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Wichtige Änderungen<br />

in Recht und Gesetz<br />

Ausgabe 6, 2012<br />

November<br />

Inhalt<br />

http://blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong>/<br />

Business Meldungen ...................................................................................................... 2<br />

Update: Jahressteuergesetz 2013 und Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der<br />

Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekosten<strong>recht</strong>s im Bundesrat<br />

gescheitert ............................................................................................................................ 2<br />

Geschäftsveräußerung auch bei Vermietung des Betriebsgrundstücks möglich ............. 3<br />

Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch beim Sponsoring ............................................... 4<br />

Rechtsprechung ......................................................................................... 4<br />

Bundesverfassungsgericht: Steuerpflichtige müssen auf Fortbestand einer<br />

steuer<strong>recht</strong>lichen Regelung vertrauen können .................................................................. 4<br />

Vorrang der Niederlassungsfreiheit bei Mindestbeteiligungsquote von 10 Prozent ....... 5<br />

Individuelle Portfolioverwaltung umsatzsteuerpflichtig ................................................... 6<br />

Wirtschaftliches Eigentum bei Unterbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft ................ 6<br />

Verrechenbare Verluste der Organgesellschaft: Kein passiver Ausgleichsposten für<br />

Mehrabführungen ................................................................................................................ 7<br />

Dauerschuldzinsen bei Kreditinstituten ............................................................................. 8<br />

Externe Anlageberatung umsatzsteuerfrei? ....................................................................... 9<br />

Umsatzsteuer<strong>recht</strong>liche Leistungsbeziehungen: Weiterleiten auf andere Internetseiten 9<br />

Nicht jeder Arbeitnehmerrabatt ist steuerpflichtiger Arbeitslohn ................................... 10<br />

Keine Aufrechnung bei Umsatzsteuerberichtigung während des Insolvenzverfahrens .. 11<br />

Entschädigung bei arbeitnehmerähnlich ausgestaltetem Beratervertrag tarifbegünstigt 12<br />

Prämien wertlos gewordener Optionen als Werbungskosten bei einem Termingeschäft 12<br />

Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Mitunternehmerschaften .................... 13<br />

Reinvestition aus gewerblichem Veräußerungsgewinn auf Wirtschaftsgut eines land- und<br />

forstwirtschaftlichen Betriebs ............................................................................................. 14<br />

Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften und Gemeinschaften beim<br />

Gesellschafter gewerblich .................................................................................................... 15<br />

Abtretung eines Besserungsscheins bei Veräußerung eines GmbH Mantels nicht<br />

missbräuchlich ..................................................................................................................... 16<br />

Keine Mineralölsteuerbefreiung für Vercharterer von Flugzeugen .................................. 17<br />

Ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Personenbeförderungen im Nahverkehr (EuGH-<br />

Vorlage) ................................................................................................................................ 17<br />

Bundesfinanzhof zweifelt Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und<br />

Schenkungsteuergesetzes an ............................................................................................... 18<br />

Keine Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher Grundstücksübertragung ....................... 19<br />

Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung trotz fehlender Ust-IdNr. möglich20<br />

Kein Splittingtarif nach Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz ................................ 21<br />

Erstattung von ausländischer Mehrwertsteuer trotz dortiger Niederlassung möglich ... 21<br />

EuGH zur Vorsteueraufteilung nach Umsätzen ................................................................. 22<br />

Weitere Steuermeldungen ................................................................................................... 23


Business Meldungen<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 2<br />

Update: Jahressteuergesetz 2013 und Gesetz<br />

zur Änderung und Vereinfachung der<br />

Unternehmensbesteuerung und des<br />

steuerlichen Reisekosten<strong>recht</strong>s im Bundesrat<br />

gescheitert<br />

Die Länder haben heute (23. November 2012) dem Jahressteuergesetz<br />

2013 und dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der<br />

Unternehmensbesteuerung die Zustimmung verweigert.<br />

Beide Gesetze können damit vorerst nicht in Kraft treten. Bundestag und<br />

Bundesregierung haben nun die Möglichkeit, ein Vermittlungsverfahren<br />

einzuleiten. Ebenfalls im Bundesrat gescheitert: das deutschschweizerische<br />

Steuerabkommen.<br />

Seminar zum Thema<br />

2012/2013 - Die wichtigsten Steueränderungen<br />

Das Steuer<strong>recht</strong> befindet sich im Wandel. Während die erhofften positiven Impulse für<br />

das Unternehmenssteuer<strong>recht</strong> auf sich warten lassen, gibt es auch in diesem Jahr wieder<br />

eine Vielzahl von Steuerregelungen, die auch für Ihr Unternehmen relevant sind. Die<br />

wesentlichen Neuerungen 2012/2013 fassen <strong>PwC</strong>-Experten für Sie in einem Seminar<br />

zusammen.<br />

Auf der Seminaragenda stehen u.a. folgende Themen:<br />

• Dividenden und Veräußerungsgewinne: Quo vadis, § 8 b Körperschaftsteuergesetz?<br />

• Verdeckte Gewinnausschüttungen und Schenkungsteuer im Konzern?<br />

• Was verdient eine Betriebsstätte: Umsetzung des „Authorised OECD Approach“<br />

• Im Visier der Finanzverwaltung: Verlustnutzung und Gestaltung von Einbringungen<br />

• § 50 d Einkommensteuergesetz: eine Dauerbaustelle?<br />

• Geänderte Spielregeln für Organschaften<br />

• Gestaltungen bei der Grunderwerbsteuer vor dem Aus?<br />

• Erbschaft, Stiftungen und Co.: die Änderungen im Überblick<br />

Je nach Verlauf der Gesetzgebungsverfahren können weitere <strong>aktuell</strong>e<br />

Themenschwerpunkte hinzukommen.<br />

Termine und Veranstaltungsorte<br />

26. November 2012, Mannheim, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Augustaanlage 66, 68165<br />

Mannheim<br />

27. November 2012, Düsseldorf, <strong>PwC</strong> Niederlassung, Moskauer Str. 19, 40227<br />

Düsseldorf<br />

27. November 2012, Leipzig, <strong>PwC</strong> Niederlassung, Käthe-Kollwitz-Str. 21, 04109 Leipzig<br />

27. November 2012, Oldenburg, Alterahotel, Herbartgang 23, 26122 Oldenburg<br />

28. November 2012, Karlsruhe, Novotel Karlsruhe City, Festplatz 2, 76137 Karlsruhe<br />

29. November 2012, Bremen, Swisshotel Bremen, Hillmannplatz 20, 28195 Bremen<br />

29. November 2012, Hamburg, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, New-York-Ring 13 , 22297<br />

Hamburg<br />

29. November 2012, Dresden, ICC Internationales Congress Center, Ostra-Ufer 2,<br />

01067 Dresden


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 3<br />

29. November 2012, Hannover, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Fuhrberger Straße 5, 30625<br />

Hannover<br />

3. Dezember 2012, Frankfurt am Main, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Römerberg,<br />

60311 Frankfurt am Main<br />

3. Dezember 2012, Köln, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Konrad-Adenauer-Ufer 11, 50668 Köln<br />

4. Dezember 2012, Freiburg im Breisgau, <strong>PwC</strong> Niederlassung, Bismarckallee 17,<br />

79098 Freiburg im Breisgau<br />

4. Dezember 2012, München, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Bernhard-Wicki-Straße 8, 80636<br />

München<br />

4. Dezember 2012, Stuttgart, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Friedrichstraße 14, 70174 Stuttgart<br />

5. Dezember 2012, Bielefeld, <strong>PwC</strong>-Niederlassung, Kreuzstraße 35, 33602 Bielefeld<br />

5. Dezember 2012, Berlin, <strong>PwC</strong> Niederlassung, Potsdamer Platz 11, 10785 Berlin<br />

5. Dezember 2012, Rostock, Pentahotel Rostock, Schwaansche Straße, 618055 Rostock<br />

Ihr Ansprechpartner für alle organisatorischen Fragen:<br />

Sebastian J. Werner Tel.: +49 69 9585-2127 Mail: event_services@de.pwc.com<br />

Lesen Sie hierzu auch<br />

Steuer<strong>recht</strong> im Wandel: Steueränderungen 2012/2013<br />

Auch das Jahr 2012 wird wieder von wichtigen Änderungen im Steuer<strong>recht</strong> geprägt sein.<br />

Im Zentrum stehen dabei die noch zu erwartenden Steueränderungen durch das<br />

Jahressteuergesetz 2013 und das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der<br />

Unternehmensbesteuerung sowie des steuerlichen Reisekosten<strong>recht</strong>s. Daneben sind<br />

wichtige Neuregelungen für Steuerpflichtige bereits seit Anfang des Jahres 2012 zu<br />

beachten. Der <strong>aktuell</strong>e Beitrag gibt Ihnen unter http://blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und<strong>recht</strong>/2012/11/12/steuer<strong>recht</strong>-im-wandel-steueranderungen-20122013/<br />

– ohne<br />

Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick über wesentliche Steueränderungen.<br />

Geschäftsveräußerung auch bei Vermietung des<br />

Betriebsgrundstücks möglich<br />

Die Finanzverwaltung hat sich dem höchstrichterlichen Verdikt zur<br />

umsatzsteuerbefreiten Geschäftsveräußerung im Ganzen trotz fehlender Veräußerung<br />

des Geschäftsgrundstücks angeschlossen. Voraussetzung: Die dauerhafte Fortführung<br />

des Unternehmens ist möglich.<br />

Unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. November 2011 (C-<br />

444/10, Schriever) hatte der Bundesfinanzhof in der Übereignung des Warenbestands<br />

und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsunternehmens unter gleichzeitiger<br />

Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber auf unbestimmte Zeit (…) eine nicht<br />

umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung gesehen, sofern der Erwerber mit den<br />

übertragenen Sachen eine wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann (BFH-<br />

Urteil vom 18. Januar 2012, XI R 27/08).<br />

Das Bundesfinanzministerium hat nun den Umsatzsteuer-Anwendungserlass<br />

entsprechend den richterlichen Vorgaben angepasst und auch eine Vermietung bzw.<br />

Verpachtung auf unbestimmte Zeit und auch bei kurzfristiger Kündbarkeit zugelassen.<br />

Diese Grundsätze – so die ministeriale Verlautbarung – sind auf alle offenen Fälle<br />

anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2013 ausgeführte Umsätze wird es – besonders im<br />

Hinblick auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn<br />

die beteiligten Unternehmer bei der Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen im<br />

Rahmen unbefristeter Miet- oder Pachtverträge einvernehmlich davon ausgehen, dass<br />

die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung nicht vorliegen.


Rechtsprechung<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 4<br />

Fundstelle<br />

BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2012 (IV D 2 – S 7100-b/11/10002): Vorliegen einer<br />

Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) bei Vermietung wesentlicher Grundlagen<br />

Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch beim<br />

Sponsoring<br />

Das Bundesfinanzministerium hat zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Sponsorings<br />

aus Sicht des Leistungsempfängers Stellung genommen: Nicht jede Sponsoringzahlung<br />

ist auf Basis eines Leistungsaustausches erfolgt und damit umsatzsteuerbar und<br />

umsatzsteuerpflichtig.<br />

Sponsoring wird zumeist von Unternehmen (dem Sponsor) zum Zweck der<br />

Kommunikationspolitik und des Marketings betrieben. Ziel ist, auf das eigene<br />

Unternehmen, vornehmlich im Zusammenhang mit einem medienwirksamen Ereignis,<br />

aufmerksam zu machen. Sponsoring ist Teil der unternehmensbezogenen Werbung oder<br />

Öffentlichkeitsarbeit, mit dem Ziel der Absatzförderung für Produkte und<br />

Dienstleistungen, für die dem Produktnutzen ein „Erlebnisnutzen“ hinzugefügt werden<br />

soll. Leistungen eines Sponsors beruhen häufig auf einer vertraglichen Vereinbarung<br />

zwischen dem Sponsor und dem Empfänger der Leistungen (Sponsoringvertrag), in dem<br />

Art und Umfang der gegenseitigen Leistungen geregelt sind.<br />

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zum entgeltlichen Leistungsaustausch beim<br />

Sponsoring aus Sicht des Empfängers in einem Schreiben Stellung genommen und dabei<br />

die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der vergangenen Jahre zu diesem Thema<br />

zusammengefasst. Danach kann es an einem steuerbaren Leistungsaustausch fehlen,<br />

wenn die Zahlung lediglich allgemeiner Natur ist, beispielsweise bei bloßer Nennung des<br />

Sponsors auf Plakaten, in Veranstaltungshinweisen, in Ausstellungskatalogen oder auf<br />

dessen Internetseite. Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung als<br />

Umsatz gegen Entgelt setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen<br />

der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der<br />

Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen<br />

Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und der zu einem Verbrauch im Sinn des<br />

gemeinsamen Mehrwertsteuer<strong>recht</strong>s führt.<br />

Fundstelle<br />

BMF-Schreiben vom 13. November 2012 (IV D 2 – S 7100/08/10007 :003):<br />

Umsatzsteuer<strong>recht</strong>liche Behandlung des Sponsorings aus der Sicht des<br />

Leistungsempfängers<br />

Bundesverfassungsgericht: Steuerpflichtige müssen auf<br />

Fortbestand einer steuer<strong>recht</strong>lichen Regelung<br />

vertrauen können<br />

Die rückwirkende Änderung des Steuer<strong>recht</strong>s für einen noch laufenden Veranlagungs-<br />

oder Erhebungszeitraum sind als Fälle unechter Rückwirkunge nicht per se unzulässig.<br />

Sie stehen nach Ansicht der Verfassungsrichter den Fällen echter Rückwirkung<br />

allerdings nahe und unterliegen daher besonderen Anforderungen unter den<br />

Gesichtspunkten von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit.<br />

Im <strong>aktuell</strong> entschiedenen Fall ging es um die im Dezember 2001 im<br />

Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag beschlossene Regelung, die neue<br />

gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschrift für Streubesitzdividenden bereits für das<br />

gesamte Jahr 2001 gelten zu lassen – also auch für den Zeitraum vor Veröffentlichung<br />

der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum<br />

Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes. Fazit der Verfassungshüter: Die<br />

angegriffene Regelung stellt einen massiven und unverhältnismäßigen Eingriff in den<br />

Vertrauensschutz auf den Fortbestand geltenden Rechts dar.


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 5<br />

Die umstrittende und jetzt als verfassungswidrig eingestufte Hinzurechnungsvorschrift<br />

des § 8 Nr. 5 Gewerbesteuergesetz steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im<br />

Körperschaftsteuer<strong>recht</strong> vom früheren Anrechnungsverfahren zum sogenannten<br />

Halbeinkünfteverfahren. Die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuer<strong>recht</strong> außer<br />

Ansatz bleibenden Gewinnanteile aus sogenannten Streubesitzbeteiligungen von weniger<br />

als 10 Prozent (seit 2008 weniger als 15 Prozent) werden im Gewerbesteuer<strong>recht</strong> dem<br />

Gewinn wieder zugerechnet. In der Folge führt dies zu einer deutlichen Erhöhung des zu<br />

ver<strong>steuern</strong>den Gewinns eines Unternehmens. Der Entwurf zum<br />

Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz hatte zu dieser Frage zunächst keine<br />

Regelung vorgesehen. Erst die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom<br />

11. Dezember 2001 enthielt die später Gesetz gewordene Vorschrift.<br />

Eine Einigung mit Folgen, denn das Bundesverfassungsgericht hält die angegriffene<br />

Vorschrift insoweit für verfassungswidrig und nichtig, als die Vorschrift die Geltung der<br />

gewerbesteuer<strong>recht</strong>lichen Hinzurechnung von Streubesitzdividenden auch für den<br />

Zeitraum vor der Veröffentlichung der Beschlussempfehlung des<br />

Vermittlungsausschusses anordnet. Dies ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 11.<br />

Dezember 2001, da die Empfehlung am 11. Dezember veröffentlicht wurde.<br />

Voraussetzung für die Gewährung des Vertrauensschutzes ist somit, dass sowohl der<br />

Ausschüttungsbeschluss als auch die Auszahlung der Dividende spätestens am 11.<br />

Dezember 2001 erfolgten.<br />

Fundstelle<br />

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2012, 1 BvL 6/07<br />

Vorrang der Niederlassungsfreiheit bei<br />

Mindestbeteiligungsquote von 10 Prozent<br />

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Niederlassungsfreiheit gegenüber der<br />

Kapitalverkehrsfreiheit Vorrang hat und damit keine Drittstaatenwirkung entfalten<br />

kann. Sobald ein bestimmender Einfluss auf die Geschäftsführung vorliegt, ist die<br />

Niederlassungsfreiheit, anderenfalls die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig.<br />

Im Streitfall war eine GmbH in 1999 zu 33,5 Prozent an einer US-Kapitalgesellschaft<br />

beteiligt und erzielte im Streitjahr 1999 eine Dividende von 4,5 Mio. € für die in den USA<br />

–entsprechend dem DBA - 5 Prozent Quellensteuer einbehalten wurde. Das Finanzamt<br />

stellte die Dividende von der Besteuerung frei, unterwarf sie jedoch der sog.<br />

Schachtelstrafe nach damaliger Regelung des § 8b Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz und<br />

berücksichtigte hiernach 5 v.H. der Brutto-Dividende als nicht abzugsfähige<br />

Betriebsausgaben. Tatsächlich betrugen die im Zusammenhang mit der Beteiligung<br />

entstandenen Kosten aber lediglich knapp 11.000 DM. Die GmbH klagte wegen<br />

vermeintlichen Verstoßes der Vorschrift gegen die Niederlassungsfreiheit sowie des<br />

freien Kapitalverkehrs und meinte, das Abzugsverbot gelte nur bezüglich der<br />

tatsächlichen Kosten. Die Niederlassungsfreiheit entfaltet – anders als die<br />

Kapitalverkehrsfreiheit – keine Wirkungen außerhalb des EU-/EWR-Raums. Das<br />

Finanzgericht hatte die Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit bejaht und der<br />

GmbH Recht gegeben. Der Bundesfinanzhof sah jedoch einen Vorrang der<br />

Niederlassungsfreiheit und damit keine Drittstaatenwirkung - bereits ab einer gesetzlich<br />

qualifizierten Mindestbeteiligung von 10 Prozent.<br />

Der BFH entschied, dass die Schachtelstrafe gegen die unions<strong>recht</strong>liche Grundfreiheit<br />

der Niederlassungsfreiheit verstößt und deswegen nur innerhalb der Europäischen<br />

Union unanwendbar bleibt. Die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit muss hinter die<br />

Verletzung der Niederlassungsfreiheit zurücktreten. Nach der Rechtsprechung des<br />

EuGH berühre eine nationale Regelung vorwiegend die Ausübung der<br />

Niederlassungsfreiheit, wenn die Beteiligung es ihrem Inhaber im Rahmen einer sog.<br />

Direktinvestition ermöglicht, "einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der<br />

betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen"; hingegen<br />

sind sog. Portfolioinvestitionen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen,<br />

ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen<br />

werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen.<br />

Kernaussage der Münchener Steuerrichter: Bereits eine Beteiligung von mindestens 10<br />

Prozent ermögliche bei typisierender Betrachtung einen hinreichend "sicheren Einfluss<br />

auf Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft" und sei deswegen eine


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 6<br />

unternehmerische Beteiligung. Im Streitfall, der einen Anteil von 33,5 Prozent betraf<br />

und diese Mindestbeteiligungsquote somit deutlich überstieg, stehe dies – so der BFH -<br />

insoweit auch tatsächlich außer Frage.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 29. August 2012 (I R 7/12), veröffentlicht am 14. November 2012<br />

Individuelle Portfolioverwaltung umsatzsteuerpflichtig<br />

Die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund<br />

eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese<br />

Entscheidung durch den Kauf und Verkauf der Wertpapiere vollzieht, ist eine<br />

einheitliche und im Inland steuerpflichtige Leistung. Wird diese Vermögensverwaltung<br />

an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger erbracht, ist sie am Empfängerort zu<br />

be<strong>steuern</strong>.<br />

Damit hat der Bundesfinanzhof in einem das Jahr 2008 betreffenden Fall die<br />

Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in gleicher Sache<br />

gezogen und seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Die Klägerin, eine inländische<br />

Bank, die entsprechende Leistungen an Privatkunden (Anleger) erbrachte, hatte sich<br />

zuvor noch auf das anders lautende Urteil des BFH vom 11. Oktober 2007 (V R 22/04)<br />

berufen. Der BFH hatte daraufhin im Oktober 2010 das Verfahren ausgesetzt und den<br />

EuGH um Vorabentscheidung gebeten. Kurz gefasst zieht der BFH aus dem inzwischen<br />

ergangenen EuGH-Urteil vom 19. Juli 2012 (C-44/11) die nachfolgenden Konsequenzen.<br />

Die im Streitjahr 2008 im Inland erbrachten Leistungen der Bank sind nicht steuerfrei,<br />

während die Leistungen an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger nicht steuerbar<br />

sind. Obwohl die Beratung den Handel mit Wertpapieren zum Gegenstand hat, sei aus<br />

Sicht des Kunden zunächst die Anlageberatung als solche wesentlich. Die erbrachten<br />

Leistungen müssen insgesamt als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang angesehen<br />

werden.<br />

Bei der Frage des Leistungsortes konnte sich die Bank allerdings auf das (hier<br />

günstigere) Unions<strong>recht</strong> berufen: Bei der Bestimmung des Leistungsortes sei von Bank-<br />

und Finanzumsätzen im Sinne von Artikel 56 Abs. 1 e der Mehrwertsteuerrichtlinie<br />

auszugehen. Der Leistungsort bestimme sich danach, wo der Empfänger der Leistungen<br />

ansässig ist. Bei der Portfolioverwaltung handele es sich um eine Dienstleistung<br />

finanzieller Natur. Die Formulierung in Art. 56 Abs. 1 Buchst.e der Richtlinie sei hier –<br />

so der EuGH in seiner damaligen Urteilsbegründung – weiter gefasst und lediglich die<br />

Vermietung von Schließfächern davon ausgenommen. Die deutsche Finanzverwaltung<br />

hatte argumentiert, eine unterschiedliche Definition der Begriffe für beide Vorschriften<br />

sei unzulässig.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 11. Oktober 2012 (V R 9/10), veröffentlicht am 14. November 2012<br />

Wirtschaftliches Eigentum bei Unterbeteiligung an<br />

einer Kapitalgesellschaft<br />

Ein an einem Gesellschaftsanteil Unterbeteiligter ist nur dann wirtschaftlicher<br />

Eigentümer, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abreden alle wesentlichen<br />

Rechte ausüben und auch durchsetzen kann. Der Bundesfinanzhof hatte in diesem<br />

Zusammenhang zu entscheiden, ob der anlässlich des Verkaufs einer (wesentlichen)<br />

Beteiligung erzielte Veräußerungsgewinn nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG)<br />

steuerpflichtig ist.<br />

Ein Vater hatte seinen drei Kindern (wozu auch der Kläger gehörte) in 1978 schenkweise<br />

Unterbeteiligungen an seinem Kommanditanteil an einer KG eingeräumt. Die<br />

Unterbeteiligten partizipierten am Gewinn und Verlust mit 10 %, höchstens 15.000 DM,<br />

und auch an den stillen Reserven waren sie beteiligt, nicht jedoch am Geschäftswert. In<br />

1988 wurde die KG in eine Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt. Im Zuge dessen wurde<br />

in einem Konsortialvertrag vereinbart, dass der Vater mit der Ausübung aller


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 7<br />

Gesellschafts<strong>recht</strong>e und mit der Geschäftsführung betraut war. In 1998 gründeten der<br />

Vater und die Unterbeteiligten eine GbR, wonach jedes Kind im Innenverhältnis zu 1/3<br />

an den Aktien des Vaters an der AG (dessen Beteiligung an der AG betrug insgesamt<br />

knapp 49%) beteiligt sein sollte. Der Kläger selbst war am Vermögen der GbR nicht,<br />

wohl aber am deren Ergebnis beteiligt. Im gleichen Jahr veräußerte die GbR die Aktien,<br />

den erzielten Veräußerungsgewinn erfasste das Finanzamt bei dem Kläger anteilig als<br />

steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn: Er sei zwar zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht<br />

wesentlich beteiligt gewesen, habe aber unentgeltlich von dem wesentlich beteiligten<br />

Vater erworben. Im Streitjahr 1998 und davor war eine wesentliche Beteiligung gegeben,<br />

sofern der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder<br />

mittelbar beteiligt war.<br />

Diesem Fazit schloss sich der BFH an. Der Kläger habe die Aktien im Streitjahr<br />

veräußert. Kapitalbeteiligungen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wie<br />

der GbR seien nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den Gesellschaftern, mithin auch dem Kläger,<br />

für die Bestimmung des Veräußerungstatbestandes nach § 17 EStG anteilig zuzurechnen.<br />

Er hatte die betreffenden Aktien und damit das wirtschaftliche Eigentum innerhalb der<br />

letzten fünf Jahre, nämlich durch Einbringung in die GbR im Streitjahr unentgeltlich<br />

erworben (§ 17 Abs. 1 Satz 5 EStG). Dem Kläger konnten die Aktien nicht bereits durch<br />

die Unterbeteiligung zugeordnet werden. Wirtschaftlicher und <strong>recht</strong>licher Eigentümer<br />

war bis zur Einbringung in die GbR allein der Vater. Vier Umstände führten im<br />

Wesentlichen zu diesem Ergebnis: Dem Kläger stand nur ein begrenzter Gewinnanteil<br />

zu. Er konnte über die ihm eingeräumte Unterbeteiligung nicht frei verfügen. Ihm<br />

standen die Vermögens- und Verwaltungs<strong>recht</strong>e nicht uneingeschränkt zu und nach dem<br />

Konsortialvertrag war allein der Vater be<strong>recht</strong>igt, alle Gesellschafts<strong>recht</strong>e einschließlich<br />

der Stimm<strong>recht</strong>e auszuüben. In der durch die Unterbeteiligungs- und Konsortialverträge<br />

vermittelten Rechtsposition liege – so der BFH abschließend – auch keine Anwartschaft<br />

i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG; denn sie richtete sich gerade nicht auf den Erwerb der<br />

Aktien. Der Kläger wurde an den Aktien unterbeteiligt; seine –nicht frei übertragbare–<br />

Rechtsstellung zielte nicht darauf ab, den normalen Erwerbstatbestand einer Aktie schon<br />

vorher teilweise zu verwirklichen.<br />

Fundstelle<br />

BFH- Urteil vom 1. August 2012 (IX R 6/11), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 14.<br />

November 2012<br />

Verrechenbare Verluste der Organgesellschaft: Kein<br />

passiver Ausgleichsposten für Mehrabführungen<br />

Ein passiver Ausgleichsposten für Mehrabführungen ist nach einer Entscheidung des<br />

Bundesfinanzhofs nicht zu bilden, wenn die auf die Organgesellschaft entfallenden<br />

Beteiligungsverluste aufgrund außerbilanzieller Zurechnung neutralisiert werden und<br />

damit das dem Organträger zuzurechnende Einkommen nicht mindern.<br />

Das Eigenkapital des Organträgers erhöht sich auch nicht dadurch, dass in dessen<br />

Steuerbilanz ein aktiver Ausgleichsposten für Minderabführungen gebildet wird. Es<br />

handelt sich hierbei lediglich um einen steuer<strong>recht</strong>lichen Merkposten<br />

(Bilanzierungshilfe). Im <strong>aktuell</strong> entschiedenen Fall stritten die Beteiligten, ob in der<br />

Steuerbilanz der Organträgerin ein passiver Ausgleichsposten zu bilden ist, wenn die von<br />

der Organgesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung an einer KG erzielten Verluste nur<br />

verrechenbar sind.<br />

Da nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (2002) dem Organträger das nach<br />

steuerlichen Vorschriften ermittelte Einkommen der Organgesellschaft als fremdes<br />

Einkommen zuzurechnen ist, diese aber nach dem Gewinnabführungsvertrag nur<br />

verpflichtet ist, ihren handels<strong>recht</strong>lichen Gewinn abzuführen und der Organträger auch<br />

nur den handels<strong>recht</strong>lich erlittenen Verlust auszugleichen hat, können das steuerlich<br />

zugerechnete und das tatsächlich abgeführte Einkommen differieren. Für die hieraus<br />

resultierenden handels<strong>recht</strong>lichen Minderabführungen ist ein aktiver Ausgleichsposten<br />

zu bilden, um die zweifache Besteuerung des nämlichen Gewinns zu vermeiden;<br />

Umgekehrt ist für die handels<strong>recht</strong>lichen Mehrabführungen ein passiver<br />

Ausgleichsposten anzusetzen, um einer zweifachen Verlustberücksichtigung zu<br />

begegnen. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung handelt es sich hierbei jedoch nicht um


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 8<br />

in der Steuerbilanz auszuweisende Posten. Vielmehr sind die Ausgleichsposten<br />

außerhalb der Steuerbilanz des Organträgers erfolgsneutral als (technische) Korrektur zu<br />

erfassen, die den organschafts<strong>recht</strong>lichen Besonderheiten Rechnung tragen und – zum<br />

Beispiel für den Fall der Veräußerung des Anteils an der Organgesellschaft – eine<br />

ansonsten eintretende Doppel- oder Keinmalbesteuerung verhindern sollen.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 29. August 2012, I R 65/11 (veröffentlicht am 14. November 2012)<br />

Dauerschuldzinsen bei Kreditinstituten<br />

Forderungen aus Genuss<strong>recht</strong>en sind bei Kreditinstituten unabhängig von ihrer<br />

Zugehörigkeit zum Anlagevermögen bei Ermittlung der Dauerschuldzinsen zu<br />

berücksichtigen. Mit der Beantwortung dieser bisher ungeklärten Frage hat sich das<br />

Finanzgericht Baden-Württemberg gegen die allgemein in der Literatur<br />

vorherrschende Meinung gestellt. Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde wegen der<br />

grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.<br />

§ 19 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) ist eine für Kreditinstitute<br />

begünstigende Norm: Sie schließt bestimmte Entgelte und ihnen gleichgestellte Beträge<br />

von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung aus. Nach dem damaligen – für das<br />

Streitjahr 2001 – geltenden Wortlaut sind Dauerschulden nur insoweit anzusetzen, als<br />

u.a. der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs-<br />

und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Kreditinstituten und sonstige<br />

Unternehmen sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter<br />

und aus Genuss<strong>recht</strong>en das Eigenkapital überschreitet. Den Anlagen nach § 19 Abs. 1<br />

Satz 1 GewStDV – so der Gesetzeswortlaut – sind darüber hinaus noch bestimmte<br />

weitere Forderungen hinzuzurechnen. Das klagende Kreditinstitut hielt börsenfähige<br />

Genussscheine, die es der sogenannten Liquiditätsreserve zuordnete und in seiner Bilanz<br />

im Umlaufvermögen auswies. Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass die<br />

Genuss<strong>recht</strong>e bei der Ermittlung der Hinzurechnung heranzuziehen seien.<br />

Nach Meinung des Gerichts spricht der damalige Wortlaut des § 19 GewStDV dafür, dass<br />

Forderungen aus Genuss<strong>recht</strong>en unabhängig von ihrem Bilanzausweis bei der<br />

Ermittlung des Betrags der Dauerschuldzinsen zu berücksichtigen sind. Das Erfordernis<br />

der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen beziehe sich nur auf die „zum Anlagevermögen<br />

gehörenden“ Aktivposten (nämlich die im Gesetz konkret benannten Grundstücke,<br />

Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Unternehmen). Die<br />

nach dem Wort „sowie“ genannten weiteren Anlagen (Forderungen) seien hingegen per<br />

se einzubeziehen. Unabhängig von diesem grammatikalischen Exkurs (zur Bedeutung<br />

des Wortes „sowie“) erscheint der Hinweis des Gerichts auf die Verknüpfung des § 12<br />

KWG in der für 2001 geltenden Fassung mit § 19 GewStDV weitaus erhellender: Die<br />

damalige banken<strong>recht</strong>liche Vorschrift war nämlich hinsichtlich des Begriffs der Anlagen<br />

mit § 19 GewStDV weitaus identisch. Hiernach konnten grundsätzlich auch Gegenstände<br />

des Umlaufvermögens erfasst werden.<br />

Als Schwäche in der Argumentation des Finanzgerichts könnte sich möglicherweise die<br />

Neufassung des § 19 GewStDV durch das Jahressteuergesetz 2009 erweisen: Darin wird<br />

jetzt unisono von Anlagevermögen gesprochen und eine weitere Differenzierung<br />

vermieden. Insofern müsste zumindest ab 2009 davon ausgegangen werden, dass nur<br />

Genuss<strong>recht</strong>e des Anlagevermögens berücksichtigt werden können. Allerdings weist das<br />

Finanzgericht auch auf den Zweck der für Banken geschaffenen begünstigenden<br />

Hinzurechnungsregelungen hin. Danach sollten aus Liquiditätssicherungsgründen nur<br />

Anlagen begünstigt werden (also von der Hinzurechnung freigestellt sein), die sich auf<br />

das Kreditgeschäft selbst beziehen, nicht aber sonstige Anlagen, wie sie auch jedem<br />

anderen Unternehmen offenstehen (beispielsweise Genuss<strong>recht</strong>e).<br />

Fundstelle<br />

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2012 (3 K 3291/09), Revision<br />

eingelegt (Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: I R 61/12)


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 9<br />

Externe Anlageberatung umsatzsteuerfrei?<br />

In seinen Schlussanträgen sieht der Generalanwalt die Anlageberatung, die ein<br />

externer Berater an eine Kapitalanlagegesellschaft für das von ihr verwaltete<br />

Sondervermögen erbringt, als einen unter die EU-Richtlinie fallenden<br />

umsatzsteuerbefreiten Tatbestand, vorausgesetzt, die Leistungen werden nicht nur<br />

gelegentlich oder punktuell erbracht.<br />

Von der Steuerbefreiung der Verwaltung von Investmentvermögen erfasst sind<br />

insbesondere die Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft, die Investmentvermögen<br />

für Rechnung der Anleger nach Maßgabe des InvG und der Vertragsbedingungen<br />

verwaltet. Eine GmbH, die unter anderem im Bereich des Portfoliomanagements tätig<br />

war, beriet auf Basis vertraglicher Vereinbarungen Kapitalanlagegesellschaften<br />

unverbindlich über bestimmte Anlagemöglichkeiten für deren verwaltetes<br />

Fondsvermögen. Die Investitionsentscheidung traf letztlich immer die<br />

Kapitalanlagegesellschaft. Die Vorinstanzen bewerteten die strittigen Leistungen<br />

gegenüber der auftraggebenden Kapitalanlagegesellschaft als steuerpflichtige<br />

Finanzberatungsleistungen, denn für eine umfassende Beratungsleistung komme eine<br />

Steuerbefreiung dann nicht in Betracht, wenn die letzte Entscheidung durch die beratene<br />

Kapitalanlagegesellschaft getroffen wird.<br />

Der Bundesfinanzhof hatte daraufhin den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um<br />

Vorabentscheidung gebeten und gefragt, ob ein außenstehender Verwalter nur dann<br />

spezifische (und insofern steuerbefreite) Leistungen erbringt, wenn er eine verwaltende<br />

Tätigkeit ausübt, bei der er selbst die Anlageentscheidungen für das Sondervermögen<br />

trifft. Wenn dieser Auslegung zuzustimmen wäre, so der BFH, wäre die bloße Erteilung<br />

von Anlageempfehlungen eines außenstehenden Verwalters nicht hinreichend spezifisch<br />

und somit nicht steuerfrei.<br />

Nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 4. Mai 2006 (C-169/04, Abbey National<br />

plc) kann die EU-<strong>recht</strong>liche Befreiung unter Umständen auch dann greifen, wenn die<br />

Leistungen ein eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung der<br />

Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind. Es ist unerheblich von wem die<br />

„Verwaltung“ ausgeübt wird. Das Kriterium der Steuerbefreiung für die Verwaltung von<br />

Sondervermögen werde durch die Art der Dienstleistung und nicht durch den Erbringer<br />

oder Empfänger der Leistung definiert. Dies alles greift auch der Generalanwalt in<br />

seinem Plädoyer auf: Er ist der Ansicht, dass die unions<strong>recht</strong>lichen Bestimmungen dahin<br />

auszulegen sind, dass eine von einem Außenstehenden erbrachte Beratungs- und<br />

Informationsleistung im Hinblick auf die Verwaltung eines Sondervermögens sowie den<br />

An- und Verkauf von Aktiva eine spezifische und eigenständige Tätigkeit der<br />

(steuerbefreiten) „Verwaltung“ darstellt, sofern die Autonomie und Kontinuität der<br />

Leistung gegenüber den tatsächlich von der Leistungsempfängerin ausgeführten<br />

Tätigkeiten festgestellt werden kann; dies zu prüfen, sei aber Sache des nationalen<br />

Gerichts. Von einer Kontinuität – so der Generalanwalt – sei auszugehen, wenn die (von<br />

der GmbH) erbrachten Dienstleistungen kontinuierlich und mit einer gewissen<br />

Vorhersehbarkeit erbracht werden. Wenn sich herausstellt, dass die Beratungs- und<br />

Informationsdienstleistungen ausschließlich von der GmbH oder auch von anderen<br />

Außenstehenden erbracht wurden, und zwar nicht nur gelegentlich und punktuell, stehe<br />

fest, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die hinreichend autonom ist.<br />

Fundstelle<br />

EuGH-Schlussanträge vom 8. November 2012 (C-275/11), GfBk<br />

Umsatzsteuer<strong>recht</strong>liche Leistungsbeziehungen:<br />

Weiterleiten auf andere Internetseiten<br />

Ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft,<br />

kostenpflichtige Bilder und Videos zu beziehen, ist umsatzsteuer<strong>recht</strong>lich Leistender.<br />

Dies gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn der Nutzer hierzu auf<br />

Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger<br />

Weise kenntlich gemacht wird.<br />

Im <strong>aktuell</strong> entschiedenen Fall betrieb die inländische Klägerin eine Internetseite. Sie<br />

verschaffte Internetnutzern dabei die Möglichkeit, kostenpflichtige Bilder und Videos


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 10<br />

mit erotischen oder pornografischen Inhalten anzusehen. Die Nutzer, die die<br />

Internetseite der Klägerin aufgerufen hatten, wurden von dort auf die Internetseite eines<br />

Unternehmens mit Sitz in Spanien und von dieser auf die Internetseite einer GmbH<br />

weitergeleitet, auf der die Bilder und Videos enthalten waren. Das spanische<br />

Unternehmen stellte überdies eine gebührenpflichtige Sonderrufnummer nebst<br />

Einwahlplattform zur Verfügung, über die Nutzer mit Hilfe eines sog. Webdialers über<br />

ihre Telefonrechnungen Gebühren für die bezogenen kostenpflichtigen Internetangebote<br />

entrichteten, und kehrte die eingezogenen Entgelte nach Abzug einer Provision an die<br />

Klägerin aus. Die Klägerin behandelte die vorbezeichneten Umsätze in der Folge als<br />

nicht steuerbar. Das Unternehmen war der Ansicht, dass mit einer Internetseite, die<br />

einladend auf eine andere verweise bzw. auf eine andere Internetseite weiterleite,<br />

gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht würden.<br />

Dieser Auffassung folgte der Bundesfinanzhof (BFH) nicht. Richterliche Begründung:<br />

Der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbiete, sei<br />

vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkaufe. So wie<br />

dieser umsatzsteuer<strong>recht</strong>lich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen sei, sei der<br />

Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen<br />

kostenpflichtigen Leistungen erbracht habe. Es gelte: Der Kunde, der in einem Laden<br />

Waren kauft, will grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen<br />

treten. Entsprechendes gilt für den Nutzer, der über das Internet eine kostenpflichtige<br />

Leistung abruft und über seine Telefonrechnung bezahlt. Auch ihm sind etwaige<br />

Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm aufgerufenen, die Leistungen<br />

anbietenden Internetseite und einem Dritten weder bekannt noch für ihn von Interesse.<br />

Das bedeutet: Bei über das Internet bezogenen kostenpflichtigen Leistungen ist das<br />

Außenverhältnis wesentlich. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger<br />

Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gebe, dass er für einen anderen<br />

tätig werde, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handele, und der Kunde,<br />

der dies erkannt habe, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden<br />

erkläre, kann dessen Vermittlereigenschaft nach Ansicht des Gerichts<br />

umsatzsteuer<strong>recht</strong>lich anerkannt werden.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 15. Mai 2012 (XI R 16/10), veröffentlicht am 7. November 2012<br />

Nicht jeder Arbeitnehmerrabatt ist steuerpflichtiger<br />

Arbeitslohn<br />

Rabatte, die der Arbeitgeber nicht nur seinen Arbeitnehmern, sondern auch fremden<br />

Dritten üblicherweise einräumt, begründen bei Arbeitnehmern keinen steuerpflichtigen<br />

Arbeitslohn. Maßgeblicher Endpreis ist der am Ende der Verkaufsverhandlungen als<br />

letztes Angebot stehende Preis.<br />

In zwei zeitgleichen Urteilen hat der Bundesfinanzhof zur Rabattgewährung seitens des<br />

Arbeitgebers und zur Höhe des steuerpflichtigen geldwerten Vorteils Stellung<br />

genommen. Die Fälle betrafen bei einem Automobilhersteller beschäftigte<br />

Arbeitnehmer. Beiden gemeinsam war auch die Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3<br />

Einkommensteuergesetz (EStG): Danach bestimmt sich der durch einen Personalrabatt<br />

veranlasste geldwerte Vorteil nicht nach dem allgemeinen Marktpreis, sondern nach<br />

dem Angebotspreis. Der BFH entschied aber (in beiden Fällen zugunsten des<br />

Arbeitnehmers), dass auf den tatsächlichen Endpreis abzustellen ist – ein üblicher, auch<br />

Dritten eingeräumter höherer Rabatt kann infolge dessen beim Arbeitnehmer nicht zu<br />

steuerpflichtigem Arbeitslohn führen.<br />

Der Urteilsfall VI R 30/09 betraf Jahreswagenrabatte, wobei der Arbeitgeber in<br />

Anlehnung an die herrschende Verwaltungsauffassung als Endpreis den Preis zugrunde<br />

legte, der sich nach Abzug der Hälfte des üblicherweise auf den Bruttolistenpreis<br />

gewährten durchschnittlichen Preisnachlasses ergab. Der Arbeitnehmer machte geltend,<br />

dass Lohn allenfalls insoweit vorliege, als der Rabatt über den auch fremden Dritten<br />

gewährten Preisnachlass hinausgehe. Der BFH schloss sich dem an. Entscheidend, so die<br />

Richter, sei der Preis, der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot des<br />

Händlers steht, er umfasse daher auch Rabatte. Die genannten Endpreise seien keine<br />

typisierten und pauschalierten Werte, wie etwa der “inländische Listenpreis”, sie<br />

bestimmen sich vielmehr nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr.


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 11<br />

Der zweite Fall (Urteil VI R 27/11) war ähnlich gelagert und betraf Mitarbeiterrabatte<br />

beim Neuwagenerwerb. Auch hier entschied der BFH, dass ein üblicher, auch Dritten<br />

eingeräumter Rabatt beim Arbeitnehmer nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt.<br />

Denn zum Arbeitslohn gehören zwar Vorteile, die Arbeitnehmern dadurch zufließen,<br />

dass Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses ihren Arbeitnehmern Waren zu<br />

einem besonders günstigen Preis verkaufen. Ob allerdings der Arbeitgeber tatsächlich<br />

einen besonders günstigen, durch das Arbeitsverhältnis veranlassten Preis eingeräumt<br />

hat, ist jeweils durch Vergleich mit dem üblichen Preis festzustellen. Maßgebend ist<br />

danach der vom Arbeitgeber geforderte Endpreis am Abgabeort. Wenn deshalb der<br />

Arbeitgeber nach den geschäftlichen Gepflogenheiten üblicherweise einen niedrigeren<br />

Preis fordert -sei dies in der Form eines speziellen eigenen “Hauspreises”, oder durch<br />

einen eigens ausgewiesenen Rabatt-, ist dieser und nicht die unverbindliche<br />

Preisempfehlung der maßgebende Endpreis.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 (VI R 30/11 und VI R 27/11), veröffentlicht am 7.<br />

November 2012<br />

Keine Aufrechnung bei Umsatzsteuerberichtigung<br />

während des Insolvenzverfahrens<br />

Für die Frage, wann eine Aufrechnung insolvenz<strong>recht</strong>lich unzulässig ist kommt es<br />

darauf an, wann der materiell-<strong>recht</strong>liche Berichtigungstatbestand verwirklicht wird.<br />

Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden<br />

ist. Mit diesem Urteil ändert der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung.<br />

Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oftmals nur dann<br />

eine Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung<br />

zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden<br />

Unternehmens aufrechnen kann. Eine Aufrechnung ist nach der Insolvenzordnung<br />

jedoch nicht mehr möglich, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach<br />

Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist. Eine Aufrechnung war bislang<br />

dann zulässig, wenn der Anspruch zwar erst während des Insolvenzverfahrens<br />

entstanden war, aber auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten<br />

Steuerfestsetzung beruhte, wie dies bei einer Umsatzsteuer-Berichtigung wegen<br />

Uneinbringlichkeit des Entgelts regelmäßig der Fall ist. Diese besondere Verknüpfung<br />

von Umsatzsteuerfestsetzung und -berichtigung hat der Bundesfinanzhof nunmehr<br />

aufgegeben: Der materiell-<strong>recht</strong>liche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2<br />

Umsatzsteuergesetz müsse schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten<br />

sein – nur dann sei eine Aufrechnung möglich.<br />

Im entschiedenen Fall wurde eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu Gunsten des<br />

insolventen Unternehmers deshalb erforderlich, weil nach Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens dessen Geschäftspartner ebenfalls in Insolvenz geraten und das von<br />

diesem geschuldete Leistungsentgelt uneinbringlich geworden war. Gegen den dadurch<br />

ausgelösten Umsatzsteuererstattungsanspruch des Unternehmers darf das Finanzamt<br />

Insolvenzforderungen nicht verrechnen. Es gehe – so der BFH in seiner Begründung –<br />

nicht um die Festsetzung einer Steuer zu Lasten der Insolvenzmasse, sondern um die<br />

Berichtigung einer Steuerfestsetzung mit dem Ziel einer Verringerung der festgesetzten<br />

nachinsolvenzlichen Steuerschuld. Dies kann durch Abgabe einer entsprechenden<br />

Steuererklärung mit Festsetzungswirkung ebenso bewirkt werden, wie im<br />

Insolvenzverfahren ein Erstattungsbescheid über vorinsolvenzliche<br />

Umsatzsteuerguthaben ergehen könnte, weil eine solche Anmeldung nicht den Bestand<br />

der Forderungen zu Lasten der Gläubigergemeinschaft verändert.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 25. Juli 2012 (VII R 29/11), veröffentlicht am 31. Oktober 2012


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 12<br />

Entschädigung bei arbeitnehmerähnlich<br />

ausgestaltetem Beratervertrag tarifbegünstigt<br />

Schuldet ein Rechtsanwalt seine Leistung trotz Beibehaltung der <strong>recht</strong>lichen<br />

Selbständigkeit aufgrund eines Beratungsvertrags im Wesentlichen wie ein<br />

Arbeitnehmer, so kommt im Zusammenhang mit diesem Vertrag bei ihm eine steuerlich<br />

begünstigte Entschädigung nach den Grundsätzen in Betracht, wie sie auch für<br />

Arbeitnehmer gelten.<br />

Grundsätzlich ist eine (tarifbegünstigte) Entschädigung für entgangene oder entgehende<br />

Einnahmen im Bereich der Gewinneinkünfte nicht möglich, wenn diese dem laufenden<br />

Geschäft zuzurechnen ist. Dazu gehören bei einem Rechtsanwalt in aller Regel auch die<br />

Kündigung oder die Auflösung einzelner Verträge sowie deren Abwicklung nach<br />

Leistungsstörungen, ggf. mit Schadensersatz für die Nichterfüllung des Vertrags. Im<br />

Gegensatz dazu wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Frage der<br />

Entschädigungszahlung stets deutlich großzügiger gehandhabt, sie ist beispielsweise<br />

schon dann anzunehmen, wenn die Zahlung durch den Verlust steuerbarer Einnahmen<br />

bedingt ist und es sich um ein „besonderes Ereignis“ handelt (d.h. die Beendigung geht<br />

vom Arbeitgeber aus oder der Arbeitnehmer hat bei Zustimmung zu dem<br />

Aufhebungsvertrag unter einem nicht unerheblichen Druck gestanden). Dies hat der<br />

Bundesfinanzhof jetzt aufgegriffen: Danach käme bei Beratungsverträgen mit<br />

arbeitnehmerähnlichen Charakter ebenfalls eine steuerlich begünstige Entschädigung in<br />

Betracht. Im Wesentlichen kommt es darauf an, ob das Vertragsverhältnis in seiner<br />

<strong>recht</strong>lichen Ausgestaltung und der tatsächlichen Handhabung einem<br />

Anstellungsverhältnis soweit angenähert ist, dass es deswegen aus dem Rahmen der<br />

sonst für einen Rechtsanwalt üblichen Geschäfte deutlich herausfällt und eindeutig von<br />

diesen abgegrenzt werden kann. Bei Betrachtung der gesamten Tätigkeit des<br />

Rechtsanwalts muss der Beratungsvertrag deswegen eine wesentliche, aber keineswegs<br />

die einzige Erwerbsquelle darstellen.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 10. Juli 2012 (VIII R 48/09), veröffentlicht am 31. Oktober 2012<br />

Prämien wertlos gewordener Optionen als<br />

Werbungskosten bei einem Termingeschäft<br />

Das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil wird nach Ansicht des<br />

Bundesfinanzhofs steuerlich auch dann beendet, wenn bei Termingeschäften ein<br />

negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der wertlosen Forderung vermieden<br />

wird. Die Tatsache, dass sich Aufwendungen für Optionen als Fehlinvestitionen<br />

erwiesen haben, schließen deren Abzug als Werbungskosten per se nicht aus. Dies zeigt<br />

auch eine <strong>aktuell</strong> veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs.<br />

Im <strong>aktuell</strong> entschienden Fall unternahmen die Kläger (ein zusammen veranlagtes<br />

Ehepaar) Börsengeschäfte und erklärten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung<br />

Gewinne aus Aktienverkäufen sowie aus der Verwertung von Kauf- (sog. calls) und<br />

Verkaufsoptionen (sog. puts). Diesen Gewinnen stellten die Kläger Verluste aus<br />

Währungsgeschäften, aus der Verwertung von Verkaufsoptionen sowie aus wertlos<br />

gewordenen (nicht ausgeübten) Kauf- und Verkaufsoptionen gegenüber. Den<br />

sechstelligen Verlustsaldo berücksichtigte das Finanzamt mangels Verrechenbarkeit im<br />

Streitjahr 2000 zunächst in unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden<br />

Bescheiden, indem es einen Betrag in das Streitjahr 1999 zurücktrug und den Rest als<br />

Verlustvortrag gesondert feststellte. Im Zuge einer betriebsnahen Veranlagung gelangte<br />

die Finanzverwaltung jedoch zu der Auffassung, dass die Aufwendungen aus den nicht<br />

ausgeübten Optionen steuer<strong>recht</strong>lich nicht abgezogen werden könnten. Die fatale Folge:<br />

Die Behörde korrigierte kurzerhand für das Streitjahr 2000 den erklärten Saldo um die<br />

nicht mehr anzusetzenden Verluste aus nicht ausgeübten Optionen und gelangte so zu<br />

positiven Einkünften aus Börsengeschäften im Streitjahr. Überdies hob es den Bescheid<br />

über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf und änderte auch den<br />

Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1999, indem es keinen Verlustrücktrag<br />

mehr berücksichtigte.


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 13<br />

Nach zunächst erfolglosen Einsprüchen hatten die Anleger mit einer entsprechenden<br />

Klage vor dem Finanzgericht Erfolg. Richterliche Begründung: Die Kläger könnnen die<br />

aus dem Wertverlust der Optionen herrührenden Aufwendungen als Werbungskosten<br />

bei ihren Einkünften gemäß § 22 Nr. 2 Einkommensteuergesetz in der Fassung der<br />

Streitjahre geltend machen. Es handele sich um vergebliche und fehlgeschlagene<br />

Aufwendungen. Entscheidend sei, dass das Paar die Kauf- und Verkaufsoptionen<br />

erworben habe, um daraus in Erwartung der prognostizierten Preis- oder<br />

Kursentwicklung der Basiswerte Gewinne zu erzielen. Deshalb seien die Verluste aus den<br />

nicht ausgeübten Optionen bis zur Höhe des Gewinns als Werbungskosten zu<br />

berücksichtigen. Dieser Auffassung folgte auch der Bundesfinanzhof in seiner<br />

Revisionsentscheidung. Nach § 23 Abs. 3 Sätze 1 und 5 EStG sind bei der Ermittlung des<br />

Gewinns oder des Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften Werbungskosten<br />

abzuziehen. Das setzt voraus, dass ein Ergebnis einer nach § 23 Abs. 1 EStG steuerbaren<br />

Tätigkeit zu ermitteln ist. Der Revision sei insoweit beizupflichten, als die Abziehbarkeit<br />

von Werbungskosten nur in Betracht komme, als es zu einer Ausübung der Option oder<br />

zu einer Veräußerung oder zu einem anderen steuer<strong>recht</strong>lich bedeutsamen<br />

Beendigungstatbestand, komme. Die Aufwendungen für die wertlos gewordenen<br />

Optionen, um die es hier geht, sind aber als Werbungskosten bei der Ermittlung der<br />

Einkünfte aus Termingeschäften gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu<br />

berücksichtigen. Die Entscheidung der Vorinstanz stelle sich nach Ansicht der BFH-<br />

Richter aus diesen Gründen als richtig dar.<br />

Zur Erläuterung: Normalerweise wird ein Börsengeschäft unmittelbar nach<br />

Vertragsabschluss ausgeführt, wie zum Beispiel der Aktienkauf. Anders ist es bei<br />

Termingeschäften, zu denen auch Optionsscheine gehören. Sie werden erst zu einem<br />

späteren Zeitpunkt ausgeführt. Dabei ist der Kurs bereits vorher börsenmäßig festgelegt.<br />

Erfüllt wird ein Termingeschäft meist durch Auszahlung von Kurs- bzw. Wertdifferenzen<br />

des zugrunde liegenden Basiswerts (zum Beispiel Aktien oder Devisen). Termingeschäfte<br />

sind innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr als privater Veräußerungsgewinn<br />

steuerpflichtig, Verluste sind mit anderen Veräußerungsgewinnen verrechenbar. Das<br />

Gesetz verlangt vom Steuerpflichtigen allerdings kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten,<br />

sondern besteuert ihn nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit.<br />

Die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist aber um die aufgewandten<br />

Optionsprämien gemindert, einerlei, ob es tatsächlich zu einem steuerbaren negativen<br />

Differenzausgleich kommt oder ob ein solcher von vornherein vermieden wird, indem –<br />

als wirtschaftlich einzig sinnvolles Verhalten – die Option nicht ausgeübt wird. Dieser<br />

Nachteil beruht ebenso wie der entsprechende Vorteil auf dem Basisgeschäft, denn er ist<br />

ausgelöst durch die Wertentwicklung des Bezugsobjekts im Zeitpunkt der Fälligkeit<br />

gegenüber dem Basiswert. Mithin wird das Recht auf einen Differenzausgleich,<br />

Geldbetrag oder Vorteil auch dann i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn<br />

ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben<br />

der Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird. Hinweis: Das Urteil behält auch<br />

nach Einführung der Abgeltungsteuer Bedeutung. Denn ab 2009 sind Gewinne und<br />

Verluste aus Optionsscheinen immer steuerpflichtig – und zwar unabhängig von der<br />

Spekulationsfrist. Die Frage, wie Verluste aus wertlos verfallenen Optionsscheinen nach<br />

Ablauf der Optionsfrist zu be<strong>steuern</strong> sind, bleibt also weiterhin <strong>aktuell</strong>.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 26. September 2012, IX R50/09 (veröffentlicht am 31. Oktober 2012)<br />

Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei<br />

Mitunternehmerschaften<br />

Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht von<br />

Gewerbebetrieben erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt<br />

sind. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs gilt dies für Personengesellschaften<br />

unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter.<br />

Die Klägerin im <strong>aktuell</strong> entschiedenen Fall ist eine GmbH & Co. KG, die am 16. Juni<br />

2003 (Streitjahr) errichtet und am 8. August desselben Jahres im Handelsregister<br />

eingetragen wurde. Komplementärin ist die GmbH I, alleinige Kommanditistin die<br />

GmbH II als Treuhänderin für eine (weitere) GmbH & Co. KG.<br />

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Ausübung des Tischlerhandwerks,


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 14<br />

insbesondere die Herstellung, die Be- und Verarbeitung sowie die Konfektionierung von<br />

Möbelelementen aller Art. Am 12. September 2003 meldete sich die Klägerin beim<br />

zuständigen Finanzamt an und gab als Beginn der gewerblichen Tätigkeit den 1. Januar<br />

2004 an. Noch in 2003 stellte sie einen Vertriebsleiter sowie einen Betriebsleiter ein und<br />

schloss einen Mietvertrag für ein Objekt ab, das von der Vermieterin vor Inbetriebnahme<br />

noch durch Baumaßnahmen herzurichten war. Am selben Tag gab sie ihre<br />

gewerbe<strong>recht</strong>liche Anmeldung ab, in der sie den Beginn ihrer Tätigkeit auf den 1.<br />

September des Streitjahres datierte. Die steuerliche Folge dieses Engagements: Mit<br />

Gewerbesteuermessbescheid 2003 setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag<br />

für 2003 auf 0 Euro fest und lehnte die Feststellung eines vortragsfähigen<br />

Gewerbeverlustes in Höhe von 107.687 kurzerhand ab.<br />

Nach erfolglosem Einspruch machte die GmbH in ihrer dagegen erhobenen Klage<br />

geltend, dass sie sich auch schon im Streitjahr 2003 am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr beteiligt habe. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass bei ihr entstehende<br />

Veräußerungsgewinne nach Einfügung des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der<br />

für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) der Gewerbesteuer unterlägen. Insoweit<br />

werde sie wie eine Kapitalgesellschaft behandelt, ohne dass sachliche Gründe dafür<br />

erkennbar seien, dass sie die Anlaufkosten abweichend von der Rechtslage bei<br />

Kapitalgesellschaften nicht abziehen dürfe. Das Finanzgericht gab der Klage statt.<br />

Anders beurteilte indes der Bundesfinanzhof den Sachverhalt. Betriebsausgaben, die vor<br />

Aufnahme der werbenden Tätigkeit einer Mitunternehmerschaft entstanden seien, sind<br />

nach Auffassung der obersten Finanzrichter auch dann nicht bei der Ermittlung des<br />

Gewerbeertrags zu berücksichtigen, wenn die unmittelbar beteiligten Mitunternehmer<br />

nicht natürliche Personen sind. Nach § 2 Abs.1 Gewerbesteuergesetz unterliegt der<br />

Gewerbesteuer nur der stehende Gewerbebetrieb. Zur Erläuterung: Während die<br />

Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge beginnend mit<br />

der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung des Betriebs erfasst, ist Gegenstand der<br />

Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche<br />

Leistungen entstandene Gewinn. Der von der Vorinstanz angeführte Paragraf § 7 Satz 2<br />

GewStG greift nach Ansicht der BFH-Richter auch nicht. Die Vorschrift besagt, dass<br />

Veräußerungs- oder Aufgabegewinne bei Mitunternehmerschaften zum Gewerbeertrag<br />

gehören, soweit sie auf eine nicht natürliche Person als unmittelbar beteiligten<br />

Mitunternehmer entfallen. Sie betrifft dem eindeutigen Wortlaut nach nur<br />

Veräußerungs- und Aufgabegewinne. Die Vorinstanz hatte daraus abgeleitet, dass<br />

korrespondierend dazu auch vorbereitende Betriebsausgaben bei der Ermittlung des<br />

Gewerbeertrags berücksichtigt werden müssten. Dem schloss sich der BFH jedoch nicht<br />

an. Die für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze können – so ist es in der<br />

Urteilsbegründung nachzulesen – nicht auf Mitunternehmerschaften übertragen<br />

werden, auch wenn daran nur Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer beteiligt sind.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 30. August 2012, IV R 54/10 (veröffentlicht am 24. Oktober 2012)<br />

Reinvestition aus gewerblichem Veräußerungsgewinn<br />

auf Wirtschaftsgut eines land- und<br />

forstwirtschaftlichen Betriebs<br />

Nach einer <strong>aktuell</strong>en Entscheidung des Bundesfinanzhofs können nicht der<br />

Gewerbesteuer unterliegende Gewinne aus der Veräußerung oder der Aufgabe eines<br />

Gewerbebetriebs unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt auf<br />

Wirtschaftsgüter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs übertragen werden.<br />

Im entschiedenen Fall erzielte der Kläger mit dem Betrieb eines Campingplatzes auf<br />

einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück Einkünfte aus Gewerbebetrieb.<br />

Daneben erzielte er mit einem weiteren Betrieb Einkünfte aus Land- und<br />

Forstwirtschaft. Anfang 1996 veräußerte er den Campingplatz einschließlich des<br />

Anlagevermögens. Den erzielten Veräußerungsgewinn erklärte er in Höhe eines<br />

Teilbetrags als laufenden Gewinn und bildete hinsichtlich des verbleibenden Gewinns<br />

eine Rücklage nach § 6b Einkommensteuergesetz, die er auf seinen landwirtschaftlichen<br />

Betrieb übertrug. Hintergrund: Nach § 6b EStG können Steuerpflichtige, die ihren<br />

Gewinn wie im Streitfall durch Bestandsvergleich ermitteln, unter bestimmten<br />

Voraussetzungen bei der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden im


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 15<br />

Wirtschaftsjahr des Verkaufs grundsätzlich eine den steuerlichen Gewinn mindernde<br />

Rücklage bilden und bis zur Höhe dieser Rücklage einen Betrag von den Anschaffungs-<br />

oder Herstellungskosten der in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder<br />

hergestellten Wirtschaftsgüter abziehen. Hierzu führt die einschlägige Vorschrift im<br />

Einkommensteuergesetz weiter aus, dass der Abzug einer sogenannten 6b-Rücklage<br />

nicht zulässig ist, wenn der Gewinn bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines<br />

Gewerbebetriebs entstanden ist. Im entschiedenen Fall versagte die Finanzverwaltung<br />

genau aus diesem Grund die Bildung und Übertragung der begehrten Rücklage und<br />

erfasste stattdessen einen tarifbegünstigten Gewinn. Anders beurteilten das zuständige<br />

Finanzgericht und der Bundesfinanzhof den Fall. Danach spreche zwar der Wortlaut des<br />

§ 6b EStG, wonach eine Rücklagenübertragung bei Gewinnen ausscheide, die bei der<br />

Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs entstanden seien, für die<br />

Auffassung der Finanzverwaltung. Der Wortlaut der Norm gehe aber nach Ansicht der<br />

Richter über ihren erkennbaren Gesetzeszweck hinaus. Die Regelung solle nämlich nur<br />

verhindern, dass ein gewerblicher Veräußerungsgewinn endgültig der Gewerbesteuer<br />

entzogen werde. Da der bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs im<br />

Ganzen erzielte Gewinn wie im Streitfall nicht dem Gewerbeertrag hinzurechnen sei und<br />

damit auch nicht der Gewerbesteuer durch die Übertragung stiller Reserven unterliege,<br />

könne die Gewerbesteuer durch die Übertragung stiller Reserven auf<br />

Ersatzwirtschaftsgüter auch nicht verloren gehen. Fazit der Richter: Gewinne, die aus<br />

der Veräußerung eines Gewerbebetriebs resultieren und nicht der Gewerbesteuer<br />

unterliegen, werden vom Übertragungsverbot nach § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG nicht erfasst.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 30. August 2012, IV R 28/09 (veröffentlicht am 24. Oktober 2012)<br />

Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften und<br />

Gemeinschaften beim Gesellschafter gewerblich<br />

Auch wenn ein Steuerpflichtiger in eigener Person kein einziges Objekt veräußert hat,<br />

sondern Grundstücksgeschäfte ausschließlich über eine gewerblich tätige<br />

Personengesellschaft und eine vermögensverwaltende Grundstücksgemeinschaft<br />

durchführt, kann er mittels Zurechnung aller Grundstücksverkäufe einen gewerblichen<br />

Grundstückshandel betreiben. Dies entschied der BFH in einer <strong>aktuell</strong> veröffentlichten<br />

Entscheidung.<br />

Die Klägerin sowie ein weiterer Beteiligter waren zu je 50 % Gesellschafter einer OHG,<br />

die einen gewerblichen Grundstückshandel betrieb. Ferner waren sie beide zu<br />

Bruchteilen je zur Hälfte an sechs weiteren Objekten beteiligt. Eines dieser Objekte<br />

wurde nach umfangreichen Umbaumaßnahmen als Gewerbeobjekt veräußert, die<br />

übrigen wurden langfristig gehalten. Das Finanzamt hatte ursprünglich hinsichtlich der<br />

Veräußerung dieses Objekts einen gewerblichen Grundstückshandel der<br />

Grundstücksgemeinschaft angenommen. Mit dem damals eingelegten Rechtsmittel war<br />

die Klägerin in 2008 vor dem Bundesfinanzhof zunächst erfolgreich. Das Finanzamt<br />

nahm daraufhin jedoch das zuvor ruhende Einspruchsverfahren wieder auf und setzte<br />

nun Einkünfte aus einem in eigener Person (der Klägerin) unterhaltenen gewerblichen<br />

Grundstückshandel an. Begründung: Zwar sei die Grundstücksgemeinschaft lediglich<br />

vermögensverwaltend tätig geworden. Auf der Ebene der Beteiligten, die über die OHG<br />

und die Grundstücksgemeinschaft insgesamt 15 Objekte innerhalb von fünf Jahren<br />

veräußert hätten, müssten die Einkünfte umqualifiziert werden. Erneut wurde der<br />

Rechtsweg beschritten. Der Einwand der Klägerin, sie und der weitere Beteiligte hätten<br />

eine klare Trennung zwischen der betrieblichen und der privaten Sphäre, blieb jedoch<br />

diesmal in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos. Mit seinem jetzigen Urteil hat der<br />

BFH die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel weiter verschärft.<br />

Der BFH entschied aufgrund der Gesamtwürdigung der Umstände und hielt eine<br />

Zusammenrechnung aller Aktivitäten der Personengesellschaft und der<br />

Grundstücksgemeinschaft für geboten. Dabei könne weder zwischen<br />

vermögensverwaltend und gewerblich tätigen Personengesellschaften noch zwischen<br />

Gesamthands-Personengesellschaften und Bruchteilsgemeinschaften differenziert<br />

werden. Wenn Grundstücksgeschäfte, die vermögensverwaltende<br />

Personengesellschaften tätigen, bei der Besteuerung des Gesellschafters auch in solchen<br />

Fällen als zu einem gewerblichen Grundstückshandel gehörig umqualifiziert werden


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 16<br />

können, in denen der Gesellschafter selbst keine Objekte veräußert, und andererseits<br />

nach der Rechtsprechung keine Unterscheidung zwischen vermögensverwaltenden und<br />

gewerblich tätigen Personengesellschaften vorzunehmen ist, dann sei eine<br />

zusammenfassende Würdigung auch dann möglich, wenn der Gesellschafter – wie hier –<br />

sowohl an vermögensverwaltenden als auch mitunternehmerischen<br />

Personengesellschaften beteiligt ist.<br />

Die Teilhaber einer Grundstücksgemeinschaft bzw. grundstückshandelnden Gesellschaft<br />

unterlägen – so der BFH – dem Mehrheitsprinzip und können über die betreffenden<br />

Gegenstände nur gemeinschaftlich verfügen, ein Verkauf gegen den Willen der Klägerin<br />

war zudem ausgeschlossen. Im Übrigen machten die Richter darauf aufmerksam, dass es<br />

der Klägerin offensichtlich nur darum gegangen sei, neben einem bestehenden<br />

Grundstückshandel der OHG weitere Objekte – ohne Einbeziehung in den<br />

Grundstückshandel – im Privatvermögen in engem zeitlichen Zusammenhang zum<br />

jeweiligen Erwerb ohne Auslösung einer Steuerbelastung veräußern zu können. Auch<br />

schon insofern führe die sog. Vermutungsäußerung zur Ablehnung der Revision.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 22. August 2012 (X R 24/11), veröffentlicht am 17. Oktober 2012<br />

Abtretung eines Besserungsscheins bei Veräußerung<br />

eines GmbH-Mantels nicht missbräuchlich<br />

Die Zahlung auf eine betrieblich begründete Gesellschafterforderung ist auch dann<br />

steuerlich abzugsfähig, wenn der frühere Gesellschafter wegen Wertlosigkeit gegen<br />

Besserungsschein auf seine Forderung verzichtet und die Besserungsanwartschaft<br />

daraufhin im Zusammenhang mit der Veräußerung des sog. GmbH-Mantels an einen<br />

der Erwerber veräußert hatte und später der Besserungsfall eingetreten war.<br />

Der Fall: Nachdem eine GmbH ihren ursprünglichen Geschäftszweck grundlegend<br />

geändert hatte, stellte sie ihren Geschäftsbetrieb noch im selben Jahr weitgehend ein.<br />

Später verzichtete deren alleiniger Gesellschafter wegen der nur noch geringfügigen<br />

wirtschaftlichen Betätigung auf seine Forderung unter der auflösenden Bedingung, dass<br />

diese im Besserungsfall wieder aufleben sollte. Die GmbH verbuchte infolgedessen in<br />

diesem Jahr einen entsprechenden außerordentlichen Ertrag. Kurze Zeit darauf löste der<br />

Gesellschafter die GmbH auf und bestellte sich zum Liquidator. Im folgenden Jahr teilte<br />

er den GmbH-Anteil in zwei Anteile und übertrug jeweils einen davon auf zwei neue<br />

Gesellschafter für einen symbolischen Kaufpreis von 1 DM. Diese beschlossen die<br />

Fortsetzung der GmbH und die Verschmelzung einer weiteren GmbH, an der sie<br />

ebenfalls je zur Hälfte beteiligt waren, auf die übernommene GmbH, die daraufhin<br />

erneut ihren Unternehmensgegenstand änderte. Im Zuge dessen veräußerte der<br />

Altgesellschafter auch seine Besserungsanwartschaft zum Kaufpreis von 5.000 DM an<br />

einen der neuen Gesellschafter. Die GmbH wurde profitabel und erzielte im Streitjahr<br />

einen Gewinn, worauf sie den Besserungsschein an den Neu-Gesellschafter<br />

(gewinnmindernd) bediente. Das Finanzamt beurteilte das Wiederaufleben der<br />

Gesellschafterforderung in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem<br />

Gesellschafterwechsel als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Das Finanzgericht sah<br />

darin einen Gestaltungsmissbrauch und hatte dies auf die im Streitjahr 2001 geltende<br />

Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz gestützt, die ihrem<br />

Wortlaut nach den Verlustabzug von der „Identität“ der Körperschaft abhängig machte<br />

und nach Meinung des Gerichts auch andere Formen der “Verlustkonservierung”<br />

erfasse. Die Missbräuchlichkeit ergebe sich daraus, dass sich der aus der<br />

Wiedereinbuchung der Forderung ergebende Aufwand unter die Abzugsbeschränkung<br />

falle. Dieser Analogie stimmte der Bundesfinanzhof allerdings nicht zu, denn die<br />

Passivierung einer Verbindlichkeit sei davon strikt zu unterscheiden.<br />

Das wirtschaftliche Ziel der Vertragsparteien lag vor allem darin, im Zusammenhang mit<br />

dem Anteilserwerb einerseits die GmbH von ihrer im Falle der wirtschaftlichen<br />

Gesundung drohenden Inanspruchnahme durch den Altgesellschafter zu entlasten und<br />

andererseits die bis dahin wertlose Besserungsanwartschaft bestmöglich zu verwerten.<br />

Dafür standen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder ein entgeltlicher Verzicht<br />

des Altgesellschafters auf die Besserungsanwartschaft oder deren entgeltlicher Erwerb<br />

durch die Neu-Gesellschafter. Dass hier der letztgenannte Weg gewählt wurde, könne


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 17<br />

nach Ansicht des BFH nicht unangemessen und damit missbräuchlich sein, denn es<br />

stehe dem Steuerpflichtigen im Grundsatz frei, seine Verhältnisse im Rahmen des<br />

<strong>recht</strong>lich Zulässigen so einzurichten, dass sich für ihn eine möglichst geringe<br />

Steuerbelastung ergibt. Der Ankauf der Besserungsanwartschaft durch den<br />

Neugesellschafter war nicht nur kurzfristiger Natur, sondern auf Dauer angelegt. Für ihn<br />

bestand bei Abschluss des Geschäfts die Aussicht, dass die GmbH wieder solvent werden<br />

und sodann die Forderung wieder aufleben und von der GmbH bedient werden würde.<br />

Diese Möglichkeit zu nutzen, sei wirtschaftlich vernünftig, weshalb unter diesem<br />

Gesichtspunkt nicht von einem Gestaltungsmissbrauch ausgegangen werden konnte.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 12. Juli 2012 (I R 23/11), veröffentlicht am 10. September 2012<br />

Keine Mineralölsteuerbefreiung für Vercharterer von<br />

Flugzeugen<br />

Einem Unternehmen, das kein Luftfahrtunternehmen ist, und ein eigenes Flugzeug<br />

flugbereit, versichert und vollgetankt nebst einem Piloten anderen Unternehmen im<br />

Rahmen eines Chartervertrags für beliebige Flüge im Werkflugverkehr zur Verfügung<br />

stellt, steht für das auf diesen Flügen verbrauchte Mineralöl kein Anspruch auf<br />

Befreiung von der Mineralölsteuer zu. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesfinanzhof in<br />

einer Entscheidung vom 17. Juli 2012.<br />

Im entschiedenen Fall hält, verwaltet und verchartert die Klägerin Flugzeuge und<br />

betreibt alle damit zusammenhängenden Geschäfte. Ein ihr von einem anderen<br />

Unternehmen aufgrund eines Leasing-Vertrags zur Verfügung gestelltes Flugzeug<br />

verchartert sie an Unternehmen und Personen. Vertraglich schuldet sie dabei nicht den<br />

Transport von Personen oder Waren gegenüber den Charterern, sondern lediglich die<br />

Zurverfügungstellung eines flugbereiten, versicherten und vollgetankten Flugzeugs nebst<br />

eines Piloten. Vor diesem Hintergrund kommt eine Mineralölsteuerentlastung nach<br />

Ansicht der obersten Finanzrichter nicht in Betracht. Richterliche Begründung: das<br />

Unternehmen selbst erbringt keine Luftfahrt-Dienstleistungen und ist nicht Verwender<br />

des Mineralöls. Verwender ist vielmehr der Charterer, der während des<br />

Charterzeitraums die Sachherrschaft über das Flugzeug ausübt.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 17. Juli 2012, VII R 26/09 (veröffentlicht am 10.Oktober 2012)<br />

Ermäßigter Umsatzsteuersatz auf<br />

Personenbeförderungen im Nahverkehr (EuGH-<br />

Vorlage)<br />

Der Bundesfinanzhof hat in zwei Fällen dem Europäischen Gerichtshof Fragen<br />

bezüglich der Anwendung unterschiedlicher Umsatzsteuersätze für die Beförderung<br />

von Personen mit Taxen und Mietwagen im Nahverkehr vorgelegt.<br />

In beiden Fällen hatten Mietwagenunternehmer, die über keine Taxilizenz verfügen, für<br />

Beförderungstrecken von nicht mehr als 50 km bzw. innerhalb einer Gemeinde den<br />

ermäßigten Steuersatz beantragt. Sie waren der Ansicht, die Umsatzsteuer müsse<br />

wettbewerbsneutral ausgestaltet sein und insofern auch Mietwagenunternehmern der<br />

ermäßigte Steuersatz gewährt werden. Das Finanzamt hielt sich an den Wortlaut des<br />

einschlägigen § 12 Abs. 2 Nr. 10 (b) Umsatzsteuergesetz (UStG): Da ein Mietwagen<br />

begrifflich kein Taxi ist, wurden die entsprechenden Einsprüche abgewiesen. Das<br />

Finanzgericht hatte entschieden, dass eine Ausdehnung auf Mietwagenunternehmer<br />

verfassungs<strong>recht</strong>lich nicht geboten sei, gleichwohl eine nicht ge<strong>recht</strong>fertigte<br />

Ungleichbehandlung für grundsätzlich möglich erachtet. Der Bundesfinanzhof will nun<br />

vom EuGH näheres dazu wissen. Im Kern geht es dabei um die Beantwortung der Frage,<br />

ob Taxileistungen und Mietwagenleistungen sich so ähnlich sind, dass die<br />

unterschiedliche gesetzliche Regelung im UStG dem unions<strong>recht</strong>lichen Neutralitätsgebot<br />

widerspricht. Unter unions<strong>recht</strong>lichen Gesichtspunkten ist es den Mitgliedstaaten<br />

nämlich gestattet, konkrete und spezifische Aspekte einer bestimmten Kategorie von


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 18<br />

Dienstleistungen mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen. Der<br />

Neutralitätsgrundsatz verbietet es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb<br />

stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich<br />

zu behandeln. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers dienen sowohl Taxen als auch<br />

Mietwagen mit Fahrergestellung der Personenbeförderung, was für eine<br />

Vergleichbarkeit der Leistungen spricht. Andererseits bestehen hinsichtlich der<br />

Bedingungen der Personenbeförderung – auch im Falle einer Sondervereinbarung<br />

zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und Großkunden – wesentliche Unterschiede, so<br />

etwa bei der Festlegung der Fahrpreise sowie der Betriebs- und Beförderungspflicht. Zu<br />

berücksichtigen sei auch – so der BFH abschließend – die bislang hierzu ergangene<br />

EuGH-Rechtsprechung, nach der es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner<br />

Leistungen ankomme, sondern auf ihren Kontext.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Entscheidungen vom 10. Juli 2012 (XI R 39/10 und XI R 22/10), veröffentlicht am<br />

10. September 2012<br />

Bundesfinanzhof zweifelt Verfassungsmäßigkeit des<br />

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an<br />

Der Bundesfinanzhof legt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1.<br />

Januar 2009 geltenden Fassung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der<br />

Verfassungsmäßigkeit vor. Die monierten Vorschriften führten – so die obersten<br />

Finanzrichter – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden,<br />

das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die<br />

diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in<br />

ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und<br />

folgerichtige Besteuerung verletzt würden.<br />

Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19<br />

Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Jahr 2009<br />

geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />

verfassungswidrig ist. Dem Verfahren liegt die Besteuerung eines Erbanfalls im Jahre<br />

2009 zugrunde. Der Kläger war zu 1/4 Miterbe seines Onkels. Im Nachlass befanden sich<br />

Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch. Der Wert des auf den<br />

Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 Euro. Unter<br />

Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 Euro und eines Steuersatzes von 30<br />

Prozent setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro fest. Einspruch<br />

und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro begehrte,<br />

blieben erfolglos. Der Kläger war der Meinung, der für Steuerentstehungszeitpunkte<br />

nach dem 31.Dezember 2009 für steuerpflichtige Erwerbe in der Steuerklasse II<br />

vorgesehene Steuersatz von 15 Prozent sei aus Gründen der Gleichbehandlung auch in<br />

seinem Fall anzuwenden. Das Finanzgericht wies die Klage des Erben ab. Und auch der<br />

Bundesfinanzhof teilt nicht die Ansicht des Klägers, die auf Steuerentstehungszeitpunkte<br />

im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a.<br />

Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) sei<br />

verfassungswidrig. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter ist der Gesetzgeber von<br />

Verfassungswegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als<br />

Erwerber der Steuerklasse III. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz beziehe sich nur auf die Familie<br />

als Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht aber auf Familienmitglieder im weiteren<br />

Sinn wie etwa Geschwister oder Abkömmlinge von Geschwistern.<br />

Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der<br />

auf den 1. Januar 2009 zurückwirkenden Fassung des<br />

Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 deshalb gegen den<br />

allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen<br />

Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite<br />

über das verfassungs<strong>recht</strong>lich ge<strong>recht</strong>fertigte Maß hinausgingen.<br />

Im Einzelnen stützt der BFH seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:<br />

Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von<br />

Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an<br />

Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran stelle eine nicht durch ausreichende


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 19<br />

Gemeinwohlgründe ge<strong>recht</strong>fertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung<br />

dar. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die<br />

Betriebsfortführung gefährde; es gehe weit über das verfassungs<strong>recht</strong>lich Gebotene und<br />

Zulässige hinaus, Betriebsvermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die<br />

Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine<br />

Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder – ggf. im<br />

Rahmen einer Stundung der Steuer – ohne weiteres beschafft werden könnten.<br />

Der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzerhalt“ erweise sich als nicht tragfähig, weil weit<br />

mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten und schon deshalb<br />

nicht unter die „Arbeitsplatzklausel“ fielen und ferner das Gesetz Gestaltungen zulasse,<br />

die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die<br />

Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20<br />

Beschäftigten im Ergebnis nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die<br />

Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme.<br />

Die Paragrafen 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen<br />

Begünstigungsüberhang auf. Sie ermöglichten es Steuerpflichtigen, durch <strong>recht</strong>liche<br />

Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht<br />

erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben.<br />

Es unterliege weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers,<br />

Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten<br />

Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu<br />

machen. Die Bestimmungen hinsichtlich des sog. Verwaltungsvermögens seien nicht<br />

geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von<br />

weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen<br />

abzugrenzen, und widersprächen auch dem Folgerichtigkeitsgebot. So könne bei<br />

entsprechender Gestaltung der unschädliche Anteil des nicht begünstigungswürdigen<br />

Verwaltungsvermögens sowohl bei der Regelverschonung als auch bei der<br />

Optionsverschonung deutlich über 90 % des gesamten Betriebsvermögens betragen.<br />

Ferner gehörten Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und<br />

Festgeldkonten bei Kreditinstituten nicht zum Verwaltungsvermögen, sodass ein Anteil<br />

an einer GmbH oder GmbH und Co. KG, deren Vermögen ausschließlich aus solchen<br />

Forderungen bestehe (z.B. sog. “Cash-GmbH), durch freigebige Zuwendung oder von<br />

Todes wegen erworben werden könne, ohne dass Erbschaftsteuer anfalle.<br />

Die zusätzlich zu den Freibeträgen des § 16 ErbStG anwendbaren Steuervergünstigungen<br />

nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen führten<br />

dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme<br />

sei.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Beschluss vom 27. September 2012, II R 9/11 (veröffentlicht am 10. Oktober 2012)<br />

Keine Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher<br />

Grundstücksübertragung<br />

Die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem<br />

Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen der<br />

Personengesellschaft führt nicht zur Realisierung eines Gewinns, wenn das Entgelt den<br />

Buchwert nicht übersteigt.<br />

Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann Wirtschaftsgüter aus seinem<br />

Sonderbetriebsvermögen an die Gesellschaft wie ein fremder Dritter entgeltlich<br />

veräußern. Eine entgeltliche Veräußerung ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die<br />

Personengesellschaft im Zusammenhang mit der Übertragung des Wirtschaftsguts eine<br />

Verbindlichkeit des Gesellschafters übernimmt (insofern teilentgeltliche Übertragung).<br />

Das steuerlich beachtliche Entgelt besteht in diesem Fall in der Übernahme der<br />

Verbindlichkeit. Ein vergleichbarer Fall lag jetzt dem Bundesfinanzhof vor: Der<br />

Kommanditist einer GmbH & Co. KG hatte u.a. ein mit einer Verbindlichkeit belastetes<br />

Grundstück aus seinem Sonderbetriebsvermögen an die Personengesellschaft<br />

übertragen. Im Verhältnis zum Verkehrswert (1.520.000 Euro) machte die<br />

übernommene Verbindlichkeit, also das Entgelt, circa 19,5 % (d.h. 296.500 Euro) aus.


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 20<br />

Das Finanzamt erhöhte die Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters um die<br />

anteilig zu den übernommenen Verbindlichkeiten aufzudeckenden stillen Reserven.<br />

Nach Dafürhalten des BFH ergab sich im vorliegenden Fall jedoch kein Gewinn im<br />

Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, weil der Buchwert des Grundstücks<br />

(1.026.000 Euro) höher als das erzielte Entgelt war. Auch eine Entnahme lag dem<br />

Grunde nach nicht vor. Denn das übertragene Wirtschaftsgut hat das Betriebsvermögen<br />

nicht verlassen, zu dem es vor der Übertragung gehörte (das Betriebsvermögen einer<br />

Personengesellschaft umfasst sowohl das Gesamthandsvermögen als auch das<br />

Sonderbetriebsvermögen). Wechselt ein Wirtschaftsgut durch eine Transaktion von<br />

einem Teil des Betriebsvermögens der Personengesellschaft in einen anderen Teil<br />

desselben Betriebsvermögens, kann der Vorgang folglich nicht als eine Entnahme<br />

angesehen werden. Dies entspricht insoweit ständiger BFH-Rechtsprechung. Denn die<br />

Entnahme setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut den Bereich des Betriebs verlässt. Wird<br />

der betriebliche Funktionszusammenhang aber – wie hier – nicht gelöst, fehlt es an<br />

einer Entnahme. Anders als bei einem von einer einzelnen Person unterhaltenen Betrieb<br />

ist deshalb bei einer Personengesellschaft ein zivil<strong>recht</strong>licher Rechtsträgerwechsel ohne<br />

gleichzeitige Entnahme denkbar. Auch die Anwendung der durch die Verwaltung<br />

vertretenen sog. Trennungstheorie lies der BFH aufgrund der im Streitfall vorliegenden<br />

Gegebenheiten nicht zu.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Urteil vom 19. September 2012 (IV R 11/12), veröffentlicht am 10. Oktober 2012<br />

Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung<br />

trotz fehlender USt-IdNr. möglich<br />

Zwar kann die Finanzverwaltung die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen<br />

Lieferung von der Vorlage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers<br />

abhängig machen – sie darf sie aber nicht generell verweigern, wenn der Lieferer die<br />

Steuerpflicht des Erwerbers nachweisen kann und glaubhaft macht, dass dieser<br />

bezüglich der fraglichen Lieferung auch als solcher gehandelt hatte.<br />

Der Fall betraf den Verkauf von Maschinen einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft<br />

an eine US-Gesellschaft, die in der EU nicht für Mehrwertsteuerzwecke registriert war.<br />

Die Gegenstände wurden von Deutschland direkt nach Finnland geliefert, die Rechnung<br />

erging unter Angabe der USt-IDNr. des finnischen Unternehmens ohne Mehrwertsteuer.<br />

Das deutsche Finanzamt versagte die Steuerfreiheit, weil die deutsche Gesellschaft nicht<br />

die USt-IDNr. der US-Gesellschaft angegeben hatte. Da der Fall zwei<br />

aufeinanderfolgende Lieferungen betrifft, aber nur eine innergemeinschaftliche<br />

Beförderung durchgeführt wurde, sei es entscheidend – so der Europäische Gerichtshof<br />

(EuGH) – ob letztere tatsächlich der ersten Lieferung zugerechnet werden kann. Dies<br />

war möglich, denn das US-Unternehmen hatte gegenüber dem deutschen Verkäufer vor<br />

der Beförderung der Maschinen nach Finnland erklärt, dass die Gegenstände bereits an<br />

ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien.<br />

Der Lieferer muss den Nachweis erbringen, dass die Voraussetzungen für die<br />

innergemeinschaftliche Lieferung zur genauen Erhebung der Mehrwertsteuer im<br />

Empfängerland vorliegen und dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer<br />

Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Er muss ferner hinreichend belegen,<br />

dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist und bei dem betreffenden Vorgang als solcher<br />

gehandelt hat. Dies alles könne nicht allein von der Einhaltung formeller Pflichten<br />

abhängig gemacht werden, sofern die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Das<br />

deutsche Unternehmen hatte die US-Gesellschaft um deren IDNr. befragt und anstelle<br />

dessen die USt-IDNr. des Zweiterwerbers erhalten. Der Ort, an dem der Erwerber<br />

ansässig ist, ist unbedeutend, denn die Eigenschaft des Empfängers als Steuerpflichtiger,<br />

die Eigentumsübertragung und die physische Verbringung von einem Mitgliedstaaten in<br />

einen anderen sind für die Annahme eines inngemeinschaftlichen Erwerbs allein<br />

ausreichend.<br />

Fundstelle<br />

EuGH-Urteil vom 27. September 2012 (C-587/10), VSTR


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 21<br />

Kein Splittingtarif nach Freizügigkeitsabkommen mit<br />

der Schweiz<br />

Vor dem Europäischen Gerichtshof geht es um die Frage, ob es den Bestimmungen des<br />

Freizügigkeitsabkommens der EG mit der Schweiz entspricht, wenn die deutsche<br />

Finanzverwaltung einem in Deutschland arbeitenden Ehepaar wegen deren<br />

Wohnsitzes in der Schweiz die Anwendung des Splitting-Verfahrens verweigert. Der<br />

Generalanwalt sieht in seinem Plädoyer keinen Verstoß gegen das Abkommen.<br />

Die Eheleute gingen beide in Deutschland einer selbständigen Beschäftigung nach und<br />

galten als Grenzgänger im Sinne des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz. Dieses<br />

Abkommen sieht für diesen Personenkreis die gleichen steuerlichen und sozialen<br />

Vergünstigungen vor, wie für inländische Personen, die einer selbständigen Tätigkeit<br />

nachgehen. Ihren Wohnsitz hatten die Eheleute im August 2007 in die Schweiz verlegt.<br />

Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2008 wählten sie die Zusammenveranlagung<br />

unter Anwendung des Splittingtarifs. Mit Hinweis auf § 1a Abs. 1 EStG lehnte das<br />

Finanzamt dies ab: Zwar erfüllten beide die Voraussetzungen der fiktiven<br />

unbeschränkten Steuerpflicht des § 1 Abs. 3 EStG, aber nicht die Voraussetzungen des §<br />

1a Abs. 1 Nr. 2 EStG (Ehegattensplitting), da sie ihren Wohnsitz außerhalb der EU bzw.<br />

des EWR haben. Für die Anwendung des Splittingtarifs kommt es nicht auf die<br />

Staatsangehörigkeit, sondern auf den Wohnsitz in der EU/EWR an. Der Wohnsitz in der<br />

Schweiz schließe somit das Ehegattensplitting aus.<br />

In seinen Schlussanträgen empfiehlt der Generalanwalt keinen Verstoß des § 1a Abs. 1<br />

Nr. 2 EStG gegen das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz festzustellen. Er begründet<br />

dies insbesondere damit, dass es nach seinem Wortlaut nur vor Diskriminierungen von<br />

Personen fremder Staatsangehörigkeit schütze: Da die Eheleute als Selbständige in dem<br />

Mitgliedstaat erwerbstätig sind, dessen Staatsangehörige sie sind, stehen ihnen keine<br />

Rechte aus den Bestimmungen dieses Abkommens zu. Der Generalanwalt legt das<br />

Freizügigkeitsabkommen insofern eng aus: Betroffen seien nur Staatsangehörige einer<br />

Vertragspartei, die sich zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Gebiet einer<br />

anderen Vertragspartei niederlassen wollen. Da die Eheleute jedoch deutsche<br />

Staatsangehörige sind und auch hier selbständig tätig sind (wo sie auch der Besteuerung<br />

unterliegen) könne – wörtlich gesprochen – von einer Diskriminierung “seitens der<br />

Behörden einer Vertragspartei gegenüber einem Staatsangehörigen einer anderen<br />

Vertragspartei” keine Rede sein. Der Fall, dass lediglich der Wohnsitz in das<br />

Hoheitsgebiet einer Vertragspartei (hier: die Schweiz) verlegt wird, dort aber nicht die<br />

Ausübung einer selbständigen Tätigkeit beabsichtigt ist, falle nicht in den<br />

Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens.<br />

Fundstelle<br />

EuGH-Schlussanträge vom 18. Oktober 2012 (C-425/11), Ettwein<br />

Erstattung von ausländischer Mehrwertsteuer trotz<br />

dortiger Niederlassung möglich<br />

Wie ist der Begriff der festen Niederlassung, von der aus geschäftliche Umsätze bewirkt<br />

werden, unions<strong>recht</strong>lich auszulegen? Der Europäische Gerichtshof hat jetzt der<br />

beantragten Vorsteuererstattung zweier ausländischer Unternehmer zugestimmt, die<br />

zwar über eine feste Niederlassung in Schweden verfügten, aber dort tatsächlich selbst<br />

keine steuerpflichtigen Lieferungen oder Leistungen ausführten.<br />

Die miteinander verbundenen Rechtssachen betreffen einen deutschen Autohersteller<br />

(C-318/11), der seine Fahrzeuge in Schweden unter winterlichen Bedingungen testete<br />

und eine dänische Gesellschaft mit einer Forschungsabteilung in Stockholm (C-319/11).<br />

Beiden gemeinsam ist die zu klärende Frage, ob einem Mehrwertsteuerpflichtigen, der in<br />

einem anderen Mitgliedstaat selbst keine steuerbaren Umsätze bewirkt, der<br />

Vorsteuerabzug allein wegen Bestehens einer festen Niederlassung verweigert werden<br />

kann.<br />

Der deutsche Autohersteller beschäftigte kein eigenes Personal in Schweden, das<br />

Testpersonal und auch die dabei verwendete technische Ausrüstung wurden speziell für<br />

die Tests eingeflogen. Die notwendigen Räumlichkeiten wurden von seiner schwedischen


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 22<br />

Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellt, ebenso die entsprechenden Teststrecken und<br />

andere damit zusammenhängende Dienstleistungen. Sowohl das deutsche als auch das<br />

dänische Unternehmen übten in Schweden selbst keine mehrwertsteuerpflichtige<br />

Tätigkeit aus und hatten bei den dortigen Steuerbehörden die Erstattung der Vor<strong>steuern</strong><br />

beantragt, die sie für dort in Anspruch genommene Leistungen entrichtet hatten. Die<br />

Anträge wurden mit dem Hinweis abgelehnt, die Unternehmen hätten jeweils eine feste<br />

Niederlassung in Schweden, mittels derer sie umsatzsteuerpflichtige Leistungen hätten<br />

ausführen können. Dass dies de facto aber nicht geschah, hielten die Steuerbehörden für<br />

irrelevant.<br />

Der Europäische Gerichtshof vertrat jedoch die gegenteilige Auffassung: Die bloße<br />

Möglichkeit, vom Ort der Niederlassung steuerbare Umsätze ausführen zu können<br />

genügt nicht. Für den Ausschluss eines Mehrwertsteuererstattungsanspruchs müssen<br />

steuerbare Umsätze auch tatsächlich bewirkt werden. Diese Auslegung, so der EuGH,<br />

entspreche dem Ziel der anwendbaren EU-Richtlinien, nämlich dem Steuerpflichtigen<br />

die Möglichkeit einer Erstattung der entrichteten Vorsteuer einzuräumen, wenn er<br />

mangels von ihm bewirkter steuerbarer Umsätze im Mitgliedstaat der Erstattung diese<br />

Vorsteuer nicht von geschuldeter Mehrwertsteuer abziehen kann. Im Falle des deutschen<br />

Autohersteller werde dieses Ergebnis auch nicht durch dessen schwedische<br />

Tochtergesellschaft in Frage gestellt, so der EuGH abschließend, deren Zweck habe<br />

nämlich nahezu ausschließlich darin bestanden, verschiedene Dienstleistungen im<br />

Zusammenhang mit den durchgeführten Test zu erbringen.<br />

Fundstelle<br />

EuGH-Urteil vom 25. Oktober 2012 (verbundene Rechtssachen C-318/11 und C-319/11),<br />

Daimler AG/Widex A/S<br />

EuGH zur Vorsteueraufteilung nach Umsätzen<br />

Der Europäische Gerichtshof hält es grundsätzlich für denkbar, dass bei Aufteilung der<br />

Vor<strong>steuern</strong> auch ein anderer als der unions<strong>recht</strong>lich in Artikel 17 Abs. 5 der Sechsten<br />

Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Umsatzschlüssel angewendet werden darf, hat<br />

dies allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft und die nationalen Gerichte in<br />

die Pflicht genommen.<br />

Der EuGH hatte über die Frage des Aufteilungsschlüssels der bei Errichtung eines<br />

Gebäudes für Geschäfts- und private Wohnzwecke angefallenen Vor<strong>steuern</strong> zu befinden.<br />

Ausgangspunkt war eine Vorlage des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2010. Als<br />

Aufteilungsmaßstab käme einerseits ein Flächenschlüssel, nach der bisherigen<br />

Rechtsprechung des BFH aber auch die für Steuerpflichtige oft günstigere Höhe der<br />

Mietumsätze (Umsatzschlüssel) in Frage. Ab 2004 darf eine Aufteilung nach dem<br />

Umsatzschlüssel aber nur noch dann erfolgen, wenn keine andere wirtschaftliche<br />

Zurechnung möglich ist. Da bei Gebäuden eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel<br />

stets eine wirtschaftliche Zurechnung ermöglicht, ist eine Anwendung des<br />

Umsatzschlüssels de facto ausgeschlossen.<br />

Gemeinschafts<strong>recht</strong>lich ist der Umsatzsteuerschlüssel als Regelaufteilungsmethode<br />

vorgesehen. Grundsätzlich können die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 5 der Sechsten<br />

EG-Richtlinie zwar nationale Regelungen treffen, welche die Anwendbarkeit dieser<br />

Methode einschränken. Unklar bleibe aber, so der BFH in seiner Vorlagefrage, ob die<br />

Einschränkungen, die der deutsche Gesetzgeber getroffen hat, nicht zu weit gehen. Die<br />

Finanzverwaltung hat sich bislang darauf berufen, der deutsche Gesetzgeber habe von<br />

seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht und statt des Umsatzschlüssels andere<br />

Aufteilungsmethoden vorgezogen. Die Vorlagefrage des BFH erklärt sich u.a. vor dem<br />

Hintergrund, dass das oberste Steuergericht in seinen Entscheidungen immer wieder die<br />

Auffassung vertritt, dass der Umsatzschlüssel ein sachge<strong>recht</strong>er, wirtschaftlicher<br />

Zuordnungsmaßstab sei.<br />

Der EuGH schloss jetzt in seinem Urteil Ausnahmen von dem Umsatzschlüssel nicht<br />

kategorisch aus. Tenor: Die Sechste Richtlinie verbietet es nicht, dass die Mitgliedstaaten<br />

eine andere Aufteilungsmethode oder einen anderen Aufteilungsschlüssel als die<br />

Umsatzmethode, namentlich die im Vorlageverfahren in Rede stehende<br />

Flächenmethode, anwenden – vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleistet<br />

eine genauere Bestimmung des Pro-rata-Satzes. Sofern sich also eine präzisere Methode<br />

zur Bestimmung des zulässigen Vorsteuerabzugs ergibt, die durch eine größere


<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 23<br />

Genauigkeit u.a. dem Ziel der Neutralität der Mehrwertsteuer näher kommt, sei diese<br />

nicht generell auszuschließen. Aber es müsse klar sein, das dies keine automatische Wahl<br />

sei, sondern der Pro-rata-Satz des Umsatzvolumens stets die primäre Option sei. Als<br />

problematisch könnte es sich allerdings darstellen, dass die deutsche Vorschrift aus dem<br />

Umsatzkriterium eine allerletzte, subsidiäre Option macht, die nur dann anwendbar ist,<br />

wenn eine andere wirtschaftliche Zurechnung der für dieselben Umsätze genutzten<br />

Gegenstände und Dienstleistungen nicht möglich ist. Nun liegt der Ball aber zunächst<br />

wieder im Garten der Münchener Steuerrichter in der Ismaninger Straße: Es sei nämlich,<br />

so der EuGH, Aufgabe des nationalen Gerichts festzustellen, inwieweit die zuvor<br />

erwähnten Ausnahmevoraussetzungen vorliegen.<br />

Fundstelle<br />

EuGH-Urteil vom 8. November 2012 (C-511/10), BLC Baumarkt<br />

Weitere Steuernachrichten finden Sie auch unter<br />

http://blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong>/<br />

Gesellschafter-Geschäftsführer: Gestaltungsspielräume<br />

bei bestehenden Pensionszusagen<br />

Eine Vielzahl von Gründen führt bei Gesellschafter Geschäftsführern (GGF) einer<br />

Kapitalgesellschaft zu dem Wunsch nach Veränderung oder Aufkündigung einer in der<br />

Vergangenheit sich selbst erteilten Pensionszusage. Vor allem die Finanzierung der<br />

Versorgungsversprechen gestaltet sich in praxi häufig problematischer als ursprünglich<br />

kalkuliert. Aufgrund der andauernden Niedrigzinsphase können viele<br />

Finanzintermediäre die erhoffte Wertentwicklung sicherer Kapitalanlagen nicht erfüllen;<br />

zusätzlich steigt der Kapitalbedarf für eine lebenslange Versorgungsleistung durch die<br />

wachsende Lebenserwartung kontinuierlich an. Aber auch die Planung der<br />

Unternehmensnachfolge oder nachteilige Bedingungen bei der Kreditaufnahme können<br />

der Grund für eine detailliertere Auseinandersetzung mit der GGF-Versorgung sein. Der<br />

vollständige oder zumindest teilweise Verzicht auf die Pensionszusage erscheint<br />

zuweilen als verlockende Option – allerdings sollten deren steuerliche Folgen vorab auf<br />

den Prüfstand gestellt werden. Mehr zu diesem Thema lesen Sie unter<br />

http://blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong>/2012/11/12/gesellschafter-geschaftsfuhrergestaltungsspielraume-bei-bestehenden-pensionszusagen/<br />

Dauernde Wertminderung bei festverzinslichen<br />

Wertpapieren im Umlaufvermögen<br />

Mit seinem Schreiben vom 10. September 2012 schließt sich das<br />

Bundesfinanzministerium der vom Bundesfinanzhof geäußerten Ansicht an, nach der<br />

eine Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren unzulässig ist, wenn mit<br />

der Einlösung zum Fälligkeitszeitpunkt zu rechnen ist. – Die Gründe für den Wechsel<br />

und die Begründungen des Berliner Ministeriums kommentiert Prof. Dr. Jörg Mössner<br />

unter http://blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong>/2012/11/12/dauernde-wertminderungbei-festverzinslichen-wertpapieren-im-umlaufvermogen/<br />

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<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 24<br />

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durch den Herausgeber nachgedruckt und vervielfältigt werden. Meinungsbeiträge<br />

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