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11.2 Norddeutschland

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U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

(Lockhirsch?). Den Kanon der Bestattungssitten komplettieren besonders in Niedersachsen<br />

wieder die Hügelgräber, von denen teilweise ältere Monumente wieder verwendet wurden.<br />

Auffällig ist die häufige Anlehnung der Friedhöfe an ältere Bestattungsplätze wie Megalithgräber<br />

oder bronzezeitliche Grabhügel (z. B. Flögeln, Ldkr. Cuxhaven).<br />

Einen Hinweis auf die stark eingeschränkte Überlieferung organischen Materials durch die<br />

Kremation und Bodenverhältnisse geben die einzigartigen Funde der Fallward, Ldkr. Cuxhaven.<br />

In den völkerwanderungszeitlichen Körpergräbern waren durch den feuchten Marschboden<br />

auch Textilien und hölzerne Objekte wie z. B. Möbel exzellent konserviert.<br />

Die Sitte der Reihengräberbestattungen, die erst Süd-Nord und dann West-Ost orientiert<br />

sind, setzt im südlichen und südöstlichen Niedersachsen während des 6. Jh. ein. Die Körpergräber<br />

sind dann in Reihen angelegt, ähnlich unseren heutigen Friedhöfen. Meist wurden<br />

die Verstorbenen auf dem Rücken liegend beigesetzt, wobei den Männern in der Regel<br />

Schnallen, Messer, Kämme und gelegentlich Waffen mitgegeben wurden. Aus Frauenbeisetzungen<br />

stammen neben Messern und Kämmen auch Fibeln, Perlenketten, Spinnwirtel und<br />

Schlüssel. Zuweilen finden sich auf derartigen Friedhöfen auch Pferdegräber. Im friesischen<br />

Siedlungsbereich variiert die Ausrichtung der Gräber über einen längeren Zeitraum hinweg.<br />

Hier ordnen sich die Körperbestattungen vielfach radial um überhügelte Brandbestattungen<br />

an. Innerhalb der Friedhöfe sind in dieser Phase Familiengruppen zu erkennen. Erst im Verlauf<br />

des 9. Jh. setzt sich die Körperbestattung hier endgültig durch<br />

In der Karolingerzeit dominiert die Reihengräberbestattung weiterhin, allerdings versiegt mit<br />

der Durchsetzung des Christentums allmählich die Beigabensitte. Die Toten wurden nun<br />

nicht mehr vollständig bekleidet bestattet, sondern sind lediglich mit einem Taufhemd oder<br />

einem Leichentuch umhüllt. Frühmittelalterliche Friedhöfe der Merowinger- und Karolingerzeit<br />

lagen in der Regel außerhalb der mittelalterlichen Dörfer. Nach Aufgabe dieser Friedhöfe<br />

wurden die Verstorbenen dann in unmittelbarer Nähe der Kirche bestattet.<br />

Im slawischen Siedlungsbereich Nordostdeutschlands wurden die Toten hingegen noch bis<br />

etwa um 1000 n. Chr. verbrannt. Dazu gibt es ganz unterschiedliche Beisetzungsformen, die<br />

erst in den letzten Jahrzehnten intensiv erforscht wurden. Leichenbrandreste wurden z. B. in<br />

Urnen bewahrt, die man aber nicht eingrub, sondern oberhalb eines flachen Grabhügels, der<br />

zuweilen eine quadratische bis rechteckige Steinumrahmung aufweist, auf einem Pfosten<br />

deponierte. Sobald dieser einknickte oder die Urne aus anderen Gründen herabstürzte, zerschellte<br />

das Gefäß und der Leichenbrand ist dann verstreut an der Hügeloberfläche oder<br />

unmittelbar darunter nachweisbar. Es gibt aber auch Hinweise, dass Urnen bis in den Graben,<br />

der den Aushub für den Hügel dokumentiert, fielen und dort fast unversehrt liegenblieben.<br />

Eine weitere Bestattungsform der älteren Slawenzeit sind Brandschichtengräber. Hierzu hob<br />

man tiefe Gruben aus, die offenbar über längere Zeit benutzt wurden und gelegentlich Größen<br />

aufwiesen, die bis an ein Grubenhaus heranreichen. Es sind aber immer wieder in einzelnen<br />

Straten der Grubenfüllung Leichenbrandpartikel nachweisbar. Zuweilen findet sich auf<br />

dem Boden der Grube auch ein Körpergrab, in der Regel eine Kinderbestattung.<br />

Etwa nach dem Jahr 1000 setzt sich auch im slawischen Gebiet die Körperbestattung durch<br />

(Abb. 34) und es entstehen auch hier Reihengräberfriedhöfe, die jedoch sehr arm an Beigaben<br />

sind. In der Regel wurden Männer, Frauen und Kinder gemeinsam auf einem Friedhof<br />

bestattet, nur in Dämelow, Ldkr. Nordwestmecklenburg, scheinen ausschließlich Männer bei<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 24

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