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Aktuelle Nachrichten für<br />
Expertinnen und Experten<br />
Mai <strong>2011</strong><br />
Titel<br />
Grünbuch über die Zukunft<br />
der Mehrwertsteuer (Teil 2):<br />
Fragen zur Reduzierung von<br />
Verwaltungslasten<br />
http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht<br />
steuern+recht
Inhalt<br />
Steuern aktuell ........................... 4<br />
Titel ............................................ 6<br />
Das Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer<br />
(Teil 2): Fragen zur Reduzierung von Verwaltungslasten . 6<br />
Steuern A bis Z ............................ 8<br />
Übernahmegarantien bei der Neuemission von<br />
Wertpapieren .................................................................. 8<br />
Doppelter Inlandsbezug von Organgesellschaften<br />
auf dem Prüfstand ........................................................... 10<br />
Gewerbesteuer: keine erweiterte Kürzung bei Beteiligung<br />
an einer Zebragesellschaft ............................................... 11<br />
Leistungsortbestimmung bei komplexen sonstigen<br />
Leistungen ....................................................................... 13<br />
Besteuerung leitender Angestellter in der Schweiz:<br />
Ort der Geschäftsleitung bei Domizilgesellschaften ......... 15<br />
Keine Änderung der Bemessungsgrundlage vor<br />
Rückgewähr vereinnahmter Anzahlung ........................... 16<br />
Recht aktuell .............................. 19<br />
Rechtswidrige Zahlungen an Aufsichtsratsmitglieder ....... 19<br />
Gesetzentwurf zum Anlegerschutz im „Grauen<br />
Kapitalmarkt“ .................................................................. 19<br />
Private Nutzung von Bank- und Tankkarten des<br />
Arbeitgebers .................................................................... 19<br />
Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile einer<br />
GmbH in Gesellschafterliste zulässig ............................... 20<br />
Länder ........................................ 21<br />
Ticker ......................................... 22<br />
Impressum ................................. 23<br />
2 <strong>PwC</strong>
Editorial<br />
Prof. Dr. Dieter Endres,<br />
Leiter Steuern und Mitglied<br />
des Vorstands<br />
„Vielversprechende Ansätze zur<br />
Reduzierung von Verwaltungslasten<br />
bei der Umsatzsteuer“<br />
In unserer Maiausgabe widmen wir uns abermals dem Grünbuch<br />
zur Umsatzsteuer. Die EU-Kommission hat erkannt, dass<br />
der Aufwand vieler Unternehmen bei der Administration der<br />
Umsatzsteuer erheblich ist. Dies ist zum einen der gewachsenen<br />
Bedeutung der Mehrwertsteuer für den Fiskus und die<br />
Unternehmen geschuldet, zum anderen aber auch der Tatsache,<br />
dass der grenzüberschreitende Handel innerhalb der EU<br />
stark an Bedeutung gewonnen hat. Die EU-Kommission strebt<br />
daher eine Reduzierung von Verwaltungslasten für die Unternehmen<br />
an.<br />
Grundsätzlich haben die Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der<br />
gemeinsamen Pflichten aus der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />
einen gewissen Spielraum. Daraus entwickelte sich ein<br />
wahres Potpourri an unterschiedlichen Compliance-Vorschriften,<br />
die der einzelne Unternehmer bei grenzüberschreitenden<br />
Transaktionen zu erfüllen hat. Besonders hervorzuheben sind<br />
hier die verschiedenen Mehrwertsteuererklärungen mit unterschiedlichen<br />
Meldepflichten. Insbesondere die international<br />
tätigen Unternehmen werden durch die Befolgung dieser mannigfaltigen<br />
Mehrwertsteuerpflichten mit erheblichen Verwaltungskosten<br />
belastet. Im zweiten Teil unserer insgesamt<br />
dreiteiligen Titelserie stellen Ihnen die Autoren Guido Schäfer<br />
und Frank Gehring deshalb ausgewählte Änderungs- und Verbesserungsvorschläge<br />
der EU-Kommission zur Verringerung<br />
des Verwaltungsaufwands sowie zur Effizienzsteigerung und<br />
Modernisierung der Verwaltung des Mehrwertsteuersystems<br />
vor. Die Details finden Sie in dem Beitrag „Das Grünbuch über<br />
die Zukunft der Mehrwertsteuer (Teil 2): Fragen zur Reduzierung<br />
von Verwaltungslasten“ auf den Seiten 6 bis 8.<br />
Auch der zweite Artikel dieser Ausgabe betrifft die Umsatzsteuer.<br />
Die Frage, ob Übernahmegarantien bei der erstmaligen<br />
Ausgabe – der so genannten Neuemission – von Wertpapieren<br />
von der Umsatzsteuer befreit sind, wird in den Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Union unterschiedlich beurteilt. In einem<br />
Urteil vom 10. März <strong>2011</strong> bezog nun der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) zum ersten Mal Stellung zu diesem Thema, nach-<br />
dem er bislang keine eindeutige Aussage zur umsatzsteuerlichen<br />
Behandlung solcher Übernahmegarantien im Rahmen<br />
von Neuemissionen getroffen hatte. Im dargestellten Fall<br />
wurde die Übernahmegarantie von Gesellschaften abgegeben,<br />
die die Neuemissionen nicht selbst durchgeführt hatten. Unter<br />
diesen Umständen bewertete der EuGH die Garantie als eigenständige<br />
Leistung und nicht als Nebenleistung zu anderen bei<br />
der Ausgabe von Aktien erbrachten Dienstleistungen. Und<br />
auch den Fragen, ob die Übernahmegarantie als Umsatz im<br />
Geschäft mit Wertpapieren steuerfrei ist oder ob andere Steuernormen<br />
greifen, stellte sich der EuGH. Die höchstrichterlichen<br />
Antworten sowie den <strong>PwC</strong>-Beratungshinweis zu dieser<br />
Thematik finden Sie in dem Beitrag „Übernahmegarantien bei<br />
der Neuemission von Wertpapieren“ unserer beiden Autorinnen<br />
Dr. Stephanie Hoh und Sylvia Neubert auf den Seiten 8<br />
bis 10.<br />
Das Trio an umsatzsteuerlicher Berichterstattung wird mit dem<br />
Verweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. September<br />
2010 komplettiert: Vereinnahmt ein Unternehmer eine Anzahlung,<br />
ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen,<br />
kommt es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung<br />
der Bemessungsgrundlage. Wird die Leistung nach Vereinnahmung<br />
des Entgelts rückgängig gemacht, entsteht der<br />
Berichtigungsanspruch erst mit der Rückgewähr des Entgelts.<br />
Damit widersprechen die obersten Finanzrichter ihrer bisher<br />
gegenteiligen Auffassung. Der Beitrag „Keine Änderung der<br />
Bemessungsgrundlage vor Rückgewähr vereinnahmter Anzahlung“<br />
von Anna Grienberger und Dr. Diana-Catharina Kurtz<br />
auf den Seiten 16 bis 18 befasst sich mit der Frage, zu welchem<br />
Zeitpunkt die Minderung der Bemessungsgrundlage eintritt,<br />
wenn die Leistung nach Vereinnahmung des Entgelts rückgängig<br />
gemacht wird, und erklärt, wieso der BFH an seiner früheren<br />
Auffassung zur Änderung der Bemessungsgrundlage bei<br />
Fällen der Rückzahlung und Rückgängigmachung nicht mehr<br />
festhält.<br />
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre<br />
Ihr<br />
Professor Dr. Dieter Endres<br />
steuern+recht Mai 3
Steuern aktuell<br />
Elektronische Rechnungstellung:<br />
Frage-Antwort-Katalog<br />
Das Steuervereinfachungsgesetz <strong>2011</strong> soll mittels Änderungen<br />
im Umsatzsteuergesetz zum 1. Juli <strong>2011</strong> die bislang sehr<br />
hohen Anforderungen an die elektronische Übermittlung von<br />
Rechnungen verringern und so Bürokratiekosten der Wirtschaft<br />
in Milliardenhöhe abbauen. Bislang liegt hierzu allerdings<br />
nur ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der sich<br />
zurzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Was das Gesetz<br />
endgültig besagt, werden Bundestag und Bundesrat entscheiden.<br />
Schon jetzt aber wurden viele Fragen zur konkreten<br />
Gestaltung der zukünftigen Regelung an das Bundesfinanzministerium<br />
gestellt. Die wichtigsten hat das Amt in einem Frage-<br />
Antwort-Katalog zusammengestellt, die Sie auf der Homepage<br />
des Ministeriums nachlesen können:<br />
http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_82/DE/<br />
Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Umsatzsteuer/003.html?__nnn=true<br />
Strohmann als umsatzsteuerlicher<br />
Unternehmer<br />
Auch ein „Strohmann“ kommt als leistender Unternehmer in<br />
Betracht. Dementsprechend lassen sich ihm auch die Leistungen<br />
zurechnen, die der so genannte Hintermann als Subunternehmer<br />
im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat.<br />
Entscheidend hierfür sind auch die zivilrechtlichen Absprachen.<br />
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist,<br />
ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen<br />
Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel, wer die Lieferungen<br />
oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber<br />
einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten<br />
ausführen lässt.<br />
Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen<br />
ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde<br />
gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder<br />
berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung<br />
entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Leistender kann dabei<br />
auch ein Strohmann sein. In diesem Fall wären dem Strohmann<br />
auch solche Leistungen zuzurechnen, die der Hintermann<br />
in dessen Namen tatsächlich ausgeführt hat.<br />
Umsatzsteuerlich unbeachtlich wäre das vorgeschobene Strohmanngeschäft<br />
allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen<br />
wird, also wenn die Vertragsparteien einvernehmlich<br />
oder stillschweigend davon ausgehen, die Rechtswirkungen<br />
des Geschäfts sollten gerade nicht zwischen ihnen, sondern<br />
zwischen dem Leistungsempfänger und dem Hintermann eintreten.<br />
Das wäre etwa dann der Fall, wenn der Leistungsempfänger<br />
wisse oder davon ausgehen müsse, dass der Strohmann<br />
keine eigene Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft überneh-<br />
4 <strong>PwC</strong><br />
men und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern<br />
würde. In einem jetzt vor dem XI. Senat des Bundesfinanzhofs<br />
(BFH) verhandelten Fall hatte das Finanzgericht die<br />
Strohmanneigenschaft im Fall der vorgeschobenen Tochter des<br />
Klägers abgelehnt, weil sie sich in abhängiger Stellung zu ihm<br />
befand. Diese Entscheidung ging jedoch von einer BFH-Rechtsprechung<br />
von 1995 aus, die inzwischen überholt ist. Der Kläger<br />
beziehungsweise seine Tochter handelten in erheblichem<br />
Umfang mit Branntwein und Obsterzeugnissen, ohne das gewerbe-<br />
und steuerrechtlich angemeldet zu haben. Die Steuerfahndung<br />
stellte Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer<br />
sicher, die auf den Namen der Tochter ausgestellt worden<br />
waren. Zunächst erklärte der Kläger, seine Tochter quasi als<br />
Strohmann eingesetzt zu haben. Später widerrief er diese Aussage<br />
und machte geltend, er selbst habe mit den besagten Geschäften<br />
nichts zu tun gehabt. Der BFH hob das Urteil des<br />
Finanzgerichts auf, verwies aber den Fall zur weiteren Sachverhaltsermittlung<br />
nach dort zurück. Zwar sei, so der BFH, die<br />
Tochter Rechnungsausstellerin gewesen und habe nach außen<br />
hin förmlich in ihrem Namen gehandelt. Das schließe aber<br />
nicht aus, dass den jeweiligen Geschäftspartnern erkennbar<br />
gewesen sei, nicht die Tochter, sondern der Kläger aus den Verträgen<br />
solle berechtigt und verpflichtet sein.<br />
Keine Dreimonatsfrist für Verpflegungspauschalen<br />
bei Fahrtätigkeit<br />
Bei Fahrtätigkeiten und damit auch bei Seereisen findet die<br />
Dreimonatsfrist für den Abzug von Verpflegungspauschalen<br />
keine Anwendung. Zu dieser Entscheidung kam der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) in einem Urteil vom 24. Februar <strong>2011</strong> und gab<br />
damit seine bisherige Rechtsprechung auf. – Hintergrund: Normalerweise<br />
sind Mehraufwendungen für die Verpflegung nicht<br />
abziehbare Betriebsausgaben, es sei denn, ein Steuerpflichtiger<br />
wird vorübergehend entfernt betrieblich tätig. In einem solchen<br />
Fall kann für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige<br />
wegen dieser Tätigkeit über eine bestimmte Dauer<br />
abwesend ist, ein gestaffelter Pauschbetrag abgesetzt werden.<br />
Das gilt laut dem Urteil des BFH auch, wenn ein Steuerpflichtiger<br />
im Rahmen seiner Tätigkeit an wechselnden Tätigkeitsstätten<br />
oder auf einem Fahrzeug tätig wird.<br />
Der Senat begründete seine Entscheidung, die dem Bescheid<br />
des Finanzamts widerspricht, mit dem Umstand, der Kläger<br />
habe im vorliegenden Fall berufsbedingt eine Auswärtstätigkeit<br />
ausgeübt, wodurch er zeitlich unbegrenzt zum Abzug der<br />
dadurch entstandenen Mehraufwendungen berechtigt gewesen<br />
sei. Entgegen der Amtsauffassung komme die Dreimonatsfrist<br />
in diesem Fall nicht zum Tragen. Höchstrichterliche<br />
Begründung: Verpflegungsaufwand könne nur bei längerfristigen<br />
vorübergehenden Tätigkeiten an derselben Tätigkeitsstätte<br />
auf die ersten drei Monate beschränkt werden. Die Tätigkeit
auf einem Fahrzeug oder – wie im Streitfall – auf einem Schiff<br />
sei keine Arbeit an einer auswärtigen Tätigkeitsstätte. Mit dieser<br />
Einschätzung gab der BFH seine bisherige Rechtsprechung<br />
auf. Geklagt hatte ein Seemann, der im Streitjahr als technischer<br />
Offizier auf einem Motorschiff beschäftigt war und seine<br />
Mehraufwendungen für die dort anfallende Verpflegung als<br />
Werbungskosten geltend gemacht hatte. Das Finanzamt hatte<br />
dem mit der Begründung widersprochen, diese Mehraufwendungen<br />
könnten nur für die ersten drei Monate an Bord des<br />
Schiffes in Abzug gebracht werden. Eine Auswärtstätigkeit sei<br />
beendet, wenn das Schiff in den Heimathafen zurückkehre. Sobald<br />
es zu einer neuen Reise aufbreche, könne der Verpflegungsmehraufwand<br />
dann für weitere drei Monate geltend<br />
gemacht werden. Beim Kläger habe diese Voraussetzung nicht<br />
vorgelegen, da das Schiff, auf dem er eingesetzt war, im Streitjahr<br />
nicht seinen Heimathafen angelaufen habe, sondern den<br />
jeweiligen (internationalen) Ausgangshafen der Reise.<br />
Voraussetzungen für umsatzsteuerliche<br />
Organschaft konkretisiert<br />
Mit einem aktuellen Urteil nahm der Bundesfinanzhof (BFH)<br />
Stellung zum Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung<br />
bei der umsatzsteuerlichen Organschaft und legte strenge<br />
Maßstäbe dafür an. – Eine Änderung der Rechtsprechung mit<br />
Folgen: Denn bei der Aberkennung der Organschaft zieht das<br />
speziell für nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigte<br />
Unternehmen bei Ausführung von steuerpflichtigen<br />
konzerninternen Leistungen höhere umsatzsteuerliche Belastungen<br />
nach sich. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter<br />
setzt eine finanzielle Eingliederung sowohl bei einer Kapitalals<br />
auch bei einer Personengesellschaft als Organträger eine<br />
unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Organgesellschaft<br />
voraus. Deshalb reiche es für die finanzielle Eingliederung<br />
einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht aus, dass<br />
Letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit<br />
an der GmbH beteiligt ist. Das Fehlen einer eigenen<br />
mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung der Gesellschaft<br />
könne auch nicht ersetzt werden durch einen Beherrschungs-<br />
und Gewinnabführungsvertrag.<br />
Neu an dieser Sichtweise ist: Bislang setzte der BFH bei einer<br />
Personengesellschaft als Organträger – anders als bei einer Kapitalgesellschaft<br />
als Organträger – für eine finanzielle Beteiligung<br />
eine Beteiligung der Personengesellschaft an der<br />
Organgesellschaft nicht voraus. Ausreichend war vielmehr,<br />
dass die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft<br />
von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten<br />
wurde. – Die Folge: In beiden Gesellschaften verfügten dieselben<br />
Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte,<br />
womit die Personengesellschaft mittelbar ihren Willen<br />
in der Organgesellschaft durchsetzte.<br />
Steuern aktuell<br />
Nunmehr hat der Fünfte Senat des BFH aber eine finanzielle<br />
Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft verneint,<br />
wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die<br />
Anteilsmehrheit an einer Personengesellschaft und einer<br />
GmbH verfügen. Damit gab das Gericht seine bisherige Rechtsprechung<br />
auf. Richterliche Begründung: Die bislang unterschiedliche<br />
umsatzsteuerrechtliche Behandlung von<br />
Unternehmen je nach ihrer Rechtsform verstoße gegen den<br />
durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />
„ausgeprägten unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität“,<br />
da sie nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt<br />
sei.<br />
Dienstwagen für Fahrten zwischen<br />
Wohnung und Arbeitsstätte<br />
Wenn der Arbeitnehmer einen Firmenwagen des Arbeitgebers<br />
privat nutzen darf, wird der geldwerte Vorteil mit monatlich<br />
ein Prozent des Bruttolistenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung<br />
angesetzt. Kann das Fahrzeug auch für Fahrten<br />
zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt<br />
werden, erhöht sich der geldwerte Vorteil monatlich um<br />
0,03 Prozent des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer.<br />
Bei der 0,03-Prozent-Regelung wurde dabei bislang die Nutzungsmöglichkeit<br />
zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger<br />
Arbeitsstätte besteuert. Im Unterschied dazu geht der<br />
Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass es für die Anwendung<br />
des 0,03-Prozent-Zuschlags auf die tatsächliche Anzahl der<br />
Nutzungstage ankommt. Bei einem Nutzungsumfang von<br />
weniger als 15 Arbeitstagen pro Monat verlangen die obersten<br />
Finanzrichter eine Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 Prozent<br />
des Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung<br />
je Entfernungskilometer. Nachdem der BFH nunmehr in<br />
weiteren Urteilen seine aktuelle Rechtsauffassung bestätigt<br />
hat, lenkte das Bundesfinanzministerium jetzt ein und hob<br />
seine bisherigen Nichtanwendungserlasse auf.<br />
Ein neues Anwendungsschreiben regelt nunmehr, unter welchen<br />
Voraussetzungen bei der Ein-Prozent-Methode ein Wechsel<br />
vom Monatsprinzip zur tageweisen Berechnung zulässig ist,<br />
sodass der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil nur noch für die<br />
tatsächlichen durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und<br />
Arbeitsstätte versteuern muss.<br />
steuern+recht Mai 5
Titel<br />
Das Grünbuch über die Zukunft der<br />
Fragen zur Reduzierung von<br />
Verwaltungslasten<br />
Die EU-Kommission hat erkannt, dass der Aufwand<br />
vieler Unternehmen zur Administration der Umsatzsteuer<br />
erheblich ist. Dies ist zum einen der gewachsenen<br />
Bedeutung der Mehrwertsteuer für den Fiskus<br />
und die Unternehmen geschuldet, zum anderen aber<br />
auch der Tatsache, dass der grenzüberschreitende<br />
Handel innerhalb der EU stark an Bedeutung gewonnen<br />
hat. Die EU-Kommission strebt daher eine Reduzierung<br />
von Verwaltungslasten für die Unternehmen<br />
an. Die Vorschläge für geeignete Maßnahmen beziehen<br />
sich unter anderem auf die Verringerung des Verwaltungsaufwands<br />
sowie auf eine Effizienzsteigerung<br />
und Modernisierung der Verwaltung des Mehrwertsteuersystems.<br />
Grundsätzlich haben die Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der<br />
gemeinsamen Pflichten aus der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />
einen gewissen Spielraum. Daraus entwickelte sich in den<br />
letzten 40 Jahren seit Bestehen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems<br />
eine Vielzahl unterschiedlicher nationaler<br />
Pflichten für den einzelnen Unternehmer. Besonders hervorzuheben<br />
sind hier die verschiedenen Mehrwertsteuererklärungen<br />
mit unterschiedlichen Meldepflichten. Insbesondere die international<br />
tätigen Unternehmen werden durch die Befolgung<br />
dieser mannigfaltigen Mehrwertsteuerpflichten mit erheblichen<br />
Verwaltungskosten belastet. Im Folgenden möchten wir<br />
Ihnen ausgewählte Änderungs- und Verbesserungsvorschläge<br />
der EU-Kommission zum Thema „Reduzierung von Verwaltungslasten“<br />
vorstellen.<br />
Verringerung des Verwaltungsaufwands<br />
Bereits 2007 legte die EU-Kommission dem Europäischen Rat<br />
ein Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten<br />
der Unternehmen vor, das sich auch mit einer Straffung der<br />
mehrwertsteuerlichen Pflichten befasste. Daraufhin erarbeitete<br />
die Kommission ein Programm, das sie 2009 vorlegte.<br />
Anregungen und Vorschläge aus diesem Bereich stellen Ihnen<br />
die folgenden Absätze vor:<br />
Sollte eine in allen Amtssprachen verfügbare, EUweite<br />
Standard-Mehrwertsteuererklärung eingeführt<br />
werden oder sollten die mehrwertsteuerlichen Pflichten<br />
eingeschränkt werden, die die EU-Mitgliedstaaten<br />
vorsehen dürfen?<br />
Aus unserer Sicht würde die Harmonisierung der Erklärungspflichten<br />
Unternehmen, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten<br />
6 <strong>PwC</strong><br />
tätig sind beziehungsweise Niederlassungen unterhalten, im<br />
Hinblick auf die entstehenden Verwaltungskosten stark entlasten.<br />
Allerdings brächte ein solcher Umstellungsprozess im Bereich<br />
der Buchhaltung und Deklaration anfänglich enorme<br />
Kosten mit sich. Unseres Erachtens wird aber mittelfristig ein<br />
positiver Effekt nicht ausbleiben, zumal eine einheitliche Mehrwertsteuererklärung<br />
und/oder ein einheitlicher Katalog der<br />
mehrwertsteuerlichen Pflichten die Entwicklung entsprechender<br />
IT-Tools begünstigen würde.<br />
Sollten eine gemeinsame EU-Schwelle für die Anwendung<br />
der Kleinunternehmerregelung und ein größerer<br />
Spielraum für EU-weit tätige Kleinunternehmer verhandelt<br />
werden?<br />
Berechnungsmethoden, Schwellengrößen und Anwendungsbereiche<br />
der Kleinunternehmerregelung der einzelnen Mitgliedstaaten<br />
sind vielfach von deren Beitrittszeitpunkt in die<br />
EU abhängig und folglich nicht EU-weit harmonisiert. Eine<br />
Angleichung der Anwendungsvoraussetzungen innerhalb der<br />
EU wäre zu begrüßen.<br />
Wie lässt sich das gemeinsame Mehrwertsteuersystem<br />
an große, europaweit tätige Unternehmen anpassen?<br />
Der grenzüberschreitende Austausch von Waren und Dienstleistungen<br />
zwischen nicht selbstständigen Unternehmensteilen<br />
kann nach Auffassung der Kommission vereinfacht werden.<br />
Eine Möglichkeit der Vereinfachung bestehe darin, Organschaften<br />
auf in anderen Mitgliedstaaten belegene Unternehmensteile<br />
auszudehnen. Alternativ könnten Lieferungen von<br />
Gegenständen zwischen Zweigniederlassungen unbesteuert<br />
bleiben.<br />
Wenngleich eine derartige Lösung dazu beitragen könnte, die<br />
Verwaltungslasten innerhalb eines Konzerns zu senken, erscheint<br />
es nur schwer vorstellbar, wie dieser Vorschlag überzeugend<br />
umgesetzt werden kann. Die Meldepflichten könnten<br />
wohl lediglich vereinfacht werden, nicht aber ganz entfallen,<br />
um weiteren Mehrwertsteuerbetrug zu vermeiden.<br />
Sollten Synergien zwischen dem Mehrwertsteuersystem<br />
und Rechtsvorschriften in anderen Bereichen,<br />
zum Beispiel dem Zollrecht, geschaffen werden?<br />
Bislang ist die Erhebung der Mehrwertsteuer nicht optimal mit<br />
der Erhebung anderer Abgaben wie insbesondere Zoll und Verbrauchsteuern<br />
abgestimmt. Eine Vereinfachung der Mehrwertsteuererhebung<br />
könnte mit der Vereinfachung der Erhebung<br />
auch dieser Abgaben einhergehen. In vielen Fällen erscheint es<br />
in der Tat sinnvoll, den Entstehungstatbestand von Zöllen und<br />
Verbrauchsteuern an den Entstehungstatbestand der Mehrwertsteuer<br />
zu knüpfen. Das kann praktisch aber wohl nur im<br />
Falle EU-weit gleichfalls harmonisierter Abgaben erfolgen –
Mehrwertsteuer (Teil 2):<br />
also etwa beim Zoll, nicht aber bei der (kaum harmonisierten)<br />
Grunderwerbsteuer.<br />
Effizienzsteigerung und Modernisierung<br />
der Verwaltung des Mehrwertsteuersystems<br />
Die Steuerpflichtigen erheben die Mehrwertsteuer für Rechnung<br />
des Fiskus. Darum gilt es nicht allein, den Steuerpflichtigen<br />
von unnötigem Verwaltungsaufwand zu entlasten. Soweit<br />
möglich, müssen die Anforderungen an die Steuerpflichtigen<br />
auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit genügen. Die Kommission<br />
hat sich im Grünbuch auch dieser Problematik angenommen.<br />
Hier stehen vor allem vier Maßnahmen zur<br />
Diskussion, die sowohl einzeln als auch kumulativ umgesetzt<br />
werden könnten. Teilweise sind Ihnen diese Möglichkeiten<br />
schon aus dem ersten Teil unserer Serie zum Thema Betrugsbekämpfung<br />
bekannt, da einzelne Maßnahmen auch das Ziel<br />
der Betrugsbekämpfung verfolgen.<br />
Titel<br />
• Zur Förderung des Meinungsaustauschs auf EU-Ebene<br />
zwischen den Steuerbehörden und der Wirtschaft wird erwogen,<br />
eine Art ständiges Diskussionsforum ins Leben zu rufen.<br />
Ein solches Forum könnte zum Beispiel proaktiv auf einheitliche<br />
Verwaltungsregelungen nach Urteilen des Europäischen<br />
Gerichtshofs hinwirken, durch welche die bisherige steuerliche<br />
Praxis in einigen oder sogar allen Mitgliedstaaten infrage<br />
gestellt wird.<br />
• Die Mitgliedstaaten könnten ermuntert werden, vermehrt<br />
voneinander zu lernen. So könnten bewährte Verwaltungspraktiken<br />
übertragen werden, wenn sich hierdurch die nationalen<br />
Verwaltungsverfahren straffen lassen.<br />
• Als weitere Maßnahme könnten so genannte Partnerschaften<br />
zwischen den Steuerbehörden und den Unternehmen ins<br />
Leben gerufen werden. Was die Kommission damit meint,<br />
bleibt unklar; sie könnte hier auf eine Art „zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“<br />
auf mehrwertsteuerlichem Gebiet abzielen,<br />
dem durch freiwillige Befolgung bestimmter Vorschriften<br />
im Gegenzug Erleichterungen und Vereinfachungen zugestanden<br />
werden. Solche Partnerschaften könnten auch<br />
(schnellere, weniger formelle) verbindliche Auskünfte der<br />
Finanzverwaltung vor Ausführung der Umsätze umfassen.<br />
Green Paper on the future of the VAT system – Part 2: Steps to reduce administrative burdens<br />
The complexity in the VAT rules result in administrative burdens for businesses and accordingly makes the EU a less<br />
attractive place to invest. The VAT Directive includes a common set of obligations and Member States have some freedom in<br />
deciding how to meet them. This leads to a patchwork of national VAT obligations and, in particular, VAT returns which<br />
require different types and volume of information. Devising a standard EU VAT return available in all languages, which<br />
businesses could opt to use but which all Member States would have to accept, could be a way to reduce compliance costs.<br />
Following the European Council’s endorsement in 2007 of the Commission Action Programme to reduce the administrative<br />
burdens arising from EU legislation, the Commission proposed in 2009 various measures for VAT. Improving the business<br />
environment for small businesses is also addressed by the EU Commission: An EU-wide scheme with a common threshold<br />
and greater scope for reducing compliance costs across the single market and thus encouraging small business growth<br />
would seem an obvious solution. However, such scheme has a number of shortcomings as the calculation method of the<br />
threshold and scope of the scheme do not take the single market into account. In addition, the legal framework – based<br />
largely on the time Member States joined the EU – has created differences in the thresholds and in the leeway given to<br />
Member States to set thresholds. There are also concerns about neutrality and transparency in the treatment of supplies<br />
of services within international business groups, which varies according to the structure chosen (branch/head office or<br />
parent company/subsidiary) rather than the nature of services. Synergies with our legislations, such as customs, should be<br />
established. Efforts to make customs procedures on importation easier must take account of VAT to maximise the benefits.<br />
Consistency between VAT law and other tax legislation, notably excise duties, could therefore also simplify compliance for<br />
businesses.<br />
By devising a new approach of reducing both the involvement of tax authorities and the administrative burden four<br />
measures are put up for discussion by the Commission:<br />
• Setting up a permanent discussion forum to enhance the dialogue between tax authorities and business representatives<br />
• Pooling best practice in the Member States, thereby streamlining administrative practices<br />
• Developing “partnerships” between tax administrations and taxpayers<br />
• Developing specific software to be supported at EU level and made available to all Member States (MH)<br />
steuern+recht Mai 7
Titel<br />
• Zur Vereinfachung des Informationsaustauschs zwischen<br />
Steuerpflichtigen und Steuerbehörden stellt die Kommission<br />
den Vorschlag in den Raum, die Software der Unternehmen<br />
und der Finanzverwaltung zugunsten eines automatischen<br />
Informationsaustauschs anzugleichen. Eine solche Software<br />
könnte demnach auf EU-Ebene entwickelt und sodann allen<br />
Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden. Unseres Erachtens<br />
ist dieser Aspekt nicht ganz unkritisch, da somit die<br />
Position der Steuerverwaltung gestärkt wird und eine strikte<br />
Einhaltung des Gesetzes beziehungsweise der IT-Tool-Vorgaben<br />
erforderlich wird, um Abstimmungsdifferenzen mit der<br />
Finanzverwaltung zu vermeiden. Dieser Ansatz könnte den<br />
Unternehmen wieder neue Verwaltungskosten auferlegen<br />
und den Gestaltungsspielraum verkleinern. Sollte dieser Vorschlag<br />
auf eine Datenplattform hinauslaufen, die dem Zugriff<br />
der Finanzverwaltung in Echtzeit oder kurz nach erfolgter<br />
Transaktion offensteht, sollte das Steuergeheimnis besondere<br />
Beachtung finden. Auch sollte eine vorsorgliche strafbefreiende<br />
Selbstanzeige bei Berichtigungen durch solche Maßnahmen<br />
nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden. Zu<br />
bedenken ist zudem, dass eine solche Lösung mit der Zeit auf<br />
andere Gebiete übergreifen könnte – so könnten weitere Teile<br />
der Buchhaltung wie etwa die elektronische Bilanz einer<br />
„ständigen Betriebsprüfung“ unterworfen werden.<br />
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Europäischen<br />
Kommission unter dem Punkt „Konsultationen – Bestimmen<br />
Sie mit!“:<br />
www.ec.europa.eu/taxation_customs/index_de.htm<br />
Das gesamte Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer<br />
der Europäischen Kommission vom 1. Dezember 2010 finden<br />
Sie unter: www.ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/common/consultations/<br />
tax/future_vat/com(2010)695_de.pdf<br />
Sie sind an weiteren Details interessiert? Wir beraten Sie gern.<br />
Bitte rufen Sie uns an oder schicken Sie uns einfach eine E-Mail.<br />
StB Guido Schäfer StB Frank Gehring<br />
Tel.: +49 221 2084-289 Tel.: +49 211 981-2771<br />
guido.schaefer@de.pwc.com frank.gehring@de.pwc.com<br />
8 <strong>PwC</strong><br />
Steuern A bis Z<br />
Übernahmegarantien bei der<br />
Neuemission von Wertpapieren<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … dass die Übernahmegarantie im Rahmen einer<br />
Neuemission von der Umsatzsteuer befreit ist.<br />
• … wie der Europäische Gerichtshof diese Umsatzsteuerfreiheit<br />
begründet.<br />
• … welche zusätzlichen Steuerbefreiungsvorschriften<br />
noch greifen könnten.<br />
Die Frage, ob Übernahmegarantien bei der erstmaligen<br />
Ausgabe (Neuemission) von Wertpapieren von der<br />
Umsatzsteuer befreit sind, wird in den Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Union unterschiedlich beurteilt.<br />
Der Europäische Gerichtshof bezieht in seinem Urteil<br />
vom 10. März <strong>2011</strong> zu diesem Thema Stellung. Der<br />
folgende Beitrag informiert Sie über die Hintergründe<br />
der aktuellen Entscheidung.<br />
Sachverhalt<br />
Klägerin ist die schwedische SEB AB Momsgrupp, eine Mehrwertsteuergruppe<br />
(Organschaft), deren führende Gesellschaft,<br />
das Kreditinstitut SEB, sich gemeinsam mit einer weiteren Mitgliedsgesellschaft<br />
im Rahmen einer Neuemission verpflichtet<br />
hatte, die am Ende der Zeichnungsfrist nicht platzierten Aktien<br />
eines Emittenten in den eigenen Bestand zu übernehmen.<br />
In der Annahme, Provisionen aus Platzierungsgarantien fielen<br />
unter die Mehrwertsteuerbefreiung des Artikel 13 Teil B der<br />
Sechsten EG-Richtlinie (seit 1. Januar 2007: Artikel 135 der<br />
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie), berechnete die SEB AB<br />
Momsgrupp für ihre Dienstleistung keine Umsatzsteuer und<br />
wies diese auch nicht in ihrer Umsatzsteuererklärung aus. Das<br />
schwedische Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung ab und<br />
änderte die bisherige Umsatzsteuerfestsetzung zulasten der<br />
SEB AB Momsgrupp.<br />
Nach Abweisung der Klage und Zurückweisung der Berufung<br />
vor dem Verwaltungsgericht legte die SEB AB Momsgrupp<br />
beim schwedischen Verwaltungsgerichtshof Rechtsmittel ein.<br />
Das Gericht räumte ein, Übernahmegarantien seien zwar nach<br />
schwedischem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit,<br />
andere Mitgliedstaaten gewährten aber eine Steuerfreiheit.<br />
Ergänzend stellten die Richter fest, der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) habe bis dato keine eindeutige Aussage zur<br />
umsatzsteuerlichen Behandlung von Übernahmegarantien im<br />
Rahmen von Neuemissionen getroffen.
Vorlagefrage<br />
Daher bat der schwedische Verwaltungsgerichtshof den EuGH<br />
zu entscheiden, ob die in Artikel 13 Teil B der Sechsten EG-<br />
Richtlinie<br />
„… aufgeführten Steuerbefreiungen auch Dienstleistungen (Underwriting)<br />
umfassen, die darin bestehen, dass ein Kreditinstitut<br />
gegen eine Vergütung eine Garantie gegenüber einem Unternehmen<br />
gewährt, das im Begriff steht, Aktien auszugegeben, wenn<br />
diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich das Kreditinstitut<br />
dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise<br />
in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht<br />
gezeichnet werden“.<br />
Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom<br />
10. März <strong>2011</strong><br />
Ist die Übernahmegarantie eine selbstständige<br />
Leistung?<br />
Die Frage, ob eine Übernahmegarantie als eigenständige Leistung<br />
oder als eine Nebenleistung bei der Ausgabe neuer Aktien<br />
zu sehen ist, wird in den Mitgliedstaaten unterschiedlich beurteilt.<br />
Da die Übernahmegarantie von Gesellschaften abgegeben<br />
wurde, welche die Neuemission nicht selbst durchführten, war<br />
es jedoch unter den in Schweden ansässigen Beteiligten unstreitig,<br />
dass diese unabhängig von der Ausgabe der Aktien zu<br />
beurteilen ist. Der EuGH schloss sich dieser Einschätzung an<br />
und wertete die Garantie als eigenständige Leistung und nicht<br />
als Nebenleistung zu anderen bei der Ausgabe von Aktien erbrachten<br />
Dienstleistungen.<br />
Ist die Übernahmegarantie als Umsatz im Geschäft<br />
mit Wertpapieren steuerfrei?<br />
Der Gerichtshof überprüfte zunächst eine Steuerbefreiung<br />
nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten<br />
EG-Richtlinie. Danach sind Umsätze, die sich auf Aktien,<br />
Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen<br />
oder sonstige Wertpapiere beziehen, von der Umsatzsteuer<br />
ausgenommen. In einem früheren Urteil hatten die<br />
Richter bereits entschieden, dass unter diese Norm Umsätze<br />
fallen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in<br />
Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen<br />
zu bringen (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2001; C-<br />
235/00, CSC). Mit anderen Worten: Die Lage der betroffenen<br />
Parteien muss durch den Umsatz nicht tatsächlich geändert<br />
werden, eine potenzielle Veränderung reicht aus. Selbst wenn<br />
die Aktien während der Abgabefrist vollständig gezeichnet<br />
werden und die Garantiegeber somit keine Papiere in den eigenen<br />
Bestand übernehmen müssen, ist die Übernahmegarantie<br />
als solche geeignet, die Rechte und Pflichten der Parteien zu<br />
ändern. Sie ist somit nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer<br />
5 der Sechsten EG-Richtlinie von der Umsatzsteuer befreit.<br />
Diese Einschätzung entspricht nach Ansicht des Gerichts auch<br />
dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, da die umsatz-<br />
Steuern A bis Z<br />
steuerliche Behandlung einer Übernahmegarantie nicht danach<br />
beurteilt werden darf, ob die Aktien letztlich vollständig<br />
gezeichnet werden oder nicht. Müsste die Lage der Parteien in<br />
Bezug auf die Wertpapiere für eine Steuerfreiheit tatsächlich<br />
geändert werden, so wäre eine Garantie nur dann steuerfrei,<br />
wenn nicht alle Aktien gezeichnet werden. Denn nur dann<br />
übernimmt der Garantiegeber Papiere in seinen eigenen Bestand.<br />
Würden die Aktien dagegen vollständig gezeichnet,<br />
wäre dem Garantiegeber die Steuerfreiheit für die gleiche Leistung<br />
„Übernahmegarantie“ versagt.<br />
Greifen auch andere Steuerbefreiungsnormen?<br />
Da die Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d<br />
Nummer 5 der Sechsten EG-Richtlinie Anwendung findet, verzichtete<br />
der EuGH auf eine Überprüfung, ob die besagten Umsätze<br />
als Versicherungsumsätze nach Artikel 13 Teil B<br />
Buchstabe a der Sechsten EG-Richtlinie oder als Kreditgewährung<br />
beziehungsweise Übernahme von Verbindlichkeiten nach<br />
Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 und 2 der Sechsten<br />
EG-Richtlinie steuerfrei zu behandeln wären.<br />
Beratungshinweis<br />
Steuerpflichtige sollten überprüfen, ob diese Entscheidung des<br />
EuGH zu Änderungen bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung<br />
ihrer Übernahmegarantien führt. Aus deutscher Sicht dürfte<br />
das Urteil mit der bisherigen Rechtspraxis in Einklang stehen.<br />
Share issue underwriting guarantee VAT-exempt<br />
The ECJ has held that an underwriting guarantee earned<br />
by a bank is exempt as a transaction in securities. In the<br />
case decided by the court a Swedish bank had received<br />
commission in return for a promise to support a share<br />
issue with a commitment to take up all unsubscribed<br />
stock. The bank saw this underwriting guarantee as a<br />
typical banking service, exempt from VAT. The tax office<br />
saw it as a service not specifically mentioned in the Sixth<br />
Directive as VAT-exempt and thus as chargeable. The ECJ<br />
(case reference is C-540/09 Enskilda Banken) has now<br />
agreed that the Sixth, and now the VAT Directive is<br />
unspecific on the subject, but has nonetheless held the<br />
transaction to be exempt. If the share issue is not fully<br />
subscribed and the guarantee is called in, the bank is<br />
forced to purchase shares. This and all directly related<br />
transactions would be free of VAT as dealing in (purchasing)<br />
securities. If the issue is fully subscribed, the<br />
guarantee would not be called in and there would be<br />
no purchase of securities. However, the VAT treatment<br />
of a transaction must be decided when the transaction<br />
is concluded and this cannot be dependent on the<br />
transaction’s success. Thus, it cannot change if the<br />
guarantee is not called in. Accordingly, the commission<br />
received by a bank for underwriting a share issue is free<br />
of VAT. (MH)<br />
steuern+recht Mai 9
Steuern A bis Z<br />
Übernahmegarantien sind, unabhängig davon, ob sie von Gesellschaften<br />
abgegeben werden, die auch die Neuemission<br />
selbst durchführen, oder von Dritten, als sonstige Leistungen<br />
im Emissionsgeschäft umsatzsteuerfrei. Allgemein sollten<br />
Dienstleistungen, die von Gesellschaften erbracht werden, welche<br />
die Neuemission nicht selbst durchführen, unter Anwendung<br />
der Grundsätze dieses Urteils dahingehend untersucht<br />
werden, ob sie von der Umsatzsteuer befreit sind.<br />
Sind Sie an weiteren Informationen zu diesem Thema interessiert?<br />
Dann rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartnerinnen an oder<br />
schicken Sie ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Dr. Stephanie Hoh Sylvia Neubert<br />
Tel.: +49 89 5790-5171 Tel.: +49 69 9585-6235<br />
stephanie.hoh@de.pwc.com sylvia.neubert@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• EuGH, Urteil vom 10. März <strong>2011</strong> (C-540/09, SEB)<br />
• EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 (C-235/00, CSC)<br />
Doppelter Inlandsbezug von Organgesellschaften<br />
auf dem Prüfstand<br />
Das Konstrukt des deutschen Steuerrechts, Gewinne<br />
und Verluste einer Gesellschaft auf Ebene einer anderen<br />
Gesellschaft zu nutzen oder zu besteuern – die<br />
Organschaft –, ist an zahlreiche Voraussetzungen<br />
gebunden. Eine davon, der doppelte Inlandsbezug der<br />
Organgesellschaften, steht nunmehr auf dem Prüfstand.<br />
10 <strong>PwC</strong><br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … was § 14 Körperschaftsteuergesetz regelt.<br />
• … warum die Europäische Kommission ein<br />
Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.<br />
• … welche Bestimmung das Bundesfinanzministerium<br />
nun ändert.<br />
§ 14 Körperschaftsteuergesetz (KStG), eine der wichtigsten<br />
Vorschriften für die Organschaft, bestimmt:<br />
„Hat sich eine Europäische Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder<br />
Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz<br />
im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag<br />
verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes<br />
gewerbliches Unternehmen abzuführen, ist das Einkommen der<br />
Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger)<br />
zuzurechnen.“<br />
Grundvoraussetzung für die „unternehmensübergreifende<br />
Gewinn- und Verlustverrechnung“ ist folglich, dass die Organgesellschaft<br />
sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung<br />
im Inland, also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat.<br />
Dieser so genannte doppelte Inlandsbezug ist Gegenstand des<br />
Vertragsverletzungsverfahrens, das die Europäische Kommission<br />
im Jahr 2009 gegen Deutschland eingeleitet hat.<br />
Die Kommission vertritt die Auffassung, dass ein einfacher<br />
Inlandsbezug (sprich: Geschäftsleitung als Mittelpunkt der geschäftlichen<br />
Oberleitung im Inland) auch bei der Organgesellschaft<br />
ausreichen müsse und die entsprechende Regelung im<br />
deutschen KStG gegen die Niederlassungsfreiheit des Vertrags<br />
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (EU) und des<br />
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)<br />
verstoße. Diese Beanstandung basiert (unter anderem) auf<br />
folgender Tatsache: Hat eine in der EU beziehungsweise dem<br />
EWR gegründete Kapitalgesellschaft ihren Sitz nicht im Inland,<br />
wohl aber ihre Geschäftsleitung, ist sie im Inland zwar unbeschränkt<br />
steuerpflichtig, kann aber bisher nicht Bestandteil<br />
oder abführende Gesellschaft einer Organschaft sein!<br />
Nachdem die Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit<br />
nicht wahrnahm, sich zu den vorgebrachten Vorwürfen zu äußern,<br />
wurde sie Ende 2010 von der Kommission aufgefordert,<br />
die gesetzliche Bestimmung, sprich den § 14 KStG, entsprechend<br />
zu ändern.<br />
Als Konsequenz verkündete das Bundesministerium für Finanzen<br />
mit seinem Schreiben vom 28. März <strong>2011</strong>, dass die Voraussetzung<br />
des doppelten Inlandsbezugs für die Organgesellschaft<br />
ab sofort nicht mehr anzuwenden sei.<br />
Über den Wortlaut der § 14 und § 17 KStG hinaus (nach § 17<br />
KStG kann unter anderem auch eine GmbH Organgesellschaft<br />
sein) kann eine im EU- beziehungsweise EWR-Ausland gegründete<br />
Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung in Deutschland<br />
folglich künftig ihr Einkommen, das auf im Inland steuerpflichtigen<br />
(positiven und negativen) Einkünften beruht, innerhalb<br />
einer Organschaft einem Organträger zurechnen. Bedingung:<br />
Die anderen Voraussetzungen liegen vor – etwa der Ergebnisabführungsvertrag,<br />
der aktuell bei Betriebsprüfungen verstärkt<br />
auf dem Prüfstand steht.
Welche Konsequenzen sich aus den Veränderungen ergeben,<br />
bleibt abzuwarten. Ihre Fachnachrichten steuern+recht werden<br />
Sie auf dem Laufenden halten.<br />
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Ansprechpartnerin an oder schreiben Sie ihr einfach eine E-Mail.<br />
Barbara Weber<br />
Tel.: +49 69 9585-5047<br />
barbara.weber@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
BMF, Schreiben vom 28. März <strong>2011</strong> (IV C 2 S 2770/09/10001)<br />
Gewerbesteuer: keine erweiterte<br />
Kürzung bei Beteiligung an einer<br />
Zebragesellschaft<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … was unter der erweiterten Grundstückskürzung<br />
zu verstehen ist.<br />
• … ob das Halten einer Komplementärbeteiligung<br />
zum abschließenden Katalog an steuerlich unschädlichen<br />
(Neben-)Tätigkeiten des Grundstücksunternehmens<br />
gehört.<br />
• … warum nach dem Urteil selbst eine „rein“<br />
vermögensverwaltende Personengesellschaft eine<br />
Beteiligung sein kann, die für die erweiterte<br />
Kürzung schädlich ist.<br />
In seinem Urteil vom 19. Oktober 2010 befasste sich der<br />
Bundesfinanzhof mit folgender Frage: Ist einer grundstücksverwaltenden<br />
GmbH, die als Komplementärin an<br />
Wichtige Änderungen<br />
in Recht und Gesetz<br />
Steuern A bis Z<br />
einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft<br />
beteiligt ist, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nummer 1<br />
Satz 2 Gewerbesteuergesetz zu gewähren? – Wie das<br />
Gericht entschied und wie es seine Entscheidung begründete,<br />
fasst der folgende Beitrag für Sie zusammen.<br />
Sachverhalt<br />
steuern+recht aktuell<br />
Die Klägerin ist eine grundstücksverwaltende GmbH, die als<br />
Komplementärin an einer vermögensverwaltenden KG beteiligt<br />
war. Die KG verwaltete ihrerseits lediglich eigenes Grundvermögen.<br />
Eine darüber hinausgehende Tätigkeit übte sie nicht<br />
aus. Die KG war zudem unstreitig nicht als gewerblich geprägte<br />
Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2<br />
Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen. Originär erwirtschaftete<br />
die KG als Einkommensermittlungssubjekt somit<br />
ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.<br />
Aufgrund der Gesellschafterkonstellation war die KG jedoch<br />
als Zebragesellschaft einzustufen: Eine Zebragesellschaft lag<br />
vor, da die KG selbst nur vermögensverwaltend tätig war und<br />
an ihr auch solche Gesellschafter – wie die Klägerin – beteiligt<br />
waren, die ihre Beteiligung im gewerblichen Betriebsvermögen<br />
(betrieblich beteiligte Gesellschafter) gehalten haben. Die<br />
GmbH als gewerblich beteiligter Gesellschafter erwirtschaftete<br />
in diesem Zusammenhang gewerblichen Einkünfte.<br />
Auf Ebene der GmbH stellte sich im Rahmen der Gewerbesteuer<br />
die Frage, ob sie die erweiterte Kürzung nach § 9 Nummer<br />
1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in Anspruch<br />
nehmen kann. Auf Antrag tritt bei Unternehmen, die ausschließlich<br />
eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz<br />
so genannte unschädliche Nebentätigkeiten erbringen,<br />
anstelle der Kürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 1 GewStG (1,2<br />
Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden<br />
Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags,<br />
der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen<br />
Grundbesitzes entfällt. Zweck der erweiterten Kürzung ist es,<br />
die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen<br />
Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung<br />
mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung<br />
betreiben. Eine Betätigung, die nicht zu den<br />
in § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen<br />
Nebentätigkeiten zählt, schließt daher die erweiterte Kürzung<br />
aus. Zu den als unschädlich anzusehenden Nebentätigkeiten<br />
gehören die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermö-<br />
Weitere interessante Beiträge finden<br />
Sie in der neuen Ausgabe von<br />
steuern+recht aktuell.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com<br />
steuern+recht Mai 11
Steuern A bis Z<br />
gens, die Betreuung von Wohnungsbauten und der Bau und<br />
Verkauf von Ein- sowie Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen<br />
und Teileigentum. Ob das Halten von Beteiligungen an<br />
grundstücksverwaltenden Personengesellschaften zu den unschädlichen<br />
Tätigkeiten zählt, wird in der Literatur uneinheitlich<br />
beurteilt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bislang nur<br />
über die Beteiligung an gewerblich tätigen oder gewerblich<br />
geprägten Personengesellschaften zu entscheiden.<br />
Die Klägerin machte in ihren Gewerbesteuererklärungen die<br />
erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9<br />
Nummer 1 Satz 2 GewStG geltend, da sie die Auffassung vertrat,<br />
ihr stehe die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nummer 1<br />
Satz 2 GewStG zu: Bei dem von der KG vermieteten und verwalteten<br />
Grundbesitz handele es sich nach dieser Sichtweise<br />
um eigenen Grundbesitz, der ihr zuzurechnen sei. Das Halten<br />
einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft<br />
stelle auch keine für die Anwendung des § 9 Nummer<br />
1 Satz 2 GewStG schädliche Tätigkeit dar. Das Finanzamt<br />
machte hingegen geltend, die GmbH verwalte nicht eigenen<br />
Grundbesitz, sondern das Gesamthandsvermögen der KG. Das<br />
Halten der Beteiligung an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft<br />
führe zudem zu einer schädlichen Tätigkeit,<br />
sodass die erweiterte Kürzung zu versagen sei. Das Finanzamt<br />
lehnte mit dieser Begründung letztlich die erweiterte Kürzung<br />
ab. Hiergegen richtete sich die Klage der GmbH. Das Finanzgericht<br />
(FG) gab der Klägerin statt: Die erweiterte Kürzung nach<br />
§ 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG stehe der Klägerin zu. Das Finanzamt<br />
legte daraufhin Revision ein.<br />
Entscheidung<br />
Der Erste Senat des BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und<br />
wies die Klage ab. Das FG habe zu Unrecht das Vorliegen der<br />
Voraussetzungen für die erweiterte Grundstückskürzung bejaht.<br />
Das Halten der Komplementärbeteiligung sei eine Tätigkeit,<br />
die nicht zu dem abschließenden Katalog an steuerlich<br />
unschädlichen (Neben-)Tätigkeiten des Grundstücksunternehmens<br />
gehöre. Vielmehr erwirtschafte die GmbH in Rahmen der<br />
Zebragesellschaft kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte.<br />
Die Tätigkeit der vermögensverwaltenden KG und die damit<br />
verbundene Erzielung von Einkünften aus Vermietung und<br />
Verpachtung auf Ebene der KG sei unerheblich.<br />
12 <strong>PwC</strong><br />
European Customs & Trade<br />
Communiqué<br />
Die Entscheidung ist von grundsätzlicher Bedeutung, da der<br />
BFH selbst dann eine für die erweiterte Kürzung schädliche<br />
Beteiligung annimmt, wenn die Beteiligungsgesellschaft weder<br />
eine gewerblich tätige noch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft<br />
im Sinne von § 15 Absatz 3 Nummer 2 EStG ist,<br />
sondern eine „rein“ vermögensverwaltende Personengesellschaft.<br />
Bis zu dieser Entscheidung war lediglich entschieden,<br />
das Halten einer Kommanditbeteiligung durch eine grundstücksverwaltende<br />
GmbH an einer gewerblich geprägten, ebenfalls<br />
grundstücksverwaltenden Personengesellschaft verstoße<br />
gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nummer 1 Satz 2<br />
GewStG. Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung<br />
fehlt es in diesen Fällen zum einen an der Verwaltung und Nutzung<br />
eigenen Grundbesitzes, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich<br />
oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer<br />
gewerblichen Personenhandelsgesellschaft sind, einkommensteuerrechtlich<br />
grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen – und<br />
nicht zu dem ihrer Gesellschafter – gehören. Diese Rechtslage<br />
gilt auch für § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG. Zum anderen sei das<br />
Halten der Beteiligung aber auch deswegen kürzungsschädlich,<br />
weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handele, die nicht zum<br />
Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nummer<br />
1 Satz 2 GewStG gehöre.<br />
Auf dieser Rechtsprechung aufbauend folgert der erkennende<br />
Senat, dass nichts anderes gelten könne, wenn die Beteiligungsgesellschaft<br />
keine gewerbliche, sondern eine rein vermögensverwaltende<br />
Personengesellschaft sei. Zum einen sei das Halten<br />
der Komplementärbeteiligung eine Tätigkeit, die nicht zum abschließenden<br />
Katalog an steuerlich unschädlichen (Neben-)Tätigkeiten<br />
des Grundstücksunternehmens gehöre: Bei der Beteiligungsgesellschaft<br />
handele es sich um eine Zebragesellschaft<br />
und damit erwirtschafte die Komplementär-GmbH in diesem<br />
Rahmen kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte. Nur die<br />
Beteiligungsgesellschaft selbst erziele Einkünfte aus Vermietung<br />
und Verpachtung. Damit widerspricht der BFH zugleich<br />
der Vorinstanz, die in der Übernahme der Komplementärstellung<br />
noch eine kürzungsunschädliche Gestellung von Sicherheiten<br />
im Rahmen einer Grundstücksverwaltung erkannte.<br />
Zum anderen setze die erweiterte Kürzung voraus, dass eigener<br />
Grundbesitz verwaltet werde. Im vorliegenden Sachverhalt<br />
könne jedoch der von der Untergesellschaft verwaltete und<br />
genutzte Immobilienbestand nicht als ausschließlich „eigener“<br />
Grundbesitz der GmbH qualifiziert werden: Bei dem Grundbesitz,<br />
der von der Beteiligungsgesellschaft genutzt worden sei,<br />
Beiträge zum Themenbereich Zoll<br />
finden Sie in der neuen Ausgabe von<br />
European Customs & Trade Communique.<br />
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E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com
handele es sich um deren Gesamthandsvermögen. Die bei einer<br />
Zebragesellschaft vorzunehmende Einkünftequalifikation auf<br />
Gesellschafterebene führe dementsprechend dazu, dass bei der<br />
GmbH teilweise von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden<br />
müsse, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden<br />
Personengesellschaft nur im Rahmen der Beteiligung an jener<br />
Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen<br />
sei. Abschließend führt der BFH aus, dass gewerbesteuerspezifische<br />
Überlegungen im Allgemeinen und hierbei<br />
kürzungsspezifische Überlegungen im Besonderen kein anderes<br />
Verständnis hervorbringen können. Maßgeblich sei vielmehr<br />
(auch) insoweit die zivilrechtliche Grundlegung.<br />
Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />
rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder senden Sie ihnen<br />
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Dr. Michael Scheel<br />
Tel.: +49 69 9585-3911<br />
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Matthias Reitzenstein<br />
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Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 19. Oktober 2010 (I R 67/09)<br />
• FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Juni 2009<br />
(12 K 6154/05 B)<br />
Leistungsortbestimmung bei<br />
komplexen sonstigen Leistungen<br />
Steuern A bis Z<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … unter welchen Voraussetzungen eine Dienstleistung<br />
als komplex zu bewerten ist.<br />
• … die wichtigsten praxisrelevanten Auswirkungen<br />
des Urteils.<br />
Mit seinem Urteil vom 13. Januar <strong>2011</strong> bestätigt der<br />
Bundesfinanzhof erstmalig die Grundsätze des Europäischen<br />
Gerichtshofs zur Leistungsortbestimmung<br />
bei komplexen sonstigen Leistungen.<br />
Sachverhalt<br />
Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in Deutschland, deren<br />
Geschäftstätigkeit die Übernahme und Verwertung von radioaktiven<br />
Strahlenquellen umfasst. In den Kalenderjahren 2003<br />
bis 2005 übernahm sie unter anderem ausgediente Strahlenquellen<br />
von Unternehmen mit Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet.<br />
Neben der bloßen Übernahme dieser radioaktiven<br />
Quellen führte die GmbH noch weitere Leistungen gegenüber<br />
den ausländischen Kunden aus: Einholung von Transportgenehmigungen,<br />
Bereitstellung von Spezialcontainern sowie<br />
den Ausbau der besagten Strahlenquellen. Eine spätere Verwertung<br />
der Strahlenquellen durch die Klägerin war grundsätzlich<br />
nicht Vertragsgegenstand. Die radioaktiven Quellen<br />
wurden von der GmbH vereinbarungsgemäß bei den Kunden<br />
abgeholt und nach Deutschland transportiert. Anschließend<br />
wurde ein Teil der Strahlenquellen seitens der Klägerin<br />
entsorgt, die übrigen von ihr aufbereitet und im eigenen<br />
Bestand gehalten. Die Parteien vereinbarten einen einheitlichen<br />
Gesamtpreis für die Tätigkeit der Klägerin.<br />
Die Klägerin behandelte die in Rede stehenden Leistungen als<br />
im Inland nicht steuerbare Umsätze. Eine Besteuerung in<br />
Deutschland erfolgte demnach nicht. Im Anschluss an eine<br />
Außenprüfung vertrat das zuständige Finanzamt die Auffassung,<br />
die Übernahme der Strahlenquellen durch die GmbH<br />
sowie die sonstigen damit einhergehenden vertraglich zugesagten<br />
Leistungen stellten – nach § 3 a Absatz 1 Umsatzsteuergesetz<br />
(UStG) alte Fassung – einen einheitlichen in Deutschland<br />
steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz dar. Die dagegen<br />
gerichtete Klage blieb erfolglos, weshalb die Klägerin<br />
Revision einlegte.<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt die Auffassung der Vorinstanz<br />
im Hinblick auf den Leistungsort. Er führt dazu aus, dass<br />
die Überlassung der ausgedienten radioaktiven Strahlenquel-<br />
steuern+recht Mai 13
Steuern A bis Z<br />
len seitens der Klägerin eine in Deutschland steuerbare und<br />
steuerpflichtige Leistung nach § 3 a Absatz 1 UStG alte Fassung<br />
darstelle. Die in diesem Zusammenhang zusätzlich ausgeführten<br />
Leistungen (wie zum Beispiel die Einholung von Genehmigungen,<br />
Anmietung eines Spezialcontainers oder aber der<br />
Ausbau der Strahlenquellen) seien als ausschließlich nicht<br />
selbstständige Nebenleistungen zur Übernahme der Strahlenquellen<br />
anzusehen. Diese Entscheidung stützt der Senat auf<br />
folgende Begründung: Aus Sicht des ausländischen Auftraggebers<br />
dienten die zusätzlichen Leistungen keinem eigenen<br />
Zweck, sondern lediglich dazu, die Hauptleistung unter optimalen<br />
Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Demzufolge<br />
bestehe der Hauptzweck der von der Klägerin erbrachten<br />
Leistungen – aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers – ausschließlich<br />
in der Übernahme der ausgedienten radioaktiven<br />
Strahlenquellen. Die von der GmbH an die ausländischen Auftraggeber<br />
ausgeführten Leistungen seien folglich als Leistungsbündel<br />
– bestehend aus Haupt- und mehreren Nebenleistungen<br />
– zu werten.<br />
Eine künstliche Aufspaltung der von der GmbH an die ausländischen<br />
Kunden erbrachten Leistungen sei auszuschließen,<br />
denn letztendlich sei die Gesamtbetrachtung für die Klassifizierung<br />
eines Umsatzes entscheidend, wie der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) schon in seinem Urteil vom 25. Februar 1999<br />
(C-349/96) feststellte. Da sich der Leistungsort für die Übernahme<br />
der Strahlenquellen gemäß § 3 a Absatz 1 UStG ergebe,<br />
sei der von der Klägerin ausgeführte Umsatz insgesamt im Ansässigkeitsstaat<br />
der Klägerin der Besteuerung zu unterwerfen.<br />
Der BFH betont zudem, dass – aufgrund der zwischen der<br />
GmbH und den ausländischen Abnehmern getroffenen vertraglichen<br />
Vereinbarungen – die Verwertung der Strahlenquellen<br />
nicht Vertragsgegenstand war. Aufbereitung und Verwertung<br />
der radioaktiven Quellen erfolgten somit nicht im Auftrag der<br />
ausländischen Unternehmer, sondern im eigenen Interesse der<br />
GmbH. Folglich sei die Verwertung der Strahlenquellen nicht<br />
als Bestandteil des Leistungsbündels anzusehen, sodass keine<br />
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen (§ 3 a Absatz<br />
2 Nummer 3 Buchstabe c UStG alte Fassung) vorlagen. Der<br />
Leistungsort sei auch nicht im Hinblick auf den Ausbau der<br />
Strahlenquellen nach § 3 a Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe c<br />
UStG zu bestimmen. Dieses ist der Tatsache geschuldet, dass<br />
der durch die GmbH vorgenommene Ausbau der radioaktiven<br />
Quellen ausschließlich als eine nicht selbstständige Nebenleistung<br />
zur Entgegennahme der Strahlenquellen anzusehen sei<br />
und somit das Schicksal der Hauptleistung teile.<br />
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH zur komplexen<br />
sonstigen Leistung stellen die BFH-Richter darüber hinaus<br />
fest, dass in den Fällen, in denen keine dominierende Leistung<br />
dem Gesamten das Gepräge gibt, von einer komplexen sonstigen<br />
Leistung die Rede ist. Eine solche komplexe sonstige Leistung<br />
sei regelmäßig im Ansässigkeitsstaat des Leistenden zu<br />
besteuern, und zwar nach § 3 a Absatz 1 UStG alte Fassung.<br />
14 <strong>PwC</strong><br />
Abschließend hebt der Senat in seinem Urteil ausdrücklich hervor,<br />
dass die Überlassung der Strahlenquellen durch den ausländischen<br />
Unternehmer an die Klägerin grundsätzlich einen<br />
tauschähnlichen Umsatz darstellen könnte. Allerdings nimmt<br />
der BFH dazu aufgrund des im Revisionsverfahren geltenden<br />
Verböserungsverbots nicht weiter Stellung.<br />
Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />
An dieser aktuellen und längst überfälligen Entscheidung ist<br />
eines besonders bemerkenswert: Der BFH nimmt erstmals den<br />
Grundgedanken des EuGH zur komplexen sonstigen Leistung<br />
auf und bestätigt ihn im Hinblick auf die Leistungsortbestimmung.<br />
Festzuhalten ist somit, dass in den Fällen in denen keine<br />
im Rahmen eines Leistungsbündels ausgeführte Leistung dominiert,<br />
grundsätzlich von einer komplexen sonstigen Leistung<br />
auszugehen ist. Folglich befindet sich der Leistungsort nach<br />
§ 3 a Absatz 1 UStG alte Fassung im Ansässigkeitsstaat des<br />
Leistenden. Es ist dennoch zu betonen, dass die umsatzsteuerliche<br />
Würdigung als komplexe sonstige Leistung oder aber als<br />
einheitlicher – aus Haupt- und Nebenleistung bestehender –<br />
Umsatz stets vom Einzelfall abhängig ist. Unseres Erachtens<br />
verbleibt es aber bei der Leistungsortbestimmung nach dem<br />
prägenden Bestandteil, wenn ein solcher vorhanden ist.<br />
Beachten Sie bitte: Die Bedeutung der vorliegenden Entscheidung<br />
ist zwar im Hinblick auf die Grundsätze der Leistungsortbestimmung<br />
bei komplexen sonstigen Leistungen des BFH vor<br />
allem für vor dem 1. Januar 2010 ausgeführte Leistungen von<br />
Wesentlichkeit. Dieses ist dadurch begründet, dass durch die<br />
Einführung des Mehrwertsteuerpakets größtenteils das Empfängerortprinzip<br />
für die Besteuerung von sonstigen Leistungen<br />
Anwendung findet.<br />
Dennoch hat das vorliegende Urteil durchaus aktuellen Charakter.<br />
Die Bestätigung der Leistungsortbestimmung bei sonstigen<br />
komplexen Leistungen durch den BFH kann insbesondere<br />
dann von Relevanz sein, wenn Umsätze, die unterschiedliche<br />
Leistungselemente beinhalten und nach dem 31. Dezember<br />
2009 ausgeführt werden, an abweichenden Orten der Besteuerung<br />
unterliegen. In solchen Fällen ist – sofern kein Leistungselement<br />
dominiert – die Umsatzbesteuerung einheitlich<br />
vorzunehmen. Unter Anwendung der Grundsätze des Mehrwertsteuerpakets<br />
wäre dieses regelmäßig im Ansässigkeitsstaat<br />
des Leistungsempfängers. Abgesehen davon könnte die aktuelle<br />
Entscheidung des BFH vor allem hinsichtlich der Neuregelungen<br />
zum tauschähnlichen Umsatz bei Entsorgungsleistungen<br />
ab dem 1. Januar <strong>2011</strong> von Bedeutung sein. Hierfür<br />
spricht eindeutig, dass das oberste Finanzgericht in seinem Urteil<br />
– unabhängig vom eigentlichen Klagebegehren der GmbH –<br />
ausdrücklich betont, dass die Abgabe der ausgedienten radioaktiven<br />
Strahlenquellen durch den ausländischen Auftraggeber<br />
einen tauschähnlichen Umsatz darstellen könnte.
Ihre Fragen beantworten wir gerne. Bitte rufen Sie Ihre Ansprechpartnerin<br />
an oder schicken Sie ihr einfach eine E-Mail.<br />
Maren Rau<br />
Tel.: +49 40 6378-2156<br />
maren.rau@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 13. Januar <strong>2011</strong> (V R 63/09)<br />
• EuGH, Urteil vom 25. Januar 2001 (C-429/97)<br />
• EuGH, Urteil vom 25. Februar 1999 (C-349/96)<br />
Besteuerung leitender Angestellter<br />
in der Schweiz: Ort der Geschäftsleitung<br />
bei Domizilgesellschaften<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … was bei einem „Domizilvermerk“ zu beachten<br />
ist.<br />
• … welche Bedeutung dem „Mittelpunkt der tatsächlichen<br />
Geschäftsleitung“ zukommt.<br />
• … was Sie beachten sollten, wenn Sie eine Besteuerung<br />
in der Schweiz erreichen wollen.<br />
Grenzüberschreitende Steuerfälle zwischen Deutschland<br />
und der Schweiz sind und bleiben ein Dauerbrenner:<br />
Wie Sie schon in der Ausgabe April 2010 Ihres<br />
Mandantenmagazins steuern+recht lesen konnten,<br />
entschied der Bundesfinanzhof inzwischen mehrfach,<br />
dass die Tätigkeit eines leitenden Angestellten für eine<br />
schweizerische Kapitalgesellschaft, die unter Artikel<br />
15 Absatz 4 des Doppelbesteuerungsabkommens<br />
zwischen Deutschland und der Schweiz fällt, auch insoweit<br />
„in der Schweiz ausgeübt“ wird, als sie tatsächlich<br />
außerhalb der Schweiz verrichtet wird. Dennoch<br />
war diese Thematik erneut Gegenstand einer finanzgerichtlichen<br />
Auseinandersetzung. Um welche Streitfrage<br />
es konkret ging, lesen Sie im aktuellen Beitrag.<br />
Sachverhalt<br />
Steuern A bis Z<br />
Der Kläger ist ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer, der<br />
bei der X-AG in der Schweiz als Unternehmensberater und<br />
Informatiker arbeitete. Ihm war Einzelprokura erteilt worden.<br />
Nach den Auszügen aus dem Handelsregister handelt es sich<br />
bei X-AG um eine Gesellschaft mit einem Domizilvermerk mit<br />
wechselnden Domizilgebern.<br />
Der Kläger betreute Kunden bei der Anwendung von Softwareprogrammen<br />
und war deshalb oft auf Reisen in Deutschland<br />
und der Schweiz. Neben seinem Wohnsitz in Deutschland hatte<br />
er eine Ein-Zimmer-Wohnung in der Schweiz angemietet. Im<br />
Mietvertrag war als Verwendungszweck „Wochenaufenthalt“<br />
angegeben. Die Miete wurde vom Arbeitgeber des Klägers<br />
bezahlt. Der Kläger hatte eine Niederlassungsbewilligung C für<br />
die dortige Wohnung.<br />
Das Finanzamt erfasste die vom Kläger erzielten Einkünfte zu<br />
einem Teil als steuerpflichtig. Der Kläger war zwar nicht als<br />
Grenzgänger anzusehen, weil er mehr als 60 so genannte<br />
Nichtrückkehrtage nachweisen konnte. Nach Ansicht der<br />
Finanzbehörde unterlag er allerdings nach Artikel 15 Absatz 4<br />
Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und<br />
Deutschland (DBA Schweiz) mit dem rechnerisch auf seine<br />
Tätigkeit in Deutschland entfallenden Einkünften aus nicht<br />
selbstständiger Arbeit der deutschen Besteuerung.<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das Verfahren an die Vorinstanz,<br />
das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, zurückverwiesen.<br />
Denn das FG hatte laut BFH keine Feststellungen zu<br />
der Frage getroffen, ob es sich bei der X-AG um eine in der<br />
Schweiz ansässige Kapitalgesellschaft handele.<br />
Nach der Eintragung im Handelsregister trug die X-AG einen so<br />
genannten Domizilvermerk. Der Terminus bezeichnet nach<br />
Artikel 43 der Verordnung über das Handelsregister in der<br />
Schweiz eine juristische Person, die am Ort ihres statuarischen<br />
Sitzes kein Geschäftsbüro hat. Solche Gesellschaften müssen<br />
anmelden, bei wem sich ihr Domizil befindet. Nach der Rechtsprechung<br />
des BFH lässt sich allerdings aus einer am Sitzort<br />
geführten formellen Verwaltung kein Rückschluss auf den Ort<br />
der tatsächlichen Geschäftsleitung ziehen.<br />
Das FG muss deshalb ermitteln, ob die Geschäftsleitung der<br />
X-AG nicht von Deutschland aus ausgeübt worden ist. Dazu<br />
müsste der Kläger, der nach den Feststellungen des FG die<br />
Geschäftsleitung der X-AG ohne Mitwirkung anderer Personen<br />
geführt hat, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erforderlichen<br />
Entscheidungen von einigem Gewicht überwiegend im<br />
Inland (also an seinem Wohnsitz) getroffen haben. Wäre dies<br />
der Fall, würde sich das Besteuerungsrecht Deutschlands auf<br />
steuern+recht Mai 15
Steuern A bis Z<br />
sämtliche Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit des<br />
Klägers erstrecken.<br />
Die Feststellung des FG, der Kläger sei die einzige Person gewesen,<br />
die als Prokurist fortlaufend tätig gewesen sei, während<br />
die übrigen eingetragenen Personen Schweizer Staatsbürger<br />
waren, reicht nach Ansicht des BFH bei dieser Frage nicht aus.<br />
Gegebenenfalls müsse das FG prüfen, ob es sich bei der X-AG<br />
um eine nach Artikel 4 Absatz 8 Satz 1 DBA Schweiz in<br />
Deutschland ansässige Gesellschaft handele. Diese Vorschrift<br />
Taxation of managerial employees of Swiss<br />
companies<br />
The dependent personal services article of the German/<br />
Swiss double tax treaty contains a provision for taxing<br />
directors’ or managerial employees’ remuneration in the<br />
state of residence of the corporation, rather than in the<br />
state of residence of the individual or where the work<br />
was performed. This departure from the OECD model<br />
applies, unless the duties of the employees are clearly<br />
defined as falling entirely outside the territory of the<br />
corporation. A high ranking employee worked as a<br />
business consultant and computer scientist for a Swiss<br />
company (AG). He provided services in the area of software<br />
application for customers of the AG. This required<br />
extensive business trips in Germany and Switzerland.<br />
The employee was a German resident. He <strong>mai</strong>ntained a<br />
one-room flat in Switzerland, the rent being paid by the<br />
AG. The AG was listed in the trade register as so called<br />
foreign base company (domicile company) with no fixed<br />
office place. Typically under Swiss law, a domicile<br />
company is tax privileged and for that purpose it is not<br />
allowed to pursue commercial activities within Switzerland<br />
but is restricted to certain administration services<br />
like managing own property. Whilst the tax office<br />
included part of the employment income in the German<br />
tax base of the individual, the latter claimed exemption<br />
from German income tax. The question now before the<br />
Supreme Tax Court was that of the state of residence of<br />
the AG since it could not be assumed from the outset that<br />
the place of management of the Swiss domicile company<br />
would be in Switzerland. The German employee had<br />
acted solely and without involving others in substantial<br />
business matters. In view of his frequent travels between<br />
Germany and Switzerland it could not be ruled out that<br />
all important business decisions were made by him during<br />
his stay in Germany. The place of management must<br />
be proven and substantiated by the taxpayer. If, accordingly,<br />
the place of management were held to be in Germany,<br />
then the total employment income received must<br />
also be taxed there. Before he reaches a <strong>final</strong> decision,<br />
however, he Supreme Tax Court referred the case back to<br />
the lower court for further fact finding on the issues at<br />
stake. (MH)<br />
16 <strong>PwC</strong><br />
ordnet an, dass sich der Ansässigkeitsstaat danach richtet,<br />
wo sich der Mittelpunkt der tatsächlichen Geschäftsleitung<br />
befindet.<br />
Fazit<br />
Bei Domizilgesellschaften in der Schweiz kann nicht von vornherein<br />
davon ausgegangen werden, dass sich die Geschäftsleitung<br />
in der Schweiz befindet. Dies muss der Steuerpflichtige<br />
den deutschen Finanzbehörden erst nachweisen. Denn nur so<br />
lässt sich die Besteuerung eines leitenden Angestellten in der<br />
Schweiz oder eine Nichtbesteuerung in Deutschland nach Artikel<br />
15 Absatz 4 DBA Schweiz erreichen. Befindet sich die tatsächliche<br />
Geschäftsleitung dagegen in Deutschland, zieht das<br />
eine Besteuerung der in Deutschland erzielten Einkünfte aus<br />
nicht selbstständiger Arbeit nach sich.<br />
Sie möchten mehr über das Thema erfahren oder beraten werden?<br />
– Bitte rufen Sie Ihren Ansprechpartner an oder <strong>mai</strong>len Sie ihm<br />
einfach.<br />
Thomas Soehner<br />
Tel.: +49 761 28297-342<br />
thomas.soehner@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 22. Juni 2010 (I R 46/08)<br />
Keine Änderung der Bemessungsgrundlage<br />
vor Rückgewähr vereinnahmter<br />
Anzahlung<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … zu welchem Zeitpunkt die Minderung der Bemessungsgrundlage<br />
eintritt, wenn die Leistung<br />
nach Vereinnahmung des Entgelts rückgängig gemacht<br />
wird.<br />
• … warum der Bundesfinanzhof an seiner gegenteiligen<br />
früheren Auffassung zur Änderung der Bemessungsgrundlage<br />
bei Fällen der Rückzahlung<br />
und Rückgängigmachung nicht mehr festhält.
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom<br />
9. September 2010 entschieden: Vereinnahmt der<br />
Unternehmer eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete<br />
Leistung zu erbringen, kommt es erst mit<br />
der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der<br />
Bemessungsgrundlage. Wird die Leistung nach Vereinnahmung<br />
des Entgelts rückgängig gemacht, entsteht<br />
der Berichtigungsanspruch erst mit der Rückgewähr<br />
des Entgelts. – Welche Konsequenzen der Richterspruch<br />
hat, lesen Sie im nachfolgenden Beitrag von<br />
Anna Grienberger und Dr. Diana-Catharina Kurtz.<br />
Sachverhalt<br />
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer<br />
GmbH. Die GmbH vereinnahmte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
am 3. Dezember 2001 Anzahlungen für noch<br />
nicht erbrachte steuerpflichtige Leistungen. Der Kläger entschied<br />
sich nach § 103 Absatz 2 Satz 1 der Insolvenzordnung<br />
(InsO), die Verträge nicht zu erfüllen, die den Anzahlungen<br />
zugrunde lagen. Es kam zu einer „Rückabwicklung“ der Verträge.<br />
Die Rückabwicklung und Berichtigung der steuerpflichtigen<br />
Umsätze nach § 17 Umsatzsteuergesetz (UStG) wurde zunächst<br />
dem Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
zugeordnet. Bei einer weiteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung<br />
vertrat der Insolvenzverwalter die Auffassung, die Umsatzsteuer<br />
sei erst zum Zeitpunkt der Ablehnungserklärung des<br />
§ 103 Absatz 2 InsO zu berichtigen. Deshalb reichte der Kläger<br />
eine berichtigte Umsatzsteuererklärung ein und reduzierte die<br />
Umsätze der GmbH für den Zeitraum ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens.<br />
Dabei verwendete er die Steuernummer, die<br />
der GmbH für die Umsätze erteilt wurde, welche sie ab Eröffnung<br />
des Insolvenzverfahrens zu erklären hatte. Zugleich erhöhte<br />
der Kläger die Umsätze, die er für den Zeitraum bis zur<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens versteuert hatte, um denselben<br />
Betrag. Hierbei verwendete er die andere Steuernummer,<br />
die der GmbH für ihre Umsätze bis zur Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens erteilt worden war. Das Finanzamt lehnte<br />
die beantragte Änderung der Bescheide allerdings ab. – Begründung:<br />
Auf Grundlage der vom Finanzgericht getroffenen<br />
Feststellungen war nicht ersichtlich, dass es im Streitjahr zu<br />
einer Rückgewähr von Anzahlungen an die Insolvenzgläubiger<br />
gekommen war.<br />
Das Finanzgericht entschied in der ersten Instanz, dass der<br />
Kläger einen Anspruch auf Berichtigung aus § 17 Absatz 2<br />
Nummer 3 UStG habe. Gegen diese Entscheidung legte das<br />
Finanzamt anschließend Revision ein und beantragte, das<br />
Urteil des Finanzgerichts aufzuheben.<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Steuern A bis Z<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) stimmte im Ergebnis dem Finanzamt<br />
zu und entschied, dass dem Kläger kein Berichtigungsanspruch<br />
nach § 17 Absatz 2 Nummer 2 oder Nummer 3 UStG<br />
zustehe. Im Falle eines schon vereinnahmten Entgelts komme<br />
eine Berichtigung nach diesen Vorschriften erst für den Zeitraum<br />
in Betracht, indem das Entgelt tatsächlich zurückgewährt<br />
wurde.<br />
Einfluss eines Insolvenzverfahrens auf die<br />
Umsatzsteuer<br />
Ein Insolvenzverfahren hat unter anderem folgende Konsequenzen:<br />
Die Umsatzsteuer für das gesamte Unternehmen des<br />
Gemeinschuldners bestimmt sich zunächst ohne Rücksicht auf<br />
die Vorschriften des Insolvenzrechts ausschließlich nach dem<br />
Umsatzsteuerrecht. Umsatzsteuer, die vor Insolvenzeröffnung<br />
entstanden ist, ist als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden.<br />
Diese Forderungen werden aus der vorhandenen Insolvenzmasse<br />
nach einer Quote befriedigt. Ist Umsatzsteuer nach<br />
Insolvenzeröffnung begründet, muss sie durch einen an den Insolvenzverwalter<br />
gerichteten Steuerbescheid geltend gemacht<br />
werden und ist von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu<br />
befriedigen.<br />
Da nach Auffassung des BFH die Voraussetzungen für eine<br />
Minderung der Umsatzsteuer im Streitfall nicht vorlagen, war<br />
der Änderungsantrag des Klägers abzulehnen. Bei seinem Urteil<br />
verweist der BFH auf seine Entscheidung vom 18. September<br />
2008 (V R 56/06) zu § 17 Absatz 1 Satz 1 UStG. Mit diesem<br />
Urteil hatte der BFH seine frühere Rechtsprechung aufgegeben<br />
und entschieden, dass, wenn der leistende Unternehmer und<br />
der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung<br />
des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, sich die<br />
Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 UStG<br />
nur mindert, wenn das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird<br />
und die Berichtigung erst für den Besteuerungszeitraum der<br />
Rückgewähr vorzunehmen ist. Hat der Unternehmer ein Entgelt<br />
bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage<br />
nicht durch eine bloße Vereinbarung, sondern nur durch<br />
die tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts.<br />
Für die in § 17 Absatz 2 Nummer 2 und Nummer 3 UStG geregelten<br />
Tatbestände sollen nach dem BFH die gleichen Grundsätze<br />
wie für § 17 Absatz 1 UStG gelten. Die Vorschrift des § 17<br />
Absatz 2 Nummer 2 UStG regelt die Fälle, in denen für eine vereinbarte<br />
Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet,<br />
die Lieferung beziehungsweise sonstige Leistung jedoch<br />
nicht ausgeführt worden ist. Hierbei soll es zu einer Änderung<br />
der Bemessungsgrundlage nach § 17 Absatz 1 UStG nunmehr<br />
auch erst dann kommen, wenn das zuvor entrichtete Entgelt<br />
tatsächlich zurückgezahlt wird. Diesbezüglich hält der BFH<br />
steuern+recht Mai 17
Steuern A bis Z<br />
nicht mehr an seiner gegenteiligen Auffassung aus einem früheren<br />
Urteil vom 24. August 1995 (V R 55/94) fest.<br />
§ 17 Absatz 2 Nummer 3 UStG betrifft die Rückgängigmachung<br />
von steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen<br />
oder steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerben.<br />
Auch für diese Fälle soll das Gleiche gelten wir für § 17 Absatz<br />
2 Nummer 2 UStG. Mit anderen Worten: Bei einer Rückgängigmachung<br />
darf die Umsatzsteuer erst gemindert werden, wenn<br />
das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wurde. Irrelevant ist<br />
dabei, ob bei solchen Fällen im Ergebnis die Nummer 2 oder<br />
die Nummer 3 des § 17 Absatz 2 UStG anzuwenden sind.<br />
Somit kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass der Kläger im<br />
Streitjahr keinen Berichtigungsanspruch nach § 17 UStG hatte.<br />
Aufgrund der Feststellungen des Finanzgerichts ist der BFH<br />
davon ausgegangen, dass die vereinnahmten Anzahlungen im<br />
Streitjahr nicht zurückgezahlt worden seien. Bei bereits vereinnahmten<br />
Entgelt muss es – nach § 17 Absatz 1, § 17 Absatz 2<br />
Nummer und § 17 Absatz 2 Nummer 3 UStG – zu einer Rückgewähr<br />
kommen. Eine Rückgewähr könnte nur vorliegen, wenn<br />
die Gläubiger der GmbH den Anspruch aus § 103 Absatz 2<br />
Satz 1 InsO geltend gemacht hätten und gemäß den §§ 174 ff.<br />
InsO quotal befriedigt worden wären.<br />
Beratungshinweis<br />
Diese Entscheidung ist die konsequente Fortführung des BFH-<br />
Urteils V R 56/06 aus dem Jahr 2008, das den Zeitpunkt der<br />
Minderung der Bemessungsgrundlage betraf. Für die Praxis<br />
beachten Sie bitte Folgendes:<br />
Bei der Minderung der Bemessungsgrundlage kommt es zunächst<br />
nicht nur darauf an, dass eine Entgeltminderung oder<br />
Rückgängigmachung zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger<br />
vereinbart wird. Vielmehr muss es zu einer<br />
Rückzahlung des erhaltenen Betrags kommen, wobei auch die<br />
tatsächliche Höhe der Rückzahlung eine Rolle spielt. Bei einem<br />
Insolvenzverfahren wird es dem Insolvenzverwalter in der<br />
Regel nicht möglich sein, das gesamte Entgelt an die Vertragspartner<br />
zurückzuzahlen. Vielmehr werden die Forderungen<br />
der Gläubiger nur in Höhe einer bestimmten Quote befriedigt.<br />
Somit ist die Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17<br />
UStG nur in Höhe des tatsächlich zurückgezahlten Betrags<br />
möglich. Zum § 17 UStG beachten Sie außerdem bitte auch<br />
dass der Leistungsempfänger seinen ursprünglich geltend gemachten<br />
Vorsteuerabzug aus einer getätigten Anzahlung unter<br />
Umständen ebenfalls zu korrigieren hat.<br />
Sie haben Fragen? – Bitte rufen Sie Ihre Ansprechpartnerinnen an<br />
oder schicken Sie ihnen einfach eine E-Mail.<br />
18 <strong>PwC</strong><br />
Anna Grienberger<br />
Tel.: +49 89 5790-6299<br />
anna.grienberger@de.pwc.com<br />
Dr. Diana-Catharina Kurtz<br />
Tel.: +49 211 981-2381<br />
diana-catharina.kurtz@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 2. September 2010 (VR 34/09)<br />
• BFH, Entscheidung vom 18. September 2008 (V R 56/06)<br />
• BFH, Urteil vom 24. August 1995 (V R 55/94)<br />
• BFH, Beschluss vom 20. August 1999 (V B 74/99)<br />
Publikation: “Doing Business and<br />
Investing in Germany” – February<br />
<strong>2011</strong><br />
A guide and indispensible reference work covering everything<br />
you need to know about doing business in Germany – from<br />
corporate and labour law to finance, regulation and tax.<br />
The German investment climate, both inward and outward,<br />
is both open and complex. However, Germany has emerged<br />
from the economic crisis largely unscathed – thanks in good<br />
measure to decisive government action in launching a massive<br />
stabilisation programme – and the return to growth has<br />
allowed new investment opportunities to arise.<br />
Contacts<br />
Andrew Miles<br />
Tel.: +49 69 9585-6345<br />
Neville Anderson<br />
Tel.: +49 69 9585-1405<br />
Order<br />
publikationen-bestellungen@de.pwc.com
Recht aktuell<br />
Rechtswidrige Zahlungen an Aufsichtsratsmitglieder<br />
In einem Urteil vom 2. Februar <strong>2011</strong> (5 U 30/10) entschied<br />
das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, dass Zahlungen des<br />
Vorstands einer Aktiengesellschaft (AG) oder einer Societas<br />
Europaea (SE) an eines ihrer Aufsichtsratsmitglieder, die für<br />
neben dem eigentlichen Aufsichtsratsmandat erbrachte Dienstleistungen<br />
gewährt werden, nur dann erlaubt sind, wenn der<br />
Gesamtaufsichtsrat ihnen zuvor zugestimmt hat. Grundlage<br />
für die Entscheidung ist § 114 Absatz 1 Aktiengesetz (AktG),<br />
dem zufolge Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern über Tätigkeiten<br />
höherer Art, die neben der eigentlichen Aufsichtsratstätigkeit<br />
geschlossen werden, von der Zustimmung des Gesamtaufsichtsrats<br />
abhängen. Die Regeln des Aktiengesetzes<br />
sind im Grundsatz auch auf SE anwendbar. In dem entschiedenen<br />
Fall war ein Aufsichtsratsmitglied einer SE zugleich Partner<br />
einer überörtlichen Anwaltssozietät, die jährlich von der<br />
Gesellschaft etwa eine Million Euro für Beratungsleistungen<br />
erhielt, die sie für die SE beziehungsweise deren Tochtergesellschaften<br />
erbrachte. Der Gesamtaufsichtsrat genehmigte gegenüber<br />
dem Vorstand jährlich ein Budget, das für derartige<br />
Beratungsleistungen durch die Anwaltssozietät des Aufsichtsratsmitglieds<br />
vorgesehen war. Die jeweiligen Einzelmandate<br />
wurden dem Gesamtaufsichtsrat hingegen erst nach Bezahlung<br />
des Honorars einmal jährlich zur Genehmigung vorgelegt.<br />
Diese Praxis erklärte das OLG Frankfurt nun für nicht gesetzeskonform.<br />
§ 114 Absatz 1 AktG sei als eine Verhaltensnorm auszulegen,<br />
die verbiete, ohne wirksamen Vertrag Zahlungen an<br />
ein Aufsichtsratsmitglied zu leisten. Zweck des § 114 AktG sei<br />
es, eine unsachliche Beeinflussung einzelner Aufsichtsratsmitglieder<br />
durch den Vorstand, also eine Abhängigkeit des überwachenden<br />
vom überwachten Organ zu verhindern. Eine<br />
derartige Abhängigkeit sei jedoch bei dem beschriebenen Vorgehen<br />
zu befürchten. Die Zahlungen an die Kanzlei des Aufsichtsratsmitglieds<br />
ohne vorherige Genehmigung durch den<br />
Gesamtaufsichtsrat seien deshalb pflichtwidrig und damit<br />
schwere und eindeutige Gesetzesverstöße.<br />
Das Urteil dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der<br />
Bezahlung von Gesellschaften haben, die einem Mitglied des<br />
Aufsichtsrats zuzurechnen sind. Sie betrifft jedoch nicht die<br />
gesamte Auftragsvergabe, sondern lediglich die Zahlungen im<br />
Zusammenhang mit solchen Aufträgen. Denn nach dem klaren<br />
Wortlaut des § 114 Absatz 2 Satz 1 AktG können zwischen<br />
Gesellschaften und Aufsichtsräten geschlossene (und gemäß<br />
§ 114 Absatz 1 AktG unwirksame) Verträge auch nachträglich<br />
vom Gesamtaufsichtsrat genehmigt werden. Dementsprechend<br />
dürfte der Abschluss von Verträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern<br />
ohne vorherige Zustimmung des Gesamtaufsichtsrats also<br />
auch nach dem Urteil des OLG Frankfurt zulässig sein. Derartige<br />
Aufträge sollten nach diesem Urteil jedoch erst nach<br />
Genehmigung durch den Gesamtaufsichtsrat bezahlt werden.<br />
Da der Aufsichtsrat kein ständig tagendes Gremium ist und<br />
auch nach dem Gesetz lediglich zwei Sitzungen pro Jahr abhalten<br />
muss, in denen er entscheiden kann, wird eine zeitnahe<br />
Bezahlung derartiger Aufträge in Zukunft kaum noch möglich<br />
sein.<br />
Gesetzentwurf zum Anlegerschutz<br />
im „Grauen Kapitalmarkt“<br />
Das Bundesfinanzministerium und das Bundeswirtschaftsministerium<br />
haben am 6. April <strong>2011</strong> einen gemeinsamen Gesetzentwurf<br />
zur Stärkung der Rechte von Anlegern bei Investments<br />
in Produkte des so genannten „Grauen Kapitalmarkts“ in das<br />
Kabinett eingebracht. Beim Grauen Kapitalmarkt handelt es<br />
sich um einen Bereich der Finanzmärkte, der bisher nicht oder<br />
nur wenig reguliert ist. Da Anleger dort immer wieder durch<br />
teils unseriöse Angebote viel Geld verloren, soll das vorgeschlagene<br />
Gesetz nun die Informationsbasis für sie verbessern. So<br />
sollen Anleger in Zukunft auch hier einen durch die Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht geprüften Prospekt verlangen<br />
können. Anbieter von Produkten des Graumarkts sollen<br />
zukünftig ein Kurzinformationsblatt erstellen, das kompakt<br />
Chancen und Risiken einer Vermögensanlage erläutert (so genannter<br />
„Beipackzettel“). Darüber hinaus ist geplant, strengere<br />
Zulassungs-, Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten<br />
für Vermittler solcher Produkte einzuführen. Das<br />
Gesetz soll außerdem die Haftung für fehlende oder fehlerhafte<br />
Prospekte verschärfen. Da das Gesetz allerdings noch das<br />
gesamte Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss, ist im<br />
Moment noch unklar, ob und in welcher Form der Vorschlag<br />
tatsächlich umgesetzt wird.<br />
Private Nutzung von Bank- und<br />
Tankkarten des Arbeitgebers<br />
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden,<br />
dass Arbeitnehmer Bank- und Tankkarten, die ihnen ihr Arbeitgeber<br />
zur Verfügung stellt, grundsätzlich nur für dienstliche<br />
Zwecke nutzen dürfen (Urteil 2 Sa 526/10 vom 15. März<br />
<strong>2011</strong>). Auslöser für das Urteil war der Fall eines Arbeitnehmers,<br />
der von seiner Arbeitgeberin eine Kredit- und eine Tankkarte<br />
erhalten und auch für außerdienstliche Zwecke genutzt<br />
hatte. Mit der Kreditkarte kaufte er unter anderem im Supermarkt<br />
ein und bestellte Kinderkleider und Haushaltsgegenstände<br />
bei einem Versandhändler. Mit der Tankkarte betankte<br />
er verschiedene Fahrzeuge mit Kraftstoff im Wert von mehr als<br />
2.000 Euro. Nachdem die Arbeitgeberin dies bemerkt hatte,<br />
stellte sie alle Lohnzahlungen ein. Nachdem auch das Arbeitsverhältnis<br />
beendet war, rechnete sie außerdem Schadensersatzansprüche<br />
gegen die restlichen Vergütungsansprüche des<br />
steuern+recht Mai 19
Recht aktuell<br />
Arbeitnehmers auf. Der Arbeitnehmer behauptete, er habe<br />
ohne Beschränkung frei über die Arbeitgeberkonten verfügen<br />
dürfen. Die Arbeitgeberin müsse das Gegenteil beweisen und<br />
sei deshalb nicht zur Aufrechnung berechtigt. Dem trat das<br />
Landesarbeitsgericht entgegen. Wenn der Arbeitgeber einem<br />
Arbeitnehmer Bank- und Tankkarten zur Verfügung stelle,<br />
dürften diese grundsätzlich nur für dienstliche Ausgaben genutzt<br />
werden. Das gelte auch dann, wenn eine ausdrückliche<br />
Absprache fehle. Wenn ein Arbeitnehmer solche Karten auch<br />
für private Zwecke nutze, müsse er darlegen und beweisen,<br />
dass er dazu berechtigt sei.<br />
Umnummerierung abgetretener<br />
Geschäftsanteile einer GmbH in<br />
Gesellschafterliste zulässig<br />
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 1. März<br />
<strong>2011</strong> (II ZB 6/10) entschieden, dass eine Umnummerierung<br />
abgetretener Geschäftsanteile einer GmbH in der Gesellschafterliste<br />
zulässig ist, wenn jeder Geschäftsanteil durch die<br />
Angabe der bisherigen Nummerierung ohne Zweifel identifizierbar<br />
bleibt. In dem Sachverhalt, der dem Beschluss zugrunde<br />
liegt, reichte der Notar nach der Veräußerung und<br />
Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen eine geänderte Gesellschafterliste<br />
zum Handelsregister ein. In dieser geänderten<br />
Gesellschafterliste wurden die Eintragungen der Geschäftsanteile<br />
unter den ursprünglich laufenden Nummern eins bis<br />
zwölf durchgestrichen und unter den laufenden Nummern<br />
13 bis 24 jeweils der Name des neuen Gesellschafters mit den<br />
fortgeschriebenen Angaben zu den erworbenen Geschäftsanteilen<br />
einschließlich der Angabe der bisherigen Nummern<br />
eingetragen.<br />
Das Registergericht und das für die eingelegte Beschwerde zuständige<br />
Oberlandesgericht vertraten die Auffassung, die einmal<br />
festgelegte Nummerierung der Geschäftsanteile sei auch<br />
nach einem Gesellschafterwechsel beizubehalten und mit der<br />
neuen Gesellschafterliste seien lediglich die vorgenommenen<br />
Änderungen zu dokumentieren. Dem trat der BGH in seinem<br />
Beschluss entgegen. Er begründet seine Entscheidung vor<br />
allem mit zwei Argumenten: Der Gesetzgeber habe zum einen<br />
den Grundsatz der Gliederungskontinuität, der unter anderem<br />
für Jahresabschlüsse gilt, in Bezug auf die Gesellschafterliste<br />
im Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Modernisierung<br />
des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen<br />
(MoMiG) nicht aufgestellt, obwohl ihm die Probleme im Zusammenhang<br />
mit der Nummerierung von GmbH-Anteilen bekannt<br />
waren. Zum anderen könne eine Stetigkeit der<br />
Nummerierung auch nicht in allen Fällen durchgehalten werden,<br />
wie zum Beispiel nach einer Teilung oder Zusammenlegung<br />
von Geschäftsanteilen. Es müsse also ohnehin damit<br />
20 <strong>PwC</strong><br />
gelebt werden, dass in vielen Fällen keine durchgehende Nummerierung<br />
von GmbH-Anteilen mehr vorhanden sein werde.<br />
Der Beschluss des BGH ist ein Schritt zur höchstrichterlichen<br />
Klärung offener Fragen im Zusammenhang mit der Gesellschafterliste<br />
der GmbH, die seit dem Inkrafttreten des MoMiG<br />
an Bedeutung gewonnenen hat. Eine Aussage darüber, welche<br />
Position der BGH in den umstrittenen und in der Praxis sehr relevanten<br />
Fällen der Teilung und Zusammenlegung von Geschäftsanteilen<br />
hinsichtlich der laufenden Nummerierung in<br />
der Gesellschafterliste einnehmen wird, ist dem Beschluss aber<br />
nicht zu entnehmen. Soweit ersichtlich, wird in diesem Zusammenhang<br />
vorgeschlagen, Abschnittsnummern oder ergänzende<br />
Buchstaben zu verwenden oder die nächsten freien<br />
Nummern zu vergeben.<br />
Haben Sie Fragen? Dann rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an<br />
oder schicken Sie ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Dr. Arne Vogel<br />
Tel.: +49 40 6378-1233<br />
arne.vogel@de.pwc.com<br />
Dirk Kohlenberg<br />
Tel.: +49 40 6378-2370<br />
dirk.kohlenberg@de.pwc.com
Länder<br />
Länderreport<br />
Ukraine<br />
Körperschaftsteuer<br />
Das ukrainische Steuergesetz hat die<br />
früher mögliche Befreiung von der Körperschaftsteuer<br />
bestätigt. Sie betrifft<br />
Einkommen aus dem Verkauf von technischen<br />
Anlagen, Rohstoffen, Maschinen<br />
und anderen Gütern, die für die Produktion<br />
von alternativer (erneuerbarer)<br />
Energie benutzt wurden. Das Steuergesetz<br />
begrenzt die Befreiung, sodass<br />
nicht mehr als 80 Prozent eines solchen<br />
Einkommens von der Körperschaftsteuer<br />
befreit sind. Sie gilt nur für Verkäufe im<br />
Zollgebiet der Ukraine, also nicht bei Exporten.<br />
Das ukrainische Kabinett fertigte<br />
bereits eine Liste mit Gütern an, die dieser<br />
Befreiung unterliegen. Außerdem<br />
veröffentlichte es die Vorschriften für die<br />
Nutzung befreiter Geldmittel (solche<br />
Beträge sollten normalerweise dazu genutzt<br />
werden, um die Fertigungskapazität<br />
eines Unternehmens zu erhöhen).<br />
Der vorher angenommene Anreiz der<br />
Körperschaftsteuer bezüglich der Besteuerung<br />
von Einkommen aus der<br />
Durchführung energiesparender Projekte<br />
bleibt unverändert. Dementsprechend<br />
sind 50 Prozent des Einkommens<br />
aus der Durchführung energiesparender<br />
Projekte von Unternehmen, die einem<br />
speziellen Staatsregister angehören, von<br />
der Körperschaftsteuer befreit. Das<br />
ukrainische Ministerkabinett hat die<br />
Forderung nach der Aufrechterhaltung<br />
einzelner Buchungen von Gewinnen und<br />
Verlusten aus solchen Projekten ausgegeben.<br />
Interessanterweise gibt es zurzeit<br />
keine Beschränkung hinsichtlich der<br />
Nutzung der nicht besteuerten Beträge.<br />
Aktuelles aus<br />
Mittel- und Osteuropa<br />
Neues ukrainisches Steuergesetz<br />
Einkommen und Ausgaben:<br />
Anerkennung von Einkommen<br />
Obwohl die Steuerbuchhaltung für die<br />
Körperschaftsteuer normalerweise den<br />
Bilanzbuchhaltungsregeln folgt, gibt es<br />
besondere Regelungen für die Anerkennung<br />
von Einkommen. Einkommen aus<br />
dem Verkauf von Gütern wird für steuerliche<br />
Zwecke ab dem Zeitpunkt der<br />
Eigentumsübertragung an den Kunden<br />
anerkannt. Einkommen aus dem Bereitstellen<br />
von Dienstleistungen wird ab<br />
dem Zeitpunkt der tatsächlichen Bereitstellung<br />
(durch entsprechende Dokumente<br />
bestätigt) anerkannt.<br />
Sonstige Regelungen: wirtschaftliches<br />
Eigentum<br />
Das Steuergesetz führt das Institut des<br />
wirtschaftlichen Eigentums ein, obwohl<br />
es keine klare Definition oder Interpretation<br />
des Begriffs liefert. Betraute, Agenten<br />
oder Vermittler werden eventuell<br />
nicht als wirtschaftliche Eigentümer betrachtet<br />
und sind demnach nicht berechtigt,<br />
Vorteile aus Steuerverträgen zu<br />
erlangen, ermäßigte Quellensteuersätze<br />
eingeschlossen. Unklar ist nach wie vor,<br />
wie die ukrainischen Steuerbehörden<br />
diese Vorschrift durchsetzen wollen.<br />
Dennoch sollten Steuerpflichtige sie<br />
berücksichtigen.<br />
Betriebsstätte<br />
Das Steuergesetz hat das Konzept der<br />
Dienstleistungsbetriebsstätte eingeführt.<br />
Danach ist der Ort, an dem Dienstleistungen<br />
(einschließlich Beratungsleistungen,<br />
aber nicht die Bereitstellung von<br />
Personal) durch einen Nichtansässigen,<br />
EU kompakt<br />
durch seine Angestellten oder anderes<br />
Personal in der Ukraine bereitgestellt<br />
werden, als eine ukrainische Betriebsstätte<br />
des Nichtansässigen anzusehen.<br />
Voraussetzung: Diese Aktivitäten (innerhalb<br />
des Zeitrahmens eines Projekts)<br />
dauern mehr als sechs Monate innerhalb<br />
eines Betrachtungszeitraums von zwölf<br />
Monaten. Darüber hinaus kann auch<br />
eine Baustelle in der Ukraine die Betriebsstätte<br />
eines Nichtansässigen<br />
begründen, falls die Baumaßnahmen<br />
mindestens sechs Monate dauern.<br />
Zinsbeschränkungen<br />
Der Steuerabzug für Zinsen, die ein ausländisches<br />
Tochterunternehmen an verbundene<br />
Unternehmen zahlen muss, ist<br />
effektiv beschränkt auf das Zinseinkommen<br />
des Steuerpflichtigen zuzüglich<br />
50 Prozent der Earnings before Interest<br />
and Taxes (EBIT) – vorher waren es<br />
50 Prozent der Earnings before Interest,<br />
Taxes, Depreciation and Amortization<br />
(EBITDA). Das Steuergesetz erlaubt<br />
Steuerpflichtigen ausdrücklich den<br />
Abzug der übersteigenden Zinsen in zukünftigen<br />
Steuerzeiträumen innerhalb<br />
des oben genannten Grenzbereichs.<br />
Werbesteuer<br />
Der Steuersatz von 20 Prozent auf<br />
Werbeleistungen durch einen Nichtansässigen<br />
findet Anwendung, egal ob die<br />
Leistungen in der Ukraine oder im Ausland<br />
erbracht wurden.<br />
Dr. Marc-Tell Madl<br />
Tel.: +380 44 490-6777<br />
Weitere interessante Beiträge finden Sie<br />
in der neuen Ausgabe von EU kompakt.<br />
Bestellung<br />
E-Mail:<br />
celina.maciejewski@de.pwc.com<br />
steuern+recht Mai 21
Ticker<br />
Steuern & Recht: die Seite für alle Steuerfragen<br />
In allen Phasen des wirtschaftlichen Handelns spielen Steuerfragen eine wichtige<br />
Rolle. Die Quellen des Steuerrechts sind mannigfaltig, international vor allem durch<br />
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und im Inland durch Verfügungen<br />
der Finanzverwaltung sowie durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geprägt.<br />
Umfassend und aktuell stellt Ihnen <strong>PwC</strong> deshalb die erforderlichen Informationen<br />
online auf der neuen Steuern-&-Recht-Seite in deutscher und englischer<br />
Sprache zur Verfügung. Neben aktuellen Steuernachrichten, Newslettern und Publikationshinweisen<br />
erläutern die Steuerexperten von <strong>PwC</strong> Handlungsspielräume und<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen.<br />
Ihr Link zur deutschen Seite<br />
http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht/<br />
Ihr Link zur englischen Seite<br />
http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/<br />
Statutes<br />
Cases<br />
Decrees<br />
22 <strong>PwC</strong><br />
Tax & Legal News<br />
BFH – kurz und knapp<br />
Ergänzungen möglich<br />
Das Finanzamt ist berechtigt, einen<br />
ergänzenden Haftungsbescheid zu erlassen,<br />
wenn die Erhöhung der Lohnsteuerschuld<br />
auf neuen Tatsachen beruht, die<br />
bei einer Außenprüfung festgestellt wurden.<br />
BFH, Urteil vom 15. Februar <strong>2011</strong><br />
(VII R 66/10)<br />
Fälligkeit einer Tantieme<br />
Der Anspruch auf Tantiemen wird mit<br />
Feststellung des Jahresabschlusses fällig,<br />
wenn nicht zivilrechtlich wirksam und<br />
fremdüblich eine andere Fälligkeit vertraglich<br />
vereinbart ist.<br />
BFH, Urteil vom 3. Februar <strong>2011</strong><br />
(VI R 66/09)<br />
Ersatzbemessungsgrundlage<br />
verfassungswidrig<br />
Der Bundesfinanzhof hat das Bundesverfassungsgericht<br />
angerufen, weil er es für<br />
verfassungswidrig hält, die Grunderwerbsteuer<br />
nur nach Grundbesitzwerten<br />
zu bemessen.<br />
BFH, Beschluss vom 2. März <strong>2011</strong><br />
(II R 23/10)<br />
Lohneinkünfte nach Insolvenzeröffnung<br />
Gelangt pfändbarer Arbeitslohn des<br />
Insolvenzschuldners als Neuerwerb zur<br />
Insolvenzmasse, handelt es sich bei der<br />
Einkommensteuer, die auf die Lohneinkünfte<br />
zu zahlen ist, um keine vorrangig<br />
zu befriedigende Masseverbindlichkeit.<br />
BFH, Urteil vom 24. Februar <strong>2011</strong><br />
(VI R 21/10)<br />
Beiträge in Englisch finden Sie in<br />
der neuen Ausgabe von Tax & Legal<br />
News.<br />
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Herausgeber<br />
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Gabriele Stein<br />
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Korrektorat<br />
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Druck<br />
Kohlhammer und Wallishauser GmbH, Hechingen<br />
Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten<br />
bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie<br />
bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung<br />
unserer für Sie tätigen Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung<br />
dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung<br />
durch den Herausgeber nachgedruckt oder vervielfältigt<br />
werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen<br />
Autoren wieder. Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-<br />
Redaktion verfasst.<br />
Über uns<br />
Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor neuen Aufgaben,<br />
haben interessante Ideen und suchen Rat. Sie erwarten, dass<br />
wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte Lösungen<br />
mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb setzen wir<br />
für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />
oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein:<br />
Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch,<br />
Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks<br />
in über 150 Ländern. Besonders wichtig ist uns die<br />
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Mandanten,<br />
denn je besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter<br />
können wir sie unterstützen.<br />
<strong>PwC</strong>. 8.700 engagierte Menschen an 28 Standorten.<br />
1,33 Milliarden Euro Gesamtleistung.<br />
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bekennt sich zu den <strong>PwC</strong>-Ethik-Grundsätzen (zugänglich<br />
in deutscher Sprache über www.pwc.de/de/ethikcode)<br />
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in deutscher und englischer Sprache über www.globalcompact.de).<br />
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steuern+recht Mai 23
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