Dem Fuchsbandwurm geht es an den Kragen - Landkreis Celle
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<strong>Dem</strong> <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong> <strong>geht</strong> <strong>es</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Kragen</strong><br />
Nicht nur der Fuchs, sondern auch der Hund ist für <strong>den</strong> Menschen gefährlich<br />
upb. Einige Infektionskr<strong>an</strong>kheiten können von Tieren auf <strong>den</strong> Menschen übertragen<br />
wer<strong>den</strong>. Zu di<strong>es</strong>en gehört eine schwere Lebererkr<strong>an</strong>kung, die alveoläre Echinokokkose.<br />
Sie wird durch <strong>den</strong> "Kleinen <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong>" verursacht, der in der<br />
Leber d<strong>es</strong> Menschen eine tumorähnliche Veränderung bewirkt. Überträger auf<br />
<strong>den</strong> Menschen ist nicht nur der Fuchs, sondern auch der Hund. Mit einem Nationalfonds-Projekt<br />
soll nun herausgefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, wie die körpereigene Immunabwehr<br />
zu unterstützen ist, damit die Erkr<strong>an</strong>kung erfolgreich abheilen k<strong>an</strong>n.<br />
Eier d<strong>es</strong> <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong>s wer<strong>den</strong> vom Fuchs ausg<strong>es</strong>chie<strong>den</strong>, wenn er Kot absetzt.<br />
Die Vorstellung, dass <strong>es</strong> d<strong>es</strong>halb risk<strong>an</strong>t ist, Waldbeeren zu <strong>es</strong>sen, ist weit<br />
verbreitet. Über di<strong>es</strong>e Behauptung muss Prof. Bruno Gottstein, Direktor d<strong>es</strong> Instituts<br />
für Parasitologie <strong>an</strong> der Universität Bern, eher schmunzeln. "Waldbeeren<br />
sind kaum relev<strong>an</strong>t für eine Ansteckung", erläutert er. "Der eigene Hund oder die<br />
eigene Katze sind als Überträger viel wichtiger."<br />
Fuchs, Katze und Hund erkr<strong>an</strong>ken nicht<br />
Obwohl der Fuchs in <strong>den</strong> letzten Jahren zunehmend auch in städtischen Gebieten zu<br />
beobachten ist, kommt der Mensch nur selten mit ihm in direkten Kontakt. Als Überträger<br />
gefährlicher sind Hund und Katze, wenn sie Mäuse jagen und dabei infizierte Tiere<br />
f<strong>an</strong>gen. Allerdings erkr<strong>an</strong>ken Fuchs, Hund und Katze als sogen<strong>an</strong>nte Endwirte nicht<br />
selber. Sie tragen die erwachsenen Parasiten, die nur 2 bis 5 Millimeter gross sind, im<br />
Darm. 31 Tage, nachdem sie infizierte Mäuse gefr<strong>es</strong>sen haben, schei<strong>den</strong> sie mit dem<br />
Kot mikroskopisch kleine (Durchm<strong>es</strong>ser 1/20 Millimeter) B<strong>an</strong>dwurmeier aus, die wiederum<br />
für Mäuse und auch <strong>den</strong> Menschen infektiös sind. "Die Ansteckung erfolgt meist<br />
über <strong>den</strong> Mund. Wenn ein Mensch einen infizierten Hund, <strong>an</strong> d<strong>es</strong>sem Fell B<strong>an</strong>dwurmeier<br />
kleben, streichelt und <strong>an</strong>schli<strong>es</strong>send mit der H<strong>an</strong>d unbewusst zum Mund fährt, k<strong>an</strong>n<br />
<strong>es</strong> g<strong>es</strong>chehen, dass er B<strong>an</strong>dwurmeier aufnimmt. Indirekte Ansteckungen durch Nahrungsmittel<br />
oder Trinkwasser, die mit B<strong>an</strong>dwurmeiern bzw. Hunde- oder Katzenkot verunreinigt<br />
wur<strong>den</strong>, sind ebenfalls möglich."<br />
Sehr l<strong>an</strong>ge Inkubationszeit<br />
Hat ein Mensch sich infiziert, entwickeln sich aus <strong>den</strong> Eiern in seinem Körper ausgewachsene<br />
Parasitenlarven. Di<strong>es</strong>e befallen in über 95 % aller Fälle die Leber, zusätzlich<br />
können auch <strong>an</strong>dere Org<strong>an</strong>e betroffen we<strong>den</strong>. Die Leber k<strong>an</strong>n sich tumorartig verändern,<br />
was zu einer schwerwiegen<strong>den</strong> Erkr<strong>an</strong>kung führt. Das Heimtückische dar<strong>an</strong>: Die<br />
Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Kr<strong>an</strong>kheit ist sehr l<strong>an</strong>g, sie wird laut Gottstein<br />
auf 5 bis 15 Jahre g<strong>es</strong>chätzt. Heute ist <strong>es</strong> jedoch möglich, eine Infektion zu erkennen,<br />
bevor die Kr<strong>an</strong>kheit ausbricht. Wird die Infektion früh erfasst, ist eine effiziente und<br />
in <strong>den</strong> meisten Fällen heilende Beh<strong>an</strong>dlung möglich. Ist die Kr<strong>an</strong>kheit aber einmal ausgebrochen,<br />
müssen die gefährlichen Bi<strong>es</strong>ter vollständig chirurgisch entfernt wer<strong>den</strong>.<br />
Eine heilende Chemotherapie gibt <strong>es</strong> noch nicht. (Bei Hun<strong>den</strong> und Katzen dagegen<br />
k<strong>an</strong>n die Eiausscheidung durch geeignete Medikamente verhindert wer<strong>den</strong>.) Experimentell<br />
k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Mäuse impfen, damit sie die Kr<strong>an</strong>kheit nicht bekommen — vorderh<strong>an</strong>d<br />
g<strong>es</strong>chieht das allerdings einzig zu Forschungszwecken im Labor.<br />
Heilungsch<strong>an</strong>cen deutlich g<strong>es</strong>tiegen<br />
Früher war die Sterblichkeit bei Menschen, die vom <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong> befallen waren<br />
sehr hoch. Wur<strong>den</strong> sie nicht beh<strong>an</strong>delt, überlebten nur 7 % die folgen<strong>den</strong> zehn Jahre.<br />
D<strong>an</strong>k Früherfassung und b<strong>es</strong>seren Therapien ist di<strong>es</strong>e Rate bei beh<strong>an</strong>delten Fällen im
letzten Jahrzehnt auf 80-85 % g<strong>es</strong>tiegen. Medikamente, welche die Entwicklung d<strong>es</strong><br />
Parasiten hemmen, müssen aber oft über Jahre oder Jahrzehnte hinweg eingenommen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Schweiz: Lage nicht dramatisch<br />
Die Zahl der Kr<strong>an</strong>kheitsfälle in der Schweiz zeigt, dass die Lage bei uns nicht dramatisch<br />
ist. Alljährlich wer<strong>den</strong> l<strong>an</strong>d<strong>es</strong>weit 8 bis 10 neue Patienten registriert (in einigen Regionen<br />
Chinas und Alaskas hingegen sind 5-10 % der Bevölkerung betroffen). 1987<br />
wur<strong>den</strong> in der Schweiz 17 000 Blutspender auf <strong>den</strong> Erreger hin untersucht. Fündig wurde<br />
m<strong>an</strong> gerade in 2 Fällen. Eine spätere Untersuchung von 2000 Blutspendern ergab<br />
keinen einzigen Befund mehr. Gottstein weiss sogar von einer Person aus di<strong>es</strong>er Studie,<br />
bei der die Heilung von selbst erfolgte. Selbstheilungen sind auch bek<strong>an</strong>nt von <strong>den</strong><br />
Inuit, die in Alaska leben. Gottstein nimmt <strong>an</strong>, dass viele Leute wahrscheinlich gar nicht<br />
gefährdet sind, sie wer<strong>den</strong> trotz Kontakt mit <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong>eiern nicht <strong>an</strong>g<strong>es</strong>teckt. "Es<br />
könnte so sein wie bei einer Grippe. Viele können von Grippeviren befallen wer<strong>den</strong>, aber<br />
l<strong>an</strong>ge nicht bei allen bricht die Kr<strong>an</strong>kheit aus", verdeutlicht er.<br />
Suche nach wirksameren Mitteln<br />
Umfragen bei Tierärzten in einem bek<strong>an</strong>nten Endemiegebiet haben laut Gottstein ergeben,<br />
dass in di<strong>es</strong>em Gebiet jeder zehnte Hund vom <strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong> befallen war. In<br />
solchen Hauptgebieten ist auch jede dritte Maus und sogar jeder zweite Fuchs mit dem<br />
<strong>Fuchsb<strong>an</strong>dwurm</strong> infiziert. Und weil nach der Ausrottung der Tollwut in der Schweiz die<br />
Fuchspopulation erheblich <strong>an</strong>gewachsen ist, sind auch grundsätzlich w<strong>es</strong>entlich mehr<br />
Füchse B<strong>an</strong>dwurmträger.<br />
In einem Nationalfonds-Projekt wird d<strong>es</strong>halb untersucht, wie die Kr<strong>an</strong>kheit wirksamer<br />
bekämpft oder möglicherweise vorgebeugt wer<strong>den</strong> könnte. "Wir kennen heute bereits<br />
einige der Tricks, die der Parasit zum Überleben in seinem Wirt einsetzt", erläutert<br />
Gottstein. Auch der Impfstoff, der sich bei Labormäusen gut bewährt, ist im Rahmen<br />
di<strong>es</strong><strong>es</strong> Projekts und in Zusammenarbeit mit dem parasitologischen Institut der Universität<br />
Hohenheim erprobt wor<strong>den</strong>. "Wir sind nun auf der Suche nach einem Mittel, das die<br />
körpereigene Immunreaktion so unterstützt, dass die Tricks d<strong>es</strong> Parasiten ‚ausgetrickst‘<br />
wer<strong>den</strong> können", hält Gottstein abschli<strong>es</strong>send f<strong>es</strong>t.<br />
Bild: Zwei je zirka 3 mm l<strong>an</strong>ge Fuchsb<strong>an</strong>dwürmer, isoliert aus dem Darm ein<strong>es</strong> Hund<strong>es</strong>;<br />
rastelelektronenmikroskopische Aufnahme<br />
Eva Friedl, eva.friedl@pr<strong>es</strong>s.unibe.ch, Pr<strong>es</strong>se-Communiqués, Homepage Stelle für Öffentlichkeitsar-<br />
beit, Homepage Universität Bern