden Elternteiles fehlt<br />

1


Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern<br />

• … schämen sich besonders für auffällige Eltern<br />

• … können in ihrer Ablösephase nicht unbeschwert gegen einen kranken Elternteil auftreten, nicht so<br />

kritisch, wütend, abwertend sein<br />

• … erleben starke Ambivalenz zwischen Verantwortungsübernahme für erkrankte Eltern vs. eigener<br />

Autonomiewünsche. Haben Loyalitätskonflikte<br />

• … hadern besonders oft mit ihrem Schicksal, psychisch kranke Eltern zu haben, leiden oft im Stillen<br />

• … haben besondere Schwierigkeiten, sich jemandem anzuvertrauen, Unterstützung anzunehmen.<br />

• … müssen sich cool und lässig geben, suchen Austausch unter peers<br />

• … nützen öfter Online-Hilfe, Chat + Information im Internet<br />

• … bräuchten starke Erwachsene <strong>zum</strong> Sich-Reiben, gute Vorbilder, Abenteuer…<br />

… haben Angst, selbst psychisch zu erkranken<br />

Erwachsene Kinder <strong>von</strong> Eltern mit psychischer Erkrankung haben meist Probleme mit:<br />

• der Ablösung vom erkrankten Elternteil<br />

• der Rückgabe der Verantwortung an ihn,<br />

• dem Finden der eigenen Lebensbedürfnisse<br />

• der Angst vor eigener Erkrankung od. deren mögliche Weitergabe an eigene Kinder<br />

Kinder psychisch Erkrankter entwickeln öfter besondere Kompetenzen:<br />

• Überdurchschnittliche Fähigkeit <strong>zum</strong> Krisenmanagement<br />

• Hohe Selbständigkeit<br />

• Großes Verantwortungsbewusstsein<br />

• Ausgeprägtes Einfühlungsvermögen (Tendenz zu helferberufen)<br />

• Hohe Leidensfähigkeit<br />

Was hilft Familien mit elterlicher psychischer Erkrankung?<br />

a) Was hilft den Eltern mit psychischer Erkrankung?<br />

• Haltung: Akzeptanz, Wertschätzung + respektvolle Neugier, Empathie, Geduld, Zeit, Ruhe<br />

• Klarheit und Zuversicht: Ressourcenwürdigung und –stärkung, gemeinsamer Blick nach vorne<br />

• Information über psychische Erkrankungen, Hilfsmöglichkeiten, Hilfreiches<br />

• Unterstützende Netzwerke<br />

• Notfallplan für Krisenzeiten<br />

b) Was hilft Kindern psychisch Erkrankter?<br />

• Offenes Reden über die Erkrankung – kindgerechte Informationen<br />

• Mind. eine stabile, Halt gebende Bezugsperson, die gefühlsmäßig auf das Kind reagieren kann<br />

• Alltagspraktische Unterstützung / Entlastung, Abnahme <strong>von</strong> Verantwortung für kranke Erw.<br />

• Notfallplan für Krisenzeiten besprechen – „Sicherer Ort“<br />

• Schutz vor traumatischen Erfahrungen<br />

• Entlastung <strong>von</strong> Schuld- und Schamgefühlen<br />

• Fähigkeiten stärken, gute Außenkontakte für korrigierende Erfahrungen, unbeschwerte Spielzeiten<br />

• Stationäre Mutter-Kind-Betreuung (bes. nach Geburten od. mit Kleinkindern)<br />

erstellt <strong>von</strong> Mag. <strong>Maria</strong> <strong>Fischer</strong><br />

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Was hält Kinder psychisch kranker Eltern gesund? Neues zur Resilienz<br />

(Widerstandsfähigkeit) (u.a. aus: www.strong-kids.eu / kids strength):<br />

1. Protektive Faktoren aus dem Kind selbst:<br />

• Allg. Gesundheit und gute Kindesentwicklung<br />

• Ausgeglichenes, offenes Temperament<br />

• Kognitive Fähigkeiten<br />

• Schulleistungen, Selbstwertgefühl<br />

• Selbsthilfe, Selbstwirksamkeitsüberzeugung<br />

• Optimismus / Freude / positive Zukunftsorientierung<br />

• Soziale Kompetenz<br />

• Hardiness (Durchhaltevermögen, Widerstandsfähigkeit)<br />

• Informationen über und Verständnis für die Krankheit od. die Verletzlichkeit der Eltern<br />

2. Protektive Faktoren aus dem sozialen Umfeld (Familie, Gemeinde Kultur):<br />

• Mind. eine gesunde (erwachsene) Bezugsperson<br />

• Positives „Parenting“ (Erziehungsverhalten der Eltern)<br />

• Routinen, Rollen und Struktur in der Familie<br />

• Positive Beziehung der Eltern zueinander<br />

• Ausbildungsstand / aufrechtes Arbeitsverhältnis der Eltern(teile)<br />

• Psychische Gesundheit der Eltern und ihre Compliance<br />

• Sozialer Kontakt mit Peergroup-Angehörigen, die sozial angepasst sind<br />

• Verfügbarkeit <strong>von</strong> Unterstützung und Hilfe<br />

• Andere gesunde Erwachsene<br />

• Interessen, Aktivitäten innerhalb der Community<br />

• Spiritualität / Kohärenzsinn<br />

• Umweltbedingte Faktoren<br />

Bedeutung <strong>von</strong> Schule für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern:<br />

Schule <strong>als</strong> Ort für:<br />

a) positive Erfahrungen:<br />

• neutraler Ort, fern der emotionalen Belastungen, Spannungen daheim<br />

• Kein ver-rücktes Leben, mit anderen geteilte Realitäten, Bestärkung eigener Wahrnehmungen<br />

• Ort der guten ‚gesunden‘, mitmenschliche Kontakte und des sozialen Miteinanders<br />

• Ort der Leistung, Bestätigung, Anerkennung, Ermutigung und der Selbstwertsteigerung<br />

• Ort der Unbeschwertheit, des Spaßes<br />

• Ort, wo auch diese Kinder hingehen dürfen/müssen<br />

• Ort der unterstützenden LehrerInnen, die Verständnis für die Situation haben, Ansprechpers.?<br />

b) negative Erfahrungen:<br />

• Hänseleien, Ausgrenzung bei Bekanntwerden der familiären psychischen Erkrankung<br />

• Probleme mit anderen durch eigenes auffälliges Verhalten (<strong>als</strong> Hilferuf)<br />

• Sanktionen od. Sonderstellungen durch eigene öffentlich werdende Probleme<br />

• Beschämung, Bloßstellung durch Ansprechen der elterl. psychischen Erkrankung vor allen<br />

• Scham, wenn die kranken Eltern sich auch in / vor der Schule auffällig verhalten<br />

erstellt <strong>von</strong> Mag. <strong>Maria</strong> <strong>Fischer</strong><br />

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Internetadressen <strong>zum</strong> Thema „Kinder psychisch kranker Eltern“:<br />

EU: www.strong-kids.eu<br />

BRD: www.netz-und-boden.de<br />

www.kipsy.net<br />

www.kinder-psychisch-kranker.de, www.psychiatrie.de/dachverband/kinder<br />

www.bag-kipe.de Bundes-Arbeitsgem. Kinder psychisch kranker Eltern Deutschland<br />

www.kip.uni-marburg.de (Infos über Kinder psychisch kranker Eltern)<br />

www.kipkel.de<br />

www.seelennot-ev.de, www.wuerzburger-projekt.de, www.nummergegenkummer.de<br />

Österreich: www.verrueckte-kindheit.at Online-Portal für Kinder der HPE-Österreich<br />

www.aha-salzburg.at JOJO-Projekt: Kinder im Schatten der HPE-Salzburg<br />

www.aks.or.at KIESEL-Programm Vorarlberg<br />

www.sinn-evaluation.at Projekt <strong>von</strong> PRETIS & DIMOVA, Graz<br />

www.kinderplattform.tsn.at, www.kinderstimmen.at<br />

www.psyweb.at/kjnp Seiten der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

erstellt <strong>von</strong> Mag. <strong>Maria</strong> <strong>Fischer</strong><br />

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