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Theoretische Physik II - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

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<strong>Theoretische</strong> <strong>Physik</strong> <strong>II</strong><br />

- Elektrodynamik -<br />

Mitschrift der Vorlesung von Dr. Berndt Bruhn<br />

- <strong>Ernst</strong>-<strong>Moritz</strong>-<strong>Arndt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Greifswald</strong> -<br />

2. Korrektur der 2. Auflage


Vorwort<br />

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Björn Hülsen und Matthias Wolter recht herzlich zu danken,<br />

denn ohne ihre tatkräftige Unterstützung wäre die Vorlesungsmitschrift in dieser Art und Weise nicht<br />

möglich gewesen.<br />

Dieses Skript ist nur eine Mitschrift der Vorlesung. Ich habe versucht, die Vorlesung so originalgetreu<br />

wie möglich wiederzugeben. Dabei wurden nur einige mathematische Erklärungen ausgegliedert und in<br />

einem vorangestellten separaten Abschnitt zusammengefaßt.<br />

Euch wird beim Lesen ein unbekanntes Zeichen über den Weg laufen, daß ungefähr so aussieht:<br />

∆·<br />

Hierbei handelt es sich um den Laplace-Operator. Ich habe das für gewöhnlich verwendete Delta etwas<br />

abgewandelt, damit die Bezeichnung eindeutig wird und nicht mit einer Differenz verwechselt werden<br />

kann.<br />

Es gibt auch immer Unterschiede bei der Notation, was die Proportionalität, die Asymptotik und das<br />

komplex Konjugierte betrifft. In diesem Skript gibt es die folgende Konvention:<br />

∼ proportional ∝ asymptotisch<br />

∗ komplex konjugiert<br />

Es kann natürlich sein, daß sich Fehler eingeschlichen haben. Sollten euch etwaige Attacken des Fehlerteufels<br />

auffallen, wäre es schön, wenn ihr sie mir mitteilt (bitte die Auflage angeben).<br />

3<br />

Gordon Grubert<br />

<strong>Greifswald</strong>, Oktober 2003<br />

grubert@physik.uni-greifswald.de


4<br />

Inhalt der Vorlesung<br />

1 Einführung 6<br />

2 Mathematische Grundlagen 7<br />

3 Die Maxwell’schen Gleichungen 10<br />

3.1 Maxwell-System ohne Rückwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3.2.1 Ladungserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3.2.2 Energiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

3.2.3 Impulsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

3.2.4 Schwerpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

4 Elektrostatik 21<br />

4.1 Lösungen mittels Integralform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

4.2 Skalares Potential, Poisson-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

4.3 Energie des elektrostatischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4.3.1 Energie des Coulomb-Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4.3.2 Energie des Feldes einer beliebigen Ladungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.3.3 Energie einer Ladungsverteilung in einem äußeren Feld . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

4.4 Elektrische Multipole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

4.4.1 Elektrischer Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

4.4.2 Elektrischer Quadrupol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

4.5 Leiter im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

4.5.1 Minimaleigenschaft der elektrostatischen Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

4.5.2 Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

5 Magnetfeld stationärer Ströme 44<br />

5.1 Lösung mittels Integralform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

5.2 Das Vektorpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.2.1 Eichtransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.2.2 Biot - Savart’sches Gesetz (für dünne Leiter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

5.3 Energie von Stromverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

5.3.1 Magnetische Feldenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

5.3.2 Energie einer Stromverteilung im äußeren Feld � B a . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

5.4 Magnetischer Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

5.5 Kräfte von Magnetfeldern auf Ströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

6 Felder quasistatischer Ströme 58<br />

6.1 Induktionsvorgänge in Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

6.2 Schwingungsdifferentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

6.3 Der Skineffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

7 Elektromag. Felder beliebiger zeitabh. Ladungen und Ströme 67<br />

7.1 Elektrodynamische Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

7.2 Retardierte Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

7.3 Der Hertz’sche Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

7.3.1 Berechnung der retardierten Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

7.3.2 Berechnung der Feldstärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

7.3.3 Diskussion dieser Lösung der Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

7.3.4 Energieverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

7.4 Liénhard-Wichert’sche Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

8 Elektromagnetische Wellen (freie Wellen) 81<br />

8.1 Wellengleichung, einfache Wellentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

8.1.1 Die allgemeine ebene Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

8.1.2 Kugelwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

8.1.3 Ebene harmonische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

8.1.4 Energieverhältnisse für ebene Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

8.1.5 Polarisation von elektromagnetischen Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

8.2 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88


Inhaltsverzeichnis 5<br />

8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen) . . . . . . . . . . . . . 91<br />

8.3.1 Kirchhoff’sche Formel (1882) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

8.3.2 Fraunhofer’sche Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

9 Relativistische Formulierung der Elektrodynamik 99<br />

9.1 Die Lorentztransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

9.2 Die Maxwellgleichungen im Vakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

9.3 Transformationsgesetz und Invarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

9.4 Doppler-Effekt und Aberration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

Stichwortverzeichnis 109


6<br />

1 Einführung<br />

• Aufgabe: In diesem Gebiet der <strong>Physik</strong> wird ein gewisser Typ von speziellen Kräften (elektromagnetische<br />

Kräfte) aus noch zu formulierenden Voraussetzungen berechnet.<br />

• Aus der Entwicklung ergeben sich 2 neue Begriffe: Ladung, elektromagnetisches Feld<br />

• Ziel: Felder sind reale Dinge; Träger von Energie, Impuls und Informationen<br />

• (klassischer) Feldbegriff:<br />

– Felder ordnen jedem Punkt des Raumes und der Zeit eine oder mehrere Funktionen zu (sog.<br />

Feldfunktionen), die gewisse physikalisch meßbare Eigenschaften beschreiben<br />

– je nach Transformationsverhalten gegenüber Drehungen im Raum (orthogonale Transformationen)<br />

unterscheiden wir die Felder (Skalar-, Vektor-, Tensor-,. . . ); je nachdem, ob die Feldfunktionen<br />

einen Skalar, Vektor, Tensor, . . . bilden<br />

Beispiel:<br />

Skalar: S(�r, t) = S(x, y, z, t) → Drehung: S = S ′<br />

Vektor: � A(�r, t) = 3�<br />

Ak(�r, t) �ek → Drehung: � A ′ = ^Ω � A<br />

k=1<br />

• Grundidee der klassischen Feldtheorie (Nahwirkungstheorie):<br />

Das Feld am Ort xi ist durch den Zustand des Feldes in seiner infinitesimalen Umgebung<br />

xi + dxi bestimmt<br />

Beispiel: Skalares Feld<br />

ϕ = ϕ(�r) = ϕ(xi) i = 1, 2, 3<br />

→ Taylor: ϕ(xi + dxi) = ϕ(xi) + 3�<br />

→ ∂ϕ<br />

∂xi<br />

k=1<br />

∂<br />

∂xk ϕ(xj)dxk + . . .<br />

müssen durch physikalisch motivierte Feldgleichung(en) festgelegt werden<br />

→ partielle Differentialgleichungen<br />

• Voraussetzung: Alle Felder sollen mindestens 2-mal differenzierbar sein. Diese Annahme können wir<br />

durch ”physikalische Plausibilität” begründen:<br />

→ Felder werden prinzipiell über ihre Wirkung auf ”Probeobjekte” gemessen<br />

→ Messung niemals an einem Punkt, sondern über ein kleines endliches Raum-Zeit-Gebiet<br />

→ Unstetigkeitsstellen werden weggemittelt<br />

→ wir erhalten glatte Funktion → differenzierbar<br />

• Wir sehen vom atomistischen Charakter der elektrischen Ladung ab;<br />

Kontinuumsaspekt → ”Verteilungen”, ”Dichten”


Mathematische Grundlagen 7<br />

2 Mathematische Grundlagen<br />

In diesem Abschnitt geht es darum, in kurzer Form die wichtigsten mathematischen Hilfsmittel aufzulisten<br />

und zu erklären, die für das Verständnis dieses Skripts erforderlich sind.<br />

Einstein’sche Summenkonvention<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Wohl am häufigsten werden wir von ihr Gebrauch machen. Es handelt sich hierbei um eine vereinfachte<br />

Schreibweise von Summen, die, wie der Name schon sagt, von Albert Einstein eingeführt wurde.<br />

Die Grundidee ist, daß über doppelte Indizes summiert wird. In Formeln sieht das ganze dann so aus:<br />

3�<br />

i=1<br />

∂<br />

∂xi<br />

Bi = ∂<br />

∂xi<br />

Der Index i taucht zweimal auf. Deshalb wird über ihn summiert. Wir behalten dabei im Hinterkopf, daß<br />

wir uns im dreidimensionalen Raum befinden und der Index aus diesem Grund immer von 1 bis 3 läuft.<br />

Integralsätze<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Eine weitere wichtige Sache sind die Integralsätze von Gauß und Stokes, die uns auch des öfteren begegnen<br />

werden. Ihre Anwendung ist in den Umformungen dann dadurch gekennzeichnet, daß über dem<br />

Gleichheitszeichen ”Gauß” oder ”Stokes” steht.<br />

���<br />

Gauß: div� ��<br />

B dV = ◦ �B d� ��<br />

A Stokes: rot� B d� �<br />

A = �B d�r<br />

V<br />

∂V<br />

Hierbei ist V das Volumen, über das integriert wird und ∂V der Rand dieses Volumens. Analog ist A die<br />

Fläche, über die wir integrieren und ∂A deren Rand.<br />

Vektorfelder<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Wir werden uns größten Teils mit Vektoren und Vektorfeldern beschäftigen. Solche Vektorfelder können<br />

Quellen/Senken oder Wirbel besitzen. Außerdem weisen sie an ihren Rändern ein ganz spezifisches Verhalten<br />

auf. Dafür gibt es einen wichtigen Satz aus der Vektoranalysis, der auch für uns von Bedeutung<br />

ist:<br />

Jedes Vektorfeld ist durch die Angabe seiner Quellen/Senken, seiner Wirbel und seines<br />

Randverhaltens eindeutig bestimmt.<br />

Partielle Zeitableitungen<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Für dieses Skript benötigen wir noch einen wichtigen Fakt, der uns erklärt, warum wir manchmal aus<br />

partiellen Zeitableitungen totale Ableitungen machen dürfen. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die<br />

partiellen Zeitableitungen unter einem Integral stehen. Wenn dort nun aber eine totale Zeitableitung<br />

stehen würde und wir über den Ort integrieren, so könnten wir die Ableitung unter dem Integral herausziehen.<br />

Dabei hilft uns der nächste Satz.<br />

Wenn man bei der Integration über ein(e) feste(s) Volumen/Fläche integriert und die<br />

Grenzen einsetzt, so gibt es keine Ortsabhängigkeit mehr. Man kann demzufolge für die<br />

partielle Zeitableitung die totale Zeitableitung schreiben und diese vor das Integral ziehen.<br />

Kronecker-Symbol<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Dies ist eines der wichtigsten Symbole in der <strong>Physik</strong>. Dieses Symbol ist wie folgt definiert:<br />

�<br />

1, j = k<br />

δjk =<br />

Es gilt: xk δkl = xl<br />

0, j �= k<br />

Diese Symbol kann man zum Beispiel für die Beschreibung der Einheitsmatrix verwenden, da bei ihr in<br />

der Hauptdiagonalen nur die 1 und ansonsten nur die Null vorkommt.<br />

Man kann das Kronecker-Symbol auch noch in der folgenden Weise darstellen:<br />

δik = ∂xi<br />

∂xk<br />

Bi<br />

A<br />

∂A


8<br />

Wenn man eine Ortskoordinate nach sich selbst ableitet, ergibt dies ja 1 und nach einer anderen abgeleitet<br />

wird der Ausdruck dann Null.<br />

ε-Symbol<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Das ε-Symbol heißt auch Levi-Civita-Symbol oder Epsilon-Tensor. Es ist definiert als:<br />

⎧<br />

⎪⎨ 1, klm = 123 und deren zyklische Vertauschung<br />

εklm = −1, klm = 213 und deren zyklische Vertauschung<br />

⎪⎩<br />

0, sonst (z.B. wenn ein Index doppelt auftritt)<br />

Man kann dieses Symbol unter anderem für die Darstellung von Kreuzprodukten verwenden.<br />

c1 = (�a × � b)1 = ε1lm al bm = a2 b3 − a3 b2<br />

Außerdem kann man mit dem ε-Symbol auch die Rotation ausdrücken.<br />

εlki<br />

∂ai<br />

= (rot �a) l<br />

∂xk<br />

(l-te Komponente)<br />

In dieser Vorlesung werden Produkte von ε-Symbolen auftreten. Wir brauchen demzufolge noch ein paar<br />

Rechenregeln, wie wir mit diesen Produkten umgehen.<br />

εklm εmrs = δkr δls − δks δlr<br />

εklm εlrs = − (δkr δms − δks δmr)<br />

εklm = − εkml<br />

εklm = εlmk = εmkl<br />

Dirac’sche δ-Funktion<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Unter der Dirac-Funktion versteht man die Funktion, die nur an einer Stelle definiert ist. Sie ist auf dem<br />

ganzen Definitionsbereich bis auf eine einzige Stelle identisch Null. An dieser einen Stelle ist sie unendlich<br />

hoch. Man kann sich dies so vorstellen, als ob man z.B. eine Gauß-Verteilungskurve hat, die man nun<br />

immer weiter zusammendrückt. Der Flächeninhalt unter der Kurve bleibt dabei konstant. Demzufolge<br />

wächst sie immer höher und wenn sie auf eine Stelle zusammengedrückt wurde, dann ist sie unendlich<br />

hoch. Die δ-Funktion ist mittels ”Testfunktionen” yi(x,ε) definiert.<br />

Die Testfunktionen können z.B. wie folgt aussehen:<br />

δ(x) = lim<br />

ε→0 y(x, ε)<br />

1<br />

x2 −<br />

y(x, ε) = √ e 2ε<br />

2 π ε 2<br />

y(x, ε) = 1<br />

� � ��<br />

x sin ε<br />

π ε<br />

Jetzt nun ein paar der wichtigsten Eigenschaften dieser Funktion, die wir zum Teil auch brauchen werden:<br />

f(x0) =<br />

∞�<br />

−∞<br />

δ(x) = δ(−x)<br />

δ(ax) =<br />

1<br />

| a | δ(−x)<br />

δ(�r) = δ(x) δ(y) δ(z)<br />

x<br />

ε<br />

f(x) δ(x − x0) dx x0 . . . Stelle, wo der Peak ist<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Vektoranalysis<br />

Im Skript werden ständig die Begriffe des Gradienten, der Divergenz und der Rotation auftreten. Sie<br />

sollen jetzt auch nur kurz definiert und einige Rechenregeln genannt werden.


Mathematische Grundlagen 9<br />

Gradient grad U = � n� ∂U<br />

∇ U = �ei<br />

∂xi i=1<br />

Divergenz div �v = � n� ∂vi<br />

∇ �v =<br />

∂xi<br />

Rotation rot �v = � ∇ × �v<br />

Hierbei ist U eine skalare Funktion, �ei ist ein Basisvektor und �v ist eine vektorielle Funktion. Hier taucht<br />

nun ein neuer Operator auf; der sogenannte Nabla-Operator. Er ist wie folgt definiert:<br />

Rechenregeln: (Auswahl)<br />

Nabla-Oparator: � ∇ = ∂<br />

grad(cU) = c grad(U) c ∈ R<br />

grad(U1 + U2) = grad(U1) + grad(U2)<br />

grad(U1 · U2) = U1 grad(U2) + U2 grad(U1)<br />

div(c�v) = c div(�v) c ∈ R<br />

div(�v1 + �v2) = div(�v1) + div(�v2)<br />

div(U · �v) = �v grad(U) + U div(�v)<br />

div(�v1 × �v2) = �v2 rot(�v1) − �v1 rot(�v2)<br />

rot(c�v) = c rot(�v) c ∈ R<br />

rot(�v1 + �v2) = rot(�v1) + rot(�v2)<br />

rot(U · �v) = U rot(�v) − �v × grad(U)<br />

∂x1<br />

i=1<br />

�e1 + ∂<br />

∂x2<br />

�e2 + ∂<br />

∂x3<br />

div(rot(�v)) = 0 ⇔ � ∇( � ∇ × �v) = 0 ∀ �v<br />

rot(grad(U)) = 0 ⇔ � ∇ × ( � ∇U) = 0 ∀ U<br />

div(grad(U)) = � ∇ 2 U = ∆· U Definition des Laplace-Operators<br />

rot(rot(�v)) = grad(div(�v)) − ∆· �v<br />

�e3


10<br />

3 Die Maxwell’schen Gleichungen<br />

1 div � B = 0 Nichtexistenz der magnetischen Ladung<br />

2 div � D = ρel elektrische Ladung = Quellen des � D-Feldes<br />

3 rot � E = − ˙ � B Induktionsgesetz<br />

4 rot � H = � j + ˙ � D Ampèresches Verkettungsgesetz<br />

Die Gleichungen (I) sind die Maxwell-Gleichungen in differentieller Form. Die Feldgrößen, mit denen wir<br />

es zu tun haben, sind:<br />

� E, � D, � H, � B = � f(�r, t)<br />

Mit Hilfe der Integralsätze von Gauß und Stokes können wir aus (I) zu den Maxwell-Gleichungen in<br />

integraler Form übergehen.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

��<br />

◦ �B d� A = 0<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

�D d� A = Qin V<br />

∂V<br />

� B-Feld besitzt geschlossene Feldlinien<br />

(I)<br />

Ladungen = Quellen / Senken des elektrischen Feldes<br />

�<br />

��<br />

�<br />

∂<br />

E d�r = −<br />

∂F<br />

F<br />

� B<br />

∂t d� A =<br />

− d<br />

��<br />

�B d<br />

dt<br />

F<br />

� Ein zeitlich veränderlicher magnetischer Fluß induziert<br />

im Rand der betrachteten Fläche ein Spannung<br />

A<br />

�<br />

�H d�r = I + d<br />

��<br />

�D d<br />

dt<br />

� A I und ˙ D� �= 0 erzeugen Magnetfelder<br />

∂F<br />

F<br />

Bei unseren Betrachtungen legen wir noch die folgenden Beziehungen zugrunde:<br />

��<br />

φ = �B d� A Magnetischer Fluß durch eine Oberfläche F<br />

F<br />

Qin V =<br />

���<br />

V<br />

ρel dV Ladungen in einem festen Volumen V<br />

Gleichungen (I) beschreiben die Wirbel von � E, � H und die Quellen/Senken von � B, � D.<br />

⇒ die Gleichungen (I) sind unterbestimmt<br />

↩→ zusätzliche Gleichungen erforderlich (Materialgleichungen):<br />

�D = � D( � E) � B = � B( � H) � j = � j( � E) (<strong>II</strong>)<br />

Die Gleichung für die elektrische Stromdichte ist nur dann erforderlich, wenn � j nicht vorgegeben ist! In<br />

vielen Substanzen (Leitern) erzeugt ein elektrisches Feld einen Strom!<br />

Beispiel für Materialgleichungen:<br />

i) Vakuum/Luft: � B = µ0 � H; � D = ε0 � E<br />

ii) di-/paraelektrische Substanzen: � B = µ � H; � D = ε � E; � j = σ � E<br />

homogenes Medium: ε, µ =const.<br />

inhomogenes Medium: ε, µ = f(�r)<br />

iii) Polarisation/Magnetisierung: � D = ε0 � E + � P; � B = µ0 � H + � M<br />

iv) � D = ^ε � E; � B = ^µ � H (^ε, ^µ sind Tensoren 2. Stufe)<br />

Dieser Fall tritt z.B. bei der Doppelbrechung auf.


3.1 Maxwell-System ohne Rückwirkung 11<br />

v) Nichtlineare Funktionen: z.B. � D = α � E + β ( � E 2 ) � E + . . .<br />

→ bei sehr hohen Feldstärken (LASER, nichtlineare Optik)<br />

Falls uns ρel(�r, t) und � j(�r, t) nicht vorgegeben sind, benötigen wir leider noch weitere Gleichungen:<br />

• da die Felder auf Ladungsdichten wirken, muß die Kraftdichte angegeben werden:<br />

� f = ρel � E<br />

� �� �<br />

Coulomb-Kraft<br />

+ � j × � B<br />

� �� �<br />

Lorentzkraft<br />

(<strong>II</strong>I)<br />

Über diese Kraftwirkung sind Meßvorschriften für � E und � B realisiert.<br />

• Kraftwirkung setzt vorhandene Massen in Bewegung → jedes Massenelement bewegt sich entlang<br />

eines Geschwindigkeitsfeldes<br />

ρm<br />

∂ρm<br />

∂t + div(ρm �v) = 0<br />

� �<br />

∂�v<br />

+ (�v grad)�v =<br />

∂t �f • Die Kraftdichte (<strong>II</strong>I) wirkt nur auf geladene Massen.<br />

(IV)<br />

Es existieren ungeladene Massen, aber es gibt keine Ladung ohne<br />

Masse! Diese Aussage ist eine Erfahrungstatsache.<br />

ρel = κ ρMasse<br />

Die Gleichungen (I) bis (V) stellen ein System von sich vollständig bestimmenden Größen dar. Durch die<br />

zusätzliche Angabe von Anfangsbedingungen ist die zeitliche Entwicklung der Felder eindeutig festgelegt.<br />

3.1 Maxwell-System ohne Rückwirkung<br />

(V)<br />

Abb. 3.1: Aufgrund der Kraftwirkung und der Bewegung kommt es zu einer neuen<br />

Feldstruktur. Hier sind die Rückwirkungen auf die Quellen nicht vernachlässigbar.<br />

Dieses System werden wir als die Maxwell-Gleichungen im ”eigentlichen Sinne” bezeichnen.<br />

Feldgleichungen<br />

div � B = 0<br />

div � D = ρel<br />

rot � E = − ˙ � B<br />

rot � H = � j + ˙ � D<br />

Eigenschaften dieser Gleichungen:<br />

+<br />

Mat.-Gleichungen<br />

�D = ε � E<br />

�B = µ � H<br />

+<br />

− Anfangsbed.<br />

− Randbed.<br />

− ρel und � j vorgegeben


12<br />

1. Es sind inhomogene, partielle Differentialgleichungen 1. Ordnung zur Bestimmung der Felder � E, � D,<br />

�B und � H als Funktionen von �r und t<br />

2. Materialgleichungen reduzieren die 4 unbekannten Felder auf 2 ( ^= 6 unbekannten Komponenten ⇒<br />

6 Gleichungen werden noch benötigt)<br />

3. Linearität der Gleichungen ⇒ Superpositionsprinzip der Lösungen<br />

• Die Summe zweier Lösungen (mit beliebigen Konstanten) des homogenen Problems ist wieder<br />

Lösung des homogenen Problems.<br />

• Und die Summe einer Lösung des inhomogenen Problems mit einer Lösung des homogenen<br />

Problems ist wieder eine inhomogene Lösung<br />

4. Elektrische und magnetische Felder sind miteinander verkoppelt (Aber nur bei sich zeitlich ändernden<br />

Feldern, da sonst ˙ � B = ˙ �D = 0!).<br />

5. Die Maxwell-Gleichungen sind unter der Lorentz-Transformation forminvariant (ihre Form ist in<br />

allen Inertialsystemen gültig).<br />

3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes<br />

Erhaltungsgrößen spielen in der Mechanik eine wesentliche Rolle bei der Lösung der Bewegungsgleichung.<br />

Auch in der Feldtheorie sind gewisse Erhaltungssätze formulierbar. Die zugehörigen Größen sind lokale<br />

Größen (orts- und zeitabhängig) und die Erhaltungssätze haben die Form von Bilanzgleichungen:<br />

∂<br />

∂t<br />

(Dichte) + div(Stromdichte) = ”Produktionsterm” (3.1)<br />

Die Integration über ein festes Volumen liefert dann die dazugehörigen integralen Bilanzen.<br />

3.2.1 Ladungserhaltung<br />

Wir gehen von den folgenden beiden Maxwell-Gleichungen aus:<br />

div � D = ρel<br />

rot � H = � j + ˙ � D<br />

Die linke Gleichung differenzieren wir nun einmal nach der Zeit (wir verwenden die Einstein’sche Summenkonvention,<br />

vgl. Abs. 2):<br />

∂<br />

∂t ρel = ∂<br />

∂t div � D = ∂<br />

∂t<br />

∂<br />

∂xk<br />

Auf die zweite Gleichung wenden wir den Divergenz-Operator an:<br />

div (rot� � �<br />

H) = div �j ˙<br />

+ �D<br />

Dk = ∂2<br />

∂xk ∂t Dk = div ∂<br />

∂t � D = div ˙ � D<br />

Wenn wir jetzt beide Gleichungen zusammenfassen, so erhalten wir einen Ausdruck für die Ladungserhaltung:<br />

Kontinuitätsgleichung:<br />

∂<br />

∂t ρel + div � j = 0<br />

Die Ladungserhaltung gehört zu den starken Erhaltungssätzen in der <strong>Physik</strong>!<br />

Wir gehen nun zur integralen Formulierung über, um einen weiteren wichtigen physikalischen Ausdruck<br />

zu finden. ���<br />

∂<br />

∂t ρel dV +<br />

���<br />

div �j dV = 0<br />

V<br />

V


3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes 13<br />

Mit Hilfe des Gauß’schen Integralsatzes (vgl. Abs. 2) eliminieren wir nun die Divergenz unter dem Integral<br />

und benutzen die Regel, daß wir die Zeitableitung unter dem Integral herausbekommen:<br />

���<br />

��<br />

d<br />

ρel dV + ◦�j<br />

dA � = 0<br />

dt<br />

V<br />

d<br />

dt<br />

∂V<br />

Qin V − I∂V = 0<br />

d<br />

dt Qin V = I∂V<br />

I∂V bezeichnet den gerichteten Stromfluß durch die gesamte Oberfläche. Die Ladung in einem festen<br />

Volumen kann sich also nur dann zeitlich ändern, wenn Ladungen durch die Oberfläche hinein oder<br />

hinaus strömen. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Kirchhoff’sche Knotenregel.<br />

3.2.2 Energiebilanz<br />

Abb. 3.2: Nur wenn ein Ladungsstrom hineingeht, nimmt die Ladung im Inneren<br />

des Volumens zu.<br />

Felder sind Träger von Energie, die nicht an einem Punkt vorliegt. Sie ist in dem Volumen gespeichert,<br />

welches vom Feld ”erfüllt” ist.<br />

Wir verwenden jetzt die 3. und 4. Maxwell-Gleichung mit der Voraussetzung, daß ε und µ Konstanten<br />

sind.<br />

rot � E = − ˙ � B = − µ ∂ � H<br />

∂t<br />

rot � H = � j + ˙ � D = � j + ε ∂ � E<br />

∂t<br />

Da die Energie ein Skalar ist, die beiden Gleichungen jedoch Vektoren liefern, machen wir einen kleinen<br />

Kunstgriff: Wir multiplizieren die eine Gleichung skalar mit � E und die andere skalar mit � H.<br />

� E rot � H = � E � j + ε � E ∂ � E<br />

∂t<br />

Zum einfacheren Verständnis folgt nun eine kurze Zwischenrechnung:<br />

ε �E ∂�E ∂t<br />

µ � H ∂� H<br />

∂t<br />

Kettenregel<br />

= 1<br />

2<br />

=<br />

∂<br />

∂t<br />

ε ∂<br />

2 ∂t<br />

�<br />

µ � H � �<br />

H<br />

� �2 �E<br />

= 1 ∂<br />

�<br />

ε<br />

2 ∂t<br />

�E � �<br />

E<br />

= 1 ∂<br />

� �<br />

�H B�<br />

2 ∂t<br />

= 1<br />

2<br />

∂<br />

� �<br />

�E D�<br />

∂t<br />

�H rot � E = − µ � H ∂� H<br />

∂t<br />

Diese Zwischenergebnisse können wir nun verwenden und die beiden Ausgangsgleichungen subtrahieren.<br />

� E rot � H − � H rot � E = � E � j + 1<br />

2<br />

∂<br />

� �<br />

�E D�<br />

∂t<br />

⇓ Rechenregeln für Differentialoperatoren<br />

+ 1<br />

2<br />

� �<br />

div �H × �E = �E �j + 1 ∂<br />

� �<br />

�E D � + H� B�<br />

� � 2 ∂t<br />

− div �E × H�<br />

= �E �j + 1 ∂<br />

� �<br />

�E D � + H� B�<br />

2 ∂t<br />

Wir erhalten somit für die Energiebilanz:<br />

∂<br />

∂t<br />

� �<br />

�H B�


14<br />

Interpretation<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

∂<br />

∂t<br />

�<br />

1<br />

� �<br />

�E D � + H� B�<br />

2<br />

�<br />

� �<br />

+ div �E × H�<br />

= − �E �j (3.2)<br />

ωel = 1<br />

2 � E � D elektrische Energiedichte<br />

ωmag = 1<br />

2 � H � B magnetische Energiedichte<br />

� S = � E × � H Energiestromdichte / Poynting-Vektor<br />

− � j � E Joule’sche Wärme : Umwandlung elektromagnetischer Energie in Wärme<br />

(irreversibler Prozeß, dissipative Erscheinung; aber auch reversible Umwandlung<br />

in mechanische Energie)<br />

Wir geben Energiedichten an, da die Felder kontinuierlich den Raum erfüllen.<br />

ωelm = ωel + ωmag<br />

↩→ Energiedichte ist quadratisch im Feld<br />

Jetzt gehen wir zur integralen Formulierung der Energiebilanz über:<br />

d<br />

dt Welm<br />

� �� �<br />

gesamte in V enthaltene elm. Energie<br />

Diskussion der Joule’schen Wärme:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

∂<br />

∂t ωelm + div �S = − �j �E ���<br />

∂<br />

∂t ωelm<br />

���<br />

dV + div � ���<br />

S dV = − �j �E dV<br />

V<br />

���<br />

d<br />

dt<br />

V<br />

+<br />

V<br />

ωelm dV +<br />

� �� �<br />

Gauß anwenden<br />

��<br />

◦ �S dA� ��<br />

���<br />

◦ �S dA � = − �j �E dV<br />

∂V<br />

∂V<br />

� �� �<br />

Energiestrom durch Oberfläche<br />

V<br />

V<br />

= −<br />

���<br />

�j �E dV<br />

�<br />

V<br />

�� �<br />

in V erzeugte Joule’sche Wärme<br />

a) Dissipation bei Vorhandensein von freien Ladungen, aber es seien keine Leiter in V<br />

⇒ �j = ρel ��� �v ist eine reine ��� Konvektionsstromdichte<br />

• WJ = �j �E dV = ρel �v �E dV<br />

V<br />

V<br />

• Addition einer ”nahrhaften” Null: 0 = �v ρel (�v × � ���<br />

B)<br />

× � B) dV | �f = ρel �E + �j × � B<br />

WJ =<br />

WJ =<br />

V<br />

�v (ρel �E + ρel �v<br />

� �� �<br />

�j ���<br />

�v �f dV | �f . . . elektromagnetische Kraftdichte<br />

V<br />

• für eine einzelne Punktladung der Masse m gilt:<br />

�v · Kraft Newton<br />

= �v m ˙ �v = m<br />

2<br />

d<br />

dt �v2 = d<br />

dt<br />

T = Leistung<br />

⇒ �v � f = Leistungsdichte!<br />

Der Integrationsterm beschreibt also die zeitliche Änderung der kinetischen Energie aller in V enthaltenen<br />

Ladungsträger. Wir vernachlässigen Abstrahlungen und sonstige Energietransporte durch<br />

die Oberfläche ∂V. ��<br />

◦ �S dA� = ∼ 0 ⇒<br />

∂V<br />

d<br />

dt Welm + d<br />

dt<br />

Welm + T = const<br />

T = 0


3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes 15<br />

→ Die Änderungen von T und Welm kompensieren sich. Die Bezeichnung ”Joule’sche” Wärme ist<br />

(hier) schlecht gewählt, da dieser Anteil auch reversible Umwandlungen von elektromagnetischer in<br />

mechanischer Energie enthält.<br />

b) Jetzt lassen wir auch Leiter im Volumen zu. Auch hier wollen wir einen Ausdruck für die Joule’sche<br />

Wärme finden.<br />

� j = ρel �v + � jLeit Konvektions- und Leitungsstromdichte<br />

� f = ρel � E + � j × � B Kraftdichte<br />

− � j � E = − � f �v − � j � E + � f �v ”nahrhafte Null”<br />

Diskussion des Poynting-Vektors:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

= − � f �v − � j � E + �v (ρel � E + ( ρel �v<br />

� �� �<br />

fällt weg wegen �v×�v<br />

+ � jLeit) × � B)<br />

= − � f �v − � j � E + ρel �v � E + � jLeit ( � B × �v)<br />

� �� �<br />

zyklische Eigenschaft des Spatproduktes<br />

= − � f �v − (ρel �v + � jLeit) � E + ρel �v � E − � jLeit (�v × � B)<br />

= − � jLeit ( � E + �v × � B)<br />

� �� �<br />

Joule’sche Wärme → irreversible<br />

Diesen Vektor kann man als Energiestromdichte-Vektor interpretieren.<br />

−<br />

� f �v<br />

����<br />

Arbeit an freien Ladungsträger→ reversible<br />

◮ � S hat die Richtung, in die die elektromagnetische Energie strömt (vgl. Abs. 8.1.4)<br />

◮ �S d� A ist die pro Zeiteinheit durch das Flächenelement in Richtung der Normalen fließende Energie<br />

��<br />

◮ ◦ �S dA� ist die pro Zeiteinheit durch die gesamte Oberfläche ∂V fließende Energie<br />

∂V<br />

◮ Offensichtlich tritt der Energiestrom nur dann auf, wenn sowohl das elektrische als auch das magnetische<br />

Feld von Null verschieden sind (die Felder müssen simultan auftreten ⇔ i.A. für zeitlich<br />

veränderliche Felder)<br />

◮ Für elektromagnetische Wellen ist die Interpretation gut und auch richtig. Nur in einigen anderen<br />

Fällen ist Vorsicht geboten.<br />

Beispiele:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. Homogenes elektrisches und magnetisches Feld ⇔ Felder sind unabhängig von �r<br />

∂<br />

∂xi<br />

Ek = 0;<br />

∂<br />

∂xi<br />

Hk = 0 ⇒ div � S = 0<br />

⇒ Es gilt stets, daß die Divergenz von � S gleich Null ist, obwohl der Vektor � S verschieden von Null<br />

sein kann.<br />

2. Gerader kreisförmiger Leiter mit zeitlich konstantem Strom; d<br />

dt Welm = 0 Weiterhin gilt das<br />

Abb. 3.3: Da � S = � E × � H, ist der Poynting-Vektor in den Leiter<br />

hinein gerichtet.<br />

Ohmsche Gesetz ( � j = σ � E) und div � S �= 0.<br />

→ da stationäre Verhältnisse vorliegen, benutzen wir jetzt die Energiebilanz:


16<br />

��<br />

◦ �S dA � +<br />

∂V<br />

div�S + �j �E ���<br />

= 0<br />

�j �E dV = 0<br />

V<br />

� �� �<br />

Joule’sche Wärme<br />

→ da � j (und damit auch � E) konstant gehalten werden soll, geht dies nur auf Kosten<br />

des Magnetfeldes<br />

3. Paradoxon: Statisches inhomogenes elektrisches und magnetisches Feld<br />

Abb. 3.4: In dieser Situation liegt ein stat. elektrisches<br />

und magnetisches Feld vor, bei dem div � S �= 0!<br />

� �<br />

div �E × H�<br />

= div�S �= 0<br />

Hier strömt aber nichts!<br />

→ Ausweg (evtl.): � E und � H müssen aus einer Quelle stammen. Das bedeutet,<br />

� E und � H müssen eine simultane Lösung der Maxwell-<br />

Gleichungen sein. Da sie gleichzeitig auftreten, sind die beiden<br />

Felder gekoppelt und somit zeitabhängig! Eine einfache<br />

Superposition zweier statischer Felder ist NICHT zulässig!<br />

→ Vorteil: Man benutzte die integrale Formulierung. Sie läßt die Wahl<br />

verschiedener Integrationsflächen zu.<br />

��<br />

◦<br />

∂V1<br />

� S d � A =<br />

Abb. 3.5: Es ist egal, wie wir die Integrationsfläche<br />

wählen.<br />

Falls wirklich ein Energiestrom fließen würde, dann müßte für unterschiedliche ∂V das gleiche Resultat<br />

herauskommen. Wenn wir eine kleine Oberfläche in der Anordnung aus Abb. 3.4 wählen, strömt sicher<br />

etwas. Doch aufgrund der Freiheit, daß wir die Integrationsoberfläche auch ins Unendliche legen können,<br />

strömt hier einfach nichts.<br />

3.2.3 Impulsbilanz<br />

Feldern kann man eine Energiedichte zuordnen. Aufgrund der Speziellen Relativitätstheorie stellen wir<br />

uns nun die Frage nach eine Impulsdefinition, da es dort eine sehr enge Energie-Impuls-Verknüpfung gibt.<br />

��<br />

◦<br />

∂V2<br />

� S d � A


3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes 17<br />

Mechanik (Newton):<br />

d<br />

dtpmech = �F = ���<br />

�f dv<br />

mit � f = ρel � E + � j × � B (stammt aus Erfahrung)<br />

V<br />

→ � f entspricht dem Produktionsterm in der allgemeinen Bilanzgleichung (3.1), denn Kräfte ”produzieren”<br />

Impulsänderungen<br />

Wir formen jetzt die Maxwell-Gleichungen um und versuchen, durch einen Vergleich eine Definition für<br />

die Impulsdichte zu finden. Für diese Herleitung werden wir die Komponentenschreibweise und die Einstein’sche<br />

Summenkonvention verwenden (vgl. Abs. 2). Weiterhin verwenden wir die Möglichkeit, Indizes<br />

umzubenennen.<br />

Wir verwenden nun die folgenden Gleichungen:<br />

fk = ρel Ek + εklm jl Bm<br />

εklm<br />

ρel =<br />

0 =<br />

∂<br />

∂xj<br />

∂<br />

∂xj<br />

jk = εklm<br />

Dj<br />

Bj<br />

∂<br />

∂xl<br />

∂<br />

Em = −<br />

∂xl<br />

∂<br />

∂t Bk<br />

Hm − ∂<br />

∂t Dk<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

Maxwell-Gl. in Komponentenform<br />

Wir werden nun ρel und �j mit Hilfe der Maxwell-Gleichungen substituieren.<br />

fk = ∂Dl<br />

∂xl<br />

Ek<br />

�<br />

∂<br />

+ εklm εlrs Hs −<br />

∂xr<br />

∂<br />

∂t Dl<br />

fk =<br />

�<br />

Bm<br />

∂Dl<br />

∂xl<br />

Ek<br />

∂<br />

∂Dl<br />

+ εklm εlrs Hs Bm − εklm<br />

∂xr<br />

∂t Bm<br />

� �� �<br />

(∗)<br />

(∗) :<br />

− εklm<br />

− εklm<br />

∂Dl<br />

∂t Bm<br />

∂Dl<br />

∂t Bm<br />

Prod.-Regel<br />

= − εklm<br />

Ind.-Gesetz<br />

= − εklm<br />

Dieses Ergebnis setzen wir nun ein:<br />

∂<br />

∂t (Dl<br />

∂Bm<br />

Bm) + εklm Dl<br />

∂t<br />

∂<br />

∂t (Dl<br />

�<br />

∂<br />

Bm) − εklm εmrs<br />

∂xr<br />

fk = − ∂<br />

∂t (εklm Dl Bm) − εklm εmrs Dl<br />

∂Es<br />

∂xr<br />

+ ∂Dl<br />

∂xl<br />

Ek + εklm εlrs<br />

∂Hs<br />

∂xr<br />

Jetzt benutzen wir die Zerlegungsformeln für Produkte aus ε-Symbolen (siehe Abschnitt 2).<br />

εklm εlrs<br />

∂Hs<br />

∂xr<br />

Bm = ∂Hk<br />

∂xm<br />

− εklm εmrs Dl<br />

∂Es<br />

∂xr<br />

= ∂Ek<br />

∂xm<br />

Dieses Zwischenergebnis setzen wir nun ein und erhalten:<br />

Es<br />

Bm − ∂Hm<br />

∂xk<br />

Dm − ∂Em<br />

∂xk<br />

fk = − ∂<br />

∂t (εklm Dl Bm) + ∂Ek<br />

Dm<br />

∂xm � �� �<br />

−<br />

(1)<br />

∂Em<br />

Dm +<br />

∂xk � �� �<br />

(5)<br />

∂Dl<br />

Ek<br />

∂xl � �� �<br />

+<br />

(2)<br />

∂Hk<br />

Bm<br />

∂xm � �� �<br />

−<br />

(3)<br />

∂Hm<br />

Bm<br />

∂xk � �� �<br />

(4)<br />

Nun formen wir die Terme noch etwas um. Teilweise werden wir die Materialgleichungen und die Bedingung<br />

benutzen, daß ε und µ konstant sind.<br />

∂<br />

(1) + (2) (Ek Dm)<br />

(3)<br />

(4)<br />

(5)<br />

∂xm<br />

∂Hk<br />

∂xm<br />

∂Hl<br />

∂xk<br />

∂Em<br />

∂xk<br />

Bm = ∂<br />

∂xm<br />

Mat.-Gl.<br />

Bl<br />

Dm<br />

(Hk Bm) − Hk<br />

� �<br />

∂Bm<br />

∂xm<br />

� �� �<br />

div� B=0<br />

(HlHl) µ=const.<br />

=<br />

= µ ∂Hl<br />

Hl =<br />

∂xk<br />

µ ∂<br />

2 ∂xk�<br />

�<br />

analog zu (4) ∂ ElDl<br />

⇒ δmk<br />

∂xm 2<br />

∂<br />

∂xk<br />

�<br />

Dl<br />

Bm<br />

Dm<br />

� �<br />

BlHl<br />

=<br />

2<br />

∂<br />

∂xm<br />

δmk<br />

Bm<br />

� �<br />

BlHl<br />

2


18<br />

Jetzt nutzen wir alle Zwischenergebnisse und fügen sie zusammen und erhalten für die Kraftdichte den<br />

folgenden Ausdruck:<br />

fk = − ∂<br />

∂t (εklmDlBm) + ∂<br />

∂xm<br />

�<br />

EkDm + HkBm<br />

�<br />

HlBl<br />

− δkm<br />

2<br />

+ ElDl<br />

� ��<br />

��<br />

2<br />

�<br />

Tkm ≡ Maxwell’scher Spannungstensor<br />

Wir können also durch Vergleich eine Definition für die Impulsdichte finden:<br />

πk ≡ εklm Dl Bm<br />

�π ≡ � D × � B<br />

Jetzt wollen wir den Spannungstensor noch etwas genauer untersuchen. Seine Bezeichnung rührt aus der<br />

Geschichte, wo man sich die Kraftwirkung durch einen Spannungszustand an den Feldlinien vorstellte.<br />

Eigenschaften des Maxwell’schen Spannungstensors:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Eine wichtige Eigenschaft ist, daß der Spannungstensor quadratisch im Feld ist.<br />

Weiterhin gilt, daß<br />

Tkm = Ek Dm + Hk Bm − δkm ωelm<br />

Tkm = Tmk<br />

Der Spannungstensor ist ein symmetrische Tensor 2. Stufe (bei gegebenen Koordinatensystem als Matrix<br />

darstellbar). Demzufolge können wir ihn mittels einer orthogonalen Transformation diagonalisieren. Dies<br />

hat zu Folge, daß die Spur invariant gegenüber dieser Transformation ist.<br />

Im folgenden setzen wir nun isotrope Verhältnisse voraus: Die Eigenwerte der Matrix (Hauptdiagonalelemente)<br />

sind also alle gleich. Für die Spur ergibt sich nun zuerst allgemein:<br />

Sp(^T) = Hl Bl �<br />

+ El Dl �� �<br />

− 3 ωelm<br />

2 ωelm<br />

Sp(^T) = 2 ωelm − 3 ωelm<br />

Sp(^T) = − ωelm<br />

Es gilt aber weiterhin bei Isotropie (gleiche Hauptdiagonalelemente):<br />

Tkm = − pStrahl δkm<br />

Sp(^T) = − 3 pStrahl<br />

⇛ ωelm = 3 pStrahl<br />

Wir haben hier etwas Grundlegendes aus der <strong>Physik</strong> gefunden. Für die Maxwell-Spannungen gilt:<br />

Energie Kraft<br />

=<br />

Volumen Fläche<br />

Die Maxwell-Spannungen stellen einen richtungsabhängigen Druck dar, den sogenannten Strahlungsdruck<br />

elektromagnetischer Wellen! Ein Beispiel dafür ist, daß der Kometenschweif immer von der Sonne wegzeigt,<br />

da er vom Strahlungsdruck der Sonne einfach weggedrückt wird. Der erste experimentelle Nachweis<br />

des Strahlungsdruckes auf der Erde erfolgte 1899 durch Lebedew.<br />

Unser Ziel in diesem Abschnitt war es aber, eine Impulsbilanz zu finden. Eigentlich haben wir dies auch<br />

schon mit Gleichung (3.3) getan, doch wir wollen diese Gleichung mit unseren Definitionen in einer etwas<br />

kompakteren Weise schreiben:<br />

(3.3)


3.2 ”Erhaltungsgrößen” des elektromagnetischen Feldes 19<br />

fk = − ∂πk<br />

∂t<br />

+ ∂<br />

∂xm<br />

Tkm ⇔ � f = − ∂�π<br />

∂t + div ^T (3.4)<br />

Wir wollen jetzt nur noch eine Erklärung dafür finden, warum das Minuszeichen in der Impulsbilanz<br />

nicht mit in die Definition der Impulsdichte hineingenommen wird. Zur Erläuterung betrachten wir eine<br />

Punktladung unter dem Einfluß elektromagnetischer Felder.<br />

d<br />

dt pmech k =<br />

���<br />

Fk = fk dV<br />

(3.3)<br />

=<br />

V<br />

���<br />

∂<br />

−<br />

∂t<br />

V<br />

πk<br />

Gauß<br />

=<br />

dV +<br />

���<br />

d<br />

− πk dV<br />

dt<br />

���<br />

∂<br />

∂xm<br />

V<br />

V<br />

� �� �<br />

pfeld +<br />

��<br />

◦ Tkm dAm<br />

∂V<br />

� �� �<br />

=<br />

k<br />

−<br />

Am=nm A<br />

d<br />

dt pfeld k +<br />

��<br />

◦ Tkm nm dA<br />

��<br />

◦ Tkm nm dA =<br />

d<br />

dt<br />

� mech<br />

pk ∂V<br />

+ p feld�<br />

k<br />

∂V<br />

Tkm dV<br />

Wir betrachten nun ein abgeschlossenes System. Dies wird realisiert, indem wir den Rand des Volumens<br />

∂V in ein vom Feld abgeschirmtes Gebiet (oder evtl. sogar ins Unendliche) legen.<br />

Daraus ergibt sich:<br />

� p mech<br />

k<br />

Tkm = 0<br />

+ p feld�<br />

k = 0<br />

d<br />

dt<br />

Da die totale Zeitableitung der Summe der Impulse gleich Null ist, stellt diese Summe eine Erhaltungsgröße<br />

dar! Der Feldimpuls ist dem mechanischen Impuls völlig gleichgestellt. D.h. der Gesamtimpuls<br />

(die Summe!) ist erhalten !<br />

Aufgrund des Minuszeichens erhalten wir jetzt unter der Ableitung eine Summe, die ohne das Minuszeichens<br />

eine Differenz wäre.<br />

Zusammenhang zwischen Energiestromdichte und Impulsdichte: (im Vakuum)<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�D = ε0 � E;<br />

� B = µ0 � H<br />

�π = � D × � B = ε0 µ0 � E × � H<br />

�π = � D × � B = ε0 µ0 � S<br />

An dieser Stelle verwenden wir die Maxwell-Relation :


20<br />

c 2 0 = 1<br />

ε0 µ0<br />

Die Maxwell-Relation wurde von Maxwell empirisch gefunden. Sie war der erste Hinweis darauf, daß die<br />

Lichtausbreitung etwas mit elektromagnetischen Feldern (Wellen) zu tun hat. Sie ist fundamental für die<br />

<strong>Physik</strong>, da der Bereich der Optik somit zu einem Teil der Elektrodynamik wird.<br />

Unter Verwendung der Maxwell-Relation erhalten wir nun für die Dichten-Beziehung:<br />

3.2.4 Schwerpunktsatz<br />

�π = 1<br />

c 2 0<br />

(3.5)<br />

� S (3.6)<br />

Analog zum Impulssatz ist auch ein Drehimpulssatz für Felder formulierbar!<br />

Wie wir im Abschnitt 3.2.3 gesehen haben, tragen Felder einen Impuls. In Bezug auf die Mechanik stellen<br />

wir uns nun die Frage, ob man ihnen auch eine träge Masse zuordnen kann.<br />

Das ist die Voraussetzung dafür, einen Schwerpunktsatz formulieren zu können.<br />

Gedankenexperiment: Eine ruhende Platte sendet einen Lichtblitz aus.<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Abb. 3.6: Der elektromagnetische Impuls des Lichtblitzes breitet sich innerhalb einer Röhre mit Lichtgeschwindigkeit aus.<br />

Der Impulssatz liefert:<br />

���<br />

− M v =<br />

Röhre<br />

| � S |= S = c ωelm<br />

πelm dV = 1<br />

c 2<br />

���<br />

Röhre<br />

(∗) (vgl. Abs. 8.1.4)<br />

S dV (∗)<br />

= 1<br />

c<br />

���<br />

Röhre<br />

ωelm dV = 1<br />

c Welm<br />

Damit der Schwerpunktsatz formulierbar ist, müßte Licht nun eine träge Masse (m) besitzen. D.h. wir<br />

hätten:<br />

M v + m c = 0<br />

Der Vergleich mit dem Impulssatz liefert nun:<br />

M v + 1<br />

c Welm = 0<br />

Wenn der Schwerpunktsatz gilt, dann erhalten wir die folgende Relation, die uns schon aus der relativistischen<br />

Mechanik bekannt ist:<br />

Welm = m c 2<br />

Der elektromagnetischen Strahlung kann also eine träge Masse zugeordnet werden, obwohl die Ruhemasse<br />

für Licht nicht definiert ist (”Man kann ein Photon ja schlecht anhalten und mal kurz wiegen.”).<br />

(3.7)


Elektrostatik 21<br />

4 Elektrostatik<br />

In diesem Abschnitt wollen wir die einfachsten Lösungsverfahren und Interpretationen kennenlernen,<br />

indem wir mit den einfachsten Fällen beginnen.<br />

statisch:<br />

˙�E = ˙ � D = ˙ �H = ˙ �B = 0<br />

Folge des statischen Zustandes ist die Entkopplung der Maxwell-Gleichungen. In unserem Fall lauten<br />

sie:<br />

div � D = ρel<br />

rot �E = �0 �D = ε � ⎫<br />

⎪⎬<br />

div<br />

elektrischer Anteil<br />

⎪⎭<br />

E<br />

� B = 0<br />

rot � H = �j �B = µ � ⎫<br />

⎪⎬<br />

magnetischer Anteil<br />

⎪⎭<br />

H<br />

Wir beschränken uns im folgenden nur auf die reinen elektrostatischen Probleme.<br />

4.1 Lösungen mittels Integralform<br />

Wir schreiben die Maxwell-Gleichungen jetzt mit Hilfe der Integralsätze von Gauß und Stokes (siehe<br />

Abschnitt 2) um. ��<br />

◦ �D d� �<br />

A = Qin V, D � = ε �E, �E d�r = 0<br />

∂V<br />

Für hochsymmetrische Ladungsverteilungen (wie bei einer Punktladung oder einer homogen geladenen<br />

Kugel) läßt sich das Feld direkt berechnen.<br />

Voraussetzung für dieses Lösungsverfahren ist, daß man schon eine ”anschauliche” Vorstellung von der<br />

Gestalt des Feldes haben muß.<br />

Beispiel: Gesucht ist das ✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�E-Feld einer Punktladung Q (q>0).<br />

Die Punktladung stellt den Limes einer geladenen Kugel dar (genauer: den Limes für r → 0). Wir wissen,<br />

daß es sich um ein kugelsymmetrisches Feld handelt, bei dem die elektrische Feldstärke nur vom Radius<br />

abhängt; also auf jeder Kugelschale konstant ist. Ansatz: �<br />

�r<br />

E(x, y, z) = E(r)<br />

r<br />

ε<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

� E d � A Ansatz<br />

= ε<br />

⇒ E(r) =<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

Q<br />

4 π ε r 2<br />

E(r) �r<br />

r d� A = ε<br />

∂A<br />

Abb. 4.1: Die Integrationsfläche ist die Kugel um Q (S 2 ). Dort ist � E ⇈ d � A.<br />

��<br />

◦ E(r) �r<br />

r<br />

S 2<br />

�r<br />

r<br />

Coulomb-Gesetz:<br />

dA = ε E(r)<br />

� E(�r) =<br />

��<br />

◦ dA = ε E(r) 4 π r 2 ≡ Q<br />

S 2<br />

Q<br />

4 π ε r 2<br />

Wir haben jetzt also das Coulomb-Feld einer Punktladung berechnet.<br />

Bringt man nun eine Probeladung q in dieses � E-Feld, hat dies eine Kraftwirkung zur Folge:<br />

� F(�r) = q � E(�r) = q Q<br />

4 π ε r 2<br />

�r<br />

r<br />

�r<br />

r


22<br />

Wir haben somit das Coulomb’sche Kraftgesetz gefunden. Es ist experimentell über große Skalenteile<br />

gesichert.<br />

Dieses Verfahren ist gut, wenn man weiß, welche Form das Feld hat und man Symmetrien nutzen kann.<br />

Doch die direkte Integrationsmethode versagt bei inhomogenen, allgemeinen Ladungsverteilungen. Eine<br />

Möglichkeit für die Lösung dieses Problems ist im folgenden Abschnitt erklärt.<br />

4.2 Skalares Potential, Poisson-Gleichung<br />

Unser Ziel ist es immer noch, die Maxwell-Gleichungen für das elektrostatische Feld zu lösen. Wir gehen<br />

nun von der Wirbelgleichung<br />

rot � E = � 0<br />

aus. Wir definieren nun analog wie in der Mechanik ein skalares Potential.<br />

� E(�r) = − grad ϕ(�r) (4.1)<br />

Aufgrund der immer geltenden Identität (rot(grad()) = 0 ist die Wirbelgleichung erfüllt. Das skalare<br />

Potential ist also wie folgt definiert:<br />

ϕ(�r) = −<br />

�r�<br />

�r0<br />

� E d�r (4.2)<br />

◮ �r0 ist beliebig, da ϕ(�r) bis auf eine freie Konstante bestimmt ist; meist verwendet man die folgende<br />

Konvention:<br />

lim ϕ(�r) = 0<br />

|�r|→∞<br />

◮ Das Linienintegral (4.2) ist wegunabhängig. Das bedeutet:<br />

rot �E = � �<br />

0 ⇔<br />

�E d�r = 0<br />

(Beweis mit dem Satz von Stokes)<br />

alle Wege<br />

◮ Das elektrische Feld � E steht senkrecht auf einer Äquipotentialfläche . Die Bedingung für eine<br />

Äquipotentialfläche lautet: ϕ(�r) = const.<br />

dϕ = 0 = grad ϕ d�r = − � E d�r<br />

Das Skalarprodukt zwischen � E und d�r verschwindet ⇒ � E ⊥ d�r<br />

Elektrische Spannung: physikalische Bedeutung von ϕ<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Die Spannung eines Punktes 2 gegen einen Punkt 1 ist wie folgt definiert:<br />

elektrische Spannung (Potentialdifferenz): ϕ21 ≡ −<br />

�r2 �<br />

�r1<br />

� E d�r =<br />

Diese Definition gilt ganz allgemein in der <strong>Physik</strong> und nicht nur in der Elektrostatik.<br />

Interpretation:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�r1 �<br />

�r2<br />

� E d�r (4.3)<br />

1. ϕ21 ist die Arbeit pro Ladung, die gegen das Feld � E beim Verschieben einer Probeladung vom<br />

Punkt 1 nach 2 geleistet werden muß. Diese Arbeit muß in das Feld hineingesteckt werden.


4.2 Skalares Potential, Poisson-Gleichung 23<br />

2. ϕ21 ist die Arbeit pro Ladung, die vom Feld � E bei der Verschiebung eines geladenen Teilchens von<br />

2 nach 1 geleistet wird. Diese Arbeit bekommt man aus dem Feld heraus.<br />

Da in der Elektrostatik das Integral (4.3) wegunabhängig ist, gilt:<br />

Beispiel: Potential einer Punktladung<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� E =<br />

ϕ(�r) = −<br />

Q<br />

4 π ε r2 �r�<br />

�r0=∞<br />

ϕ(�r) = − Q<br />

4 π ε<br />

�r<br />

r<br />

ϕ21 = ϕ(�r2) − ϕ(�r1)<br />

� E d�r | Integrationsweg ⇈ zum Feld ⇒ � E d�r = E dr<br />

r�<br />

∞<br />

dr<br />

r 2<br />

Coulomb-Potential: ϕ(�r) = Q<br />

4 π ε<br />

An dieser Stelle setzen wir mit den restlichen Maxwell-Gleichungen fort (bis hierhin haben wir nur die<br />

Wirbelgleichung betrachtet).<br />

Im ladungsfreien Raum (ρel = 0) gilt:<br />

div � D = ρel, � D = ε � E, ε = const.<br />

div � E = ρel<br />

ε<br />

(4.1)<br />

= − div (grad<br />

� �� �<br />

Laplace<br />

ϕ(�r))<br />

Poisson-Gleichung: ∆· ϕ(�r) = − ρel<br />

ε<br />

Laplace-Gleichung: ∆· ϕ(�r) = 0<br />

Die Laplace-Gleichung hat eine fundamentale Bedeutung:<br />

1<br />

r<br />

(4.5)<br />

(4.4)<br />

In einem endlichen Volumen hat das Potential im Inneren weder ein Minimum noch<br />

ein Maximum. Wenn dies so wäre, müßte die erste Ortsableitung gleich Null und die zweite<br />

Ortsableitung verschieden von Null sein. Da der Laplace-Operator aber die 2. Ortsableitung<br />

darstellt und diese gleich Null ist, ist die Aussage gezeigt. Der Rand des Volumens bleibt noch<br />

extra zu untersuchen.<br />

Durch die Einführung des skalaren Potentials konnten wir das Problem des Lösens der Maxwell-Gleichungen<br />

ersetzen. Wir haben jetzt nur das Problem, eine inhomogene, lineare, partielle Differentialgleichung 2.<br />

Ordnung (die Poisson-Gleichung) zu lösen.<br />

Aus der Lösung ϕ(�r) kann dann durch Gradientenbildung das elektrische Feld � E berechnet werden.<br />

Lösung der Poisson-Gleichung - Methode der Green’schen Funktion<br />

• Wir bestimmen zunächst die Lösung für eine Punktladung (wird auch als Green’sche Funktion<br />

bezeichnet).<br />

• Dann Superposition der Lösungen für Quellen, die aus unendlich vielen Punktladungen zusammengesetzt<br />

sind.


24<br />

Wir gehen zunächst von der Ladungsverteilung einer Punktladung am Orte �r ′ aus.<br />

ρel(�r) =<br />

�<br />

0 ,�r �= �r ′<br />

∞ ,�r = �r ′ ���<br />

Q =<br />

V<br />

ρel(�r) dV<br />

Dies sind die Eigenschaften der Dirac’schen δ-Funktion . Mehr über sie findet man im Abschnitt 2. Mit<br />

ihren Eigenschaften können wir für die Ladungsverteilung einer Punktladung schreiben:<br />

ρel(�r) = Q δ(�r −�r ′ )<br />

Wenn wir dies nun in die Poisson-Gleichung (4.5) einsetzen, erhalten wir:<br />

Wenn wir nun vom Vorfaktor Q<br />

ε<br />

∆· ϕ(�r) = − Q<br />

ε δ(�r −�r ′ ) Randbed.: lim ϕ = 0<br />

|�r|→∞<br />

absehen, so können wir die Green’sche Funktion allgemein definieren:<br />

∆· G(�r −�r ′ ) = − δ(�r −�r ′ ) (4.6)<br />

Der Shift im Argument �r → �r − �r ′ ; xk → xk − x ′ k mit konstanten (x ′ k ) = �r ′ ist immer möglich, da der<br />

Laplace-Operator unter solchen Translationen invariant ist.<br />

Im folgenden wollen wir nun die Green’sche Funktion berechnen. Aufgrund der Translationsinvarianz<br />

setzen wir �r ′ = 0 (am Ende der Rechnung dann �r ′ �= 0).<br />

∆· G(�r) = − δ(�r)<br />

Als Lösungsansatz verwenden wir eine Fourier-Transformation. Damit erhalten wir:<br />

G(�r) = 1<br />

(2π) 3<br />

���<br />

˜G( �k) e i�k�r 3<br />

d k<br />

d 3 k Volumenelement des � k-Raumes<br />

G(�r) Green’sche Funktion im �r-Raum (Ortsraum)<br />

G( � k) Green’sche Funktion im � k-Raum (Fourier-Transformierte)<br />

∆· G(�r) = ∆· �r<br />

=<br />

1<br />

(2π) 3<br />

1<br />

(2π) 3<br />

���<br />

= − 1<br />

(2π) 3<br />

= − 1<br />

(2π) 3<br />

���<br />

˜G( � k) e i� k�r d 3 k | ∆· wirkt auf �r<br />

˜G( � k) ∆· �r e i� k�r d 3 k<br />

���<br />

���<br />

˜G( � k) � k 2<br />

✿✿✿✿✿✿✿ ei� k�r d 3 k = − δ(�r)<br />

� �� �<br />

Fourier-Transformierte ≡ 1<br />

1✿ ei� k�r d 3 k<br />

Jetzt vergleichen wir die beiden unterstrichenen Integranden und erhalten durch Vergleich für die Fourier-<br />

Transformierte der Green’schen Funktion:<br />

˜G( �k) = 1<br />

� �2 �k<br />

Dies ist ein sehr einfacher Ausdruck; doch eins sollten wir nie vergessen:<br />

Es gilt weiterhin der Erhaltungssatz der Schwierigkeit !<br />

Gesucht ist ja weiterhin G(�r).


4.2 Skalares Potential, Poisson-Gleichung 25<br />

Dieses Ergebnis können wir nun in unseren Ansatz einsetzen. Unser Ziel ist dann die Rücktransformation<br />

˜G( � k) → G(�r).<br />

G(�r) = 1<br />

(2π) 3<br />

��� e i � k�r<br />

� k 2 d3 k<br />

Nun ist die Einführung von Kugelkoordinaten zweckmäßig, wobei der Winkel θ der Winkel zwischen � k<br />

und �r (⇒ nützlich für das Skalarprodukt im Exponenten der e-Funktion) ist.<br />

G(�r) = 1<br />

(2π) 3<br />

G(�r) = 1<br />

(2π) 2<br />

∞�<br />

dk<br />

0<br />

∞�<br />

π�<br />

0 0<br />

2π �<br />

0<br />

dϕ<br />

π�<br />

dθ<br />

0<br />

eikr cos θ<br />

k 2<br />

sin θ e ikr cos θ dk dθ<br />

k 2 sin θ<br />

� �� �<br />

Jacobi-Determinante<br />

Nun substituieren wir: x = cos θ ⇒ dx = − sin θ dθ<br />

Demzufolge:<br />

Wenn wir dies nun einsetzen, erhalten wir:<br />

G(�r) =<br />

=<br />

=<br />

=<br />

1<br />

(2π) 2<br />

1<br />

(2π) 2<br />

1<br />

(2π) 2<br />

1<br />

(2π) 2<br />

= 1<br />

4π<br />

∞�<br />

1�<br />

0 −1<br />

2<br />

r<br />

2<br />

r<br />

2<br />

r<br />

1<br />

| �r |<br />

∞�<br />

0<br />

π�<br />

sin θ dθ →<br />

0<br />

e ikrx dxdk = 1<br />

(2π) 2<br />

sin(kr)<br />

kr<br />

∞�<br />

0<br />

−1 �<br />

1<br />

− dx →<br />

e ikr − e −ikr<br />

ikr<br />

1�<br />

−1<br />

dk<br />

dx<br />

d(kr) (Kunstgriff: Erweitern mit r) → kr = α<br />

∞�<br />

sin α<br />

α dα<br />

0<br />

� �� �<br />

→ nachsehen od. Residuenmethode anwenden<br />

π<br />

2<br />

Nun können wir den oben erklärten Shift noch einmal anwenden und erhalten einen allgemeinen Ausdruck<br />

für G:<br />

G(�r −�r ′ ) = 1<br />

4π<br />

1<br />

| �r −�r ′ |<br />

Führen wir den vorhin weggelassenen Faktor Q<br />

ε wieder ein, so erhalten wir für das Coulomb-Potential<br />

(diese Lösung erfüllt die Randbedingungen):<br />

ϕ(�r) = Q<br />

4πε<br />

1<br />

| �r −�r ′ |<br />

Mit (4.8) haben wir den ersten Schritt für die Lösung der Poisson-Gleichung, d.h. die Lösung für eine<br />

Punktladung, abgearbeitet. Uns interessiert aber weiterhin das Potential bei einer beliebigen Ladungs-<br />

(4.7)<br />

(4.8)


26<br />

verteilung. Um dorthin zu kommen, machen wir die folgende Rechnung.<br />

∆· ϕ(�r) = − ρel(�r)<br />

ε<br />

Eigensch. δ-Fkt.<br />

= − 1<br />

ε<br />

���<br />

Quellen<br />

ρel(�r ′ ) δ(�r −�r ′ ) dV ′<br />

= 1<br />

���<br />

ρel(�r<br />

ε<br />

′ ) ∆· �r G(�r −�r ′ ) dV ′<br />

=<br />

∆· wirkt auf �r<br />

1<br />

ε ∆· ���<br />

�r ρel(�r ′ ) G(�r −�r ′ ) dV ′<br />

=<br />

G einsetzen<br />

���<br />

1 ρel(�r<br />

∆· �r<br />

4πε<br />

′ )<br />

| �r −�r ′ 0 =<br />

′<br />

dV ∆· ist linear<br />

|<br />

�<br />

∆· �r ϕ(�r) − 1<br />

���<br />

ρel(�r<br />

4πε<br />

′ )<br />

| �r −�r ′ �<br />

′<br />

dV<br />

|<br />

� �� �<br />

ψ(�r)<br />

Ergebnis: ϕ(�r) = ψ(�r) + 1<br />

4πε<br />

��� ρel(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ | dV ′ ; ∆· �r ψ(�r) = 0<br />

ψ(�r) ist eine beliebige Lösung der Laplace-Gleichung, die die Randbedingungen erfüllt. Ohne Beschränkung<br />

der physikalischen Allgemeinheit wählen wir die triviale Lösung: ψ(�r) = 0, da wir uns nur für den<br />

Lösungsteil interessieren, der direkt mit den Quellen ρel verknüpft ist!<br />

Allgemeine ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

(physikalische) Lösung der Poisson-Gleichung:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

ϕ(�r) = 1<br />

4πε<br />

���<br />

Quellen<br />

ρel(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

�r Aufpunkt (wo das Potential berechnet werden soll)<br />

�r ′ Beispiel: N diskrete Punktladungen<br />

Quellpunkt (rastert Quelle bei der Integration ab) ✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Jetzt werten wir das Integral (4.9) aus:<br />

ρel(�r ′ ) =<br />

N�<br />

i=1<br />

dV ′<br />

(4.9)<br />

Abb. 4.2: �r ′ rastert die Quelle systematisch bei der Integration<br />

ab.<br />

Abb. 4.3: Verteilung mehrerer Punktladungen<br />

Qi δ(�r ′ −�ri)


4.3 Energie des elektrostatischen Feldes 27<br />

ϕ(�r) = 1<br />

���<br />

4πε<br />

N�<br />

i=1<br />

| �r −�r ′ |<br />

N�<br />

���<br />

Qi δ(�r<br />

ϕ(�r) =<br />

4πε<br />

′ −�ri)<br />

| �r −�r ′ |<br />

i=1<br />

ϕ(�r) δ-Fkt.<br />

=<br />

N�<br />

i=1<br />

R 3<br />

Qi<br />

4πε<br />

Qi δ(�r ′ −�ri)<br />

1<br />

| �r −�ri |<br />

dV ′<br />

dV ′<br />

Jede Punktladung erzeugt für sich ein Coulomb-Potential. Das Potential am Orte �r setzt sich dann aus<br />

der Überlagerung all dieser einzelnen Potentiale zusammen (Superpositionsprinzip).<br />

Allgemeines Lösungsprinzip:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. Vorgabe von ρel(�r)<br />

2. Auswertung des Integrals (4.9) ⇒ ϕ(�r)<br />

3. Gradientenbildung des Potentials ⇒ � E(�r)<br />

4. Gewinnen sonstiger gesuchter Größen wie z.B. Energie, Kräfte, . . .<br />

4.3 Energie des elektrostatischen Feldes<br />

elektrische Energiedichte: ωel = 1<br />

2 � E � D<br />

Die Gesamtenergie erhalten wir, indem wir über ein festes Volumen integrieren (setzen ε = const.), das<br />

uns interessiert:<br />

W = ε<br />

2<br />

��� � �2 �E dV<br />

4.3.1 Energie des Coulomb-Feldes<br />

V<br />

Wir stellen uns nun die Frage, wieviel Energie in einem Coulomb-Feld gespeichert ist. Wir haben z.B.<br />

eine Punktladung mit einem Coulomb-Feld. Wieviel Energie besitzt dieses Feld?<br />

� E = Q<br />

4πε r 2<br />

Solch ein Feld reicht bis in das Unendliche und das Volumen, das uns interessiert ist der gesamte R 3 .<br />

W = Q2<br />

(4π) 2 ε 2<br />

An dieser Stelle ist es sinnvoll, auf Kugelkoordinaten zu wechseln, da es sich um ein kugelsymmetrisches<br />

Problem handelt. Die Integration über ϕ und θ führen wir schon aus, da es nur eine Abhängigkeit vom<br />

Radius gibt:<br />

dV → 2<br />

����<br />

θ<br />

W = Q2<br />

(4π) 2 ε 2<br />

W = Q2<br />

8πε<br />

∞�<br />

0<br />

W = − Q2<br />

8πε<br />

ε<br />

2<br />

dr<br />

r 2<br />

� 1<br />

r<br />

· 2π<br />

����<br />

ϕ<br />

∞�<br />

0<br />

� ∞<br />

0<br />

r 2 dr = 4π r 2 dr<br />

4π r2<br />

dr<br />

r4 ε<br />

2<br />

�r<br />

r<br />

���<br />

R 3<br />

dV<br />

r 4


28<br />

Jetzt haben wir nur ein kleines Problem: Wenn wir die Grenzen einsetzen würden, so erhalten wir für die<br />

Energie des Coulomb-Feldes W=∞. Dies hätte aber fatale Folgen für die <strong>Physik</strong>.<br />

Denken wir einmal an die Gleichung (3.7) im Abschnitt 3.2.4 zurück. Da c = const. ist, müßte das<br />

elektrische Feld eine unendlich große träge Masse besitzen, wenn die Feldenergie unendlich wäre. Wenn<br />

wir solch ein Feld also verschieben wollten, müßten wir eine unendlich große Kraft aufbringen. Doch<br />

aus der Erfahrung wissen wir, daß dem nicht so ist. Wir müssen demzufolge nun eine Lösung für dieses<br />

Problem finden, welches auch ”Selbstenergieproblem” der klassischen Elektrodynamik genannt wird.<br />

Wenn wir dieses Problem etwas umformulieren, können wir auch sagen: Der Begriff ”Punktladung”<br />

führt in der klassischen Elektrodynamik zu Schwierigkeiten.<br />

Experimentell: ”Elektron” ist gut (?) punktförmig.<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Wir haben keine kleinere Probeladung als e− , um die Ladungsverteilung<br />

eines Elektrons zu ermitteln.<br />

Klassische (Lösung): Einführung eines ”Abschneideradius”<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

m c 2 ≡ Q2<br />

8πε<br />

∞�<br />

r0<br />

dr Q2<br />

=<br />

r2 8πε<br />

”klass. Elektronenradius”: r0 =<br />

Abb. 4.4: Man definiert einen kleinsten Radius, bei dem die<br />

Integration ”abgeschnitten” / abgebrochen wird. Der Energieinhalt<br />

des Feldes entspricht der Fläche unter der Kurve.<br />

1<br />

r0<br />

| Q = e, ε = ε0<br />

e 2<br />

8πε0mec 2 ≈ 1, 4 · 10−15 m<br />

Mit Streuexperimenten wurde diese Größenordnung des Elektronenradius bestätigt. Es ist elegant, die<br />

mechanische Masse (bzw. die Ruheenergie) auf die Feldenergie zurückzuführen. Außerdem kann man sich<br />

bei diesem Modell unter einem Elektron etwas vorstellen.<br />

Doch alle diese Modelle haben ein Problem: Sie funktionieren einfach nicht richtig! Es<br />

ist besser, wenn man nicht versucht, sich unter z.B. einem Elektron etwas vorzustellen!<br />

4.3.2 Energie des Feldes einer beliebigen Ladungsverteilung<br />

W = ε<br />

���<br />

���<br />

� 2 ε<br />

E dV = grad<br />

2<br />

2<br />

2 ϕ dV<br />

Für unsere Rechnung verwenden wir die folgende Hilfsformel:<br />

→ Bei uns: �a = grad ϕ, f = ϕ<br />

⇒ (grad ϕ) 2 = −ϕ div(grad<br />

� �� �<br />

∆·<br />

R 3<br />

div(f · �a) = (grad f) �a + f · div �a<br />

ϕ) + div (ϕ grad ϕ)<br />

Es ergibt sich somit für unsere Energiegleichung:<br />

W = ε<br />

���<br />

(−)ϕ ∆· ϕ dV +<br />

2<br />

ε<br />

2<br />

W = −<br />

���<br />

div (ϕ grad ϕ) dV | Gauß anwenden<br />

ε<br />

���<br />

ϕ ∆· ϕ dV +<br />

2<br />

ε<br />

2<br />

��<br />

◦ ϕ grad ϕ d� A<br />

∂V<br />

� �� �<br />

→ 0 (vgl. Abschätzung)


4.3 Energie des elektrostatischen Feldes 29<br />

Abschätzung: für lokalisierte Ladungsverteilung<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Wir betrachten eine Punktladung. Unsere geschlossene Integrationsoberfläche wählen wir als Kugeloberfläche<br />

und legen sie in einen großen Abstand von ρel. Nun folgt:<br />

ϕ(�r) ∼ 1<br />

r<br />

ϕ grad ϕ ∼ 1<br />

r3 ��<br />

◦ ϕ grad ϕ d� A ∼ 1<br />

S 2<br />

�r<br />

r , S2 ∼ r 2<br />

r3 · r2 ∼ 1<br />

r<br />

→ 0 für r → ∞<br />

W = − ε<br />

2<br />

���<br />

ϕ ∆· ϕ dV (4.5)<br />

= 1<br />

2<br />

���<br />

ϕ ρel(�r) dV<br />

Für die Selbstenergie einer lokalisierten Ladungsverteilung haben wir also den folgenden Ausdruck gefunden:<br />

Wel = 1<br />

2<br />

R 3<br />

���<br />

ϕ(�r) ρ(�r) dV (4.10)<br />

Wenn wir die Lösung der Poisson-Gleichung (4.9) in (4.10) einsetzen, so erhalten wir:<br />

Wel = 1<br />

8πε<br />

R 3<br />

��� ���<br />

R 3<br />

R 3<br />

ρel(�r) ρel(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

dV ′ dV<br />

4.3.3 Energie einer Ladungsverteilung in einem äußeren Feld<br />

Das äußere Feld sei gegeben durch � E a , ϕ a . Die Voraussetzung, die wir treffen, ist die, daß ρel fest<br />

vorgegeben ist und von � E a nicht beeinflußt wird (”eingefrorene” Ladung).<br />

Abb. 4.5: Die Ladungsverteilung befindet sich in einem äußeren Feld.<br />

Wel = ε<br />

2<br />

���<br />

( �E + �E a ) 2 dV<br />

R 3<br />

An dieser Stelle muß man darauf achten, daß die Felder immer erst superponiert<br />

(überlagert) und dann erst quadriert werden.<br />

Richtig: ( � E1 + � E2) 2<br />

Wel = ε<br />

2<br />

Falsch: � E 2 1 + � E 2 2<br />

��� �<br />

( �E a ) 2 + �E 2 + 2 �E a�<br />

�<br />

E<br />

1. Term Selbstenergie des äußeren Feldes / der äußeren Ladungsverteilung, die � E a erzeugt<br />

2. Term Selbstenergie der betrachteten Ladungsverteilung (durch ρel erzeugt)<br />

3. Term Wechselwirkungsenergie der Ladungsverteilung im äußeren Feld<br />

→ der 1. und 2. Term sind wie in Abschnitt 4.3.2 zu berechnen<br />

dV


30<br />

→ für den 3. Term machen wir die folgende Rechnung:<br />

���<br />

���<br />

= ε �E � a<br />

E dV = ε gradϕ gradϕ a ���<br />

dV<br />

ϕ a ∆· ϕ dV<br />

W WW<br />

el<br />

W WW<br />

el<br />

W WW<br />

el<br />

wie in<br />

= − ε<br />

Abs. 4.3.2<br />

Poisson<br />

=<br />

���<br />

ϕ a ρel(�r) dV<br />

R 3<br />

Beispiel: N einzelne Punktladungen<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

ρel(�r) = N�<br />

Qi δ(�r −�ri)<br />

i=1<br />

⇒ W WW<br />

el<br />

N�<br />

=<br />

i=1<br />

4.4 Elektrische Multipole<br />

Qi ϕ a (�ri) ”Ladung mal Spannung” (vgl. Ex-Ph)<br />

Problem: Wir betrachten eine lokalisierte Ladungsverteilung, z.B. in einem Atomkern,<br />

und wählen unseren Ursprung in der Ladungsverteilung.<br />

Beobachtet (gemessen) wird das Feld in großen Abständen von der Ladungsverteilung (|�r ′ | ≪ |�r|, asymptotisches<br />

Feld).<br />

Frage: Welche Aussage über die Struktur der Ladungsverteilung (z.B. Abweichung von<br />

der Kugelsymmetrie, Anordnung der geladenen Bausteine, . . . ) können wir aus<br />

dem asymptotischen Feld gewinnen?<br />

Vorgehen:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1<br />

Wir müssen nun den Ausdruck |�r−�r ′ | in der allgemeinen Lösung der Poisson-Gleichung um die Stelle<br />

�r ′ = �0 durch eine Taylor-Entwicklung approximieren.<br />

1 1<br />

Bez.: �r = (x1, x2, x3) = xi; =<br />

r | �r | =<br />

1<br />

�<br />

x2 1 + x2 2 + x2 3<br />

→ Taylor:<br />

1<br />

| �r −�r ′ 1<br />

= −<br />

| | �r |<br />

3� ∂<br />

∂xi<br />

i=1<br />

� �<br />

1<br />

r<br />

x ′ i<br />

+ 1<br />

2<br />

3�<br />

i=1 j=1<br />

3�<br />

�<br />

∂<br />

∂xi<br />

∂<br />

∂xj<br />

� ��<br />

1<br />

r<br />

x ′ i x ′ j<br />

− . . .<br />

Die folgende Nebenrechnung dient zur näheren Erläuterung der Taylor-Entwicklung in unserem speziellen<br />

Fall.<br />

1<br />

| �r −�r ′ 1 3� ∂<br />

= +<br />

| | �r | i=1 ∂x ′ �<br />

1<br />

i | �r −�r ′ �<br />

| �r ′ = � x<br />

0<br />

′ i + . . .<br />

Wir betrachten jetzt einen Teil dieser Formel:<br />

∂<br />

∂x ′ �<br />

1<br />

i | �r −�r ′ �<br />

=<br />

|<br />

∂<br />

∂x ′ ⎡<br />

⎣<br />

1<br />

�<br />

i (xj − x ′ j )(xj − x ′ j )<br />

⎤<br />

⎦<br />

�r ′ = � 0<br />

x ′ k =0


4.4 Elektrische Multipole 31<br />

Hilfsformel:<br />

∂<br />

∂x ′ i<br />

∂<br />

∂x ′ i<br />

�<br />

1<br />

| �r −�r ′ |<br />

�<br />

�r ′ = � 0<br />

f(xj − x ′ Kettenregel<br />

j ) = − ∂<br />

∂xi<br />

= − ∂<br />

∂xi<br />

�<br />

1<br />

| �r −�r ′ |<br />

�<br />

�r ′ = � 0<br />

f(xj − x ′ j )<br />

= − ∂<br />

∂xi<br />

� �<br />

1<br />

r<br />

An dieser Stelle endet die kurze Erläuterung. Wenn wir nun in unserem eigentlichen Ausdruck die Einstein’sche<br />

Summenkonvention verwenden, so erhalten wir:<br />

1<br />

| �r −�r ′ � �<br />

1 ∂ 1<br />

= − x<br />

| r ∂xi r<br />

′ i + 1<br />

� � ��<br />

∂ ∂ 1<br />

x<br />

2 ∂xi ∂xj r<br />

′ ix ′ j − . . .<br />

Wenn wir dies nun in die Lösung der Poisson-Gleichung (4.9) einsetzen, so erhalten wir:<br />

ϕ(�r) = 1<br />

4πεr<br />

���<br />

ρel(�r ′ ) dV ′<br />

�<br />

−<br />

�� �<br />

Coulomb-Term<br />

1<br />

4πε<br />

� � ���<br />

∂ 1<br />

x<br />

∂xi r<br />

′ i ρel(�r ′ ) dV ′<br />

�<br />

+<br />

�� �<br />

Dipol-Term<br />

Interpretation:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1<br />

2<br />

1<br />

4πε<br />

� 2 ∂<br />

∂xi∂xj<br />

� ���<br />

1<br />

x<br />

r<br />

′ ix ′ j ρel(�r ′ ) dV ′<br />

� �� �<br />

Quadrupol-Term<br />

Der 1. Term steht für das Potential der im Ursprung vereinigten Gesamtladung. Ohne Beweis:<br />

Jede kugelsymmetrische Ladungsverteilung ρel(�r) = ρel(| �r |) liefert im Äußeren exakt das<br />

Coulomb-Potential. Die höheren Terme der Entwicklung beschreiben die Abweichung von der<br />

Kugelsymmetrie.<br />

Alle Anteile bewirken spezielle Kräfte über �F ∼ �E ∼ gradϕ auf Probeladungen. Sie sind also<br />

meßbar (ϕCoulomb ∼ 1<br />

r , ϕDipol ∼ 1<br />

).<br />

r2 Auf diese Art und Weise können wir eine Aussage über die Struktur der Ladungsverteilung<br />

machen.<br />

4.4.1 Elektrischer Dipol<br />

ϕ(�r) = ϕ Coulomb (�r) + ϕ Dipol (�r) + ϕ Quadrupol (�r) + . . . (4.11)<br />

Wir betrachten jetzt nur den Dipol-Term des skalaren Potentials:<br />

ϕ Dipol (�r) = − 1<br />

4πε<br />

�<br />

∂<br />

∂xi<br />

� ���<br />

1<br />

x<br />

r<br />

′ i ρel(�r ′ ) dV ′<br />

Mit<br />

ergibt sich nun:<br />

∂<br />

∂xi<br />

ϕ Dipol (�r) = 1<br />

4πε<br />

1 xi<br />

= −<br />

r r3 xi<br />

r 3<br />

���<br />

x ′ i ρel(�r ′ ) dV ′<br />

Diesen Ausdruck können wir nun als ein Skalarprodukt interpretieren. Somit können wir diese Gleichung<br />

folgendermaßen umschreiben:<br />

ϕ Dipol (�r) = 1<br />

4πε<br />

�r �p<br />

r 3<br />

�p =<br />

���<br />

�r ′ ρel(�r ′ ) dV ′<br />

(4.12)<br />

Der konstante Vektor �p wird auch als Dipolmoment bezeichnet. Anhand dieses Dipolmoments kann man<br />

eine Charakterisierung der Ladungsverteilung vornehmen.


32<br />

Beispiel: H2O-Molekül ✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Abb. 4.6: Schematisches H2O-Molekül<br />

Gesamtladung: Q = 0, Monopolanteil verschwindet<br />

Messung: Diese liefert ein Dipolmoment | �p |≈ 6 · 10 −30 As · m<br />

⇒ Der Winkel ergibt sich nun daraus, daß es nur eine Anordnung gibt, die das gemessene Dipolmoment<br />

erzeugt.<br />

Bemerkungen:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

◮ Im Allgemeinen hängt die Größe des Dipolmoments von der Lage des Ursprungs ab.<br />

�p02 =<br />

�<br />

(�a +�r ′ ) ρel(�r ′ ) dV ′<br />

�<br />

�p02 = �a ρel(�r ′ ) dV ′ �<br />

+ �r ′ ρel(�r ′ ) dV ′<br />

�p02 = Q �a + �p01 Q. . . Gesamtladung<br />

Nur wenn die Gesamtladung verschwindet, ist das Dipolmoment unabhängig von der Wahl des<br />

Ursprungs (z.B. im Wassermolekül).<br />

◮ �p verschwindet, wenn die Ladungsverteilung spiegelsymmetrisch bzgl. des Ortsvektors ist (ρel(�r) =<br />

ρel(−�r)).<br />

�<br />

�p = �r ′ ρel(�r ′ ) dV ′<br />

| �r ′ → −�r ′<br />

�<br />

�p = − �r ′ ρel(−�r ′ ) dV ′<br />

�<br />

| Spiegelsymmetrie<br />

�p = − �r ′ ρel(�r ′ ) dV ′<br />

�p = − �p ⇒ �p = � 0<br />

Ein Vektor ist nur dann gleich seinem ”Inversen bezüglich der Addition”, wenn es sich um den<br />

Nullvektor handelt.<br />

◮ Elektrisches Feld eines Dipols (für Berechnung der Kräfte):<br />

� Dipol Dipol 1<br />

E = − gradϕ = −<br />

4πε grad<br />

�<br />

�r �p<br />

r3 �<br />

� Dipol E Prod.-Regel<br />

= − 1<br />

� �<br />

1<br />

�r �p grad<br />

4πε<br />

r3 �<br />

+ 1<br />

�<br />

grad (�r · �p)<br />

r3 Betrachten wir nun die beiden Gradienten - Terme kurz gesondert:<br />

�<br />

1<br />

grad<br />

r3 �<br />

= �r<br />

r<br />

�<br />

d 1<br />

dr r3 �<br />

= − 3 1<br />

r4 �r<br />

r<br />

grad (�r · �p) = �ek<br />

∂<br />

∂xk<br />

(xl pl) | pl = const.<br />

= pl �ek<br />

∂xl<br />

= pl �ek δlk<br />

∂xk ����<br />

δlk<br />

= pk �ek = �p


4.4 Elektrische Multipole 33<br />

Wir erhalten somit:<br />

� E Dipol =<br />

1<br />

4πε r 3<br />

�<br />

3<br />

(�r · �p) �r<br />

r 2<br />

�<br />

− �p<br />

(4.13)<br />

Aus der Gleichung können wir ablesen, daß die Richtung von �p ausgezeichnet und qualitativ ∼<br />

1<br />

r 3 ist. Bringt man eine Probeladung in dieses Feld, kommt es zu einer spezifischen (meßbaren)<br />

Kraftwirkung.<br />

Einfaches Dipolmodell: 2 Punktladungen im Abstand ✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�l Auch in diesem Fall interessiert uns wieder das<br />

Abb. 4.7: Einfaches Dipolmodell<br />

Feld in großem Abstand: |�r| ≫ | �l|. Das Potential ϕ(�r) ist die Superposition der zugehörigen Potentiale<br />

der beiden Punktladungen (Coulomb-Potentiale, vgl. das Bsp. im Abschnitt 4.2):<br />

ϕ(�r) = 1<br />

�<br />

4πε<br />

Q<br />

| �r −� �<br />

−<br />

l |<br />

Q<br />

| �r |<br />

,<br />

l<br />

≪ 1, | �r |= r<br />

r<br />

Kurze Nebenrechnung:<br />

1<br />

| �r − � l | =<br />

Taylor-Entw. von<br />

1<br />

�<br />

r 2 + l 2 − 2�r � l<br />

1<br />

√ 1 + x :<br />

= 1<br />

r<br />

Dies setzen wir nun in ϕ(�r) ein:<br />

ϕ(�r) = 1<br />

4πε<br />

ϕ(�r) = 1<br />

4πε<br />

�<br />

Q<br />

r + Q �r �l Q<br />

−<br />

r3 r<br />

Q � l �r<br />

r 3<br />

+ . . .<br />

1<br />

�<br />

�<br />

� l2<br />

�<br />

�<br />

1 +<br />

r2 − 2�r �l r2 ,<br />

� �� �<br />

x<br />

1<br />

| �r −� 1<br />

≈<br />

l | r<br />

�<br />

1 + �r �l r2 �<br />

+ . . .<br />

Für das einfache Dipolmodell erhalten wir nun für das Potential<br />

Ohne Beweis:<br />

�<br />

ϕ(�r) = 1<br />

4πε<br />

�p ·�r<br />

r 3<br />

l2 vernachlässigbar<br />

r2 �p ≡ Q � l (4.14)<br />

Die weggelassenen höheren Terme der Taylor-Entwicklung verschwinden exakt bei dem folgenden<br />

Grenzübergang:<br />

� l → � 0 Q → ∞ derart, daß �p = Q � l = const.<br />

Dies ist der Übergang zum sogenannten ”Punktdipol”.<br />

Qualitativ: Elektrischer Dipol im äußeren Feld:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

✿✿✿✿✿✿


34<br />

1. Wechselwirkungsenergie (siehe Abschnitt 4.3.3):<br />

W WW<br />

el<br />

=<br />

N�<br />

i=1<br />

Qi ϕ a (�ri)<br />

Abb. 4.8: Symmetrie:Um die �p-Achse drehungsinvariant.<br />

= Q ϕ a (�r + � l) − Q ϕ a (�r)<br />

Taylor<br />

= Q ϕ a (�r) + Q � l gradϕ a + . . . − Q ϕ a (�r)<br />

= Q � l gradϕ a + . . .<br />

W WW<br />

el<br />

= − �p � E a<br />

Die Wechselwirkungsenergie ist absolut am kleinsten, wenn �p ⇈ � E a .<br />

2. Die Kraft, die auf einen Dipol wirkt:<br />

� F = Q � E a (�r + � l) − Q � E a (�r) Superposition aller Kräfte<br />

Taylor: Ea k (xj + lj) = Ea k (xj) + ∂Ea k<br />

lj + . . .<br />

∂xj<br />

� a E (�r + �l) = � a E (�r) + ( �l grad) � a E<br />

� F = Q � E a (�r) + Q ( � l grad) � E a − Q � E a (�r)<br />

� F = (Q � l grad) � E a<br />

Im homogenen Feld ∂<br />

∂xk<br />

Drehungen sind möglich (siehe nächster Punkt).<br />

3. Das Drehmoment auf einen Dipol<br />

� F = (�p grad) � E a<br />

lj ≪ xj<br />

� E a verschwindet � F. Es findet keine Translation des Dipols statt. Aber<br />

�M = �r × � F ( � M ist abhängig von Wahl des Ursprungs)


4.4 Elektrische Multipole 35<br />

→ Superposition:<br />

�M = (�r + � l) × Q � E a (�r + � l) − �r × Q � E a (�r)<br />

= �r × Q � E a (�r + � l) + � l × Q � E a (�r + � l) − �r × Q � E a (�r) | � l |≪| �r |<br />

Taylor<br />

= �r × Q � E a (�r) +�r × Q( � l grad) � E a + · · · + � l × Q � E a (�r) + · · · −�r × Q � E a (�r)<br />

= �r × (�p grad) � E a<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ + �p × � E a + . . .<br />

Ohne Beweis: Der markierte Ausdruck verschwindet bei geeigneter Wahl des Nullpunktes (z.B. in<br />

der negativen Ladung) oder bei homogenen Feldern.<br />

4.4.2 Elektrischer Quadrupol<br />

ϕ Quadru (�r) = 1<br />

8πε<br />

�<br />

�M = �p × � E a<br />

∂ 2<br />

∂xi ∂xj<br />

� ���<br />

1<br />

x<br />

r<br />

′ i x ′ j ρel(�r ′ ) dV ′<br />

Diesen Term für das Potential können wir nun umformen und erhalten den folgenden völlig identischen<br />

Ausdruck:<br />

ϕ Quadru 1<br />

(�r) =<br />

6 · 4πε<br />

� 2 ∂<br />

∂xi ∂xj<br />

� �<br />

1 �3x ′<br />

r<br />

ix ′ j − δijr ′2� ρel(�r ′ ) dV ′<br />

� �� �<br />

spurfreier symmetrischer Tensor 2. Stufe<br />

Wir haben also einen Ausdruck für das Quadrupol-Potential gefunden, in dem ein Tensor ”vorkommt”.<br />

Wir definieren den Tensor des Quadrupolmoments wie folgt:<br />

Qij =<br />

��� �3x ′ ix ′ j − δijr ′2� ρel(�r ′ ) dV ′<br />

Dieser Tensor besitzt die folgenden Eigenschaften:<br />

• reeller symmetrischer Tensor 2. Stufe<br />

• Tensor mit verschwindender Spur: Sp ^Q = Qii = 0<br />

[Qij] = As · m 2<br />

(4.15)<br />

• ^Q ist mit orthogonalen Transformationen diagonalisierbar; dann entsprechen die Hauptdiagonalelemente<br />

den Eigenwerten (Qi. . . EW)<br />

Wegen Qii = 0 ⇒ Q1 + Q2 + Q3 = 0 (Invarianz der Spur)<br />

z.B.: bei der Rotationssymmetrie um die x3-Achse:<br />

Q1 = Q2<br />

Sp.-Bed.<br />

= − 1<br />

2 Q3<br />

(nur ein unabhängiger EW)<br />

Den Ausdruck für das Potential können wir nun noch etwas vereinfachen:<br />

∂2 1 ∂<br />

�<br />

= −<br />

∂xi ∂xj r ∂xi<br />

xj<br />

r3 �<br />

Prod.-R. 3xixj<br />

=<br />

r5 δij<br />

−<br />

r3 Bei der Summation liefert der zweite Teil keinen Beitrag, da Qij spurfrei ist:<br />

Wir erhalten somit:<br />

Qij<br />

ϕ Quadru (�r) = 1<br />

4πε<br />

1<br />

r3 δij = 1<br />

r3 Qii = 0<br />

1<br />

r 5<br />

1<br />

2 Qijxixj<br />

∼ 1<br />

r 3<br />

(4.16)<br />

Einfaches Quadrupolmodell: 4 Punktladungen ✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Bsp.: • häufig bei einfachen Molekülen wie N2, O2<br />

• Deuterium: Qij ≈| e | 2, 8 · 10−27 cm2 Man kann die Effekte des Quadrupols im äußeren Feld über das obige Modell in analoger Weise zum<br />

Dipolmodell studieren.


36<br />

4.5 Leiter im elektrostatischen Feld<br />

Abb. 4.9: Grenzübergang:<br />

l → 0, Q · l 2 =const. ⇒ Punktquadrupol<br />

In der Praxis treten im allgemeinen keine ”reinen” Ladungsverteilungen auf. Im Feld befinden sich<br />

zusätzliche Objekte wie z.B. Meßgeräte, Tische etc..<br />

Die Substanzen, die wir in ein elektrisches Feld bringen, können wir dann bezüglich ihrer elektrischen<br />

Eigenschaft in die folgenden drei Gruppe einteilen:<br />

Leiter Halbleiter Isolatoren<br />

Für uns sind vorerst nur die Leiter interessant, da sie in Wechselwirkung mit dem elektrischen Feld treten.<br />

Eigenschaften von Leitern:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

• Sie enthalten frei bewegliche Ladungsträger.<br />

• Sie sind in der Regel nach außen hin elektrisch neutral.<br />

(Kompensation von Ladungen unterschiedlichen Vorzeichens pro Volumenelement)<br />

Beispiele: Metalle, Plasmen, Elektrolyte<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Wechselwirkung äußerer Felder:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿<br />

übliche Kraftwirkung<br />

⇒ Verschiebung der Ladungsträger, bis sich ein neuer stationärer Gleichgewichtszustand eingestellt<br />

hat<br />

→ Prozeß der Verschiebung wird außer Acht gelassen, da es sich dabei um einen zeitabhängigen Vorgang<br />

handelt!<br />

In der Elektrostatik interessiert uns nur der asymptotische Endzustand!<br />

Endzustand: Alle äußeren elektrischen Kräfte sind kompensiert.<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�<br />

Fel = � 0 ⇒ � E = � 0 ⇔ ϕ = const.<br />

⇒ Die Leiteroberfläche ist eine Äquipotentialfläche (Fläche konstanten Potentials). Räumlich getrennte<br />

Leiter besitzen in der Regel auch unterschiedliche Potentialwerte.<br />

Im Inneren der Leiter (mikroskopisch) erfolgt eine Kompensation von Ladungen und die Überschußladungen<br />

sammeln sich auf der Leiteroberfläche (math.: ”Rand” eines Gebiets). Es kommt zur Abstoßung der gleichen<br />

Ladungen und sie richten sich so aus, daß sie möglichst große Abstände zueinander einnehmen.<br />

Abb. 4.10: Ladungen verteilen sich gleichmäßig auf der<br />

Oberfläche.<br />

Zur Charakterisierung dieser Erscheinung führt man eine ”Flächenladungsdichte” σ(�r) ein:<br />

��<br />

σ(�r) dA = Q = Gesamtladung [σ] = As<br />

m2 F


4.5 Leiter im elektrostatischen Feld 37<br />

Für die Lösung der Poisson-Gleichung mit Leitern im Feld werden Randbedingungen benötigt! Man<br />

braucht daher Informationen über die Struktur des Feldes in der Nähe des Randes!<br />

1. Plausibilitätsbetrachtung: Wir können nun das elektrische Feld, welches aus der Oberfläche des<br />

Abb. 4.11: Aufspaltung des � E-Feld-Vektors<br />

Leiters hinausragt (hineingeht) in eine tangentiale und normale Komponente aufspalten.<br />

� E = � En + � Et<br />

Falls nun � Et �= � 0 ⇒ � Ft �= � 0. Dies hätte eine Verschiebung der Ladungsträger zur Folge, was einen<br />

Widerspruch zur Annahme eines statisches Gleichgewichtszustandes darstellt.<br />

� Et ≡ � 0<br />

⇒ Das elektrische Feld muß senkrecht auf der Leiteroberfläche (Rand des Gebiets)<br />

stehen!<br />

�<br />

2. Auswertung der Wirbelgleichung: �E d�r = 0<br />

Abb. 4.12: kleines Stück Leiter → hinreichend eben<br />

Nähe des Randes: h → 0;<br />

für h → 0 ist d�r ein Element der Tangentialebene der Leiteroberfläche, d.h � E ⊥ zum<br />

Rand<br />

� � � � �<br />

�E d�r = �E d�r + �E d�r + �E d�r + �E d�r<br />

1<br />

3<br />

1,3 Diese beiden Wege gehen in unterschiedliche Richtungen und kompensieren sich so. Man kann<br />

auch argumentieren, daß h → 0. Dann liefern die Integrale keinen Beitrag mehr, da es keinen<br />

Weg mehr gibt, über den integriert werden kann.<br />

4 Dieses Wegstück liegt im Leiter. Dort gilt aber: �E = �0. Demzufolge verschwindet auch dieses<br />

Integral.<br />

�<br />

⇒ �E d�r = 0<br />

Für kurze Wege gilt demzufolge:<br />

3. Auswertung der Quellengleichung:<br />

� E d�r = 0 ⇒ � E ⊥ d�r ⇒ � Et = � 0<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

2<br />

�D d � A = Qin V<br />

4<br />

2


38<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

�D d � A =<br />

Abb. 4.13: ”Keksdose” befindet sich in der Oberfläche<br />

∂V. . . Oberfläche dieser Dose<br />

��<br />

Deckel<br />

�D d � A +<br />

��<br />

Boden<br />

�D d � A +<br />

��<br />

Seitenwand<br />

�D d � A<br />

Das Integral über die Bodenfläche fällt weg, da im Inneren des Leiters kein elektrisches Feld ist.<br />

Auch das Seitenwand-Integral liefert keinen Beitrag, da �En ∼ � Dn ⇒ � D ⊥ d� A ⇒ = 0.<br />

Wir erhalten somit: ��<br />

��<br />

�D �n dA = Qin V = σ dA<br />

Einführung des Potentials:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

∂ϕ<br />

∂n<br />

Deckel<br />

Deckel<br />

⇒ � D �n = σ ⇔ � E �n = σ<br />

ε = |� En|<br />

σ = � D �n = ε � E �n = − ε �n gradϕ = − ε ∂ϕ<br />

∂n<br />

σ = − ε ∂ϕ<br />

∂n<br />

wird als die Normalenableitung des Potentials bezeichnet.<br />

Potentialberechnungen:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

(4.17)<br />

Diese Aufgabenstellung ist im allgemeinen kompliziert, da ρel(�r) ↔ σ(�r) nicht unabhängig voneinander<br />

sind. Es kommt zu einer starken Rückkopplung. Die Lösung wird viel einfacher, wenn σ(�r) vorgegeben<br />

ist ⇔ ∂ϕ<br />

∂n auf dem Rand ist gegeben. Das Lösen der Poisson-Gleichung mit Randbedingungen stellt eine<br />

Randwertaufgabe dar.<br />

Randbedingungen für: ∆· ϕ = − ρel<br />

ε<br />

1. Dirichlet’sche Randbedingung: ϕ auf dem Leiter vorgegeben.<br />

2. Neumann’sche Randbedingung: ∂ϕ<br />

∂n<br />

auf dem Leiter gegeben.<br />

3. Gemischte Randbedingung: a · ϕ + b · ∂ϕ<br />

∂n gegeben<br />

Mit diesen Randbedingungen existiert eine eindeutige Lösung.<br />

4.5.1 Minimaleigenschaft der elektrostatischen Energie<br />

Das statische Gleichgewicht bei der Anwesenheit von Leitern ist durch die konstante Potentialverteilung<br />

auf den Leitern charakterisiert. Wir wollen nun zeigen, daß die elektrostatische Energie für diese Situation<br />

ein Minimum annimmt.<br />

W = 1<br />

2<br />

���<br />

�E D� dV<br />

Für jede andere Feldkonfiguration �E ′ , � D ′ muß dann gelten (gestrichene Größen bezeichnen das variierte<br />

Feld):<br />

W ′ = 1<br />

2<br />

���<br />

� ′<br />

E D � ′<br />

dV ≥ W


4.5 Leiter im elektrostatischen Feld 39<br />

Abb. 4.14: Es sind zwei verschiedene � E-Felder dargestellt.<br />

Vor.: Die Ladungsverteilung und Flächenladungsdichte auf den Leitern werden festgehalten<br />

z.z.:<br />

ρel(�r) = ρ ′ el(�r) σ(�r) = σ ′ (�r)<br />

∆W = W ′ − W = 1<br />

2<br />

� ��E �<br />

′<br />

D � ′<br />

− �E D�<br />

Für die Differenzen führen wir nun die folgenden Abkürzungen ein:<br />

Damit ergibt sich nun:<br />

∆W = 1<br />

� ���E<br />

+ � ′′<br />

E<br />

2<br />

� � D � + D � ′′ �<br />

− �E � �<br />

D dV<br />

∆W = 1<br />

�<br />

�<br />

� ′′<br />

E D � ′′ 1<br />

��E �<br />

dV + � ′′<br />

D + � ′′<br />

E D�<br />

dV<br />

2<br />

2<br />

dV ≥ 0<br />

� E ′′ = � E ′ − � E � D ′′ = � D ′ − � D<br />

Aufgrund von � D = ε �E und � D ′′ = ε �E ′′ können wir den letzten Ausdruck auch schreiben als:<br />

∆W = 1<br />

2 ε<br />

�<br />

�E ′′� ′′<br />

E dV +<br />

�<br />

�E D � ′′<br />

dV (4.18)<br />

Wir betrachten nun das zweite Integral aus Gleichung (4.18) separat und benutzen �E = − gradϕ:<br />

�<br />

�<br />

�E D � ′′<br />

dV = − gradϕ � D ′′ dV<br />

Außerdem verwenden wir die folgende Hilfsformel:<br />

Der Term mit div � D ′′ verschwindet, da<br />

Somit erhalten wir<br />

���<br />

���<br />

�E D � ′′<br />

dV = − div(ϕ � D ′′ ) dV<br />

↓ Gauß<br />

���<br />

� E � D ′′ dV = −<br />

div(ϕ � D ′′ ) = ϕ div � D ′′<br />

� �� �<br />

=0<br />

+ � D ′′ gradϕ<br />

div � D ′′ = div( � D ′ − � D) = div � D ′ − div � D = ρ ′ el(�r) − ρel(�r) Vor.<br />

= 0<br />

��<br />

◦ ϕ � D ′′ d� A<br />

∂V<br />

Wir können nun die Oberfläche ∂V in zwei Anteile aufsplitten. Der eine ist die äußere Oberfläche des<br />

Volumens (∂V∞) und der zweite Anteil ist die Oberfläche des Leiters, der sich im Volumen befindet,<br />

denn dies ist auch eine Oberfläche des Volumens (∂VL). Die Flächennormale der äußeren Oberfläche zeigt<br />

nach außen, wogegen die Flächennormale der Leiteroberfläche in den Leiter hineinzeigt. Das hängt damit<br />

zusammen, daß wir die Oberfläche des Volumens betrachten; uns also in das Volumen setzen und hinaus


40<br />

schauen. Wenn nun die Flächennormale aus dem Volumen hinauszeigt, muß sie zwangsläufig in den Leiter<br />

hineinzeigen. �<br />

�<br />

�E D � ′′<br />

dV = − ϕ � D ′′ d� �<br />

A − ϕ � D ′′ d� A<br />

V<br />

∂VL<br />

Der Anteil der äußeren Oberfläche verschwindet hier, da bei der Multipolentwicklung r hinreichend groß<br />

ist und dann gilt:<br />

⎫<br />

�<br />

�E D � ′′<br />

dV = −<br />

V<br />

�<br />

∂VL<br />

� �<br />

ϕ �D ′<br />

− D�<br />

d� A<br />

ϕ ∼ 1<br />

r<br />

�D ′′ ∼ 1<br />

r 2<br />

∂V∞ ∼ r 2<br />

↓ ϕ auf Oberfläche const. ( Voraussetzung!)<br />

�<br />

�E D � ′′<br />

dV = − ϕ<br />

� � �<br />

�D ′<br />

− D�<br />

d� A<br />

V<br />

∂VL<br />

Für einen Leiter gilt weiterhin � D = � D ′ . Damit:<br />

a) �verschwindet die Tangentialkomponente<br />

�Dt = ε �Et = �0, D � ′<br />

t = ε �E ′ t = � �<br />

0<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

∼ 1<br />

r<br />

∂V∞<br />

→ 0 für r → ∞<br />

b) verschwindet � auch die Normalkomponente<br />

�Dn = σ �n Vor.<br />

= � D ′ �<br />

n<br />

�<br />

⇒ �E D � ′′<br />

dV = 0 ⇒ Damit reduziert sich Gl. (4.18) auf:<br />

V<br />

∆W = ε<br />

2<br />

� ��E ′′ � 2<br />

dV = ε<br />

2<br />

� � �2 �E ′ − �E � ��<br />

≥0<br />

�<br />

dV ≥ 0<br />

Wir konnten also zeigen, daß die elektrische Feldenergie minimal wird, wenn auf dem Rand<br />

des betrachteten Volumens (Leiteroberfläche) das Potential konstant gehalten wird.<br />

Diese Eigenschaft ist z.B. für numerische Rechnung sehr nützlich, da man so ein Kriterium dafür hat, ob<br />

die Rechnung in die richtige oder total falsche Richtung geht (Man prüft ständig, ob die Energie größer<br />

oder kleiner wird; wird sie größer, so ist man auf dem Holzweg.).<br />

4.5.2 Kapazität<br />

Wir betrachten jetzt zwei räumlich getrennte Leiter mit den Ladungen (+Q) und (-Q). Diese Anordnung<br />

wird unabhängig von der Leiterform als Kondensator bezeichnet.<br />

1<br />

Abb. 4.15: Anordnung eines Kondensators<br />

2�<br />

2�<br />

U = �E d�r = − grad ϕ d�r = ϕ1 − ϕ2 = ϕ12<br />

1


4.5 Leiter im elektrostatischen Feld 41<br />

Da die ϕi konstant sind, gilt auch: U = const.<br />

Um die Aufnahmefähigkeit eines Systems für Ladungen zu charakterisieren, wird der Begriff der Kapazität<br />

eingeführt (formale Definition):<br />

C = Q<br />

U<br />

[C] = As<br />

V<br />

= F (4.19)<br />

Diese Größe ist vom Zwischenmedium und der Geometrie der Leiteranordnung abhängig.<br />

Berechnung der Kapazität:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

• Q ist vorgegeben.<br />

• Berechnung des Potentials im Zwischenraum durch das Lösen der Poisson-Gleichung der Form<br />

∆· ϕ = 0 + Randbedingungen (Geometrie).<br />

• Daraus erhält man die Potentialdifferenz (die Spannung).<br />

• Nun folgt die einfache Berechnung der Kapazität.<br />

Die Berechnung geht oft aber auch viel einfacher, d.h. ohne direktes Lösen der Laplace-Gleichung. Wir<br />

führen dies nun am Beispiel des (idealen) Plattenkondensators durch.<br />

Abb. 4.16: Der Plattenkondensator<br />

• Die Plattenfläche A ist sehr groß (unendliche Ausdehnung); der Plattenabstand d dagegen sehr<br />

klein.<br />

• Auf den Platten liegt eine homogene Ladungsverteilung vor, da es zu einer Abstoßung der gleichen<br />

Ladungen kommt, die einen möglichst großen Abstand zueinander einnehmen.<br />

→ σ = const.<br />

• Außerdem vernachlässigen wir das Streufeld am Rand der Platten (da d klein und A groß).<br />

Mit diesen Voraussetzungen können wir nun mit der Berechnung beginnen.<br />

1. Berechnung von � E<br />

σ A = ε<br />

��<br />

� E d � A<br />

�,außen<br />

� �� �<br />

=0,da kein Feld<br />

��<br />

◦ � D d � A = Qin V = σ A<br />

+ ε<br />

��<br />

�,innen<br />

� E d � A + ε<br />

� D = ε � E<br />

Abb. 4.17: Integrationsfläche für die Berechnung von � E<br />

��<br />

�E dA� Rest<br />

� �� �<br />

=0,�n⊥ � E


42<br />

σ A = ε<br />

σ A = ε<br />

��<br />

�,innen<br />

��<br />

� E d � A Ansatz: � E = � E(z) = E(z)�ez (Homogenität d. Ladungsverteilg.)<br />

E(z) �ez · �ez dA<br />

� �� �<br />

d � A<br />

E ist nur von z abhängig ⇒ E ist auf einer Fläche (x,y) const.<br />

��<br />

σ A = ε E(z) dA ⇒ E(z) = σ<br />

= const. (unabhängig von z)<br />

ε<br />

2. Spannungsberechnung<br />

� E = σ<br />

ε �ez<br />

2�<br />

U = �E d�r Wahl des Weges entlang einer Feldlinie des �E - Feldes ⇒ d�r = �ez dz<br />

U =<br />

1<br />

d�<br />

0<br />

U = σ<br />

ε d<br />

σ<br />

ε �ez �ez dz<br />

3. Berechnung der Kapazität<br />

Zusammenhang zwischen ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

C = Q<br />

U<br />

Kapazität und Energie<br />

✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿<br />

U =<br />

Q d<br />

ε A<br />

= ���� ε<br />

Zwischenmedium<br />

·<br />

A<br />

d<br />

����<br />

Geometrie<br />

Die Definition der Kapazität erscheint sehr formal. Deshalb suchen wir jetzt einen physikalischen Zusammenhang<br />

zwischen der elektrostatischen Energie des Feldes und der Kapazität. Unser Ausgangspunkt ist<br />

der Green’sche Satz .<br />

Green’scher Satz: ϕ, ψ sind 2 beliebige Skalarfelder<br />

� � � � � ��<br />

ϕ ∆· ψ + �∇ϕ �∇ψ<br />

V<br />

Wahl: ϕ = ψ = Potential, auf den Leitern konstant<br />

V . . . Volumen außerhalb der Leiter<br />

∆· ϕ = 0<br />

∂V = ∂V∞ + ∂VL1 + ∂VL2<br />

Für unseren Fall lautet der Green’sche Satz also wie folgt:<br />

�<br />

(grad ϕ) 2 �<br />

dV = � 2<br />

E dV =<br />

V<br />

V<br />

dV =<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

ϕ ∂ψ<br />

∂n dA<br />

ϕ ∂ϕ<br />

∂n dA


4.5 Leiter im elektrostatischen Feld 43<br />

�<br />

� 2<br />

E dV =<br />

V<br />

�<br />

V<br />

��<br />

◦<br />

∂VL 1<br />

ϕ ∂ϕ<br />

∂n<br />

� E 2 dV ϕ=const.<br />

= ϕ1<br />

dA +<br />

��<br />

◦<br />

∂VL 1<br />

∂ϕ<br />

∂n<br />

��<br />

◦<br />

∂VL 2<br />

ϕ ∂ϕ<br />

∂n<br />

dA + ϕ2<br />

dA +<br />

��<br />

◦<br />

∂VL 2<br />

��<br />

◦<br />

ϕ ∂ϕ<br />

∂n dA<br />

∂V∞<br />

� �� �<br />

→ 0, r → ∞<br />

∂ϕ<br />

∂n dA<br />

Verwenden jetzt: ∂ϕ<br />

∂n = �n grad ϕ = − �n �E und multiplizieren mit ε<br />

2 durch.<br />

⎡<br />

⎤<br />

1<br />

2<br />

�<br />

V<br />

� E � D dV = − 1<br />

2<br />

⎢<br />

⎣<br />

ϕ1<br />

��<br />

◦<br />

∂VL 1<br />

�D d � A<br />

� �� �<br />

QL 1<br />

+ ϕ2<br />

��<br />

◦ �D d<br />

∂VL2 � ⎥<br />

A ⎥<br />

� �� �<br />

⎦<br />

−QL 2<br />

Da �n in den Leiter hineinzeigt, benötigen wir für die Anwendung der<br />

Maxwell-Gleichungen bei den beiden Integralen noch ein ”Minus”.<br />

Wel = − Q<br />

2 (ϕ2 − ϕ1)<br />

Wel = Q<br />

2 (ϕ1 − ϕ2)<br />

Wel =<br />

Q U<br />

2<br />

= C<br />

2 U2 = 1<br />

2 C Q2<br />

(4.20)<br />

Unter dieser Gleichung versteht man die energetische Definition der Kapazität. In der Mechanik findet<br />

man eine ”Merk-Analogie” zu dieser Gleichung:<br />

Wkin = m<br />

2 v2 = 1<br />

2 m p2


44<br />

5 Magnetfeld stationärer Ströme<br />

Im elektrostatischen Fall hatten wir eine Entkopplung der elektrischen und magnetischen Anteile in den<br />

Maxwell-Gleichungen. Für das Magnetfeld betrachten wir nun:<br />

div � B = 0<br />

rot � H = � j<br />

�B = µ � H µ = const.<br />

(5.1)<br />

Aufgrund der Identität div(rot � H) = 0 = div � j folgt die Kontinuitätsgleichung<br />

div � j = 0<br />

Es muß nun � j(�r) vorgegeben sein. Daraus wollen wir nun � H und � B berechnen.<br />

5.1 Lösung mittels Integralform<br />

��<br />

◦ �B d� A = 0,<br />

�<br />

�H d�r = �<br />

I Summe aller vorzeichenbehafteten<br />

A Ströme durch die Fläche A<br />

∂V<br />

∂A<br />

Bei symmetrischen Feldern kann man die Integralform häufig direkt ausrechnen.<br />

Beispiel: unendlich langer Draht mit der Stromstärke I<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

�B d � A = 0 ⇔ Die Feldlinien des � B - Feldes sind geschlossen.<br />

Es existieren keine magnetischen Ladungen!<br />

Abb. 5.1: ”Rechte-Hand-Regel” legt die Richtung der � H-Feldlinien fest<br />

Abb. 5.2: Der Integrationsweg ist S 1 ;<br />

A beliebige Oberfläche, ∂A Rand von A (Integrationsweg)<br />

Anschaulich: Zylindersymmetrie<br />

�<br />

Ansatz: H(x, � y, z) = H(r, � ϕ, z) = H(r)(−�eϕ) = H(r) �ez × �r<br />

�<br />

r<br />

Das Feld ist translationsinvariant bezüglich z und außerdem invariant unter Drehungen um die<br />

z-Achse. Deshalb hängt � H in Zylinderkoordinaten nur noch vom Abstand r von der Zylinderachse<br />

ab.<br />

Einsetzen in (5.1):<br />

� � �<br />

�H d�r = H(r) �ez × �r<br />

�<br />

d�r = I<br />

r<br />

∂A<br />

∂A


5.2 Das Vektorpotential 45<br />

da ∂A = S 1 �<br />

: d�r ⇈ �ez × �r<br />

�<br />

r<br />

�<br />

in jedem Punkt: d�r = �ez × �r<br />

� �<br />

I = H(r) �ez ×<br />

�<br />

r<br />

ds<br />

∂A<br />

�r<br />

�2 ds<br />

r<br />

| H(r) auf S 1 const.<br />

�<br />

I = H(r) ds = H(r) 2πr<br />

∂A<br />

H(r) = I<br />

2πr ⇒ � H = I (�ez ×�r)<br />

2πr 2 Und mit � I = I �ez :<br />

�H(�r) = � I × �r<br />

2πr 2<br />

Der Betrag von � B bzw. � H ist ∼ 1<br />

r . Dieses untypische Verhalten ist auf den unendlich langen Draht<br />

zurückzuführen.<br />

Wir suchen nun aber eine Methode, die auch für unsymmetrische Stromverteilungen funktioniert.<br />

5.2 Das Vektorpotential<br />

Gesucht ist nun wie in der Elektrostatik ein allgemeines Verfahren für beliebige Stromverteilungen.<br />

Die Gleichung div � B = 0 läßt sich durch die Einführung des sogenannten Vektorpotentials � A(�r) immer<br />

durch<br />

�B = rot � A [ � A] = Vs<br />

m<br />

erfüllen, da die Identität div(rot(. . . )) = 0 gilt. Mit der Materialgleichung und der 2. Maxwell-Gleichung<br />

erhalten wir:<br />

�j = rot H �<br />

1<br />

=<br />

µ rot � B Vekt.-Pot. 1<br />

=<br />

µ rot rot � A = 1<br />

� �<br />

grad div<br />

µ<br />

� �<br />

A − ∆· � �<br />

A<br />

An dieser Stelle erinnern wir uns wieder daran, daß ein Vektorfeld durch die Angabe seiner Wirbel und<br />

Quellen eindeutig festgelegt werden kann (vgl. Abschnitt 2). Bis jetzt haben wir nur Aussagen über die<br />

Wirbel von � A gemacht, d.h. die Quellen fehlen noch.<br />

⇒ Festlegung (Coulomb-Eichung): div � A = 0 (zweckmäßig)<br />

(5.2)<br />

Poisson-Gleichung: ∆· � A = − µ � j (5.3)<br />

Wir können nun auch die Lösung der Poisson-Gleichung aus der Elektrostatik übernehmen (siehe Abschnitt<br />

4.2):<br />

5.2.1 Eichtransformation<br />

�A(�r) = µ<br />

4π<br />

���<br />

Leiter<br />

� j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

Für die (klassische) <strong>Physik</strong> ist � A (nur) eine Hilfsgröße. Meßbar sind nur � H oder � B (z.B. über � F = � j × � B).<br />

Wir haben nun die Möglichkeit, einen Übergang � A → � A ′ zu machen, ohne daß sich das Magnetfeld � B<br />

ändert.<br />

Ausgangspunkt ist die folgende Transformation:<br />

dV ′<br />

(5.4)


46<br />

”Eichtransformation”: � A ′ = � A + grad f(�r) (5.5)<br />

�B ′ = rot � A ′ = rot � A + rot grad f(�r) = rot<br />

� �� �<br />

=0<br />

� A = � B<br />

Wir benötigen nun noch eine zusätzliche Bedingung. Wir fordern die Quellfreiheit des Vektorpotentials<br />

unabhängig von der Eichfunktion f(�r).<br />

div � A ′ = 0 = div � A + div grad f(�r) = div � A + ∆· f(�r)<br />

⇒ Laplace-Gleichung: ∆· f(�r) = 0<br />

Falls der Gradient einer Lösung der Laplace-Gleichung zum Vektorpotential � A addiert wird,<br />

so ändert sich die (klassische) <strong>Physik</strong> nicht!<br />

Beispiel: homogenes Magnetfeld in z-Richtung<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�B = (0, 0, B) B = const. (wegen Homogenität)<br />

�A ′ = � − B<br />

�<br />

B<br />

2 y, 2 x, 0� Diese beiden Vektorpotentiale liefern beide<br />

�A = (0, Bx, 0)<br />

über rot � A = � B das obige Magnetfeld!<br />

Die beiden Vektorpotentiale sind auch quellfrei. Sie lassen sich in der Tat durch die Eichtransformation<br />

ineinander überführen.<br />

f = − B<br />

2 xy + const. ⇒ ∆· f = 0<br />

grad f = � − B B<br />

2 y, − 2 x, 0� , d.h.<br />

�A ′ = � A + grad f<br />

Im folgenden wollen wir nur noch solche Größen als physikalisch relevante Größen (”Meßgrößen”) zulassen,<br />

die invariant unter der Eichtransformation sind (z.B. � B)!<br />

Frage: Ist die allgemeine Lösung für ✿✿✿✿✿✿<br />

� A (5.4) überhaupt mit der Nebenbedingung<br />

div� A = 0 verträglich?<br />

Vor.:<br />

� j sei räumlich beschränkt (reiche also nicht ins Unendliche).<br />

a) Poisson-Gleichung:<br />

∆· � A = − µ � � j | div-Bildung<br />

div ∆· � �<br />

A = − µ div �j �<br />

∆· div� �<br />

A = − µ div �j � �� �<br />

= 0<br />

⇒ div � j = 0 (Kontinuitätsgleichung)<br />

Die Nebenbedingung ist mit der Kontinuitätsgleichung verträglich.<br />

b) Allgemeine Lösung:<br />

div� A(�r) = µ<br />

4π div�r<br />

���<br />

div� A(�r) = µ<br />

4π<br />

���<br />

Leiter<br />

Leiter<br />

div�r<br />

� j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

� j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

dV ′<br />

dV ′<br />

| div wirkt auf �r


5.2 Das Vektorpotential 47<br />

Nebenrechnung:<br />

�<br />

�j(�r ′ )<br />

div�r<br />

| �r −�r ′ �<br />

|<br />

Prod.-Reg.<br />

=<br />

� ′ 1<br />

j(�r ) grad�r<br />

| �r −�r ′ |<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

= − �j(�r ′ (�r −�r<br />

)<br />

′ )<br />

| �r −�r ′ | 3 =�j(�r ′ 1<br />

) (−1) grad�r ′<br />

| �r −�r ′ |<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Prod.-Reg.<br />

= − div�r ′<br />

⎛<br />

⎜ � ′ j(�r )<br />

⎝<br />

| �r −�r ′ | +<br />

1<br />

(�r −�r ′ )<br />

div�r ′ ⎞<br />

� ′<br />

j(�r )<br />

� �� �<br />

⎟<br />

⎠<br />

= − div�r<br />

= 0 Kontinuitätsgl.<br />

′<br />

�<br />

�j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ �<br />

|<br />

An dieser Stelle endet unsere kurze Nebenrechnung. Die beiden markierten<br />

Ausdrücke sind identisch.<br />

div� A NR<br />

= − µ<br />

4π<br />

���<br />

div�r<br />

Leiter<br />

′<br />

� ′ j(�r )<br />

| �r −�r ′ ′<br />

dV<br />

|<br />

div� A Gauß<br />

= − µ<br />

��<br />

◦<br />

4π<br />

� ′ j(�r )<br />

| �r −�r ′ | d�F ′<br />

∂V ′<br />

Wir legen unsere Integrationsoberfläche ∂V ′ nun dahin, wo � j = � 0 (also außerhalb des Gebietes).<br />

Daraus folgt dann, daß<br />

⇒ div � A = 0<br />

5.2.2 Biot - Savart’sches Gesetz (für dünne Leiter)<br />

Alles kompatibel!<br />

In der Praxis haben wir es häufig mit Leitern kleinen Querschnitts zu tun (”Drähte”). Wenn der Querschnitt<br />

gegen Null geht, dann sprechen wir von sogenannten ”Linienströmen”.<br />

dV ′ = d � F d�r ′ =| d � F | · | d�r ′ | d � F . . . gerichtetes differentielles Flächenelement<br />

d � F ⇈ d�r ′ ⇈ � j<br />

� j(�r ′ ) dV ′ =| � j(�r ′ ) | · | d � F | d�r ′<br />

Die Angabe der Richtung von �j wird durch die Richtung von d�r ′ übernommen.<br />

(5.4) ⇒ A(�r) �<br />

µ<br />

=<br />

4π<br />

���<br />

| � ′ j(�r ) | · | d� ′ F | d�r<br />

| �r −�r ′ |<br />

Falls der Aufpunkt hinreichend weit vom Leiter entfernt und der Querschnitt klein ist, kann bei der<br />

1<br />

dF-Integration der Faktor |�r−�r ′ | als konstant angesehen werden!<br />

A(�r) ≈ µ<br />

��<br />

|<br />

4π<br />

�j(�r ′ ) | · | d� �<br />

d�r<br />

F | ·<br />

� �� � Leiter<br />

I<br />

′<br />

| �r −�r ′ |


48<br />

A(�r) ≈ µ<br />

4π I<br />

�<br />

Leiter<br />

d�r ′<br />

| �r −�r ′ |<br />

Aufgrund der Kontinuitätsgleichung muß der Stromkreis geschlossen sein. Damit erhalten wir nun einen<br />

Ausdruck, der exakt für ”Linienströme” ist, für dünne Leiter aber eine gute Näherung darstellt.<br />

A(�r) ≈ µ<br />

4π I<br />

�<br />

Leiter<br />

d�r ′<br />

| �r −�r ′ |<br />

Mit Hilfe diese Ausdrucks können wir nun das Magnetfeld berechnen.<br />

�B(�r) = rot � A = � ∇�r × � A(�r)<br />

�B(�r) = µ<br />

4π I<br />

� �<br />

d�r<br />

�∇�r ×<br />

′<br />

| �r −�r ′ �<br />

|<br />

Nebenrechnung:<br />

�∇�r ×<br />

(5.6)<br />

d�r ′<br />

| �r −�r ′ | = � 1<br />

∇�r ×<br />

| �r −�r ′ | d�r ′ = � 1<br />

∇�r<br />

| �r −�r ′ =<br />

|<br />

�<br />

1<br />

grad�r | �r −�r ′ �<br />

× d�r<br />

|<br />

′<br />

= − (�r −�r ′ )<br />

| �r −�r ′ | 3<br />

′<br />

× d�r<br />

× d�r ′<br />

Wenn wir dieses Resultat nun einsetzen, so erhalten wir das Biot-Savart’sche Gesetz für dünne Leiter:<br />

Biot-Savart’sches Gesetz:<br />

� B(�r) = − µ<br />

4π I<br />

� (�r −�r ′ ) × d�r ′<br />

| �r −�r ′ | 3<br />

Diese Gesetzt stellt eine sehr gute Näherung für dünne Drähte und große Abstände dar ( Querschnitt<br />

Abstand<br />

Beispiele:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. Feld eines unendlich langen Leiters<br />

| �r |= r, | �r ′ |= s, | d�r ′ |= ds, | �a × � b |=| �a | · | � b | sin α<br />

| � B |= µ<br />

4π I<br />

| � B |= µ<br />

4π I<br />

| � B |=<br />

µ I<br />

2πr<br />

∞�<br />

−∞<br />

∞�<br />

−∞<br />

| �r −�r ′ | · | d�r ′ | sin α<br />

| �r −�r ′ | 3<br />

| sin α =<br />

r<br />

(r2 + s2 µ I<br />

ds =<br />

3/2<br />

) 4π r<br />

�<br />

s<br />

r2 √ r2 + s2 (vgl. das Ergebnis in Abs. 5.1)<br />

r<br />

√ r 2 + s 2<br />

2. Kreisförmige Leiterschleife<br />

Wir suchen das Feld im Mittelpunkt der Leiterschleife: � B = � B(0). Außerdem ist:<br />

�r = 0, �r ′ = R �er, d�r ′ = ds �eϕ = R dϕ d�eϕ � �<br />

µ I<br />

B(0) = −<br />

4π<br />

S1 (R dϕ �eϕ) × (R �er)<br />

R3 �B(0) = −<br />

�<br />

dϕ<br />

µ I<br />

4π<br />

1<br />

R (�eϕ × �er)<br />

S 1<br />

� ∞<br />

−∞<br />

(5.7)<br />

≪ 1).


5.3 Energie von Stromverteilungen 49<br />

�B(0) = µ<br />

2<br />

I<br />

R �ez<br />

Abb. 5.3: kreisförmige Leiterschleife<br />

Mit diesem Teilresultat können wir nun auch eine qualitative Erklärung der atomaren magnetischen<br />

Momente im Rahmen des Bohr’schen Atommodells geben.<br />

• kreisendes Elektron ^= Ringstrom<br />

• Kreisfrequenz: ω = 2π<br />

τ , τ. . . Umlaufzeit<br />

• Drehimpuls: � L = �r × �p = R 2 me ω �ez, me. . . Elektronenmasse<br />

• Der Ringstrom erzeugt ein Magnetfeld.<br />

I = ˙ Q ≈ e<br />

τ<br />

= e<br />

2π ω<br />

�B(0) = µ0<br />

2 R I �ez ≈ µ0<br />

e<br />

2π<br />

ω<br />

2 R �ez = µ0 e<br />

2π me<br />

� L<br />

2 R 3<br />

Das magnetische Moment ist wie folgt defininert (siehe Exp.-Ph.):<br />

d �m = � M dV<br />

Mit der Materialgleichung und der Näherung<br />

erhalten wir:<br />

� M . . . Magnetisierung<br />

�B = µ0 � H + � M � M = k � B k . . . numerische Konstante<br />

�m = k<br />

���<br />

unsere Näherung: �m ∼ µ0 e<br />

V<br />

�B(0) dV = k µ0 e<br />

2π me<br />

me<br />

� L<br />

2 R 3<br />

���<br />

dV<br />

V<br />

� �� �<br />

∼R 3<br />

� L exakt: �m = µ0 e<br />

2 me<br />

Das magnetische Moment �m ist für die paramagnetische Eigenschaft von Substanzen verantwortlich.<br />

5.3 Energie von Stromverteilungen<br />

5.3.1 Magnetische Feldenergie<br />

Diesen Fall handeln wir analog zum elektrostatischen Fall ab (vgl. Abschnitt 4.3.2).<br />

Wm = 1<br />

2<br />

�<br />

�H � B dV = 1<br />

2<br />

�<br />

�H rot � A dV<br />

Wir wenden jetzt die Hilfsformel<br />

�<br />

div �a × � �<br />

b = �b rot �a − �a rot �b � L


50<br />

an und erhalten somit:<br />

Wm = 1<br />

2<br />

�<br />

�A rot � � ��H� dV +<br />

�j 1<br />

Wm =<br />

� � �<br />

div �A × H�<br />

2<br />

� ��<br />

Gauß<br />

dV<br />

�<br />

1<br />

2<br />

�<br />

��<br />

�j A� 1<br />

� �<br />

dV + ◦ �A × H�<br />

d<br />

2<br />

�F ∂V<br />

Wir legen unseren Rand ∂V wieder weit außerhalb der (lokalisierten) Ladungsverteilung. Somit liegen die<br />

folgenden Tendenzen vor:<br />

�A ∼ 1<br />

r , H� 1<br />

∼ , ∂V ∼ r2<br />

r2 Damit verschwindet das geschlossene Oberflächenintegral, da wir mit r gegen unendlich gehen. Der Ausdruck<br />

für die magnetische Feldenergie reduziert sich zu:<br />

Wm = 1<br />

2<br />

���<br />

�j(�r) A(�r) � dV (5.8)<br />

R 3<br />

An dieser Stelle setzen wir die allgemeine Lösung des Vektorpotentials (5.4) ein und erhalten einen<br />

Ausdruck für die Energie des magnetischen Feldes.<br />

Wm = µ<br />

8π<br />

��� ���<br />

R 3<br />

R 3<br />

� j(�r) � j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ | dV ′ dV<br />

Wir können auch diese magnetische Energie als ”Selbstenergie” interpretieren. Diese beiden Gleichungen<br />

sind mit den Gleichungen der Elektrostatik völlig identisch (vgl. (4.10)).<br />

5.3.2 Energie einer Stromverteilung im äußeren Feld � B a<br />

Wir setzen hier in analoger Weise wie in der Elektrostatik voraus, daß die Stromverteilung ”eingefroren”<br />

ist, also nicht von � Ba beeinflußt wird.<br />

Wm = 1<br />

� ��H<br />

+ � a<br />

H<br />

2<br />

� � B � + B� a �<br />

dV<br />

Wm = 1<br />

�<br />

�H<br />

2<br />

� B dV + 1<br />

�<br />

�H<br />

2<br />

a�<br />

�<br />

a 1<br />

��H �<br />

B dV + B� a<br />

+ H� a� B dV<br />

2<br />

1. Term Selbstenergie der Ladungsverteilung<br />

2. Term Selbstenergie des äußeren Feldes<br />

3. Term Wechselwirkungsenergie der Stromverteilung im äußeren Feld<br />

Wechselwirkungsenergie:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

W WW<br />

m = 1<br />

� ��H �<br />

B� a<br />

+ H� a� B<br />

�2<br />

= �H rot � A a dV<br />

W WW<br />

m<br />

W WW<br />

m<br />

W WW<br />

m<br />

= �.<br />

. . Rechnung wie in Abs. 5.3.1<br />

= �j(�r) A� a<br />

dV<br />

R 3<br />

Im Spezialfall dünner Leiter (Biot-Savart):<br />

�j(�r) dV =| �j | · | d�F | d�r<br />

W WW<br />

�<br />

m = | �j | · | d�F |<br />

� ��<br />

I<br />

�<br />

�<br />

Leiter<br />

�A a d�r<br />

dV festes<br />

�<br />

= �H<br />

Medium µ<br />

� B a dV


5.4 Magnetischer Dipol 51<br />

Hierbei ist vorausgesetzt, daß sich � Aa über den gesamten Leiterquerschnitt nur ”wenig” ändert (konstant<br />

ist).<br />

�<br />

= I �A a ��<br />

d�r = I rot � A a d� ��<br />

F = I �B a d�F W WW<br />

m<br />

Leiter<br />

W WW<br />

m<br />

F<br />

= I Φ a |F<br />

F bezeichnet die von der Leiterschleife eingeschlossene Fläche und Φ a |F den magnetischen Fluß des<br />

äußeren Feldes durch die Fläche F.<br />

5.4 Magnetischer Dipol<br />

Den magnetischen Dipol behandeln wir völlig analog zum Fall in der Elektrostatik.<br />

Voraussetzung:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

◮ lokale Stromverteilung<br />

◮ | �r |≫| �r ′ |, d.h. uns interessiert das Magnetfeld in großen Abständen von � j<br />

Für die Vereinfachung des Sachverhaltes machen wir unsere Rechnungen für ”dünne” Leiter. Wir benutzen<br />

dafür die Lösung der Poisson-Gleichung (5.4) und die Näherung für dünne Leiter (5.6).<br />

⇒ A(�r) = µ<br />

4π I<br />

�<br />

d�r ′<br />

| �r −�r ′ |<br />

Wenn wir jetzt den Fall haben, daß mehrere unabhängige Stromkreise vorliegen, so können wir diese<br />

einfach superponieren.<br />

A(�r) = µ<br />

4π<br />

N�<br />

Ik<br />

�<br />

d�r ′ k<br />

| �r −�r ′ k |<br />

k=1<br />

O.B.d.A. betrachten wir nur eine Leiterschleife, da wir das Resultat ohne Probleme verallgemeinern<br />

können.<br />

Leiter<br />

Leiter<br />

Multipolentwicklung: ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ Wir wenden Taylor bzgl. des Quellpunktes an<br />

1<br />

| �r −�r ′ 1<br />

=<br />

| r −<br />

� �<br />

∂ 1<br />

x<br />

∂xi r<br />

′ i + . . . r = √ 1<br />

| �r −�r<br />

xi xi<br />

′ | =<br />

1<br />

+<br />

���� r<br />

Monopol<br />

�r ′ �r + . . .<br />

r3 � �� �<br />

Dipol<br />

Diese Entwicklung setzen wir nun in das Integral des Vektorpotentials ein:<br />

�A(�r) = µI<br />

4π<br />

�<br />

d�r ′<br />

r<br />

µI<br />

+<br />

4π<br />

�<br />

�r �r ′<br />

r3 d�r ′ + . . .<br />

Monopolanteil:<br />

� d�r ′<br />

r<br />

= 1<br />

r<br />

<strong>Physik</strong>alische Ursache:<br />

�<br />

Leiter<br />

′ geschl. Leiterschl.<br />

d�r = 0<br />

Daß der Monopolanteil verschwindet, macht eine Aussage darüber, daß es in der Maxwell’schen<br />

Theorie keine magnetischen Monopole gibt. Für alle hinreichend großen Abstände ist stets<br />

das Dipolfeld als dominanter Anteil meßbar!<br />

Leiter<br />

F


52<br />

Wir machen nun für den Dipolanteil eine identische Umformung: ”nahrhafte Null”<br />

d�r ′ (�r �r ′ ) = 1<br />

2 [d�r ′ (�r �r ′ ) − �r ′ (�r d�r ′ )]<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

+ 1<br />

2 [d�r ′ (�r �r ′ ) + �r ′ (�r d�r ′ )]<br />

1. Summand: Zerlegung eines doppelten Vektorprodukts (markierte Ausdrücke sind identisch)<br />

Leiter<br />

d�r ′ (�r �r ′ ) = 1<br />

2 (�r ′ × d�r ′ ) ×�r<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Dieses Resultat setzen wir nun ein und erhalten<br />

�A Dipol (�r) = µI<br />

4π<br />

1<br />

r3 �<br />

⎡<br />

⎣ 1<br />

2 (�r ′ × d�r ′ ) ×�r + 1<br />

2<br />

�A Dipol (�r) = µI<br />

8π<br />

�<br />

Leiter<br />

(�r ′ × d�r ′ ) × �r<br />

r 3<br />

+ 1<br />

2 d (�r (�r �r ′ ))<br />

d (�r (�r �r ′ ))<br />

� �� �<br />

=0, Umlaufint. über totales Diff.<br />

Wir definieren das magnetische Dipolmoment �m der Stromverteilung nun wie folgt:<br />

�m = µI<br />

2<br />

�<br />

Leiter<br />

(�r ′ × d�r ′ ) [ �m] = VS · m (5.9)<br />

�A Dipol (�r) =<br />

�m �r<br />

4 π r 3<br />

⎤<br />

⎦<br />

(5.10)<br />

Bem.: Der Ausdruck für � A Dipol gilt allgemein. Allerdings wird �m für dicke Leiter oder Permanentmagneten<br />

anders berechnet.<br />

An dieser Stelle wollen wir noch eine äquivalente Darstellung für das Vektorpotential des Dipolfeldes<br />

geben.<br />

�<br />

1 α =<br />

Hilfsformel: rot(α �a) = grad α × �a + α rot �a<br />

r<br />

�a = �m<br />

rot �m<br />

� �<br />

1<br />

= grad × �m +<br />

r r<br />

1<br />

r<br />

rot �m<br />

r<br />

� �� �<br />

− �r<br />

r 3<br />

= �m �r<br />

r 3<br />

rot �m<br />

� �� �<br />

0, �m=const.<br />

�A Dipol (�r) = 1<br />

4 π rot<br />

� �<br />

�m<br />

r<br />

Wir wollen nun das Dipolmoment �m anhand ebener Leiter geometrisch Veranschaulichen.<br />

�m = µI<br />

�<br />

(�r<br />

2<br />

′ × d�r ′ )<br />

1<br />

2 (�r ′ × d�r ′ ) = �n 1<br />

2 | �r ′ × d�r ′ |<br />

� �� �<br />

dF<br />

Daß man mit dem Kreuzprodukt die Fläche des Parallelogramms, welches von den<br />

beiden Vektoren aufgespannt wird, berechnen kann, ist eine geometrische Bedeutung.<br />

⇒ �m = µ I �n � dF = µ I F �n (∗) F . . . die von der Leiterschleife eingeschlossene Fläche


5.4 Magnetischer Dipol 53<br />

Abb. 5.4: �m ⊥ Fläche(in Normalenrichtung)<br />

Abb. 5.5: �n = �ez<br />

Beispiel: Kreisförmig umlaufende Punktladung (vgl. Abschnitt 5.2.2) I = ✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

˙ e ω<br />

Q =<br />

�ez | � L |<br />

→ Anwendung von (*)<br />

�m = µ0<br />

�m = µ0 e<br />

2 me<br />

e � L<br />

2π R 2 me<br />

π R 2<br />

� L (exakter Ausdruck)<br />

Berechnung von �B ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Dipol :<br />

�A Dipol ist keine direkte Meßgröße ⇒ � B Dipol<br />

�B Dipol = rot<br />

�B Dipol Vektor-<br />

=<br />

analysis<br />

� �<br />

�A Dipol<br />

1<br />

4π<br />

= 1<br />

4π<br />

�<br />

grad div<br />

� �<br />

�m<br />

rot rot<br />

� �<br />

r<br />

�m<br />

− ∆·<br />

r<br />

�m<br />

�<br />

r<br />

2π<br />

Drehimp.<br />

=<br />

e | � L |<br />

R 2 me 2π<br />

Wir betrachten nun beide Anteile separat.<br />

1. div(α �a) = �a grad α + α div �a<br />

�<br />

1 α = r<br />

�a = �m = const.<br />

� �<br />

�m<br />

grad div<br />

r<br />

=<br />

�<br />

grad �m grad 1<br />

� �<br />

= − grad �m<br />

r<br />

�r<br />

r3 =<br />

� � �<br />

1<br />

= − grad �m�r<br />

r3 � �<br />

1<br />

− grad<br />

r3 �<br />

�m�r + 1<br />

�<br />

grad( �m�r) | f = f(r) ⇒ grad =<br />

r3 �r<br />

=<br />

d<br />

r dr<br />

�<br />

− − 3<br />

r4 �r �m<br />

( �m�r) +<br />

r r3 �<br />

2. ∆· �m 1<br />

= �m ∆·<br />

r r<br />

r �= 0: ∆· 1<br />

r = 0 (vgl. Coulomb-Potential)<br />

r = 0 Uninteressant, da wir das Feld nur in großen Abständen betrachten (Vor. für<br />

die Multipolentwicklung)<br />

�B Dipol (�r) = 1<br />

4 π r 3<br />

�<br />

3<br />

( �m �r) �r<br />

r 2<br />

�<br />

− �m<br />

(5.11)<br />

Diese Gleichung können wir direkt mit der Gleichung des � E-Feldes eines elektrischen Dipols (4.13) vergleichen.<br />

Sie ähneln sich sehr und man muß nur �m gegen �p ”austauschen”.<br />

� L =


54<br />

In äußeren magnetischen Feldern kommt es wieder zu speziellen Kraftwirkungen auf magnetische Dipole.<br />

Sei � H a ein äußeres Feld, dann gilt (ohne Beweis):<br />

Wechselwirkungsenergie : WWW mag = − �m � Ha Kraft :<br />

�F = ( �m grad) H� a<br />

Drehmoment :<br />

M � = �m × H� a<br />

Nachtrag: Nichtexistenz magnetischer Monopole<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

→ Wir hatten den Nachweis nur für den Spezialfall dünner Leiter geführt.<br />

→ Jetzt wollen wir diesen Sachverhalt allgemein nachweisen.<br />

Ausgangspunkt: Allgemeine Lösung des Vektorpotentials (5.4)<br />

�A(�r) = µ<br />

4π<br />

���<br />

Leiter<br />

� j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ |<br />

Wir machen jetzt eine Multipolentwicklung für lokalisierte Stromverteilungen.<br />

1<br />

| �r −�r ′ | =<br />

�A(�r) = µ<br />

4π r<br />

1<br />

r<br />

����<br />

interessant, da nur dieser Anteil zum Monopol führt<br />

���<br />

� ′ ′<br />

j(�r ) dV + . . .<br />

Leiter<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

dV ′<br />

+ �r<br />

r 3 �r ′ + . . .<br />

Beweise analog wie in der<br />

Elektrostatik<br />

Es bleibt zu zeigen, daß das Integral verschwindet ⇔ Monopolanteil ist identisch Null.<br />

Wir führen für die x-Komponente von � j eine explizite Rechnung durch. Aufgrund der Schreibarbeit lassen<br />

wir den ”Strich” weg (�r ′ = �r).<br />

���<br />

jx(�r) dV =<br />

Hilfsformel: div(α �a) = �a grad α + α div �a<br />

� �� �<br />

=0, Kontinuitätsgl.<br />

���<br />

���<br />

jx(�r) dV = (x · � ���<br />

j) dV<br />

jx(�r) dV Gauß<br />

��<br />

= ◦ x · �j d�F ���<br />

jx(�r) dV = 0<br />

∂V<br />

��� ���<br />

�j �ex dV = �j grad(x) dV<br />

� �a = � j<br />

α = x<br />

Abb. 5.6: Wir wählen ∂V so, daß sie außerhalb von � j �= � 0<br />

liegt.<br />

Diese Rechnung können wir nun analog für die y- und z- Komponente von � j machen. Das Resultat ist:<br />

Wir können jetzt allgemein sagen:<br />

Es gibt in der Maxwell’schen Theorie keine magnetischen Monopole; zumindest<br />

nicht für lokalisierte Stromverteilungen!


5.5 Kräfte von Magnetfeldern auf Ströme 55<br />

5.5 Kräfte von Magnetfeldern auf Ströme<br />

Wir betrachten jetzt eine Stromverteilung im äußeren Feld � B a , � A a . Durch eine Stromquelle werde für<br />

einen konstanten Strom in der Leiterschleife gesorgt.<br />

Gesucht: Kraft � F, die das äußere Feld � B a auf die Stromverteilung ausübt ( � f = � j × � B a )<br />

→ Herleitung auf Basis des Energiesatzes<br />

Energiebilanz:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Bei kleinen Verschiebungen des Stromkreises um δ�r wird vom System Arbeit � F δ�r verrichtet, die auf<br />

Kosten der magnetischen Feldenergie δWmag realisiert wird. Wir treffen die folgenden Annahmen für<br />

eine vereinfachte Rechnung:<br />

◮ Energiebeiträge der Stromquelle / Joule’sche Wärme seien vernachlässigbar, z.B. supraleitende<br />

Stromschleife (I=const.).<br />

◮ Keine Deformation der Leiterschleife beim Verschieben (Selbstenergie sei const.).<br />

◮ Das äußere Feld sei fest vorgegeben.<br />

⇒ Abnahme der magnetischen Feldenergie = verrichtete mechanische Arbeit<br />

Wmag → Wmag + δWmag ; δWmag + � F δ�r = 0<br />

⇒ Wmag ist unter den obigen Voraussetzungen die Wechselwirkungsenergie.<br />

W WW<br />

mag = Wmag = � � j � A a dV ; δWmag = − � F δ�r<br />

Abb. 5.7: Verschiebung einer Leiterschleife<br />

δ�r = (δx1, δx2, δx3, )<br />

Der Index ”a” wird während der Rechnung unterdrückt.<br />

Zweckmäßig: Komponentenschreibweise, Summationskonvention (vgl. Abschnitt 2)<br />

�<br />

δWmag = δ jl Al dV | Das Volumen sei fest und hinreichend groß<br />

(Verschiebung nur innerhalb von V)<br />

�<br />

→ Variation und Volumen-Integration sind unabh.<br />

=<br />

�<br />

δ(jl Al) dV | nur die Stromverteilung wird variiert, äußeres Feld fest<br />

δAl=0<br />

= Al δjl dV | jl = jl(xk)<br />

=<br />

=<br />

�<br />

Al<br />

�<br />

Ai<br />

∂jl<br />

∂xk<br />

∂ji<br />

∂xn<br />

δxk dV<br />

δxn dV<br />

| Indexumbenennung<br />

| δxn . . . Variat. der Leiterschleife durch Verschieben<br />

Hilfsformel: Zerlegung doppeltes Vektorprodukt (vgl. Abschnitt 2)<br />

� �<br />

∂jm<br />

εikl εlmn = (δimδkn − δinδkm)<br />

∂xk<br />

∂jm<br />

∂xk<br />

� �<br />

∂jm<br />

εikl εlmn =<br />

∂xk<br />

∂ji ∂jk<br />

− δin<br />

∂xn ∂xk ����<br />

div � j=0<br />

� �<br />

∂ji<br />

∂jm<br />

= εikl εlmn | · δxn<br />

∂xn<br />

∂xk � �<br />

∂ji<br />

∂<br />

δxn = εikl εlmn jm δxn<br />

∂xn<br />

∂xk<br />

Dieses Resultat können wir nun in unsere Gleichung für δWmag einsetzen.


56<br />

δWmag =<br />

δWmag =<br />

δWmag<br />

�<br />

�<br />

Ai εikl εlmn<br />

εikl εlmn Ai<br />

Prod.-Reg.<br />

=<br />

�<br />

� ∂<br />

∂xk �<br />

∂<br />

∂xk<br />

∂<br />

jm<br />

jm<br />

�<br />

δxn dV<br />

�<br />

δxn dV<br />

(Ai jm) δxn dV<br />

εikl εlmn<br />

�<br />

∂xk<br />

��<br />

Integral 1<br />

�<br />

−<br />

�<br />

εikl εlmn jm<br />

Wir betrachten zunächst das Integral 1:<br />

� �<br />

∂<br />

∂<br />

(εikl εlmn Ai jm) δxn dV = δxn Tkn<br />

∂xk � �� �<br />

∂xk � �� �<br />

Tkn<br />

Tensordivergenz<br />

� �<br />

∂Ai<br />

δxn dV<br />

∂xk<br />

dV Gauß<br />

⇒<br />

��<br />

◦Tkn dFn → 0<br />

Daraus ergibt sich für unsere Änderung der magnetischen Feldenergie:<br />

δWmag =<br />

=<br />

=<br />

�<br />

� �<br />

∂Ai<br />

− εikl εlmn jm δxn dV<br />

� �� � ∂xk<br />

l,n vertauschen<br />

�<br />

� �<br />

∂Ai<br />

εnml jm εikl<br />

δxn dV<br />

���� ∂xk<br />

i,l vertauschen<br />

�<br />

∂Ai<br />

− εnml jm εlki δxn dV<br />

∂xk � �� �<br />

| Antisymmetrie von ε<br />

= −<br />

= −<br />

Skalar-Prod.<br />

= −<br />

Wegen der obigen Energiebilanz:<br />

�<br />

(rot � A) l =Bl<br />

εnml jm Bl δxn dV<br />

� �� �<br />

( � j× � B) n<br />

� ��j �<br />

× B�<br />

n δxn dV<br />

� ��j<br />

× B� a �<br />

· δ�r dV<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

δWmag = − � F δ�r Kraftdichte<br />

= −<br />

�<br />

�<br />

�f dV δ�r = − �f δ�r dV<br />

Der Vergleich der beiden markierten Ausdrücke liefert (da δ�r bel.):<br />

Beispiele für Kraftdichten:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. bewegte Punktladung<br />

Lorentz-Kraftdichte:<br />

� f = � j × � B a<br />

(5.12)<br />

�j = ρel(�r, t) �v (Konvektionsstrom)<br />

Für eine Punktladung gilt: ρel = Q δ(�r −�rQ(t)) �rQ(t) . . . aktueller Ort der<br />

Punktladung<br />

�j = Q �vQ δ(�r −�rQ(t))<br />

� �<br />

�vQ(t) . . . aktuelle Geschwindigkeit der Punktladung<br />

�F = �f dV =<br />

�<br />

�j × B(�r) � dV<br />

�F = Q �vQ × δ(�r −�rQ) � B(�r) dV<br />

� F δ−Fkt.<br />

= Q �vQ × � B(�rQ) Lorentz-Kraft auf eine Punktladung Mit dem 2. Newton’schen Axiom<br />

� F = m ¨ �r erhalten wir noch eine wichtige physikalische Meßgröße: Die spezifische Ladung.<br />

¨�r =<br />

Q<br />

�v ×<br />

���� m<br />

spezifische Ladung<br />

� B


5.5 Kräfte von Magnetfeldern auf Ströme 57<br />

2. Kraft zwischen 2 geschlossenen Leitern<br />

Abb. 5.8: Die Richtung der<br />

Lorentz-Kraft erhalten wir<br />

mittels der<br />

”Rechte-Hand-Regel”<br />

Ges.: Leiter 2 erzeugt � B2 ⇒ Kraftwirkung des Leiters 2 auf 1<br />

Vor.: dünne Leiter<br />

�j � dV → I d�r �<br />

. . . dV → . . . d�r<br />

Abb. 5.9: Wir betrachten jetzt nur das vom 2. Leiter erzeugte Magnetfeld und<br />

dessen Wirkung auf den Leiter 1.<br />

� F1 =<br />

���<br />

� j1 × � B2 dV =<br />

�<br />

L1<br />

I1 d�r × � B2(�r1)<br />

Wir können nun � B2(�r1) durch das Biot-Savart’sche Gesetz (5.7) ersetzen und erhalten für die Kraft<br />

auf den ersten Leiter<br />

�F1 = µ I1 I2<br />

4π<br />

� �<br />

d�r1 × (d�r2 × (�r1 − �r2))<br />

| �r1 −�r2 | 3<br />

L1 L2<br />

Mit dieser Gleichung erhalten wir eine sehr komplizierte Richtungsabhängigkeit, die unangenehm<br />

ist. Deshalb diskutieren wir den Fall am Beispiel paralleler Drähte:<br />

Definition des Ampères:<br />

Abb. 5.10: Parallele Drähte mit gleicher Stromrichtung ziehen sich an.<br />

Wenn im Vakuum auf zwei gerade starre Leiter, die sich im Abstand von 1 m befinden, auf<br />

einer Länge von 1 m eine Kraft von 2 · 10 −7 N wirkt, so fließt in ihnen ein Strom von 1 A<br />

Stärke.


58<br />

6 Felder quasistatischer Ströme<br />

Die meisten Probleme der Elektrotechnik und Elektronik spielen sich im Gebiet der langsam veränderlichen<br />

Felder ab.<br />

Diese Aussage ist diffus, denn was bedeutet ”langsam”? Langsam wogegen?<br />

Annahme: Zeitlich periodischer Vorgang (oder periodisch gedämpft)<br />

T. . . Schwingungsdauer, c. . . Lichtgeschwindigkeit<br />

⇒ c · T = λ. . . Wellenlänge<br />

⇒ Wir haben so einen zeitlichen Vergleich auf einen räumlichen zurückgeführt.<br />

Falls: λ ≫ l (l. . . charakteristische Systemlänge), so ist die Retardierung der Felder zu vernachlässigen.<br />

D.h. � j oder ρel ändern sich an irgendeiner Stelle im System<br />

⇒ Feldstärkeänderungen werden instantan (”sofort”) im gesamten System wirksam!<br />

Bsp. Wechselstrom: ν=50 Hz ⇒ λ ≈ 6.000 km; Labor-/Hausanlagen liegen im Meterbereich<br />

→ Retardierung zu vernachlässigen<br />

Dies ist z.B. realisierbar durch rot � H = � j + ˙ � D<br />

| � j | ≫ | ˙ � D | (6.1)<br />

Wir wollen jetzt eine kurze Abschätzung für zeitlich periodische Felder treffen:<br />

�E ∼ �E0(�r) eiωt ˙�D<br />

⇒<br />

= i ω ε � �<br />

E |<br />

�j = σ �E ˙ D � |<br />

| �j | = | i | ω ε | �E |<br />

σ | � =<br />

E |<br />

ω ε<br />

≪ 1<br />

σ<br />

⇒ Für hinreichend kleine Frequenzen ist die Vernachlässigung der Retardierung realisierbar. Am Beispiel<br />

von Kupfer ergibt sich:<br />

σ<br />

ε = 1017 s −1 sichtbares Licht: ω ≈ 10 14 s −1 ⇒<br />

ω ε<br />

σ ≈ 10−3 ≪ 1<br />

Der Gültigkeitsbereich der quasistationären Ströme hängt stark vom gewählten Material ab.<br />

Zusammenfassende Annahmen:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. Vernachlässigung des Verschiebungsstroms ˙ � D im Inneren und Äußeren der Leiter.<br />

2. Keine Raumladungen ρel(�r, t) innerhalb der Leiter<br />

Abschätzung:<br />

� j = σ � E, allgemeine Kontinuitätsgleichung:<br />

0 = ∂ρel<br />

∂t + div(σ � E)<br />

∂ρel<br />

∂t + div � j = 0<br />

0 = ∂ρel<br />

∂t + (grad σ)�E + σ div �E 0 Max.-Gl. ∂ρel σ<br />

= +<br />

∂t ε ρel + �E grad σ<br />

→ betrachten jetzt homogene Leiter: grad σ = 0, σ = const.<br />

˙ρel + σ<br />

ε ρel = 0<br />

Int.<br />

⇒<br />

t − ρel(t) = ρ0 e τ τ ≡ ε<br />

σ<br />

Nach einer Zeit t = τ sind sie Raumladungen dann abgebaut. Hier zwei Zahlenbeispiele:<br />

Kupfer: τ ≈ 10 −17 s Isolator: τ ≈ 10 −2 s<br />

Für fast alle Bereiche der Elektrotechnik / Elektronik sind diese Annahmen gut erfüllt. Damit reduziert<br />

sich unser Maxwell-System auf:


6.1 Induktionsvorgänge in Leitern 59<br />

div � D = 0<br />

div � B = 0<br />

rot � E = − ˙ � B<br />

rot � H = � j<br />

aber � j = � j(�r, t), unter der Vorraussetzung, daß die<br />

Vorgänge langsam ablaufen.<br />

außerdem: div � j = 0<br />

Bei der Feldberechnung entsprechend des obigen Systems ist eine Fallunterscheidung notwendig.<br />

1.Fall � j(�r, t) ist vorgegeben (einfache Variante)<br />

- Zunächst Berechnung von � H, � B (wie im analogen Fall, t wird als formaler Parameter betrachtet<br />

⇒ Zeitabhängigkeit von � j überträgt sich einfach auf � H) → vgl. Methoden in Abs.<br />

5.<br />

- über das Induktionsgesetz kann man � E und � D einfach berechnen.<br />

2.Fall Innerhalb der Leiter ist � j(�r, t) i.A. unbekannt<br />

- häufig führt man die Stromdichte mittels des Ohm’schen Gesetzes auf das elektrische Feld<br />

zurück<br />

� j(�r, t) = σ � E(�r, t)<br />

- Die Gleichungen sind verkoppelt → komplizierter<br />

- Es ist notwendig, alle Funktionen simultan zu bestimmen; die Kopplung sieht wie folgt aus:<br />

6.1 Induktionsvorgänge in Leitern<br />

Abb. 6.1: Kopplung der physikalischen Größen<br />

Ausgangspunkt: magnetische Feldenergie, wobei � j = � j(�r, t) sein kann!<br />

Wmag(t) = 1<br />

2<br />

Wmag(t) = µ<br />

8π<br />

�<br />

�H � B dV = 1<br />

2<br />

� �<br />

�j(�r, t) � ′ j(�r , t)<br />

| �r −�r ′ |<br />

�<br />

� j � A dV<br />

dV dV ′<br />

⇒<br />

� H = � H(�r, t)<br />

Die Zeit t ist hier nur ein formaler Parameter, der für die Herleitung dieses Ausdrucks keine Bedeutung<br />

hat.<br />

Im Falle zweier räumlich getrennter Leiter sieht die Sache wie folgt aus:<br />

Wmag = 1<br />

⎧<br />

µ<br />

⎨�<br />

�<br />

�j1(�r, t)<br />

2 4π ⎩<br />

1 2<br />

�j2(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ dV dV<br />

|<br />

′ � �<br />

�j2(�r, t)<br />

+<br />

2 1<br />

�j1(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ dV dV<br />

|<br />

′ +<br />

� �<br />

�j1(�r, t) �j1(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ dV dV<br />

|<br />

′ � �<br />

�j2(�r, t)<br />

+<br />

�j2(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ dV dV<br />

|<br />

′<br />

⎫<br />

⎬<br />

⎭<br />

1 1<br />

2 2


60<br />

Für die beiden ersten Integrale (12) können wir die Methode dünner Drähte anwenden:<br />

� �<br />

�j dV → I(t) d�r →<br />

Damit � �ergibt<br />

sich z.B.<br />

µ<br />

. . . dV dV<br />

4π<br />

′ = µ<br />

4π I1(t)<br />

� �<br />

d�r d�r<br />

I2(t)<br />

′<br />

| �r −�r ′ | = L12 I1(t) I2(t), wobei<br />

1 2<br />

1 2<br />

Koeff. der Gegeninduktion: L12 = µ<br />

4π<br />

V<br />

� �<br />

d�r d�r ′<br />

| �r −�r ′ |<br />

L12 ist (abgesehen von µ) eine rein geometrische Größe (Form der Leiterschleife und deren gegenseitiger<br />

Lage). Analog können wir (21) berechnen:<br />

� �<br />

µ<br />

. . . dV dV<br />

4π<br />

′ = µ<br />

4π I2(t)<br />

� �<br />

d�r d�r<br />

I1(t)<br />

′<br />

| �r −�r ′ | = L21 I2(t) I1(t)<br />

2 1<br />

Hierbei gilt offensichtlich:<br />

2 1<br />

L12 = L21<br />

Für die beiden restlichen Integrale ( � �<br />

, � �<br />

) ist die Näherung dünner Drähte nicht praktikabel.<br />

1 1<br />

2 2<br />

1 2<br />

→ führt auf divergente Integralausdrücke<br />

⇒ die Volumenintegration muß vollständig ausgeführt werden<br />

Wir definieren jetzt folgende Größen:<br />

L11 = µ<br />

4π I 2 1<br />

L22 = µ<br />

4π I 2 2<br />

� �<br />

1 1<br />

� �<br />

2 2<br />

� j1(�r, t) � j1(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ |<br />

� j2(�r, t) � j2(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ |<br />

dV dV ′<br />

dV dV ′<br />

Somit erhalten wir für die Feldenergie:<br />

Wmag(t) = 1<br />

2<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

Koeffizienten der Selbstinduktion<br />

�<br />

L11 I 2 1 + 2 L12 I1 I2 + L22 I 2� 2<br />

Wenn wir diese Gleichung für N Leiter verallgemeinern, ergibt dies:<br />

Wmag(t) = 1<br />

2<br />

N�<br />

N�<br />

k=1 l=1<br />

Lkl Ik Il<br />

Die Lkl sind wie folgt festgelegt:<br />

l �= k ⇒ Llk ≡ µ<br />

4π<br />

� �<br />

d�r d�r<br />

l k<br />

′<br />

| �r −�r ′ |<br />

l = k ⇒ Lll ≡ µ<br />

4πI2 � �<br />

�jl(�r, t)<br />

l<br />

�jl(�r ′ , t)<br />

| �r −�r ′ |<br />

l l<br />

mit Lkl = Llk<br />

dV dV ′<br />

Da Wmag ≥ 0, sind die Koeffizienten von Lkl > 0 (pos. definit). Bei der Wahl des Umlaufsinns in � �<br />

. . .<br />

ist dies zu berücksichtigen.<br />

(6.2)<br />

l k


6.1 Induktionsvorgänge in Leitern 61<br />

Typisch für die Energie ist die Struktur der quadratischen Form. Am Beispiel einer einzelnen Spule ergibt<br />

sich:<br />

Wmag = 1<br />

L I2<br />

2<br />

In diesem Fall werden die Indizes auch weggelassen, da man ja nur eine einzige Spule (Leiter) hat.<br />

Induktionsvorgänge:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Nach der Maxwell-Theorie haben zeitlich veränderliche Magnetfelder aufgrund von<br />

rot � E = − ˙ � B ein elektrisches Wirbelfeld zur Folge bzw. über Uind = � � E d�r eine induzierte Spannung.<br />

Wir betrachten im folgenden insbesondere die wechselseitige Induktion zweier stromdurchflossener Leiterschleifen.<br />

U ind<br />

1<br />

U ind<br />

1<br />

�<br />

= �<br />

d<br />

E d�r = −<br />

dt<br />

�<br />

�B d<br />

1<br />

1<br />

�F = − d<br />

dt<br />

�<br />

�B1 d�F − d<br />

dt<br />

�<br />

�B2 d�F = U ind<br />

11<br />

1<br />

1<br />

+ U ind<br />

12<br />

Die Induktionsspannung besteht aus 2 Anteilen. Durch zeitliche Änderungen von � B2 und des Eigenfeldes<br />

�B1.<br />

1. Berechnung der Gegeninduktion U ind<br />

12<br />

�<br />

1<br />

�<br />

�B2 d � F Vekt.-Pot.<br />

=<br />

�B2 d � F (5.4)<br />

=<br />

�1<br />

�B2 d�F �1<br />

1<br />

�<br />

1<br />

�<br />

1<br />

µ<br />

4π<br />

dünne Leiter<br />

=<br />

rot � A2 d�F Stokes<br />

=<br />

�<br />

�j2(�r2, t)<br />

dV d�r1<br />

| �r1 −�r2 |<br />

2<br />

µ<br />

4π I2(t)<br />

� �<br />

d�r1 d�r2<br />

| �r1 −�r2 |<br />

1 2<br />

→ Methode des ”dünnen Drahtes”<br />

�<br />

�A2 d�r1<br />

1<br />

�B2 d � F (6.2)<br />

= L12 I2(t) = Φ12 Φ12 . . . mag. Fluß von Leiter 2 auf 1<br />

⇒ U ind<br />

12 = − d<br />

dt (L12 I2(t))<br />

starre Geometrie<br />

⇒ U ind<br />

12 = − L12 ˙ I2(t)<br />

2. Berechnung der Selbstinduktionsspannung Uind 11<br />

�<br />

Φ11 = �B1 d� �<br />

F = rot � A1 d�F Stokes<br />

�<br />

= �A1 d�r1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

�r1 ^= �r<br />

Die Näherung dünner Drähte führt auf divergente Integrale. Es ist sinnvoll, einen mittleren magnetischen<br />

Fluß Φ11 einzuführen. Als Gewichtungsfunktion verwenden wir die Stromdichte:<br />

�<br />

Φ11<br />

1<br />

Φ11 =<br />

�j d�F �<br />

�<br />

�j d�F ⇔ I1 Φ11 = Φ11 �j d�F 1<br />

I1 Φ11 =<br />

�� �<br />

�A1(�r<br />

1<br />

′ ) d�r ′ �j(�r, t) d�F � �� �<br />

1<br />

Φ11<br />

1


62<br />

Ein Umordnen der Vektoren ist möglich, wobei dV ′ = d�r ′ d � F ′ .<br />

I1 Φ11 =<br />

I1 Φ11<br />

���<br />

� ′<br />

j(�r ) A1(�r � ′ ) dV ′<br />

1<br />

(5.4)<br />

= µ<br />

4π<br />

Φ11 = L11 I1(t)<br />

� �<br />

1 1<br />

⇒ U ind<br />

11 = − d<br />

dt Φ11<br />

Abb. 6.2: Längs einer Stromröhre in Leiter 1 gilt die Kontinuitätsgleichung:<br />

� j(�r)d � F = � j(�r ′ )d � F ′<br />

außerdem: d�r ′ ⇈ � j(�r ′ )<br />

� j(�r) � j(�r ′ )<br />

| �r −�r ′ | dV dV ′ = L11 I 2 1<br />

Zusammengefaßt gilt bei starrer Geometrie: U ind<br />

1<br />

starre Geometrie<br />

⇒ U ind<br />

11 = − L11 ˙ I1(t)<br />

= − L12<br />

dI2<br />

dt<br />

− L11<br />

Bei der Verallgemeinerung für N Leiter bei starrer Geometrie ergibt sich:<br />

Φi =<br />

N�<br />

j=1<br />

Lij Ij ⇒ U ind<br />

i<br />

Beispiel: Berechnung der Selbstinduktion der Torus-Spule über einen indirekten Weg<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

= −<br />

N�<br />

j=1<br />

Lij<br />

dIj<br />

dt<br />

dI1<br />

dt<br />

Abb. 6.3: Charakteristische Radien der Torus-Spule: r,R<br />

N Windungen, Stromstärke I<br />

1. Feldberechnung → Integralform<br />

�<br />

�H d�r = N · I S 1 mit Radius r ′ , � H entlang einer Feldlinie const.<br />

S 1 ,r ′<br />

N · I = H<br />

�<br />

S 1 ,r ′<br />

dr ⇒ H(r ′ ) =<br />

N · I<br />

2π r ′<br />

Wir betrachten jetzt den Spezialfall ”dünner” Torus: r<br />

≪ 1<br />

R<br />

R − r ≤ r ′ ≤ R + r ⇒ R � r ′ � R ⇒ r ′ ≈ R<br />

⇒ H =<br />

N · I<br />

2π R<br />

für<br />

2. Magnetische Energie<br />

Wmag = 1<br />

�<br />

�H<br />

2<br />

� B dV = µ<br />

2<br />

Wmag = µ<br />

2<br />

!<br />

Wmag = 1<br />

2<br />

N 2 VTorus<br />

4π 2 R 2<br />

L I2<br />

I 2<br />

r<br />

≪ 1<br />

R<br />

N 2 I 2<br />

4π 2 R 2<br />

⇒ L =<br />

�<br />

Torus<br />

dV<br />

µ N2<br />

4 π2 VTorus<br />

R2


6.2 Schwingungsdifferentialgleichung 63<br />

6.2 Schwingungsdifferentialgleichung<br />

In Anwendungen spielen zeitlich periodische Vorgänge eine dominante Rolle. Wir wollen jetzt eine qualitative<br />

Erklärung geben. Dafür betrachten wir einen einfachen Stromkreis mit L, C, R - Gliedern. Die Ka-<br />

pazität und Induktivität haben wir in den vorherigen Abschnitten schon besprochen, doch der Ohm’sche<br />

Widerstand ist uns eigentlich noch ”unbekannt”. Wir wollen R deshalb am Beispiel eines geraden Leiters<br />

aus homogenen Material betrachten:<br />

�<br />

I = �j d�F = j F | j = σ E<br />

F<br />

I = σ F E | E = U<br />

I = σ<br />

l<br />

F<br />

U<br />

l<br />

1<br />

⇔ I =<br />

R U<br />

⇒ R = 1<br />

σ<br />

l l<br />

= ρ<br />

F F<br />

ρ . . . spez. elektrischer Widerstand<br />

Energiebilanz ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿<br />

d<br />

dt (Wmag + Wel) +<br />

im Kreis (vgl. Abs. 3.2.2)<br />

✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿<br />

Wel = 1<br />

2C Q2 , Wmag = 1<br />

2<br />

��<br />

◦�S d�F = −<br />

� �� �<br />

≈0 keine Abstrahlung<br />

���<br />

L I2<br />

WJoule = �j � dünne Drähte<br />

E dV = I(t)<br />

⇒ 0 = 1<br />

2C<br />

d<br />

dt Q2 + 1<br />

2<br />

0 = 1<br />

C I Q + L I ¨ Q + R I 2<br />

0 = 1<br />

C Q + L ¨ Q + R ˙ Q<br />

�<br />

Leiter<br />

L d<br />

dt I2 + R I 2<br />

���<br />

�j �E dV<br />

V<br />

� �� �<br />

WJoule<br />

� E d�r Ringspannung<br />

= I · U = R · I 2<br />

I = ˙ Q<br />

Für die Schwingungsdifferentialgleichung erhalten wir also:<br />

freie, gedämpfte Schwingung:<br />

¨ Q + R<br />

L ˙ Q + 1<br />

LC<br />

Q = 0<br />

Für den Fall, daß R=0, erhalten wir die Differentialgleichung für die freie, ungedämpfte Schwingung:<br />

6.3 Der Skineffekt<br />

¨Q + 1<br />

LC Q = 0 ⇒ ω2 0 = 1<br />

LC<br />

Der Skineffekt ist ein Beispiel dafür, daß die Stromdichte nicht vorgegeben ist. Mittels des Ohm’schen<br />

Gesetzes ist die Stromdichte aber durch das elektrische Feld bestimmt.


64<br />

Maxwell:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

div � B = 0<br />

div � D = 0<br />

rot � E = − ˙ � B (1)<br />

rot � H = σ � E (2)<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

− keine elektrischen Ladungen<br />

− ˙ � D vernachlässigt (quasistationär)<br />

− keine zusätzlichen äußeren Felder<br />

− � j = σ � E für moderate Frequenzen<br />

− σ, µ, ε = const.<br />

Hier tritt nun der unangenehme Fall auf, daß die Gleichungen (1) und (2) verkoppelt sind. Durch die<br />

Erhöhung der Ordnung wird nun eine Entkopplung des Systems erreicht.<br />

rot (1) ⇒ rot rot � E = − rot ˙ � B = − µ rot ˙ �H<br />

∂<br />

∂t<br />

(2) ⇒ ∂<br />

∂t rot � H = rot ˙ � H = σ ∂<br />

∂t � E<br />

rot rot � E = grad div � E<br />

� �� �<br />

=0<br />

Mit diesen Umformungen erhalten wir nun:<br />

− ∆· � E = ∆· � E = µ rot ˙ � H µ rot ˙ �H = µ σ ∂ � E<br />

∂t<br />

µ σ ∂� E<br />

∂t = ∆· � E<br />

Diese Gleichung hat die Form einer ”Diffusonsgleichung” bzw. ”Wärmeleitungsgleichung”. In analoger<br />

Weise erhalten wir, wenn wir die beiden Operationen (rot und ∂/∂t jetzt auf die jeweils andere Gleichung<br />

anwenden:<br />

µ σ ∂� B<br />

∂t = ∆· � B<br />

Das weitere Vorgehen besteht nun darin, mit der Lösung der ”Diffusionsgleichung” in die Original-<br />

Maxwell-Gleichungen einzugehen, wodurch sich dann Einschränkungen ergeben.<br />

Wir werden nun die Lösung für den Fall eines zylinderförmigen dicken Leiters aus homogenen Material<br />

suchen.<br />

Vor.: · grad ε = grad µ = grad σ = 0<br />

✿✿✿✿✿<br />

· ρel = 0, keine Raumladungen im Leiter (kleine Frequenzen)<br />

· Gültigkeit von �j = σ�E (kleine ω)<br />

� j = jz �ez<br />

jz = jz(r, ϕ, z) = jz(r)<br />

Aufgrund des Ohm’schen Gesetzes machen wir nun den folgenden Ansatz:<br />

� E(�r, t) = ^E(r) �ez e iωt<br />

e iωt beschreibt die periodische Zeitabhängikeit (komplex) und ^E(r) ist die komplexe Funktion des Radius.<br />

Das Rechnen mit komplexen Größen ist zweckmäßig und für lineare Gleichungen mit reellen Koeffizienten<br />

möglich. D.h. keine ”Vermischung” von Real- und Imaginärteil.<br />

Also: · Gleichungen lösen<br />

✿✿✿✿✿<br />

· Trennen von Real- und Imaginärteil<br />

· Re ist hier der physikalisch relevante Anteil<br />

Mit diesem Ansatz gehen wir nun in die Differentialgleichung:<br />

∂�E ∂t = iω�E, ∆· �E Zyl.-Koord.<br />

�<br />

1 d<br />

=<br />

r<br />

r dr<br />

d<br />

dr � �<br />

E +<br />

�<br />

Differentiation<br />

��<br />

nach ϕ, z<br />

�<br />

=0<br />

i µ ω σ ^E(r) �ez eiωt = 1<br />

�<br />

d<br />

r<br />

r dr<br />

d<br />

dr ^E(r)<br />

�<br />

�ez eiωt i µ ω σ ^E(r) = 1<br />

�<br />

d<br />

r<br />

r dr<br />

d<br />

dr ^E(r)<br />

�<br />

| α = √ ω µ σ


6.3 Der Skineffekt 65<br />

d 2^E(r)<br />

dr 2<br />

1<br />

+<br />

r<br />

d^E(r)<br />

dr − i α2 ^E(r) = 0<br />

Wir haben so eine Differentialgleichung 2. Ordnung zur Bestimmung der Funktion ^E(r) gefunden. Üblich<br />

ist die Lösung über Potenzreihenansätze, doch hier ist die folgende Substitution zweckmäßiger:<br />

x<br />

Substitution: r =<br />

α √ −i<br />

d<br />

dr = α √ −i d<br />

dx<br />

x . . . formale kompl. Variable<br />

Wir erhalten mit dieser Substitution eine spezielle Bessel’sche Differentialgleichung.<br />

d2^E 1<br />

+<br />

dx2 x<br />

d^E<br />

dx + ^E = 0<br />

Die allgemeine Form der Bessel’schen Differentialgleichung sieht wie folgt aus:<br />

y ′′ + 1<br />

x y ′ +<br />

�<br />

1 − p2<br />

x2 �<br />

y = 0<br />

p ist hier ein reeller Parameter, der in unserem Fall gleich Null ist.<br />

Die Lösungen der Bessel’schen Differentialgleichung sind:<br />

y(x) = A · Jp(x)<br />

� �� �<br />

Bessel’sche Fkt.<br />

+ B · Np(x)<br />

� �� �<br />

Neumann’sche Fkt.<br />

Ein Vergleich für unseren Fall liefert: ^E(x) = A · J0(x) + B · N0(x)<br />

Wir müssen jetzt nur noch die Randbedingungen berücksichtigen:<br />

A,B . . . Integrationskonstanten<br />

die Fkt. N0(x) wird für x → 0 (d.h. im Zentrum des Leiters) unendlich groß<br />

⇒ | � j| → ∞; dies ist aber unphysikalisch<br />

⇒ B = 0 gewählt!<br />

Rücksubstitution:<br />

^E(r) = A · Jo(α √ −i r)<br />

Mit einer Zeitabhängigkeit: ^Ez(r, t) = A · Jo(α √ −i r) e iωt , � E = ^Ez �ez<br />

Jetzt müssen wir noch die Integrationskonstante A fixieren.<br />

Stromstärke: ^I(t) = I<br />

����<br />

I ←<br />

��<br />

I =<br />

I<br />

�<br />

jz dF ← σ<br />

�<br />

jz(r) dF Polar-koord.<br />

=<br />

Quers. el. Feld<br />

= 2π A σ<br />

I =<br />

2π A σ<br />

−i α 2<br />

x0 �<br />

0<br />

R�<br />

0<br />

J0(x) x dx<br />

Scheitelwert<br />

e iωt , Re(^I(t)) = I cos(ωt)<br />

Ez dF ⇒ I hängt irgendwie mit A zusammen<br />

R�<br />

0<br />

2π �<br />

0<br />

→ Integration über den Querschnitt des Leiters<br />

jz(r) r dϕ dr = 2π<br />

Für die Integrale über Bessel-Funktionen gilt:<br />

R�<br />

jz(r) r dr<br />

J0(α √ −i r) r dr | Subst.: r = x<br />

α √ −i<br />

2π A σ R<br />

⇒ I =<br />

α √ J1(α<br />

−i<br />

√ −i R)<br />

I α<br />

Hieraus erhält man: A =<br />

√ −i<br />

2π σ R J1(α √ −i R)<br />

0<br />

R = x0<br />

α √ −i<br />

�<br />

J0(x) x dx = x · J1(x), J1(0) = 0<br />

⇒ Damit ist A fixiert!


66<br />

⇒ jz(r, t) = α √ −i I<br />

2π R<br />

J0(α √ −i r)<br />

J1(α √ −i R) eiωt<br />

Aus dieser Lösung suchen wir jetzt den physikalisch relevanten Anteil: Polardarstellung z =| z | e iϕ<br />

jz(r, t) =| jz(r) | e iϕ(r) e iωt =| jz(r) | e i(ϕ(r)+ωt)<br />

⇒ Re(jz(r, t)) =| jz(r) | cos(ϕ(r) + ωt)<br />

Mit den Funktionen J0 und J1 (siehe Tabellen) ist nun eine Diskussion möglich.<br />

Jetzt: Wir interessieren uns jetzt für die Stromverteilung am Rande sehr dicker Leiter!<br />

✿✿✿✿✿<br />

Abb. 6.4: Rand eines dicken Leiters:<br />

R≫1, r≫1, r


Elektromag. Felder beliebiger zeitabh. Ladungen und Ströme 67<br />

Abb. 6.5: Skin-Effekt<br />

7 Elektromag. Felder beliebiger zeitabh. Ladungen und Ströme<br />

Bisher wurden nur Spezialfälle betrachtet. Ab jetzt gehen wir das vollständige Maxwell-System an!<br />

Weiterhin gilt:<br />

• µ, ε = const. (homogene Medien)<br />

• ρel(�r, t), � j(�r, t) seien gegeben<br />

• Randbedingungen<br />

div � B = 0 (7.1)<br />

div � D = ρel (7.2)<br />

rot � E = − ˙ � B (7.3)<br />

rot � H = � j + ˙ � D (7.4)<br />

�B = µ � H , � D = ε � E (7.5)<br />

Frage: Welche elektromagnetischen Felder sind möglich, falls ρel und ✿✿✿✿✿✿<br />

�j vorgegeben werden und die<br />

Rückwirkung zu vernachlässigen ist?<br />

7.1 Elektrodynamische Potentiale<br />

In der Elektrostatik haben wir gesehen, daß die Einführung von Potentialen zweckmäßig war. Dies ist<br />

auch hier im allgemeinen Fall möglich.<br />

Das System der gekoppelten Differentialgleichungen 1. Ordnung können wir auf Kosten der<br />

Ordnung entkoppeln.<br />

Im Einzelnen sieht dies nun wie folgt aus:<br />

Aufgrund von Gleichung (7.1) kann wieder ein Vektorpotential eingeführt werden, das jetzt aber zeitabhängig<br />

ist:<br />

�B(�r, t) = rot � A(�r, t)<br />

Dies ist für quellfreie Felder wegen der Identität div (rot �v) = 0, ∀ �v, immer möglich!<br />

Dies setzen wir nun in die Gleichung (7.3) ein:<br />

rot �E = − ˙ B �<br />

∂<br />

= −<br />

∂t rot � A = − rot ˙ A � | rot linearer Operator<br />

� �<br />

�0 = rot �E ˙<br />

+ �A


68<br />

⇒ Die Summe � E + ˙ � A ist wirbelfrei!<br />

⇒ das Feld kann als Gradient eines skalaren Potentials ϕ(�r, t) geschrieben werden:<br />

� E + ˙ �A = − grad ϕ(�r, t) ⇒ � E = − grad ϕ − ∂ � A<br />

∂t<br />

→ Dieses Potential stimmt im Fall der Elektrostatik ( ˙ � A = � 0) mit dem skalaren Potential überein.<br />

Die Felder � A(�r, t) und ϕ( �<br />

r, t) werden als elektrodynamische Potentiale bezeichnet.<br />

Jetzt bleiben uns noch die Gleichungen (7.2) und (7.4). Wir können sie benutzen, um Bestimmungsgleichungen<br />

für � A und ϕ zu finden.<br />

div � D = ρel | Einsetzen der Gleichung für � �<br />

E + (7.5)<br />

div − grad ϕ − ˙ �<br />

A�<br />

= ρel<br />

ε<br />

− ∆· ϕ − div ˙ ρel<br />

A � = | Addition einer ”Nahrhaften Null”<br />

ε<br />

− ∆· ϕ + ε µ ¨ϕ − ∂<br />

�<br />

div<br />

∂t<br />

� �<br />

A + ε µ ˙ϕ = ρel<br />

(∗)<br />

ε<br />

rot � H = � j + ˙ � D | Einsetzen von � H + (7.5)<br />

1<br />

µ rot rot � A = � j + ε ˙ � E | rot rot(. . . ) = −∆· (. . . ) + grad div(. . . )<br />

˙�E = − grad ˙ϕ − ¨ � A<br />

− ∆· � A + grad div � A = µ �j − ε µ grad ˙ϕ − ε µ ¨ A�<br />

− ∆· � A + ε µ ¨ �<br />

A � + grad div � �<br />

A + ε µ ˙ϕ = µ �j (∗∗)<br />

Zur Abkürzung definieren wir nun einen linearen Differentialoperator 2. Ordnung:<br />

d’Alembert-Operator: � ≡ 1<br />

v 2<br />

∂2 1<br />

− ∆· v ≡ √<br />

∂t2 ε µ<br />

v ist hierbei eine universelle Geschwindigkeit. Der d’Alembert-Operator wird auch als Wellen-Operator<br />

bezeichnet.<br />

Mit diesem Operator wird aus (*) und (**) also:<br />

�ϕ − ∂<br />

�<br />

div<br />

∂t<br />

� A + 1<br />

�<br />

˙ϕ =<br />

v2 ρel<br />

ε<br />

�� �<br />

A + grad div � A + 1<br />

�<br />

˙ϕ = µ<br />

v2 � ⎫<br />

⎪⎬<br />

Die Bestimmungsgleichungen für<br />

j ⎪⎭<br />

� A<br />

und ϕ sind noch miteinander verkoppelt!<br />

�B = rot � A fixiert nur die Wirbel von � A. Die Quellen wurden noch nicht festgelegt, was für ein Vektorfeld<br />

aber erforderlich ist, wenn man es eindeutig bestimmen möchte (vgl. Abs. 2). Zweckmäßig ist nun:<br />

Lorentz-Konvention: div � A + 1<br />

v 2<br />

Mit dieser Konvention erhält man nun für die ”Wellengleichungen”:<br />

�ϕ = ρel<br />

ε<br />

∂ϕ<br />

∂t<br />

= 0 (7.6)<br />

und � � A = µ � j + Lorentz-Konvention! (7.7)


7.2 Retardierte Potentiale 69<br />

Wir haben jetzt also inhomogene Wellengleichungen mit ρel(�r, t) und � j(�r, t) als Inhomogenitäten. Man<br />

kann dieses Gleichungssystem auch als ”Potentialform” der Maxwell-Gleichungen bezeichnen!<br />

Die Lorentz-Konvention gehört dazu!!!<br />

Die Lorentz-Konvention scheint erlaubt, aber eine relativ willkürliche Bedingung zu sein. Eine Begründung<br />

findet sich im Rahmen der relativistischen Formulierung der Elektrodynamik.<br />

Wir zeigen hier, daß die Lorentz-Konvention mit der Ladungserhaltung verträglich ist! Dazu wenden wir<br />

und div auf die Gleichung (7.7) an:<br />

∂<br />

∂t<br />

∂ ∂ ρel ∂ϕ 1 ∂ρel<br />

�ϕ = ⇔ � =<br />

∂t ∂t ε ∂t ε ∂t<br />

div �� A = div µ � �<br />

j ⇔ � div � �<br />

A = µ div �j Multiplikation mit ε, µ + Addition liefert:<br />

�<br />

∂ρel<br />

µ<br />

∂t + div � � �<br />

j = � div � A + µ ε ∂ϕ<br />

�<br />

∂t<br />

� ∂ρel<br />

∂t + div � j = 0<br />

� �� �<br />

=0, Lorentz-Konvention<br />

Zumindest liefert die Lorentz-Konvention keine Widersprüche zur <strong>Physik</strong>!<br />

Eichtransformation: vergleiche Abs. 5<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Elektrodynamische Potentiale sind nur Hilfsgrößen. <strong>Physik</strong>alisch meßbar sind nun �E und � B. Unter der<br />

Berücksichtigung der Lorentz-Konvention gibt es nur noch Freiheiten in der Wahl von � A(�r, t) und ϕ(�r, t).<br />

�A → � A ′ = � A + grad f(�r, t)<br />

ϕ → ϕ ′ = ϕ − ∂<br />

⎫<br />

⎬<br />

Gelten simultan mit gleichem f(�r, t).<br />

f(�r, t) ⎭<br />

∂t<br />

Für die beobachtbaren Felder � E und � B gilt nun:<br />

�B ′ = rot � A ′ = rot ( � A + grad f) = rot � A + rot grad f =<br />

� �� �<br />

=0<br />

� B<br />

� ′ ′ ∂<br />

E = − grad ϕ − � A ′<br />

�<br />

= − grad ϕ −<br />

∂t ∂f<br />

�<br />

−<br />

∂t<br />

∂� A ∂f<br />

− grad<br />

∂t ∂t<br />

� ′ ∂<br />

E = − grad ϕ − � A<br />

∂t = �E D.h. zunächst ist � E = � E ′ und � B = � B ′ für alle Funktionen f(�r, t). Deshalb untersuchen wir jetzt noch die<br />

Lorentz-Konvention, um eventuelle Einschränkungen zu finden oder auszuschließen.<br />

div � A ′ + 1<br />

v2 div � A ′ + 1<br />

v2 ∂ϕ ′<br />

∂t<br />

∂ϕ ′<br />

∂t = div � A + 1<br />

v2 Eichtransf.<br />

= div � A + ∆· f + 1<br />

v 2<br />

∂ϕ<br />

∂t<br />

∂ϕ<br />

∂t − �f(�r, t) ! = 0<br />

− 1<br />

v 2<br />

∂ 2 f<br />

∂t 2<br />

Dies bedeutet: Die Lorentz-Konvention ist nur dann invariant, wenn gilt:<br />

�f(�r, t) = 0<br />

Die Funktion f ist also eine Lösung der homogenen Wellengleichung.<br />

7.2 Retardierte Potentiale<br />

�<br />

∂ϕ<br />

Im statischen Fall ∂t = 0, ∂� �<br />

A<br />

∂t = 0 reduzieren sich die Wellengleichungen (7.7) auf die schon diskutierten<br />

Poisson-Gleichungen:<br />

∆· ϕ = − ρel<br />

ε<br />

∆· � A = − µ � j (Coulomb-Eichung)


70<br />

Bei den Poisson-Gleichungen war die Methode der Green’schen Funktionen erfolgreich (vgl. Abs. 4.2).<br />

Wir gehen nun zur Lösung der Wellengleichung analog vor:<br />

�G(�r, t) = δ(�r) · δ(t) δ(�r) = δ(x) · δ(y) · δ(z)<br />

Hierbei ist G(�r, t) die Green’sche Funktion der inhomogenen Wellengleichung. Die rechte Seite der Gleichung<br />

stellt eine punktförmige Quelle dar, die nur am Orte�r = � 0 und nur zur Zeit t=0 von Null verschieden<br />

ist.<br />

Wir ”erraten” jetzt die Lösung:<br />

retardierte Green’sche Funktion: G R (�r, t) = 1<br />

4πr δ<br />

�<br />

t − r<br />

�<br />

v<br />

Diese Funktion ist nur bei r = t · v �= 0, d.h. auf dem Lichtkegel von Null verschieden!<br />

<strong>Physik</strong>alische Argumente:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

δ-artige Quellen erzeugen bei t=0 einen Blitz am Ort �r = � 0.<br />

◮ G R verschwindet ∀ t < 0 (dann ist das Argument der δ-Funktion immer negativ bei r > 0, v > 0)<br />

◮ G R erfüllt physikalisch sinnvolle Randbedingungen (d.h. sie verschwindet für r → ∞ und alle<br />

endlichen t)<br />

◮ t > 0: Der Lichtblitz breitet sich mit der Geschwindigkeit v als Kugelfläche (Radius r=vt) aus<br />

Es existiert aber eine weitere Fundamentallösung:<br />

avancierte Green’sche Funktion: G A (�r, t) = 1<br />

4πr δ<br />

�<br />

t + r<br />

�<br />

v<br />

Sie beschreibt die einlaufenden Kugelwellen für t < 0. Wir haben also formal akausale Verhältnisse vorliegen,<br />

d.h. vor dem Einschalten der Quelle war die Wellenlösung bereits da!!!<br />

Die tiefere Ursache für das Auftreten von G A und G R ist:<br />

Die Invarianz des Wellenoperators unter der Transformation t → -t. Der Wellenoperator<br />

ist ein reversibler Operator.<br />

Wir zeigen nun, daß G R/A Lösungen von �G = δ(�r) · δ(t) sind. Aufgrund von<br />

G(�r, t) = G(r, t) ist die Einführung von Kugelkoordinaten sinnvoll:<br />

� = 1<br />

v 2<br />

∂ 2<br />

∂t<br />

R/A Prod.-R.<br />

�G<br />

∂2 2 ∂<br />

− ∆· mit ∆· = + + Diff. nach ϕ, θ<br />

2 ∂r2 r ∂r<br />

� �<br />

1<br />

�<br />

= − ∆· · δ t ∓<br />

4πr<br />

r<br />

�<br />

−<br />

v<br />

� �� �<br />

Term 1<br />

1<br />

4πr2 � 2 ∂ 1<br />

−<br />

∂r2 v2 ∂2 ∂t2 � �<br />

· δ t ∓ r<br />

�<br />

v<br />

� �� �<br />

−<br />

Term 2<br />

1<br />

4πr<br />

2 ∂<br />

r ∂r δ<br />

�<br />

t ∓ r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

∂<br />

− 2<br />

∂r<br />

�<br />

1<br />

4πr<br />

∂<br />

∂r δ<br />

�<br />

t ∓ r<br />

�<br />

v<br />

� �� �<br />

Term 3<br />

Jetzt wollen wir diese 4 Anteile etwas genauer diskutieren.<br />

� �<br />

1<br />

1 Beachte Elektrostatik: ∆· = − δ(r)<br />

4πr<br />

2 Bis auf den Faktor 1<br />

4πr :<br />

� 2 ∂ 1<br />

−<br />

∂r2 v2 ∂2 ∂t2 �<br />

=<br />

� ∂<br />

∂r<br />

− 1<br />

v<br />

wobei ξ− ≡ t − r<br />

v , ξ+ ≡ t + r<br />

v<br />

D.h.<br />

∂2 ∂ξ + ∂ξ− f � ξ + od. −� = 0<br />

� �<br />

∂ ∂<br />

∂t ∂r<br />

� �� �<br />

Term 4<br />

+ 1<br />

v<br />

�<br />

∂<br />

=<br />

∂t<br />

1<br />

v2 ∂ 2<br />

∂ξ + ∂ξ −<br />

retardierte / avancierte Koordinate


7.2 Retardierte Potentiale 71<br />

3,4 Differentiation nach r<br />

Insgesamt:<br />

�GR/A = δ(r) · δ � t ∓ r<br />

�<br />

v<br />

�GR/A = δ(r) · δ(t)<br />

∂<br />

∂r<br />

� �<br />

1<br />

= −<br />

r<br />

1<br />

r2 ⇒ Kompensation der Terme<br />

| erste δ − Funktion nur bei r = 0 verschieden von Null<br />

Wir betrachten nun eine beliebige (lokalisierte) Quellverteilung am Beispiel des skalaren Potentials ϕ(�r, t).<br />

� ϕ(�r, t) = ρel(�r, t)<br />

ε<br />

δ−Fkt.<br />

= 1<br />

ε<br />

��<br />

ρel(�r ′ , t ′ ) δ(�r −�r ′ ) δ(t − t ′ )<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ dV ′ dt ′<br />

Wir setzen hier jetzt die Definitionsgleichung der Green’schen Funktion (nur G R ) ein:<br />

� G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) = δ(�r −�r ′ ) δ(t − t ′ )<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Hierbei ist die Invarianz von � unter Verschiebungen in Raum und Zeit verwendet (vgl. Elektrostatik).<br />

� ϕ(�r, t) = 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

ε<br />

′ , t ′ ) � (�r,t)G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) dV ′ dt ′<br />

� ϕ(�r, t) = � 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

ε<br />

′ , t ′ ) G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) dV ′ dt ′<br />

�<br />

0 = � ϕ(�r, t) − 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

ε<br />

′ , t ′ ) G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) dV ′ dt ′<br />

�<br />

⇒ ϕ(�r, t) = Ψ(�r, t) + 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

ε<br />

′ , t ′ ) G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) dV ′ dt ′<br />

Hierbei ist Ψ(�r, t) eine beliebige Lösung von � Ψ(�r, t) = 0, d.h. sie löst die homogene Wellengleichung.<br />

Wir lassen die Lösung des homogenen Problems weg (⇔ Ψ(�r, t) = 0) und interessieren uns nur für den<br />

Lösungsanteil, der direkt mit der Inhomogenität ρel verknüpft ist.<br />

Spezielle Lösung !!!: Ψ(�r, t) = 0 und G = G R<br />

⇒ ϕ(�r, t) = 1<br />

ε<br />

Einsetzen der Green’schen Funktion:<br />

G R (�r −�r ′ , t − t ′ 1<br />

) =<br />

4π (�r −�r ′ ) δ<br />

�<br />

t − t ′ − | �r −�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

→ ϕ(�r, t) = 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

4πε<br />

′ , t ′ )<br />

| �r −�r ′ | δ<br />

�<br />

t − t ′ − | �r −�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

��<br />

ρel(�r ′ , t ′ ) G R (�r −�r ′ , t − t ′ ) dV ′ dt ′<br />

dV ′ dt ′<br />

Integration bzgl. t’ trivial: Liefert den Integranden an der Stelle<br />

t ′ = t − | �r −�r ′ |<br />

(vgl. Abs. 2)<br />

v<br />

ϕ(�r, t) = 1<br />

4πε<br />

�<br />

Quellen<br />

ρel<br />

In analoger Weise erhält man für das Vektorpotential:<br />

�A(�r, t) = µ<br />

4π<br />

�<br />

Quellen<br />

�<br />

�r ′ , t − |�r−�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

| �r −�r ′ dV<br />

|<br />

′<br />

�<br />

�j �r ′ , t − |�r−�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

| �r −�r ′ dV<br />

|<br />

′<br />

(7.8)<br />

(7.9)


72<br />

Diese speziellen Lösungen heißen retardierte Potentiale.<br />

Charakteristisch:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Das Zeitargument tR = t − | �r −�r ′ |<br />

heißt retardierte Zeit.<br />

v<br />

Ursache: Alle physikalischen Wirkungen breiten sich mit endlicher Geschwindigkeit aus (gilt<br />

streng!).<br />

Die Potentiale bei �r zum Zeitpunkt t rühren vom Zustand der Quelle am Orte �r ′ und zur früheren Zeit tR<br />

her! Die Zeitdifferenz t − tR ist gerade die Laufzeit der Welle von �r ′ nach �r mit der Laufgeschwindigkeit<br />

v.<br />

◮ Ohne Beweis: Retardierte Potentiale genügen der Lorentz-Konvention.<br />

◮ Im statischen Fall reduzieren sich die Lösungen auf die Lösungen der Poisson-Gleichung (t ≈ tR).<br />

Lösungsprinzip: Vorgabe von ρel(�r, t) und ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�j(�r, t)<br />

• Berechnung von ϕ(�r, t), � A(�r, t) durch Integration<br />

• Berechnung von � B(�r, t) und � E(�r, t) durch Differentiation<br />

• Impuls, Energie, Kräfte, . . .<br />

7.3 Der Hertz’sche Dipol<br />

= Prototyp einer Strahlungsquelle<br />

Eine zeitlich abhängige Quelle wird realisiert durch: q = q(t)<br />

˙�p = ˙q � l = I � l, I = I(t)<br />

Wir verzichten auf alle Feinheiten im Inneren einer realen Antenne. Daher wird unser Modell nur für<br />

hinreichend große Abstände, d.h. für |�r −�r ′ | ≫ | � l|, die Linearantenne einigermaßen modellieren können.<br />

7.3.1 Berechnung der retardierten Potentiale<br />

Wir beschränken uns jetzt also von Anfang an auf einen infinitesimalen Dipol | � l| ≪ 1 und punktförmige<br />

Ladungen.<br />

ρel(�r, t) = q δ(�r) − q δ(�r + �l) für | �l| ≪ |�r| Taylor<br />

∂<br />

ρel(�r, t) ≈ − q lk δ(�r) + . . .<br />

∂xk<br />

ρel(�r, t) = − pk<br />

∂<br />

∂xk<br />

Diesen Ausdruck differenzieren wir jetzt partiell nach der Zeit:<br />

δ(�r)<br />

∂<br />

∂t ρel(�r, t) = − ˙pk<br />

∂<br />

∂xk<br />

δ(�r) | pk nicht ortsabhängig<br />

= − ∂<br />

=<br />

( ˙pk δ(�r))<br />

∂xk<br />

� �<br />

− div ˙�p δ(�r) ⇔<br />

∂<br />

∂t ρel(�r, t) = − div �j


7.3 Der Hertz’sche Dipol 73<br />

Ein Vergleich liefert nun:<br />

� j(�r, t) = ˙ �p δ(�r)<br />

ρel(�r, t) und �j(�r, t) beschreiben die Quellstruktur des infinitesimalen Dipols. Wir wollen jetzt die retardierten<br />

Potentiale auswerten. Dafür starten wir mit dem Vektorpotential:<br />

�A(�r, t) = µ<br />

�<br />

� �j �r<br />

4π<br />

′ , t − |�r−�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

| �r −�r ′ dV<br />

|<br />

′ = µ<br />

�<br />

� ′ δ(�r ) �p ˙ t −<br />

4π<br />

|�r−�r ′ �<br />

|<br />

v<br />

| �r −�r ′ dV<br />

|<br />

′<br />

�A(�r, t) δ−Fkt. µ ˙�p<br />

=<br />

4π<br />

� t − r<br />

�<br />

v<br />

r<br />

�A(�r, t) = µ<br />

4πr ˙ �<br />

�p t − r<br />

�<br />

v<br />

Jetzt setzen wir mit ϕ(�r, t) fort. Wir haben dazu 2 Möglichkeiten:<br />

1. Variante: Retardierte Potentiale + Integration<br />

2. Variante: Lorentz-Konvention + � A(�r, t)<br />

Wir werden die 2. Möglichkeit benutzen.<br />

∂<br />

∂t ϕ(�r, t) = − v2 div � A<br />

�A einsetzen<br />

= − 1<br />

µε<br />

= − 1<br />

4πε<br />

µ<br />

4π div<br />

�<br />

1<br />

r ˙ �<br />

�p t − r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

�<br />

1<br />

r div ˙ �p + ˙ �p grad 1<br />

�<br />

r<br />

In einer kurzen Nebenrechnung müssen wir jetzt die beiden Differentiationen ausführen:<br />

grad 1 �r d 1 �r<br />

= = −<br />

r r dr r r3 div ˙ �p � t − r<br />

� ∂ � �<br />

r Kettenr.<br />

v = ˙pk t −<br />

∂xk<br />

v = ∂ ˙pk<br />

� �<br />

r t − v<br />

∂ � t − r<br />

� ·<br />

v<br />

∂ � t − r<br />

�<br />

v = ¨pk<br />

∂xk<br />

∂ � t − r<br />

¨�p =<br />

�<br />

v ,<br />

∂xk<br />

da<br />

∂<br />

∂t ˙pk<br />

� �<br />

� � r<br />

r ∂ ˙pk t − v<br />

t − v =<br />

∂ � t − r<br />

� ·<br />

v<br />

∂ � t − r<br />

�<br />

v<br />

� ∂t �� �<br />

Somit:<br />

div<br />

=1<br />

˙ �p � t − r<br />

� 1<br />

v = −<br />

v ¨pk<br />

∂r<br />

= −<br />

∂xk<br />

1<br />

v ¨pk<br />

xk 1<br />

= −<br />

r v ¨ �p � t − r<br />

� �r<br />

v r<br />

Diese Zwischenergebnisse setzen wir nun in die Lorentz-Konvention ein:<br />

�<br />

∂<br />

1 ˙�p<br />

� �<br />

r t − �r v<br />

ϕ(�r, t) =<br />

∂t 4πε r3 + 1<br />

v2 ¨�p � t − r<br />

�<br />

�r v<br />

r2 �<br />

Wir integrieren jetzt bzgl. der Zeit: RB: lim ϕ(�r, t) = 0<br />

r→∞<br />

ϕ(�r, t) = 1<br />

4πε<br />

� 1<br />

v<br />

�r<br />

r 2<br />

�<br />

˙�p t − r<br />

�<br />

v<br />

Jetzt machen wir noch einen kurzen Test: statischer Dipol<br />

ϕ(�r, t) = 1<br />

4πε<br />

7.3.2 Berechnung der Feldstärken<br />

Magnetische Induktion �B:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿<br />

+ �r<br />

�<br />

�p t −<br />

r3 r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

�r �p<br />

r 3 Vergleich mit Abschnitt 4.4.1 ⇒ Stimmt!


74<br />

�B = rot � A = µ<br />

4π rot<br />

�<br />

1<br />

r ˙ �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

Hilfsformel: rot(u �v) = grad u × �v + u rot �v<br />

�B(�r, t) = µ<br />

�<br />

grad<br />

4π<br />

1<br />

r × ˙ �p � t − r<br />

� 1<br />

v +<br />

r rot ˙ �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

rot ˙ � � � � �<br />

�<br />

r<br />

r<br />

∂ ˙p3 t − v ∂ ˙p2 t − v<br />

�p =<br />

− , . . . , . . .<br />

∂x2<br />

∂x3<br />

rot ˙ �p Kettenr.<br />

�<br />

= − 1<br />

v ¨p3<br />

�<br />

∂r<br />

− −<br />

∂x2<br />

1<br />

�<br />

�<br />

∂r<br />

¨p2 , . . . , . . .<br />

v ∂x3<br />

rot ˙ �p = − 1<br />

v grad r × ¨ �p � t − r<br />

� 1 �r<br />

v = −<br />

v r × ¨ �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

Wenn wir dieses Resultat jetzt einsetzen, so erhalten wir:<br />

�B(�r, t) = µ<br />

�<br />

−<br />

4π<br />

�r<br />

r3 × ˙ �p � t − r<br />

� 1 �r<br />

v −<br />

v r2 × ¨ �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

�<br />

Wir führen jetzt die folgende Abkürzung ein: �p R ≡ �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

Elektrische Feldstärke �E: ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿<br />

�<br />

∂<br />

E(�r, t) = − grad ϕ − � A<br />

∂t<br />

�<br />

1<br />

E(�r, t) = −<br />

4πε grad<br />

�<br />

�r<br />

r3 �pR + 1<br />

v<br />

�B(�r, t) = µ<br />

4π<br />

�r ˙ �p R<br />

�<br />

r 2<br />

�<br />

− �r<br />

r3 × ˙ �p R − 1<br />

v<br />

− µ<br />

4π<br />

Nun machen wir ein paar Zwischenrechnungen:<br />

�<br />

�r �p R<br />

grad<br />

r3 �<br />

Prod.-R. 1<br />

=<br />

r3 grad � �r �p R� + �r �p R grad 1<br />

r3 grad 1 �r<br />

=<br />

r3 r<br />

d<br />

dr<br />

1 �r<br />

= −3<br />

r3 r5 ⎛<br />

grad � �r �p R� = �ek<br />

∂<br />

∂xk<br />

� xl p R l<br />

grad � �r �p R� = �ek p R k + �ek xl<br />

� Prod.-R.<br />

= �ek<br />

�<br />

− 1<br />

�<br />

v<br />

�<br />

�r<br />

Analoge Rechnung für grad<br />

˙ �p R<br />

r2 �<br />

˙p R l<br />

⎜ ∂xl ⎜<br />

⎝∂xk<br />

����<br />

δlk<br />

∂r<br />

∂xk<br />

����<br />

=xk/r<br />

¨�p R<br />

r<br />

p R l<br />

+ xl<br />

= �p R − 1<br />

v<br />

bis auf den Faktor 1<br />

v .<br />

Nach dem Einsetzen erhalten wir mit �p R ≡ �p � t − r<br />

�<br />

v :<br />

� E(�r, t) = 1<br />

4πε<br />

⎧<br />

⎨<br />

⎩ − ¨ �p R<br />

v 2 r +<br />

+ 3 � �r �p R� �r<br />

r 5<br />

∂pR ⎟<br />

l ⎟<br />

∂xk<br />

⎠<br />

�r<br />

r2 × ¨ �p R<br />

�<br />

⎞<br />

�<br />

�r ˙ �p R<br />

�<br />

�r<br />

r<br />

�<br />

�r ¨ �p R<br />

�<br />

�r<br />

v2 r3 − ˙ �p R<br />

v r2 + 3 � �r �p R� �r<br />

v r4 �<br />

− �pR<br />

r 3<br />

Die Felder � E und � B stellen eine exakte Lösung der Maxwell-Gleichungen für den infinitesimalen Dipol<br />

dar. Der Näherungscharakter liegt in der Identifizierung des Dipols mit einer realen Antenne.<br />

7.3.3 Diskussion dieser Lösung der Felder<br />

Technisch interessant ist der periodisch schwingende Dipol, d.h. �p(t) = �p0 cos ωt für �p R (t) = �p0 cos � ω � t − r<br />

��<br />

v .


7.3 Der Hertz’sche Dipol 75<br />

Definition:<br />

v λ<br />

=<br />

ω 2π<br />

Wir führen die Diskussion der Lösung in zwei Bereichen durch.<br />

1. Nahzone: r → 0<br />

Die größten Potenzen von 1<br />

2. Fernzone:<br />

r sind dominant.<br />

r → ∞<br />

Die kleinsten Potenzen von 1<br />

r dominieren hier.<br />

✿✿ ◮ Nahzone:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� EN = 1<br />

4πε<br />

�<br />

− �pR<br />

r3 + 3 � �r �p R� �r<br />

r5 �<br />

+ . . .<br />

Wann ist die Näherung gültig?<br />

�BN = − µ<br />

4π<br />

|�p R |<br />

r3 ����<br />

≫<br />

mitgenommen<br />

| ˙ �p R |<br />

v r2 ����<br />

vernachlässigt<br />

λ . . . Wellenlänge<br />

�r × ˙ �p R<br />

r3 + . . .<br />

Für den periodischen Dipol ist | ˙ �p R | = ω |�p R |, | cos | = | sin | = 1. Dies führt auf die Ungleichung:<br />

|�p R |<br />

r3 ≫ ω |�pR |<br />

v r2 ⇔<br />

1 ω 2π<br />

≫ =<br />

r v λ<br />

⇒ λ ≫ r wobei außerdem r ≫ | � l|<br />

Die Näherung ist also gut für λ ≫ r ≫ l. Weiterhin kommt noch dazu, daß bei kurzen Abständen die<br />

Laufzeit der Welle kurz ist. ⇒ Vernachlässigung der Retardierung!<br />

z.B.<br />

�p R<br />

r3 = �p � t − r<br />

�<br />

v<br />

r3 Taylor für<br />

=<br />

kl. r/v<br />

�p(t)<br />

r 3<br />

1 ˙�p(�r)<br />

−<br />

v r3 � �� �<br />

Terme der Ordnung ∼ 1<br />

r 2 wurden schon vernachlässigt. Nun muß diese Vernachlässigung auch konsequent<br />

durchgezogen werden. Damit ergibt sich:<br />

� EN = 1<br />

4πε<br />

�<br />

− �p(t)<br />

r 3<br />

3 �r (�r �p)<br />

+<br />

r5 �<br />

∼ 1<br />

v<br />

�BN = µ<br />

4π<br />

| ˙ �p|<br />

r 2<br />

˙�p(t) × �r<br />

Dies zeigt, daß in der Nahzone quasistatische Verhältnisse vorliegen!<br />

Außerdem: � E ∼ cos ωt, � BN ∼ sin ωt → Phasenverschiebung zwischen � E, � B<br />

✿✿ ◮ Fernzone:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� EF = 1<br />

4πε<br />

�BF = − µ<br />

4π<br />

⎡<br />

Für den harmonischen Dipol ist die Fernzone<br />

charakterisiert durch:<br />

⎣− ¨ �p R<br />

v 2 r +<br />

�r × ¨ �p R<br />

v r 2<br />

�r<br />

+ . . .<br />

�<br />

�r ¨ �p R<br />

� ⎤<br />

+ . . . ⎦<br />

v 2 r 3<br />

Durch einfaches ”Ausrechnen” ergibt sich:<br />

� EF �r = 0<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

r 3<br />

r ≫ λ<br />

Hier darf die Retardierung nicht vernachlässigt<br />

werden!<br />

� BF = √ εµ �r<br />

r × � EF


76<br />

⇒ � EF ⊥ � BF ⊥ �r<br />

r<br />

⇒<br />

� EF, � BF, �r<br />

r<br />

bilden ein Rechtssytem!<br />

Wegen � BF ∼ cos ωt und � EF ∼ cos ωt schwingen das elektrische und magnetische Feld in der Fernzone in<br />

Phase! Die Fernzone wird auch als ”Wellenzone” bezeichnet.<br />

→ retardierte Zeit ⇔ Wellenlösungen<br />

Typisch ist auch: Form der Funktionen in der Fernzone:<br />

�EF, � BF ∼ 1<br />

r f<br />

�<br />

t − r<br />

�<br />

v<br />

⇔ Auslaufende Kugelwelle!<br />

Allerdings ist die Kugelsymmetrie nicht vollständig realisiert, da z.B. �EF und � BF entlang der Dipolachse<br />

�r<br />

r ⇈ �p verschwinden. Entlang dieser Achse findet also keine Abstrahlung und somit auch kein Energietransport<br />

statt.<br />

Abb. 7.1: � BF sind konzentrische Kreise in der Ebene, auf<br />

der �p senkrecht steht<br />

Hieraus folgt: Elektromagnetische Wellen sind transversale Wellen!<br />

7.3.4 Energieverhältnisse<br />

Uns interessiert im folgenden nur die Fernzone (=Wellenzone)! Der auftretende Winkel θ entspricht dem<br />

Winkel in Abb. 7.1.<br />

Energiedichte:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

ωel = 1<br />

2 �E � D = 1<br />

2 �EF � DF = ε<br />

2<br />

ωel<br />

Einsetzen von � EF<br />

=<br />

ωmag = 1<br />

2 � HF � BF = 1<br />

2µ<br />

� �2 �EF<br />

| ¨ �p R | 2 sin 2 θ<br />

32 π2 ε v4 r2 Maxw.-Rel.<br />

=<br />

� �2 �BF = µ |¨ �p R | 2 sin 2 θ<br />

32 π2 v2 r2 µ | ¨ �p R | 2 sin 2 θ<br />

32 π 2 v 2 r 2<br />

Vergleich liefert: ωel = ωmag (7.10)<br />

Im Fernfeld entfällt jeweils die Hälfte der Gesamtenergie auf das elektrische bzw. das magnetische Feld.<br />

Dies ist typisch für elektromagnetische Wellen.<br />

Energiestromdichte �S = �EF × ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� HF<br />

Man kann nun die Felder direkt einsetzen und den Poynting-Vektor ausrechnen oder aber die folgende<br />

Beziehung verwenden, die für das Fernfeld gültig ist:<br />

�BF = √ εµ �r<br />

r × �EF �<br />

�<br />

ε<br />

S =<br />

µ � �<br />

�r<br />

EF ×<br />

r × � �<br />

EF<br />

�HF = 1<br />

µ � BF<br />

= ε v � EF ×<br />

Zerlegung des doppelten Vektorproduktes mit: �a ×<br />

�<br />

�r<br />

r × � �<br />

EF<br />

� �<br />

�b × �c = � �<br />

b (�a�c) − �c �a � �<br />

b


7.3 Der Hertz’sche Dipol 77<br />

� S = v ε �r<br />

r<br />

� �2 �EF<br />

− v ε<br />

� �<br />

�<br />

�r<br />

EF<br />

r<br />

� �� �<br />

=0, da � EF⊥ �r<br />

r<br />

= v �r<br />

r<br />

2 ωel<br />

� S = v ωelm<br />

(7.10)<br />

= v (ωel + ωmag) �r<br />

r<br />

� S. . . Energiestromdichte<br />

v. . . Geschwindigkeit des Transports<br />

ωelm. . . transportierte Größe: elektromagnetische Energiedichte<br />

�r<br />

r<br />

. . . Richtung des Energietransports<br />

Elektromagnetische Felder transportieren Energie und Impuls !<br />

Nach dem Einsetzen der Energiedichte:<br />

�r<br />

r<br />

� S = µ | ¨ �p R | 2 sin 2 θ<br />

16 π 2 v r 2<br />

�r<br />

r<br />

�<br />

�π = 1<br />

c2 � �<br />

S<br />

Für die technischen Anwendungen ist die mittlere (zeitliche) abgestrahlte Leistung eine signifikante Größe.<br />

Zeitlicher Mittelwert von � S(�r, t) :<br />

��<br />

Mittlere Leistung: N = ◦�S<br />

d�F F<br />

� S ≡ 1<br />

T<br />

T�<br />

�S(�r, t) dt<br />

F . . . beliebige geschlossene Fläche mit dem Dipol im Inneren; weit außen, so daß<br />

� EF, � BF gültig sind.<br />

Wir wählen: F = S 2 ⇒ d � F = dF · �n, mit �n = �r<br />

r !<br />

� S = µ sin 2 θ | ¨ �p R | 2<br />

16 π 2 v r 2<br />

N = µ |¨ �p R | 2<br />

16 π 2 v<br />

N = µ |¨ �p R | 2<br />

16 π 2 v<br />

N = µ |¨ �p R | 2<br />

6 π v<br />

�r<br />

r<br />

��<br />

◦ sin2 θ<br />

π�<br />

0<br />

2π �<br />

0<br />

r 2<br />

�r<br />

r<br />

0<br />

�r<br />

r dF | Kugelkoordinaten: dF = r2 sin θ dθ dϕ<br />

sin 3 θ dθ dϕ | Bronstein<br />

Allgemein gilt: N ∼ | ¨ �p R | 2<br />

Wir wollen nun die zeitliche Mittelung explizit am Beispiel des harmonischen Dipols durchführen.<br />

�p(t) = q(t) �l = q0 cos ωt<br />

˙�p(t) = ˙q(t) �l = I(t) �l mit I(t) = I0 sin ωt | ”Wechselstrom”<br />

¨�p(t) = ˙ I(t) �l = I0 ω cos ωt | l = | �l| | ¨ �p R | 2 = I2 0 ω2 l2 cos2 � ω � t − r<br />

��<br />

| ¨ �p R | 2 = I2 0 ω2 2 1<br />

l<br />

T<br />

v<br />

T� � �<br />

2<br />

cos ω t − r<br />

��<br />

dt<br />

v<br />

�<br />

0<br />

�� �<br />

= 1<br />

� �2 l<br />

2<br />

I2 0<br />

⇒ | ¨ �p R | 2 = 2 π2 v2 λ<br />

⇒ N = π<br />

� �2 l<br />

µ v I<br />

3 λ<br />

2 2π<br />

0 =<br />

3<br />

� µ<br />

ε<br />

= 1<br />

2 I2 0 ω2 l2 | ω = 2πv<br />

λ<br />

� �2 l<br />

I<br />

λ<br />

2 eff mit Ieff = I0 √2


78<br />

An einem Ohm’schen Widerstand R erzeugt ein Wechselstrom eine Joule’sche Wärme R I2 eff . Daher<br />

bezeichnet man in analoger Weise formal:<br />

Warum ✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿<br />

ist der Himmel blau?<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

✿✿✿✿✿✿<br />

Strahlungswiderstand des Dipols: RS ≡ 2π<br />

3<br />

⇒ N = RS I 2 eff<br />

� µ<br />

ε<br />

� �2 l<br />

λ<br />

Diese Fragestellung geht auf Lord Rayleight zurück. Wir betrachten jetzt wieder einen periodischen Dipol:<br />

�p = q0 � l cos ωt<br />

¨�p = I0 ω � l cos ωt bzw. ¨ �p = − q0 ω 2 � l cos ωt<br />

Der Vergleich liefert: I0 = − q0 ω = − 2π v<br />

λ q0<br />

Hiermit können wir nun I0 in N eleminieren:<br />

N = 4<br />

3 π3 v3 2 1<br />

l<br />

λ4 q2 0 ⇒ N ∼ 1<br />

λ4 Damit ergibt sich nun ein Modell: Nur eine Plausibilitätserklärung!<br />

• die Sonne strahlt elektromagnetische Energie aus und die Luftmoleküle werden im elektromagnetischen<br />

Feld der Sonne zum Schwingen angeregt<br />

• jetzt senden die Luftmoleküle selbst elektromagnetische Wellen aus, wobei die abgestrahlte Leistung<br />

∼ 1<br />

λ 4<br />

Insbesondere: λrot ≈ 2 λblau<br />

Nrot<br />

=<br />

Nblau<br />

(λblau) 4<br />

1<br />

= 4<br />

(λrot) 24 Die Leistung des abgestrahlten blauen Lichts ist wesentlich stärker als z.B. die des roten<br />

Lichts. Deshalb dominiert das blaue Licht am Himmel.<br />

Hinweis: für λ → 0 wird N divergent!<br />

Hier deutet sich die Ultraviolett-Katastrophe der klassischen Strahlungstheorie an! Eine Lösung<br />

ist nur in der Quantentheorie zu finden (vgl. Planck’sches Strahlungsgesetz).<br />

7.4 Liénhard-Wichert’sche Potentiale<br />

Gesucht: elektromagnetisches Feld einer bewegten Punktladung<br />

→ ”beschleunigt” bewegte Punktladung strahlt elektromagnetische Wellen ab<br />

⇒ Instabilität der klassischen Atommodelle (Elektron strahlt und müßte demzufolge in den<br />

Kern stürzen)<br />

Abb. 7.2: Punktladung im Ursprung;<br />

dies ist komplizierter, da �r = �r(t ′ ) und �v = �v(t ′ ) sich ständig ändern<br />

Um eine formale Unabhängigkeit von der Zeit t’ zu erhalten, wählen wir für die elektrodynamischen<br />

Potentiale die Darstellung:<br />

ϕ(�r, t) = 1<br />

��<br />

ρel(�r<br />

4πε<br />

′ , t ′ )<br />

|�r −�r ′ �<br />

δ t<br />

|<br />

′ − t + |�r −�r ′ �<br />

|<br />

dV<br />

c<br />

′ dt ′


7.4 Liénhard-Wichert’sche Potentiale 79<br />

�A(�r, t) = µ<br />

4π<br />

��<br />

�j(�r ′ ′ , t )<br />

|�r −�r ′ | δ<br />

�<br />

t ′ − t + |�r −�r ′ �<br />

|<br />

c<br />

dV ′ dt ′<br />

Wir verwenden hier ”c” statt ”v” für die Ausbreitungsgeschwindigkeit, um Mißverständnisse zu vermeiden.<br />

Obige Integrale gehen nach Ausführung der t’-Integration in die üblichen Potential-Ausdrücke über<br />

(vgl. (7.8),(7.9)).<br />

Für bewegte Punktladung:<br />

ρel(�r ′ , t ′ ) = q δ(�r ′ �<br />

)<br />

� ′ ′ ′ j(�r , t ) = q δ(�r ) �v(t ′ )<br />

”Punktladung am aktuellen Ort �r ′ = � 0 !”<br />

Dies setzen wir nun ein und führen die (triviale) Integration bzgl. V’ aus:<br />

ϕ(�r, t) = q<br />

4πε<br />

�A(�r, t) =<br />

Wir haben jetzt nur ein kleines Problem:<br />

µ q<br />

4π<br />

�<br />

� δ t ′ − t + r(t ′ )<br />

c<br />

r(t ′ )<br />

�<br />

dt ′<br />

�<br />

� �v(t ′ ) δ t ′ − t + r(t ′ �<br />

)<br />

c<br />

r(t ′ dt<br />

)<br />

′<br />

Da r(t’) im Argument der δ-Funktion nicht bekannt ist, kann die Integration nicht einfach realisiert<br />

werden. Daher setzt man mit der folgenden Substitution fort:<br />

dξ 1<br />

= 1 +<br />

dt ′ c<br />

dr(t ′ )<br />

dt ′<br />

ξ ≡ t ′ − t + r(t ′ )<br />

c<br />

1<br />

= 1 +<br />

c<br />

d<br />

dt<br />

�<br />

�r 2 (t ′ ) = 1 + 1<br />

c<br />

�r<br />

r<br />

d<br />

dt ′�r(t ′ )<br />

Da wir nicht das Ende von �r mit dem ”Pfeil” bewegen, sonden den ”Fuß”, ist ˙ �v = −�v, da �r → −�r.<br />

dξ �r<br />

= 1 −<br />

dt ′ r<br />

Nun schreiten wir zur Elimination in den Integralen:<br />

ϕ(�r, t) = q<br />

4πε<br />

�<br />

δ(ξ) dξ<br />

r − �r�v =<br />

c<br />

q<br />

�<br />

4πε r − �r�v<br />

�<br />

�<br />

�<br />

��<br />

�<br />

c<br />

�A(�r, t) = µq<br />

4π<br />

Rücksubstitution: ξ = 0 ⇔ t ′ = t − r(t ′ )<br />

c<br />

�v<br />

c<br />

�<br />

�v δ(ξ) dξ<br />

r − �r�v<br />

µq�v<br />

= �<br />

c 4π r − �r�v<br />

�<br />

�<br />

�<br />

��<br />

�<br />

c<br />

ϕ(�r, t) =<br />

q<br />

�<br />

4πε r − �r�v<br />

�<br />

�<br />

�<br />

��<br />

�<br />

c<br />

�A(�r, t) =<br />

µ q �v<br />

�<br />

4π r − �r�v<br />

�<br />

�<br />

�<br />

��<br />

�<br />

c<br />

� t ′ =t− r(t ′ )<br />

c<br />

� t ′ =t− r(t ′ )<br />

c<br />

Diese Potentiale werden als retardierte Potentiale von Liénhard-Wiechert bezeichnet. Sie stellen eine<br />

exakte Lösung der Maxwell-Gleichungen dar.<br />

Im Coulomb-Fall (�v = � 0) reduziert sich die Lösung auf das bekannte Coulomb-Potential für ϕ und � A = � 0.<br />

� ξ=0<br />

� ξ=0


80<br />

Wir betrachten jetzt wieder � E und � B:<br />

� E = − grad ϕ − ∂ � A<br />

∂t<br />

Wir verwenden nun die folgende Hilfsformel (Kettenregel):<br />

∂t ′<br />

∂t =<br />

Man findet nun nach einiger Rechnerei:<br />

� E = q<br />

4πε<br />

c<br />

(�r�v − rc) 2<br />

�B = − √ εµ � E × �r<br />

r<br />

⎧<br />

⎨<br />

⎩ − ˙ �v<br />

c<br />

1<br />

1 − �r�v<br />

rc<br />

r +<br />

Wir betrachten nun ein paar Grenzfälle:<br />

grad t ′ = − �r<br />

rc<br />

�B = rot � A<br />

1<br />

1 − �r�v<br />

rc<br />

�<br />

�r − �v<br />

cr � �<br />

· �v 2 − c2 − r˙ �⎫�<br />

�v ⎬�<br />

�<br />

�<br />

�r�v − cr ⎭�<br />

mit ˙ �v = d<br />

dt ′�v<br />

• �v = � 0, ˙ �v = � 0<br />

Dies liefert das Coulombfeld und � B verschwindet.<br />

� t ′ =t− r(t ′ )<br />

c<br />

• �v �= � 0, ˙ �v = � 0<br />

Diesen Anteil erhält man auch, wenn man ausgehend vom Coulombfeld eine Lorentztransformation<br />

ausführt. Es kommt hier zu keiner ”Abstrahlung”.<br />

• �v �= �0, ˙ �v �= �0 Erzeugung und Abstrahlung elektromagnetischer Wellen.<br />

Nun interessiert uns noch die Abstrahlung. Dafür ist �<br />

�S d�F wesentlich für weit entfernte Oberflächen.<br />

Wir diskutieren das asympotische Verhalten der Felder:<br />

1. �v ˙ = �0, gleichförmig bewegte Punktladung (Index ”gl”)<br />

�Egl = q 1<br />

4πε r2 c(�v 2 − c2 � �<br />

) �r �v<br />

� � − ∼ 3<br />

�r�v r c<br />

r − c<br />

� �� �<br />

1<br />

r2 | � Hgl| ∼ 1<br />

r 2<br />

Wir wählen: F = S 2 ∼ r 2<br />

�<br />

⇒ �S dA� 1<br />

∼<br />

r2 nur von ∢(�v, �r<br />

r ) und |�v| abhängig<br />

(gleiches Verhalten bis auf die Richtung)<br />

1<br />

r2 r2 ∼ 1<br />

r2 F<br />

r→∞<br />

→ 0 ⇒ kein Energiestrom durch entfernte Oberfläche<br />

Eine gleichförmig bewegte Punktladung strahlt nicht!<br />

2. �v ˙ �= �0, beschleunigte Punktladung<br />

�E − �Egl = − q<br />

�<br />

1 c ˙�v<br />

� � �<br />

�r�v<br />

�r<br />

� � − c +<br />

4πε r<br />

3<br />

�r�v c r r<br />

r − c<br />

˙ � � �<br />

�r �v<br />

�v · −<br />

r c<br />

�<br />

� �� �<br />

| � H − � Hgl| ∼ 1<br />

r<br />

�<br />

⇒ �S dA� 1<br />

∼<br />

r<br />

abhängig von Winkeln, |�v|, | ˙ �v|<br />

1<br />

r r2 ∼ 1 verschwindet nicht für r → ∞<br />

In der Tat wird Leistung (in Form von Wellen) in den Raum abgestrahlt. Die Abschätzung ist zwar<br />

grob, aber eine genaue Rechnung liefert dasselbe.<br />

Resultat:<br />

Eine beschleunigt bewegte Punktladung strahlt elektromagnetische Wellen ab! ⇒ Die<br />

klassischen Atommodelle sind instabil!<br />

∼ 1<br />

r


Elektromagnetische Wellen (freie Wellen) 81<br />

8 Elektromagnetische Wellen (freie Wellen)<br />

Wir betrachten zeitlich veränderliche Felder außerhalb ihrer Erzeugungsgebiete. Die spezielle Art der<br />

Erzeugung interessiert uns hier nicht.<br />

Die Maxwell-Gleichungen lauten dann:<br />

Weiterhin gilt auch hier:<br />

• µ, ε sind const.<br />

freie Wellen: ρel = 0, � j = � 0<br />

• es handelt sich um stückweise homogene Medien<br />

• Randbedingungen<br />

8.1 Wellengleichung, einfache Wellentypen<br />

div � D = 0 (8.1)<br />

div � B = 0 (8.2)<br />

rot � E = − ˙ � B (8.3)<br />

rot � H = ˙ � D (8.4)<br />

�D = ε � E , � B = µ � H (8.5)<br />

Das Vorgehen ist prinzipiell das gleiche wie in Abschnitt 7: → Potential → � � A = 0, �ϕ = 0.<br />

Im Fall ρel = 0 und � j = � 0 kann man für � E und � B direkt homogene Wellengleichungen ableiten.<br />

rot auf (8.3) : rot rot �E = − µ rot ˙ H�<br />

∂<br />

∂t auf (8.4) : rot ˙ H � ¨<br />

= ε �E<br />

⇒ rot rot � E = − εµ ¨ � E | rot rot (. . . ) = grad div (. . . ) − ∆· (. . . )<br />

grad div � E<br />

� �� �<br />

=0<br />

− ∆· � E = − εµ ¨ � E<br />

Mit µε = 1<br />

v 2 und analoger Rechnung für � B erhalten wir:<br />

� � E = 0<br />

� � B = 0<br />

Die direkte Herleitung dieser homogenen Wellengleichungen für � E und � B gelingt nur für ρel = 0 und<br />

� j = � 0.<br />

Maxwell-Relation:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Die wesentliche Grundaussage ist, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen in<br />

einem Medium mit dessen elektromagnetischen Eigenschaften verknüpft ist.<br />

Vakuum: µ0ε0 = 1<br />

c 2 0<br />

µε = µrµ0εrε0 = µrεr<br />

c 2 0<br />

≡ n2<br />

c 2 0<br />

= 1<br />

v2 ⇔ n = c0<br />

v<br />

n = √ µrεr . . . Brechungsindex des Mediums<br />

In vielen Medien gilt als gute Näherung: µr ≈ 1 ⇒ n ≈ √ εr. Es gibt also einen direkten Zusammenhang<br />

von optischen (n) und elektrischen (εr) Eigenschaften.<br />

Aus der Herleitung der obigen Wellengleichungen folgt:


82<br />

Beispiel:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Jede Lösung der Maxwellgleichungen löst auch die beiden homogenen Wellengleichungen.<br />

Aber die Umkehrung ist nicht gültig !!!<br />

Eine reine elektrische Welle ( � B = � 0, � � E = 0) löst zwar die Wellengleichung, existiert nach Maxwell aber<br />

NICHT!, denn � B = � 0 ⇒ ˙ � D = � 0 ⇒ ˙ �E = � 0 !<br />

Man muß mit den Lösungen der Wellengleichungen immer noch in die Maxwell-Gleichungen<br />

gehen. Dann ergeben sich noch zusätzliche Einschränkungen (z.B. bzgl. der Richtung oder der<br />

Amplitude).<br />

8.1.1 Die allgemeine ebene Welle<br />

Als partielle Differentialgleichung besitzt die homogene Wellengleichung eine sehr große Lösungsmenge.<br />

Daher tritt das folgende Problem auf: Klassifizierung der Lösungen von �U(�r, t) = 0 (U beliebige Wellenfunktion).<br />

Üblich ist die Klassifizierung nach räumlichen Symmetrien, wie z.B. Kugel- oder Zylindersymmetrie.<br />

Einfachster Fall: U ist außer von der Zeit nur noch von einer Raumkoordinate abhängig<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿<br />

z.B. U = U(z, t) → physikalisch: bzgl. x-, y-Koordinate liegen homogene Verhältnisse vor<br />

�U = 0 ⇔<br />

� 1<br />

v 2<br />

∂2 ∂2<br />

−<br />

∂t2 ∂z2 �<br />

U(z, t) = 0<br />

◮ zu beliebigen festen Zeitpunkten wird U als Konstante in jeder zur x-y-Ebene parallelen Ebene<br />

angesehen<br />

◮ die Zeitabhängigkeit bewirkt ein ”Laufen” in ±z-Richtung<br />

Allgemeine Lösung:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Hierfür führen wir zwei neue Variable ein: ξ ≡ z − v · t η ≡ z + v · t<br />

Nebenrechnung:<br />

∂ ∂ξ<br />

=<br />

�<br />

∂z ∂z<br />

1<br />

v2 ∂<br />

∂ξ<br />

∂2 ∂2<br />

−<br />

∂t2 ∂z2 ∂η ∂ ∂ ∂<br />

+ = +<br />

�<br />

∂z ∂η<br />

�<br />

∂ξ ∂η<br />

1 ∂ ∂<br />

U = −<br />

v ∂t ∂z<br />

� � 1<br />

v<br />

Die Integration ist trivial:<br />

bzgl. ξ :<br />

∂<br />

U(ξ, η) = f(η)<br />

∂η �<br />

bzgl. η : U(ξ, η) = f(η) dη +U2(ξ) = U1(η) + U2(ξ)<br />

� ��<br />

U1(η)<br />

�<br />

Rücksubstitution:<br />

Es bleibt nur eine Nebenbedingung:<br />

1 ∂ ∂ ∂<br />

= · · · = −<br />

v ∂t<br />

�<br />

∂η ∂ξ<br />

∂ ∂<br />

∂<br />

+ U = − 4<br />

∂t ∂z<br />

2<br />

∂ξ ∂η U(ξ, η) ! = 0<br />

Allgemeine Lösung: U(z, t) = U1(z + vt) + U2(z − vt)<br />

U1, U2 müssen zweimal nach den Argumenten differenzierbar sein. Ansonsten sind sie aber<br />

völlig beliebig!<br />

Jede dieser Lösungen nennen wir Welle!<br />

Bedeutung der beiden Funktionen:<br />

U1(z + vt). . . in negative z-Richtung laufende Welle<br />

U2(z − vt). . . in positive z-Richtung laufende Welle<br />

Beispiel: Uz rechtslaufend<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿


8.1 Wellengleichung, einfache Wellentypen 83<br />

U2(z1 − vt1) = U2(z2 − vt2)<br />

⇒ z1 − vt1 = z2 − vt2<br />

z2 − z1 = v(t2 − t1) (v > 0)<br />

⇒ falls z2 > z1 ⇔ t2 > t1<br />

Allgemeiner: Ausbreitung der ebenen Wellen in �n-Richtung (�n bel. Einheitsvektor)<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

U(�r, t) = U(�n�r − vt)<br />

z.B.: �n = �ez �n�r = z → U = U2<br />

�n = − �ez �n�r = −z → U = Ũ(−z − vt) = U1(z + vt)<br />

Elektromagnetische Wellen als ebene Wellen:<br />

�E = �E(�n�r − vt)<br />

↗<br />

U(�n�r − vt)<br />

↘<br />

�B = � ⎫<br />

⎪⎬<br />

wobei jede Vektorkomponente diese Abhängigkeit<br />

besitzt<br />

⎪⎭<br />

B(�n�r − vt)<br />

8.1.2 Kugelwellen<br />

Hier liegt als räumliche Symmetrie die Kugelsymmetrie vor.<br />

U(�r, t) = U(x, y, z, t) Kugelkoord.<br />

= U(r, θ, ϕ, t) = U(r, t) r = � x2 + y2 + z2 �<br />

1<br />

�U(r, t) =<br />

v2 ∂2 � �<br />

1<br />

− ∆· U =<br />

∂t2 v2 ∂2 �<br />

∂2 2 ∂<br />

− − U(r, t)<br />

∂t2 ∂r2 r ∂r<br />

! = 0<br />

Die allgemeine Lösung besitzt die Form:<br />

U(r, t) = 1<br />

r [ U1(r + vt) + U2(r − vt) ]<br />

Nachweis der Lösung: Einsetzen in die Wellengleichungen und differenzieren oder:<br />

Subst.: U(r, t) = 1<br />

r V(r, t) � Dgl. für V(r, t) ⇒ Lsg. wie unter 8.1.1<br />

◮ Die Lösung ist eine Überlagerung einer einlaufenden (U1) und einer auslaufenden (U2) Welle.<br />

◮ Typisch: Die Wellenamplitude ist ∼ 1<br />

r .<br />

◮ Wichtig: Huygen’sches Prinzip (Elementarwellen = Kugelwellen! → vgl. Beugung)<br />

8.1.3 Ebene harmonische Wellen<br />

Wir spezialisieren uns nun immer mehr:<br />

1. wir betrachten nur noch den auslaufenden Anteil (�n�r − vt, also keine Überlagerungen mehr)<br />

2. nun Einschränkung der beliebigen auslaufenden Funktion U2 auf die harmonischen Funktionen<br />

Sinus und Kosinus<br />

Warum machen wir diese Einschränkungen?<br />

• harmonische Funktionen sind häufig technisch von Bedeutung (periodisch in den Quellen)<br />

• beliebige Funktionen lassen sich nach dem Fourier-Theorem aus harmonischen Funktionen superponieren<br />

(Fourier-Reihen-Entwicklung)<br />

• Wellengleichung ist linear:<br />

�U = � � Un,m �e inkx e iωmt = 0<br />

→ Aus harmonischen Wellen lassen sich beliebige andere Wellen (”Wellenpakete”) superponieren!


84<br />

Für elektromagnetische Wellen machen wir den folgenden Ansatz zur Lösung:<br />

( � k�r − ωt) . . . Phase der Welle<br />

� E0, � B0 . . . komplexe Amplituden<br />

� k . . . Wellenzahlvektor<br />

� E(�r, t) = � E0 e i(� k�r−ωt) � B(�r, t) = � B0 e i(� k�r−ωt)<br />

| � k| = 2π<br />

λ<br />

Jetzt noch ein paar Bemerkungen zum Rechnen mit komplexen Funktionen:<br />

�n = � k<br />

| � k|<br />

• ist möglich bei linearen Gleichungen mit reellen Koeffizienten (erfüllt durch �U = 0)<br />

• große ”technische” Erleichterungen beim Rechnen<br />

• Sobald man nichtlinerare physikalische Größen (ωel, � S. . . ) bildet, muß vorher der Realteil der<br />

Felder berechnet werden. Erst dann kann man die nichtlinearen Größen berechnen!<br />

Nun gehen wir mit unseren Ansätzen in die harmonische Wellengleichung:<br />

�� �<br />

1<br />

E =<br />

v2 ∂2 �<br />

− ∆· �E0 e<br />

∂t2 i(� �<br />

k�r−ωt)<br />

= � 2 ω<br />

k − 2<br />

v2 �<br />

� E0 e i(� k�r−ωt) ! = 0 | � E0 �= 0, e iϕ �= 0<br />

Dispersionsrelation: ω 2 ( � k) = v 2 � k 2<br />

Die konkrete Wellengleichung erzwingt einen Zusammenhang von ω und � k. Für andere Wellen bzw.<br />

Wellengleichungen gelten natürlich andere Dispersionsrelationen. Die folgende Gleichung, die eigentlich<br />

schon jeder für ”Wellen” kennt, gilt nur für elektromagnetische Wellen !<br />

→ ω = vk ⇒ k = 2π<br />

, ω = 2π ν ⇒ v = λ · ν<br />

λ<br />

Diskussion der Lösung: e ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

i(�k�r−ωt) i = e �k�r −iωt e<br />

◮ Zeitabhängigkeit: e −iωt , zeitliche Periode: T = 2π<br />

ω<br />

◮ Ortsabhängikeit: e i� k�r , räumliche Periode: λ = 2π<br />

k<br />

Ändert man �r in Richtung von � k um λ, so ändert sich � k�r um 2π, d.h., e i� k�r ändert sich nicht.<br />

◮ Die Felder � E, � B der harmonischen Welle sind für alle �r, t konstant, für die die Phase � k�r − ωt eine<br />

Konstante ist.<br />

� k�r − ωt = const. → betrachten Momentaufnahme zur Zeit t=const.<br />

(8.6)<br />

� k�r = const. ⇔ definiert die Phasenfläche (=Ebene im Raum)<br />

Die Phasengeschwindigkeit schreitet mit v = ω<br />

k<br />

voran.<br />

� E ∼ e i( � k�r−ωt) = e ik<br />

Phasengeschwindigkeit: vPh = ω<br />

k<br />

�<br />

�k<br />

�r− ω<br />

k k t<br />

�<br />

= e ik(�n�r−vt)


8.1 Wellengleichung, einfache Wellentypen 85<br />

In Medien sind εr bzw. v oder die Brechzahl n i.A. frequenzabhängig (→ Dispersion). Ursache: atomare<br />

Struktur der Medien.<br />

Wellenpakete (superponiert aus ebenen Wellen) zerfließen im Zeitverlauf. Der Schwerpunkt von Wellenpaketen<br />

bewegt sich mit der Gruppengeschwindigkeit:<br />

Beispiel: elektromagnetische Welle im Vakuum<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

vPh = ω ck<br />

= = c<br />

k k<br />

vGr = dω<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

vPh d<br />

= vGr<br />

= (ck) = c<br />

⎪⎭<br />

dk dk<br />

Gruppengeschwindigkeit: vGr = dω<br />

dk<br />

Dies ist i.A. nicht so!<br />

Wir haben bis jetzt nur die homogenen Wellengleichungen erfüllt. Jetzt müssen wir noch in die Maxwell-<br />

Gleichungen gehen!<br />

∂<br />

∂t � E = −iω � E � ∇ � E = i � k � E (analog für � B)<br />

Quellgleichungen:<br />

div � D = 0 ⇒ i ε � k � E = 0 ⇒ � k � E0 = 0 ⇒ � k ⊥ � E0<br />

div � B = 0 ⇒ i � k � B = 0 ⇒ � k � B0 = 0 ⇒ � k ⊥ � B0<br />

Wirbelgleichungen:<br />

rot � H = ˙ � D ⇒ � k × � H = − ω ε � E ⇒ � k × � H0 = − ε ω � E0<br />

rot � E = − ˙ � B ⇒ � k × � E = µ ω � H ⇒ � k × � E0 = µ ω � H0<br />

� k, � E, � B bilden ein Rechtssystem mit dieser Reihenfolge (und zyklischen Vertauschungen). � k<br />

k<br />

ist die Ausbreitungsrichtung. Daraus folgt, daß elektromagnetische Wellen Transversalwellen<br />

sind, wobei außerdem noch gilt, daß � E ⊥ � B.<br />

Zusammenfassend: Für ebene hamonische Wellen gilt:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�E(�r, t) = �E0 e<br />

•<br />

i(�k�r−ωt) �B(�r, t) = � B0 ei(� �<br />

Wellenfunktion = komplexe Vektoren<br />

k�r−ωt)<br />

•<br />

� k � E = 0<br />

µ ω � H = � k × � E<br />

• ω = v k Dispersionsrelation<br />

�<br />

- Transversalwellen<br />

- ( � E, � H, � k) bilden ein Rechtssystem<br />

8.1.4 Energieverhältnisse für ebene Wellen<br />

Energiedichte:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

ωelm = 1<br />

2 � E � D + 1<br />

2 � H � B<br />

Dies ist eine quadratische Bildung. Daher muß zuerst der Realteil der Felder gebildet werden.<br />

z.B.: � E = (Ex, Ey, Ez) � E = � E0 e i(� k�r−ωt)<br />

d.h., Ex = E0x e i(� k�r−ωt)<br />

⇒ davon ist Re gesucht Beachte: E0x ∈ C<br />

Wir verwenden die Polardarstellung: E0x = |E0x| e iδx mit der reellen konstanten Phase δx<br />

⇒ Ex = |E0x| e i(� k�r−ωt+δx) ⇒ Re(Ex) = |E0x| cos( � k�r − ωt + δx) analog restl. Komponenten<br />

Nebenrechnung:<br />

µω� H = �k × �E ⇒ µω Re( � H) = �k × Re( �E) ⇒ µ 2 ω 2 (Re� H) 2 = �k 2 (Re�E) 2<br />

(Re� H) 2 = 1<br />

µ 2<br />

� 2 k<br />

ω2 (Re� 2 (8.6)<br />

E) = 1<br />

µ 2<br />

1<br />

v2 (Re�E) 2<br />

Mit diesen Zwischenergebnissen gehen wir nun in die Energiestromdichte:<br />

( � k ⊥ � E)


86<br />

ωelm = ε<br />

2 (Re�E) 2 + µ<br />

2 (Re� H) 2 = ωel + ωmag = ε<br />

2 (Re�E) 2 + 1<br />

2<br />

Der Vergleich liefert:<br />

ωel = ωmag<br />

1<br />

µv 2 (Re� E) 2 = ε (Re � E) 2 = 2ωel<br />

Der Beitrag der elektrischen Energie zur Gesamtenergie ist genauso groß wie der Beitrag des magnetischen<br />

Feldes (vgl. Fernfeld des Hertz’schen Dipols).<br />

Zeitlicher Mittelwert von ✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Damit:<br />

ωelm: f(t) = 1<br />

T<br />

cos 2 ( � k�r − ωt + δx) = 1<br />

T<br />

ωelm = ε (Re � E) 2 ⇒ ωelm = ε (Re � E) 2 = ε<br />

2<br />

T�<br />

f(t) dt<br />

Hinweis zur Notation: * ^= komplex konjugiert<br />

0<br />

T�<br />

0<br />

cos 2 ( �k�r − ωt + δx) dt Bronstein<br />

=<br />

� |E0x| 2 + |E0y| 2 + |E0z| 2�<br />

ωelm = ε<br />

2 � E ∗ � E<br />

1<br />

2<br />

|z| 2 = z ∗ z<br />

Die mittlere Energiedichte der elektromagnetischen Wellen ist proportional zur Intensität des Wellenfeldes.<br />

Die Intensität ist wie folgt definiert:<br />

Poynting-Vektor:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� S = � E × � H<br />

für eine vektorielle Welle: I = � E ∗ � E<br />

für eine skalare Welle: I = U ∗ U<br />

Auch die Energiestromdichte ist quadratisch im Feld. Deshalb müssen wir erst den Realteil bilden.<br />

�S = (Re�E) × (ReH) � = (Re� 1<br />

� �<br />

E) × �k × Re�E | Zerlegung doppeltes Vektorprod.<br />

µω<br />

�<br />

1<br />

S =<br />

µω �k (Re�E) 2 + Terme, die wegen �k ⊥ �E verschwinden<br />

(8.6) �S = v ε (Re� 2<br />

E) �k k<br />

� S = v ωelm<br />

v . . . Geschwindigkeit des Energietransports<br />

ωelm . . . Größe, die transportiert wird<br />

� k<br />

k . . . Richtung des Energietransports<br />

8.1.5 Polarisation von elektromagnetischen Wellen<br />

Polarisation → tritt nur bei vektoriellen (mehrkomponentigen) Wellenfunktionen auf und ist<br />

direkt mit der Transversalität solcher Wellen verknüpft<br />

↓<br />

gewisse Änderung der Schwingungsrichtung der Wellen (am festen Ort)<br />

Wir betrachten im folgenden eine ebene harmonische elektromagnetische Welle (Licht).<br />

� E = � E0 e i(� k�r−ωt) � E0 = (E0x, E0y, E0z) komplexe Zahlen<br />

� k<br />

k


8.1 Wellengleichung, einfache Wellentypen 87<br />

O.B.d.A. wählen wir die z-Achse als Ausbreitungsrichtung, so daß<br />

Da Transversalwellen vorliegen:<br />

� k = (0, 0, kz) ^=Ausbreitung nur in z-Richtung<br />

� E0 = (E0x, E0y, 0) Beachte: � E0 � k = 0, wobei: E0x = |E0x| e iδx E0y = |E0y| e iδy<br />

Wir bilden nun die physikalisch relevanten Anteile: �k�r = kz · z<br />

�<br />

Re Ex = Re |E0x| ei(� �<br />

k�r−ωt+δx) = |E0x| cos(kzz − ωt + δx)<br />

�<br />

Re Ey = Re |E0y| ei(� �<br />

k�r−ωt+δy) = |E0y| cos(kzz − ωt + δy)<br />

wobei wir i.A. δx �= δy und |E0x| �= |E0y| zulassen wollen.<br />

Durch geeignete Wahl des Zeitanfangspunktes: t → t + t0 kann der konstante Anteil einer Phase zum<br />

Verschwinden gebracht werden. Wir führen dies hier für Re Ex durch:<br />

kzz − ω(t + t0) + δx<br />

Wenn man hiermit nun in die Phase von Ey eingeht:<br />

!<br />

= −ωt ⇒ t0 = 1<br />

ω (kzz + δx)<br />

kzz − ω(t + t0) + δy = −ωt + δy − δx<br />

Damit ergibt sich nun für einen festen Beobachtungsort (z=const.):<br />

Re Ex = |E0x| cos(−ωt) = |E0x| cos(ωt)<br />

Re Ey = |E0y| cos(δ − ωt) mit δ ≡ δy − δx<br />

Für die Eleminierung der Zeitabhängigkeit verwenden wir ein Additionstheorem:<br />

Re Ey<br />

|E0y|<br />

Re Ey<br />

|E0y|<br />

= cos δ cos(ωt) + sin δ sin(ωt)<br />

�<br />

| sin(ωt) =<br />

Ex<br />

= cos δRe + sin δ<br />

|E0x|<br />

(Re Ex) 2<br />

1 −<br />

|E0x| 2<br />

Quadrieren und elementare Umformungen ergeben:<br />

(Re Ex) 2<br />

|E0x| 2<br />

�<br />

1 − cos 2 (ωt)<br />

2 (Re Ey)<br />

+<br />

|E0y| 2 − 2 Re Ex Re Ey<br />

|E0x| |E0y|<br />

cos δ = sin 2 δ<br />

Hierbei handelt es sich um eine Ellipsengleichung, wobei die Hauptachsen der Ellipse nicht mit den<br />

Koordinatenachsen zusammenfallen.<br />

Man spricht deshalb von elliptisch polarisiertem Licht (Welle), d.h. der � E-Vektor läuft an einem festen<br />

Ort auf einer Ellipse um (analog auch der � B-Vektor).<br />

Spezialfälle: Wahl der Parameter δ, |E0x|, |E0x|<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. Zirkular polarisierte Welle<br />

|E0x| = |E0y|<br />

δ = δy − δx =<br />

⇔ gleichlange Hauptachsen<br />

π<br />

+ kπ, k ∈ Z<br />

2<br />

⇔ cos δ = 0, sin δ = 1<br />

⇒ (Re Ex) 2 + (Re Ey) 2 = |E0x| 2 ”Kreisgleichung”<br />

Man unterscheidet noch nach dem Drehsinn (Konvention: Man blickt der Welle entgegen.) → linksoder<br />

rechtsdrehende Welle<br />

k gerade: linksdrehend<br />

- zeitabh. Gleichungen: Re Ex = |E0x| cos(ωt), Re Ey = |E0y| sin(ωt)<br />

- entspricht der mathematisch positiven Richtung<br />

k ungerade: rechtsdrehend<br />

- zeitabh. Gleichungen: Re Ex = |E0x| cos(ωt), Re Ey = −|E0y| sin(ωt)<br />

- mathematisch negative Richtung


88<br />

2. Linear polarisierte Welle<br />

δ = δy − δx = n π, n ∈ Z<br />

(Re Ex) 2<br />

|E0x| 2<br />

2 (Re Ey)<br />

+<br />

|E0y| 2<br />

⇒ Re Ex = ± |E0x|<br />

|E0y|<br />

∓ 2 Re Ex Re Ey<br />

|E0x| |E0y|<br />

Re Ey<br />

”Geradengleichung”<br />

= 0<br />

� Re Ex<br />

|E0x|<br />

Das Vorzeichen ist von n abhängig (gerade/ungerade).<br />

Qualitativ: fixierter Ort (Achse ∼ k Ex, Re Ey)<br />

�2 Re Ey<br />

∓ = 0<br />

|E0y|<br />

8.2 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen<br />

Wir betrachten den Fall der Reflexion und Brechung am Nichtleiter.<br />

Aus dem Halbraum z


8.2 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen 89<br />

Annahme zur Lösung des Randwertproblems (durch experimentelle Befunde nahe gelegt!):<br />

bestehen aus:<br />

�<br />

Die Lösungen<br />

in (1):<br />

- einfallende Welle<br />

- reflektierte Welle<br />

in (2): - gebrochene Welle<br />

Falls die Grenzfläche keine Ebene ist, muß man für die reflektierte und gebrochene Welle komplizierte<br />

Überlagerungen aus ebenen Wellen ansetzen.<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

jeweils unterschiedliche Amplituden, Wellenzahlvektoren<br />

und Frequenzen<br />

einfallende Welle: � E = � A e i( � k�r−ωt)<br />

reflektierte Welle: � E ′ = � A ′ e i( � k ′ �r−ω ′ t)<br />

gebrochene Welle: � E ′′ = � A ′′ e i(� k ′′ �r−ω ′′ t)<br />

Übergangsbedingung:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

⎪⎭<br />

Die Stetigkeit der Tangentialkomponente des elektrischen Feldes ( � ET ) beim Übergang zwischen zwei<br />

Dielektrika hat zur Folge:<br />

� ET + � E ′ T = � E ′′<br />

T bei z = 0, ∀ t, x, y<br />

Wir betrachten zunächst den Punkt x=0, y=0 (also �r = � 0):<br />

Insbesondere für t=0:<br />

�AT e −iωt + � A ′ T e −iω ′ t = � A ′′<br />

T e −iω ′′ t<br />

� AT + � A ′ T = � A ′′<br />

T<br />

Jetzt differenzieren wir (8.7) nach t an der Stelle t=0: ω � AT + ω ′� A ′ T = ω ′′� A ′′<br />

T<br />

Bei nochmaliger Differentiation erhalten wir: ω 2� AT + ω ′2� A ′ T = ω ′′2� A ′′<br />

T<br />

Durch Elimination von � AT , � A ′ T und � A ′′<br />

T<br />

ω ω ′ ω ′′<br />

ω 2 ω ′2 ω ′′2<br />

�A ′′<br />

T<br />

führt dies zu:<br />

ω = ω ′ = ω ′′<br />

(8.8)<br />

∀ t (8.7)<br />

Eine andere Variante, um zu diesem Ergebnis zu kommen, ist:<br />

⎛<br />

1<br />

⎝<br />

1 1<br />

⎞ ⎛<br />

�AT<br />

⎠ ⎜<br />

· ⎝�A<br />

′ ⎞ ⎛ ⎞<br />

0<br />

⎟<br />

T ⎠ = ⎝0⎠<br />

0<br />

⇒<br />

Homogenes Gleichungssystem, dessen Lösung<br />

bei det()=0 zu finden ist!<br />

det(. . . ) = ω ′2 (ω ′′ − ω) + ω 2 (ω ′ − ω ′′ ) + ω ′′2 (ω − ω ′ ) ! = 0 → vgl. oben<br />

Frequenzen ändern sich beim Übergang zwischen Nichtleitern nicht.<br />

<strong>Physik</strong>alisch: Photonenmodell des Lichts<br />

EPhoton = ¯h ω ∼ ω ist an der Grenzfläche erhalten<br />

Da ω = ω ′ = ω ′′ , ist eine Abspaltung der Zeitabhängigkeit in der Wellenfunktion möglich (Fall t=0;<br />

x,y�=0):<br />

Übergangsbedingung:<br />

� AT e i(kxx+kyy) + � A ′ T<br />

′ ′<br />

ei(k xx+k yy) = � A ′′<br />

T<br />

′′ ′′<br />

ei(k x x+k y y)<br />

Wir gehen jetzt analog wie oben vor, differenzieren jetzt aber nach x und y an der Stelle x=y=0. Dies<br />

ergibt ein Gleichungssystem, dessen Lösung wie folgt aussieht:<br />

kx = k ′ x = k ′′<br />

x<br />

ky = k ′ y = k ′′<br />

y<br />

�<br />

Alle 3 Vektoren � k, � k ′ und � k ′′ liegen in<br />

einer Ebene.<br />

(8.9)


90<br />

O.B.d.A. betrachten wir die Ausbreitung in der x-z-Ebene.<br />

Reflexion: Da sich die einlaufende und reflektierte Welle im selben Medium befinden, gilt:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

| � �<br />

k| = �k<br />

ω 2 =<br />

c1<br />

(8.8)<br />

= ω ′<br />

c1<br />

�<br />

= �k ′2 = | � ′<br />

k |<br />

kx = | � k| sin θ (8.9)<br />

= k ′ x = | � k ′ | sin θ ′<br />

Brechung:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

kx = ω<br />

c1<br />

sin θ = k ′′<br />

′′ ω<br />

x =<br />

c2<br />

sin θ ′′<br />

⇒ sin θ = sin θ ′<br />

Reflexionsgesetz: θ = θ ′<br />

| mit (8.8) folgt:<br />

Brechungsgesetz: n12 = c1<br />

= sin θ<br />

sin θ ′′<br />

Wegen c = 1<br />

√ µε sind die optischen Eigenschaften eines Mediums auf die elektromagnetischen Eigenschaften<br />

zurückführbar.<br />

Totalreflexion<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Sie tritt nur bei Übergängen von optisch dichteren in optisch dünnere Medien auf.<br />

c1<br />

c2<br />

< 1 ⇒ n12 < 1 ⇒<br />

c2<br />

sin θ<br />

sin θ ′′ < 1 ⇒ θ ′′ > θ<br />

Grenzwinkel der Totalreflexion: (”schweifender”<br />

Austritt)<br />

θ ′′ = π<br />

2 ⇒ n12 = sin θgr<br />

Der Grenzwinkel ist direkt aus der Brechzahl bestimmbar.<br />

Für θ > θgr sagt die Strahlenoptik: Licht wird total reflektiert. Es dringt also nicht in das Medium<br />

(2) ein.<br />

Dies ist falsch vom Standpunkt der Wellenoptik und aufgrund experimenteller Ergebnisse.<br />

Man kann ein geringes Eindringen des Lichtes in das Medium (2) beobachten!<br />

Nachweis (theoretisch): Wir betrachten die gebrochene Welle.


8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen) 91<br />

k ′′<br />

z<br />

(8.8)<br />

= ω<br />

k ′′<br />

z = ω<br />

c1<br />

c2<br />

cos θ ′′ = ω<br />

c2<br />

�<br />

n 2 12 − sin2 θ<br />

�<br />

1 − sin 2 θ ′′ = ω<br />

Im Bereich der Totalreflexion gilt nun:<br />

k ′′<br />

z = ω<br />

c1<br />

√ −1<br />

c2<br />

�<br />

1 −<br />

� c2<br />

c1<br />

n 2 12 − sin 2 θ < 0<br />

�<br />

sin 2 θ − n2 ω<br />

12 =<br />

c1<br />

� 2<br />

sin 2 θ = ω<br />

i<br />

c1<br />

� �c1<br />

c2<br />

�<br />

sin 2 θ − n 2 12<br />

� 2<br />

− sin 2 θ<br />

k ′′<br />

z ist bei der Totalreflexion rein imaginär! Dagegen sind andererseits kx = k ′′<br />

x , ky = k ′′<br />

y<br />

reell!<br />

Wellenfunktion im Medium (2): ky = 0<br />

Wir definieren jetzt:<br />

Damit:<br />

Eindringtiefe:<br />

� ′′<br />

E = A � ′′ i(k<br />

e ′′ ′′<br />

x x+k z z−ωt)<br />

1 ω<br />

=<br />

δ c1<br />

�<br />

sin 2 θ − n 2 12<br />

� ′′<br />

E = A � ′′ −<br />

e z ′′<br />

δ i(k<br />

e x x−ωt)<br />

Nun wollen wir die beiden e-Anteile kurz diskutieren:<br />

′′<br />

i(k e x x−ωt) . . . Wellenausbreitung parallel zur Grenzfläche<br />

e<br />

− z<br />

δ . . . ⊥ zur Grenzfläche wird diese Welle exponentiell gedämpft. Streng genommen ist sie<br />

aber �= 0 für z > 0. Sie dringt also in das Medium (2) ein!<br />

δ ∼ c1<br />

ω<br />

Die eindringende Welle ist im Bereich von z≈ einige Wellenlängen beobachtbar. Der Grenzübergang zur<br />

Strahlenoptik besteht nun darin:<br />

∼ λ<br />

λ → 0 ⇒ δ → 0 ⇔ kein Eindringen<br />

8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen)<br />

Die Gesetze der geometrischen Optik gelten nur bei λ → 0 streng.<br />

Experiment:<br />

Man beobachtet komplizierte Intensitätsverteilungen<br />

an den Grenzen zwischen Licht und Schatten.<br />

Beugung ist die Wellenbewegung in den geometrischen Schattenraum hinein.<br />

Eine qualitative Erklärung liefert uns das Huygen’sche Prinzip:<br />

Jeder Punkt, der von der Wellenerregung getroffen wird, ist Quelle von Sekundärwellen. Die<br />

Sekundärwellen sind Kugelwellen. Die Superposition dieser bildet die neue Wellenfront.<br />

Es gilt die Faustregel:


92<br />

Je kleiner die geometrische Abmessung l der Hindernisse relativ zu Wellenlänge ist, desto<br />

stärker ist die Beugung.<br />

l ≫ λ. . . geometrische Optik ist gute Näherung<br />

l ≈ λ. . . Beugung ist wesentlich → Wellenoptik<br />

Aufgabe der Beugungstheorie:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Man will bei vorgegebener Lage und Form der Hindernisse / Blenden usw. und bei vorgegebenen Quellen<br />

im ganzen Raum die Intensitätsverteilung der Wellen berechnen.<br />

8.3.1 Kirchhoff’sche Formel (1882)<br />

1. Stationäre Wellengleichung<br />

Sei Ψ(�r, t) eine komplexe Welle, die der homogenen Wellengleichung �Ψ = 0 genügt.<br />

Gesucht: stationäre Intensitätsverteilungen<br />

∂<br />

∂t Ψ∗ Ψ = 0 Ψ∗Ψ = Intensität ⇔ stationäre Beobachtungsverhältnisse<br />

Separationsansatz: Separation der Zeitvariablen<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Ψ(�r, t) = e iωt ϕ(�r) Ψ ∗ Ψ = ϕ ∗ ϕ = f(�r)<br />

Mit diesem Ansatz gehen wir jetzt in die Wellengleichung.<br />

�Ψ ! = 0 = − � ∆· +k 2� ϕ(�r) mit k ≡ ω<br />

v<br />

Die rechte Seite wird als stationäre (zeitfreie) homogene Wellengleichung bezeichnet. Bei einer<br />

zusätzlichen Quelle haben wir ein inhomogenes Problem:<br />

� ∆· +k 2 � ϕ(�r) = − q(�r)<br />

Bei Vorgabe der Quellen q(�r) wäre das Randwertproblem zu lösen, wobei die Ränder durch Blenden,<br />

Hindernisse usw. gegeben werden. Für eine Punktquelle gilt:<br />

� ∆· +k 2 � G(�r) = − δ(�r) G(�r) . . . Green’sche Funk. d. stat. Wellengl. (8.10)<br />

Eine ähnliche Berechnung wie in Abschnitt 4.2 liefert:<br />

G(�r) = 1<br />

4πr e−ikr<br />

(reproduziert für k → 0 Poisson-Limit)<br />

Mit dem obigen Separationsansatz erhalten wir nun (für eine auslaufende harmonische Welle):<br />

2. Kirchhoff: Annahme von Punktquellen<br />

Ψ(�r, t) = e iωt G(�r) = 1<br />

4πr ei(ωt−kr)<br />

- Nullpunkt liegt in der Quelle<br />

- �r. . . Aufpunkt (wo uns ϕ interessiert)<br />

- �r ′ . . . variabel; läuft ∂V ab


8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen) 93<br />

(a) 1. Schritt<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

ϕ(�r) soll durch Werte ϕ|∂V und ∂ϕ<br />

beliebig sein kann.<br />

���<br />

�<br />

�<br />

∂n ∂V<br />

ausgedrückt werden, wobei das Volumen V noch<br />

ϕ(�r) = δ(�r −�r ′ ) ϕ(�r ′ ) dV ′<br />

(8.10)<br />

= −<br />

�<br />

��∆·<br />

�r ′ +k2� G(�r ′ −�r) � ϕ(�r ′ ) dV ′ �r ′ . . . Variable<br />

�r . . . fester Vektor<br />

�r ′ → �r ′ −�r übl. Shift<br />

⎤<br />

= −<br />

Prod.-R.<br />

= −<br />

Gauß<br />

=<br />

��<br />

◦<br />

∂V<br />

� ⎡<br />

⎢<br />

⎣ϕ(�r ′ ) ∆· �r ′ G − G ∆· �r ′ ϕ(�r ′ )<br />

� �� �<br />

�<br />

=∆· �r ′ ϕ(�r ′ )+k 2 ϕ(�r ′ )=0<br />

⎥<br />

⎦ dV ′<br />

div�r ′ [ϕ(�r ′ ) grad �r ′G − G grad �r ′ϕ(�r ′ )] dV ′<br />

[G(�r ′ −�r) grad �r ′ϕ(�r ′ ) − ϕ(�r ′ ) grad �r ′G(�r ′ −�r)] d � F ′<br />

Wir müssen nun nur noch die Green’sche Funktion einsetzen:<br />

ϕ(�r) = 1<br />

⎧<br />

�� ⎪⎨<br />

e<br />

◦<br />

4π ⎪⎩ ∂V<br />

−ik|�r ′ −�r|<br />

|�r ′ grad�r ′ϕ(�r<br />

−�r|<br />

′ )<br />

� �� �<br />

∼ ∂ϕ<br />

− ϕ(�r<br />

∂n | ∂V<br />

′ e<br />

) grad�r ′<br />

� �� �<br />

∼ϕ|∂V<br />

−ik|�r ′ −�r|<br />

|�r ′ ⎫<br />

⎪⎬<br />

d<br />

−�r| ⎪⎭<br />

�F ′<br />

Dies ist ein exakter mathematischer Ausdruck. ϕ(�r) wird durch die Werte ϕ|∂V und ∂ϕ<br />

�<br />

�<br />

∂n auf<br />

� ∂V<br />

∂ϕ<br />

einer beliebigen, den Punkt�r umschließenden Fläche dargestellt. ∂n ≡ �n grad ϕ, d� �<br />

F = �n dF<br />

Kommen wir nun aber zu <strong>Physik</strong>!<br />

(b) 2. Schritt Kirchhoff’sche Näherung<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Abb. 8.1: Situation<br />

∂V sei nun ein System von Blenden und Öffnungen. Außerdem führen wir jetzt physikalisch<br />

plausible Näherungswerte für ϕ und ∂ϕ<br />

∂n auf den Blenden und Öffnungen ein (für nicht zu<br />

kleine Öffnungen).<br />

i. Auf der Abschirmung B sei ϕ=0 und ∂ϕ<br />

∂n =0. Abgesehen von der unmittelbaren Nähe der<br />

Öffnung ist es plausibel, daß hinter die Blende kein Licht fällt.<br />

ii. Auf den Öffnungen ist der Wert der Lichteinwirkung ungestört.<br />

ϕ(�r ′ ) = ϕ0<br />

e −ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ −�r0|<br />

einlaufende Kugelwelle<br />

iii. Als Vereinfachung wird der Vektorcharakter der elektromagnetischen Wellen ( � E, � B) sowie<br />

der Kopplung zwischen � E und � B vernachlässigt.<br />

→ ”skalare Beugungstheorie”: ϕ ∗ ϕ ^= Lichtintensität<br />

Bezeichnung:<br />

�r0. . . Ort der Quelle<br />

�r. . . Ort des Aufpunktes<br />

�r ′ . . . variabel; läuft ∂V ab<br />

Nullpunkt in der Öffnung


94<br />

Mit diesen Näherungen und den neuen Koordinatenbezeichnungen ergibt sich nun (nur die Öffnungen<br />

liefern einen Beitrag):<br />

ϕ(�r) = ϕ0<br />

�� �<br />

e<br />

4π<br />

−ik|�r ′ −�r|<br />

|�r ′ �<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−�r|<br />

−ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ �<br />

−<br />

−�r0|<br />

e−ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ �<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−�r0|<br />

−ik|�r ′ −�r|<br />

|�r ′ ��<br />

d<br />

−�r|<br />

�F ′<br />

∀ Öff<br />

Bemerkenswert:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Vertauscht man �r und �r0, so ergibt sich lediglich ein Vorzeichenwechsel für ϕ. D.h., die Intensität<br />

ϕ∗ϕ ändert sich nicht! Dies ist der Inhalt des Reziprozitäts-Satzes der Beugungstheorie.<br />

Für die Anwendung ist die obige Formel ungeeignet. Aus diesem Grund bereiten wir sie noch etwas auf.<br />

Annahme: |�r ′ | ≈ λ<br />

|�r|, |�r0| ≫ |�r<br />

^= kleine Öffnungen<br />

′ | ^=<br />

�<br />

weit entfernte Quellen und Schirm<br />

typ. exp. Aufbau<br />

|�r ′ −�r| ≈ |�r| ≡ r |�r ′ −�r0| ≈ |�r0| ≡ r0<br />

�<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ � �<br />

1<br />

= − ik +<br />

−�r0|<br />

|�r ′ � −ik|�r e<br />

−�r0|<br />

′ −�r0|<br />

|�r ′ grad�r ′ |�r<br />

−�r0|<br />

′ −�r0|<br />

�<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ � �<br />

≈ − ik +<br />

−�r0|<br />

1<br />

� −ik|�r e<br />

r0<br />

′ −�r0|<br />

(−1)<br />

r0<br />

�r0<br />

| k =<br />

r0<br />

ω 1<br />

v ∼ λ<br />

�<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−ik|�r ′ −�r0|<br />

|�r ′ �<br />

≈ ik<br />

−�r0|<br />

�r0 e<br />

r0<br />

−ik|�r ′ −�r0|<br />

e-Fkt. wird wegen k ∼<br />

r0<br />

1<br />

λ sehr groß<br />

⇒ nicht entwickelbar<br />

Analog:<br />

�<br />

e<br />

grad�r ′<br />

−ik|�r ′ −�r|<br />

|�r ′ �<br />

≈ ik<br />

−�r|<br />

�r<br />

r<br />

e −ik|�r ′ −�r|<br />

Wenn wir nun alles einsetzen, so ergibt sich:<br />

r<br />

ϕ(�r) = ik<br />

4π ϕ0<br />

��<br />

Öff<br />

�<br />

e −ik(|�r ′ −�r|+|�r ′ −�r0|)<br />

r r0<br />

� �r0<br />

Oder nach äquivalenter Umformung sieht das ganze dann so aus:<br />

Kirchhoff’sche Formel: ϕ(�r) = ikϕ0<br />

4π<br />

e −ikr0<br />

Hierbei wurde verwendet: Φ ≡ |�r ′ −�r| + |�r ′ −�r0| − r0 − r.<br />

r0<br />

r0<br />

e −ikr<br />

Diskussion: Zeitabhängigkeit fällt für Ψ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

∗Ψ = ϕ∗ϕ = f(�r) heraus.<br />

ϕ0<br />

e −ikr0<br />

r0<br />

e−ikr r<br />

�<br />

�r0<br />

�n<br />

r0<br />

− �r<br />

�<br />

r<br />

r<br />

�n − �r<br />

r �n<br />

�� �n<br />

� �r0<br />

r0<br />

dF ′<br />

− �r<br />

� ��<br />

e<br />

r<br />

Öff<br />

−ikΦ dF ′<br />

. . . Amplitude der von der Quelle ausgehenden Kugelwelle an der Öffnung<br />

. . . Amplitude einer von der Öffnung ausgehenden Sekundärwelle (=Kugelwelle)<br />

am Beobachtungsort �r<br />

. . . Verkleinerungsfaktor der Lichtwirkung bei schrägem Lichtein- oder ausfall<br />

Das Beugungsintegral �� e −ikΦ dF beschreibt den Einfluß unterschiedlicher Phasen bei der Summation<br />

über die Öffnungen. Damit ergibt sich also die Kirchhoff’sche Formulierung des Huygen’schen Prinzips:<br />

Die von der Quelle auf die Öffnungen einfallende Kugelwelle führt dazu, daß von jedem Punkt<br />

der Öffnungen eine Kugelwelle (=Elementarwelle) ausgeht. Die Elementarwellen interferieren<br />

miteinander und liefern die Beugungsfigur.<br />

→ Hauptproblem für die Anwendung: Berechnung des Beugungsintegrals.<br />

(8.11)


8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen) 95<br />

8.3.2 Fraunhofer’sche Beugung<br />

Wir machen nun eine Potenzreihenentwicklung bzgl. �r ′ in Φ:<br />

|�r −�r ′ � �<br />

2�r �r ′ �r ′2<br />

| = r 1 − −<br />

r2 r2 �<br />

| Taylor bis zur 2. Ordnung<br />

|�r −�r ′ �<br />

�r ′ 1<br />

| ≈ r − �r + �r<br />

r 2r<br />

′2 � � �<br />

2<br />

�r<br />

− �r ′ + . . .<br />

r<br />

Analog:<br />

|�r0 −�r ′ | ≈ r0 − �r0<br />

�r<br />

r0<br />

′ + 1<br />

�<br />

�r<br />

2r0<br />

′2 �<br />

�r0<br />

− �r<br />

r0<br />

′<br />

� �<br />

2<br />

+ . . .<br />

� �<br />

�r �r0<br />

⇒ Φ ≈ − + �r<br />

r r0<br />

′ + 1<br />

�<br />

�r<br />

2r<br />

′2 � � �<br />

2<br />

�r<br />

− �r ′ +<br />

r 1<br />

�<br />

�r<br />

2r0<br />

′2 �<br />

�r0<br />

− �r<br />

r0<br />

′<br />

� �<br />

2<br />

+ . . .<br />

Bedingung für die Fraunhofer’sche Beugung:<br />

�<br />

r → ∞<br />

Quelle und Beoachtungspunkt ins Unendliche<br />

r0 → ∞<br />

Experimentell: Licht wird durch Linsen parallelisiert.<br />

In der mathematischen Behandlung: Kugelwelle → ebene Welle<br />

Wir betrachten nun die Kirchhoff’sche Formel der Art:<br />

��<br />

ϕ(�r) = k C e −ikΦ dF, wobei Φ = −<br />

Öff<br />

Damit: ϕ(�r) = k C<br />

��<br />

Öff<br />

e ik�r ′� �r<br />

r + �r �<br />

0<br />

r0 dF ′<br />

Anwendung: ebene Schirme + ebene Öffnungen<br />

�r = (x, y, z) �r0 = (x0, y0, z0)<br />

�r ′ = (ξ, η, 0) ⇒ Schirm in x-y-Ebene<br />

� �r<br />

r<br />

�<br />

�r0<br />

+ �r r0<br />

′ + . . .<br />

C . . . konstanter Faktor für den Versuchsaufbau<br />

⇒ �r<br />

r �r ′ xξ + yη �r0<br />

= , �r<br />

r r0<br />

′ = x0ξ + y0η<br />

, dF<br />

r0<br />

′ = dξdη<br />

cos α = x<br />

r , cos α0 = − x0<br />

r0<br />

cos β = y<br />

r , cos β0 = − y0<br />

�<br />

Winkelpaare α, α0 und β, β0 spezifizieren die Richtung von P und<br />

Q<br />

r0<br />

setzen wir jetzt alles ins Beugungsintegral ein:<br />

ϕ = k C<br />

ϕ = k C<br />

Abb. 8.2: Festlegung der Koordinaten / Variablen<br />

��<br />

e ik<br />

�<br />

a<br />

�� � �<br />

b<br />

�� �<br />

(cos α − cos α0) ξ ik<br />

e<br />

(cos β − cos β0) η<br />

dξdη<br />

��<br />

e ik(aξ+bη) dξdη | ξ, η Koordinaten auf der Öffnung<br />

Öff<br />

Öff<br />

Im Fall, daß α = α0 und β = β0 ergibt sich eine wesentliche Vereinfachung. Es ergibt sich, daß a=0<br />

und b=0. Man erhält also den geometrischen Bildpunkt der Quelle Q auf dem Beobachtungsschirm. Da<br />

nur in unmittelbarer Umgebung des Bildes der Quelle nennenswerte Intensitäten beobachtbar sind, kann<br />

Dies


96<br />

man a und b selbst als ”Koordinaten” auf dem Beobachtungsschirm auffassen.<br />

Beispiele:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. rechteckiger Spalt<br />

ϕP = k C<br />

A�<br />

−A<br />

e ikaξ dξ<br />

⇒ ϕ(�r) → ϕ(a, b) a, b = ”Schirmkoordinaten”<br />

B�<br />

−B<br />

e ikbη dη | k = 2π<br />

λ<br />

ϕP = 2 k C sin(kaA)<br />

2<br />

ka<br />

sin(kbB)<br />

kb<br />

Beobachtbar ist die Intensität: IP = ϕ∗ PϕP IP = k 2 C 2 S 2<br />

Seitenlängen: 2A, 2B<br />

Fläche: S=4AB<br />

. . . (Wellenzahlvektor)<br />

� �2 sin(kaA)<br />

�<br />

sin(kbB)<br />

kaA kbB<br />

Nun bleibt noch die Bestimmung der Systemkonstante C:<br />

Auf dem Beobachtungsschirm muß die gleiche Lichtmenge sein, wie auch durch die Öffnung gelangt<br />

ist. Letztere wird so normiert, daß pro Flächeneinheit die Lichtmenge 1 entfällt:<br />

IÖff Normierung: ≡ 1<br />

S<br />

IÖff = S = ISchirm<br />

∞� ∞�<br />

= IP da db = · · · = k2C2S2 k2 ⎛<br />

∞�<br />

⎞2<br />

� �2 ⎝<br />

sin U<br />

dU⎠<br />

AB<br />

U<br />

−∞ −∞<br />

S = 4C 2 Sπ 2 ⇒ C = 1<br />

2π<br />

C k = 1<br />

λ<br />

Ohne Beweis: Diese Formel ist für alle ebenen Öffnungen gültig.<br />

⇒<br />

IP =<br />

−∞<br />

� �2 � �2 �<br />

S sin(kaA) sin(kbB)<br />

λ kaA kbB<br />

Nun wollen wir die Funktion f2 (U) = � �<br />

sin U 2<br />

U noch kurz diskutieren, wobei U=kaB oder U=kbB<br />

ist. Außerdem ist f2 ≥ 0.<br />

Min:<br />

f2 = 0 ⇒ f = 0 ⇒ sin U = 0, U �= 0 ⇒ U = kaA = mπ<br />

U = kbB = nπ m, n ∈ Z\{0}<br />

hier herrscht Dunkelheit IP = 0<br />

Max:<br />

′ f d ln f(U)<br />

0 = ⇔ = 0 = cot U −<br />

f dU<br />

1<br />

U<br />

⇒ transzendente Gleichung zur Bestimmung der Maxima → Numerik<br />

⇒ Hauptmaximum: U=0 (a=0,b=0 ^= geometrisches Bild der Quelle)<br />

⇒ Bei festem λ gilt: Verkleinern von A ⇒ Vergrößerung von a und umgekehrt (Spaltbreite ↑<br />

⇒ Beugungsfigur auf Schirm ↓)<br />

� 2<br />

� 2


8.3 Beugung von Licht (und alle anderen elektromagnetischen Wellen) 97<br />

2. Fraunhofer-Beugung an der Kreisblende<br />

• besondere Bedeutung für die Praxis<br />

Abb. 8.3: Intensitätsverteilung am Spalt<br />

• so ist ein Auflösungsvermögen optischer Geräte definierbar<br />

ξ = ρ cos ϕ, η = ρ sin ϕ (Öffnung)<br />

a = s cos θ, b = s sin θ (Schirm)<br />

aξ + bη Polark.<br />

= ρs(cos ϕ cos θ + sin ϕ sin θ) = ρs cos(ϕ − θ)<br />

• dies alles setzen wir nun in das Beugungsintegral ein: kC = 1<br />

λ<br />

ϕP = 1<br />

λ<br />

r�<br />

ρ dρ<br />

• Eigenschaften der Bessel-Funktionen:<br />

I0(x) = 1<br />

2π<br />

0<br />

2π �<br />

• Damit wird nun aus dem obigen Integral:<br />

ϕP = 2π<br />

λ<br />

r�<br />

0<br />

0<br />

ρ J0(kρs) dρ = 1<br />

λ<br />

• Für die Intensität ergibt sich nun:<br />

2π �<br />

ikρs cos(ϕ−θ)<br />

e� �� �<br />

0 Bessel-Funktionen<br />

dp = ϕP(s, θ)<br />

e ±ix cos α x�<br />

dα xJ1 = x ′ J0(x ′ ) dx ′<br />

IP = IP(s) = 4<br />

2π<br />

(ks) 2<br />

rks �<br />

0<br />

0<br />

� �2 � 2 πr J1(rks)<br />

λ rks<br />

x J0(x) dx = 2 πr2<br />

λ<br />

Man kann auch hier den Flächeninhalt der Öffnung s = πr 2 einführen.<br />

• Diskussion:<br />

� 2<br />

J1(rks)<br />

rks<br />

– Beugungsfiguren = radiale Kreise, da IP unabhängig von θ ist!<br />

– Qualitativ:<br />

– Bild der Punktquelle ist ein ausgedehntes Objekt, das sogenannte ”Beugungsscheibchen”<br />

– 1. Min (nur qualitativ):<br />

1. Nullstelle bei U=rks=3,83 (numerisch)


98<br />

Abb. 8.4: Beugungsfigur der Kreisblende<br />

Abb. 8.5: Verlauf der J1-Funktion<br />

s = 3, 83 λ λ<br />

≈ 0, 61<br />

2πr r<br />

• Auflösungsvermögen: typisch für die Wellenoptik<br />

Definition Auflösungsvermögen:<br />

(8.12)<br />

Dies ist der kleinste Abstand zweier Objektpunkte derart, daß ihre Beugungsscheibchen<br />

gerade noch getrennt voneinander wahrnehmbar sind!<br />

Festlegung:<br />

2 Punkte sind gerade noch getrennt voneinander wahrnehmbar, wenn das Hauptmaxima<br />

des 1. Punktes mit dem 1. Minumum des 2. Punktes zusammenfällt.<br />

→ Zurückrechnen auf die Einfallswinkel: α0 = β0 = 90 ◦ ⇒ ⊥ Einfall<br />

a = cos α, b = cos β<br />

s2 = a2 + b2 = cos2 α + cos2 β = 1 − cos2 γ = sin 2 γ ⇒ s = sin γ<br />

⇒ sin γ ≥ 0, 61 λ<br />

r , λ<br />

γ ≪ 1 ⇒ γ ≥ 0, 61 r<br />

Verbesserung des Auflösungsvermögens:<br />

– möglichst Licht kleiner Wellenlänge benutzen<br />

– möglichst große Blendenradien verwenden


Relativistische Formulierung der Elektrodynamik 99<br />

9 Relativistische Formulierung der Elektrodynamik<br />

Im Gegensatz zur Newton’schen Mechanik ist die Elektrodynamik schon Lorentz-invariant. D.h. die<br />

Maxwell-Theorie ist eine relativistische Theorie.<br />

Wir suchen jetzt hier die 4-dimensionale ”Verpackung”, damit diese Invarianz auch zu sehen ist.<br />

9.1 Die Lorentztransformation<br />

Der Ausgangspunkt ist der Minkowski-Raum (M 4 , Raumzeit) mit dem Ortsvierervektor<br />

(x M ) = (x 0 , x 1 , x 2 , x 3 ) x 0 = c · t, x 1 = x, x 2 = y, x 3 = z<br />

und dem Längenelement (in karthesischen Koordinaten)<br />

(ds) 2 = ηµν dx µ dx ν<br />

mit ηµν = Diagonale (-1,1,1,1); (ds) 2 � 0 indefinit<br />

und dem inversen Fundamentaltensor in karthesischen Koordinaten<br />

� αβ<br />

η � ⎛<br />

−1<br />

⎜<br />

= ⎜ 0<br />

⎝ 0<br />

0<br />

1<br />

0<br />

0<br />

0<br />

1<br />

⎞<br />

0<br />

0 ⎟<br />

0⎠<br />

0 0 0 1<br />

η αβ · ηβν = δ α<br />

ν<br />

Lorentztransformationen sind alle diejenigen linearen homogenen Abbildungen M 4 → M 4 ,<br />

die das obige Längenelement invariant lassen.<br />

Das Einsetzen liefert die folgende Bedingung:<br />

x ′µ = Ω µ νx ν Ω µ ν konstante Matrix<br />

dx ′µ = Ω µ νdx ν Bedingung: (ds ′ ) 2 = (ds) 2<br />

ηαβ = ηµν Ω µ α Ω ν β<br />

det (Ω µ α) = + 1<br />

Die Definition der Gruppe SO(3,1) ist die ”eigentliche” Lorentztransformation.<br />

Beispiel: Bewegung in x ✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1 = x - Richtung<br />

⎛<br />

(Ω µ ⎜<br />

ν) = ⎜<br />

⎝<br />

√ 1<br />

1−β2 − β<br />

√<br />

1−β2 0<br />

√<br />

1−β2 √ 1<br />

1−β2 0<br />

0<br />

0<br />

1<br />

0<br />

⎟<br />

0 ⎟<br />

0⎠<br />

0 0 0 1<br />

− β<br />

⎞<br />

β = v<br />

c ,<br />

v = vx Relativgeschwindigkeit in x-Richtung<br />

Ohne Beweis: (Ω µ ν) ist hinreichend für alle Anwendungen (geeignete Wahl der Koordinaten).<br />

physikalisch: Die Lorentztransformation beschreibt den Übergang zwischen zwei Inertialsystemen.<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Σ(x ν ) L.T.<br />

−→ v<br />

Σ ′ (x ′ν )<br />

Das Transformationsgesetz für den Ortsvierervektor verallgemeinert man:<br />

A µ ′ = Ω µ ν Aν ⇒ A µ kontravarianter Vierervektor<br />

Bµ ′ = Ω ν<br />

µ Bν<br />

wobei hier Ω<br />

⇒ Bµ kovarianter Vierervektor<br />

ν<br />

µ = ηµα · ηνβ · Ωα β<br />

A µ ′ · Bµ ′ = A µ Bµ = Invariante = Skalar<br />

Ein Tensor n-ter Stufe in Bezug auf die Lorentzgruppe SO(3,1) ist eine n-fache Linearform<br />

(Gebilde mit n Indizes) und dem Transformationsgesetz für die Komponenten (d.h. jeder<br />

Index besitzt eine zugehörige Transformationsmatrix):


100<br />

T ′µ... ατ... = Ω µ ν... · Ω β<br />

α · Ω ρ<br />

τ ... · T ν... βρ...<br />

Einstein: Forminvarianz der Naturgesetze in allen Inertialsystemen<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Beispiel:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

a µ = b µ ⇒ a µ − b µ = 0 in Σ, dann gelte in Σ ′ : a ′µ − b ′µ = 0<br />

a ′µ ′µ Transf.-Gesetz<br />

− b = Ω µ νaν − Ω µ νbν a ′µ − b ′µ = Ω µ ν · (aν − bν )<br />

det Ω �= 0 → falls aν − bν = 0 ⇒ a ′µ − b ′µ = 0<br />

Die Gleichungen bleiben gleich, aber die Einzelkomponenten ändern sich: z.B. a ν �= a ′ν<br />

9.2 Die Maxwellgleichungen im Vakuum<br />

Wir starten mit der Feststellung, daß die Gesamtladung Q eines Körpers eine relativistische Invariante<br />

ist (sonst wäre ein Perpetuum mobile 1. Art möglich). Dagegen ändert sich die Ladungsdichte ρ gemäß<br />

ρ = Q<br />

V = V0 ·<br />

Q<br />

� 1 − β 2 =<br />

ρ0<br />

� 1 − β 2<br />

Hierbei ist ρ0 die Ruheladungsdichte, die natürlich eine relativistische Invariante ist (analog zur Ruhemasse<br />

m0). Dann ist das folgende Produkt ein echter Vierervektor:<br />

ρ0 · U µ = ρ0 · dxµ<br />

dτ<br />

U µ . . . Vierervektor<br />

dτ . . . Eigenzeit<br />

dτ =<br />

Für die Komponenten erhalten wir dann (v µ = Hilfsgröße = dxµ<br />

dt ):<br />

ρ0U µ =<br />

�<br />

− (ds)2<br />

c 2<br />

ρ0v µ<br />

� 1 − β 2 = ρ · vµ = (ρc, ρv 1 , ρv 2 , ρv 3 ) = (ρc, ρ�v)<br />

Der Anteil ρ�v ist eine Konvektionsstromdichte. Da aus relativistischer Sicht Konvektions- und Leitungsströme<br />

gleich sind, definieren wir als Verallgemeinerung:<br />

Viererstromvektor: (j µ ) = (ρc, � j) = (ρc, j1, j2, j3)<br />

� j beinhaltet Leitungsströme und Konvektionsströme:<br />

Die Kontinuitätsgleichung lautet dann:<br />

j µ ′ = Ω µ α j α<br />

∂<br />

∂x µ jµ = 0


9.2 Die Maxwellgleichungen im Vakuum 101<br />

Die Viererdivergenz des Viererstromes verschwindet!<br />

⇔ ∂<br />

∂x 0 j0 + ∂<br />

∂x 1 j1 + ∂<br />

∂x 2 j2 + ∂<br />

∂x 3 j3 = ∂ρ<br />

∂t + div � j = 0<br />

Der Wellenoperator ist ein wesentlicher Bestandteil der Elektrodynamik. Er läßt sich in folgender Art<br />

und Weise schreiben:<br />

� = η αβ ∂2 ∂xα ∂xβ = η00 ∂2 ∂(x0 ) 2 + . . . + η33 ∂2 ∂(x3 1<br />

= −<br />

) 2 c2 � ist unter der Lorentztransformation invariant<br />

� ′ µν ∂ = η<br />

∂x ′ µ<br />

∂<br />

∂x ′ ν = η µνΩ α<br />

µ<br />

∂<br />

∂xα Ω β<br />

ν<br />

�<br />

∂ ν<br />

∂x µ ′ = Ωµ ∂<br />

∂xβ = η µν Ω α<br />

µ Ω β<br />

ν<br />

� �� �<br />

=η αβ<br />

∂2 + ∆·<br />

∂t2 ∂<br />

∂xν �<br />

. Dies rechnen wir nun kurz nach:<br />

∂ 2<br />

∂xα∂xβ αβ ∂2 = η ∂xα∂xβ = �<br />

Im Vakuum haben wir für die Potentialform der Maxwell-Theorie (vgl. Abschnitt 7):<br />

�ϕ = − ρ<br />

ε0<br />

, � � A = − µ0 � j, div � A + 1<br />

c 2<br />

Dieses Gleichungssystem können wir kompakter in folgender Weise formulieren:<br />

�A µ = − µ0j µ ,<br />

∂ϕ<br />

∂t<br />

= 0<br />

∂<br />

∂x µ Aµ = 0 (9.1)<br />

(A µ ) = � ϕ<br />

c , A1,<br />

� �<br />

ϕ<br />

A2, A3 = c , � �<br />

A ist das sogenannte Viererpotential. Die Lorentz-Konvention erscheint<br />

als Viererdivergenz und<br />

′<br />

µ<br />

A = Ω µ ν A ν<br />

Dies ist ein relativistisch invariantes Gleichungssystem, d.h. es erfüllt Einsteins Forderung der Forminvarianz.<br />

Nun sind die Maxwell-Gleichungen ursprünglich für die Feldstärken definiert. Im Vakuum haben<br />

wir 2 Vektorfelder � E und � B. Dies entspricht 6 Komponenten. Dies ist für einen Vierervektor zu viel und<br />

für 2 Vierervektoren zu wenig.<br />

Aber: Jede relle antisymmetrische (Fαβ = −Fβα) 4x4-Matrix besitzt genau 6 unabhängige Komponen-<br />

✿✿✿✿✿<br />

ten.<br />

Vermutung: Die Feldstärkevektoren ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

�E und � B lassen sich zu einem antisymmetrischen Tensor 2. Stufe<br />

zusammenfassen. Doch wie findet man diesen Tensor?<br />

Hinweis: Potential ↔ Feldstärke<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

� E = − grad ϕ − ˙ �A � B = rot � A (Feldstärke = 1. Ableitung des Potentials)<br />

Aus dem Viererpotential Aµ = ηµν ·A ν und der 4-dimensionalen Ableitung ∂<br />

∂x ν läßt sich nur ein einziger,<br />

einfacher antisymmetrischer Tensor konstruieren.<br />

Hierbei ist Aµ = � − ϕ<br />

Feldstärketensor: Fµν = c<br />

c , A1, A2, A3<br />

Fαβ ganz einfach ausrechnen:<br />

F01 = c � � �<br />

∂<br />

∂ϕ =<br />

F02 = − E2<br />

∂x0 A1 − ∂<br />

∂x1 A0<br />

F03 = − E3<br />

�<br />

= c<br />

F12 = c � ∂<br />

∂x 1 A2 − ∂<br />

∂x 2 A1<br />

F13 = − c B2<br />

F23 = c B1<br />

� und � ∂<br />

∂x1 + ∂A1<br />

∂t<br />

�<br />

rot � A<br />

�<br />

∂x µ<br />

� ∂<br />

∂x µ Aν − ∂<br />

Aµ<br />

∂xν �<br />

(9.2)<br />

� �<br />

∂ = ∂x0 , . . . , ∂<br />

∂x3 �<br />

. Damit können wir den gesuchten Tensor<br />

� = − E1<br />

3<br />

= c B3


102<br />

Somit erhalten wir für den Feldstärketensor des elektromagnetischen Feldes:<br />

⎛<br />

0<br />

⎜E1<br />

(Fµν) = ⎜<br />

⎝E2<br />

−E1<br />

0<br />

−cB3<br />

−E2<br />

cB3<br />

0<br />

⎞<br />

−E3<br />

−cB2 ⎟<br />

cB1 ⎠<br />

E3 cB2 −cB1 0<br />

Beziehungsweise für die kontravariante Komponente durch Heben der Indizes ergibt sich mit F αβ =<br />

η αµ η βν Fµν:<br />

⎛<br />

0 E1 E2 E3<br />

� αβ<br />

F � ⎜−E1<br />

= ⎜<br />

⎝−E2<br />

0<br />

−cB3<br />

cB3<br />

0<br />

−cB2 ⎟<br />

cB1 ⎠<br />

−E3 cB2 −cB1 0<br />

Die Maxwell-Gleichungen als Differentialgleichung 1. Ordnung schreiben sich nun wie folgt:<br />

inhomogenes System<br />

zyklisches System<br />

∂<br />

∂x ν Fµν = µ0 · c · j µ<br />

Dieses System ist äquivalent zur 3+1-dimensionalen Form.<br />

µ = 0 :<br />

✿✿✿✿✿✿<br />

µ0 · c · j0 = ∂<br />

F00<br />

∂x0 0<br />

����<br />

⇒ µ0 · c 2 · ρ = div � E<br />

⇔ div � D = ρ<br />

µ = 1 :<br />

✿✿✿✿✿✿<br />

µ0 · c · j1 = ∂<br />

F10<br />

∂x0 ����<br />

−E1<br />

+ ∂<br />

∂x<br />

����<br />

1 F01<br />

E1<br />

+ · · · + ∂<br />

∂x<br />

x0=ct+Maxw.-Rel.<br />

=⇒ j1 = − ∂� D<br />

∂t +<br />

⇒ � j = − ∂� D<br />

∂t + rot � H<br />

α = 1, µ = 2, ν = 3 :<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

∂<br />

F23<br />

∂x1 ����<br />

cB1<br />

+ ∂<br />

F31<br />

∂x2 ����<br />

cB2<br />

α = 0, µ = 1, ν = 2 :<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

⇒ ∂B3<br />

∂t +<br />

�<br />

rot � �<br />

E3 = 0<br />

+ ∂<br />

∂x<br />

����<br />

3 F13<br />

� ∂H3<br />

∂x<br />

−cB2<br />

����<br />

2 F02<br />

E2<br />

⎞<br />

∂<br />

∂xα Fµν + ∂<br />

∂x µ Fνα + ∂<br />

∂xν Fαµ = 0<br />

+ ∂<br />

∂x<br />

∂H2<br />

− 2 ∂x3 �<br />

����<br />

3 F03<br />

E3<br />

+ ∂<br />

∂x3 F12 = 0<br />

����<br />

cB3<br />

⇔ div � B = 0<br />

+weitere Komp.<br />

=⇒ rot � E = − ˙ � B<br />

9.3 Transformationsgesetz und Invarianten<br />

= − ∂D1<br />

∂t +<br />

�<br />

rot � �<br />

H<br />

1<br />

<strong>Physik</strong>alisch sind die (3+1)-dimensionale und die relativistische Formulierung der Elektrodynamik völlig<br />

äquivalent. Wo ist nun der Vorteil der relativistischen Schreibweise?<br />

(9.3)<br />

Die wesentliche (neue) Information liefert das Transformationsgesetz des Feldstärketensors<br />

F ′αβ = Ω α µ Ω β ν · F µν<br />

mit Ω α µ als Lorentzmatrizen. Dieses Gesetz liefert Aussagen über Feldstärkemessungen in relativ zueinander<br />

bewegten Inertialsystemen.<br />

Σ : x µ , Fµν<br />

v<br />

−→ Σ ′ ′<br />

µ<br />

: x , F ′ µν<br />

(9.4)


9.3 Transformationsgesetz und Invarianten 103<br />

Das Transformationsgesetz vermittelt einen Zusammenhang zwischen � E, � B und � E ′ , � B ′ .<br />

Vorteil: Es handelt sich um einen reinen algebraischen Zusammenhang (Matrizenmultiplikation).<br />

✿✿✿✿✿✿✿<br />

Speziell für die Lorentztransformation aus Abschnitt 9.1 mit β = vx<br />

c :<br />

⎛<br />

0 E ′ 1 E ′ 2 E ′ 3<br />

� ′αβ<br />

F � ⎜<br />

= ⎜−E<br />

⎝<br />

′ 1 0 cB ′ 3 −cB ′ 2<br />

−E ′ 2 −cB ′ 3 0 cB ′ 1<br />

−E ′ 3 cB ′ 2 −cB ′ ⎟<br />

⎠<br />

1 0<br />

⎞<br />

� � α<br />

Ω µ =<br />

Wenn wir dies nun komponentenweise ausrechnen, so ergibt sich:<br />

F ′01 = E ′ 1 = Ω0 0 Ω1 0 F00 +Ω0 1 Ω1 0 F10 ���� + · · · = E1<br />

����<br />

0<br />

Insgesamt erhalten wir nun:<br />

E ′ 1 = E1<br />

E1<br />

E ′ 2 = (E2<br />

1<br />

− v1B3) · √<br />

1−β2 E ′ 3 = (E3<br />

1<br />

+ v1B2) · √<br />

1−β2 B ′ 1 = B1<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

B ′ 2 = � B2 + v1<br />

√ 1<br />

1−β2 − β<br />

√<br />

1−β2 0<br />

√<br />

1−β2 √ 1<br />

1−β2 0<br />

0<br />

0<br />

1<br />

⎞<br />

0<br />

⎟<br />

0 ⎟<br />

0⎠<br />

0 0 0 1<br />

− β<br />

c E3<br />

B ′ 3 = � B3 − v1<br />

c E2<br />

� ·<br />

� ·<br />

√ 1<br />

1−β2 √ 1<br />

1−β2 Die Transformation mischt elektrische und magnetische Feldanteile. Dies bedeutet, daß die Spaltung des<br />

elektromagnetischen Feldes in einen rein elektrischen und einen rein magnetischen Anteil nur in einem<br />

Ruhesystem des Beobachters sinnvoll ist. Im allgemeinen bilden ”beide Feldarten” eine Einheit, die im<br />

Feldstärketensor zum Ausdruck kommt.<br />

Beispiel: Induktionsgesetz<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

homogenes Magnetfeld: � B = − B �e3 daneben: � E = � 0<br />

Messungen in Σ ′ , das sich relativ zu Σ mit �v ⇈ �e1 bewegt, ergeben nach (9.5):<br />

E ′ 1 = 0, E ′ 2<br />

(9.5)<br />

Abb. 9.1: ruhendes � B bzgl. Σ,<br />

Σ ′ bewegt sich relativ zu Σ<br />

−v1B3 = √ = √ vB<br />

1−β2 1−β2 , E ′ 3 = 0 B ′ 1 = 0, B ′ 2 = 0, B ′ B3<br />

3 = √ = √−B 1−β2 1−β2 ⇒ senkrecht auf �e1 und �e3 existiert ein elektrisches Feld (E ′ 2 �= 0). Über einen Leiter ist der zugehörige<br />

Induktionssprung abnehmbar, solange v �= 0.<br />

Beispiel: bewegte Punktladung<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Die zwei Fälle, ob sich nun die Punktladung bewegt und der Beobachter ruht oder umgekehrt sind<br />

äquivalent zueinander.<br />

Zur Lösung transformiert man den Feldstärketensor mit dem Coulombfeld auf ein bewegtes System.<br />

Es bleibt nun eine Frage: Existieren Größen des elektromagnetischen Feldes, die sich beim Übergang<br />

zwischen Inertialsystem nicht ändern (Invarianten: I=I’)?<br />

Man findet zwei skalare Größen (Basisinvarianten):<br />

I1 = det � F αβ�<br />

I2 = Fαβ F αβ<br />

(9.6)


104<br />

Jede analytische Funktion dieser Invarianten ist wieder eine Invariante. Eine explizite Rechnung für unser<br />

Beispiel liefert:<br />

det � Fαβ� = c2 � �2 �E B�<br />

Fαβ · Fαβ = 2<br />

� �<br />

�H B� − �E D�<br />

Die Invarianten werden für den Lagrange-Formalismus benötigt. Wir leiten nun die Maxwell-Gleichungen<br />

aus dem Hamilton-Prinzip ab. Die Voraussetzung dafür ist, daß das zyklisches System erfüllt sei, was<br />

damit äquivalent ist, daß A µ existiert.<br />

W =<br />

t2 �<br />

t1<br />

L dt x0 =ct<br />

= 1<br />

c<br />

L = ε0<br />

4 Fαβ Fαβ − j µ Aµ = L<br />

�<br />

L dx 0 L=��� LdV<br />

=<br />

�<br />

Aµ ,<br />

1<br />

c<br />

∂<br />

Aµ<br />

∂x µ<br />

����<br />

�<br />

ε0<br />

L . . . Lagrangefunktion<br />

L . . . Lagrangedichte<br />

L dx 0 dV = 1<br />

c<br />

�<br />

L d 4 x<br />

Nun variieren wir das Vektorpotential Aµ → Aµ + δAµ. Die Variierte δAµ sei auf dem<br />

Rand des betrachteten Raum-Zeit-Gebiets gleich Null.<br />

δL = ε0<br />

4 δ � F αβ � β<br />

Fαβ − j δAβ<br />

δ � F αβ � � � αµ βν αµ βν<br />

Fαβ = δ η η Fµν Fαβ = η η δ (Fµν Fαβ)<br />

δ � F αβ � Prod.-R.<br />

Fαβ = 2 η αµ η βν Fµν δFαβ = 2 F αβ δFαβ<br />

δ � F αβ �<br />

� αβ ∂<br />

Fαβ = 2 F c δ<br />

∂xα Aβ − ∂<br />

�<br />

αβ<br />

Antisymmetrie von F<br />

Aα = 4 c F<br />

∂xβ αβ δ ∂Aβ<br />

∂xα δ � F αβ � Tausch der Variation<br />

Fαβ =<br />

und part. Ableitung<br />

∂<br />

4 c Fαβ δAβ<br />

∂xα Damit gehen wir jetzt in das Hamilton-Prinzip:<br />

δW = 1<br />

�<br />

δL d<br />

c<br />

4 x = 1<br />

� �<br />

ε0c F<br />

c<br />

αβ ∂<br />

∂xα δAβ − j β �<br />

δAβ d 4 x<br />

� �<br />

part. Int. 1<br />

δW =<br />

−ε0c<br />

an den Grenzen: δAβ=0 c<br />

∂<br />

∂xα Fαβ − j β<br />

�<br />

δAβ d 4 x ! = 0 | Variation: δAβ bel.<br />

⇒ −ε0c ∂<br />

∂x α Fαβ − j β = 0<br />

− ∂ Antisymm. ∂<br />

Fαβ =<br />

∂xα ∂xα Fβα = 1<br />

ε0c jβ Maxw.-Rel.<br />

= µ0c j β<br />

^= 4 Gleichungen zur Bestimmung der Potentiale A µ<br />

αµ ∂<br />

⇔ η<br />

∂xα Fβµ<br />

�<br />

Pot. / Feldst. αµ ∂ ∂<br />

= µ0c jβ ⇔ η c<br />

∂xα ⇔<br />

∂<br />

∂xβ � �<br />

∂<br />

Aα − �Aβ = µ0 jβ<br />

∂xα Lorentz-Konvention:<br />

vgl. inhomog. Maxw.-Gl. (9.3)<br />

∂xβ Aµ − ∂<br />

Aβ<br />

∂x µ<br />

∂<br />

∂x α Aα = 0<br />

�Aβ = − µ0 jβ<br />

�<br />

= µ0c jβ<br />

(9.7)


9.4 Doppler-Effekt und Aberration 105<br />

9.4 Doppler-Effekt und Aberration<br />

Wir betrachten eine ebene (harmonische) elektromagnetische Welle in einem homogenen Medium. In<br />

3-dimensionaler Schreibweise gilt:<br />

� E = � E(0) e iΦ ,<br />

� B = � B(0) e iΦ<br />

wobei � E (0) und � B (0) konstante komplexe Amplituden sind und die Phase Φ = Φ(�r, t) gegeben ist durch<br />

Φ = � k�r − ωt<br />

Denkt man sich die Felder in den Feldstärketensor eingesetzt, so erhält man die Darstellung:<br />

Fµν = F (0)<br />

µνe iΦ<br />

mit F (0)<br />

µν als konstante Matrix, d.h. unabhängig von den x α . Die Phase Φ charakterisiert dabei die Gebiete<br />

der Verstärkung bzw. Auslöschung bei Interferenzen. Sie muß also eine Invariante unter Lorentztransformationen<br />

sein, d.h. der numerische Wert von Φ (z.B. Φ = π<br />

2 ) darf sich nicht ändern, obwohl sich das<br />

”Ereignis” ändert (x µ → x ′µ ).<br />

Formaler Beweis (als Einschub):<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿ ✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

det(Fµν) = Invariante = det(F ′ µν)<br />

Wir berechnen nun beide Seiten explizit:<br />

det(Fµν) = e 4iΦ �<br />

det F (0)<br />

det(F<br />

�<br />

µν Beachte: 4-dim. Matrizen !<br />

′ µν) =<br />

� ′<br />

4iΦ<br />

e det F ′ �<br />

� ′<br />

(0) 4iΦ<br />

µν = e det Ω α µΩ β νF (0)<br />

�<br />

� ′<br />

4iΦ<br />

αβ = e det<br />

Hierbei ist berücksichtigt, daß det(Ω α µ) = +1 gilt. Der Vergleich liefert dann Φ = Φ ′ bis auf Mehrdeutigkeiten<br />

wegen der Periodizität der komplexen e-Funktion.<br />

Die Invarianz der Phase kann äußerlich dadurch sichtbar gemacht werden, daß man den ”Wellenzahlvierervektor”<br />

k µ einführt:<br />

Dann ist offensichtlich:<br />

Wellenzahlvierervektor: (k µ ) =<br />

�<br />

ω<br />

c , k1,<br />

� �<br />

ω<br />

k2, k3 =<br />

c ,� �<br />

k<br />

Φ = ηµνk µ x ν = kµx µ = − ω<br />

c x0 + � k�r = −ωt + � k�r<br />

Die Invarianz der Phase ist offensichtlich, wenn man die Darstellung als Skalarprodukt berücksichtigt;<br />

man verifiziert sie aber auch durch direkte Anwendung der Transformationsgesetze:<br />

Φ ′ = k ′ ν x ′ν = Ω ν β x β Ω α<br />

ν kα = δ α<br />

β x β kα = x α kα = Φ<br />

Im Vakuum ist der Wellenzahlvierervektor ein lichtartiger Vektor (”Nullvektor”), denn es gilt:<br />

ηµν k µ k ν = −(k 0 ) 2 + �k 2 = kµk µ �<br />

ω<br />

�2 = − +<br />

c<br />

�k 2 = 4π 2<br />

�<br />

1 ν2<br />

−<br />

λ2 c2 �<br />

= 0<br />

Hierbei wurde im letzten Schritt die Dispersionsrelation (c = λν) für elektromagnetische Wellen verwendet.<br />

Demzufolge:<br />

kµk µ = 0 ⇔ (k µ ) ist Nullvektor !<br />

Die quellfreien Maxwell-Gleichungen werden einfach zu algebraischen Bedingungen, wenn man die ebenen<br />

Wellen einsetzt und differenziert:<br />

F (0)<br />

µν k ν = 0, kα F (0)<br />

µν + kµ F (0)<br />

να + kν F (0)<br />

αµ = 0<br />

Aus der Transformationsregel des Wellenzahlvierervektors<br />

F (0)<br />

αβ<br />

�<br />

(9.8)


106<br />

k ′ν = Ω ν µk µ<br />

ergeben sich zwei wichtige Beziehungen, die wir nun herleiten wollen. Dazu betrachten wir eine Welle, die<br />

sich parallel zur (x,y)-Ebene ausbreitet (kz = 0). Der Wellenzahlvektor �k schließe mit der x-Achse den<br />

Winkel θ ein. Der Betrag ist wie üblich | �k| = 2π<br />

λ . Der Wellenzahlvierervektor hat dann die Komponenten:<br />

(k µ � �<br />

ω 2π 2π<br />

) = , cos(θ), sin(θ), 0<br />

c λ λ<br />

Wir betrachten nun den Übergang in ein bewegtes Bezugssystem Σ → Σ ′ . Die Bestimmungsgrößen der<br />

Welle in Σ, d.h. ω, λ, θ gehen in Σ ′ in die neuen Größen ω ′ , λ ′ , θ ′ über. Für den Wellenzahlvierervektor<br />

in Σ ′ erwarten wir eine entsprechende Form:<br />

(k ′µ � ′ ω 2π<br />

) = ,<br />

c λ ′ cos(θ ′ ), 2π<br />

λ ′ sin(θ ′ ), k ′ �<br />

z<br />

Wertet man das Transformationsgesetz explizit mit der speziellen Lorentztransformation (Bewegung ent-<br />

lang der x-Achse , β = vx<br />

c ):<br />

aus, so ergibt sich:<br />

(k ′µ ) =<br />

� ω<br />

c<br />

⎛<br />

Ω ν ⎜<br />

µ = ⎜<br />

⎝<br />

2π − λ<br />

√ 1<br />

1−β2 √−β 1−β2 β cos(θ)<br />

� ,<br />

1 − β2 √−β 0 0<br />

1−β2 √ 1 0 0<br />

1−β2 0 0 1 0<br />

0 0 0 1<br />

2π<br />

λ<br />

(9.9)<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

ωβ<br />

cos(θ) − c � ,<br />

1 − β2 2π<br />

�<br />

sin(θ), 0<br />

λ<br />

Der Vergleich beider Formen von k ′µ zeigt, daß sich wegen k ′ z = 0 auch im System Σ ′ die Welle parallel<br />

zur (x’,y’)-Ebene ausbreitet. Für die restlichen Vektorkomponenten liefert der Vergleich:<br />

ω ′ = ω<br />

1 − β cos(θ)<br />

� ,<br />

1 − β2 sin(θ ′ )<br />

λ ′<br />

sin(θ)<br />

= ,<br />

λ<br />

cos(θ ′ )<br />

λ ′<br />

= cos(θ) − β<br />

λ � 1 − β2 Seien nun die ursprünglichen Koordinaten (Σ) das Ruhesystem einer Lichtquelle, welches die betrachtete<br />

Welle ausstrahlt. Dann ist ω ′ − ω die Frequenzänderung als Folge der Relativbewegung der Inertialsy-<br />

steme. Die Beziehung:<br />

ω ′ = ω<br />

1 − β cos(θ)<br />

� 1 − β 2<br />

ist für Anwendungen allerdings unzweckmäßig, da für den in Σ ′ messenden (mitbewegten) Beobachter<br />

der Winkel θ aus dem Ruhesystem Σ eingeht. Benötigt wird die Funktion θ = θ(θ ′ ), die man aus der<br />

”Invarianz” der Lichtgeschwindigkeit erhält:<br />

Einsetzen der transformierten Ausdrücke liefert:<br />

ω ′ λ ′ = ωλ (1 − β cos(θ)) cos(θ ′ )<br />

cos(θ) − β<br />

D.h. die gesuchte Funktion θ = θ(θ ′ ) ergibt sich zu:<br />

c = c ′ = Invariante ⇔ ωλ = ω ′ λ ′<br />

⇒ cos(θ) − β = (1 − β cos(θ)) cos(θ ′ )<br />

cos(θ) = β + cos(θ ′ )<br />

1 + β cos(θ ′ )<br />

Einsetzen in den Ausdruck für die Frequenzverschiebung liefert letztlich als relativistischen Ausdruck für<br />

den Doppler-Effekt:<br />

Doppler-Effekt: ω ′ = ω<br />

� 1 − β 2<br />

1 + β cos(θ ′ )<br />

(9.10)


9.4 Doppler-Effekt und Aberration 107<br />

Spezialfälle:<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

1. θ ′ = 0, longitudinaler Doppler-Effekt<br />

ω ′ = ω<br />

Abb. 9.2: Longitudinaler Doppler-Effekt<br />

�<br />

1 − β<br />

1 + β<br />

(9.11)<br />

Die Welle bewegt sich hierbei parallel bzw. antiparallel zur Bewegungsrichtung der Relativgeschwindigkeit<br />

zwischen Σ und Σ ′ .<br />

2. θ ′ = π<br />

2 , transversaler Doppler-Effekt<br />

ω ′ = ω � 1 − β 2 (9.12)<br />

Abb. 9.3: Transversaler Doppler-Effekt<br />

D.h. auch bei senkrechter Relativbewegung (!) ergibt sich eine Frequenzänderung, die allerdings<br />

quadratisch in β ist. Dieser sogenannte ”quadratische” Doppler-Effekt ist eine wichtige relativistische<br />

Aussage, die klassisch nicht verständlich ist! Der Effekt ist (erst) 1938 durch Ives und Stilwell<br />

und 1939 durch Otting mit Hilfe von Kanalstrahlen experimentell nachgewiesen worden.<br />

Die hier abgeleiteten Beziehungen gestatten die Erklärung eines Effektes der Astronomie - der Aberration<br />

des Lichts.<br />

Unter der Aberration versteht man die scheinbare Ortsveränderung der Gestirne als Folge der<br />

Eigenbewegung der Erde und der Endlichkeit der Vakuumlichtgeschwindigkeit.<br />

Man unterscheidet drei Fälle:<br />

a) tägliche Aberration:<br />

Rotation der Erde um ihre Achse<br />

b) jährliche Aberration:<br />

Bewegung der Erde auf der Bahn um die Sonne<br />

c) säkulare Aberration:<br />

Bewegung des Sonnensystems innerhalb unserer Galaxie (dieser Fall ist praktisch unbedeutend)<br />

✿✿✿✿✿✿✿✿✿✿<br />

Qualitativ:<br />

Wir untersuchen hier die jährliche Aberration, für welche die Bahnbewegung der Erde um die Sonne<br />

den dominanten Effekt liefert. Ausgangspunkt ist die Beziehung zwischen θ und θ ′ , die zuvor abgeleitet<br />

wurde.


108<br />

Aberrationsgleichung: cos(θ ′ ) =<br />

cos(θ) − β<br />

1 − β cos(θ)<br />

(9.13)<br />

Sei speziell θ = π<br />

2 , d.h. cos(θ ′ ) = −β. Innerhalb eines Halbjahres ändert sich die Bahngeschwindigkeit<br />

um ∆v ≈ 60km/s (Richtung !) und damit variiert β um ∆β ≈ 2 · 10 −4 . Im Sinne der Fehlerrechnung<br />

liefert diese Schwankung eine Variation im Beobachtungswinkel θ ′ von der Größe<br />

∆θ ′ =<br />

∆β<br />

� 1 − β 2 ,<br />

was ∆θ ′ ≈ 41 ′′ scheinbare Schwankung pro Jahr liefert, einen Wert, der schon 1727 durch Bradley<br />

beobachtet wurde.


STICHWORTVERZEICHNIS 109<br />

Stichwortverzeichnis<br />

δ-Funktion, 8, 24<br />

δ-Tensor, 7<br />

∆·, 3, 9<br />

∝, 3<br />

∼, 3<br />

ε-Symbol, 8<br />

ε-Tensor, 8<br />

∗ , 3<br />

Aberration, 107<br />

jährlich, 107<br />

säkulare, 107<br />

täglich, 107<br />

Aberrationsgleichung, 108<br />

Abschneideradius, 28<br />

Äquipotentialfläche, 22<br />

Ampère, Definition, 57<br />

Ampère’sches Verkettungsgesetz, 10<br />

Auflösungsvermögen, 98<br />

Basisinvarianten, 103<br />

Bessel’sche Differentialgleichung<br />

speziell, 65<br />

allgemein, 65<br />

Lösung, 65<br />

Beugung, 91<br />

Beugungstheorie, skalare, 93<br />

Bilanzgleichung<br />

allgemein, 12<br />

Energie, 14<br />

Impuls, 19<br />

Biot-Savart’sches Gesetz für dünne Leiter, 48<br />

Brechung, 88<br />

Brechungsgesetz, 90<br />

Brechungsindex, 81<br />

Coulomb<br />

-Eichung, 45<br />

-Feld, 21<br />

-Gesetz, 21<br />

-Kraft, 21<br />

-Potential, 23, 25<br />

D’Alembert-Operator, 68<br />

Dipol<br />

-modell, 33<br />

-moment, 32, 33<br />

elektrisch, 31<br />

magnetisch, 51<br />

Punkt-, 34<br />

Strahlungswiderstand, 78<br />

Dirac-Funktion, 8, 24<br />

Dispersionsrelation, 84<br />

Divergenz, 9<br />

Doppler-Effekt, 105<br />

transversal, 107<br />

allgemein, 106<br />

longitudinal, 107<br />

quadratisch, 107<br />

Drehmoment auf einen Dipol, 35, 54<br />

Eichtransformation, 46<br />

Eindringtiefe, 66, 91<br />

Einstein’sche Summenkonvention, 7<br />

elektrische Spannung, 22<br />

Elektronenradius, klassisch, 28<br />

Elektrostatik, 21<br />

Energie<br />

beliebige Ladungsverteilung, 28<br />

Coulomb-Feld, 27<br />

elektrische Selbst-, 29<br />

elektrostatisches Feld, 27<br />

Ladungsverteilung in einem äußeren Feld,<br />

29<br />

magnetische Selbst-, 50<br />

von Stromverteilungen, 49<br />

Wechselwirkungs-, 30, 34, 50, 54<br />

Energiedichte<br />

elektrisch, 14<br />

magnetisch, 14<br />

Energiestromdichte, 14, 76, 86<br />

-Vektor, 15<br />

Erhaltungssatz der Schwierigkeit, 24<br />

Feldstärketensor, 101, 102<br />

Transformationsgesetz, 102<br />

Flächenladungsdichte, 37<br />

Fluß, mittlerer magnetischer, 61<br />

Fraunhofer’sche Beugung, 95<br />

Bedingung, 95<br />

Fundamentaltensor, 99<br />

Gradient, 9<br />

Green’sche Funktion, 23, 24<br />

avancierte, 70<br />

retardierte, 70<br />

Green’scher Satz, 43<br />

Gruppengeschwindigkeit, 85<br />

Hamilton-Prinzip, 104<br />

Hertz’scher Dipol, 72<br />

Huygen’sches Prinzip, 83, 91<br />

Kirchhoff’sche Formulierung, 94<br />

Impuls<br />

-dichte, 18<br />

mechanisch, 19<br />

Feld-, 19<br />

Induktionsgesetz, 10<br />

Induktionsvorgänge in Leitern, 59<br />

instantan, 58<br />

Integralsatz<br />

Gauß, 7<br />

Stokes, 7<br />

Intensität, 86, 92<br />

Invarianten des elektromagnetischen Feldes, 103<br />

Joule’sche Wärme, 14


110<br />

Kapazität<br />

energetische Definition, 43<br />

formale Definition, 41<br />

Kirchhoff’sche<br />

Formel, 94<br />

Näherung, 93<br />

Knotenregel, 13<br />

Koeffizienten der Gegeninduktion, 60<br />

Koeffizienten der Selbstinduktion, 60<br />

Kondensator, 41<br />

Kontinuitätsgleichung, 12, 44, 100<br />

Kräfte von Magnetfeldern auf Ströme, 55<br />

Kraft auf einen Dipol, 34, 54<br />

Kraftdichte, 11<br />

Kronecker<br />

-Delta, 7<br />

-Symbol, 7<br />

Lösung, Poisson-Gleichung, 26<br />

Ladungserhaltung, 12<br />

Laplace-Gleichung<br />

elektrisch, 23<br />

magnetisch, 46<br />

Laplace-Operator, 9<br />

Leiter, Eigenschaften, 36<br />

Leiter, im elektrostatischen Feld, 36<br />

Levi-Civita-Symbol, 8<br />

lichtartiger Vektor, 105<br />

Linienstrom, 47<br />

Lorentz<br />

-Konvention, 68, 101<br />

-Konvention, relativistisch, 104<br />

-matrizen, 102<br />

-transformation, 99<br />

Kraft auf eine Punktladung, 56<br />

Kraftdichte, 56<br />

Magnetfeld stationärer Ströme, 44<br />

magnetische Monopole, 54<br />

Magnetischer Fluß, 10<br />

magnetisches Moment, 49<br />

Materialgleichungen, 10<br />

Maxwell’scher Spannungstensor, 18<br />

Maxwell-Gleichungen, 10<br />

im ”eigentlichen Sinne”, 11<br />

relativistisch, 102<br />

Maxwell-Relation, 19<br />

Methode dünner Drähte, 60<br />

Methode der Green’schen Funktion, 23<br />

Minimaleigenschaft der elektrostatischen Energie,<br />

39<br />

Multipole, elektrisch, 30<br />

Nabla-Oparator, 9<br />

Nichtexistenz magnetischer Monopole, 54<br />

Nullvektor, 105<br />

Ohm’scher Widerstand, 63<br />

Paradoxon, 16<br />

Phasengeschwindigkeit, 84<br />

Photonenmodell des Lichts, 89<br />

Plattenkondensator, 41<br />

Poisson-Gleichung<br />

elektrisch, 23<br />

magnetisch, 45<br />

Polarisation, 86<br />

Potential<br />

elektrodynamisch, 68<br />

retardiert, 72<br />

einfaches Dipolmodell, 33<br />

elektrischer Quadrupol, 36<br />

Liénhard-Wichert, 78<br />

retardiert, 69<br />

retardiertes von Liénhard-Wiechert, 79<br />

skalares, 22<br />

Poynting-Vektor, 14, 15, 86<br />

Quadrupol<br />

-modell, 36<br />

-moment, 35<br />

elektrisch, 35<br />

Randbedingung<br />

Dirichlet’sche, 38<br />

Gemischte, 38<br />

Neumann’sche, 38<br />

Reflexion, 88<br />

Reflexionsgesetz, 90<br />

Relativistische Elektrodynamik, 99<br />

Retardierung, 58<br />

Reziprozitäts-Satz, 94<br />

Rotation, 9<br />

Schwerpunktsatz, 20<br />

Schwingungsdifferentialgleichung, 63<br />

Selbstenergieproblem, 28<br />

Shift, 24<br />

Skineffekt, 66<br />

Spannung, elektrische, 22<br />

spezifische Ladung, 56<br />

statisch, 21<br />

Strahlungsdruck, 18<br />

Strahlungswiderstand des Dipols, 78<br />

Superpositionsprinzip der Lösungen, 12<br />

Tensor, 99<br />

-divergenz, 56<br />

des Quadrupolmoments, 35<br />

Torus-Spule, 62<br />

Totalreflexion, 90<br />

Transformationsgesetz, 99, 100<br />

Feldstärketensor, 102<br />

Wellenzahlvierervektors, 106<br />

Übergangsbedingung, 89<br />

Ultraviolett-Katastrophe, 78<br />

Vektorfelder, 7<br />

Vektorpotential, 45<br />

Viererpotential, 101<br />

Viererstromvektor, 100<br />

Warum ist der Himmel blau?, 78


STICHWORTVERZEICHNIS 111<br />

Welle<br />

allgemeine ebene, 82<br />

ebene harmonische, 83<br />

Intensität, 86<br />

Kugel-, 83<br />

transversale, 85<br />

Wellenoperator, 68, 70, 101<br />

Wellenzahlvektor, 96<br />

Wellenzahlvierervektor, 105<br />

Wellenzone, 76<br />

Zusammenhang Kapazität und Energie, 42

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