26.02.2013 Aufrufe

11.2 Norddeutschland

11.2 Norddeutschland

11.2 Norddeutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>11.2</strong> <strong>Norddeutschland</strong><br />

VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

<strong>11.2</strong>.1 Begräbnisformen<br />

Vielfältig sind die Begräbnisformen aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit im norddeutschen<br />

Raum. Im Lauf der Entwicklung bildeten sich differenzierte Denkmäler heraus. Aus dem Paläolithikum<br />

sind keine Befunde überliefert, die auf ein festes Totenritual hindeuten, sodass<br />

diese Periode, die in großen Teilen <strong>Norddeutschland</strong>s auch nicht in voller Breite nachgewiesen<br />

ist, außer Betracht bleiben muss. Für das Mesolithikum dagegen sind erste Bestattungen<br />

in unserem Gebiet belegt. Dazu zählen Körpergräber aus Groß Fredenwalde in der<br />

Uckermark, die dick mit Rötel überdeckt waren. Dort waren mehrere Skelette gemeinsam<br />

niedergelegt worden – versehen mit verschiedenartigen Beigaben, vor allem Tierzähnen,<br />

Knochenpfrieme und Flintartefakten. Hinzu kommt eine hockende Frauenbestattung aus Rothenklempenow,<br />

Ldkr. Uecker-Randow.<br />

Aus Niedersachsen sind als bisher einzige mesolithische Bestattungen zwei Kindergräber zu<br />

nennen, die unter einem Abri bei Reinhausen, Ldkr. Göttingen, ausgegraben wurden: die in<br />

gestreckter Rückenlage angetroffene Bestattung eines eineinhalbjährigen Jungen und das<br />

auf seiner rechten Seite in Hockerstellung liegende Skelett eines zweieinhalb- bis dreijährigen<br />

Mädchens.<br />

Die neolithische Lebensweise setzte sich zuerst in den fruchtbaren Lößgebieten Mitteleuropas<br />

durch, während der überwiegende Teil <strong>Norddeutschland</strong>s noch für Jahrhunderte den<br />

mesolithischen Traditionen verhaftet blieb. Sehr reich sind die vielfältigen Bestattungssitten<br />

aus der Periode des Neolithikums überliefert. Die ältesten Gräber gehören der bandkeramischen<br />

Kultur an. Es handelt sich um Körperbestattungen, die meist in Hockerlage angetroffen<br />

werden. Der einzige bislang untersuchte frühneolithische Friedhof liegt in Wittmar, Ldkr.<br />

Wolfenbüttel. 16 der insgesamt 51 Gräber sind der Linienbandkeramik zuzuordnen und entweder<br />

linksseitig Ost-West oder rechtsseitig West-Ost orientiert (Abb. 1). Die Beigaben bestehen<br />

in der Regel aus Schuhleistenkeilen, Keramik und Spondylusmuschelschmuck. Neben<br />

einem Grab der Stichbandkeramik (Süd-Nord ausgerichtetes Skelett in Rückenlage) enthält<br />

der Friedhof 34 Gräber der Rössener Kultur, überwiegend in gestreckter Rückenlage,<br />

Süd-Nord orientiert (Abb. 2). Beigaben sind in der Regel Tongefäße, meist Kugelbecher,<br />

aber auch Steinbeile, Dechsel oder Schmuck aus Tierzähnen und Knochen.<br />

Aus dem Frühneolithikum des Nordens (Trichterbecherkultur) sind Flachgräber eine wichtige<br />

Bestattungsform. Hier haben wir in der Regel rechtsseitig liegende Hocker, teilweise mit<br />

Steinschutz in Form von Steinkreisen oder auch mit Hinweisen auf Totenhütten. Pfeilspitzen,<br />

frühe Amphoren – die Baalberger Einfluss dokumentieren – und vereinzelte Beile fanden als<br />

Beigaben Verwendung.<br />

Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf ein Körpergrab von Laschendorf, Müritzkreis,<br />

wo der Hocker entgegen der allgemeinen Regel auf der linken Seite deponiert war<br />

(Abb. 3). Einige bemerkenswerte Beigaben wie eine gerippte Pfeife, Schlag- und Klanginstrumente,<br />

eine Kragenflasche und auch ein Belemnit, der zum großen Teil abgeschliffen<br />

war, deuten auf die Bestattung eines Schamanen.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 1


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 1. Wittmar, Ldkr. Wolfenbüttel. Typische Totenhaltungen der Linienbandkeramischen<br />

Bestattungsgruppe mit Positionsangabe der Gefäßbeigaben (Schoknecht u. Möller 1998,<br />

Abb. 1).<br />

Abb. 2. Wittmar, Ldkr. Wolfenbüttel. Eine Auswahl charakteristischer Totenhaltungen in der<br />

Bestattungsgruppe der Rössener Kultur mit Positionsangaben der Gefäßbeigaben<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 2).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 2


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 3<br />

Abb. 3. Linksseitiger Hocker in einer Steinkiste<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 3).<br />

Abb. 4. Trockenmauerwerk im Eingangsbereich der Großsteingräber von Nadelitz (links)<br />

und Dummertevitz (rechts), beide Ldkr. Rügen (Entdeckungen 2009, S. 59 Abb. 3).<br />

Das charakteristische Grab des Neolithikums im Norden Deutschlands ist aber das Megalithgrab<br />

der Trichterbecherkultur, das nur während einer relativ kurzen Phase des Mittelneolithikums<br />

angelegt wurde. In <strong>Norddeutschland</strong> und Südskandinavien wurden zwischen 3500-<br />

3200 v. Chr. vermutlich bis zu 30000 Großsteingräber erbaut, von denen sich allerdings<br />

kaum mehr als 10 % bis heute erhalten haben. Für deren Bau mussten die mehrere Tonnen<br />

schweren, eiszeitlichen Findlinge teilweise über große Strecken herangeschafft werden, wobei<br />

wahrscheinlich Rollen, Schlitten, Seile und Hebel als Hilfsmittel dienten. Zunächst wurden<br />

die Standsteine der Grabkammer aufgerichtet, dann die Zwischenräume zwischen den<br />

Standsteinen sorgfältig mit Trockenmauerwerk aus Rotsandsteinplatten verschlossen<br />

(Abb. 4). Anschließend wurde die Kammer wahrscheinlich mit Erde verfüllt und eine Rampe<br />

angeschüttet, um den oder die Decksteine auf die Kammer zu ziehen. Später entfernte man<br />

dann die Erde wieder aus der Kammer, legte ggf. aus kleineren Findlingen einen flachen<br />

Gang zur Kammer an und überdeckte die Anlage größtenteils mit einem großen Erdhügel.


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 4<br />

Abb. 5. Großsteingrab. Urdolmen im Hünenbett<br />

mit Wächtersteinen (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 4).<br />

Der Boden der Grabstätten bestand aus gestampftem Lehm, einer Schicht aus gebranntem<br />

Flint oder Granitgrus.<br />

Die eigentlichen Grabmonumente sind häufig von langgestreckten Steinsetzungen umgeben,<br />

den sogenannten Hünen- oder Langbetten (Abb. 5, 7-8, 15). Sie sind meist rechteckig oder<br />

trapezoid und können beeindruckende Maße erreichen: der „Visbeker Bräutigam“, bei Wildeshausen,<br />

Ldkr. Oldenburg, beispielsweise weist eine Länge von 104 m auf. Westlich der<br />

Weser treten zusätzlich langovale Formen auf, während im östlichen Mecklenburg und in<br />

Vorpommern auch kammerlose Hünenbetten vorkommen.<br />

Wir kennen unterschiedliche Formen des Megalithgrabes, die sich nach und nach entwickelt<br />

haben. Am ältesten ist der Urdolmen, bei dem zwei liegende Trägersteine in die Erde einge-


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 5<br />

Abb. 6. Großsteingrab. Erweiterter Dolmen<br />

im Steinkreis (Schoknecht u. Möller 1998,<br />

Abb. 5).<br />

tieft sind und kleinere Schlusssteine die Grabkammer am Ende begrenzen. Ein einziger<br />

mächtiger Findling überdeckt diese Anlage (Abb. 5). In derartigen Gräbern wurde jeweils nur<br />

ein Toter bestattet, es gibt aber auch Hinweise auf Doppelbestattungen. Richtet man die liegenden<br />

Träger auf und reiht weitere davor, so bekommt man den erweiterten Dolmen, der<br />

sich dann noch zum Großdolmen mit wenigstens vier Trägerpaaren entwickeln kann<br />

(Abb. 6-7). Der Zahl der Träger entspricht meist auch die der Decksteine. Diese Gräber sind<br />

für Kollektivbestattungen geschaffen: Aus der Gemeinschaft, die sie errichtet hat, wurden alle<br />

Toten nach und nach darin bestattet.<br />

Die Gräber hatten einen Zugang, der sowohl an der Stirn- als auch an der Längsseite liegen<br />

konnte („Ganggräber“, Abb. 8). Dadurch war es möglich, die Grabkammer immer wieder zur<br />

Beisetzung weiterer Verstorbener zu betreten. Sollte eine Bestattung vollzogen werden, wur-<br />

Abb. 7. Großsteingrab. Großdolmen im trapezförmigen Hünenbett (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 6).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 6<br />

Abb. 8. Großsteingrab. Ganggrab im Hünenbett<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 7).<br />

de der Gang geöffnet. Am Eingang fand eine Totenzeremonie statt, in deren Verlauf Getränke<br />

und Speisen verzehrt wurden, wobei die dafür benutzten Gefäße offenbar anschließend<br />

zerschlagen wurden und deren Reste vor Ort liegen blieben. Einige dieser Gräber enthielten<br />

neben Flintartefakten und Bernsteinschmuck auch mehrere Zentner an Keramikscherben.<br />

Bemerkenswert ist, dass bisweilen innerhalb der Grabkammern erkennbare Einteilungen<br />

durch senkrecht gestellte Sandsteinplatten geschaffen wurden (Abb. 9-10). Es war offenbar<br />

üblich, die Toten erst in weitgehend verwestem Zustand beizusetzen, also in einer Art Sekundärbestattung.<br />

Bei den Großsteingräbern in Mecklenburg-Vorpommern konnte keine einzige<br />

komplette Primärbestattung nachgewiesen werden, vielmehr lagen immer einzelne<br />

Knochenhäufungen in den Grabkammern.<br />

Alle bisherigen Beobachtungen ergeben, dass die überwiegende Anzahl der heute frei stehenden<br />

Megalithgräber ursprünglich in Hügeln lagen oder wenigstens bis an die Decksteine<br />

eingehügelt waren. Dabei konnte es durchaus vorkommen, dass der Kernhügel im Zuge von


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 7<br />

Abb. 9. Großsteingrab. Grundriss eines<br />

Ganggrabes mit Quartiereinteilung<br />

und Schwellsteinen im Gang (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 8).<br />

Abb. 10. Lancken-Granitz, Ldkr. Rügen.<br />

Quartiereinteilung innerhalb eines<br />

Großsteingrabes (Entdeckungen<br />

2009, S. 60 Abb. 4).<br />

späteren Nachbestattungen (bis in die vorrömische Eisenzeit) in mehreren Phasen ausgebaut<br />

und erhöht wurde. Allerdings kamen in den Hochmooren des Elb-Weser-Dreiecks im<br />

letzten Jahrhundert auch mehrere Megalithgräber zum Vorschein, die nach ihrer Errichtung<br />

vom Moor überwachsen wurden und bei denen keinerlei Spuren einer Überhügelung sichtbar<br />

sind.<br />

Für die gleiche Zeit finden sich im südlichen Niedersachsen vereinzelt Megalithgräber, die in<br />

Bauschema und -material von den beschriebenen Anlagen abweichen, z. B. ein 14,5 m langes,<br />

aus Sandsteinplatten gebautes Galeriegrab von Bredelem, Ldkr. Goslar (Abb. 11), oder<br />

die 10 m lange Kammer von Liebenburg, Ldkr. Goslar, ebenfalls aus Sandsteinblöcken errichtet.<br />

Vereinzelt kommen neben Bestattungen in Megalithgräbern bei der Trichterbecherkultur<br />

auch Einzelbestattungen in Form von Flachgräbern vor (Abb. 12) wie z. B. in Himmelpforten,<br />

Ldkr. Stade, wo Reste von mindestens sechs Gräbern dokumentiert sind, u. a. mit Stein-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 11. Ausgrabungsplan und Rekonstruktion der Steinkiste von Bredelem, Ldkr. Goslar<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 10).<br />

Abb. 12. Gudendorf, Ldkr. Cuxhaven. Flachgrab mit Doppelbestattung (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 9).<br />

packungen oder -pflaster sowie einem Baumsarg. Aus einem dieser Gräber stammt vermutlich<br />

ein Goldring, der damit der älteste Goldfund aus Niedersachsen wäre. Sehr selten sind<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 8


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 13. Hohberg, Ldkr. Wolfenbüttel. Mauerkammergrab der Bernburger Kultur mit rekonstruierter<br />

jüngster Phase (Dirks/Grefen-Peters 2004, 314, Abb. 3).<br />

Brandbestattungen. Bei Leer, Ostfriesland, wurden Brandgrubengräber der späten Trichterbecherkultur<br />

ausgegraben, die mit Gefäßkollektionen und Steingeräten ausgestattet waren.<br />

Neolithische Flachgräber fanden sich auch auf dem Tannenwerder im Ostorfer See bei<br />

Schwerin. Ab etwa 3200 v. Chr. waren dort 41 Flachgräber angelegt worden, die reich mit<br />

Knochen- und Geweihschmuck sowie mit Utensilien für Jagd und Fischfang ausgestattet waren.<br />

Nach aktuellen Untersuchungen handelt es sich dabei um Mitglieder einer Gesellschaft,<br />

die zwar zeitgleich mit den Trichterbecherleuten lebte und zu denen auch Kontakte pflegte,<br />

selbst aber weiterhin in einer mesolithischen Wirtschaftsweise verhaftet war.<br />

Außerdem kommen in Südniedersachsen auch nichtmegalithische Kollektivgräber vor. Es<br />

handelt sich um in den Löss eingetiefte langrechteckige Kammern mit Steinpflaster und Holz-<br />

Stein-Konstruktionen. Die mehrphasige Anlage vom Hohberg, Ldkr. Wolfenbüttel, zeigt eindrucksvoll<br />

den vielfältigen Totenkult der Bernburger Kultur (Abb. 13). In der jüngsten Phase<br />

wurde hier ein Mann in linker Hockerlage zusammen mit zwei Rindern bestattet.<br />

Eine Sonderform dieser Kollektivgräber ist das Felskammergrab von Sorsum, Ldkr. Hildesheim,<br />

dessen 16 m x 2,3 m große Kammer aus dem anstehenden Kalkstein herausgehauen<br />

wurde. Außer einem treppenartigen Zugang von der südlichen Längsseite sind kleine Nischen<br />

zu nennen, die als Balkenlager einer nicht mehr erhaltenen Holzdecke gedeutet werden<br />

(Abb. 14). Durch die guten Erhaltungsbedingungen im Löss ließ sich feststellen, dass in<br />

diesen Kollektivgräbern oft über 100 Individuen beigesetzt wurden.<br />

Gleichzeitig mit den Kollektivgräbern kommen auch Einzelgräber vor, so z. B. der Bernburger<br />

Kultur oder der Kugelamphorenkultur, letztere mit z. T. aufwendigen Grabkammern aus<br />

Steinplatten oder Holzkonstruktionen. Bisher einmalig ist der Flachgräberfriedhof von Pevestorf,<br />

Ldkr. Lüchow-Dannenberg, der aus 37 Körpergräbern und 15 Brandgräbern besteht.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 9


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 14. Rekonstruktion des Felskammergrabes von Sorsum, Ldkr. Hildesheim (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 11).<br />

Damit wird zu einer Sitte übergeleitet, die im Endneolithikum in der Schönfelder Kultur im<br />

östlichen Niedersachsen die Regel ist: die Brandbestattung.<br />

Aus der Einzelgrabkultur sind jedoch im wesentlichen Körpergräber überliefert, die in Hügeln<br />

angelegt wurden. Wir unterscheiden Bodengräber, die auf dem Boden niedergelegt und<br />

dann überhügelt wurden, Untergräber, die in das Erdreich eingetieft waren, Obergräber, die<br />

oberhalb der Bodengräber sekundär angelegt wurden, und schließlich Oberstgräber, die<br />

über den Obergräbern errichtet wurden (Abb. 15 a und e). Auch hier existierten hölzerne<br />

Grabeinbauten. Außerdem treten Einfassungen der Bestattungen durch rechteckige Gräben<br />

auf. Als Beigaben finden sich die typischen Äxte der Einzelgrabkultur sowie die unterschiedlichen<br />

Becherformen dieser Periode.<br />

Während dieser Zeit finden sich auch überhügelte Steinkisten mit trapezförmiger Rahmensetzung.<br />

So wurde bei Zarrenthin, Ldkr. Demmin, ein Grabhügel untersucht, der durch eine<br />

massive Rollsteinpackung abgedeckt worden war. Auf der Hügelsohle fand sich eine 11,5 m<br />

lange, trapezförmige Steinsetzung und eine dezentral angelegte Steinkiste (L. 2,15 m) mit<br />

einem Deckstein aus Kalkstein (Abb. 16). Darin befand sich eine Bestattung in Hockerlage,<br />

an deren Fußende ein einzelner menschlicher Schädel lag. Mittels Radiokarbondatierung<br />

wurde das Grab in die Zeit um 2500 v. Chr. datiert. Ein ähnlicher Befund wurde ferner bei<br />

Flögeln, Ldkr. Cuxhaven, ausgegraben<br />

Für die Glockenbecherkultur sind aus Niedersachsen einige Hockergräber belegt. So fand<br />

sich in Schöningen, Ldkr. Helmstedt, die Doppelbestattung eines erwachsenen Mannes und<br />

eines Neugeborenen, der neben Feuersteinpfeilspitzen und einer Füßchenschale auch ein<br />

kurzer Kupferdolch beigegeben war (Abb. 17). Bei Loxstedt, Ldkr. Cuxhaven, konnte ein SO-<br />

NW-ausgerichtetes Flachgrab aufgedeckt werden, in dem sich sowohl Elemente der Glockenbecher-<br />

als auch der Einzelgrabkultur fanden. Neben zwei Gefäßen waren eine Felsgesteinaxt<br />

und ein Feuerschlagstein beigegeben. Da sich die Knochen in den kalkarmen, sauren<br />

Böden Nordwestdeutschlands nur selten erhalten, konnte hier die ehemalige Lage des<br />

Bestatteten nur mittels Phosphatanalyse annähernd bestimmt werden.<br />

Die spätneolithischen Flachgräber enthalten vielfach Flintdolche oder sogenannte dicke Spitzen<br />

und zeigen damit eine Phase des Übergangs vom Neolithikum in die Bronzezeit an. In<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 10


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 15. Schema eines Hügelgrabes mit unterschiedlichen Bestattungen (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 13).<br />

Mecklenburg-Vorpommern wurden die Toten während der spätneolithischen Perioden überwiegend<br />

in Hocklage (meist rechtsseitig) und häufig in S-N-Ausrichtung beerdigt. Ferner<br />

kommen allerdings hin und wieder gestreckte Lagen vor. Aber auch Brandgräber wie das<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 11


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 16. Zarrenthin, Ldkr. Demmin. Grabkammer, Steintrapez und Außensteinkranz nach<br />

Abtrag der Steinabdeckung (Entdeckungen 2009, S. 62 Abb. 3).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 12<br />

Abb. 17. Hockergrab, Doppelbestattung<br />

der Glockenbecherkultur<br />

von Esbeck, Ldkr. Helmstedt. Im<br />

Grab verstreut sind außerdem die<br />

Knochen eines Neugeborenen<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb.<br />

12).


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 18. Goting, Kr. Nordfriesland. Bronzezeitlicher Grabhügel (Foto: J.P. Schmidt).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 13<br />

Abb. 19. Körpergrab im Baumsarg (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 14).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

von Klink, Ldkr. Müritz, werden vereinzelt beobachtet. Die Bestattung fand sich in einer rundlichen<br />

Steinpackung von ca. 1,5 m Durchmesser und 1 m Stärke.<br />

Die bronzezeitlichen Bestattungen schließen sich nahtlos an die Flach- und Hügelgräber des<br />

Spätneolithikums an. Auch hier gibt es als Beigaben noch einfache Becherformen, kombiniert<br />

mit entwickelten Flintdolchen und teilweise auch bestimmten Bernsteinscheiben und<br />

anderen Objekten. Im östlichen Niedersachsen kamen mehrfach Hockergräber, u. a. mit Gefäßbeigaben,<br />

zutage, z. B. in Esbeck und Schöningen, Ldkr. Helmstedt, Gielde, Ldkr. Wolfenbüttel,<br />

sowie Werlaburgdorf, Ldkr. Goslar, die Einflüsse der mitteldeutschen Aunjetitzer<br />

Kultur erkennen lassen.<br />

Das charakteristische Grab der Bronzezeit ist aber das Hügelgrab (Abb. 15, 18). Einzeln,<br />

zumeist aber in Hügelgruppen unterschiedlicher Größe liegen sie in der Regel auf Hochflächen<br />

und Kuppen. Sie waren in der offenen Landschaft der Bronzezeit vermutlich weithin<br />

sichtbar. Ihre Verteilung lässt vermuten, dass die Gräber oftmals am Rand von Siedlungskammern<br />

angelegt wurden, sie also nicht nur im Totenkult, sondern auch bei der Abgrenzung<br />

von Territorien und als Wegmarken eine Rolle gespielt haben. In der älteren Bronzezeit<br />

herrscht weiterhin die Körperbestattung vor, die in Baumsärgen (Abb. 19) erfolgte. Dazu<br />

wurde auf dem Boden ein Steinpflaster errichtet, darauf der Baumsarg deponiert und dieses<br />

Ensemble mit Steinen überworfen. Statt der Steinaufhügelung mit Erdabdeckung wurden<br />

aber auch Sand oder Löss, Heideplaggen, Rasensoden u. a. für den Hügelaufbau genommen,<br />

offenbar in Ermangelung von Steinen. Der Hügelfuß ist häufig durch einen Steinkranz,<br />

einen oder mehrere Pfostenkränze oder einen Kreisgraben (Abb. 20) eingefasst. Wo sich der<br />

Baumsarg erhalten hat, konnten auch Teile der Bekleidung und der organischen Grabbeigaben<br />

geborgen werden.<br />

In den Baumsärgen wurde der oder die Verstorbene vollständig bekleidet und mit zahlreichen<br />

Ausstattungsgegenständen beigesetzt. „Echte“ Beigaben, die nicht zu den normalen<br />

textilen und metallenen Bekleidungsbestandteilen gehören wie z. B. Gefäße oder Klappstühle<br />

sind äußerst selten. Einmal angelegte Grabhügel wurden zuweilen mehrfach genutzt, so<br />

dass wie beispielsweise beim 5,5 m hohen „Galgenberg“ von Itzehoe, Kr. Steinburg, interessante<br />

stratigrafische Beobachtungen möglich sind (Abb. 21).<br />

Abb. 20. Grabhügel der Glockenbecherkultur von Logabirum, Ldkr. Leer (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 15).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 14


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 21. Itzehoe, Kr. Steinburg. Schematischer Schnitt durch den „Galgenberg“ (Struve<br />

1971, Abb. 3).<br />

Der Aufwand zur Errichtung eines Grabhügels konnte beträchtlich sein. Zum Bau des Grabhügels<br />

„Lusehøj“ auf der dänischen Insel Fünen waren rund 650.000 Grasplaggen nötig, für<br />

deren Gewinnung eine Fläche von 7 ha bearbeitet werden musste. Ein Grabhügel von 7 m<br />

Durchmesser und 1 m Höhe, wie er auch für Mecklenburg-Vorpommern typisch ist, konnte<br />

dagegen von fünf Personen in rund 26 Arbeitsstunden aufgeworfen werden.<br />

In Wiesens, Ldkr. Aurich, und Westerholt, Ldkr. Wittmund, waren die Hügelgräber zusätzlich<br />

von z. T. mehrreihigen Pfostenkreisen umgeben. Hinzu kommen als Kultanlagen zu deutende<br />

Doppelpfostenreihen von bis zu 60 m Länge, die auf die Grabstätten Bezug nehmen. Eine<br />

solche Anlage wurde 2003/2004 in Hüsby bei Schleswig, Kr. Schleswig-Flensburg, untersucht<br />

(Abb. 22). Der dortige Grabhügel, der zwei reich ausgestattete Gräber der Periode II<br />

enthielt, war nicht nur durch einen mehrlagigen Steinkreis, sondern auch einen Pfostenkranz<br />

umgeben. Östlich davon lagen dann ein kleines Gebäude und mehrere Feuerstellen, an die<br />

sich etwa 10 m östlich zwei durch linear angeordnete Pfostengruben belegbare Zuwegungen<br />

nachweisen ließen. Diese waren mehr als 40 m lang und deuten auf kulturelle Einflüsse aus<br />

dem Westen hin.<br />

In der Mitte der Bronzezeit, etwa um das Jahr 1200 v. Chr., vollzog sich nicht nur im engeren<br />

norddeutschen Gebiet, sondern in größerer räumlicher Verbreitung ein Wandel der Körpergrabsitte<br />

hin zur Brandbestattung. Besonders interessant sind die Gräber aus der Über-<br />

Abb. 22. Hüsby, Kr. Schleswig-Flensburg. Grabhügel mit zugehörigen Pfostenstrukturen<br />

(Freudenberg 2008, S. 60 Abb. 8).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 15


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 23. Urnengrab in Steinschutz (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 16).<br />

gangsphase zwischen Körper- und Brandbestattung wie sie beispielsweise in Thürkow, Ldkr.<br />

Güstrow, entdeckt wurden. Es wird nämlich zunächst auch noch für die Brandgräber ein<br />

Grabbau in Körpergröße angelegt und der aus dem Scheiterhaufen aufgelesene Leichenbrand<br />

im Baumsarg oder auf der gepflasterten Steinfläche lang ausgestreut - mitsamt den<br />

nunmehr häufig weitgehend zerstörten und durchglühten Bronzebeigaben. Der Grabraum<br />

wird aber stetig verkleinert, bis sich dann die Sitte, den auf dem Scheiterhaufen verbliebenen<br />

Leichenbrand samt der durchgeglühten Ausrüstungsgegenstände in Urnen zu sammeln und<br />

beizusetzen, durchsetzt. Dadurch, dass zumindest ein Teil der Beigaben mit auf dem Scheiterhaufen<br />

verbrannt wurde, sind nun bisweilen auch Objekte aus Knochen oder Geweih konserviert.<br />

Die Sitte des Steinschutzes bleibt erhalten, doch statt einen Baumsarg mit Steinen<br />

zu überhügeln, wird nunmehr meist nur die Urne in einem Steinschutz beigesetzt (Abb. 23).<br />

Neben Rollsteinpackungen kommen immer häufiger auch kleine Kisten aus plattigem Gestein<br />

vor.<br />

Entsprechend der geringeren Dimension des Grabes werden die Grabhügel nun immer kleiner,<br />

sind aber immer noch durch Steinkreise eingefasst. Erhalten sind diese Hügel meist nur<br />

Abb. 24. Groß Siemz, Ldkr. Nordwestmecklenburg. Gräberfeld mit jungbronzezeitlichen<br />

Kleinhügeln (blau), zwischengelagerten Flachgräbern (grau) und Branderdegruben (schwarz)<br />

(Autobahn 2005, S. 65 Abb. 2).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 16


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 17<br />

Abb. 25. Groß Siemz, Ldkr.,<br />

Nordwestmecklenburg. Urnengrab<br />

in Steinschutz (Autobahn<br />

2005, S. 67 Abb. 5).<br />

noch in Waldgebieten, während sie auf Ackerflächen weitgehend eingeebnet sind. Doch sind<br />

auch dort bisweilen noch Steinkreise oder Steinstandspuren erhalten, wie die Untersuchungen<br />

in Groß Siemz, Ldkr. Nordwestmecklenburg, zeigten, wo mehr als 50 obertägig nicht<br />

mehr sichtbare jungbronzezeitliche Grabhügel ermittelt wurden, die in vier Gruppen angeordnet<br />

waren. Dazwischen lagen immer wieder auch einzelne Flachgräber (Abb. 24-25).<br />

Sehr selten sind bronzezeitliche Totenhäuser belegt. Diese waren lange Zeit vornehmlich<br />

aus dem Niederelbegebiet bekannt, wo sie als Phänomen der Lüneburger Gruppe angesehen<br />

werden. Es handelte sich um einfache, meist hallenartige, wohl offene Bauten mit viereckigem<br />

Grundriss und neun bis 14 Pfosten. Sie enthielten in der Regel eine einzelne Bestattung,<br />

wurden im Zuge der Grablege abgebrannt und anschließend überhügelt. Sie gehören<br />

überwiegend in die Perioden II und III, doch sind sie vereinzelt auch schon für Periode I<br />

nachweisbar.<br />

Seit kurzem sind aber auch im südöstlichen Mecklenburg-Vorpommern und dem nordöstlichen<br />

Brandenburg in größerer Zahl bronzezeitliche Totenhäuser belegt. Diese Befunde unterscheiden<br />

sich von den niederelbischen Anlagen dahingehend, dass sie in der Regel nicht<br />

abgebrannt und anschließend überhügelt wurden. Vielmehr handelte es sich um ebenerdige<br />

Anlagen, die anscheinend über einen längeren Zeitraum offen standen und genutzt wurden.<br />

Fast immer handelt es sich um Ost-West ausgerichtete Sechspfostenbauten mit zentralem<br />

Steinpflaster und einer oder mehreren Brandbestattungen (Abb. 26). Häufig liegen sie im Bereich<br />

von Flachgräberfeldern. Zeitlich kommen diese Anlagen zwischen Periode III und Periode<br />

IV, eventuell bis Periode V vor.<br />

Die bronzezeitlichen Grabhügel wurden nicht selten auch in den Jahrhunderten nach ihrer<br />

Errichtung als Bestattungsplatz genutzt. Zum einen wurden Nachbestattungen im Hügelmantel<br />

vorgenommen, zum anderen aber auch am Hügelfuß einzelne Flachgräber, bisweilen aber<br />

auch größere Flachgräberfelder oder Kleinhügelgruppen angelegt. Exemplarisch hierfür<br />

ist das Gräberfeld von Schwanbeck, Ldkr. Mecklenburg-Strelitz, das auf mehreren Hektar<br />

Fläche rund 600 Bestattungen aus der jüngeren Bronze- und der älteren vorrömischen Eisenzeit<br />

erbrachte. Diese waren im Nahbereich älterbronzezeitlicher Grabhügel angelegt<br />

worden, in deren unmittelbarer Nähe auch noch in der Völkerwanderungszeit Gräber und<br />

angelegt wurden. Ein weiteres Beispiel in der „Brautberg“ bei Bordesholm im Kreis Rends-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 26. Stolzenburg, Ldkr. Uecker-Randow. Totenhaus mit Rechteckpflaster und sechs<br />

umgebenden Pfosten (braun). In das Pflaster waren drei Urnengräber (rot) eingetieft, auf<br />

dem Pflaster fanden sich Überreste von weiteren Gefäßen (Autobahn 2005, S. 63 Abb. 5).<br />

burg-Eckernförde, wo neben bronzezeitlichen Gräbern auch Kleingrabhügel der vorrömischen<br />

Eisenzeit und ein Urnengräberfeld der römischen Kaiser- und Völkerwanderungszeit mit<br />

vermutlich ehemals mehr als 5000 Bestattungen vorhanden waren.<br />

Im westlichen Niedersachsen wurden während der jungbronzezeitlichen Perioden IV-V die Urnengräber<br />

vielfach von Kreis-, Rechteck- oder Schlüssellochgräben umgeben (Abb. 27), die<br />

eine Länge von mehr als 30 m erreichen konnten (Uelsen, Ldkr. Grafschaft Bentheim u. Vechta,<br />

Ldkr. Vechta).<br />

Schon während der jüngeren Bronzezeit geht der Anteil der Bestattungen unter Grabhügeln<br />

stark zurück und die Niederlegung der Toten auf Flachgräberfeldern wird zur vorherrschenden<br />

Bestattungsform. Dabei handelt es sich wohl nicht selten um Bestattungsplätze, die von<br />

mehreren Gemeinschaften genutzt werden. Dies belegen deutlich erkennbare Kleingruppen<br />

auf den Gräberfeldern wie z. B. in Panten-Mannhagen, Kr. Hzgt. Lauenburg, die jeweils als<br />

einzelne Familienverbände gedeutet werden. Nicht selten konnten weit über 100 Gräber<br />

nachgewiesen werden. Offenbar waren diese an der Oberfläche markiert, denn Überschneidungen<br />

sind äußerst selten. Allerdings wird die Grabhügelsitte keineswegs vollständig aufgegeben,<br />

sondern regional fortgeführt oder später wieder aufgegriffen, wie beispielhaft das<br />

Pestruper Gräberfeld bei Wildeshausen, Ldkr. Oldenburg, mit seinen über 600 jüngerbronze-<br />

und ältereisenzeitlichen Grabhügeln zeigt.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 18


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 27. Vechta, Ldkr. Vechta. Gräberfeldplan mit bronzezeitlichen Kreis- und Schlüssellochgräben<br />

(Eckert 2004, 385, Abb. 1).<br />

In der vorrömischen Eisenzeit wird weiterhin vornehmlich in Urnengräbern bestattet. Aus<br />

Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind zahlreiche Friedhöfe<br />

dieser Zeit überliefert. Die Gräberfelder von Jastorf, Seedorf und Ripdorf wurden namengebend<br />

für bestimmte Zeitstufen der vorrömischen Eisenzeit, das Erste sogar für die Jastorf-<br />

Kultur. Die Zahl der Bestatteten auf einem Gräberfeld ist recht unterschiedlich, doch muss<br />

einschränkend bemerkt werden, dass nur wenige Bestattungsplätze komplett ergraben wurden.<br />

Die Anzahl der begrabenen Individuen kann in die Tausende gehen. Auf dem Gräberfeld<br />

bei Mühlen Eichsen, Ldkr. Nordwestmecklenburg, scheinen ca. 5000 Menschen beerdigt<br />

worden zu sein. Dabei kommt neben den charakteristischen Steinpflastern ein umfangreiches<br />

Spektrum an Grabformen wie Urnen- und Brandschüttungsgräber ohne und mit unterschiedlichstem<br />

Steinschutz vor (Abb. 28-29). Auf dem gesamten Gräberfeldareal gibt es keine<br />

Überschneidung der Gräber. Dies legt nahe, dass auch hier die Gräber während der vorrömischen<br />

Eisenzeit obertägig gekennzeichnet waren.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 19


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 28. Mühlen Eichsen, Ldkr. Nordwestmecklenburg. Ebenerdiges Steinpflaster mit zentralem<br />

Urnengrab (Ettel u.a. 2001, Abb. 4).<br />

In der älteren Phase der vorrömischen Eisenzeit dominieren Urnengräber mit starkem Steinschutz<br />

(Abb. 23). Entsprechend sind die geborgenen Urnen oft zerdrückt und nur zerscherbt<br />

zu bergen. Je jünger die Gräber werden, umso geringer ist der Steinschutz. Als „Beigaben“<br />

finden sich in der Regel Bestandteile der Bekleidung, vereinzelt kommen auch Waffen vor.<br />

Schwerter, teilweise auch Lanzen, wurden stark deformiert, damit sie in die Urne passten.<br />

Teilweise liegen diese Geräte aber auch außerhalb der Urne. Ob hinter dem Deformierungsritual<br />

kultische oder einfache praktische Gründe für die Deponierung in den Gräbern stecken,<br />

ist nicht eindeutig nachweisbar.<br />

Zuweilen finden sich auf den Bestattungsplätzen der vorrömischen Eisenzeit Steinkreise unterschiedlicher<br />

Dimension aus relativ kleinen Steinen. Es können Erinnerungen an die Steinkreise<br />

sein, die wir an der Basis bronzezeitlicher Hügelgräber finden. Nach allen bisherigen<br />

Beobachtungen befindet sich in derartigen Steinkreisen lediglich eine einzelne Bestattung,<br />

der Kreis gibt also eine gewisse Tabuzone an, die das Grab umgibt. An anderen Stellen sind<br />

aber auch Steinkreise aus mächtigen Findlingen belegt. Sie gaben Spekulationen und über-<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 20


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 29. Mühlen Eichsen, Ldkr. Nordwestmecklenburg. Auf dem Gräberfeld waren unmittelbar<br />

neben den aufwändig errichteten Kreispflastergräbern auch Flachgräber mit geringem<br />

oder ohne Steinschutz angelegt worden (Ettel et al. 2001, Abb. 6).<br />

Abb. 30. Netzeband, Ldkr. Ostvorpommern.<br />

Das Flachgräberfeld war ehemals<br />

durch einen Kreis aus neun aufrecht stehenden<br />

Steinstelen (1-9) eingerahmt, von<br />

denen heute aber nur noch fünf (A-E) erhalten<br />

sind (Entdeckungen 2009, S. 112<br />

Abb. 3).<br />

triebenen Deutungen freien Raum, beispielsweise es handle sich um Observatorien. Bei allen<br />

bisherigen Beobachtungen und Grabungen erwiesen sie sich jedoch als Bestandteile von<br />

Bestattungsplätzen. Diese Steinkreise umgeben dann stets größere Grabgruppen, wurden<br />

also nicht für eine einzelne Person angelegt, wie beispielsweise die Grabungen in Netzeband,<br />

Ldkr. Ostvorpommern, zeigen konnten (Abb. 30).<br />

In der folgenden römischen Kaiserzeit setzt sich zunächst die Sitte der Brandbestattung fort.<br />

Gräber mit Steinschutz gehören jetzt zu den Ausnahmen, die Urnen wurden in der Regel frei<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 21


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 22<br />

Abb. 31. Körpergrab in einer Holzkammer<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 17)<br />

in den Boden gesetzt. Im Bereich der Lüneburger Heide gibt es aber während des 3.-5. Jh.<br />

auch sogenannte Buckelgräber mit ehemals flacher Überhügelung vor, von denen aber häufig<br />

nur noch der Kreisgraben und die im Zentrum deponierte Urne nachweisbar sind. Obertägig<br />

erhaltene Buckelgräber kommen noch bei Boltersen, Ldkr. Lüneburg, vor.<br />

Auch während der römischen Kaiserzeit enthalten die Urnen überwiegend Bestandteile der<br />

Bekleidung, zuweilen auch Waffen, meist deformiert. Seltener wurde der Leichenbrand in<br />

römischen Metallgefäßen (z. B. Hemmoorer Eimer) deponiert. Außer den Brandgräbern gibt<br />

es offenbar für herausragende Persönlichkeiten (weniger in der frühen, häufiger in der späten<br />

Kaiserzeit) Körpergräber. Sie zeichnen sich im Allgemeinen durch besonders reiche<br />

Ausstattung aus, sodass der Begriff Fürstengräber dafür geprägt wurde. Meist gehört auch<br />

römisches Importgut zu den Grabausstattungen, in der Masse wohl als „echte“ Beigaben ins<br />

Grab gelangt. Ein solches Gräberfeld wurde in Neudorf-Bornstein, Kr. Rendsburg-Eckernförde,<br />

untersucht. Es umfasst vier Körpergräber aus der 2. Hälfte des 3. Jh., die reich mit<br />

Beigaben, darunter Goldringe, Prachtgürtel und Silberfibel sowie römischen Importgegenständen<br />

ausgestattet waren. Aus der Völkerwanderungszeit liegen in <strong>Norddeutschland</strong> überwiegend<br />

Urnenbestattungen vor. Bei Westerwanna, Ldkr. Cuxhaven, ist einer der größten<br />

frühgeschichtlichen Bestattungsplätze im Norden Deutschlands ausgegraben worden. Mit<br />

Schwerpunkt im 4./5. Jh. wurden dort mehr als 3000 Personen beerdigt. Exponierte Persönlichkeiten<br />

wurden aber, wie schon in der Kaiserzeit, durchaus in Körpergräbern beigesetzt.<br />

Seit der vorrömischen Eisenzeit und während der ganzen römischen Kaiserzeit gibt es außer<br />

einfachen Urnengräbern und kleinen Gruppen von Körpergräbern (Abb. 31) auch noch spezielle<br />

Bestattungssitten. Einflüsse aus den östlich anschließenden Gebieten spiegeln sich in<br />

sogenannten Brandgrubengräbern wider (Abb. 32): einfachen kleinen Grabmulden, in denen<br />

die Scheiterhaufenreste mit Leichenbrand und den üblichen Trachtenbestandteilen de-


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 32. Brandgrubengrab. Bestattung ohne Urne<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 18).<br />

Abb. 33. Brandschüttungsgrab. Über die Urne wurden<br />

die Scheiterhaufenreste geschüttet (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 19).<br />

poniert wurden. Tongefäße als Urnen fehlen in diesen oft unscheinbaren Gräbern, die vornehmlich<br />

aus dem Osten Mecklenburg-Vorpommerns belegt sind.<br />

Eine Zwischenform von Urnen- und Brandgrubengrab ist das Brandschüttungsgrab, welches<br />

bereits seit der jüngeren Bronzezeit weit verbreitet ist (Abb. 33): über eine in die Grabmulde<br />

gesetzte Urne werden die Scheiterhaufenreste geschüttet. Dadurch ergibt sich eine größere<br />

schwarz gefärbte Grube, in deren Zentrum die Urne steht. In derartigen Brandschüttungsgräbern<br />

finden sich Teile des metallenen Bekleidungszubehörs durchaus auch außerhalb der<br />

Urne in der eigentlichen Schüttung. Brandgrubengräber haben oft nur einen geringen Anteil<br />

an Leichenbrand, sodass bei der Bergung besondere Sorgfalt erforderlich ist. Zuweilen lässt<br />

er sich nur noch als winzige weiße Partikelchen im schwarzen Sand erfassen.<br />

In Niedersachsen kommen auf den sächsischen Gräberfeldern vom 4. Jh. bis ins 9. Jh. neben<br />

Brand- auch Körperbestattungen vor („gemischt belegte Friedhöfe“) wie z. B. in Liebenau,<br />

Ldkr. Nienburg. Die Körpergräber (Reihengräber) sind in der Regel Süd-Nord, später<br />

West-Ost ausgerichtet, zuweilen orientieren sie sich aber auch an Grabhügeln mit Brandbestattungen.<br />

Auf dem Friedhof in Liebenau wurden außer 310 Brandgräbern auch 140 Süd-<br />

Nord und 67 West-Ost ausgerichtete Körpergräber freigelegt, außerdem zwölf Pferde- und<br />

sechs Hundegräber aus dem 8. Jh. Eine Besonderheit stellen hier auch die Scheiterhaufengräber<br />

dar. Das spätsächsische Gräberfeld von Rullstorf, Ldkr. Lüneburg, enthielt außergewöhnliche<br />

Tierbestattungen: zwei Gräber mit Dreifachpferdebestattungen, ein Grab mit<br />

sechs Hundebestattungen (Jagdmeute?) und ein Grab mit einem aufgeschirrten Hirsch<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 23


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

(Lockhirsch?). Den Kanon der Bestattungssitten komplettieren besonders in Niedersachsen<br />

wieder die Hügelgräber, von denen teilweise ältere Monumente wieder verwendet wurden.<br />

Auffällig ist die häufige Anlehnung der Friedhöfe an ältere Bestattungsplätze wie Megalithgräber<br />

oder bronzezeitliche Grabhügel (z. B. Flögeln, Ldkr. Cuxhaven).<br />

Einen Hinweis auf die stark eingeschränkte Überlieferung organischen Materials durch die<br />

Kremation und Bodenverhältnisse geben die einzigartigen Funde der Fallward, Ldkr. Cuxhaven.<br />

In den völkerwanderungszeitlichen Körpergräbern waren durch den feuchten Marschboden<br />

auch Textilien und hölzerne Objekte wie z. B. Möbel exzellent konserviert.<br />

Die Sitte der Reihengräberbestattungen, die erst Süd-Nord und dann West-Ost orientiert<br />

sind, setzt im südlichen und südöstlichen Niedersachsen während des 6. Jh. ein. Die Körpergräber<br />

sind dann in Reihen angelegt, ähnlich unseren heutigen Friedhöfen. Meist wurden<br />

die Verstorbenen auf dem Rücken liegend beigesetzt, wobei den Männern in der Regel<br />

Schnallen, Messer, Kämme und gelegentlich Waffen mitgegeben wurden. Aus Frauenbeisetzungen<br />

stammen neben Messern und Kämmen auch Fibeln, Perlenketten, Spinnwirtel und<br />

Schlüssel. Zuweilen finden sich auf derartigen Friedhöfen auch Pferdegräber. Im friesischen<br />

Siedlungsbereich variiert die Ausrichtung der Gräber über einen längeren Zeitraum hinweg.<br />

Hier ordnen sich die Körperbestattungen vielfach radial um überhügelte Brandbestattungen<br />

an. Innerhalb der Friedhöfe sind in dieser Phase Familiengruppen zu erkennen. Erst im Verlauf<br />

des 9. Jh. setzt sich die Körperbestattung hier endgültig durch<br />

In der Karolingerzeit dominiert die Reihengräberbestattung weiterhin, allerdings versiegt mit<br />

der Durchsetzung des Christentums allmählich die Beigabensitte. Die Toten wurden nun<br />

nicht mehr vollständig bekleidet bestattet, sondern sind lediglich mit einem Taufhemd oder<br />

einem Leichentuch umhüllt. Frühmittelalterliche Friedhöfe der Merowinger- und Karolingerzeit<br />

lagen in der Regel außerhalb der mittelalterlichen Dörfer. Nach Aufgabe dieser Friedhöfe<br />

wurden die Verstorbenen dann in unmittelbarer Nähe der Kirche bestattet.<br />

Im slawischen Siedlungsbereich Nordostdeutschlands wurden die Toten hingegen noch bis<br />

etwa um 1000 n. Chr. verbrannt. Dazu gibt es ganz unterschiedliche Beisetzungsformen, die<br />

erst in den letzten Jahrzehnten intensiv erforscht wurden. Leichenbrandreste wurden z. B. in<br />

Urnen bewahrt, die man aber nicht eingrub, sondern oberhalb eines flachen Grabhügels, der<br />

zuweilen eine quadratische bis rechteckige Steinumrahmung aufweist, auf einem Pfosten<br />

deponierte. Sobald dieser einknickte oder die Urne aus anderen Gründen herabstürzte, zerschellte<br />

das Gefäß und der Leichenbrand ist dann verstreut an der Hügeloberfläche oder<br />

unmittelbar darunter nachweisbar. Es gibt aber auch Hinweise, dass Urnen bis in den Graben,<br />

der den Aushub für den Hügel dokumentiert, fielen und dort fast unversehrt liegenblieben.<br />

Eine weitere Bestattungsform der älteren Slawenzeit sind Brandschichtengräber. Hierzu hob<br />

man tiefe Gruben aus, die offenbar über längere Zeit benutzt wurden und gelegentlich Größen<br />

aufwiesen, die bis an ein Grubenhaus heranreichen. Es sind aber immer wieder in einzelnen<br />

Straten der Grubenfüllung Leichenbrandpartikel nachweisbar. Zuweilen findet sich auf<br />

dem Boden der Grube auch ein Körpergrab, in der Regel eine Kinderbestattung.<br />

Etwa nach dem Jahr 1000 setzt sich auch im slawischen Gebiet die Körperbestattung durch<br />

(Abb. 34) und es entstehen auch hier Reihengräberfriedhöfe, die jedoch sehr arm an Beigaben<br />

sind. In der Regel wurden Männer, Frauen und Kinder gemeinsam auf einem Friedhof<br />

bestattet, nur in Dämelow, Ldkr. Nordwestmecklenburg, scheinen ausschließlich Männer bei<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 24


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 25<br />

Abb. 34. Körpergrab mit erkennbarer Grabgrube<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 20).<br />

gesetzt worden zu sein. An Beifunden enthielten die Gräber metallene Bestandteile der Bekleidung<br />

bzw. Gegenstände, die am Körper getragen wurden wie Messer und Wetzsteine.<br />

Als Schmuckformen sind die typischen Schläfenringe hervorzuheben, daneben auch einzelne<br />

Hals- und etwas häufiger Fingerringe. Messer hatten in der Regel Lederscheiden, die zur<br />

Spitze (dem Ort) hin durch Bronzebeschläge gefestigt waren. Derartige Messerscheidenbeschläge<br />

kennen wir in äußerst differenzierter Form aus slawischer Zeit. Recht selten sind aus<br />

der slawischen Siedlungsperiode reicher ausgestattete Körpergräber, wobei dann Schwerter<br />

und Sporen in den Männergräbern, Glasperlen, Ketten und mehrere Schläfenringe in den<br />

Frauengräbern nachweisbar sind (z. B. Usedom, Ldkr. Ostvorpommern, oder Oldenburg, Kr.<br />

Ostholstein).<br />

Im Küstenbereich kommen weitere Bestattungsformen hinzu, die skandinavischen Einfluss<br />

dokumentieren. Es gibt inzwischen mehrere Hinweise auf Seehandelsplätze, an denen wi-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

kingische Familien gelebt haben, die ihre Toten nach Wikingerritual bestattet haben, vielfach<br />

in Brandgräbern. Als Urnen benutzte man allerdings gerne slawische Tongefäße, also die<br />

übliche Tonware aus der Umgebung des Platzes. In Menzlin, Ldkr. Ostvorpommern, konnten<br />

skandinavische Bootsgräber in Form ovaler Steinsetzungen mit erhöhten Bug- und Hecksteinen<br />

nachgewiesen werden. Andere Bestattungsformen in Menzlin sind Steinkreise und<br />

einzelne freistehende Urnen neben großen Findlingen. In Groß Strömkendorf, Ldkr. Nordwestmecklenburg,<br />

sind zahlreiche Grabhügel mit mehr als 300 Gräbern – sowohl Körper- als<br />

auch Brandbestattungen – untersucht worden. Dort wurden aber auch 14 Tiergräber (Hunde<br />

und Pferde) sowie sechs Bestattungen mit Boot aufgedeckt, die als Hinweis auf den hohen<br />

Anteil von Menschen friesisch-sächsischer bzw. skandinavischer Herkunft gewertet werden.<br />

In noch stärkerem Maße ist dieser skandinavische Einfluss im Bestattungsritual im Norden<br />

Schleswig-Holsteins im Umfeld von Haithabu bei Schleswig im Kreis Schleswig-Flensburg zu<br />

fassen.<br />

Tiergräber aus slawischem Kontext sind für Jesendorf, Ldkr. Nordwestmecklenburg, belegt,<br />

wo auf einem jungslawischen Friedhof des 12. Jh. neben der Bestattung eines einzelnen<br />

Rindes auch die Bestattung eines 20 jährigen Mannes aufgedeckt wurde, auf dessen Unterleib<br />

ein etwa 4 Jahre altes männliches Rind gelegt worden war.<br />

Im deutschen Mittelalter Nordostdeutschlands dominiert dann im gesamten norddeutschen<br />

Raum die Körperbestattung. Ihre Orientierung wechselt durch den Einfluss des Christentums<br />

von Nord-Süd bei den germanischen Gräbern (und zum großen Teil auch bei den slawischen<br />

Körpergräbern) auf Ost-West. Die Mitgabe von Ausrüstungsgegenständen ist jetzt nicht mehr<br />

die Regel, wir treffen fast nur noch auf die Skelette, was deren Datierung erschwert. Findet<br />

man solche Bestattungsgruppen im Zusammenhang mit frühen Kirchen, ist die Deutung einfacher.<br />

Es gibt aber auch spätmittelalterliche Körpergräber außerhalb der heutigen Dorfstrukturen,<br />

deren chronologische Einordnung zuweilen sehr schwierig ist. Ähnliches gilt für Massengräber<br />

jüngerer Zeit, in denen Opfer von Seuchen wie Pest und Cholera sowie kriegerischer Ereignisse<br />

wie dem Dreißigjährigen Krieg beerdigt wurden.<br />

Eine Besonderheit bei den Bestattungen stellen die mittelalterlich-frühneuzeitlichen Richtstätten<br />

dar, in deren Umfeld, wie ein Beispiel aus Salzhausen, Ldkr. Harburg zeigt, die Gerichteten<br />

- oft in ungewöhnlicher Art und Weise - niedergelegt wurden.<br />

<strong>11.2</strong>.2 Siedlungswesen<br />

Ein Ziel archäologischer Forschung besteht darin, Klarheit über Form und Aufbau der Siedlungen<br />

aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit zu erlangen. In der Vergangenheit wurden vielfach<br />

eher Gräberfelder und Befestigungen untersucht, weniger die oft schwer erkenn- und<br />

nur großflächig erfassbaren Siedlungskomplexe. In den letzten Jahrzehnten ist diesbezüglich<br />

allerdings ein deutlicher Wandel feststellbar. Großflächige Grabungen – im Rahmen mehrjähriger<br />

Forschungsprojekte oder im Verlauf großer Infrastrukturbauvorhaben – förderten ein<br />

umfangreiches Quellenmaterial zutage, das viele neue Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichte<br />

erlaubte. Aufgrund dessen rückt die Siedlungsarchäologie seither verstärkt in den Focus<br />

der archäologischen Forschung. Insbesondere die Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

Nachbardisziplinen wie der Paläobotanik, der Bodenkunde und Vegetationsgeschichte ermöglichte<br />

umfassende Einblicke in die Entwicklung der Besiedlung und Kulturlandschaft in<br />

<strong>Norddeutschland</strong>.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 26


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

In Niedersachsen reichen die frühesten Spuren bis ins Altpaläolithikum zurück. Die ältesten<br />

Lagerplätze sind allerdings noch keine Siedlungen mit festen Häusern, sondern dienten eher<br />

für kurzfristige Aufenthalte. Aus der Zeit des Homo erectus (ca. 400.000 Jahre alt) stammen<br />

Lagerplätze aus Schöningen, Ldkr. Helmstedt, die z. B. durch Konzentration von Jagdbeuteresten<br />

(Tierknochen), bearbeiteten Holzgeräten, Feuersteinartefakten und Feuerstellen gekennzeichnet<br />

sind. Hinweise auf Behausungen, beispielsweise Zelte, fehlen bisher für diese<br />

Zeit.<br />

Dasselbe gilt für mittelpaläolithische Fundstellen wie Salzgitter-Lebenstedt oder Ochtmissen,<br />

Ldkr. Lüneburg.<br />

Nur wenige gesicherte Behausungsgrundrisse in Zeltform, die durch einen Kranz von Steingeröll<br />

oder einen Erdwall begrenzt sind, liegen aus dem Jungpaläolithikum vor (Ahrensburg<br />

bei Hamburg). Aus Dörgen, Ldkr. Emsland, und Querenstede, Ldkr. Ammerland, sind flache<br />

Eintiefungen als Behausungsreste bekannt.<br />

Sichere Befunde, die auf Behausungsstrukturen hinweisen, sind auch im Spätpaläolithikum<br />

selten: z. B. in Deimern, Ldkr. Soltau-Fallingbostel, als flache Mulde von 3,8 m x 3 m mit außerhalb<br />

liegenden Herdstellen (Abb. 35) oder in Meppen-Nödicke, Ldkr. Emsland, als fundfreie<br />

kreisförmige Zone von 3 m Durchmesser innerhalb einer dichten Artefaktstreuung. Ähnlich<br />

unklar sind die bisherigen Befunde aus Emslage und Bramsche, Ldkr. Emsland, Eversen,<br />

Ldkr. Celle, und Ehlingen, Ldkr. Lüneburg (Abb. 36).<br />

Aus dem Spätmesolithikum sind jedoch rundliche, durch kleine Pfostenstandspuren gebildete<br />

Hüttengrundrisse von den Retlager Quellen, Ldkr. Detmold (Abb. 37) bekannt.<br />

Für den Hausbau der Bandkeramik gibt es dann aber aus den Lössgebieten im südlichen<br />

Niedersachsen vielfältige Belege für Gebäude von beträchtlicher Größe. In der Regel waren<br />

es rechteckige Pfostenbauten (Abb. 38), sodass es bei Überschneidungen von Gebäuden<br />

zuweilen schwierig ist, die Pfosten einzelnen Strukturen zuzuordnen. Häufig ist die Lage der<br />

Häuser durch langgestreckte, parallel zu den Längswänden der Häuser verlaufende fundreiche<br />

Siedlungsgruben („hausbegleitende Gruben“) lokalisierbar. Neben weilerartigen Siedlungen<br />

kommen dicht besiedelte dorfartige Wohnplätze vor. In Esbeck, Ldkr. Helmstedt, war ein<br />

Teil des bandkeramischen Wohnplatzes durch ein doppeltes Grabensystem (Erdwerk) befestigt<br />

(Abb. 39). Der Pfostenbau setzt sich auch in anderen neolithischen Kulturgruppen fort.<br />

Hausgrundrisse der Rössener Kultur liegen aus Esbeck/Schöningen, Ldkr. Helmstedt, vor.<br />

Dort wurden außer Siedlungsgruben und Siedlungsresten Grundrisse von vier großen aus<br />

Pfosten errichteten Häusern freigelegt. Neben einem schiffsförmigen Grundriss von 40 m<br />

Länge kamen drei trapezförmige Hausgrundrisse mit leicht ausgebogenen Langwandgräbchen<br />

und 20 m bis 30 m Länge zutage. Außerdem konnte auf diesem Siedlungsplatz ein Palisadengräbchen<br />

auf 60 m Länge nachgewiesen werden, vermutlich Teil einer Umhegung<br />

oder Befestigung (Abb. 40).<br />

Aus der Trichterbecherkultur sind Rechteckhäuser bekannt. Pfostengruben und Wandgräbchen<br />

zeigen eine Unterteilung der Häuser in mehrere Räume an (Flögeln, Ldkr. Cuxhaven,<br />

Abb. 41; und Pennigbüttel, Ldkr. Osterholz). Eine ähnliche Raumaufteilung hat der Grundriss<br />

eines Pfostenhauses von Wittenwater, Ldkr. Uelzen, der abgerundete Schmalseiten aufweist.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 27


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 35. Deimern, Ldkr. Soltau-Fallingbostel. Lebensbild des Rentierjägerlagerplatzes Deimern<br />

45 und Rekonstruktion nach den Grabungsbefunden (Schoknecht u. Möller 1998, Abb.<br />

21).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 28


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 29<br />

Abb. 36. Rehlingen, Ldkr. Lüneburg.<br />

Mesolithischer Siedlungsbefund.<br />

Möglicherweise Reste eines<br />

Hüttengrundrisses mit halbkreisförmiger<br />

Pfostenreihe und Herdstelle<br />

(Schoknecht u. Möller 1998,<br />

Abb. 22).<br />

Abb. 37. Mittelsteinzeitlicher Hüttengrundriss<br />

an den Relager<br />

Quellen bei Detmold (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 23).<br />

Von der im östlichen Niedersachsen vorkommenden Schönfelder Kultur ist der Grundriss eines<br />

rechteckigen Pfostenhauses von 25 m Länge bekannt (Schöningen, Ldkr. Helmstedt).<br />

Zu dem Siedlungsplatz gehört ein Palisadengräbchen mit einem Durchlass von 1 m Breite.<br />

Die frühbronzezeitliche Aunjetitzer Kultur hinterließ ebenfalls rechteckige Pfostenhäuser (Esbeck,<br />

Ldkr. Helmstedt [Abb. 42]; Hitzacker, Ldkr. Lüchow-Dannenberg).<br />

Für die Frühbronzezeit sind aus Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile vier gut erhaltene<br />

Hausbefunde bekannt. Es handelt sich dabei um zweischiffige Pfostenbauten mit gerundet


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 30<br />

Abb. 38. Ebenerdiges Pfostenhaus<br />

mit doppelter Pfahlreihe. Die äußere<br />

Pfostenreihe trug zusammen mit<br />

den im Haus befindlichen Pfosten<br />

für die Bindejoche die Dachkonstruktion.<br />

An der inneren Pfostenreihe<br />

verlief die Flechtwand. Länge<br />

ca. 35 m (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 24).<br />

Abb. 39. Grabungsplan des linienbandkeramischen<br />

Siedlungsplatzes<br />

von Esbeck, Ldkr. Helmstedt, mit<br />

den untersuchten Gruben und einer<br />

doppelten Grabenanlage. Diese<br />

umfasst eine Fläche von ungefähr<br />

1,7 ha (Schoknecht u. Möller 1998,<br />

Abb. 25).


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 40. Esbeck Ldkr. Helmstedt,. Grabungsplan des großen Siedlungsplatzes der Rössener<br />

Kultur (Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 26).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 31<br />

Abb. 41. Rechteckhaus der Trichterbecherkultur<br />

aus Flögeln, Ldkr. Cuxhaven<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 27).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 42. Esbeck Ldkr. Helmstedt,. Ausschnitt aus dem Grabungsplan des Siedlungsplatzes<br />

der Aunjetitzer Kultur (Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 28).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 32<br />

Abb. 43. Rothenkirchen, Ldkr.<br />

Rügen. Zweischiffiger Hausgrundriss<br />

aus der Zeit um 1900<br />

v. Chr. (LaKD MV).<br />

rechteckigem Umriss und Größen von 16 x 5 m bis 21 x 6 m bzw. 29 x 5,5 m. Insbesondere<br />

die Befunde aus Rothenkirchen und Götemitz, Ldkr. Rügen, sind außerdem durch engstehende<br />

Wandpfosten, die bei dem Haus von Rothenkirchen nicht selten paarig stehen, und Eingänge<br />

an den Langseiten gekennzeichnet (Abb. 43). Der Befund von Dämelow, Ldkr. Nordwestmecklenburg,<br />

lässt außerdem eine Quergliederung des Hauses erkennen. Die Pfostengruben des<br />

Hauses von Rothenkirchen enthielten große Mengen an botanischen Makroresten, die nicht nur<br />

zeigen, dass vornehmlich Spelz- und Nacktgerste sowie Emmer angebaut wurden, sondern<br />

auch andeuten, dass innerhalb des Hauses unterschiedliche Arbeitsschritte der Getreideverarbeitung<br />

stattfanden, die zudem räumlich voneinander getrennt vollzogen wurden.<br />

Auch während der jüngeren Bronzezeit wurden in Mecklenburg-Vorpommern die Häuser<br />

vornehmlich in zweischiffiger Bauweise errichtet (Abb. 44). Die Siedlungen sind zwar weiter-


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 44. Kessin, Ldkr. Demmin. Jungbronzezeitlicher Hausgrundriss während der Ausgrabung<br />

(LaKD MV).<br />

hin durch zweischiffige Langhäuser gekennzeichnet, doch gibt es fortan neben den Langhäusern<br />

auch fast immer Nebengebäude – zumeist in Gestalt einfacher Speicherbauten, seltener<br />

aber auch als kleinere zweischiffige Nebengebäude.<br />

Eines der am besten erhaltenen Gebäude wurde in Gützkow, Ldkr. Ostvorpommern, entdeckt.<br />

Es handelt sich um ein 23 x 6 m großes, Nordnordwest-Südsüdost ausgerichtetes<br />

Haus der Periode IV/V. Der Grundriss ist zweischiffig aufgebaut und umfasst 68 Pfostengruben,<br />

die im Wandverlauf sehr eng stehen und mehrere Eingangsbereiche erkennen lassen.<br />

Ansonsten ließ sich keine Innengliederung, z. B. Querriegel oder die Abteilung von Viehboxen,<br />

ermitteln. Allerdings fanden sich im nördlichen Drittel des Hauses Hinweise auf eine<br />

Feuerstelle. Des Weiteren lag dort eine Vorratsgrube innerhalb, eine weitere unmittelbar außerhalb<br />

des Hauses.<br />

Eine stärkere Innengliederung zeigt sich bei den Häusern von Wüsteney, Ldkr. Nordvorpommern,<br />

die mittels 14 C-Analyse der Periode VI zugewiesen wurden (Abb. 45). Auch sie<br />

sind zweischiffig konstruiert und haben eng stehende Wandpfosten, doch besitzen sie im Innern<br />

außerdem mehrere massive Querriegel, die offenbar nicht nur einen Teil der Dachlast<br />

aufnahmen, sondern auch den Innenraum des Hauses gliederten.<br />

Zweischiffige Grundrisse sind für die Bronzezeit auch aus Skandinavien, Niedersachsen und<br />

den Niederlanden bekannt, doch kommen sie dort dann fast ausschließlich während der frühen<br />

und vereinzelt der älteren Bronzezeit vor. Während der jüngeren Bronzezeit finden sich<br />

zweischiffig konstruierte Langhäuser nur noch in Mecklenburg-Vorpommern sowie den südwestlich<br />

anschließenden Teilen Niedersachsens und Brandenburgs. In diesen Regionen hat<br />

sich das dreischiffige Wohn-Stall-Haus erst deutlich später durchgesetzt. Nur im äußersten<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 33


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 45. Wüsteney, Ldkr. Nordvorpommern. Rekonstruktion des zweischiffigen, quergegliederten<br />

Hauses (Autobahn 2005, S. 58 Abb. 3).<br />

Nordwesten des Landes sind aus Klein Siemz, Ldkr. Nordwestmecklenburg, und der Hansestadt<br />

Wismar, sichere dreischiffige Hausbefunde der jüngeren Bronzezeit anzuführen. Diese<br />

Bauform scheint für den westlich anschließenden Raum hingegen typisch (z. B. Handewitt,<br />

Kr. Schleswig-Flensburg), denn ab der mittleren Bronzezeit sind die Häuser von den Niederlanden<br />

bis nach Skandinavien fast ausnahmslos dreischiffig gestaltet.<br />

In Rodenkirchen, Ldkr. Wesermarsch, konnten beispielsweise drei dreischiffige Häuser freigelegt<br />

werden. Es handelt sich dabei um größere Pfostenbauten (Haus C hat eine Länge<br />

von 15 m) mit Viehboxen (Abb. 46). Durch das feuchte Milieu hatte sich das organische Material<br />

dort hervorragend erhalten, so dass eindrucksvolle Einblicke in die Konstruktionsdetails<br />

der Häuser und die Lebensumstände der Bewohner möglich waren. In einem Fall wurde eine<br />

3 cm starke Binsenmatte als Bodenbelag festgestellt. Auch waren die Häuser von Zäunen<br />

umgeben, die mehrfach erneuert wurden. Die umfangreichen Funde erbrachten beispielsweise<br />

den Beleg für die Tätigkeit eines Bronzeschmieds.<br />

Auch von der vorrömischen Eisenzeit bis ins Mittelalter kommen in der Marsch (z. B. Jemgum<br />

und Boomborg-Hatzum, Ldkr. Leer; Wurt Feddersen-Wierde, Ldkr. Cuxhaven) und auf<br />

der Geest (Flögeln, Ldkr. Cuxhaven) dreischiffige Langhäuser vor, z. T. mit abgetrenntem<br />

Stallteil (Abb. 47). Diese meist West-Ost ausgerichtete Form bleibt während der römischen<br />

Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit in weiten Teilen <strong>Norddeutschland</strong>s der dominierende<br />

Haustypus. Interessant ist, dass ähnliche Konstruktionsdetails und Abmessungen der Häuser<br />

über große Entfernungen auftreten können. Nur in den südlicher gelegenen Regionen<br />

kommen auch weiterhin zweischiffige Typen vor.<br />

Durch die großflächigen Ausgrabungen von Flögeln (11,5 ha) und Loxstedt, Ldkr. Cuxhaven<br />

(16 ha), ist es möglich, die Strukturen der dörflichen Siedlungen zu verstehen. Um Christi<br />

Geburt bestand dort jeweils eine Streusiedlung aus Einzelgehöften. Aus diesen Keimzellen<br />

entstand im Verlauf des 1./2. Jh. eine Dorfanlage aus sechs bis sieben Höfen mit 15-20<br />

Wohn-Stall-Häusern. Dabei verlagerte sich das Dorfareal (Abb. 48) in den nachfolgenden<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 34


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 46. Rodenkirchen, Ldkr. Wesermarsch. Stallteil des jungbronzezeitlichen Hauses<br />

(Foto: D. Dallasera, NIhK).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 35<br />

Abb. 47. Wohnstallhaus. Dreischiffiges Hallenhaus<br />

mit Herd im Wohnteil und Stallbereich.<br />

Viehboxen beiderseits des Mittelganges.<br />

Länge ca. 17 m (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 30).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 48. Flögeln, Ldkr. Cuxhaven. Dorf des 2./3. Jh. (Zimmermann 1997, 450, Abb. 11).<br />

Jahrhunderten kleinräumig, so dass auch von „wandernden Siedlungen“ gesprochen wird.<br />

Die Häuser erreichen teilweise beträchtliche Ausmaße wie Beispiele aus Flögeln zeigen<br />

(Länge bis zu 63,5 m und Fläche von bis zu 337 m²). In der Völkerwanderungszeit ist hier die<br />

Zunahme von Grubenhäusern auffällig. Das Dorf von Flögeln wird im frühen 6. Jh. verlassen,<br />

während in Loxstedt - im norddeutschen Flachland bislang einzigartig – auch eine durchgängige<br />

Besiedlung im 6./7. Jh. nachgewiesen werden konnte. Erst im 10. Jh. wird dieser Siedlungsplatz<br />

aufgegeben; die Aktivitäten verlagern sich nun in den Bereich des heutigen Dorfes,<br />

welches im 11. Jh. erstmalig schriftlich erwähnt wurde.<br />

Zu einem Gehöft der römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit gehören neben dem<br />

Langhaus auch Zaunanlagen und Nebengebäude. Charakteristisch sind insbesondere Speicherbauten<br />

vom 4- bis 20-Pfostentyp, in denen die Getreidevorräte sicher vor Schädlingen<br />

aufbewahrt werden konnten (Abb. 49-50). Wiederholt werden auch die Pfostengruben von<br />

Rutenbergen angetroffen.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 36


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 49. Feddersen-Wierde, Dalem u. Flögeln, Ldkr. Cuxhaven. Typen frühgeschichtlicher<br />

Speicher (Zimmermann 1992, 245, Abb. 191).<br />

Insbesondere durch die Auswertung von Luftbildern gelang es, die zu den Siedlungen gehörigen<br />

Ackerfluren, die „celtic fields“, zu entdecken. Es handelt sich dabei um Ackerflächen<br />

unterschiedlicher Größe, die von künstlichen Erdwällen eingefasst sind. Die Flursysteme eines<br />

Dorfes können Größen von 100 ha erreichen.<br />

Bedingt durch den steigenden Meeresspiegel waren die Bewohner der fruchtbaren Nordseemarschen<br />

ab der älteren römischen Kaiserzeit gezwungen, ihre Siedlungsplätze zu erhöhen,<br />

um vor den Sturmfluten sicher zu sein. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden durch die<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 37


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 50. Nachbau eines gestelzten Vier-Pfosten-Speichers (Foto: J.P. Schmidt).<br />

Abb. 51. Idealisierter Aufbau einer frühgeschichtlichen Wurt (Grafik: NIhK).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 38


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 52. Feddersen-Wierde, Ldkr. Cuxhaven. Schichtenaufbau der Wurt des 1.-5. Jh. (Foto:<br />

NIhK).<br />

kontinuierliche Erhöhung mit Klei und Dung künstliche Siedlungshügel („Wurten“ oder „Warften“)<br />

von beträchtlicher Höhe (Abb. 51). Hier sind z. T. sehr komplexe Straten enthalten, in<br />

denen organisches Material hervorragend konserviert ist (Abb. 52). Der Wurtenbau endete<br />

erst während des Hochmittelalters, als die Nordseemarschen durch einen geschlossenen<br />

Seedeich geschützt wurden. Bereits während des 11. Jh. begann in <strong>Norddeutschland</strong> der<br />

Bau der ersten Deiche, die allerdings vorerst nur die Fluren der jeweiligen Siedlung schützten.<br />

Einen Einblick in die dörflichen Siedlungsstrukturen des frühen und hohen Mittelalters erlauben<br />

die Befunde der Wüstung Dalem, Ldkr. Cuxhaven. Das im 7. Jh. gegründete frühmittelalterliche<br />

Dorf ist durch die Bebauung mit rechteckigen Häusern mit umlaufendem Wandgraben,<br />

Grubenhäusern, Nebengebäuden und Speichern gekennzeichnet (Abb. 53). Hinzu<br />

kommt ein östlich gelegenes Körpergräberfeld. 200 Jahre später ist das schiffsförmige Pfostenhaus<br />

charakteristisch. Ab dem 13. Jh. ist hier dann der Übergang von der Pfosten- zur<br />

Ständerbauweise nachzuvollziehen.<br />

Im slawischen Kulturbereich ist außer dem Pfostenhaus, dessen Wände oft durch Flechtwerk<br />

geschlossen waren, der Blockbau stark vertreten. Diese Hausform ist jedoch besonders<br />

schwer nachzuweisen, da sie normalerweise im Erdreich – sofern der Hausboden nicht leicht<br />

eingetieft ist - kaum Spuren hinterlässt. In Feuchtgebieten jedoch, auf Inseln oder in Niederungen,<br />

können die unteren Blocklagen erhalten sein, sodass Sicherheit über den Aufbau<br />

der Gebäude besteht. Neben diesen grundsätzlich aus Holz gefertigten Häusern kommen im<br />

Mittelalter vereinzelt auch erste Steinkonstruktionen auf, meist in Form von Kellern überliefert<br />

(Abb. 54-55).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 39


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 53. Dalem, Ldkr. Cuxhaven. Dorf des 7./8. Jh. (Zimmermann 1997, 455, Abb. 16).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 40<br />

Abb. 54. Mittelalterliches Wohnhaus mit<br />

Steinfundament. Länge ca. 7 m (Schoknecht<br />

u. Möller 1998, Abb. 31).


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 55. Penkun, Ldkr. Uecker-Randow. Feldsteinkeller in Trockenbauweise mit rampenartigem<br />

Einstieg (Entdeckungen 2009, S. 220 Abb. 3).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 41<br />

Abb. 56. Papendorf, Ldkr. Uecker-<br />

Randow. Slawenzeitliche Vorratsgrube<br />

mit birnenförmigem Profil<br />

(Autobahn 2005, S. 168 Abb. 4).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 57. Groß Zastrow, Ldkr. Demmin. Slawenzeitliche Teersiedegrube im Befund sowie<br />

der schematischen Umsetzung der Funktionsweise (Autobahn 2005, S. 190 f. Abb. 2-3).<br />

Außer den beschriebenen obertägigen Häusern gibt es das Grubenhaus. Diese meist kleinräumigen<br />

Gebäude waren etwa zur Hälfte der aufgehenden Wandung in die Erde eingetieft.<br />

Es gibt sie in unterschiedlichen Konstruktionen, z.B. als 6-Pfosten-Häuser, wobei sich die<br />

Pfosten an den Giebeln der Gebäude orientieren. Selten haben die Grubenhäuser Herdstellen,<br />

sodass sie meist als Produktionsräume angesehen werden können. Webhäuser sind<br />

beispielsweise durch Webgewichte nachgewiesen. Herd- und Feuerstellen sind oft der einzige,<br />

ihre typischen, zerglühten Feldsteine und die tiefschwarzen Flecken meist der erste Hinweis<br />

auf das Vorhandensein einer Siedlung.<br />

Zu einem Siedlungskomplex gehört meist eine Vielzahl unterschiedlich geformter Gruben,<br />

deren Funktion oft nur in Ansätzen erkennbar ist. Offenbar wurden sie häufig nach ihrer Primärnutzung<br />

sekundär als Abfallgruben genutzt, sodass der ursprüngliche Verwendungszweck<br />

überlagert und nicht mehr erfassbar ist. In der Kaiserzeit treten über 2 m tiefe Lehmentnahmegruben<br />

auf. Ein besonderer Typ zeichnet sich in den Getreidespeichern des slawischen<br />

Kulturbereichs ab: Diese bis zu 3 m tiefen Gruben sind im unteren Teil birnenförmig<br />

erweitert (Abb. 56). An der Oberfläche zeigen sie sich in der Regel nur als dunklere Verfärbung<br />

von etwa 1 m Durchmesser. Diese in den Lehm eingetieften oder damit ausgekleideten<br />

Gruben bargen im unteren Drittel Getreidevorräte. Oben wurden sie durch Holzplatten mit<br />

Lehmverstrich geschlossen und oft mit einem Stein abgedeckt. Ebenfalls aus dem slawischen<br />

Mittelalter stammen Gruben, in denen Teer produziert wurde (Abb. 57).<br />

Ein weiteres Element in ur- und frühgeschichtlichen Siedlungen sind die Brunnen. Es gab<br />

schon in der Bandkeramik, wie der hervorragende Fund von Erkelenz zeigt, aufwendige Bauten.<br />

In der Regel handelt es sich um Holzbrunnen unterschiedlicher Form, in deren Sohlbereich<br />

sich nicht nur Reste der Einbauten, sondern bisweilen auch organische Objekte des<br />

Alltags erhalten haben können. Aus Mecklenburg-Vorpommern sind Brunnen seit dem ausgehenden<br />

Neolithikum bekannt, doch kommen sie erst ab der jüngeren vorrömischen Eisenzeit<br />

in größerer Zahl vor. Es finden sich dann neben einfachen Baumstammbrunnen vornehmlich<br />

Flechtwerk-, Stabbau- und Kastenbrunnen unterschiedlicher Konstruktionsweise<br />

(Abb. 58-59). Im Mittelalter treten dann aus Stein oder aus Torfsoden gebaute Brunnen an<br />

die Seite dieser hölzernen Schächte, zu deren Aussteifung bisweilen auch Daubenfässer<br />

genutzt wurden. Sie haben oft eine beträchtliche Tiefe. In den Städten wurden brunnenähnli-<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 42


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 43<br />

Abb. 58. Leer, Ldkr. Leer. Zweiphasiger<br />

kaiserzeitlicher Brunnen. Außen Flechtwerk.<br />

Innen ausgehöhlter Baumstamm<br />

(Bärenfänger 1999, 40, Abb. 1).<br />

Abb. 59. Lindow, Ldkr. Mecklenburg-Strelitz. Slawenzeitlicher Kastenbrunnen in Blockbautechnik<br />

(Autobahn 2005 S. 174 Abb. 2).<br />

che Schächte auch als Latrinen und Abfallgruben angelegt oder sekundär genutzt. Sie bergen<br />

gewöhnlich ein besonders reiches Spektrum an Fundmaterial. Auf den Wurten war das<br />

erreichbare Grundwasser brackisch geprägt, deshalb wurden dort Regenwassersammelstellen,<br />

die „Fethinge“, für die Süßwasserversorgung genutzt. Seltener kommen Brunnen aus<br />

Kleisoden vor.<br />

Ab dem Hochmittelalter wird die Töpferei professionalisiert und es treten in <strong>Norddeutschland</strong><br />

flächendeckend Töpferöfen auf. Dazu kommen Tonsumpfgruben und Befunde mit Töpferei-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 60. Idealschnitt durch einen stehenden Rundmeiler mit dem umlaufenden Graben für<br />

Erdentnahme zur Abdeckung (Entdeckungen 2009, S. 235 Abb. 1).<br />

abfällen, der in die Tonnen zählen kann. In den waldreichen Mittelgebirgs- und Sandergebieten<br />

erreichte die Glasproduktion während der frühen Neuzeit ihre Blütezeit. Damit verbunden<br />

ist die Intensivierung der Köhlerei, die allerdings schon bedeutend älter ist (Abb. 60).<br />

Neben den oben bereits erwähnten „Celtic Fields“ als Beispiel für Flursysteme der ersten<br />

Hälfte des 1. Jt. n. Chr. haben sich häufig Spuren mittelalterlicher Landwirtschaft erhalten.<br />

Durch den intensiven Landesausbau des Hochmittelalters wurden große Waldflächen gerodet<br />

und für den Getreideanbau erschlossen. Im Flachland sind vielfach noch Wölbäcker und<br />

im Bergland künstliche Terrassen als Relikte des mittelalterlichen Ackerbaus erhalten.<br />

Gleichzeitig setzten sich Wassermühlen flächendeckend durch und beeinflussten den<br />

Grundwasserstand im norddeutschen Flachland durch den „Mühlenstau“ nachhaltig.<br />

Die Stadtentwicklung <strong>Norddeutschland</strong>s spiegelt die unterschiedlichen politischen Verhältnisse<br />

des Mittelalters wider. In den westlichen Gebieten begann die Herausbildung städtischer<br />

Siedlungen im Schatten herrschaftlicher Burgen, Pfalzen, Bischofssitze oder an Handelsplätzen<br />

in bescheidenem Ausmaß bereits während des Frühmittelalters (z. B. Goslar,<br />

Ldkr. Goslar, Bremen, Hamburg und Osnabrück). Dieses Bild änderte sich auch in ottonischer<br />

und salischer Zeit nur unwesentlich.<br />

Die meisten norddeutschen Städte wurden erst während des hohen und späten Mittelalters,<br />

also zwischen dem Ende des 12. und dem des 14. Jh., gegründet. Einige Städte Mecklenburg-Vorpommerns<br />

und Schleswig-Holsteins entstanden im Bereich älterer slawischer Siedlungen<br />

an siedlungsgeographisch besonders günstigen Plätzen, die deshalb durchaus auf<br />

eine Siedlungsgeschichte von über tausend Jahren zurückblicken können. Andere wurden<br />

aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen an einem bestimmten Ort geplant angelegt.<br />

Zum Weichbild der mittelalterlichen Städte gehören die Stadtbefestigung mit mehreren Toren,<br />

die Kirche(n), der Markt und das Rathaus. Durch die langjährige, kontinuierliche Nutzung<br />

sind in den Altstädten mächtige Kulturschichten entstanden, in denen nicht nur zahlreiche<br />

Funde eingebettet, sondern auch Baustrukturen sowie umfangreiche Informationen über<br />

Stadtbrände und andere Ereignisse archiviert sind. Aus der Schichtenabfolge lassen sich also<br />

nicht nur Informationen über die Lebens-, Arbeits- und Siedlungsbedingungen der jeweiligen<br />

Epoche ablesen, sondern auch über Entwicklungsgeschichte der Stadt von ihren Anfän-<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 44


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 61. Altenau, Ldkr. Goslar. Mittelalterliche Wegespuren (Klappauf/Linke 2004, 185 Abb.<br />

2).<br />

gen bis in die Gegenwart. Hierdurch können die oftmals nur spärlich vorhandenen Schriftquellen<br />

aus der Frühzeit der Städte wertvoll ergänzen werden.<br />

Mit der Seßhaftwerdung des Menschen ist auch mit dem Vorhandensein von Wegen und<br />

Pfaden zwischen den Ansiedlungen zu rechnen. Seit dem Beginn der Moorausbreitung im<br />

Neolithikum wurden hölzerne Wege zur Überwindung dieser Hindernisse angelegt. Sie bestanden<br />

aus Bohlen mit Unterkonstruktionen oder auch aus einfachen Reisiglagen. Im<br />

Randbereich von Wurten der römischen Kaiserzeit und des frühen Mittelalters konnten vereinzelt<br />

Brücken über angrenzende Priele beobachtet werden (Elisenhof und Eiderstedt, Kr.<br />

Nordfriesland). Sie geben Hinweise auf den ehemaligen Wegeverlauf. Stege an den Wurten<br />

(Feddersen Wierde, Ldkr. Cuxhaven; Hatzum-Boomborg, Ldkr. Leer) belegen gleichzeitig die<br />

Bedeutung der gezeitenbeeinflussten Wasserläufe als Verkehrswege. Eingeschnittene Wegespuren<br />

oder Hohlwege (Abb. 61), die wohl mindestens aus dem Mittelalter stammen, lassen<br />

sich vielfach auch heute noch im Gelände nachweisen. Eindrucksvolle Einblicke in die<br />

Entwicklung der Straßen erlauben oftmals Aufschlüsse in den Altstadtkernen, wo Überreste<br />

der ehemaligen Wege z. T. mehrlagig übereinander auftreten können.<br />

Dem Siedlungswesen zuzurechnen sind die Befestigungen. Schon im Neolithikum gibt es<br />

einzelne befestigte Siedlungen sowohl im Tiefland wie auf den Höhen und in Tallagen des<br />

Berglandes. Als erstes ist das bereits erwähnte bandkeramische Erdwerk von Esbeck, Ldkr.<br />

Helmstedt, zu nennen, das Teile eines Wohnplatzes auf ca. 1,7 ha umschloss. Jünger sind<br />

durch Palisadengräben befestigte Siedlungen der Rössener Kultur, wie sie aus Schöningen,<br />

Ldkr. Helmstedt, sowie Obernjesa und Großenrode, beide Ldkr. Göttingen, bekannt sind. Der<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 45


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 62. Betheln, Ldkr. Hildesheim. Neolithisches Erdwerk „Beusterburg“ (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 32).<br />

Michelsberger Kultur ist die Beusterburg, Ldkr. Hildesheim, zuzuordnen, eine annähernd<br />

ovale, durch ein Wall-Graben-System gebildete Anlage mit 1,5 ha Innenfläche (Abb. 62). Aus<br />

dem niedersächsischen Bergland sind weitere, allerdings oberirdisch nicht erhaltene Erdwerke<br />

bekannt. Vermutlich ins Mittelneolithikum gehört ein durch zwei Sohlgräben gebildetes<br />

Erdwerk, wiederum aus Schöningen, Ldkr. Helmstedt, mit einer aufwendigen Toranlage, deren<br />

Gasse etwa 15 m ins Innere führte.<br />

Trichterbecherzeitlich sind auch die neolithischen Erdwerke, die seit längerer Zeit vornehmlich<br />

aus Schleswig-Holstein und Skandinavien bekannt sind. Erstmals gelang der Nachweis<br />

eines solchen Erdwerkes für die Nordgruppe der Trichterbecherkultur in Büdelsdorf, Kr.<br />

Rendsburg-Eckernförde, wo zwischen 1968 und 1974 ein Fünftel des etwa 10 ha großen<br />

Siedlungsareals untersucht und ein Graben-Wall-System aus vier hintereinander gestaffelten<br />

Gräben und mehreren Palisadenreihen ermittelt werden konnte (Abb. 63). Während der letzten<br />

Jahre sind nun aber insbesondere durch die Luftbildprospektion auch für Mecklenburg-<br />

Vorpommern mehrere Erdwerke ermittelt worden, von denen eines bei Plate, Ldkr. Parchim,<br />

partiell untersucht wurde.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 46


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 47<br />

Abb. 63. Büdelsdorf, Kr.<br />

Rendsburg-Eckenförde.<br />

Jungsteinzeitliches Erdwerk<br />

nach Grabungsergebnissen<br />

1968-1974 (Hingst 1981,<br />

Abb. 29).<br />

Mehrfach sind für Mecklenburg-Vorpommern jungbronzezeitliche Höhenburgen belegt, die<br />

sich alle im östlichen Teil des Landes finden, also im unmittelbaren Kontaktbereich der nordisch<br />

beeinflussten Kulturgruppen mit Stämmen der Lausitzer Kultur. Sie wurden zwischen dem Übergang<br />

Periode IV/V bis Periode VI errichtet und sind zuweilen mehrere Hektar groß. Die<br />

umwallten Anlagen nutzen natürliche Schutzlagen aus, wobei der Wallaufbau heute häufig<br />

nur schwer erkennbar ist. Nachgewiesen sind Holz-Erde-Mauern unterschiedlicher Form,<br />

doch fehlt es an aktuellen Untersuchungen, um den exakten Aufbau zu dokumentieren. Eine<br />

Steinberme am äußeren Wallfuß wurde mehrfach festgestellt. Neben ihrem militärischen Aspekt<br />

dürften diese Befestigungen auch eine nicht unerhebliche handelsstrategische Bedeutung<br />

besessen haben. Ähnliches gilt auch für das östliche Niedersachsen, wo sich mit der<br />

„Hünenburg“ bei Watenstedt, Ldkr. Helmstedt, im Schnittpunkt wichtiger Fernhandelswege<br />

ein bedeutender jungbronzezeitlicher Herrschaftssitz mit zugehöriger Außensiedlung und intensivem<br />

Metallhandwerk entwickelte.<br />

Abb. 64. Gipfelburg. Ringwall mit Trockengraben<br />

auf der Kuppe eines Berges<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 33).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

In Niedersachsen setzt vor allem in den mittleren und südlichen Landesteilen während der<br />

Eisenzeit intensiver Burgenbau ein. Neben Niederungsburgen im Tiefland gibt es im südniedersächsischen<br />

Hügelland Befestigungsanlagen auf den Höhen. Je nach topographischer<br />

Lage variiert der Verlauf der Befestigung durch Wälle und Gräben. In Spornlage finden sich<br />

häufig Abschnittswälle, sonst aber die ganze Anlage umfassende Wall-Graben-Systeme<br />

(Ringwälle, Abb. 64). Der Aufbau der Wälle hängt vom zur Verfügung stehenden Baumaterial<br />

ab: Erde, Steinmaterial, komplizierte Konstruktionen wie Holz-Erde- oder Stein-Holz-Erde-<br />

Mauern oder Palisaden.<br />

Fortifikationen aus der römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit fehlen in <strong>Norddeutschland</strong><br />

fast völlig. Bemerkenswert ist deshalb der Nachweis von gleich zwei Befestigungen<br />

dieser Zeitstellung bei Sievern, Ldkr. Cuxhaven, die nur 800 m voneinander entfernt<br />

liegen. Die „Heidenschanze“ war bis in das 2. Jh. in Nutzung und ist von zwei Befestigungsringen<br />

aus Wall, Graben und Palisaden umgeben. Die Innenfläche umfasst 10,5 ha. Die<br />

„Heidenstadt“ war bis in das 5. Jh. in Gebrauch und weist ein einfach befestigtes Areal von<br />

3,25 ha auf.<br />

Die wohl älteste mittelalterliche Burg <strong>Norddeutschland</strong>s wurde jüngst an der Schwinge bei<br />

Groß Thun, Skr. Stade, entdeckt. Dendrochronologische Untersuchungen legen die Errichtung<br />

der mit einem holzverstärkten Erdwall befestigten Anlage in der zweiten Hälfte des<br />

7. Jh. nahe. Zu Beginn des 9. Jh. wurde die Befestigung erneut ausgebaut. Im Innenraum<br />

scheint es Niederlassungen von Handwerkern gegeben zu haben, die u.a. Buntmetall verarbeitet<br />

haben. Im Altsiedelland wurden dann seit der Karolingerzeit vermehrt Burgen von<br />

rundlichem oder rechteckigem Grundriss angelegt. Ein eindrucksvolles Beispiel befindet sich<br />

auf dem Höhbeck im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Das rechteckige „castellum hohbuoki“<br />

hoch über der Elbe diente der Grenzsicherung gegen die slawischen Stämme. Die älteren<br />

Befestigungen waren fast ausschließlich aus Holz-Erde-Konstruktionen errichtet worden.<br />

Hinzu kommen die befestigten Pfalzen des Hochadels und der Kaiser, die zumeist aus<br />

Steinbauten; dem Palas, einer Pfalzkapelle und einem Gutshof bestanden. Wichtige Pfalzorte<br />

des Nordens waren Goslar, Ldkr. Goslar, Werla, Ldkr. Wolfenbüttel, Grona, Skr. Göttingen<br />

und Pöhlde, Ldkr. Osterode a. H. Ab dem frühen 9. Jh. kommt es dann auch nördlich der Elbe<br />

zum Bau fränkischer Burgen. Für das Jahr 809 ist in den fränkischen Reichsannalen die<br />

Errichtung der Burg Esesfeld bei Itzehoe, Kr. Steinburg, erwähnt (Abb. 65). Für deren ältere<br />

Nutzungsphase sind doppelreihige Grabenabschnitte belegt, während der jüngeren Bauphase<br />

ist dann ein 7 - 10 m breiter Wall mit zwei vorgelagerten Gräben sowie strahlenförmig davon<br />

ausgehenden Segmentgräben nachgewiesen. Für das südliche Schleswig-Holstein sind<br />

aber auch mehrere sächsische Ringwälle für diese Zeit bekannt.<br />

Eine Sonderstellung nimmt in Schleswig-Holstein der wikingerzeitliche Seehandelsplatz von<br />

Haithabu bei Schleswig ein, der bereits seit 1900 erforscht wird. Die Siedlung entwickelte<br />

sich seit dem frühen 9. Jh. aufgrund seiner geostrategisch bevorzugten Lage zu einem politischen<br />

und wirtschaftlichen Zentrum internationalen Ranges, war mit einem Hafen versehen<br />

und seit dem späten 10. Jh. von einem Halbkreiswall umgeben. Dieser ist letztlich Teil des<br />

Dannewerks, einer mehrphasig errichteten Wallanlage, die als größtes archäologisches<br />

Denkmal Nordeuropas gilt.<br />

Das Gros der Befestigungsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern und Ostholstein entstand<br />

während des Früh- und Hochmittelalters nachdem das Gebiet ab etwa 700 n. Chr. durch<br />

slawische Stämme besiedelt wurde. Seit der zweiten Hälfte des 8. Jh. begann deren Füh-<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 48


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 65. Wall-Graben-Konstruktion der Burg Esesfeld bei Itzehoe, Kr. Steinburg (Kühn<br />

1989, Abb. 98).<br />

rungsschicht damit, Burgwälle zu errichten, die einerseits in Fällen militärischer Bedrohungen<br />

Schutz boten, anderseits aber auch der Machtdemonstration dienten.<br />

Dabei sind grundsätzlich Höhen- und Niederungsburgen zu unterscheiden. Erstere stammen<br />

vorwiegend aus altslawischer Zeit (Abb. 66). Sie nutzen natürlich geschützte Höhenlagen<br />

aus, um den Schutz zu gewährleisten. Es wird vermutet, dass in den großräumigen Höhenburgen<br />

ganze Stämme oder Teilstämme gesiedelt haben. In jungslawischer Zeit erfolgte<br />

dann ein umfangreicher Landesausbau, der auch zur Verlagerung der Burgen führte. Sie<br />

werden nun kleinräumiger und in der Regel in Niederungen, bevorzugt auf Inseln und Halbinseln,<br />

angelegt.<br />

Je nach Funktion, ob es sich um eine übergeordnete Fürstenburg oder eine kleine Adelsburg<br />

handelt, variiert die Größe (Abb. 67). Auch kann zu einer Fürstenburg eine große Vorburg,<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 49<br />

Abb. 66. Höhenburg. Mehrteilige Burg<br />

mit Trockengraben (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 34).


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 50<br />

Abb. 67. Niederungsburg. Rundwall mit<br />

Tor, Wassergraben und Innenbebauung<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 35).<br />

ein Suburbium, gehören, das teilweise umwallt war wie in Oldenburg, Kr. Ostholstein, oder<br />

auch weitgehend unbefestigt wie in Glienke, Ldkr. Mecklenburg-Strelitz, wo jüngst eine Vorburgsiedlung<br />

großflächig untersucht werden konnte und umfangreiche Nachweise für Handel<br />

und Handwerk erbrachte. Es gibt auch dreigliedrige Burgen, d.h. ein Kernwerk mit zwei vorgelagerten<br />

Burgen (Abb. 68).<br />

Der Wallaufbau der slawischen Burgen ist äußerst vielfältig. Aus altslawischer Zeit kennen<br />

wir Wälle, die mit Findlingen verstärkt waren. Ausgrabungen haben zwei verschiedene Wallkonstruktionen<br />

erbracht. Zum einen bestanden die Wälle im Kern aus verzimmerten Kastenkonstruktionen,<br />

die mit Sand und Erde aufgefüllt wurden, so dass stabile Wälle von bis zu<br />

10 m Höhe und 25 m Breite keine Seltenheit waren. Eine Spezialisierung dieses Aufbaus<br />

kennen wir aus Behren-Lübchin, Ldkr. Güstrow, wo die Kästen aus senkrecht gestellten<br />

Holzplanken errichtet und am oberen Ende verspannt wurden, sodass sie dem Druck der<br />

eingelagerten Erdmassen standhalten konnten. Zum anderen gibt es den Wallaufbau mit<br />

waagerechten Rundhölzern an der Außenfront, die durch große, tief in den Wall hineinreichende<br />

Asthaken in ihrer Lage fixiert wurden. Der Druck des Walles auf diese langen Haken<br />

Abb. 68. Spornburg. Hauptburg<br />

mit Vorburgen (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 36).


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

sicherte seine Festigkeit. Auf dem Wall haben wir uns in der Regel einen Wehrgang vorzustellen,<br />

auf dessen Form wir jedoch nur äußerst geringe Hinweise haben. Um die fortifikatorische<br />

Wirkung zusätzlich zu verstärken, war den Wällen häufig ein wasserführender Graben<br />

vorgelagert.<br />

Der Innenraum der Burg war durch Häuser geprägt, die kasemattenartig an den Innenfuß<br />

des Walles angesetzt sein konnten. Mehrfach wurden größere Gebäude im Zentrum der<br />

Burg festgestellt, offenbar die Herrschersitze. Auch Brunnen kommen innerhalb der Burgwälle<br />

vor. Der Zugang erfolgte in der Regel durch Tunneltore, wie sie u. a. in Groß Raden, Ldkr.<br />

Parchim, nachgewiesen wurden.<br />

Burgen auf Inseln und in sumpfigem Gebiet waren nicht selten durch Brücken mit dem Festland<br />

verbunden. Es ließen sich solche von über 700 m Länge nachweisen. Ihr Aufbau war<br />

einfach und zweckmäßig: In regelmäßigen Abständen wurden Pfostenpaare in den Untergrund<br />

gerammt und diese durch einen kräftigen Balken mit rechteckigen Ösen an den Enden<br />

verbunden. Die so entstandenen Joche ließen sich leicht durch aufgelegte Rundhölzer miteinander<br />

verbinden und anschließend mit dem eigentlichen Brückenbelag versehen. An den<br />

Enden wurden die einzelnen Brückenplanken durch schmale Holzleisten, die sogenannten<br />

Rödelleisten, miteinander verbunden. Auf diese Weise ließ sich die Brücke relativ schnell<br />

aufbauen, in Zeiten der Gefahr aber auch sehr schnell wieder entfernen. Aus schriftlichen<br />

Überlieferungen wissen wir, dass die Slawen ihre Brücken bei Angriffen demontierten. War<br />

der Bau einer Brücke zu aufwendig, so wurden auch einfache Dämme als Zugänge geschüttet,<br />

wenn sich der Untergrund dafür eignete. Außerdem sind Bohlenwege überliefert, die zur<br />

Querung von feuchten Niederungen in slawischer Zeit angelegt wurden (Abb. 69).<br />

Der niedere Adel des hohen und späten Mittelalters errichtete kleinere, oft nur schwach gesicherte<br />

Befestigungsanlagen, die als Turmhügel (Motte) bezeichnet werden. Der Ursprung<br />

dieser Fortifikationen liegt im normannischen Nordfrankreich des 10./11. Jh. und verbreitete<br />

sich von dort über ganz Mitteleuropa bis nach Ostpolen. Dabei ist der aus Erd- und<br />

Grassoden aufgeschüttete Hügel von einem Wassergraben umgeben, dem zuweilen noch<br />

ein Außenwall vorliegt. Die Hügel sind teilweise so klein, dass sie nur einen einzelnen, dafür<br />

aber mehrgeschossigen Wohnturm mit Kampfplattform tragen konnten. Dieser hatte häufig<br />

ein Fundament aus Feldsteinen und darüber einen Fachwerkaufbau mit zwei bis drei Etagen.<br />

Am Rande des Hügels wurde zuweilen eine Palisade nachgewiesen. Die Turmhügel bildeten<br />

meist das Zentrum einer kleinen Ansiedlung. Größere Turmhügel können auch eine befestigte<br />

und durch einen Graben geschützte Vorburg haben. In Folge der ab dem späten 12. Jh.<br />

einsetzenden Erschließung der slawischen Stammesgebiete durch westeuropäische Siedler,<br />

kamen auch zahlreiche Mitglieder des Landadels nach Mecklenburg-Vorpommern und überzogen<br />

das Land mit einem Netz von Turmhügelburgen. Mit der Erfindung der Feuerwaffen<br />

verlieren die Turmhügel schnell an Bedeutung.<br />

Eine Sonderform des Turmhügels ist die so genannte Kemlade, die für das östliche Schleswig-Holstein<br />

und das westliche Mecklenburg-Vorpommern in größerer Anzahl belegt ist. Sie<br />

bezeichnet einen hölzernen, auf einem Pfahlrost erbauten Turm am Rand von Seen und entstand<br />

in der 2. Hälfte des 14. Jh., als die meisten Turmhügelburgen zerstört wurden und ein<br />

Wiederaufbauverbot erging, von dem nur die Gewässer ausgenommen waren. Die Kemladen<br />

nutzen diese Gesetzeslücke und die natürliche Schutzlage des Wassers aus, wobei zuweilen<br />

zwischen Turm und Festland das Wasser künstlich durch einen Graben vertieft wurde.<br />

Die zwei- bis dreigeschossigen Fachwerkbauten gründeten aus Pfählen in etwa 2 m<br />

Wassertiefe.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 51


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 69. Beidendorf, Hansestadt Lübeck. Grabungsbefund eines slawenzeitlichen Bohlenweges<br />

und Rekonstruktion der drei Bauphasen (Autobahn 2005, S. 194 Abb. 4; S. 196 Abb.<br />

7).<br />

Im Zusammenhang mit den Kemladen und den Turmhügelburgen ist auch der hölzerne<br />

Wehrspeicher von Wodarg, Ldkr. Demmin, zu sehen. Er wurde um 1300 für die sichere Aufbewahrung<br />

von landwirtschaftlichen Produkten und Handelswaren in einem künstlich angelegten<br />

See errichtet. Der mehrgeschossige Speicher war auf einem auf Pfosten stehenden<br />

Podest gegründet und konnte von drei Seiten über hölzerne Brücken erreicht werden<br />

(Abb. 70).<br />

Außer den Turmhügeln entstanden in den ehemals slawischen Gebieten schnell auch landesherrliche<br />

Burgen von überregionaler Bedeutung, die bald in Stein aufgeführt wurden.<br />

Daneben gibt es von starken Adelsgeschlechtern getragen, vom 14. Jh. an auch steinerne<br />

Burgen des niederen Adels.<br />

Zur Gruppe der mit dem Siedlungswesen zusammenhängenden Geländedenkmale gehören<br />

schließlich noch die Landwehren und Landgräben. Landgräben sind Territorialgrenzen zwischen<br />

einzelnen Herrschaftsgebieten. Sie markieren teilweise bis heute Landesgrenzen, wie<br />

der Große Landgraben zwischen Mecklenburg und Vorpommern. Landwehren sind hingegen<br />

flache Wallanlagen, in der Regel mit doppeltem Graben versehen und ursprünglich mit dichtem<br />

Dorngebüsch bewachsenen Wall, die zuweilen ebenfalls eine Landesgrenze darstellen<br />

können, hauptsächlich aber als Grenzmarkierung städtischer Feldfluren fungierten. Dann<br />

haben sie, wie auch die Landesgrenzen, neben dem eigentlichen Schutzauftrag gleichzeitig<br />

die Funktion als Rechtsgrenze, gab es doch im Stadtbereich andere Rechtsformen als auf<br />

dem Lande.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 52


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 70. Wodarg, Ldkr. Demmin. Rekonstruktion des Wehrspeichers (Autobahn 2005, 206<br />

Abb. 6).<br />

Befestigungsanlagen spielten auch in der jüngeren Vergangenheit eine wichtige Rolle, wobei<br />

hier beispielsweise auf die im Grundriss sternförmigen Schanzen hingewiesen sei, wie sie<br />

insbesondere im Dreißigjährigen Krieg errichtet wurden und noch heute an mehreren Plätzen<br />

im Gelände gut sichtbar sind. Denkmalpflegerisch relevant sind ferner auch Schlachtfelder,<br />

Massengräber und Gefangenenlager (seit dem 16. Jh.), Konzentrations- und Flüchtlingslager<br />

sowie Absturzstellen militärischer Flugzeuge, Untergangsorte von Kriegsschiffen und andere<br />

militärische Hinterlassenschaften aus der jüngeren Vergangenheit. Sie sind Zeugnisse historisch<br />

bedeutsamer Ereignisse, die unsere Geschichte bis heute in hohem Maße prägen, aber<br />

nur teilweise durch Archivunterlagen in ausreichender Tiefenschärfe überliefert sind. Auch<br />

diese Quellen müssen deshalb mit archäologischen Methoden untersucht werden, da nur auf<br />

diese Weise, neues, wissenschaftlich belastbares Quellenmaterial über die Ereignisse der<br />

Vergangenheit erschlossen werden kann.<br />

<strong>11.2</strong>.3 Kultanlagen<br />

In vielfältiger Form vermitteln archäologische Hinterlassenschaften auch Einblicke in die religiös-kultische<br />

Vorstellungswelt der Menschen. Neben Gräbern sind in diesem Zusammenhang<br />

vornehmlich Hortfunde anzuführen, die zu einem großen Teil als Opfergaben zu deuten<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 53


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

sind, denn seit jeher haben geweihte Plätze die Menschen zur Deponierung von Opfergaben<br />

veranlasst. Daher finden sich in Höhlen, Mooren und Gewässern, aber auch auf festem Boden<br />

gelegentlich Depots unterschiedlicher Gegenstände sowie Menschen- und Tieropfer.<br />

Beispiele hierfür gibt es von der jüngeren Steinzeit bis in die Frühgeschichte. Insbesondere<br />

während der Bronzezeit wurden fast überall in Europa z. T. sehr große Mengen bronzener<br />

Objekte als „Gaben an die Götter“ in Feuchtgebieten niedergelegt. Durch die konservierenden<br />

Eigenschaften der Moore haben sich an einigen Plätzen auch organische Materialien<br />

erhalten. Bei Ostrhauderfehn, Ldkr. Leer, wurde im Moor ein Hort bestehend aus einer Lanzenspitze,<br />

einem Tüllenmesser, einem Armreif, zwei Bronzeringen und einem Schnurverteiler<br />

entdeckt, der sich noch in einem Lederbeutel befand.<br />

Eine Besonderheit stellt die Lichtensteinhöhle bei Osterode, Ldkr. Osterode a. H., dar. In ihr<br />

wurden die Reste von 39 unverbrannten Individuen aus der jüngeren Bronzezeit mit Hinweisen<br />

auf rituelle Handlungen entdeckt. Die DNA-Analysen der Skelettreste legen die Annahme nahe,<br />

dass es sich hier um Mitglieder einer Großfamilie handelte.<br />

Während der älteren römischen Kaiserzeit wurde der Hildesheimer Silberschatz niedergelegt,<br />

der aus mindestens 68 dem Tafelsilber zuzuordnenden Objekten mit einem Gesamtgewicht<br />

von 54 kg bestand. Hierzu gehören u. a. ein Eimer, ein Krater und ein Kantharos, zwei<br />

Dreifüße, 16 Trinkgefäße und die einzigartige Athenaschale. Berühmt ist auch der Quellopferfund<br />

von Bad Pyrmont, Ldkr. Hameln-Pyrmont. Dort wurden neben ca. 300 Bronzefibeln<br />

eine Bronzekasserolle, zwei hölzerne Schöpfkellen, drei Silberdenare und ein Bronzefingerring<br />

gefunden, die in das letzte vorchristliche Jahrhundert bis in die Völkerwanderungszeit<br />

gehören und andeuten, wie lange dieser Platz für Opferungen aufgesucht wurde. Eine lange<br />

Nutzungszeit lässt auch das Thorsberger Moor bei Süderbrarup, Kr. Schleswig-Flensburg,<br />

erkennen. Es handelt sich dabei um einen Opferplatz, der seit der vorrömischen Eisenzeit<br />

bis in die Zeit um 300 n. Chr. zunächst für die religiös motivierte Niederlegung von landwirtschaftlichem<br />

Gerät sowie Keramik- und Holzgefäßen aufgesucht wurde, bevor dort in der<br />

römischen Kaiserzeit mehrmals wertvolle Heeresausrüstungen niedergelegt wurden. Es<br />

handelt sich um einen der bedeutendsten Kriegsbeuteopferplätze Nordeuropas.<br />

Während des Frühmittelalters wurden in Nordostdeutschland umfangreiche Mengen an<br />

Hacksilber dem Boden anvertraut. Die Schätze bestanden aus überwiegend arabischen Silbermünzen<br />

und Schmuck, meist in zerteiltem Zustand, da nur der reine Metallwert als Austauschmedium<br />

von Belang war. In diesen Fällen kann es sich aber auch um reine Versteckhorte<br />

handeln, die nicht als Opfergaben zu werten sind. Dies gilt auch für die jüngeren Münz-<br />

und Edelmetallhorte, die nicht selten mit Unruhezeiten in Verbindung zu bringen sind.<br />

Eindeutige „Kultanlagen“ sind in der Norddeutschen Tiefebene nur sehr schwer nachzuweisen.<br />

Am leichtesten zu erkennen sind einzelne „Opfersteine“. Neben aufgerichteten länglichen<br />

Steinblöcken ohne Bearbeitungsspuren (Menhire, Abb. 71) gehören hierzu Steine mit<br />

eingemeißelten Rinnen (Abb. 72) oder mit Wetzrillen (Rillensteine). Eine Besonderheit sind<br />

Steine mit einer Rille im oberen Teil, die ihn jedoch nicht voll umfasst. Man sieht in ihnen<br />

phallische Symbole im Zusammenhang mit dem neolithischen Fruchtbarkeitskult. Hin und<br />

wieder gibt es auch Verbindungen zwischen Rillenstein und Megalithgrab, sodass die zeitliche<br />

Bindung an das Neolithikum wahrscheinlich ist. Allerdings können diese Objekte auch in<br />

jüngerer Zeit als Werk von Steinschlägern entstanden sein.<br />

Bedeutend zahlreicher sind die „Schälchensteine“ (Abb. 73). Schälchen haben wir bereits auf<br />

den Decksteinen (teilweise sogar auf den Unterseiten) von Megalithgräbern, doch ist nicht<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 54


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 55<br />

Abb. 71. Der Süntelstein auf der<br />

Venner Egge in Vehrte, Ldkr. Osnabrück<br />

(Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 37).<br />

Abb. 72. Vehrte, Ldkr. Osnabrück.<br />

Rillenstein (Schoknecht u.<br />

Möller 1998, Abb. 38).<br />

Abb. 73. Restrup, Ldkr. Osnabrück.<br />

Schälchenstein (Schoknecht u. Möller<br />

1998, Abb. 39).<br />

gesichert, ob sie schon im Neolithikum eingerieben wurden. Vielfältig sind Hinweise – u.a.<br />

die Kombination mit anderen Motiven wie z.B. Radkreuzen in Blengow, Ldkr. Bad Doberan, -<br />

darauf, dass die Schälchensteine der Bronzezeit angehören. Wir finden sie auf Hügelgräbern<br />

oder in unmittelbarer Nähe von Hügelgräberfeldern, sodass der Bezug zu diesen Grabanlagen<br />

hergestellt ist. Kleinere Schälchensteine wurden auch innerhalb von Grabhügeln entdeckt,<br />

teilweise zur Abdeckung von Leichenbrandlagen. Auch kleine, nur etwa faustgroße<br />

Gerölle weisen nicht selten Schälchen auf und werden deshalb ebenfalls als Schälchenstei-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

ne bezeichnet. In diesen Fällen ist jedoch eine profane Nutzung nicht auszuschließen, zumal<br />

jüngst solche Stücke mehrfach in jungbronzezeitlichen Abfallgruben entdeckt wurden.<br />

Zahl und Größe der Schälchen variiert sehr stark. Das mag damit zusammenhängen, dass<br />

das Reiben oder Bohren als kultischer Vorgang wiederholt wurde und stets aufs Neue ausgeübt<br />

werden konnte. Versuche, in der Anordnung der Schälchen eine bestimmte Systematik<br />

zu erkennen, ja sie sogar mit astronomischen Motiven zu belegen, sind bisher gescheitert.<br />

Schälchen auf Findlingen dürften in Beziehung zum Thorskult stehen. Sie begegnen uns<br />

wieder auf zerbrochenen Steinäxten, wo dann jeweils vor der Bruchstelle (meist dem in<br />

Hohlbohrung hergestellten Bohrloch), nunmehr mit einem Vollbohrer ein Schälchen neu hinzugesetzt<br />

wurde. Dabei kommt es kaum vor, dass die Bohrung den Stein durchdringt. Es war<br />

also nicht geplant, wieder eine Axt herzustellen, sondern lediglich das Bohren an diesem<br />

Symbol des Gottes Thor (Thorshammer, Axt) vorzunehmen. Die ähnlich geformten Schälchen<br />

an Backsteinkirchen haben mit diesem Vorgang nichts gemein. Dort ging es um den<br />

Erwerb von Ziegelmehl als Heilmittel oder aber um Abwehrzauber.<br />

Noch seltener sind komplexe bildliche Darstellungen während der Bronzezeit. Sehr vereinzelt<br />

finden sich im Gebiet zwischen Weser und Ems die „Sonnensteine“, flache Steine mit<br />

Darstellungen konzentrischer Kreise, die als Sonnensymbol gedeutet werden. Das Exemplar<br />

aus Horsten, Ldkr. Wittmund, hat eine Größe von 1,1 x 1,1 m und eine Dicke von 0,11 bis<br />

0,25 m. Auf der flachen Oberseite sind 17 regelmäßige Kreise eingemeißelt, von denen der<br />

Äußerste einen Durchmesser von 0,77 m hat.<br />

Aus germanischer Zeit sind uns als Kultanlagen große Steinkreise überliefert. Sie wurden<br />

aus mächtigen Findlingen errichtet und kommen einzeln oder in Gruppen wie in Boitin,<br />

Ldkr. Güstrow, vor (Abb. 74). In der Regel umfassen sie einen Friedhof der vorrömischen Eisenzeit,<br />

aber auch kaiserzeitliche Kreissetzungen sind überliefert. Häufig sind sie nur aus<br />

kleinen Steinen gesetzt und umgrenzen ebenfalls Grabstätten.<br />

Abb. 74. Boitin, Ldkr. Güstrow. Steinkreis (LaKD MV).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 56


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 57<br />

Abb. 75. Krempin, Ldkr. Bad Doberan.<br />

Feuerstellenreihe im Planum<br />

(LaKD MV).<br />

Vermutlich ebenfalls in den Kultbereich gehören die so genannten Feuerstellenplätze, wie<br />

sie in den letzten Jahrzehnten vermehrt in <strong>Norddeutschland</strong> ausgegraben wurden. Es handelt<br />

sich dabei um Ansammlungen gleichartig aufgebauter Feuerstellen, die fast immer in<br />

exponierter Geländelage und unmittelbarer Wassernähe angelegt wurden. Sie liegen bisweilen<br />

in der Nähe bronzezeitlicher Gräber, jedoch stets abseits zeitgleicher Siedlungen. Hinsichtlich<br />

ihres Aufbaus lassen sich zwei Grundtypen unterscheiden. Die einen, die Feuerstellenreihen,<br />

weisen ein lineares Gliederungsschema auf. Bei ihnen liegen die Befunde ein- oder<br />

mehrreihig in regelmäßigen Abständen hintereinander (Abb. 75). In Bötersen, Ldkr. Rotenburg,<br />

wurde eine ca. 140 m lange Reihe von 51 Feuerstellen freigelegt. Die Gruben, die<br />

1 m unter der Oberfläche eingetieft waren, enthielten reichlich Holzkohle und darüber Steinpackungen,<br />

jedoch keine Funde (Abb. 76). Es gibt aber auch deutlich längere Reihungen.<br />

Die Plätze des Typs 2 sind ebenfalls durch das konzentrierte Vorkommen von Feuerstellen<br />

gekennzeichnet, doch ist in diesem Fall kein eindeutiges Gliederungsschema erkennbar, so<br />

dass man diese Gruppe als „ungeregelte Feuerstellenplätze“ bezeichnet. Unter Ihnen gibt es<br />

einige große Anlagen mit 100 bis 130, in einem Fall sogar etwa 300 Befunden, doch konnten<br />

jüngste Forschungen belegen, dass das Gros weniger als 40 Feuerstellen umfasst.<br />

Da die Feuerstellen selbst nur in sehr seltenen Fällen Funde enthalten, erfolgte die Datierung<br />

vornehmlich mittels der Radiokarbonmethode. Diese ergab, dass die Feuerstellenreihen<br />

vornehmlich in die Zeit zwischen 950 und 750 v. Chr. datieren, während die ungeregelten<br />

Feuerstellenplätze überwiegend in die Zeit zwischen 800 und 250 v. Chr., also in die ausge-


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 58<br />

Abb. 76. Bötersen, Ldkr. Rotenburg. Teil<br />

der Feuerstellenreihe während der Ausgrabung<br />

(Schoknecht u. Möller 1998, Abb. 40).<br />

hende Bronze-, seltener auch in die ältere vorrömische Eisenzeit, gehören. Sie lösen - zumindest<br />

in Mecklenburg-Vorpommern - die Feuerstellenreihen ab.<br />

Aus slawischer Zeit liegen Hinweise auf Tempelbauten vor. Es gibt zum einen zeitgenössische<br />

Berichte darüber, zum anderen gelang es in Groß Raden, Ldkr. Parchim, einen hölzernen<br />

Tempel archäologisch nachzuweisen. Große Rechteckbauten mit zwei gegenüberliegenden<br />

Eingängen hatten Wände aus senkrechten Planken, die oben in stilisierten Köpfen<br />

endeten. Ob diese Tempel überdacht waren, oder ob die Stelen nur die heiligen Räume umschlossen,<br />

lässt sich nicht nachweisen. Verehrt wurden Götterbildnisse, die ebenfalls archäologisch<br />

erfasst werden konnten. Wir kennen eine zweigesichtige Gottheit von der Fischerinsel<br />

bei Neubrandenburg, daneben aber auch Planken in der Art der Tempelwände,<br />

die zusätzlich ein eingeritztes Gesicht haben.<br />

Hölzerne Idole sind seit der älteren vorrömischen Eisenzeit bekannt. Zur Darstellung der<br />

Götterbildnisse wurden dabei in der Regel natürlich gewachsene Holzteile verwendet, deren<br />

Astgabeln die Gliedmaßen darstellten. Sie stammen teilweise aus Mooren, im Fall des 2,3<br />

bzw. 2,8 m großen Götterpaares aus dem Aukamper Moor bei Braak, Kr. Ostholstein, aus<br />

der Nähe eines 12 m großen „Brandopferplatzes“, teilweise waren sie aber auch in Gruben<br />

am Rand einer Siedlung deponiert worden. Dies gilt für das etwa 1 m große Idol von Klein<br />

Schönwalde, Ldkr. Ostvorpommern, das sorgfältig abgedeckt in einer über 2 m tiefen Grube<br />

niedergelegt war. 2,5 m davon entfernt fand sich zudem eine Grube, die zahlreiche gebrannte<br />

Tierknochen enthielt. Es handelte sich dabei vornehmlich um die unteren Extremitäten von<br />

Rindern, die auf eine gezielte Deponierung ausgewählter Körperteile hindeuten.<br />

Hingewiesen sei als letztes Beispiel für „Kultanlagen“ auch auf einige frühchristliche Kirchen.<br />

Es kann sich sowohl um hölzerne als auch um kleine steinerne Vorgänger der meist an gleicher<br />

Stätte gelegenen späteren Kirchen handeln. In Wüstungen findet man teilweise beeindruckende<br />

Ruinen von alten Feldsteinkirchen, die ebenfalls in diesem Zusammenhang Erwähnung<br />

finden sollen. Zwischen Weser und Ems sind viele mittelalterliche Kirchen auch im


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

nicht sturmflutgefährdeten Bereich auf künstlichen Hügeln errichtet worden. Zum sakralen<br />

Bereich gehören auch die Klöster, die oftmals eine zentrale Rolle während des mittelalterlichen<br />

Landesausbau spielten. Sie können in <strong>Norddeutschland</strong> häufig nur noch archäologisch<br />

erforscht werden, da durch die Reformation und spätere sekundäre Verwendung des Steinmaterials<br />

sehr viele Anlagen abgetragen wurden.<br />

<strong>11.2</strong>.4 Lagerstätten (Bodenschätze und deren Gewinnung)<br />

Die in den einzelnen ur- und frühgeschichtlichen Perioden verwandten Rohstoffe zur Geräte-<br />

und Waffenherstellung sowie zur Errichtung von Bauwerken stammen vorwiegend aus dem<br />

heimischen Angebot. Umfangreiche Lagerstätten für Rohmaterial als Grundlage weiterer<br />

Verarbeitung (Bodenschätze) kommen in <strong>Norddeutschland</strong> außerhalb der Mittelgebirge nur<br />

in geringem Umfang vor. Vor allem für die Produktion von Bronze gibt es nur im Harz einheimische<br />

Belege; dort ist Kupfermetallurgie möglicherweise seit der Bronzezeit belegt.<br />

Anders ist es da bei der Gewinnung von Flint. Dieser wurde oft gezielt gewonnen und an Ort<br />

und Stelle bergfrisch zu großen Barren zurecht geschlagen. Diese konnten dann verhandelt<br />

und am Zielort zum fertigen Produkt (meist zu Beilen) verarbeitet werden. Hinweise dafür<br />

kennen wir sowohl aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen als auch in größerem Umfang<br />

von der Insel Rügen. Von besonderer Bedeutung war während des Neolithikums der auffallend<br />

rot gefärbte Helgoländer Flint, der bis in die Niederlande und das südliche Niedersachsen<br />

verhandelt wurde. Im südlichen Niedersachsen, wo Feuerstein in der Natur nicht vorkommt,<br />

wurden andere Materialien zur Geräteherstellung gewonnen, vor allem Quarzit. Aus<br />

dieser Region stammt beispielsweise Lydit, aus dem jungsteinzeitliche Beilklingen hergestellt<br />

und verhandelt wurden. Die weitreichenden Handelskontakte dieser Epoche werden eindrucksvoll<br />

durch das Vorkommen von französischem Grand-Pressigny-Feuerstein in Nordwestdeutschland<br />

illustriert.<br />

Für die Eisenproduktion in germanischer Zeit war das in <strong>Norddeutschland</strong> vielerorts natürlich<br />

vorkommende Raseneisenerz eine wichtige Voraussetzung, denn es machte <strong>Norddeutschland</strong><br />

in hohem Maße unabhängig von Metallimporten. Bronze musste hingegen weiterhin<br />

eingeführt werden und diente jetzt vorwiegend zur Herstellung von Schmuck und Ausrüstungen.<br />

Nachgewiesen ist z. B. die Verarbeitung von Hemmorer Eimern zu Fibeln.<br />

Das Raseneisenerz, ein „nachwachsender Rohstoff“, kommt in weiten Gebieten <strong>Norddeutschland</strong>s<br />

vor. Es bildet sich in Niederungen, wo sich Eisenhydroxide zusammenklumpen.<br />

Deshalb wird es im Volksmund auch „Klump“ genannt. Man konnte es leicht bergen und<br />

in einfachen kleinen Rennöfen zu Eisen reduzieren. Derartige Öfen wurden mehrfach entdeckt<br />

und untersucht, oft findet man jedoch lediglich die großen Schlackeklötze, die zumindest<br />

Hinweise auf den Durchmesser im unteren Teil der Öfen geben können.<br />

Die eigentliche Eisenproduktion im nördlichen Mitteleuropa begann jedoch erst ab dem<br />

3. Jh. v. Chr. Erst von nun an lassen sich für das südwestliche Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Brandenburg Verhüttungsplätze in größerer Zahl nachweisen. Zuvor scheint lokal nur<br />

eine sporadische Eisengewinnung und –verarbeitung erfolgt zu sein. Das Gros der bekannten<br />

Eisenverhüttungsanlagen entstand erst während des 2. – 5. Jh. n. Chr.<br />

Zum Einsatz kam das so genannte Rennfeuerverfahren, bei dem das Raseneisenerz mit Hilfe<br />

von Kohlenstoff reduziert wurde. Dabei wird jedoch nicht das Eisen verflüssigt, vielmehr<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 59


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 77 (neu). Aufbau und Funktionsschema eines Rennfeuerofens (nach Jöns). 1 Rennfeuerofen<br />

vor dem Betrieb, 2 Rennfeuerofen nach Beendigung des Verhüttungsprozesses, 3<br />

Überrest eines Rennfeuerofens nach der Entnahme der Luppe (Herdgrube).<br />

bilden die sonstigen Bestandteile des Erzes im Ofen eine Schlacke, die aus dem Ofen<br />

„rennt“ (Abb. 77).<br />

Die dafür verwendeten Rennfeueröfen waren unterschiedlich. Die ältesten Anlagen stellen<br />

Meiler, die von einer Arbeitsgrube aus in die Grubenwand eingegraben wurden (Typ Tuklaty)<br />

erst später kam es zur Anlage ebenerdiger Rennfeueröfen mit Schlackegrube wie sie beispielsweise<br />

mit über 500 Exemplaren bei Joldelund, Kr. Nordfriesland, ausgegraben wurden.<br />

Im Harz hat sich mit der Montanarchäologie ein eigener Zweig der ur- und frühgeschichtlichen<br />

Wissenschaft etabliert, der insbesondere die bergmännischen Hinterlassenschaften wie<br />

Pingen, Halden, Stollen und Anlagen der Wasserhaltung erforscht. Bei Bad Grund, Lkr Osterode<br />

a. H., konnte der Beginn der Eisenerzgewinnung um 600 n. Chr. nachgewiesen werden,<br />

die im Harzraum ab dem Hochmittelalter stark intensiviert wurde. Am Rammelsberg bei<br />

Goslar, Ldkr. Goslar, ist der Silber- und Kupferbergbau seit der Zeit um Christi Geburt nachgewiesen.<br />

Während des Mittelalters entwickelte sich hier eines der bedeutendsten Zentren<br />

der Silbergewinnung Europas.<br />

Seit der Kaiserzeit sind Kalkbrennöfen (Abb. 78-79) nachgewiesen, in denen vorwiegend<br />

See- und Wiesenkalk verarbeitet wurde. An der Nordseeküste wurde mindestens seit dem<br />

16. Jh. in großem Umfang die Kalkherstellung aus Muschelschalen („Schill“) betrieben.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 60


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Abb. 78. Buchholz, Ldkr. Harburg. Planum (links) und Profil (rechts) eines ältereisenzeitlichen<br />

Kalkbrennofens (Uschmann 2006, Taf. 7.1).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 61<br />

Abb. 79. Neuleben,<br />

Ldkr. Nordwestmecklenburg.Kalkbrennofen<br />

während<br />

der Ausgrabung<br />

(Autobahn 2005, S.<br />

126 Abb. 4).<br />

Für die menschliche Ernährung ist das Kochsalz unentbehrlich, so dass auch die im norddeutschen<br />

Flachland vorkommenden, schwach gesättigten Solequellen genutzt wurden.<br />

Während des Mittelalters waren speziell die Salinen in Lüneburg von größter Bedeutung. Die<br />

für die Salzherstellung verwendete Briquetagekeramik findet sich bereits in Siedlungen ab<br />

der Kaiserzeit. An der Nordsee wurde wohl ebenfalls ab dieser Zeitstufe mit dem Abbau von<br />

meerwassergesättigtem Torf zur Salzproduktion begonnen.<br />

<strong>11.2</strong>.5 Schlachtfelder<br />

Eine Befundgattung, die erst in den letzten Jahrzehnten in den Fokus der deutschen Archäologie<br />

gerückt ist, sind die Plätze kriegerischer Auseinandersetzungen. Der älteste archäologisch<br />

belegbare Platz dieses Typs liegt im Tollensetal bei Weltzin, Ldkr. Demmin. Dort wurden<br />

am Flusslauf zahlreiche menschliche Knochen, teilweise mit deutlichen Kampfverletzungen,<br />

sowie Waffen entdeckt, die auf eine Kampfhandlung während der mittleren Bronzezeit<br />

(um 1200 v. Chr.) hindeuten.


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Abb. 80. Kalkriese, Ldkr. Osnabrück. Schlachtfeld um 9 n. Chr. Im Vordergrund römisches<br />

Maultier, im Hintergrund Reste eines Walles (Wilbers-Rost 2003, 33, Abb. 4).<br />

Mit der historisch überlieferten Niederlage des Varus im Jahr 9 n. Chr. lassen sich die Befunde<br />

von Bramsche-Kalkriese, Ldkr. Osnabrück, in Verbindung bringen. Hier war seit Jahrzehnten<br />

die Häufung römischer Funde wie Münzen und Militaria aufgefallen. Bei den Ausgrabungen<br />

konnten Befunde des Kampfgeschehens und der Begebenheiten nach der<br />

Schlacht aufgedeckt werden (Abb. 80).<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 62


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Ein weiterer Kampfplatz zwischen Römern und Germanen wurde erst kürzlich am Harzhorn,<br />

Ldkr. Northeim, - ebenfalls durch Detektorprospektion - entdeckt. Durch die genaue Dokumentation<br />

der Fundumstände der militärischen Objekte war es möglich, den Kampfverlauf<br />

annähernd zu rekonstruieren. So ließen sich beispielsweise die Standorte römischer Katapultgeschütze<br />

und deren Zielregionen feststellen.<br />

Doch auch Kampfhandlungen jüngeren Datums sind immer wieder Gegenstand archäologischer<br />

Forschungen. Ein Beispiel sind die Untersuchungen zur Schlacht bei Hemmingstedt im<br />

Jahre 1500 in Eppenwöhrden, Kr. Dithmarschen, die ein Pferdeskelett und diverse menschliche<br />

Knochen mit Hiebverletzungen zutage förderten.<br />

Literatur<br />

Archäologische Denkmäler zwischen Weser und Ems. Archäologische Mitteilungen aus<br />

Nordwestdeutschland, Beiheft 34. Oldenburg 2000.<br />

Archäologische Entdeckungen in Mecklenburg-Vorpommern. Kulturlandschaft zwischen<br />

Recknitz und Oderhaff. Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern 5. Schwerin 2009.<br />

Archäologische Nachrichten aus Schleswig-Holstein 14, 2008.<br />

F. Both, M. Fansa, H. Haßmann (Hrsg.): ArchäologieLandNiedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz<br />

- 400 000 Jahre Geschichte. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland,<br />

Beiheft 42. Oldenburg 2004.<br />

Die Autobahn A 20 – <strong>Norddeutschland</strong>s längste Ausgrabung. Archäologie in Mecklenburg-<br />

Vorpommern 4. Schwerin 2005.<br />

H.-J. Häßler (Hrsg.): Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Mit Beiträgen von F. Berger<br />

u. a. Stuttgart 1991.<br />

H.-W. Heine: Frühe Burgen und Pfalzen in Niedersachsen. Von den Anfängen bis zum frühen<br />

Mittelalter. Wegweiser zur Vor- und Frühgeschichte Niedersachsens 17. 2. Aufl. Hildesheim<br />

1995.<br />

J. Herrmann (Hrsg.): Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik. Denkmale und<br />

Funde. Stuttgart 1989.<br />

H. Jöns, F. Lüth, H. Schäfer (Hrsg.): Archäologie unter dem Straßenpflaster. 15 Jahre Stadtkernarchäologie<br />

in Mecklenburg-Vorpommern. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns<br />

39. Schwerin 2005.<br />

G. Kossack, K.-E. Behre, P. Schmid (Hrsg.): Archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen<br />

an ländlichen und frühstädtischen Siedlungen im deutschen Küstengebiet vom<br />

5. Jh. v. Chr. bis zum 11. Jh. n. Chr. Band 1, Ländliche Siedlungen. Mit Beiträgen von A.<br />

Bantelmann u. a. Weinheim 1984.<br />

Herkunftsnachweise für die publizierten Abbildungen<br />

Autobahn 2005<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 63


U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

Die Autobahn A 20 – <strong>Norddeutschland</strong>s längste Ausgrabung. Archäologie in Mecklenburg-<br />

Vorpommern 4. Schwerin 2005.<br />

Bärenfänger 1999<br />

R. Bärenfänger, Hinweise auf Handel und Handwerk der Kaiserzeit an der unteren Ems.<br />

Ausgrabungen in Westerhammrich. In: F. Both/H. Aouni (Red.), Über allen Fronten. Nordwestdeutschland<br />

zwischen Augustus und Karl dem Großen. Sonderausstellung, Staatliches<br />

Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg vom 03. Oktober bis 21. November<br />

1999. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 26 (Oldenburg 1999)<br />

39–44.<br />

Dirks/Grefen-Peters 2004<br />

U. Dirks/S. Grefen-Peters, Ein Haus für die Toten – Die jungsteinzeitliche Grabkammer vom<br />

Hohberg bei Remlingen. In: F. Both/M. Fansa/H. Haßmann (Hrsg.), ArchäologieLandNiedersachsen.<br />

25 Jahre Denkmalschutzgesetz - 400 000 Jahre Geschichte. Archäologische Mitteilungen<br />

aus Nordwestdeutschland, Beiheft 42 (Oldenburg 2004) 312-314.<br />

Eckert 2004<br />

J. Eckert, Ein Gräberfeld der jüngeren Bronzezeit in Vechta. In: F. Both/M. Fansa/H. Haßmann<br />

(Hrsg.), ArchäologieLandNiedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz - 400 000<br />

Jahre Geschichte. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 42 (Oldenburg<br />

2004) 384-386.<br />

Entdeckungen 2009<br />

Archäologische Entdeckungen in Mecklenburg-Vorpommern. Kulturlandschaft zwischen<br />

Recknitz und Oderhaff. Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern 5. Schwerin 2009.<br />

Ettel u.a. 2001<br />

P. Ettel, M. Häckel, V. Maier u. Th. Schierl, Zur Weiterführung der Ausgrabungen auf dem<br />

eisenzeitlichen Gräberfeld von Mühlen Eichsen, Ldkr. Nordwestmecklenburg. – Archäologische<br />

Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern 8, 2001, 53-64.<br />

Freudenberg 2008<br />

M. Freudenberg, Grab und Kultanlage der älteren Bronzezeit von Hüsby, Kr. Schleswig-<br />

Flensburg, und erste Überlegungen zu überregionalen Beziehungen. - In: Arkæologi i Slesvig -<br />

Archäologie in Schleswig 12, 2008 (Symposium Jarplund), 53-68.<br />

Hingst 1981<br />

H. Hingst, Stichwort "Büdelsdorf " - In: Hoops Reallexikon der Germanischen Altertumskunde<br />

4. Berlin - New York 1981,91-95.<br />

Klappauf/Linke 2004<br />

L. Klappauf/F.-A. Linke, Auf den Spuren technischer und sozialer Umwälzungen im hohen<br />

Mittelalter. In: F. Both/M. Fansa/H. Haßmann (Hrsg.), ArchäologieLandNiedersachsen. 25<br />

Jahre Denkmalschutzgesetz - 400 000 Jahre Geschichte. Archäologische Mitteilungen aus<br />

Nordwestdeutschland, Beiheft 42 (Oldenburg 2004) 184-187.<br />

Kühn 1989<br />

H.-J. Kühn, Stichwort "Eselfeld " - In: Hoops Reallexikon der Germanischen Altertumskunde<br />

7. Berlin - New York 1989, 567-571.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 64


VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2011<br />

Schoknecht und Möller:<br />

U. Schoknecht und Jutta Möller, <strong>Norddeutschland</strong>. Handbuch der Grabungstechnik (1998).<br />

Struve 1971<br />

K.-W. Struve, Die Bronzezeit, Periode I-III. - In: O. Klose (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins<br />

2. Neumünster 1971, 1-96.<br />

Uschmann 2006<br />

K.-U. Uschmann, Kalkbrennöfen der Eisen- und römischen Kaiserzeit zwischen Weser und<br />

Weichsel. Befunde – Analysen – Experimente. Berliner Archäologische Forschungen 3 (Rahden/Westf.<br />

2006).<br />

Wilbers-Rost 2003<br />

S. Wilbers-Rost, Die Befunde auf dem "Oberesch" in Kalkriese und die Varusschlacht. Archäologie<br />

in Niedersachsen 6, 2003, 30-36.<br />

Zimmermann 1992<br />

W. H. Zimmermann, Die Siedlungen des 1. bis 6. Jahrhunderts nach Christus von Flögeln-<br />

Eekhöltjen, Niedersachsen. Die Bauformen und ihre Funktionen. Probleme der Küstenforschung<br />

im südlichen Nordseegebiet 19 (Hildesheim 1992).<br />

Zimmermann 1997<br />

W. H. Zimmermann, Haus, Hof und Siedlungsstruktur auf der Geest vom Neolithikum bis in<br />

das Mittelalter im Elbe-Weser-Dreieck. In: H. Beck/H. Steuer (Hrsg.), Haus und Hof in ur-<br />

und frühgeschichtlicher Zeit. Bericht über zwei Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde<br />

Mittel- und Nordeuropas vom 24. bis 26. Mai 1990 und 20. bis 22. November 1991(34.<br />

und 35. Arbeitstagung). (Gedenkschrift für Herbert Jankuhn). Abhandlungen der Akademie<br />

der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse Folge 3, Nr. 218 (Göttingen<br />

1997) 414–460.<br />

Autoren<br />

Dr. Ulrich Schoknecht<br />

Godower Weg 47<br />

D-17192 Waren<br />

Ergänzt und aktualisiert durch<br />

Daniel Nösler, M.A.<br />

Niedersächsisches Institut für historische<br />

Küstenforschung<br />

Viktoriastr. 26/28<br />

D-26382 Wilhelmshaven<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 65<br />

Dr. Jutta Möller<br />

Niedersächsisches Landesverwaltungsamt<br />

Institut für Denkmalpflege<br />

Scharnhorststraße 1<br />

D-30175 Hannover<br />

Dr. Jens-Peter Schmidt<br />

Landesamt für Kultur und Denkmalpflege<br />

Dezernat Archäologie<br />

Domhof 4/5<br />

D-19055 Schwerin

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!