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11.2 Norddeutschland

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U. Schoknecht, J. Möller, D. Nösler, J.-P. Schmidt, <strong>Norddeutschland</strong><br />

kingische Familien gelebt haben, die ihre Toten nach Wikingerritual bestattet haben, vielfach<br />

in Brandgräbern. Als Urnen benutzte man allerdings gerne slawische Tongefäße, also die<br />

übliche Tonware aus der Umgebung des Platzes. In Menzlin, Ldkr. Ostvorpommern, konnten<br />

skandinavische Bootsgräber in Form ovaler Steinsetzungen mit erhöhten Bug- und Hecksteinen<br />

nachgewiesen werden. Andere Bestattungsformen in Menzlin sind Steinkreise und<br />

einzelne freistehende Urnen neben großen Findlingen. In Groß Strömkendorf, Ldkr. Nordwestmecklenburg,<br />

sind zahlreiche Grabhügel mit mehr als 300 Gräbern – sowohl Körper- als<br />

auch Brandbestattungen – untersucht worden. Dort wurden aber auch 14 Tiergräber (Hunde<br />

und Pferde) sowie sechs Bestattungen mit Boot aufgedeckt, die als Hinweis auf den hohen<br />

Anteil von Menschen friesisch-sächsischer bzw. skandinavischer Herkunft gewertet werden.<br />

In noch stärkerem Maße ist dieser skandinavische Einfluss im Bestattungsritual im Norden<br />

Schleswig-Holsteins im Umfeld von Haithabu bei Schleswig im Kreis Schleswig-Flensburg zu<br />

fassen.<br />

Tiergräber aus slawischem Kontext sind für Jesendorf, Ldkr. Nordwestmecklenburg, belegt,<br />

wo auf einem jungslawischen Friedhof des 12. Jh. neben der Bestattung eines einzelnen<br />

Rindes auch die Bestattung eines 20 jährigen Mannes aufgedeckt wurde, auf dessen Unterleib<br />

ein etwa 4 Jahre altes männliches Rind gelegt worden war.<br />

Im deutschen Mittelalter Nordostdeutschlands dominiert dann im gesamten norddeutschen<br />

Raum die Körperbestattung. Ihre Orientierung wechselt durch den Einfluss des Christentums<br />

von Nord-Süd bei den germanischen Gräbern (und zum großen Teil auch bei den slawischen<br />

Körpergräbern) auf Ost-West. Die Mitgabe von Ausrüstungsgegenständen ist jetzt nicht mehr<br />

die Regel, wir treffen fast nur noch auf die Skelette, was deren Datierung erschwert. Findet<br />

man solche Bestattungsgruppen im Zusammenhang mit frühen Kirchen, ist die Deutung einfacher.<br />

Es gibt aber auch spätmittelalterliche Körpergräber außerhalb der heutigen Dorfstrukturen,<br />

deren chronologische Einordnung zuweilen sehr schwierig ist. Ähnliches gilt für Massengräber<br />

jüngerer Zeit, in denen Opfer von Seuchen wie Pest und Cholera sowie kriegerischer Ereignisse<br />

wie dem Dreißigjährigen Krieg beerdigt wurden.<br />

Eine Besonderheit bei den Bestattungen stellen die mittelalterlich-frühneuzeitlichen Richtstätten<br />

dar, in deren Umfeld, wie ein Beispiel aus Salzhausen, Ldkr. Harburg zeigt, die Gerichteten<br />

- oft in ungewöhnlicher Art und Weise - niedergelegt wurden.<br />

<strong>11.2</strong>.2 Siedlungswesen<br />

Ein Ziel archäologischer Forschung besteht darin, Klarheit über Form und Aufbau der Siedlungen<br />

aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit zu erlangen. In der Vergangenheit wurden vielfach<br />

eher Gräberfelder und Befestigungen untersucht, weniger die oft schwer erkenn- und<br />

nur großflächig erfassbaren Siedlungskomplexe. In den letzten Jahrzehnten ist diesbezüglich<br />

allerdings ein deutlicher Wandel feststellbar. Großflächige Grabungen – im Rahmen mehrjähriger<br />

Forschungsprojekte oder im Verlauf großer Infrastrukturbauvorhaben – förderten ein<br />

umfangreiches Quellenmaterial zutage, das viele neue Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichte<br />

erlaubte. Aufgrund dessen rückt die Siedlungsarchäologie seither verstärkt in den Focus<br />

der archäologischen Forschung. Insbesondere die Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

Nachbardisziplinen wie der Paläobotanik, der Bodenkunde und Vegetationsgeschichte ermöglichte<br />

umfassende Einblicke in die Entwicklung der Besiedlung und Kulturlandschaft in<br />

<strong>Norddeutschland</strong>.<br />

Kapitel <strong>11.2</strong> – Aktualisierung – Seite 26

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