26.02.2013 Aufrufe

Auszug "Wer stiehlt unsere Vergangenheit?" - Verband der ...

Auszug "Wer stiehlt unsere Vergangenheit?" - Verband der ...

Auszug "Wer stiehlt unsere Vergangenheit?" - Verband der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Jahrestagung 2005<br />

17. Kolloquium des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> Landesarchäologen<br />

Wissenschaftliches Kolloquium<br />

»<strong>Wer</strong> <strong>stiehlt</strong> <strong>unsere</strong> <strong>Vergangenheit</strong>?«<br />

Archäologische Quellen zwischen öffentlichem Interesse und<br />

privater Verwertung<br />

9.00<br />

– 9.10<br />

9.10<br />

– 9.30<br />

9.30<br />

– 10.00<br />

10.00<br />

– 10.30<br />

10.30<br />

– 11.00<br />

11.00<br />

– 11.30<br />

11.30<br />

– 12.00<br />

am 10. Mai 2005 - Treis-Karden<br />

Publiziert in:<br />

Archäologisches Nachrichtenblatt 11 (2), 2006<br />

Prof. Dr. J. Kunow, Bonn<br />

Begrüßung<br />

Dr. Friedrich Lüth, Schwerin<br />

Einführung in das Thema<br />

I. Rechtliche Aspekte<br />

Prof. Dr. Ernst-Rainer Hönes, Mainz<br />

Der rechtliche Schutz von Kulturgut im transnationalen<br />

Rahmen<br />

cand. iur. Irene Bergmann, cand. iur. Britta König<br />

Bericht über ein Forschungsprojekt zum<br />

Kulturgutschutz im deutschen Recht<br />

Kaffeepause<br />

Dr. Udo Löhr, Hamburg<br />

Kulturgutschutz und Strafrecht:<br />

Unterschlagung, Diebstahl und gemeinschädliche<br />

Sachbeschädigung beim „öffentlichen Denkmal“<br />

II. Ermittlungsbehörden und Medienrecherchen<br />

Eckard Laufer, Usingen<br />

Raubgräberei – ein Kavaliersdelikt?


12.00<br />

– 12.30<br />

12.30<br />

– 13.00<br />

13.00<br />

– 14.00<br />

14.00<br />

– 15.00<br />

15.00<br />

– 16.00<br />

16.00<br />

– 16.30<br />

16.30<br />

– 17.00<br />

Wolfgang Schönleber, Stuttgart<br />

Das Phänomen „Raubgräberei“ und die daraus<br />

resultierenden Probleme <strong>der</strong> Strafverfolgungsorgane<br />

Thomas Claus, Berlin<br />

Bericht über Kontakte zur Raubgräberszene bei den<br />

Recherchen zur Filmdokumentation „Schatzsucher –<br />

das Geschäft mit <strong>der</strong> <strong>Vergangenheit</strong>“<br />

Mittagspause<br />

III. Fallstudien<br />

Dr. Harald Meller, Halle/Saale<br />

Die Mondscheibe von Nebra<br />

Aus <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Bodendenkmalpflege:<br />

Dr. Jörg Biel, Esslingen<br />

Situation in Baden-Württemberg<br />

Dr. Daniel Bérenger, Bielefeld<br />

Situation in Westfalen<br />

Dr. Detlef Jantzen, Neustrelitz<br />

Situation in Mecklenburg-Vorpommern<br />

Kaffeepause<br />

Diskussion<br />

ab 17.00 Dr. Franz Schopper, Wünsdorf<br />

Zusammenfassung und Schlusswort<br />

gegen 17.30 Ende


<strong>Auszug</strong> aus:<br />

Henning Haßmann, Bericht über die Tagung des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> Landesarchäologen in<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland vom 9. bis 11. Mai 2005 in Treis-Karden.<br />

Archäologisches Nachrichtenblatt 11 (2), 2006.<br />

[...]<br />

Koloquium<br />

Das wissenschaftliche Kolloquium in <strong>der</strong> „Alten Knabenschule“ im Ortsteil Treis am Dienstag,<br />

den 10. Mai hatte den Titel „<strong>Wer</strong> <strong>stiehlt</strong> <strong>unsere</strong> <strong>Vergangenheit</strong>? Archäologische Quellen<br />

zwischen öffentlichem Interesse und privater Verwertung“. Das Thema Sondengänger,<br />

Raubgrabungen und illegale Archäologie sollte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet<br />

1<br />

werden. Da die meisten Vorträge und die Diskussion im Anschluss an diesen Bericht abgedruckt<br />

werden, folgt hier nur eine knappe Zusammenfassung des Kolloquiums.<br />

Das Programm glie<strong>der</strong>te sich in drei Blöcke. Zunächst wurden rechtliche Aspekte erörtert. Der<br />

zweite Block konzentrierte sich auf die Perspektive <strong>der</strong> Ermittlungsbehörden, die durch<br />

Medienrecherchen verdichtet wurde. Schließlich rundeten Fallstudien das Bild ab, das sich allein<br />

durch die verschiedenen Landesgesetze recht unterschiedlich darstellt.<br />

Nach dem Grußwort des <strong>Verband</strong>svorsitzenden Prof. Dr. Jürgen Kunow, Bonn, und <strong>der</strong><br />

Einführung in das Thema durch Dr. Friedrich Lüth, Schwerin leitete Prof. Dr. Ernst-Rainer<br />

Hönes, Mainz, den Block zu den rechtlichen Aspekten ein. In seinem Referat beleuchtete er aus<br />

einer internationalen Perspektive den rechtlichen Schutz von Kulturgut im transnationalen<br />

Rahmen. Nach ausführlicher Erläuterung völkerrechtlicher Aspekte z.B. anhand <strong>der</strong> Haager<br />

Konvention, von UNESCO-Abkommen und –Koventionen, <strong>der</strong> Charta von Lausanne und<br />

Konventionen des Europarates formulierte Hönes, <strong>der</strong> auch Vorsitzen<strong>der</strong> des DNK-<br />

Arbeitskreises „Recht- und Steuerfragen“ ist, einige Anregungen an Denkmalpfleger und<br />

Gesetzgeber.<br />

Die beiden Trierer Jura-Examenskandidatinnen Irene Bergmann und Britta König berichteten<br />

über ein DFG-Forschungsprojekt zum Kulturgutschutz im deutschen Recht, das unter Leitung<br />

von Prof. Dr. Kerstin Odendahl, jetzt Sankt Gallen, an <strong>der</strong> Universität Trier angesiedelt war. In<br />

dieser komplexen Zusammenschau wurde deutlich, dass die rechtliche Situation des<br />

Kulturerbes gar nicht so schwach ist, wie häufig eingeschätzt.<br />

Bei dem Referat des Hamburger Strafrechtlers Dr. Udo Löhr, Oberstaatsanwalts i.R., über<br />

Kulturgutschutz und Strafrecht schwang seine große Praxiserfahrung, die er in <strong>der</strong> engen


Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen hat, mit.<br />

Nach einer Abgrenzung des deutschen Rechts in die drei Teilrechtsgebiete „öffentliches Recht“,<br />

„Zivil- o<strong>der</strong> Privatrecht“ und „Strafrecht“ stellte er auf die Straftatbestände Diebstahl,<br />

Unterschlagung, Hehlerei, einfache und gemeinschädliche Sachbeschädigung sowie<br />

Verwahrungsbruch scharf und nannte noch einige weitere Delikte, denen sich Raubgräber<br />

möglicherweise strafbar machen könnten, so z.B. Störung <strong>der</strong> Totenruhe o<strong>der</strong> Verstöße gegen<br />

Waffengesetze. Deutlich abgrenzbar ist das Ordnungswidrigkeitenrecht, dass jedoch durch<br />

beachtliche Bußgel<strong>der</strong> effektiver sein kann, als das Strafrecht. Löhr, <strong>der</strong> die Denkmalpfleger<br />

ermutigte, Raubgräber ernsthaft zu verfolgen, rundete seinen Vortrag mit Hinweisen für die<br />

Alltagspraxis im Umgang mit illegaler Archäologie ab.<br />

Auch <strong>der</strong> Stuttgarter Kriminalbeamte Wolfgang Schönleber vom Landeskriminalamt Baden-<br />

Württemberg griff auf einen breiten Erfahrungsschatz in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />

Raubgräbern zurück und bezog Beispiele aus ganz Deutschland und aller Welt mit ein. Sein<br />

Vortrag über das Phänomen „Raubgräberei“ und die daraus resultierenden Probleme <strong>der</strong><br />

Strafverfolgungsorgane lieferte einen spannenden Einblick in die Arbeit <strong>der</strong><br />

Ermittlungsbehörden.<br />

Polizeioberkommissar Eckhard Laufer aus Usingen lieferte einen detaillierten Bericht mit dem<br />

Titel „Tatort Bodendenkmal: Polizeiliches Einschreiten gegen Raubgräber in Hessen“. Das<br />

Referat zeigte nicht nur seine große Fachkenntnis auf dem Gebiet <strong>der</strong> polizeilichen Ermittlungen<br />

im Umfeld illegaler Archäologie, son<strong>der</strong>n auch seine grundlegenden Erfahrungen als<br />

ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im hessischen Hochtaunuskreis. Laufer hat seine private<br />

Leidenschaft und sein dienstliches Interesse als Polizist verknüpft und gilt als einer <strong>der</strong> besten<br />

Spezialisten und Kenner <strong>der</strong> Raubgräberszene in Deutschland. Mit seinen<br />

Aufklärungsveranstaltungen hat er wesentlich dazu beigetragen, das Problembewusstsein bei<br />

Polizeidienststellen, Staatsanwaltschaften und Gerichten zu schärfen. Laufer machte deutlich,<br />

dass es sich bei Raungrabungen keineswegs um ein Kavaliersdelikt handelt und for<strong>der</strong>t eine<br />

zentralisierte Bekämpfung durch sachkundige Polizeibeamte. Prävention und Repression in<br />

intensiver Zusammenarbeit mit Denkmalpflege, Forschungseinrichtungen, Museen, loyalem<br />

Antikenhandel und loyalen Sondengängern und Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden<br />

seien erfor<strong>der</strong>lich, um die irreversible Zerstörung des Kulturerbes zu bremsen.<br />

Der Berliner Filmemacher Thomas Claus, <strong>der</strong> in Fachkreisen durch eine Reihe archäologischer<br />

Dokumentarfilme auch zum Thema Raubgrabungen bekannt geworden ist, berichtete über<br />

Kontakte zur Raubgräberszene bei den Recherchen zur Filmdokumentation „Schatzsucher –<br />

2


das Geschäft mit <strong>der</strong> <strong>Vergangenheit</strong>“, die im Auftrag des RBB entstanden ist und inzwischen in<br />

mehreren öffentlich-rechtlichen Programmen gezeigt wurde. Durch die intensiven Recherchen<br />

im direkten Raubgräber-, Detektor- und Kunsthändlermilieu und <strong>der</strong>en Umfeld konnte er ein<br />

detailliertes Bild <strong>der</strong> Szene zeichnen, bei dem den Archäologen angst und bange werden<br />

konnte. Für die meisten Kollegen war das von Claus skizzierte Ausmaß des „Geschäftes mit <strong>der</strong><br />

<strong>Vergangenheit</strong>“ ernüchternd und verstörend.<br />

Der sachsen-anhaltische Landesarchäologe Dr. Harald Meller, Halle, fokussierte seinem Bericht<br />

über die spektakuläre Entdeckung <strong>der</strong> Mondscheibe von Nebra auf die Aspekte illegale Suche,<br />

Raubgrabung und illegaler Antikenhandel. Die Himmelsscheibe eignet sich beson<strong>der</strong>s dazu,<br />

dieses vielschichtige Thema exemplarisch zu erörtern.<br />

Dr. Jörg Biel, Esslingen, begründete die recht restriktive Haltung gegenüber Sondengängern in<br />

Baden-Württemberg, die auf die Einschränkung <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Sondengänger einerseits und<br />

die gezielte Austrocknung ihrer Absatzgebiete zielt. Biel schätzt den Schaden durch<br />

Detektorgänger höher ein als den Erkenntnisgewinn. Er appellierte an die an<strong>der</strong>en<br />

3<br />

Bundeslän<strong>der</strong>, bei <strong>der</strong> Verfolgung <strong>der</strong> hochprofessionellen Raubgräber und Händler vom Kaliber<br />

„Berliner Goldhut“ o<strong>der</strong> „Scheibe von Nebra“ ebenso professionell und vernetzt dagegen<br />

vorzugehen.<br />

Eine differenzierte Sichtweise vertrat Dr. Daniel Bérenger, Bielefeld, <strong>der</strong> über die Situation in<br />

Westfalen informierte. Seiner Einschätzung nach ist das Problem des Sondengehens durch ein<br />

reines Verbot nicht mehr beherrschbar. Daher schlägt er aus ganz pragmatischen Gründen eine<br />

Zusammenarbeit mit „gutwilligen“ Sondengängern unter hohen Auflagen bei gleichzeitigem<br />

harten Vorgehen gegen jene, die ohne Sucherlaubnis auf Schatzsuche gehen.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern fand Dr. Detlef Jantzen, Neustrelitz,<br />

deutliche Worte gegen Plün<strong>der</strong>er und Raubgräber und for<strong>der</strong>te die konsequente Strafverfolgung.<br />

Ehrlich an <strong>der</strong> Bewahrung und Erforschung des kulturellen Erbes Interessierten böten sich<br />

vielfältige Möglichkeiten. Voraussetzung sei aber die Integration in das System <strong>der</strong><br />

ehrenamtlichen Bodendenkmalpflege, was den Erwerb nötiger Kenntnisse und die Bereitschaft<br />

zur Anerkennung des beson<strong>der</strong>en Schutzes archäologischer Denkmäler als gemeinsames<br />

kulturelles Erbe voraussetze.<br />

In <strong>der</strong> Abschlussdiskussion (in diesem Heft abgedruckt) wurden einige Aspekte aus den<br />

Referaten hervorgehoben und bewertet, einige Punkte wie die Zusammenarbeit mit den<br />

Munitionsbergungsdiensten ergänzt. Der umfangreiche Diskussionsbeitrag des bei <strong>der</strong>


Luxemburger Straßenbaubehörde beschäftigten Archäologen André Schoellen findet sich in<br />

diesem Heft in Form eines ausgearbeiteten Aufsatzes wie<strong>der</strong>.<br />

Im Wesentlichen zeichnete sich ein Konsens im Sinne <strong>der</strong> Schlusseinschätzung des letzten<br />

Vortrages von Detlef Jantzen ab: Eingeschränkte Sucherlaubnis für Diejenigen, die sich den<br />

Regeln <strong>der</strong> ehrenamtlichen Bodendenkmalpflege verpflichtet fühlen und hartes Vorgehen gegen<br />

diejenigen, die sich am gemeinsamen archäologischen Erbe vergehen. Alle waren sich einig<br />

darüber, dass eine bundesweit einheitlich Lösung anzustreben sei. Vor allem müsse erhebliche<br />

Lobbyarbeit geleistet werden, nicht nur zur Optimierung <strong>der</strong> Gesetze, son<strong>der</strong>n vor allem, um die<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> Position <strong>der</strong> archäologischen Denkmalpflege zu verbessern, bzw. das<br />

Problembewusstsein in <strong>der</strong> Öffentlichkeit und im Partnerfeld zu schärfen.<br />

[...]<br />

Dr. Henning Haßmann<br />

Nie<strong>der</strong>sächsisches Landesamt für Denkmalpflege<br />

Scharnhorststraße 1<br />

30175 Hannover<br />

henning.hassmann@nld.nie<strong>der</strong>sachsen.de<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!