Näher am idealen Kolloid? Fakten zu HES 130/0,4 - Makro- und Mikro
Näher am idealen Kolloid? Fakten zu HES 130/0,4 - Makro- und Mikro
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Gegendarstellung <strong>zu</strong> „<strong>HES</strong>-info“ von Pharmacia & Upjohn<br />
<strong>Näher</strong> <strong>am</strong> <strong>idealen</strong> <strong>Kolloid</strong>?<br />
<strong>Fakten</strong> <strong>zu</strong> <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4<br />
von Dr. med. Peter Kohler<br />
ill man von einem „<strong>idealen</strong>“<br />
<strong>Kolloid</strong> sprechen, muß W es entsprechende Anforderungen<br />
erfüllen. Diesen nahe<strong>zu</strong>kommen<br />
– <strong>und</strong> somit einen Schritt<br />
weiter in Richtung Patientensicherheit<br />
<strong>zu</strong> gehen – war das Ziel auf dem Weg<br />
<strong>zu</strong> <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4.<br />
Folgende Anforderungen, die sich seit<br />
den 60er Jahren durch die Fachliteratur<br />
ziehen, sind <strong>zu</strong> stellen: 1<br />
Guter Volumeneffekt, also adäquate<br />
Wirkung <strong>und</strong> Wirkdauer,<br />
Keine Kumulation im Plasma,<br />
Komplette Ausscheidung,<br />
Keine Gewebeeinlagerung <strong>und</strong><br />
gutes Sicherheitsprofil.<br />
Können diese Anforderungen überhaupt<br />
von einem <strong>Kolloid</strong> erfüllt werden?<br />
Ist die Einführung von <strong>HES</strong><br />
<strong>130</strong>/0,4 ein Fortschritt in diese<br />
Richtung? Die Gr<strong>und</strong>idee in der Entwicklung<br />
war die Verbesserung der<br />
Kombination von Molekulargewicht<br />
<strong>und</strong> Substitutionsgrad <strong>und</strong> Substitutionsmuster.<br />
Volumeneffekt<br />
Der gute Volumeneffekt einer Stärkelösung<br />
hängt im Wesentlichen von der<br />
Menge kolloidosmotisch wirks<strong>am</strong>er<br />
Teilchen ab (d. h. Konzentration der<br />
Lösung, Größe <strong>und</strong> Anzahl der Moleküle<br />
oberhalb der Nierenschwelle von<br />
ca. 60–70.000 Dalton). Die effektive<br />
Wirkdauer wird vom Substitutionsgrad<br />
<strong>und</strong> -muster bestimmt (s. HAESinfu<br />
1/98). Bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 wird aus<br />
gutem Gr<strong>und</strong> (s. unter „Kumulation“)<br />
der niedrigere Substitutionsgrad<br />
durch ein verändertes Substitutionsmuster<br />
kompensiert: das C2/C 6-Verhältnis<br />
wurde auf 9:1 erhöht. Trotz<br />
dieser Erhöhung des Musters ist<br />
durch den niedrigeren Substitutionsgrad<br />
von 0,4 die Ges<strong>am</strong>tzahl der Hydroxyethylgruppen<br />
<strong>am</strong> C2-Atom die<br />
niedrigste aller bisher <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehenden Stärkelösungen. Diese sterische<br />
Veränderung bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4<br />
führt <strong>zu</strong> einer vollständigeren Elimination<br />
bei einer Wirkdauer vergleichbar<br />
mit der von <strong>HES</strong> 200/0,5.<br />
In klinischen Studien (bei kardiochirurgischen,<br />
orthopädischen <strong>und</strong><br />
endoprothetischen Interventionen)<br />
war daher der Volumeneffekt von<br />
<strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 vergleichbar mit dem<br />
von <strong>HES</strong> 200/0.5. 2,3,4,5<br />
Hingegen ergeben Studien mit niedermolekularen<br />
Lösungen ein anderes<br />
Bild. Beispielsweise haben MESSMER<br />
<strong>und</strong> JESCH schon 1978 gezeigt, daß<br />
<strong>HES</strong> 70/0,5 (d<strong>am</strong>als noch unter der<br />
Bezeichnung <strong>HES</strong> 40/0,5) „keinen<br />
ausreichenden Volumeneffekt“ hat<br />
<strong>und</strong> nicht den geforderten Kriterien<br />
entsprach. 6 Auch HEINE bewertet in<br />
einer aktuellen Studie <strong>HES</strong> 70/0.5 hinsichtlich<br />
der kreislaufstabilisierenden<br />
Wirkung kaum anders als eine Vollelektrolytlösung.<br />
7<br />
Editorial<br />
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,<br />
noch nicht auf dem Markt, aber schon in<br />
aller M<strong>und</strong>e: die neue Generation einer<br />
mittelmolekularen Hydroxyethylstärke.<br />
Das breite Spektrum der Indikationen einer<br />
adäquaten Volumenersatztherapie ist<br />
uns Anwendern bestens bekannt. Das<br />
Angebot der Mittel ist ebenfalls breit. Aber<br />
welches Volumenersatzmittel ist wann das<br />
Mittel der Wahl? Die Diskussionen über<br />
Kristalloide <strong>und</strong> <strong>Kolloid</strong>e im Vergleich<br />
können in Deutschland als weitgehend<br />
abgeschlossen betrachtet werden. Ebenso<br />
gibt es klare Aussagen <strong>zu</strong> den unterschiedlichen<br />
<strong>Kolloid</strong>en.<br />
Warum aber wird jetzt vom Marktführer<br />
eine mittelmolekulare Hydroxyethylstärke<br />
mit einem Molekulargewicht von <strong>130</strong>.000<br />
Dalton <strong>und</strong> einem Substitutionsgrad von<br />
0,4 entwickelt? Schließlich gibt es seit<br />
zwei Jahrzehnten das bewährte <strong>HES</strong><br />
200/0,5 <strong>und</strong> auch noch niedermolekulare<br />
Stärkelösungen (<strong>HES</strong> 70/0,5).<br />
Wir sollten unseren Griff <strong>zu</strong>r richtigen Infusionslösung<br />
nur von <strong>Fakten</strong> beeinflussen<br />
lassen. Da<strong>zu</strong> will das Extrablatt unserer<br />
Reihe HAES-infu beitragen.<br />
Dr. med. Peter Kohler<br />
Arzt für Anästhesiologie<br />
HAES-line<br />
Telefon: 0 61 72/6 08 80 62<br />
Telefax: 0 61 72/ 6 08 81 60<br />
Das Molekulargewicht gewinnt dann<br />
an Bedeutung, wenn das mittlere<br />
70.000 Dalton (bei <strong>HES</strong> 70/0,5) beträgt.<br />
Da es sich bei <strong>HES</strong> immer um<br />
ein Gemisch großer <strong>und</strong> kleiner Moleküle<br />
handelt (Gauß’sche Verteilung)<br />
<strong>und</strong> nur der Mittelwert angegeben<br />
wird, liegen bei <strong>HES</strong> 70/0,5 logischerweise<br />
ca. 40–50% der Moleküle unterhalb<br />
der Nierenschwelle. Sie werden<br />
relativ schnell ausgeschieden, bevor<br />
sie überhaupt einen nennenswerten<br />
Volumeneffekt entwickeln können. 16<br />
Kumulation <strong>und</strong> Ausscheidung<br />
Welches Ziel steckt hinter der chemischen<br />
Modifikation, also der Reduktion<br />
des Substitutionsgrades von 0,5<br />
auf 0,4?<br />
Alle derzeit verfügbaren <strong>HES</strong>-Präparate<br />
kumulieren im Plasma. Das Ausmaß<br />
hängt wesentlich vom Substitutionsgrad<br />
ab. Stärkelösungen mit dem<br />
1
2<br />
<strong>Fakten</strong> <strong>zu</strong> <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 Extrablatt 1999<br />
gleichen Substitutionsgrad kumulieren<br />
gleichermaßen, somit auch niedermolekulare<br />
<strong>HES</strong> 70/0,5! 8<br />
Der auf 0,4 reduzierte Substitutionsgrad<br />
bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 verhindert<br />
auch nach 10tägiger Applikation die<br />
Kumulation im Plasma. 9 Das ergibt<br />
eine bessere Steuerbarkeit <strong>und</strong> Anwendungssicherheit<br />
bei längerfristiger<br />
Applikation.<br />
<strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 enthält nur einen geringen<br />
Teil von Molekülen, die schnell<br />
über die Niere ausgeschieden werden.<br />
Im Plasma stellt sich nach Infusion<br />
rasch ein günstiges in-vivo-Molekulargewicht<br />
ein. Der Plateau-Effekt der<br />
Volumenwirkung wird durch den kontinuierlichen<br />
Abbau mittelmolekularer<br />
Anteile über der Nierenschwelle aufrechterhalten.<br />
Gewebeeinlagerung <strong>und</strong> Pruritus<br />
Alle künstlichen <strong>Kolloid</strong>e werden <strong>zu</strong><br />
einem gewissen Anteil im Gewebe<br />
zwischengelagert. Jedoch mit welcher<br />
klinischen Konsequenz?<br />
MG<br />
<strong>HES</strong> 200/0,5 <strong>und</strong> <strong>HES</strong> 70/0,5 zeigen<br />
eine vergleichbare Gewebeeinlagerung.<br />
10 Bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 ist sie jedoch<br />
im Vergleich <strong>zu</strong> <strong>HES</strong> 200/0,5 um bis<br />
<strong>zu</strong> 75% reduziert! 11<br />
450.000<br />
1974<br />
Das Auftreten des Pruritus korreliert<br />
mit der verabreichten Ges<strong>am</strong>tdosis,<br />
wobei die Pathogenese des Juckreizes<br />
nach Stärkeapplikation trotz vieler<br />
Thesen letztlich ungeklärt ist. Betroffen<br />
sind nahe<strong>zu</strong> ausschließlich Patienten<br />
mit Hörsturz. 12 Eine Studie von<br />
GALL ergab, daß dabei <strong>HES</strong> 70/0,5<br />
eher als mittelmolekulare <strong>HES</strong><br />
200/0,5 <strong>zu</strong>m Pruritus führt. Zwar werden<br />
Anteile der niedermolekularen<br />
Stärke schnell renal eliminiert, nach<br />
GALL verläßt jedoch ein Teil frühzeitig<br />
den Intravasalraum <strong>und</strong> wird „relativ<br />
rasch im Gewebe gespeichert“. Bei<br />
mittelmolekularen <strong>HES</strong>-Lösungen tritt<br />
der Pruritus „erst verzögert bei Erreichen<br />
einer höheren kumulativen<br />
Dosis auf“. 13 Die Speicherung von<br />
<strong>HES</strong> in Monocyten beeinflußt deren<br />
Phagozytose-Funktion nicht, 14 die oft<br />
diskutierte Frage der Beeinflussung<br />
des RES kann als klinisch nicht relevant<br />
bezeichnet werden.<br />
Gerinnung<br />
Bei der Volumentherapie – besonders<br />
im Schock, gleich welcher Genese –<br />
ist die Frage des Einflusses von Stärkelösungen<br />
auf die Gerinnung wichtig.<br />
Nach Ergebnissen von TREIB 15 „führen<br />
leicht spaltbare <strong>HES</strong> 200/0,5 oder<br />
niedermolekulare <strong>HES</strong> 70/0,5 <strong>zu</strong> keiner<br />
relevanten Abnahme der Gerinnungsfaktoren“.<br />
Hierbei ist allerdings<br />
Der Weg <strong>zu</strong>r „<strong>idealen</strong>“ <strong>HES</strong><br />
70.000<br />
200.000<br />
<strong>130</strong>.000<br />
1977 1980 1999<br />
<strong>zu</strong> beachten, daß in dieser Studie 10%<br />
<strong>HES</strong> 200/0,5 mit 6% <strong>HES</strong> 70/0,5 verglichen<br />
wurden.<br />
Wie beeinflußt nun <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4<br />
die Gerinnung im Vergleich <strong>zu</strong> <strong>HES</strong><br />
200/0,5?<br />
HUET 2 zeigte bei kardio-chirurgischen<br />
Eingriffen: In der <strong>HES</strong><br />
<strong>130</strong>/0,4-Gruppe stieg der von-Willebrand-Faktor<br />
postoperativ signifikant<br />
stärker als in der <strong>HES</strong> 200/0,5-<br />
Gruppe. Zudem war der Blutverlust<br />
bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 geringer.<br />
VOGT 3 untersuchte den Einfluß auf<br />
die Gerinnung bei endoprothetischen<br />
Eingriffen: Ristocetin-Cofaktor <strong>und</strong><br />
Faktor VIII-Antigen erreichten unter<br />
<strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4 schneller wieder ihre<br />
Ausgangswerte. Auch hier war der<br />
Blutverlust geringer.<br />
LANGERON 4 verglich die beiden<br />
Stärkelösungen bei orthopädischen<br />
Eingriffen: auch hier waren die Faktor<br />
VIII-Konzentrationen unter <strong>HES</strong><br />
<strong>130</strong>/0,4 höher sowie der Blutverlust<br />
geringer.<br />
Also doch näher <strong>am</strong> <strong>idealen</strong> <strong>Kolloid</strong>?<br />
Die derzeitigen Bef<strong>und</strong>e sprechen<br />
eindeutig für einen qualitativen Fortschritt:<br />
Bei vergleichbarem Volumeneffekt<br />
<strong>zu</strong>m jetzigen Qualitätsstandard<br />
<strong>HES</strong> 200/0,5 sind bei <strong>HES</strong> <strong>130</strong>/0,4<br />
Abbauverhalten, Zwischenablagerung<br />
im Gewebe, Kumulation <strong>und</strong> Gerinnung<br />
noch weiter optimiert worden.<br />
Wir Anwender werden auch hier die<br />
Entscheidung treffen, welche <strong>HES</strong><br />
unseren Anforderungen <strong>am</strong> besten<br />
gerecht wird – so, wie wir sie in der<br />
Vergangenheit für <strong>HES</strong> 200/0,5 getroffen<br />
haben.<br />
Literaturliste beim Verlag<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Dr. med. Volker Flörkemeier<br />
Verantwortlicher Redakteur: Dr. med. Peter Kohler<br />
Verlag: MEDI DIDAC GmbH, Friedrich-Wilhelm-Str. 160,<br />
56077 Koblenz, Tel. (0261) 97 30-700, Fax -702.<br />
Gestaltung: Q DESIGN, Wiesbaden<br />
Ein Projekt der Fresenius Kabi, Fresenius AG Bad Homburg,<br />
Produktgruppe <strong>Kolloid</strong>e. Nachdruck, auch aus<strong>zu</strong>gsweise,<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung der MEDI<br />
DIDAC GmbH. ISSN 1433-707x<br />
7317321 (5.99)