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Schlussfolgerungen - vTI - Bund.de

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Landbauforschung – Son<strong>de</strong>rheft 330 (2009) 183<br />

9 <strong>Schlussfolgerungen</strong><br />

Dr. Walter Dirksmeyer 1<br />

Über alle gartenbaulichen Produktionssparten<br />

hinweg vollzieht sich <strong>de</strong>r Strukturwan<strong>de</strong>l mit einer<br />

Reduktion <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Betriebe hin zu<br />

immer größeren Betrieben, welche eine insgesamt<br />

ansteigen<strong>de</strong> gartenbauliche Produktionsfläche<br />

bewirtschaften. Auf Ebene <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Anbausparten <strong>de</strong>s Produktionsgartenbaus weicht<br />

das Bild jedoch hin und wie<strong>de</strong>r von diesem<br />

grundsätzlichen Muster ab. Außer<strong>de</strong>m erfolgt die<br />

Erzeugung gartenbaulicher Produkte immer stärker<br />

in darauf spezialisierten Gartenbaubetrieben.<br />

Zwar gibt es nach wie vor eine beträchtliche Anzahl<br />

von landwirtschaftlichen Betrieben, die auch<br />

<strong>de</strong>r Herstellung von Gartenbauprodukten nachgehen,<br />

doch sinkt <strong>de</strong>ren Anzahl und Flächenanteil.<br />

Im Gemüsebau ist die Entwicklung zu immer<br />

weniger aber dafür immer größeren Betrieben,<br />

die eine in <strong>de</strong>r Summe aller Gemüsebaubetriebe<br />

ansteigen<strong>de</strong> Produktionsfläche bewirtschaften,<br />

am stärksten ausgeprägt. Als Grund für diese<br />

Entwicklungen können die Nachfragemacht <strong>de</strong>s<br />

Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>ls, über <strong>de</strong>n mehr als<br />

75 % <strong>de</strong>r Frischware vermarktet wer<strong>de</strong>n, und <strong>de</strong>r<br />

international steigen<strong>de</strong> Wettbewerb genannt<br />

wer<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong>s führt dazu, dass hauptsächlich<br />

die Betriebe, die eine gewünschte hohe Qualität<br />

in großen und einheitlichen Mengen zu vergleichsweise<br />

geringen Kosten produzieren können<br />

(Stichwort Kostenführerschaft), im Markt eine<br />

wichtige Rolle spielen. Diese Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

erfüllen hauptsächlich große und sehr große Betriebe,<br />

die Skaleneffekte realisieren können, wofür<br />

eine stark mechanisierte Produktion eine<br />

Voraussetzung ist. So zeigen auch die betriebswirtschaftlichen<br />

Analysen <strong>de</strong>s Zentrums für Betriebswirtschaft<br />

im Gartenbau e. V., ausgehend<br />

von steuerlichen Buchabschlüssen gartenbaulicher<br />

Produktionsbetriebe, dass die flächenstarken<br />

Betriebe unter <strong>de</strong>n erfolgreichen Gemüsebaubetrieben<br />

einen hohen Anteil einnehmen.<br />

Dies gilt sowohl für die auf <strong>de</strong>n Freilandanbau<br />

als auch für die auf die Produktion unter Glas<br />

spezialisierten Betriebe. Auch mittelgroße Gemüsebaubetriebe,<br />

die einem schlagkräftigen Absatzmittler,<br />

unabhängig davon, ob privatwirt-<br />

1<br />

schaftlich o<strong>de</strong>r als Erzeugerorganisation aufgestellt,<br />

angeschlossen sind, können diese Voraussetzungen<br />

erfüllen. Allerdings ist es für diese<br />

Betriebe erfor<strong>de</strong>rlich, sich auf eine o<strong>de</strong>r sehr wenige<br />

Kulturen zu spezialisieren, da sie an<strong>de</strong>rnfalls<br />

keine Größenvorteile ausnutzen können und<br />

folglich zu teuer produzieren wür<strong>de</strong>n. Eine solche<br />

Strategie <strong>de</strong>r starken Spezialisierung auf<br />

sehr wenige Kulturen, im Extremfall nur eine,<br />

birgt allerdings immer ein hohes Risiko, da ein<br />

Misserfolg bei einer Kultur, sei er produktionstechnisch<br />

o<strong>de</strong>r marktseitig bedingt, nur schwer<br />

auszugleichen ist, wenn einen großer Anteil an<br />

<strong>de</strong>r Produktionsfläche eines Betriebes auf sie<br />

entfällt. Alternativ können sich kleinere und mittelgroße<br />

Betriebe jedoch auf <strong>de</strong>n Anbau von beson<strong>de</strong>ren<br />

Qualitäten o<strong>de</strong>r Spezialitäten konzentrieren,<br />

bei <strong>de</strong>nen eine Produktion mit hohem<br />

Maschineneinsatz nicht möglich o<strong>de</strong>r unrentabel<br />

ist. Dadurch kann in diesen Betrieben die Produktpalette<br />

breiter gehalten wer<strong>de</strong>n, wodurch<br />

das Risiko sinkt.<br />

Im Obstbau zeichnet sich eine an<strong>de</strong>re Entwicklung<br />

ab als im Gemüsebau. In <strong>de</strong>n spezialisierten<br />

Obstbaubetrieben mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt Erzeugung<br />

ist parallel zur Anzahl <strong>de</strong>r Betriebe auch<br />

die Produktionsfläche um etwa <strong>de</strong>nselben Anteil<br />

gesunken. Im Gegensatz dazu ist die gesamte<br />

zur Obsterzeugung genutzten Fläche gestiegen.<br />

Zwar ist die durchschnittliche Betriebsgröße im<br />

spezialisierten Obstbau gewachsen, doch ist<br />

dies, im Gegensatz zum Gemüsebau, nicht nur<br />

<strong>de</strong>n großen und sehr großen Betrieben zuzuschreiben.<br />

Im Obstbau gibt es einen relativ geringen<br />

Anteil von sehr großen Betrieben, was unter<br />

an<strong>de</strong>rem damit zu begrün<strong>de</strong>n ist, dass die<br />

Mechanisierungsmöglichkeiten im Obstbau geringer<br />

sind als beispielsweise im Gemüsebau.<br />

Dadurch fallen mögliche Skaleneffekte vergleichsweise<br />

gering aus. Aus diesem Grund wird<br />

Obst auch noch viel häufiger im Nebenerwerb<br />

produziert, als das in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren drei Produktionssparten<br />

<strong>de</strong>r Fall ist.<br />

Dr. Walter Dirksmeyer, Institut für Betriebswirtschaft, Johann Heinrich von Thünen-Institut (<strong>vTI</strong>), <strong>Bund</strong>esforschungsinstitut für Ländliche<br />

Räume, Wald und Fischerei, <strong>Bund</strong>esallee 50, 38116 Braunschweig, walter.dirksmeyer(at)vti.bund.<strong>de</strong>


184 Walter Dirksmeyer: <strong>Schlussfolgerungen</strong><br />

Mehr als drei Viertel <strong>de</strong>r Produktionsmenge von<br />

Obst und Gemüse wer<strong>de</strong>n über <strong>de</strong>n Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l<br />

abgesetzt. Die For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>ls nach großen und einheitlichen<br />

Partien von Obst und Gemüse, die hohen<br />

Qualitätsansprüchen genügen, wird in bei<strong>de</strong>n<br />

Sparten überwiegend durch gut aufgestellte<br />

Erzeugerorganisationen und private Absatzmittler<br />

sichergestellt. Allerdings gibt es insbeson<strong>de</strong>re<br />

im Gemüsebau einige sehr große Betriebe, die<br />

diese Anfor<strong>de</strong>rungen auch ohne eine Bün<strong>de</strong>lung<br />

<strong>de</strong>r Produktion mehrerer Erzeuger erfüllen können.<br />

In <strong>de</strong>r Nahrungsmittelproduktion haben Systeme<br />

zum Qualitätsmanagement eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung.<br />

Sie dienen <strong>de</strong>r nachhaltigen Sicherung<br />

<strong>de</strong>s Qualitätsniveaus gartenbaulicher Produkte.<br />

Sie helfen dadurch vorbeugend die Anfälligkeit<br />

gegenüber Lebensmittelskandalen zu verringern.<br />

Ergänzend können Systeme zur Rückverfolgbarkeit<br />

dazu beitragen, <strong>de</strong>n Ursprung eines Skandals<br />

schnell zu i<strong>de</strong>ntifizieren und somit <strong>de</strong>n möglichen<br />

Scha<strong>de</strong>n für unbeteiligte Betriebe einzudämmen.<br />

Zwar hat insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l<br />

ein großes Interesse an Rückverfolgbarkeitssystemen,<br />

doch aus einer an<strong>de</strong>ren<br />

Motivation heraus. Ihm geht es eher darum, gelten<strong>de</strong><br />

Vorschriften einzuhalten und darüber hinaus<br />

ein positives Image zu bekommen, in<strong>de</strong>m<br />

auf die Fähigkeit hingewiesen wird, dass die angebotenen<br />

Produkte bis zum Erzeuger zurückverfolgt<br />

wer<strong>de</strong>n können. Wenn jedoch ein Lebensmittelskandal<br />

eintritt, geht es <strong>de</strong>m Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l,<br />

wie auch <strong>de</strong>r Rucola-Skandal<br />

zeigte, nur noch darum, eine saubere Weste zu<br />

behalten – o<strong>de</strong>r sie so schnell wie möglich wie<strong>de</strong>r<br />

zu bekommen – um nicht o<strong>de</strong>r nicht mehr mit<br />

negativen Schlagzeilen in Verbindung gebracht<br />

zu wer<strong>de</strong>n. Der einfachste Weg dahin führt für<br />

<strong>de</strong>n Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l über die temporäre<br />

Auslistung von betroffenen Produkten, wie es<br />

im Rucola-Skandal viele unbeteiligte Gärtner<br />

schmerzlich erfahren mussten. Ein dadurch<br />

plötzlich wegbrechen<strong>de</strong>r Absatzmarkt kann insbeson<strong>de</strong>re<br />

für Betriebe, die auf <strong>de</strong>n Anbau dieser<br />

Kultur spezialisiert sind, massive Liquiditätsengpässe<br />

zur Folge haben. Es ist davon auszugehen,<br />

dass solche Lebensmittelskandale <strong>de</strong>n<br />

Gartenbau immer wie<strong>de</strong>r treffen wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Frage dabei ist nur, wann <strong>de</strong>r nächste Fall eintritt<br />

und welche Kultur davon betroffen sein wird.<br />

Im Vergleich zur indirekten Vermarktung ist das<br />

Absatzpotenzial bei <strong>de</strong>m Direktabsatz grundsätzlich<br />

begrenzt, da <strong>de</strong>r Einkauf für Verbraucher in<br />

Hoflä<strong>de</strong>n, auf Wochenmärkten o<strong>de</strong>r ähnlichen<br />

Stätten relativ zeitaufwändig ist. Dies gilt prinzipiell<br />

für alle Produktionssparten. Bei <strong>de</strong>n Nahrungsmittel<br />

erzeugen<strong>de</strong>n Sparten aber ist <strong>de</strong>r<br />

zusätzliche Zeitaufwand für einen Einkauf beim<br />

Erzeuger beträchtlich, da <strong>de</strong>r Einkauf von Obst<br />

und Gemüse parallel zum Lebensmitteleinkauf<br />

im Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l erfolgen kann. Daher<br />

ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>s Absatzes über <strong>de</strong>n Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l<br />

in <strong>de</strong>n Sparten Obstbau<br />

und Gemüsebau auch beson<strong>de</strong>rs hoch. Der<br />

Grund für Konsumenten, <strong>de</strong>nnoch beim Direktvermarkter<br />

einzukaufen, ist neben <strong>de</strong>m Einkaufserlebnis<br />

insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Wunsch, die<br />

Produkte direkt beim Erzeuger zu erwerben, wofür<br />

Grün<strong>de</strong> wie Frische, Freiheit von Schadstoffen<br />

und Vertrauen zum Produzenten genannt<br />

wer<strong>de</strong>n. Allerdings ist die Eigenproduktion für einen<br />

Direktvermarkter wegen <strong>de</strong>s Anbaus von<br />

vielen Produkten in kleinen Partien häufig teurer<br />

als <strong>de</strong>r Zukauf von Ware, was auch die vergleichsweise<br />

schlechten wirtschaftlichen Ergebnisse<br />

<strong>de</strong>r direkt absetzen<strong>de</strong>n Gemüsebaubetriebe<br />

zeigen. Analog gilt dies ebenfalls für an<strong>de</strong>re<br />

Betriebe, die vom Marktvolumen eher kleinere<br />

Absatzkanäle bedienen. Für solche Betriebe bieten<br />

sich Absprachen im Anbauprogramm mit Kollegen<br />

an, was bis hin zu Kooperationen gehen<br />

kann.<br />

Die Struktur <strong>de</strong>s Zierpflanzenbaus weicht verhältnismäßig<br />

stark von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Obst- o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Gemüsebaus ab, was mit <strong>de</strong>m hohen Anteil an<br />

geschützter Produktion zu erklären ist. Die Produktion<br />

im Gewächshaus ist in spezialisierten<br />

Zierpflanzenbaubetrieben mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt<br />

Erzeugung zwar insgesamt zurückgegangen,<br />

doch sind die Flächen unter Glas bei <strong>de</strong>n kleineren<br />

Betrieben bis 3 ha gärtnerischer Nutzfläche<br />

im Durchschnitt größer gewor<strong>de</strong>n. Dadurch entfällt<br />

auch ein verhältnismäßig großer Anteil <strong>de</strong>r<br />

für die Zierpflanzenproduktion genutzten Fläche<br />

auf die kleinen und mittelgroßen Betriebe <strong>de</strong>s<br />

spezialisierten Zierpflanzenbaus. Im Vergleich zu<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Produktionssparten ist <strong>de</strong>r Flächenanteil<br />

<strong>de</strong>r großen und sehr großen Betriebe<br />

im Zierpflanzenbau sehr klein. Da es jedoch im<br />

Zierpflanzenbau Betriebe mit mehreren Hektar<br />

Fläche unter Glas gibt, kann davon ausgegangen<br />

wer<strong>de</strong>n, dass auch hier die Richtung <strong>de</strong>s<br />

Strukturwan<strong>de</strong>ls vorgezeichnet ist. Unterstützend<br />

für die Entwicklung hin zu größeren Betrieben in<br />

<strong>de</strong>r geschützten Produktion wirkt, dass auch zukünftig<br />

von einem weiter wachsen<strong>de</strong>n Topfpflanzenmarkt<br />

in Deutschland ausgegangen wer<strong>de</strong>n<br />

kann, was Wachstumsschritte in <strong>de</strong>n Betrieben


Landbauforschung – Son<strong>de</strong>rheft 330 (2009) 185<br />

ten<strong>de</strong>nziell erleichtert, auch wenn sich das<br />

Wachstum dieses Marktes im Vergleich zur jüngeren<br />

Vergangenheit verlangsamen wird. Bremsend<br />

auf <strong>de</strong>n Strukturwan<strong>de</strong>l im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Produktion unter Glas wirkt jedoch <strong>de</strong>r hohe Kapitalbedarf<br />

bei Investitionen in neue Produktionskapazitäten<br />

in Gewächshäusern. Außer<strong>de</strong>m wird<br />

<strong>de</strong>r strukturelle Wan<strong>de</strong>l dadurch verzögert, dass<br />

<strong>de</strong>r Markt für Schnittblumen, die ebenfalls vielfach<br />

unter Glas erzeugt wer<strong>de</strong>n, in Deutschland<br />

seit Jahren rückläufig ist. Daher ist in diesem<br />

Segment nicht mit einer Aus<strong>de</strong>hnung von Produktionsflächen<br />

zu rechnen. Von <strong>de</strong>n großen<br />

und sehr großen Zierpflanzenbaubetrieben haben<br />

sich viele auf die Produktion im Freiland<br />

spezialisiert. Von diesen Betrieben gibt es zwar<br />

noch relativ wenige, doch sind sie nach <strong>de</strong>n<br />

ZBG-Analysen vergleichsweise erfolgreich, weshalb<br />

davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n kann, dass die<br />

Betriebe dieser Gruppe weiter wachsen wer<strong>de</strong>n<br />

und ihre Anzahl zunehmen wird. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

vor <strong>de</strong>m Hintergrund steigen<strong>de</strong>r Energiepreise<br />

besteht eine Ten<strong>de</strong>nz zur Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Freilandproduktion.<br />

Bei <strong>de</strong>n Baumschulen haben sich aus struktureller<br />

Sicht die geringsten Verän<strong>de</strong>rungen ergeben.<br />

Die Anzahl <strong>de</strong>r Betriebe und die Produktionsfläche<br />

sind bei <strong>de</strong>n spezialisierten Baumschulen<br />

mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt Erzeugung nur geringfügig<br />

gesunken. Auffällig ist, dass die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

keinem klaren Muster zu folgen scheinen. Dennoch<br />

ist die durchschnittliche Betriebsfläche <strong>de</strong>r<br />

baumschulischen Großbetriebe am stärksten<br />

gewachsen, im Vergleich zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Produktionssparten<br />

aber in geringerem Ausmaß.<br />

Auffällig ist <strong>de</strong>r Unterschied zwischen <strong>de</strong>n durchschnittlichen<br />

Betriebsgrößen in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Anbauzentren<br />

Ammerland und Pinneberg: in<br />

Schleswig-Holstein sind die Betriebe <strong>de</strong>utlich<br />

größer. Von einer Fortsetzung <strong>de</strong>s Strukturwan<strong>de</strong>ls<br />

in <strong>de</strong>r Baumschulsparte hin zu größeren Betrieben<br />

kann daher insbeson<strong>de</strong>re in Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />

ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Biogartenbau besteht fast ausschließlich aus<br />

<strong>de</strong>r Erzeugung von Gemüse und Obst. Das<br />

Wachstum <strong>de</strong>s Marktes für Bioware, das zwischen<br />

2002 und 2007 enorm war, verlangsamt<br />

sich zurzeit <strong>de</strong>utlich. Der Grund dafür ist, dass<br />

mittlerweile alle regelmäßig von <strong>de</strong>n Konsumenten<br />

aufgesuchten Einkaufstätten mit Bioware<br />

versorgt sind. Allerdings kann davon ausgegangen<br />

wer<strong>de</strong>n, dass die Nachfrage nach biologisch<br />

erzeugten Obst- und Gemüseprodukten weiterhin<br />

hoch bleibt. Seit<strong>de</strong>m neben <strong>de</strong>m Naturkost-<br />

han<strong>de</strong>l auch <strong>de</strong>r Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>l ein<br />

breites Spektrum an Bioprodukten anbietet,<br />

schreitet die Globalisierung von Produktion und<br />

Einkauf im Biosegment voran, ebenso wie das<br />

bei konventionell erzeugten Gartenbauprodukten<br />

<strong>de</strong>r Fall ist. Für die etablierten <strong>de</strong>utschen Produzenten<br />

von Bioprodukten erhöht diese Entwicklung<br />

<strong>de</strong>n Wettbewerbsdruck und kann Marktanteile<br />

kosten. An<strong>de</strong>rerseits bieten sich durch die<br />

zunehmen<strong>de</strong>n internationalen Märkte Chancen<br />

im Export, die allerdings noch vergleichsweise<br />

unsicher sind. Im Biogartenbau ist ein Strukturwan<strong>de</strong>l<br />

unter ähnlichen Vorzeichen wie bei <strong>de</strong>n<br />

konventionell wirtschaften<strong>de</strong>n Betrieben zu erkennen.<br />

Die Entwicklung hin zu größeren und<br />

stärker spezialisierten Betrieben wird sich in Zukunft<br />

verstärken.<br />

Im konventionellen und im biologischen Anbau<br />

haben Produktinnovationen das Potenzial, eigentlich<br />

als gesättigt eingestufte Märkte weiter<br />

zu vergrößern. Beispiele dafür sind Produkte <strong>de</strong>r<br />

Bereiche Convenience Food und Functional<br />

Food, Clubsorten beim Obst o<strong>de</strong>r Neuzüchtungen<br />

von Blumen und Pflanzen. Solche Produktinnovationen<br />

können zur Erschließung neuer<br />

Käuferschichten o<strong>de</strong>r, wenn durch die Innovationen<br />

vorhan<strong>de</strong>ne Produkte am Markt substituiert<br />

wer<strong>de</strong>n, zur Verschiebung <strong>de</strong>r Nachfrage hin<br />

zum neuen Produkt führen.<br />

Im Wettbewerb <strong>de</strong>r Unternehmen sind Verän<strong>de</strong>rungen<br />

festzustellen. Der Wettbewerb besteht<br />

heute nicht mehr primär zwischen <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Unternehmen, son<strong>de</strong>rn fin<strong>de</strong>t eher zwischen <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>nen Wertschöpfungsketten statt, <strong>de</strong>nen<br />

die Unternehmen angeschlossen sind. Dies<br />

gilt für alle Ebenen <strong>de</strong>r Wertschöpfung, d. h. für<br />

die gartenbauliche Produktion ebenso wie für die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Han<strong>de</strong>ls- und Verarbeitungsstufen.<br />

Vor diesem Hintergrund hat die Steuerung<br />

von Wertschöpfungsketten die Aufgabe, die<br />

Summe <strong>de</strong>r Kosten in einer Wertschöpfungskette<br />

zu senken und sie gleichzeitig flexibel genug zu<br />

halten, um auf verän<strong>de</strong>rte Anfor<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r<br />

Zukunft reagieren zu können. Das führt zu <strong>de</strong>n<br />

Fragen, wer Wertschöpfungsketten steuern kann<br />

und wie sie zu steuern sind, um <strong>de</strong>ren Wettbewerbsfähigkeit<br />

zu erhöhen. Ein wichtiger Aspekt<br />

dabei ist die Verteilung <strong>de</strong>s Nutzens aus <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

<strong>de</strong>r Unternehmen innerhalb von<br />

Wertschöpfungsketten. Die Nutzenverteilung darf<br />

nicht <strong>de</strong>rart einseitig sein, dass die Motivation<br />

einzelner Akteure in einer Wertschöpfungskette<br />

sinkt, sich engagiert in sie einzubringen, o<strong>de</strong>r<br />

dass sogar die Zusammenarbeit in Frage gestellt


186 Walter Dirksmeyer: <strong>Schlussfolgerungen</strong><br />

wird. Bisher überwiegt bei <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>s<br />

Nutzens jedoch weitgehend das Prinzip <strong>de</strong>r<br />

Stärke, was auch in <strong>de</strong>r vielfach von Erzeugern<br />

und Angebotsbündlern beklagten Nachfragemacht<br />

<strong>de</strong>s Lebensmitteleinzelhan<strong>de</strong>ls zum Ausdruck<br />

kommt. Es sind jedoch einige eher kooperativ<br />

gestaltete Ansätze <strong>de</strong>r Zusammenarbeit zu<br />

beobachten. Auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Funktionierens<br />

und Optimierens von Wertschöpfungsketten sind<br />

noch viele Forschungsfragen offen. Mit <strong>de</strong>n Fragen<br />

nach <strong>de</strong>r Art wirksamer Steuerungsmechanismen<br />

und <strong>de</strong>ren Optimierung sowie einer sinnvollen<br />

Nutzenverteilung zwischen <strong>de</strong>n Akteuren<br />

einer Wertschöpfungskette wur<strong>de</strong>n schon zwei<br />

sehr wichtige angesprochen. Für die Analyse <strong>de</strong>r<br />

Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Produktionsgartenbaus<br />

wäre daher neben einem län<strong>de</strong>rübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Vergleich von Produktionskosten<br />

auch die Untersuchung <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit<br />

von international konkurrieren<strong>de</strong>n Wertschöpfungsketten<br />

ein wertvoller Beitrag.<br />

Aus <strong>de</strong>m Klimawan<strong>de</strong>l sind nach heutigem<br />

Kenntnisstand keine beson<strong>de</strong>ren Probleme für<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Produktionsgartenbau zu erwarten.<br />

Verän<strong>de</strong>rungen, beispielsweise im Befallsdruck<br />

von Scha<strong>de</strong>rregern und -pilzen, gehören<br />

zum routinemäßigen Geschäft gartenbaulicher<br />

Produzenten. Die zu erwarten<strong>de</strong>n Verschiebungen<br />

im Nie<strong>de</strong>rschlag können zwar zu steigen<strong>de</strong>n<br />

Bewässerungskosten führen, wer<strong>de</strong>n jedoch keine<br />

größeren Probleme aufwerfen, da gartenbauliche<br />

Produktionsflächen normalerweise auch<br />

jetzt schon bewässert wer<strong>de</strong>n. Allerdings wer<strong>de</strong>n<br />

aus <strong>de</strong>n klimatischen Verän<strong>de</strong>rungen regionale<br />

Verschiebungen im Anbau von gartenbaulichen<br />

Kulturen resultieren. Dies gilt national wie international.<br />

Höhere Durchschnittstemperaturen und<br />

geringere Sommernie<strong>de</strong>rschläge wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Anbau einiger Kulturen, die in Vergangenheit nur<br />

in Süd<strong>de</strong>utschland produziert wur<strong>de</strong>n, weiter in<br />

<strong>de</strong>n Nor<strong>de</strong>n Deutschlands verschieben. Im Gegensatz<br />

dazu können einige Kulturen aus <strong>de</strong>n<br />

Mittelmeerlän<strong>de</strong>rn auch in Süd<strong>de</strong>utschland anbauwürdig<br />

wer<strong>de</strong>n. Aus diesem Hintergrund resultiert<br />

die Frage nach geeigneten neuen Gartenbauerzeugnissen,<br />

mit <strong>de</strong>nen das bisherige<br />

Anbauspektrum erweitert wer<strong>de</strong>n kann. Eine gezielte<br />

Suche danach kann sich als äußerst sinnvoll<br />

erweisen. Durch die zu erwarten<strong>de</strong>n Verschiebungen<br />

beim Anbau von gartenbaulichen<br />

Produkten wäre es als Folge <strong>de</strong>s Klimawan<strong>de</strong>ls<br />

nicht überraschend, wenn die Mitte und <strong>de</strong>r Nor<strong>de</strong>n<br />

Europas, und damit auch Deutschland, im<br />

Vergleich zu Sü<strong>de</strong>uropa Marktanteile gewännen.<br />

In <strong>de</strong>r Berufsausbildung im Produktionsgartenbau<br />

sowie bei <strong>de</strong>n gartenbaulichen Fachschulen<br />

sinkt die Anzahl <strong>de</strong>r jeweiligen Absolventen seit<br />

Jahren. Die Prognose zeigt, dass die Absolventenzahlen<br />

<strong>de</strong>utlich geringer sind als <strong>de</strong>r Bedarf<br />

an Fach- und Führungskräften in <strong>de</strong>n gartenbaulichen<br />

Produktionsbetrieben. Daher sind die Absolventenzahlen<br />

nicht nachhaltig. Es bestehen<br />

<strong>de</strong>rzeit in vielen <strong>Bund</strong>eslän<strong>de</strong>rn bereits Lücken<br />

zwischen <strong>de</strong>m Bedarf und <strong>de</strong>m Angebot von insbeson<strong>de</strong>re<br />

Meistern und Technikern. In Ansätzen<br />

ist dies regional sogar schon bei <strong>de</strong>n Fachkräften<br />

<strong>de</strong>r Fall. Wenn <strong>de</strong>r Berufsstand nicht<br />

massiv an <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>s gärtnerischen<br />

Berufsbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Images <strong>de</strong>s Gartenbaus in<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft arbeitet, kann sich <strong>de</strong>r Fach-<br />

und Führungskräftemangel <strong>de</strong>rart verschärfen,<br />

dass er zu einer existenziellen Bedrohung für<br />

<strong>de</strong>n Fortbestand und das Wachstum <strong>de</strong>r Betriebe<br />

im Produktionsgartenbau wird.<br />

Als Sektor ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Produktionsgartenbau<br />

relativ gut aufgestellt. Der Strukturwan<strong>de</strong>l<br />

wird sich fortsetzen, was in allen Produktionssparten<br />

insbeson<strong>de</strong>re zu Lasten <strong>de</strong>r kleinen und<br />

mittelgroßen Erzeuger gehen wird. Maßgeblichen<br />

Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>s<br />

Produktionsgartenbaus hat die Weiterentwicklung<br />

<strong>de</strong>r Zusammenarbeit entlang <strong>de</strong>r Wertschöpfungsketten.<br />

Soweit es <strong>de</strong>rzeit abschätzbar<br />

ist, wer<strong>de</strong>n als Folge <strong>de</strong>s Klimawan<strong>de</strong>ls die daraus<br />

resultieren<strong>de</strong>n Chancen die Probleme mehr<br />

als ausgleichen. Eine große Gefahr droht <strong>de</strong>m<br />

Produktionsgartenbau jedoch durch <strong>de</strong>n Mangel<br />

an Nachwuchs bei Fachkräften und vor allem bei<br />

Führungskräften, so dass <strong>de</strong>r Berufsstand dieses<br />

wichtige Problem vorrangig lösen muss.

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