02/2011 - Fakultät für Mathematik und Informatik - TU Bergakademie ...
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<strong>Fakultät</strong> <strong>für</strong> <strong>Mathematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Informatik</strong><br />
Preprint <strong>2011</strong>-<strong>02</strong><br />
Helmut Schaeben (Hrsg.)<br />
9. Freiberg Forum<br />
Geoinformationstechnologie<br />
ISSN 1433-9307
Helmut Schaeben (Hrsg.)<br />
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
<strong>TU</strong> <strong>Bergakademie</strong> Freiberg<br />
<strong>Fakultät</strong> <strong>für</strong> <strong>Mathematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Informatik</strong><br />
Akademiestr. 6<br />
09596 FREIBERG<br />
http://www.mathe.tu-freiberg.de
ISSN 1433 – 9307<br />
Herausgeber: Dekan der <strong>Fakultät</strong> <strong>für</strong> <strong>Mathematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Informatik</strong><br />
Herstellung: Medienzentrum der <strong>TU</strong> <strong>Bergakademie</strong> Freiberg
Interoperabilität von Geodaten – ein Gordischer Knoten kann durchtrennt<br />
werden<br />
Dr. Jörg Reichling<br />
Kommission <strong>für</strong> Geoinformationswirtschaft des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie<br />
GeoBusiness, das sind Geschäftsmodelle mit ortsgeb<strong>und</strong>enen Informationen der öffentlichen Hand.<br />
Die Kommission <strong>für</strong> Geoinformationswirtschaft des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie<br />
(GIW-Kommission) arbeitet seit 2004 daran, die Rahmenbedingungen zur Bereitstellung dieser<br />
Daten an die Wirtschaft zu optimieren. Leitprojekte zeigen was geht <strong>und</strong> was nicht geht. Studien arbeiten<br />
gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> marktpotenziale international heraus. TaskForces entwickeln Lösungsmodelle<br />
zur Änderung der Vielfalt an Bereitstellungsbedingungen <strong>für</strong> staatliche Geoinformationen.<br />
Fazit aller Erfahrungen ist, dass Geschäftsmodelle - also Arbeitsplätze <strong>und</strong> KnowHow-Vorsprung<br />
in der deutschen Wirtschaft auch in Europa - nur dann entstehen können, wenn Lizenz- <strong>und</strong> Preismodelle,<br />
Datenschutzbedingungen <strong>und</strong> technische Standards der öffentlichen Hand b<strong>und</strong>esweit verwaltungsübergreifend<br />
einheitlich sind. Hier müssen große politische Räder gedreht werden. Initiativen<br />
wie die „open data policy“ bei unseren amerikanischen Fre<strong>und</strong>en, Preissenkungen um mehr als 90%<br />
<strong>für</strong> öffentliche Geoinformationen in unserem Nachbarland Österreich oder „free data release“ wie in<br />
Großbritannien müssen auch in Deutschland Schule machen. Ein gordischer Knoten im GeoBusiness<br />
in Deutschland muss vom B<strong>und</strong> über die Länder bis zu den Kommunen durchtrennt werden.<br />
Die Leitlinie der GIW-Kommission sind zwei Memoranden<br />
Im Frühjahr 2005 entsteht das erste Memorandum der GIW-Kommission (www.GeoBusiness.org).<br />
Das B<strong>und</strong>eswirtschaftsministerium, die Wirtschaftsministerkonferenz <strong>und</strong> 15 B<strong>und</strong>esspitzenverbände<br />
legen ein strategisches Papier vor, in dem folgende Eckpfeiler eines aktivierten Geoinformationsmarktes,<br />
des GeoBusiness in Deutschland, benannt werden:<br />
• Geoinformationen sind im Sinne einer volkswirtschaftlich positiv wirksamen Nutzung in Form<br />
einer kostenlosen Gr<strong>und</strong>versorgung oder transparenter <strong>und</strong> nachvollziehbarer Gebührenmodelle zugänglich<br />
zu machen. Hierbei sind branchenspezifische Bedürfnisse zu berücksichtigen.<br />
• Gebührenmodelle sind marktorientiert zu vereinheitlichen <strong>und</strong> zu vereinfachen, nutzerorientiert,<br />
internetfähig, flexibel <strong>und</strong> dynamisch darzustellen. Die enge Verknüpfung mit einer wirtschaftsorientierten<br />
Handhabung von Nutzungsrechten ist offenbar.<br />
• Datenschutzrechtliche Aspekte sind b<strong>und</strong>eseinheitlich, marktwirtschaftsorientiert <strong>und</strong> angemessen<br />
zu klären.<br />
Im Mai 2010 entsteht das zweite Memorandum der GIW-Kommission. Die Eckpfeiler sind immer<br />
noch die gleichen. Die Erfahrungen der vergangenen 5 Jahre jedoch lassen vieles deutlicher fassen.<br />
Insbesondere die Werkzeuge, mit denen nun die Lösungen hin zu b<strong>und</strong>esweit einheitlichen Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden können, haben sich heraus kristallisiert: moderierte thematische<br />
TaskForces zu Lizenzen, Preisen, Datenschutz etc. wurden aus der Taufe gehoben <strong>und</strong> eine zentrale<br />
Informationsdrehscheibe über WebDienste im Internet <strong>für</strong> die Unternehmen geschaltet.<br />
Die Werkzeuge zur Änderung der Rahmenbedingungen<br />
• Flexible Managementstrukturen<br />
Die GIW-Kommission besteht aus 18 B<strong>und</strong>esspitzenverbänden der Deutschen Wirtschaft <strong>und</strong> einem<br />
Vertreter der Wirtschaftsministerkonferenz. Sie wird vom BMWi geleitet. An den Sitzungen der<br />
Kommission nimmt darüber hinaus der Vorsitzende des Lenkungsgremiums GDI-DE regelmäßig teil.<br />
Die operative Arbeit in den Projekten, Workshops, Arbeitsgruppen <strong>und</strong> TaskForces wird häufig durch<br />
Mitgliedsunternehmen der Verbände wahrgenommen. Das BMWi wiederum vertritt die Kommission<br />
im Lenkungsgremium GDI-DE. Über den Austausch der Geschäftsstellen der GIW-Kommission <strong>und</strong><br />
von GDI-DE mit wechselseitiger Mitwirkung in Projekten <strong>und</strong> Arbeitsgruppen wird insgesamt eine
Dr. Jörg Reichling<br />
inhaltliche Ergänzung sicher gestellt. Es gibt drei wesentliche Beteiligte im GeoBusiness in Deutschland,<br />
die Wirtschaft, die Verwaltung <strong>und</strong> die Politik (Abb. 1). Um die Schwerpunkte in den Rahmenbedingungen<br />
effektiv bearbeiten können, müssen die Aktionsfelder Leitprojekte, Studien, TaskForces<br />
<strong>und</strong> Kommunikation je nach Bedarf mit den entscheidenden Mitwirkenden besetzt sein.<br />
Der Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt in den Managementstrukturen dieser Wirtschaftskommission ist die Kooperation<br />
der Wirtschaftsvertreter mit der GIW-Geschäftsstelle. Ein Stabsbereich mit fünf Personalstellen<br />
steht dem BMWi an seiner B<strong>und</strong>esoberbehörde unmittelbar zur Verfügung. Diese operative<br />
Einheit der Kommission wurde an der B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Geowissenschaften <strong>und</strong> Rohstoffe in Hannover<br />
eingerichtet. Hier laufen die Fäden der Strukturen auf Behördenseite, der Geodateninfrastruktur<br />
Deutschland GDI-DE <strong>und</strong> der Kommission zusammen. Die Geschäftsstelle bündelt die Bedürfnisse<br />
der Wirtschaft, sorgt <strong>für</strong> inhaltlichen Abgleich <strong>und</strong> zielgerichtete Aktivitäten. Studien werden vergeben,<br />
begleitet <strong>und</strong> Kommunikationsstrategien entwickelt. Insgesamt stellt die Geschäftsstelle die strukturelle<br />
Unterstützung der Kommission sicher. Sie öffnet als Katalysator die Türen zu den Fachverwaltungen,<br />
bereitet die Verabredungen mit den Vertretern der Geodateninfrastruktur in Deutschland vor<br />
<strong>und</strong> moderiert die Verhandlungsprozesse zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung. Ihre Neutralität als<br />
Schaltstelle zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung an einer B<strong>und</strong>esoberbehörde mit traditionell ausgebildeten<br />
Kooperationserfahrungen in unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen <strong>und</strong> großer Offenheit<br />
gegenüber Geschäftsprozessen in der Wirtschaft bietet eine ideale Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> diese Funktion.<br />
• Validierung von Vermutungen durch Leitprojekte<br />
Das integrale Analyse-Instrument der Kommission sind ihre Leitprojekte. Branchenübergreifend werden<br />
hier die aktuellen Bereitstellungsmodalitäten analysiert <strong>und</strong> gemeinsam mit den Fachverwaltungen<br />
Wege entwickelt, die eine wirtschaftlich nachhaltige Nutzung staatlicher Geoinformationen erlauben.<br />
Das Patentrezept, diese Aktivitäten wirtschaftlich tatsächlich nachhaltig zu platzieren ist, dass <strong>für</strong> die<br />
Umsetzung dieser Geschäftsmodelle keine Fördergelder des BMWi bereitgestellt werden. Wie im<br />
täglichen Unternehmensgeschäft muss die Geschäftsidee durch die Verbände <strong>und</strong> Unternehmen selbst<br />
vorfinanziert <strong>und</strong> gesteuert werden. Das heißt, auch der operative Unterbau zur Umsetzung wird von<br />
der Wirtschaft gestellt. Dies beginnt mit der Identifizierung technischer Hürden <strong>und</strong> endet mit dem<br />
Austausch von Webdiensten zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung in internetbasierten Applikationen.<br />
Ein Beispiel <strong>für</strong> eine nur innerhalb von zwei Jahren b<strong>und</strong>esweit umgesetzten Anwendung ist das<br />
www.georohstoff.org (Abb. 2). Die Verbände der Rohstoffwirtschaft in Deutschland machen hier <strong>für</strong><br />
die Betriebsplanung ihrer Unternehmen wichtige Informationen topaktuell, 7 Tage die Woche, verfügbar.<br />
• Die TaskForces als strategisches Instrument<br />
Für diese Wirtschaftskommission stehen in der nächsten Zukunft Rahmenbedingungen wie "Gesetze",<br />
"Lizenzen", "Datenaustausch", "Preismodelle", "Datenschutz" <strong>und</strong> "Wertschöpfung" im Mittelpunkt.<br />
Seither wurden als Basis <strong>für</strong> die weiteren Überlegungen Leitprojekte gemeinsam zwischen Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Verwaltung umgesetzt, Studien erstellt <strong>und</strong> nun thematische TaskForces eingerichtet, die helfen<br />
sollen, die vielfältigen Probleme zu lösen. Die TaskForces sind interdisziplinär durch Vertreter der<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Vertretern der Länderministerien <strong>und</strong> Fachverwaltungen besetzt. Der gemeinsame<br />
Dialog ist der richtige <strong>und</strong> einzige Weg, <strong>für</strong> alle Seiten tragfähige Lösungen zu erarbeiten, die auch im<br />
politischen Raum Akzeptanz finden können. Wenig Ziel führend ist es, wenn Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
jeweils <strong>für</strong> sich über Lösungswege nachdenkt, ohne den Anderen zu hören <strong>und</strong> sich mit den jeweiligen<br />
Bedürfnissen auseinander zu setzen.<br />
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Während der Begleitung der GIW-Leitprojekte wurde immer deutlicher, dass die Rechtsunsicherheit<br />
sowohl auf Seiten der Wirtschaft wie auch auf Seiten der Verwaltung sehr hoch ist. Gesetzliche<br />
Gr<strong>und</strong>lagen waren zwar im Gr<strong>und</strong>satz bekannt, welche EU-Richtlinie sich mit welcher nationalen<br />
Umsetzung in B<strong>und</strong>es- oder Ländergesetzen aber mit welchen Effekten auf das deutsche GeoBusiness<br />
auswirkt, war nicht hinreichend erkennbar. Darüber hinaus war ebenfalls unsicher, welchen Einfluss
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
die jeweiligen Fachgesetze in welcher Hierarchie haben. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das B<strong>und</strong>eswirtschaftsministerium<br />
im Jahre 2009 die Studie "Die EU-Richtlinien als Motor <strong>für</strong> das deutsche Geobusiness"<br />
vergeben. In dieser Studie (www.GeoBusinessLaw.org, Abb. 3) wird der Weg durch die Vielfalt<br />
der Gesetze, Verordnungen <strong>und</strong> Behörden in Europa <strong>und</strong> Deutschland aufgezeigt, der eingeschlagen<br />
werden muss, wenn ein Geschäftsmodell im Geobusiness aufgesetzt werden soll. Die interdisziplinär<br />
besetzten Workshops zu dieser Studie bildeten die TaskForce GeoBusinessGesetze bildeten. Die Aufgabe<br />
dieser TaskForce ist mit dieser Studie erfüllt.<br />
Lizenzen<br />
Das Thema "Lizenzen" nimmt im GeoBusiness eine zentrale Position ein. In den 16 Ländern, beim<br />
B<strong>und</strong>, <strong>und</strong> den 12.400 Kommunen existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Lizenzbedingungen. Dabei<br />
verwenden die jeweiligen Fachbehörden wiederum voneinander abweichende Dokumente. Diese Vielfalt<br />
machen wirtschaftliche Geschäftsmodelle nahezu unmöglich. Ein Unternehmen mit einer b<strong>und</strong>esweiten<br />
Geschäftsidee müsste Monate bis Jahre zunächst damit verbringen, Datenbereitsteller zu analysieren,<br />
zu finden <strong>und</strong> jeweils einzelne Verträge zu schließen. dieser Aufwand ist allerdings insbesondere<br />
<strong>für</strong> KMU viel zu hoch. Mithin werden gute Ideen <strong>und</strong> innovative Geschäftsideen durch die Rahmenbedingungen<br />
im Keim erstickt, staatliche Daten nicht in Wert gesetzt. Neue Ideen können nicht<br />
umgesetzt werden, potenzielle Arbeitsplätze entstehen nicht <strong>und</strong> das KnowHow des Standortes<br />
Deutschland kann sich nicht ausreichend entfalten. Es gilt also, ein einheitliches Lizenzmodell <strong>für</strong> alle<br />
Fachverwaltungen des B<strong>und</strong>es, der Länder <strong>und</strong> auch der Kommune zu erarbeiten, um Geschäftsmodelle<br />
zu ermöglichen. Als Vorlage zur Lösung dieses komplexen Problems dienen nun die Creative<br />
Commons (CC) aus der Medienbranche. Anwendungen z.B. im B<strong>und</strong>estag sowie Urteile in den Niederlanden<br />
oder Spanien zeigen, dass diese Art der Lizenzierung durchführbar ist. Die TaskForce Geo-<br />
BusinessLizenz entwickelt nun „GeoCCs“, die in allen Bereichen gleichermaßen Anwendung als<br />
„ClickLicence“ finden können.<br />
Eine Variante der TaskForce GeoBusinessLizenz ist die TaskForce GeoBusinessAustausch. Nicht nur<br />
die Wirtschaft benötigt Informationen des Staates, sondern auch der Staat ist an bestimmten Unternehmensinformationen<br />
interessiert, um beispielsweise seine Landesplanung zu optimieren. Bei den<br />
Informationen, die die Verwaltung gern verarbeiten möchte, handelt es sich häufig um Geschäftsgeheimnisse.<br />
Die sieben regionalen Rohstoffverbände gemeinsam mit den beiden B<strong>und</strong>esspitzenverbänden<br />
in der Rohstoffwirtschaft haben in nur eineinhalb Jahre eine einvernehmliche Einigung erzielt, um<br />
ausgewählte Unternehmensdaten unter der Berücksichtigung bestimmter Restriktionen an die öffentliche<br />
Verwaltung b<strong>und</strong>esweit einheitlich zu übergeben. Die Lizenzbedingungen <strong>und</strong> Nutzungsarten<br />
unterschieden sich hierbei nicht gr<strong>und</strong>sätzlich von den Entwicklungen in der TaskForce GeoBusiness-<br />
Lizenz, sie haben lediglich eine andere Ausprägung. Dieses „GeoBusiness einmal anders herum“<br />
zeugt außerdem von dem guten Verständnis <strong>und</strong> Vertrauen, das sich in den vergangenen Jahren im<br />
GeoBusiness zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung entwickelt hat.<br />
Preismodelle<br />
Analysiert man Richtlinien, Verordnungen <strong>und</strong> Tabellen zu Bepreisungen <strong>für</strong> die Bereitstellung von<br />
Geoinformationen der öffentlichen Hand, so zeigt sich ein vielfältiges Angebot. Jede Verwaltungseinheit<br />
in jedem Land, aber auch beim B<strong>und</strong> <strong>und</strong> auch in den Kommunen hat seine eigenen Preisstrukturen.<br />
Um allein die gemäß der uns vorliegenden Unterlagen <strong>für</strong> die Daten in den beiden zentralen Leitprojekten<br />
der Kommission die Preise zu recherchieren, wurden zwei Monate benötigt. Ziel war es, <strong>für</strong><br />
die Geschäftsmodelle der Leitprojekte GeoRisiko <strong>und</strong> Georohstoff die tatsächlich zu bezahlenden<br />
Preise insgesamt zu berechnen. Allein <strong>für</strong> das Land Baden-Württemberg würden sich demnach bei der<br />
Nutzung durch 300 Unternehmen, also 300 Lizenzen, Preise in Höhe von 540.000 Euro pro Jahr ergeben.<br />
Rabatte, Weiterverwendungszuschläge etc. sind dabei berücksichtigt. Hauskoordinaten <strong>für</strong> ein<br />
Geschäftsmodell mit b<strong>und</strong>esweitem Anspruch kosten 100.000 Euro, Luftbilder ebenfalls. Geologische<br />
Daten in Nordrhein-Westfalen sollen bald mehrere Tausend Euro im Jahr kosten. Dies sind Zahlen, die<br />
dazu führen, dass Geschäftsmodelle erst gar nicht entstehen. Kein KMU kann es sich leisten, im Vorfeld<br />
einer Geschäftsidee erst einmal wochenlange Preis- <strong>und</strong> Lizenzrecherchen zu beauftragen. Investitionen<br />
<strong>für</strong> Daten in den genannten Größenordnungen sind in der Regel nicht zu finanzieren.
Dr. Jörg Reichling<br />
Die Kommission hat beschlossen vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung<br />
einen Vorschlag zu entwickeln, der eine Aktivierung des Geoinformationsmarktes erlaubt. In der<br />
TaskForce GeoBusinessPricing werden <strong>für</strong> die Wirtschaft realistische Szenarien diskutiert. Im Ergebnis<br />
muss <strong>für</strong> Deutschland <strong>für</strong> alle Verwaltungseinheiten, Länder übergreifend, im B<strong>und</strong> <strong>und</strong> in den<br />
Kommunen eine einheitliche Flatrate <strong>für</strong> alle Datengruppen gleichartig angesetzt werden. Jede andere<br />
Lösung ist <strong>für</strong> die Wirtschaft zu kompliziert, entspricht nicht den Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong><br />
wäre im Aufwand durch die Unternehmen nicht zu bewältigen. Denkbar ist, das diese Flatrate auf<br />
mengen- <strong>und</strong> lastabhängigen Parametern beruht – ein Vorgehen ähnlich dem der Telekommunikationsbranche.<br />
Datenschutz<br />
Der Datenschutz war die Rahmenbedingung, die in der Kommission mit Hochdruck behandelt wurde.<br />
Im Jahre 2006 war klar, dass das beste Lizenzmodell mit den besten Preisen <strong>und</strong> der besten Geschäftsidee<br />
so lange in die Leere läuft, wie nicht das Thema Personenbezug <strong>und</strong> Personenbeziehbarkeit, also<br />
der Datenschutz rechtssicher geklärt ist. Im Jahre 2007 analysierte die erste Datenschutzstudie der<br />
Kommission "Datenschutz <strong>und</strong> Geoinformation" die allgemeine rechtliche Situation im föderalen<br />
Deutschland. Auf dieser Gr<strong>und</strong>satzstudie aufbauend wurde 2008 die Studie "Datenschutzrechtliche<br />
Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Bereitstellung von Geodaten <strong>für</strong> die Wirtschaft" angefertigt. Diese "Ampelstudie"<br />
zeigt in Tabellenform mit Ampelfarben, welchen Status die gewünschten Datencluster der<br />
Wirtschaft hinsichtlich ihrer datenschutzrechtlichen Einordnung einnehmen. Die dritte Studie zu Geoinformation<br />
<strong>und</strong> Datenschutz, "Bereitstellung von Geodaten unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher<br />
Aspekte anhand des Datenclusters "Denkmalschutz" der öffentlichen Verwaltung <strong>für</strong> die Wirtschaft"<br />
ist im Mai 2010 publiziert worden. Hier werden exemplarisch an den Geschäftsprozessen der<br />
Wirtschaft datenschutzrechtliche Mechanismen entwickelt, die die Nutzung auch sensibler Daten am<br />
Ende erlauben. Optionen sind Instrumente wie Verrauschung, Kachelung, Anonymisierung oder vertragliche<br />
Bindung. Mit diesen drei Studien ist der Gr<strong>und</strong>stein gelegt <strong>für</strong> den länderübergreifenden<br />
Dialog mit den Aufsichtsbehörden <strong>für</strong> den Datenschutz. Hervorgehend aus der Unterarbeitsgruppe<br />
"Geodaten" des Düsseldorfer Kreises der Datenschutzkonferenz wird im September 2010 die<br />
TaskForce GeoBusinessDatenschutz Ihre Arbeit aufnehmen. Ziel ist es, eine b<strong>und</strong>esweit einheitliche<br />
Bewertung <strong>und</strong> Handhabung datenschutzrechtlicher Aspekte bei der Nutzung staatlicher Geoinformationen<br />
einzuleiten.<br />
Wertschöpfung<br />
Im Rahmen der Bereitstellung <strong>und</strong> Abgabe von Geodaten staatlicher Stellen stellt sich immer häufiger<br />
die Frage, wann die Wertschöpfungskette in der Wirtschaft beginnen kann <strong>und</strong> bis zu welcher Verarbeitungsstufe<br />
die Verwaltung die Informationen der öffentlichen Hand bereitstellen sollte. Bereits in<br />
der Situationsanalyse des ersten Memorandums der GIW-Kommission aus dem Jahre 2005 wurde<br />
dieses wichtige Themenfeld identifiziert: "Im Gr<strong>und</strong>satz muss gelten: so viel Wirtschaft wie möglich -<br />
so wenig Staat wie nötig." Dies bedeutet, dass die Branchenverbände der Wirtschaft <strong>und</strong> die sogenannte<br />
veredelnde Wirtschaft, also die Unternehmen, deren Kernkompetenz die Konfektion spezieller GIS-<br />
Software oder die Integration von GIS-Modulen in bestehende Geschäftsprozesse ausmacht, so früh<br />
wie möglich an dem Wertschöpfungsprozess beteiligt werden sollte. Im Rückschluss ergibt sich wiederum,<br />
dass die Verwaltung ihre Geoinformationen in einem möglichst gering wirtschaftlich veredelten<br />
Zustand <strong>und</strong> mit wenig Möglichkeit zur Synopse bereit stellen sollte. Aus den Qualitätsansprüchen<br />
der Verwaltung auf der einen Seite <strong>und</strong> den Wertschöpfungsansprüchen der Wirtschaft auf der anderen<br />
ergibt sich ein natürliches Spannungsfeld. Die "TaskForce GeobusinessWert" widmet sich dem<br />
Ziel, die spezifischen Probleme der Thematik zu analysieren <strong>und</strong> mögliche Lösungen herauszuarbeiten.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Das gebündelte Informationsangebot mit Wirtschaftskonfektion<br />
Immer mehr Unternehmen aus den verschiedensten Branchen benötigen eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Internet gestützter Informationen über einen Ort, sogenannte Geoinformationen. Eine solche Geoinformation<br />
kann zum Beispiel die Verbreitung denkmalgeschützter Häuser oder von Feuerwehrstationen<br />
sein. Um die Auffindbarkeit <strong>und</strong> den Zugang zu diesen öffentlichen Daten als WebDienste zu<br />
bündeln, zu vereinfachen <strong>und</strong> den Gewohnheiten der normalen Anwender bei der Internetsuche anzupassen,<br />
gibt es unter www.GeoMonitoring.org (Abb. 4) eine zentrale Informationsdrehscheibe. Dabei<br />
spielt es keine Rolle, ob Geodaten der B<strong>und</strong>es-, Landes- oder Kommunalverwaltung gesucht werden.<br />
Die Geo-Suchmaschine zeigt, was es wo in Deutschland gibt. Gleichzeitig wird geprüft, wie zuverlässig<br />
der Dienst zur Verfügung steht.<br />
Die großen Vorteile dieser WebDienste liegen auf der Hand: Aktualität <strong>und</strong> Zugriff r<strong>und</strong> um die Uhr.<br />
Daneben bietet die neue Plattform weitere Vorteile <strong>für</strong> den Nutzer von Web-Diensten. Er kann nach<br />
Stichworten, in Themengebieten, nach Postleitzahlen oder Verwaltungseinheiten suchen. Mit geliefert<br />
werden Informationen zu Ansprechpartnern <strong>und</strong> Lizenzbedingungen. Der Mehrwert besteht im schnellen<br />
Zugriff mit Bildvorschau <strong>und</strong> Kontaktdaten - eine One-Stop-Info zu Webdiensten der öffentlichen<br />
Hand.<br />
In einem nächsten Schritt ist geplant, dem Datenbereitsteller die Möglichkeit zu geben, selbst eigene<br />
Web-Dienste zu registrieren. So kann er seine Produkte über „www.GeoMonitoring.org“ auf Verfügbarkeit<br />
<strong>und</strong> Stabilität prüfen <strong>und</strong> zeitgleich einer breiten Öffentlichkeit mit allen erforderlichen Zusatzinformationen<br />
zugänglich machen. Auch bisher geschützte Dienste mit besonderen Lizenz- oder Datenschutzbedingungen<br />
<strong>und</strong> Preismodellen sollen dann gef<strong>und</strong>en werden können. Der Wirtschaft wird<br />
mit dieser Anwendung ein gebündelter, einfacher <strong>und</strong> verlässlicher Zugang zu Web-Diensten der öffentlichen<br />
Verwaltungen ermöglicht. Die Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen in TaskForces<br />
soll im Ergebnis dazu dienen, diesen Angeboten einfache, nachvollziehbare, einheitliche, rechtssichere<br />
<strong>und</strong> preisgünstige WebDienste über Click-Licenses verfügbar zu machen.<br />
Eine „aktivierende Datenpolitik“ kann den Gordischen Knoten zerschlagen<br />
Die politischen Strukturen <strong>für</strong> den GDI-Prozess in Deutschland sind insgesamt konstituiert. Hiermit<br />
sind die B<strong>und</strong>esverwaltung, die Landesverwaltungen <strong>und</strong> die Kommunen direkt <strong>und</strong> aktiv an der Gestaltung<br />
der Rahmenbedingungen beteiligt. Die einheitliche Bereitstellungsbedingungen <strong>für</strong> staatliche<br />
Geoinformationen als WebDienste an die Wirtschaft können nur dann eine einheitliche Umsetzung<br />
finden, wenn die höchsten politischen Ebenen dieses Thema aufnehmen <strong>und</strong> als folgerichtigen Weg<br />
<strong>für</strong> die wirtschaftliche Entwicklung des GeoBusiness in Deutschland annehmen.<br />
Die TaskForces der GIW-Kommission, als operative Organe innerhalb der GDI-Prozesse in Deutschland,<br />
entwickeln wirtschaftsorientierte Vorschläge <strong>für</strong> harmonisierte Bedingungen zur Bereitstellung<br />
staatlicher Geoinformationen. Das diese modernen Vorschläge <strong>für</strong> Lizenzen, Preismodelle oder Datenschutz<br />
von den bestehenden Verordnungen, Gesetzen <strong>und</strong> Richtlinien in den verschiedenen föderalen<br />
Ebenen abweichen müssen, liegt in der Natur der Sache. Bisher wurden sowohl auf B<strong>und</strong>esebene, als<br />
auch auf Landesebene <strong>und</strong> auch auf kommunaler Ebene jeweils Vereinbarungen, AGBs oder Gebührenverordnungen<br />
erlassen, die mit benachbarten, nach- oder übergeordneten Bereichen in der Regel im<br />
Vorfeld nicht vereinheitlicht wurden. Es steht also ein Paradigmenwechsel bevor, der Vorbild <strong>für</strong> ähnliche<br />
Entwicklungsprozesse in Europa haben kann. Geplant ist es, die Überlegungen zu einheitlichen<br />
Rahmenbedingungen <strong>2011</strong> weitestgehend abzuschließen. Ob dies so aufrecht erhalten werden kann,<br />
richtet sich wesentlich an der Entscheidungsfreude der politisch Verantwortlichen aus.<br />
Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre in den Leitprojekten der GIW-Kommission ist davon<br />
auszugehen, dass die Implementierung einer neuen zukunftsweisenden <strong>und</strong> aktivierenden Datenpolitik<br />
über die föderalen Strukturen in Deutschland eine gewisse Zeitspanne in Anspruch nehmen wird. Es<br />
ist davon auszugehen, dass die Zeitspanne bis zur vollständigen Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie,<br />
also mindestens bis 2019, ausgeschöpft werden muss, bis die einheitlichen Rahmenbedingungen von<br />
der B<strong>und</strong>es- bis zur Kommunalebene eingeführt sind. Da weiterhin davon auszugehen ist, dass die
Dr. Jörg Reichling<br />
Datenpolitik im Zuge der politischen sowie der technischen Entwicklung stetig anzupassen ist, wird<br />
ein dauerhafter Steuerungsprozess eingerichtet werden müssen. Diese Steuerungsmechanismen sollen<br />
es erlauben die Lizenz-, Preis- <strong>und</strong> Datenschutzpolitik kontinuierlich neuen Veränderungsprozessen<br />
anzupassen.<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> eine solche einfache <strong>und</strong> wirtschaftsorientierte Geodatenwelt in Deutschland ist<br />
jedoch, dass der Gordische Knoten der heterogenen Rahmenbedingungen durch „aktivierende Datenpolitik“<br />
durchtrennt wird. Die letzten fünf Jahre im Rahmen der Geodateninfrastruktur Deutschland<br />
haben die Situation analysiert <strong>und</strong> Lösungsansätze herausgearbeitet. Jetzt braucht es Mut <strong>und</strong> Entscheidungsfreude<br />
im politischen Raum, um den Gordischen Knoten bei den Bedingungen zur Bereitstellung<br />
staatlicher Geoinformationen zu durchtrennen: open data policy auch in Deutschland…
Towards Interoperability with GST<br />
Paul Gabriel, Jan Gietzel, Ha Hai Le, Helmut Schaeben<br />
Geoscience Mathematics and Informatics, <strong>TU</strong> <strong>Bergakademie</strong> Freiberg, Germany<br />
Abstract<br />
Our communication presents a data model for a network based infrastructure to manage spatially indexed<br />
geological properties assigned to simplicial objects. Finally we strive for a comprehensive<br />
model for spatio temporal geo-data and geo-models towards a geoscience information system.<br />
For the time being, the project includes a first extension of the database system PostgreSQL (pgSQL,<br />
<strong>2011</strong>) for three dimensional geo-data which we refer to as GST. Analogously to the well known open<br />
source extension for two dimensional geometries PostGIS (PostGIS refractions, 2010), our extension<br />
employs the Simple Feature Standard (OGC 06-104r4) defined by the Open Geospatial Consortium(OGC)<br />
for communication. In order to reduce the amount of data required to be transferred to<br />
clients, extensions have been included to SFS+. Our approach is not restricted to extensions of PostgreSQL<br />
and will soon be applied to other database systems. Future developments of the model will<br />
comprise explicit considerations of topology and time.<br />
To meet the requirements of interoperability, this system shall include a webservice to provide geodata<br />
in a service oriented architecture (SOA). The implementation of a web feature service (WFS)<br />
creates an interface to share geo-data with any other systems via GML (OGC 07-036) and GeoSciML<br />
(GeoSciML, 2010), and more recent markup languages inclined to geosciences.<br />
A client-software is implemented both as gOcad-plugin as well as standalone application. Thus it is<br />
possible to access our GST, installed on a network server, from various clients simultaneously. Complementary<br />
implementing a WFS interface on client side will enable gOcad to retrieve data from any<br />
other web feature service. In general, Postgres Server (and others) and WFS will be implemented in<br />
such a way that they can be accessed via the internet.<br />
1 Introduction<br />
The design of our store is based on WGFS by Jacynthe Pouliot (Pouliot et al., 2009) which in turn is<br />
based on earlier work by Marcus Apel (Apel, 2004). The general idea of our data store is a 3 tier architecture.<br />
Accordingly a system is being developed to store spatial and spatio-temporal geo-data, and a<br />
corresponding client. This architecture enables to store the geo-data on a central server and to retrieve<br />
them from anywhere by many clients simultaneously.<br />
2 GST<br />
GST stands for geoscience data and models in space and time. At this time GST is an extension of the<br />
DBMS PostgreSQL and written in C/C++ to enhance the functionality of the database (Figure 1).<br />
Since PostGIS supports two dimensional data structures (in most of its operations), the actual version<br />
of GST now fully supports three dimensional geometrical data types. To store three dimensional objects<br />
in the database an interface for Simple Feature Standard (OGC 06-104r4) is used.
Paul Gabriel & Jan Gietzel & Ha Hai Le & Helmut Schaeben<br />
Figure 1: The extensions of PostgreSQL are implemented as C/C++ stored procedures using<br />
different libraries like boost (Boost), spirit (de Guzman et al., <strong>2011</strong>) for parsing and CGAL<br />
(CGAL) for geometry construction.<br />
1.1 GST for geo-data in spatial domain<br />
GST features a class domain modeling. The first prerequisite of modeling is a generalization of the<br />
objects to be modeled, i.e. the user organizes all geo-data into classes. For example, a typical geomodel<br />
is displayed in Figure 2.<br />
Figure 2: An example for a geological structure modeled with gOcad. There is one fault (red)<br />
crossing two layers (yellow and grey) (_gure from [Apel, 2004]).
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Typically the construction of the model commences with modeling the base horizons as surfaces from<br />
varous data like borehole data, geological sections, seismic data and others. These surfaces are collected<br />
in a class “base horizon”. In this way the user creates a class base_horizon with the property to<br />
which stratigraphic unit a modeled surface of this class belongs, e.g. by storing the stratigraphic shortcut.<br />
The following command will create a table named base_horizon to store the modeled horizons.<br />
CREATE TABLE base_horizon<br />
(<br />
id serial NOT NULL primary key ,<br />
name character varying (100) ,<br />
strat character varying (5)<br />
);<br />
SELECT gst. addgeocolumn (' base_horizon ','shape ', 'TIN ');<br />
The first command creates a table as defined in the SQL-Standard (ISO 9075). The second command<br />
is a GST function, which attaches a virtual geometry column to the table.<br />
Similarly to the horizons the user may model the surfaces representing faults. Analogously a class for<br />
faults is created.<br />
Using base horizons and faults the modeler creates volumetric objects, e.g. tetrahedral meshes, defined<br />
by the bo<strong>und</strong>ing surfaces, simply assuming that a specific geological body is bo<strong>und</strong>ed at top and bottom<br />
by base horizons and by the faults. A class named “geobodies” is created for these volumetric<br />
objects with a geometry of type “Multipolygon”. Next the user may wish to assign rock properties<br />
from borehole measurements like porosity or storage capacity for pore uids to these volumetric objects.<br />
To this end another class is created as follows.<br />
CREATE TABLE geobody<br />
(<br />
id serial NOT NULL primary key ,<br />
name character varying (100)<br />
);<br />
CREATE TABLE bodyproperty {<br />
effective_porosity double precision ,<br />
total_porosity double precision ,<br />
storage double precision<br />
};<br />
select gst. addgeocolumn ('geobody ', 'shape ', ' MULTIPOLYGON ', -1, 'bodyproperty ',<br />
'VERTEX ');<br />
Thus a second table named bodyproperty was created to store geological properties of the volumetric<br />
objects. Using the addgeocolumn function a property table can be attached to the geometry on the<br />
level of simplices. Then each cell of a tetrahedron mesh can now hold three double values.<br />
The last parameter (in this example VERTEX) defines the cell type of the geometry to which the<br />
property will be actually attached.<br />
VERTEX will attach the property on vertex level. Three property values (effective<br />
porosity, total porosity and storage) are assigned to each of the 4 vertices of<br />
every tetrahedron.<br />
CENTROID will attach the property on cell level. The three property values then are<br />
assigned to each tetrahedron.<br />
Which attachment of the property should be preferred depends on the geometry, on the modeling purpose,<br />
and on the modeling software. The tetrahedral mesh of gOcad (TSolid) supports vertex attachment<br />
of properties. SGrids of gOcad provide both possibilities to attach properties to their elements.
Paul Gabriel & Jan Gietzel & Ha Hai Le & Helmut Schaeben<br />
3 GST and geometry<br />
GST has a Simple Feature Interface [OGC 06-104r4] which enables the user to retrieve geometries<br />
acording to this standard. In the actual version the well known text representation (WKT) is implemented.<br />
WKT encodes geometrical information as strings. The first entry specifies the geometry type,<br />
e.g. Multiline z for a three dimensional segment collection, followed by the coordinates of all points.<br />
Using the select function gst.select_geowithoutpros the user can get SFS expressions.<br />
select gst. select_geowithoutpros (id , type )<br />
--- int id ... the id of the geometry<br />
--- var char type ... the type the geometry is encoded<br />
select gst. select_geowithoutpros (7, 'SFS ')<br />
The actual version of GST supports the geometry types “pointset” (accumulation of isolated points),<br />
“multilineset” (set of segments which are connected), “trianglenet” (triangulated irregular network)<br />
and “tetrahedronnet”. For large TINs the SFS expression may become very large, and network and<br />
parsing may take more time. To avoid these unpleasant shortcomings we have extended SFS to SFS+.<br />
However, the choice is left to the user. It is also possible to retrieve the geometry in GML encoding.<br />
GST fully supports tin z and multipolygon z in SFS, but its text representations are much longer than<br />
in our SFS+. The following Table 1 relates types of geometry and geometry commands of SFS and<br />
SFS+, respectively.<br />
Tabelle 1: Types of geometry and geometry commands of SFS and SFS+, respectively<br />
Geometry SFS SFS+<br />
Pointset multipoint z multipoint z<br />
Multilineset multiline z multiline z<br />
triangle net tin z trianglenet z<br />
tetrahedron net multipolygon z tetrahedronnet z<br />
1.2 Internal structure<br />
All geometry objects stored in the system are partitioned into simplices. For a triangulated irregular<br />
network (TIN) all points are listed in one table. Another table holds the indices of all points which are<br />
connected to one triangle. Finally one table defines which triangles belong to a TIN (see Figure 3).<br />
The SFS interface of GST is realized as stored procedures. When the user requests an object geometry<br />
in SFS representation, a procedure selects all simplices of the requested object, builds the object as<br />
CGAL (CGAL) geometry and encodes it as well known text (WKT). When the user wants to store a<br />
geometry in the database, a procedure parses the WKT, constructs the geometry and enters the simplices<br />
in the related tables.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Figure 3: The internal structure of a triangulated irregular network (TIN) object in GST v.0.1<br />
4 Client implementation<br />
The development of the client involves an interface to retrieve data via HTTP and direct access (Figure<br />
4). At this time only an interface for PostgreSQL database is included. The graphical user interface<br />
is based on the basic requests defined by the WFS standard (OGC 09-<strong>02</strong>5r1 and ISO/DIS 19142).<br />
Figure 4: Screenshot of the client GUI. The user is asked for server authorization data in order<br />
to connect to a particular server<br />
Thus the user has the possibilities to display general information about the server providing the data<br />
and information about the features themselves (see Figure 5). When the user has chosen a particular
Paul Gabriel & Jan Gietzel & Ha Hai Le & Helmut Schaeben<br />
feature he wants to work on, the client program either can store them locally on hard disk as gOcad<br />
object file or display them directly in the opened gOcad program depending on whether the client program<br />
has been started as standalone application or gOcad plugin, respectively.<br />
Figure 5: Screenshot of the client GUI after retrieving feature information from the server.<br />
5 Outlook<br />
GST will be extended to include several geometrical grid types beyond point, line, triangle net and<br />
tetrahedron net. The major issues to be tackled are implementation of a topological model, generalization<br />
of the data model to consider the time domain, a viewer for the next browser generation (Firefox<br />
4, Google Chrome 10, etc.) supporting WebGL technology, and an approach to manage huge geomodels.<br />
6 Conclusions<br />
A first implementation was successfully tested with Pär Weihed and his group, gOcad partner at Luleå<br />
University of Technology, Sweden, and their gOcad model of the Fennoscandian Shield (Skellefte-<br />
Pyhäsalm).<br />
7 Acknowledgments<br />
This ongoing research project is f<strong>und</strong>ed by the European Community's Seventh Framework Programme<br />
(FP7/2007-2013) <strong>und</strong>er grant agreement no 228559. This publication reflects only the authors'<br />
view, exempting the Community from any liability.<br />
The authors gratefully acknowledge that they used the Computational Geometry Algorithms Library<br />
(CGAL, see http://www.cgal.org) for the first prototypical implementation of the model.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
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Zlatanova, S., Penninga, F., Fendel, E., (eds.), Advances in 3D Geoinformation Systems, Springer,<br />
115–130.
Datenmodelle <strong>für</strong> boden- <strong>und</strong> felsmechanische Kennwerte <strong>und</strong> ihre Umsetzung<br />
J. Engel 1 , G. Gräfe 2 .<br />
Abstract: Zur Bearbeitung geotechnischer Projekte sind unterschiedliche ingenieurtechnische Aufgaben<br />
zu bearbeiten. Dies umfasst u.a. die Ermittlung der Gr<strong>und</strong>lagen, den Entwurf <strong>und</strong> die Planung der<br />
technischen Lösung. Dabei fallen Informationen in unterschiedlichsten Formaten an. Vielfach stehen<br />
spezielle Programme zur Verfügung, die nur begrenzt untereinander kompatibel sind. Die Daten lassen<br />
sich oft nur durch die Verknüpfung der fertigen Dokumente verwalten. Wegen des geographischen<br />
Bezugs ist die Einbindung in ein GIS wünschenswert. In diesem Artikel werden die Gr<strong>und</strong>züge eines<br />
Datenmodells vorgestellt, das die Einbindung unterschiedlicher Informationen nach einer erprobten<br />
Systematik erlaubt. Es wird damit möglich, alle Prozesse bei der Bearbeitung geotechnischer Projekte<br />
vollständig in einem Datenmanagementsystem zu verwalten. Durch Berücksichtigung der Schnittstellen<br />
zu verbreiteten GIS ist die Nutzung der Daten <strong>für</strong> Anwendungen im Bereich Umwelt, Geotechnik,<br />
Wasser- <strong>und</strong> Verkehrsbau sichergestellt. Erste Umsetzungen des Modells werden zurzeit <strong>für</strong> bodenmechanische<br />
Untersuchungen <strong>und</strong> <strong>für</strong> Projekte des Deponiebaus realisiert.<br />
1 Einführung<br />
1.1 Boden- <strong>und</strong> felsmechanische Kennwerte bei bautechnischen Projekten<br />
Das Wesen der ingenieurtechnischen Bearbeitung von Bauprojekten besteht u. a. in der Anfertigung<br />
prüfbarer Unterlagen zu den rechnerischen Nachweisen <strong>und</strong> zu allen Vorgaben die Konstruktion, die<br />
Materialbeschaffenheit, den zeitlichen Ablauf <strong>und</strong> die Kosten betreffend. Dazu wird u.a. auf naturwissenschaftliche<br />
Arbeitsmittel aber auch in einem erheblichen Maße auf Erfahrungswissen zurückgegriffen.<br />
Abbildung 1: links – physikalisches Modell der trockenen Reibung, rechts – Scherfestigkeit bei Böden<br />
1<br />
Hochschule <strong>für</strong> Technik <strong>und</strong> Wirtschaft Dresden, Fak. Bauingenieurwesen/Architektur, Professur Geotechnik<br />
Friedrich-List-Platz 1, D-01069 Dresden, Tel.: ++49 351 4622352, e-mail: engel@htw-dresden.de<br />
2<br />
Hochschule <strong>für</strong> Technik <strong>und</strong> Wirtschaft Dresden, Fak. <strong>Informatik</strong>/<strong>Mathematik</strong>, Professur DV-Anwendungen/Datenbanksysteme<br />
Friedrich-List-Platz 1, D-01069 Dresden, Tel.: ++49 351 4623432, e-Mail: graefe@informatik.htw-dresden.de
Eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Aufstellung rechnerischer Nachweise sind Gesetzmäßigkeiten, mit denen die<br />
Reaktion eines Materials auf eine Einwirkung zahlenmäßig beschrieben werden kann. Mit diesen Material-<br />
oder Stoffgesetzen werden Kennwerte definiert, die als Eingangsgrößen bei Berechnungen zu<br />
benutzen sind. Die Festigkeit von Böden wird z. B. durch Bruchbedingungen beschrieben. Sehr verbreitet<br />
ist dabei das Mohr-Coulombsche Bruchkriterium.<br />
τ = σ tan ϕ + c<br />
(1)<br />
N<br />
Diese wurde abgeleitet aus systematischen Materialprüfungen an Festgestein, Beton <strong>und</strong> später auch<br />
an Böden. Von O. Mohr ist auf Gr<strong>und</strong>lage dieser Prüfungen eine Bruchbedingung formuliert worden,<br />
die durch eine nichtlineare Abhängigkeit der Festigkeit τ von der Normalspannung σN beschrieben<br />
wird. Die lineare Vereinfachung dieses Ansatzes ist das Mohr-Coulombsche Bruchkriterium gemäß<br />
Gl. (1). Die beiden Kennwerte, die <strong>für</strong> die gr<strong>und</strong>legenden Standsicherheitsnachweise benötigt werden,<br />
sind der Reibungswinkel ϕ <strong>und</strong> die Kohäsion c.<br />
Beide Kennwerte sind <strong>für</strong> einen Boden nicht konstant. Sie werden u. a. von der Dichte <strong>und</strong> Entstehungsgeschichte<br />
der Ablagerung beeinflusst. Materialprüfungen an ungestörten Probekörpern sind<br />
aufwendig <strong>und</strong> werden in vielen Fällen nicht durchgeführt. Man hilft sich mit Erfahrungswerten. Wie<br />
diese „Erfahrungswerte“ entstanden sind, ist oft nicht mehr vollständig nachvollziehbar.<br />
Abbildung 2: Triaxialprüfung an einer Bodenprobe, links - Gerät, rechts - Probe nach dem Versuch<br />
Die gr<strong>und</strong>legende Methode ist die Ermittlung der Kennwerte durch Messungen im Rahmen von Labor-<br />
<strong>und</strong> Feldversuchen. Versuchstechnik, Durchführung <strong>und</strong> Auswertung sind durch Normen <strong>und</strong><br />
Regelwerke weitestgehend vereinheitlicht <strong>und</strong> die Anwendung der Verfahren erfolgt routinemäßig.<br />
Bei diesen Messungen wird allerdings nur ein sehr kleiner Ausschnitt des Untergr<strong>und</strong>s betrachtet. Im<br />
günstigen Fall erfasst man mit einer Untersuchung an einer Probe im Labor etwa den zehnmillionstel<br />
Teil des durch das Bauwerk beanspruchten Volumens. Die Übertagung von fehlerhaften Ergebnissen<br />
auf große Untergr<strong>und</strong>bereiche kann zu unrealistischen Vorhersagen führen.<br />
Übertragung bedeutet hierbei die Anwendung eines Berechnungsverfahrens, mit dem die Reaktion des<br />
Untergr<strong>und</strong>s auf die Einwirkungen vorhergesagt werden kann. Bei der Beurteilung der Standsicherheit<br />
von Böschungen nutzt man beispielsweise Gleitkreis- oder Starrkörperverfahren. Es wird ein größerer<br />
Bereich des Untergr<strong>und</strong>s idealisiert <strong>und</strong> diesem Bereich müssen charakteristische Kennwerte zugewiesen<br />
werden. Dazu sind bestimmte Annahmen zur Baugr<strong>und</strong>schichtung <strong>und</strong> den Einwirkungen erforderlich.<br />
Die Bodenkennwerte werden so lange variiert, bis der beobachtete Zustand mit dem rechneri-
schen in wesentlichen Punkten übereinstimmt. Diese Vorgehensweise wird als „inverse Parameterbestimmung“<br />
bezeichnet <strong>und</strong> liefert mittlere Parameter <strong>für</strong> ausgedehnte Bereiche.<br />
Abbildung 3: Versagen einer Böschung, Idealisierung des Untergr<strong>und</strong>s <strong>für</strong> das Berechnungsmodell<br />
Bei manchen Projekten beschränkt sich die Untersuchung des Baugr<strong>und</strong>s auf die Auswertung von geologischen<br />
Karten in Verbindung mit der Bewertung durch „Sachverständige“ oder der Untergr<strong>und</strong><br />
wird in situ in Augenschein genommen. Es wird in beiden Fällen die Bodengruppe verbal beschrieben<br />
<strong>und</strong> daraus auf die Eigenschaften, d. h. die Kennwerte, rückgeschlossen. Eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong><br />
diese Vorgehensweise ist die Vereinheitlichung der verbalen Beschreibung der Bodengruppen. Da<strong>für</strong><br />
sind in den letzten Jahrzehnten Standards entwickelt worden, die z. B. aus petrografischen, stratigraphischen,<br />
bodenmechanischen oder bodenk<strong>und</strong>lichen Prinzipien abgeleitet worden sind. Die Bezeichnung<br />
des Gesteins oder Bodens soll mit den Eigenschaften korrelieren.<br />
Abbildung 4: Ausschnitt aus einer Tabelle mit Erfahrungswerten <strong>für</strong> Parameter des Untergr<strong>und</strong>s<br />
Zur Gewährleistung der Reproduzierbarkeit sind Regeln aufgestellt worden, die den Zusammenhang<br />
zwischen einfach bestimmbaren Parametern wie Korngrößenverteilung oder Konsistenzgrenzen <strong>und</strong><br />
der Bezeichnung des Bodens beschreiben. Diese Regeln wurden in Klassifizierungsvorschriften zusammengefasst.<br />
Die Eigenschaften von Boden <strong>und</strong> Fels lassen sich allerdings nicht allein auf Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Locker- oder Festgesteinsart abschätzen. Sie sind in starkem Maße abhängig von der Schichtung,<br />
dem Zustand des Bodens oder der Klüftung des Festgesteins. Außerdem bestimmt auch die Art<br />
<strong>und</strong> Intensität der Beanspruchung die Größe eines Kennwerts.<br />
1.2 Erfahrungswissen in der Geotechnik – subjektive Einflüsse<br />
Die Bewertung von Untersuchungsergebnissen ist ein wichtiger – in bestimmtem Umfang aber auch<br />
sehr subjektiver – Teil bei der Bearbeitung von umwelt- <strong>und</strong> geotechnischen Projekten. Das Expertenwissen<br />
kann sehr nützlich sein, in manchen Fällen ersetzt es die experimentellen oder rechnerischen<br />
Untersuchungen auch komplett. Gesammelte Erfahrungen sind die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Ableitung von<br />
verallgemeinerten Regeln. Datensammlungen sind seit vielen Jahrzehnten in unterschiedlichster Form<br />
angelegt worden. Es fehlt ein allgemein akzeptiertes Ablageschema <strong>und</strong> es fehlt teilweise auch die Bereitschaft,<br />
eigenes Wissen einer breiten Anwendergruppe zur Verfügung zu stellen. Unter anderem aus<br />
diesen Gründen sind die übergreifenden Initiativen zur Entwicklung eines Standards der Datenablage<br />
<strong>für</strong> boden- <strong>und</strong> felsmechanische Kennwerte bisher nicht sehr erfolgreich gewesen.
Erfahrungswissen bei geo- <strong>und</strong> umwelttechnischen Projekten wird auf unterschiedlichen Wegen gewonnen.<br />
Mögliche Quellen <strong>für</strong> Daten sind u. a:<br />
• Experimentelle Untersuchungen zur Bestimmung eines Kennwerts (Versuche)<br />
• Ableitung von Kennwerten aus Korrelationen zu Klassifikationskennwerten<br />
• Nutzung tabellierter Erfahrungswerte in Abhängigkeit der Bodengruppe<br />
• Sammlung <strong>und</strong> Interpretation indirekter Hinweise („unscharfe“ Informationen).<br />
Zur Auswertung <strong>und</strong> Interpretation der Messungen oder anderer Informationen werden unterschiedliche<br />
Hilfsmitteln genutzt, z. B.:<br />
− Mathematische Verfahren zur Bewertung von Versuchsergebnissen (Stichproben)<br />
− sachverständige Bewertung auf Gr<strong>und</strong>lage von Untersuchungsergebnissen<br />
− sachverständige Bewertung auf Gr<strong>und</strong>lage der Begutachtung von Proben<br />
− sachverständige Bewertung allein auf Gr<strong>und</strong>lage von Erfahrungen.<br />
In der ingenieurtechnischen Praxis überwiegt nach wie vor die deterministische Betrachtung. Bei den<br />
Berechnungen werden keine Schwankungsbreiten <strong>für</strong> einen Parameter angesetzt, sondern es wird mit<br />
charakteristischen Zahlenwerten gerechnet. Deshalb ist das Ergebnis einer sachverständigen Bewertung<br />
von Boden <strong>und</strong> Fels immer die Zuweisung eines Parameters <strong>für</strong> einen ausgedehnten Bereich.<br />
Einzelne Prüfergebnisse <strong>und</strong> Informationen müssen dabei so bewertet werden, dass ein Entwurf des<br />
Bauwerks auf der sicheren Seite gewährleistet wird. Dabei müssen die zur Verfügung stehenden Informationen<br />
gewichtet <strong>und</strong> bei der Bildung des Schichtenmodells berücksichtigt werden.<br />
Eine Bewertung der Qualität von Kennwerten ist allein auf Gr<strong>und</strong>lage der Art ihrer Entstehung nicht<br />
möglich. Das Ergebnis experimenteller Untersuchungen an Boden oder Fels kann zwischen unterschiedlichen<br />
Laboratorien aber auch zwischen unterschiedlichen Laboranten erheblich streuen. Die<br />
Übertragung eines an einer Stichprobe gewonnenen Parameters auf eine ausgedehnte Schicht kann zu<br />
Fehleinschätzungen führen. Umgekehrt kann ein durch Nachrechnung eines vorhandenen Bauwerks<br />
ermittelter Kennwert so weit von der üblichen Erfahrung abweichen, dass eine unkritische Übernahme<br />
nicht möglich ist. Man benötigt Algorithmen zur Bewertung der Plausibilität <strong>und</strong> der Zuverlässigkeit.<br />
Abbildung 5: Karteikarte zur Erfassung wichtiger Kennwerte von Proben<br />
1.3 Beispiele <strong>für</strong> die Sammlung boden- <strong>und</strong> felsmechanischer Daten<br />
Die Informationen, die bei geo- <strong>und</strong> umwelttechnischen Projekten anfallen, sind sehr vielfältig. Neben<br />
den inhaltlichen Unterschieden ist auch der räumliche <strong>und</strong> zeitliche Bezug der Daten zu berücksichtigen.<br />
Viele Informationen lassen sich einer der folgende Bezugsgrößen bzw. Datenarten zuordnen:<br />
− auf einen Punkt bezogene, nicht „sachverständig interpretierte“ Ergebnisse von Versuchen<br />
<strong>und</strong> Messungen<br />
− punktbezogene Daten aus der Interpretation indirekter Informationen (Korrelationen, Nachrechnungen,<br />
Karten, …)
− auf eine Schicht bezogene Kennwerte, die aus der Bewertung von direkten Messungen abgeleitet<br />
worden sind<br />
− schichtbezogene Kennwerte, die aus der Bewertung von indirekten Informationen abgeleitet<br />
worden sind.<br />
Für die Nutzung innerhalb von Institutionen oder Firmen werden oft Daten mit unterschiedlicher Herkunft<br />
ohne nähere Unterscheidung vermischt. Auswertungen müssen zwangsläufig zu widersprüchlichen<br />
Ergebnissen bzw. großen Streuungen führen.<br />
In Abbildung 5 ist die Vorder- <strong>und</strong> die Rückseite einer Karteikarte dargestellt, mit der in den 50er <strong>und</strong><br />
60er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts Ergebnisse von Versuchen an Boden- <strong>und</strong> Felsproben erfasst<br />
wurden. Die Karteikarte enthält alle wesentlichen Informationen über die Ergebnisse von Laborversuchen.<br />
Jede Karte fasst die an einer Probe im Labor bestimmten Kennwerte zur:<br />
• Klassifizierung <strong>und</strong> Phasenzusammensetzung<br />
• Scherfestigkeit<br />
• Zusammendrückbarkeit <strong>und</strong><br />
• Durchlässigkeit<br />
zusammen. Mit Hilfe solcher Datensammlung können Erfahrungen mit regional anstehenden Böden<br />
leicht <strong>für</strong> andere Projekte genutzt werden. Sie sind auch die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Entwicklung von Klassifikationskriterien,<br />
mit denen Böden mit ähnlichen Eigenschaften zu Gruppen zusammengefasst werden<br />
sollen.<br />
Ein Vorteil dieser Art der Datensammlung ist die Übersichtlichkeit <strong>und</strong> die Beschränkung auf wenige,<br />
charakteristische Kennwerte. Nachteilig ist die aus den speziellen Erfahrungen abgeleitete Kennwerteliste.<br />
Eine Übertragung auf andere Stoffgesetze <strong>und</strong> Kennwertmodelle ist nicht ohne weiteres möglich<br />
<strong>und</strong> der Einfluss des Untersuchungsverfahrens auf die Größe des Kennwerts lässt sich ebenfalls nicht<br />
mehr nachvollziehen.<br />
2 Entwicklung eines Datenmodells <strong>für</strong> boden- <strong>und</strong> felsmechanische<br />
Versuchsergebnisse<br />
2.1 Geotechnische Versuche<br />
Ein Kennwert ist eine Größe, die aus einem Versuch gewonnen wird <strong>und</strong> dazu dient, das im Experiment<br />
beobachtete Verhalten auf Gr<strong>und</strong>lage eines theoretischen Modells rechnerisch vorherzusagen.<br />
Da<strong>für</strong> ist eine Versuchsanordnung mit der erforderlichen Messtechnik notwendig. Die gemessenen<br />
Größen müssen umgerechnet <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong>lage einer Theorie ausgewertet werden. Nicht alle Größen,<br />
die das Ergebnis beeinflussen, lassen sich zahlenmäßig erfassen. Deshalb sind bei der Aufstellung des<br />
Datenmodells beschreibende Einteilungen eingeführt worden.<br />
Abbildung 6: Daten <strong>und</strong> Schritte zur Informationsverarbeitung bei Laborversuchen
Aus dem Ablauf bei Versuchen an Boden <strong>und</strong> Fels lassen sich verallgemeinerte Kriterien zur Katalogisierung<br />
der Daten ableiten. Ausgangspunkt ist die vollständige Dokumentation aller Vorgänge <strong>und</strong><br />
Daten bei Messungen. In Abbildung 6 sind die einzelnen Informationen <strong>und</strong> die erforderlichen Arbeitsschritte<br />
dargestellt.<br />
Wegen der unterschiedlichen Arten der Daten ist eine Bewertung mittels statistischer Modelle nicht<br />
immer möglich. Die Güte der Informationen, z. B. die Qualität der Versuchsdurchführung, lässt sich<br />
ebenfalls nur schwer objektiv quantifizieren. Deshalb wird <strong>für</strong> die Bewertung der Kennwerte die Zuordnung<br />
in Zuverlässigkeitsklassen benutzt. Sind <strong>für</strong> einen Kennwert alle Informationen bis hin zu den<br />
originalen Messprotokollen verfügbar, kann auch nachträglich eine Bewertung der Daten durchgeführt<br />
werden. Sind dagegen nur die Kennwerte als Endergebnis bekannt, ist eine Überprüfung nicht mehr<br />
möglich. Nach der Vollständigkeit der dokumentierten Informationen werden 11 Zuverlässigkeitsklassen<br />
unterschieden.<br />
ZV 1: Alle Arbeitsschritte der Versuche an einer Probe sind mit den Daten vollständig nachvollziehbar.<br />
ZV 2: Die Vorschrift zur Berechnung der Ergebnisse der Versuche an einer Probe ist bekannt, die<br />
Originalmesswerte können aber nicht mehr rekapituliert werden.<br />
ZV 3: Es sind die Ergebnisse der Versuche an einer Probe bekannt.<br />
ZV 4: Die Ergebnisse zur Darstellung von Diagrammen der Versuche an einer Probe sind nicht verfügbar.<br />
Es ist die Vorschrift zur Berechnung der Kennwerteder Versuchsabschnitte (Teilversuche)<br />
bekannt.<br />
ZV 5: Die Kennwerte der Teilversuche an einer Probe sind bekannt. Das Verfahren der Ermittlung<br />
dieser Kennwerte ist nicht abgespeichert.<br />
ZV 6: Es sind die eigentlichen Kennwerte der Versuche an einer Probe <strong>und</strong> die Vorschrift <strong>für</strong> deren<br />
Berechnung bekannt.<br />
ZV 7: Nur die Kennwerte der Versuche an einer Probe sind bekannt.<br />
ZV 8: Der Kennwert der Probe <strong>und</strong> die Vorschrift <strong>für</strong> dessen Berechnung sind bekannt.<br />
ZV 9: Es ist nur der Kennwert der Probe bekannt.<br />
ZV 10: Für eine Baugr<strong>und</strong>schicht ist der Kennwert <strong>und</strong> das Verfahren <strong>für</strong> dessen Ermittlung bekannt.<br />
ZV 11: Es ist lediglich der Kennwert der Schicht bekannt.<br />
2.2 Datenmodell <strong>für</strong> Kennwerte von Versuchen<br />
Abbildung 7: Gliederung der Informationen <strong>für</strong> das Datenmodell <strong>für</strong> boden- <strong>und</strong> felsmechanische Kennwerte<br />
Durch die B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Wasserbau <strong>und</strong> die Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Geotechnik ist eine Initiative<br />
zur Entwicklung einer Datensammlung <strong>für</strong> Versuchskennwerte gestartet worden. Die Arbeitsgruppe<br />
hat sich mehrfach zu Beratungen getroffen <strong>und</strong> als Ergebnis eine Gliederung der Daten vorgeschlagen.<br />
Dieser Vorschlag wurde am ZAFT an der HTW Dresden aufgenommen <strong>und</strong> zu einem Modell<br />
gemäß Abbildung 7 weiterentwickelt. Die Datensammlung dient der Erfassung von Kennwerten, die
durch Laborversuche an Proben gewonnen worden sind. Sie kann ohne weiteres auch auf Schichtdaten<br />
oder Daten aus indirekten Untersuchungen ausgeweitet werden.<br />
Um eine Einbeziehung beliebiger Kennwertansätze zu ermöglichen, werden die Kennwerte in eine<br />
Form transformiert, die unabhängig vom zugr<strong>und</strong>e liegenden Stoffgesetzt ist <strong>und</strong> die Rücktransformation<br />
der abgelegten Daten in die vom Anwender gewünschte Form sicher stellt. Die entsprechenden<br />
Algorithmen sind in einer Beispielumsetzung des Datenmodells implementiert.<br />
2.3 Exemplarische Umsetzung des Datenmodells im Projekt Archiv Geotechnik<br />
Am Zentrum <strong>für</strong> angewandte Forschung <strong>und</strong> Technologie e.V. (ZAFT) wird seit mehreren Jahren an<br />
der Entwicklung eines Datenverwaltungssystems gearbeitet, mit dem die Informationen zentral abgelegt<br />
werden können, die bei der Bearbeitung geo- <strong>und</strong> umwelttechnischer Projekte anfallen. Für die<br />
Entwicklung werden ausschließlich frei nutzbare Softwarekomponenten eingesetzt.<br />
Abbildung 8: Internet-Oberfläche von PrAG, Menüaufbau <strong>und</strong> Zuordnung der Ebenen<br />
Das System ist so aufgebaut, dass Daten unterschiedlicher Herkunft <strong>und</strong> Zuverlässigkeit berücksichtigt<br />
werden können. Zurzeit wird intensiv an der Fertigstellung der Programmbausteine gearbeitet, die <strong>für</strong><br />
die automatische Auswertung von Laborversuchen <strong>und</strong> die Erstellung der Protokolle erforderlich sind.<br />
Im Rahmen dieser Auswertung werden die Einträge in die Kennwertedatei automatisch oder durch<br />
Nutzereingabe erzeugt.<br />
Der Bezug zu Lagekoordinaten <strong>und</strong> die Zeit ist im System durch entsprechende Strukturen gesichert.<br />
Damit können die Daten auch <strong>für</strong> andere Informationssysteme zur Verfügung gestellt werden. Eine<br />
Verbindung zu Bohrungsdatenbanken <strong>und</strong> anderen Datenerfassungsystemen wäre wünschenswert, um<br />
Parallelentwicklungen zu vermeiden. Ein erster Schritt dazu könnte der Bezug zu den Fremdschlüsseln<br />
der Bohrdaten sein bei der Registrierung von Lage <strong>und</strong> Herkunft der Proben.<br />
Der Probezugang zu PrAG ist über folgeende Adresse möglich:<br />
https://www.zaft.htw-dresden.de/geotechnik/prag/?lang=de<br />
Firma: gast<br />
Name: gast<br />
Passwort: gast
Bodenaggressivitätskarte <strong>für</strong> die Stadt Leipzig: Methodik, Ausführung<br />
<strong>und</strong> Anwendung<br />
Wolfram Heidenfelder & Jochen Rascher<br />
GEOmontan GmbH Freiberg, Am St. Niclas Schacht 13, D-09599 Freiberg, freiberg@geomontan.de<br />
Angesichts zukünftiger Investitionen in ihr Leitungsnetz beauftragten die Kommunalen Wasserwerke<br />
Leipzig GmbH die Erstellung einer Bodenaggressivitätskarte <strong>für</strong> ihren Versorgungsbereich, um die<br />
Ursachen <strong>für</strong> Schäden an den Versorgungs- <strong>und</strong> Entsorgungsleitungen aus Eisen, Stahl <strong>und</strong> Beton<br />
qualitativ nach DIN 50929 <strong>und</strong> E DIN 4030 zu beurteilen <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Rekonstruktion <strong>und</strong> den Neubauentsprechende<br />
Materialvorgaben leisten zu können. Die GEOmontan GmbH Freiberg erläutert im<br />
Rahmen des 9. Freiberger Forums <strong>für</strong> Geoinformationstechnologie den methodischen Ansatz von der<br />
Datenerhebung aus verschiedensten Quellen bis zur GIS-gestützten Analyse, Modellierung <strong>und</strong> Kartenerstellung<br />
unter Beachtung kritischer Aspekte, wie z. B. dem Erhalt von raumbezogenenen Informationen<br />
aus punktuellen Daten, <strong>und</strong> gibt einen Ausblick zur Anwendung der Bodenaggressivitätskarte.<br />
The Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH commisioned the GEOmontan GmbH Freiberg to create<br />
a map of soil aggressiveness for the area of the city of Leipzig using the German standards of DIN<br />
50929 and E DIN 4030. This map enables the client to judge the impact of the soils on damages on<br />
their water pipelines which are mainly made of iron, steel or concrete. The information of the map<br />
provides the means to optimize material specifications of the water pipelines to be installed in future<br />
reconstruction projects. During the 9 th Freiberg Forum of Geomatics, GEOmontan GmbH Freiberg<br />
will illustrate the methodology of collecting data from various sources, GIS-based analyses and spatial<br />
modelling in order to create the map of soil aggressiveness. Critical aspects such as the conversion of<br />
point data into spatial information will be explained, and last but not least an outlook for the utilization<br />
of the map will be given.<br />
1 Untersuchungsgebiet – Stadt Leipzig<br />
Die Stadt Leipzig mit einer Größe von ca. 298 km² befindet sich in der durch mehrfache Senkungen<br />
während des Tertiärs angelegten Leipziger Tieflandsbucht. Das Stadtgebiet wird von den Flüssen<br />
Weiße Elster, Pleiße <strong>und</strong> Parthe durchzogen, die einen maßgeblichen Einfluss auf das Gr<strong>und</strong>wasserregime<br />
haben.<br />
Die geologischen Verhältnisse sind durch die Ablagerungen der quartären Eiszeiten bestimmt. Der<br />
Untergr<strong>und</strong> von Leipzig besteht vornehmlich aus elster- bis weichselkaltzeitlichen sand-, kies- <strong>und</strong><br />
schotterführenden Flussterrassen von bis zu mehreren Dekametern Mächtigkeit. Diese sind weitflächig<br />
überdeckt von Geschiebelehmen oder -mergeln bzw. von holozänen Auenlehmen mit mittleren Mächtigkeiten<br />
zwischen 1 <strong>und</strong> 10 Metern. Die Sedimente der alten Flussterrassen <strong>und</strong> die tertiären Sande<br />
wirken als Gr<strong>und</strong>wasserleiter. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen, besonders im Stadtzentrum,<br />
anthropogene Auffüllen (durch menschliche Tätigkeit umgelagerte Materialien, v. a. Bauschutt) <strong>und</strong><br />
die durch Bergbautätigkeit ausgeräumten Areale. Im tieferen Untergr<strong>und</strong> stehen tertiäre Sande, Schluffe<br />
<strong>und</strong> Tone sowie prätertiäre Grauwacken- bzw. deren Zersatz an.<br />
2 Untersuchungsansatz <strong>und</strong> Arbeitsschritte<br />
Für die ArcGIS-basierte Erstellung der Bodenaggressivitätskarten galten folgende Rahmenbedingungen:<br />
• Die Untersuchung zielt auf die hauptsächlich durch die KWL verwendeten Rohrleitungswerkstoffe<br />
Eisen, Stahl <strong>und</strong> Beton.
Wolfram Heidenfelder & Jochen Rascher<br />
• Die Karten bewerten die mittlere Aggressivität der Böden <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wässer gegenüber diesen<br />
Werkstoffen bis 6 m Tiefe.<br />
• Innerhalb dieser Teufenlage werden zwei Hauptleitungsbereiche ausgehalten: 1-3 m (Trinkwasserleitungen)<br />
<strong>und</strong> 3-6 m (Abwasserleitungen).<br />
• Die Bewertung der Aggressivität der Böden <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wässer gegenüber den Zielwerkstoffen<br />
erfolgt nach DIN 50929, Teil 3 <strong>für</strong> Eisen <strong>und</strong> Stahl (DIN 1985) sowie nach E DIN 4030, Teil<br />
2 <strong>für</strong> Beton (DIN 1991).<br />
• Einflüsse des Verfüllmaterials von Leitungsgräben <strong>und</strong> temporäre sowie lokal eng begrenzte<br />
Boden- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserkontaminationen sind nicht berücksichtigt.<br />
Der methodische Gr<strong>und</strong>ansatz zur Erstellung der Bodenaggressivitätskarte stellt sich in der Abfolge<br />
der Arbeitsschritte wie folgt dar:<br />
1) Datenrecherche (räumliche Verteilung der geologischen Einheiten, DGM, Gr<strong>und</strong>wasserflurabstand,<br />
Wasserqualität, Bodenqualität)<br />
2) Erhebung fehlender Qualitätsdaten per Feldbeprobung <strong>und</strong> Laboranalyse<br />
3) Einstufung der Analysenergebnisse in eine Bodenaggressivitätsmatrix (mittlere Aggressivität<br />
der Substrate der geologischen Einheiten gegenüber den Zielwerkstoffen)<br />
4) Verschneidung der verschiedenen Substrateinheiten in den beiden Hauptleitungstiefen (1-3<br />
<strong>und</strong> 3-6 m) mit der Bodenaggressivitätsmatrix zu einer Bodenaggressivitätskarte ohne Gr<strong>und</strong>wassereinfluss<br />
5) Identifikation von gr<strong>und</strong>wasserbeeinflussten Rohrleitungsbereichen im Stadtgebiet Leipzig<br />
6) Zuweisung von Gr<strong>und</strong>wasseraggressivitäten zu den gr<strong>und</strong>wasserbeeinflussten Bereichen<br />
7) Verschneidung der Aggressivitäten der gr<strong>und</strong>wasserbeeinflussten Bereiche mit der Bodenaggressivitätskarte<br />
aus Schritt 4 zur fertigen Bodenaggressivitätskarte mit Gr<strong>und</strong>wassereinfluss<br />
3 Datengr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> Datenaufbreitung<br />
Für die Erstellung der Bodenaggressivitätskarte war die Anschaffung/Erhebung der folgenden Daten<br />
verschiedenster Art <strong>und</strong> Herkunft <strong>und</strong> deren Aufbreitung <strong>für</strong> die GIS-Analysen notwendig.<br />
3.1 Hydrogeologischer Atlas<br />
Für die Untersuchung stand mit dem durch GEOmontan GmbH Freiberg entwickelten Hydrogeologischen<br />
Atlas der Stadt Leipzig (FISCHER et al. 2005) ein ArcGIS-basiertes Kartenwerk in den Maßstäben<br />
1:10.000 bzw. 1:5.000 zur Verfügung, mit dem geometrische, lithologische, stratigraphische <strong>und</strong><br />
hydrogeologische Eigenschaften der quartären Gr<strong>und</strong>wasserleiter <strong>und</strong> der auflagernden Deckschichten<br />
flächendeckend <strong>für</strong> Leipzig abgebildet werden (Abb. 1).<br />
Abb. 1: Hydrogeologischer Atlas mit Karten zu Verbreitung <strong>und</strong> Mächtigkeit der Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />
<strong>und</strong> Deckschichten
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Diese Karte beruht auf ca. 15.000 recherchierten <strong>und</strong> geologisch (stratigraphisch, hydrogeologisch)<br />
bewerteten Bohrungen als Stützstellen. Das entspricht einer mittleren Bohrungsdichte von etwa 51<br />
Bohrungen pro Quadratkilometer. Konzentrationen im Stadtzentrum <strong>und</strong> Ausdünnungen in den landwirtschaftlich<br />
geprägten Stadtrandbereichen sind jedoch in Abb. 2 sichtbar.<br />
Abb. 2: Bohrungen als Stützstellen<br />
Das dem Kartenwerk zugr<strong>und</strong>e liegende <strong>und</strong> in Abb. 3 dargestellte geologische Modell orientiert sich<br />
an der Gliederung der quartären Sedimente in der Leipziger Tieflandsbucht i. S. v. Eissmann (u. a.<br />
EISSMANN & LITT 1994)<br />
Abb. 3: Geologisches Modell der Stadt Leipzig (nach Eissmann)
Wolfram Heidenfelder & Jochen Rascher<br />
3.2 Digitales Geländemodell (DGM)<br />
Es stand ein DGM des Stadtgebietes von Leipzig zur Verfügung, das um ca. 60.000 KWL-<br />
Vermessungsdaten von Kanaldeckelhöhen mit Höhengenauigkeiten im Zentimeterbereich ergänzt<br />
wurde.<br />
3.3 Gr<strong>und</strong>wasserhöhenmodell<br />
Mit der Gr<strong>und</strong>wasserstichtagsmessung Mai 2007 <strong>für</strong> den Großraum Leipzig lagen die Hydroisohypsen<br />
des Hauptgr<strong>und</strong>wasserleiters <strong>und</strong> des oberen Gr<strong>und</strong>wasserleiters als analoge Karte vor (REGIERUNGS-<br />
PRÄSIDIUM LEIPZIG 2007). Diese wurden manuell vektorisiert <strong>und</strong> in ein digitales Gr<strong>und</strong>wasserhöhenmodell<br />
umgewandelt.<br />
3.4 Daten zur Gr<strong>und</strong>wasserqualität<br />
Das Sächsische Landesamt <strong>für</strong> Umwelt, Landwirtschaft <strong>und</strong> Geologie hat fre<strong>und</strong>licherweise etwa 1000<br />
digitale Gr<strong>und</strong>wasserqualitätsdaten aus Dauerbeobachtungspegeln zur Verfügung gestellt, von denen<br />
ca. 100 <strong>für</strong> die vorliegende Aufgabenstellung nutzbar waren <strong>und</strong> nach DIN 50929 <strong>und</strong> E DIN 4030<br />
(Abb. 4) in Aggressivitätsklassen eingeordnet werden konnten.<br />
Abb. 4: Parameter zur Berechnung der Gr<strong>und</strong>wasseraggressivität<br />
3.5 Daten zur Bodenqualität<br />
Für die Bewertung der Bodenaggressivität nach DIN 50929 <strong>und</strong> E DIN 4030 sind Daten zur Bodenqualität<br />
notwendig. Es standen jedoch auch nach ausführlicher Archivrecherche keine homogenisierbaren<br />
Daten zur Verfügung, so dass eine Neubeprobung jeder geologischen Einheit (vgl. Abb. 1) vonnöten<br />
war. Aus den Tagesbaustellen der KWL wurden aus jedem Gr<strong>und</strong>wasserleiter, jeder Deckschicht<br />
<strong>und</strong> aus den Auffüllen über das Stadtgebiet verteilt je 5-10 Proben genommen (siehe Bsp. in<br />
Abb. 5) <strong>und</strong> nach DIN 50929 <strong>und</strong> E DIN 4030 (Abb. 6) hinsichtlich ihrer Aggressivität gegenüber den<br />
Leitungswerkstoffen analysiert.<br />
Anmerkung: Erstaunlicherweise zeigten sich trotz des geringen Probenumfanges zwischen den einzelnen<br />
Proben aus denselben Gr<strong>und</strong>wasserleitern Ähnlichkeiten im Chemismus, obwohl die Probenahmeorte<br />
oft mehrere Kilometer voneinander entfernt lagen.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Abb. 5: Bodenprobenahme (Beispielaufschluss)<br />
Abb. 6: Parameter zur Berechnung der Bodenaggressivität<br />
4 ArcGIS-Analysen <strong>und</strong> Modellbildung<br />
Die aus den Analysenergebnissen der Bodenproben berechneten Aggressivitäten wurden <strong>für</strong> jede geologische<br />
Einheit gemittelt <strong>und</strong> in einer sogenannten Bodenaggressivitätsmatrix (Abb. 7) zusammengeführt.
Wolfram Heidenfelder & Jochen Rascher<br />
Abb. 7: Bodenaggressivitätsmatrix<br />
Aus den Ergebnissen wurde eine erste Bodenaggressivitätskarte ohne Gr<strong>und</strong>wassereinfluss generiert.<br />
Die da<strong>für</strong> notwendigen Verschneidungsprozesse sind vom rechnerischen Ansatz her eher simpel. Da<br />
jedoch zehntausende Polygone aller Größen miteinander verschnitten <strong>und</strong> die Ergebnisse auf 500 m²-<br />
Polygone bereinigt werden mussten, betrug der Aufwand an Rechenzeit mit einem leistungsstarken PC<br />
pro Zielwerkstoff mehrere Tage.<br />
Im Stadtgebiet von Leipzig treten flächenmäßig bedeutsame Areale auf, in denen Rohrleitungen im<br />
Einflussbereich des Gr<strong>und</strong>wassers liegen. Im Gegensatz zu den Arealen mit meist trockener Bodensubstanz<br />
herrschen in den gr<strong>und</strong>wasserbeeinflussten Arealen im Leitungsbereich (1-3 m <strong>und</strong> 3-6 m<br />
Teufe) veränderte Bedingungen <strong>für</strong> die Rohrleitungskorrosion. Um eine aussagekräftige Bodenaggressivitätskarte<br />
zu entwickeln, mussten also Einflüsse des Gr<strong>und</strong>wassers auf die Bodenaggressivität berücksichtigt<br />
werden. Da<strong>für</strong> wurde nach folgendem Muster zunächst eine Gr<strong>und</strong>wasserflurabstandskarte<br />
generiert:<br />
(DGM + Kanaldeckelhöhen) – Gr<strong>und</strong>wasserhöhenmodell = Gr<strong>und</strong>wasserflurabstandskarte<br />
Es folgte die Selektion der gr<strong>und</strong>wasserbeeinflussten Leitungsbereiche (1-6m Tiefe, vgl. Abb. 8).<br />
Abb. 8: Im Leitungsbereich gr<strong>und</strong>wasserbeeinflusste Areale<br />
Der Bodenaggressivitätskarte ohne Gr<strong>und</strong>wassereinfluss wurden im letzten Arbeitsschritt die nach<br />
DIN 50929 <strong>und</strong> E DIN 4030 berechneten Gr<strong>und</strong>wasseraggressivitäten (Parameter lt. Kapitel 3.4) aufgesetzt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der bisher geringen Probendichte wurde an dieser Stelle keine Interpolation vorge-
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
nommen, sondern es wurden um die einzelnen Messstellen 500 m-Pufferzonen gleicher Wertebereiche<br />
gebildet.<br />
5 Ergebnisdarstellung – Bodenaggressivitätskarte Stadt Leipzig<br />
Nachfolgend ist die fertige Bodenaggressivitätskarte am Beispiel des Werkstoffes Eisen dargestellt<br />
(Abb. 9 <strong>und</strong> 10). Sie wurde als digitales Kartenwerk ausgefertigt <strong>und</strong> ist bis zu einem Maßstab von<br />
1:200 stufenlos zoombar.<br />
Abb. 9: Bodenaggressivitätskarte Stadt Leipzig <strong>für</strong> Eisenwerkstoffe, 1-3 m Tiefe<br />
Abb. 10: Bodenaggressivitätskarte Stadt Leipzig <strong>für</strong> Eisenwerkstoffe, 3-6 m Tiefe
Wolfram Heidenfelder & Jochen Rascher<br />
6 Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
Die vorangegangen Ausführungen stellen ein Beispiel da<strong>für</strong> dar, wie man ein praxisbezogenes, technisches<br />
Problem mit ArcGis-gestützten Methoden <strong>und</strong> unter Einbeziehung geowissenschaftlicher<br />
Gr<strong>und</strong>lagenkenntnisse lösen kann. Im vorliegenden Fall wurde gezeigt, wie mit einer Vielzahl geographischer,<br />
geologischer sowie wasser- <strong>und</strong> bodenchemischer bzw. -physikalischer Daten verschiedensten<br />
Ursprungs eine flächendeckende Bewertung des Untergr<strong>und</strong>es des Stadtgebietes von Leipzig hinsichtlich<br />
seiner Aggressivität gegenüber den Rohrleitungen des Kommunalen Wasserversorgers, der<br />
KWL GmbH, durchgeführt werden kann.<br />
Dabei wurde auch deutlich, dass die aussagekräftige Projektion punktbezogener Daten in die Fläche<br />
eine besondere Herausforderung darstellt, insbesondere, wenn ein Untersuchungsgebiet geologisch so<br />
heterogen gestaltet ist, wie das Stadtgebiet von Leipzig.<br />
Die vorliegende Bodenaggressivitätskarte soll deshalb nicht als vollendetes Bewertungsinstrument<br />
verstanden werden, sondern als zukünftig fortlaufend zu qualifizierendes. Gegenwärtig findet anhand<br />
zahlreicher Rohrleitungserneuerungen die Prüfung der Bodenaggressivitätskarte auf Plausibilität statt.<br />
Die Baustellen der KWL GmbH werden jedoch auch künftig zur Proben- <strong>und</strong> Informationsgewinnung<br />
genutzt, um mittelfristig eine umfangreiche, aussagekräftige Datenbank zu entwickeln. Letztlich wird<br />
die Bodenaggressivitätskarte auch eine Neuauflage erfahren.<br />
7 Quellenverzeichnis<br />
DIN DEUTSCHES INSTI<strong>TU</strong>T FÜR NORMUNG E. V. (Ed., 1985): DIN 50929 Teil 3, Korrosionswahrscheinlichkeit<br />
metallischer Werkstoffe bei äußerer Korrosionsbelastung, Rohrleitungen <strong>und</strong> Bauteile in Böden <strong>und</strong> Wässern.<br />
– Beuth Verlag GmbH, Berlin.<br />
DIN DEUTSCHES INSTI<strong>TU</strong>T FÜR NORMUNG E. V. (Ed., 1991): E DIN 4030 Teil 2, Beurteilung betonangreifender<br />
Wässer, Böden <strong>und</strong> Gase – Entnahme <strong>und</strong> Analyse von Wasser- <strong>und</strong> Bodenproben. – Beuth Verlag GmbH,<br />
Berlin.<br />
EISSMANN, L. & LITT, T. (1994): Das Quartär Mitteldeutschlands. - Ein Leitfaden <strong>und</strong> Exkursionsführer. Mit<br />
einer Übersicht über das Präquartär des Saale-Elbe-Gebietes. – Altenburger Naturwiss. Forsch., 7: 1-458; Altenburg.<br />
FISCHER, J.; RASCHER, J.; ESCHER, D.; DUTSCHMANN, U.; KÄSTNER, S. (2005): Hydrogeologischer Atlas Stadt<br />
Leipzig, Quartäre Gr<strong>und</strong>wasserleiter 1:50.000. Amt <strong>für</strong> Umweltschutz Stadt Leipzig (Ed.).<br />
REGIERUNGSPRÄSIDIUM LEIPZIG (2007): Gr<strong>und</strong>wasserstichtagsmessung Mai 2007 Großraum Leipzig – Hydroisohypsen<br />
des Hauptgr<strong>und</strong>wasserleiters (HGWL) <strong>und</strong> des oberen Gr<strong>und</strong>wasserleiters (OGWL). – unveröff.,<br />
Regierungspräsidium Leipzig, Umweltfachbereich.
Topologische Datenbanken – Ein Konzept zur Vereinheitlichung<br />
von Geodaten<br />
Norbert Paul<br />
Geodätisches Institut Karlsruhe, KIT, Engesser Straße 7, 76131 Karlsruhe, norbert.paul@kit.edu<br />
Räumliche Daten sind stets eine Repräsentation einer Zerlegung des euklidischen Raums in endlich<br />
viele Teile <strong>und</strong> der Information, wie diese untereinander verb<strong>und</strong>en sind. Eine derartige Zerlegung im<br />
streng mathematischen Sinn erzeugt dann eine Topologie <strong>für</strong> die räumlichen Komponenten. Diese<br />
kann durch eine Relation repräsentiert <strong>und</strong> folglich als relationale Datenbank gespeichert werden,<br />
womit die so gespeicherten Daten selbst zu topologischen Räumen werden. Dadurch kann das<br />
relationale Modell unter Zuhilfenahme der Theorie der topologischen Konstruktionen erweitert<br />
werden, <strong>und</strong> die aus der relationalen Algebra bekannten Abfrageoperationen bekommen jeweils eine<br />
entsprechende räumliche Variante, welche wiederum mit Mitteln der relationalen Algebra berechnet<br />
werden kann. Diese Übertragung des relationalen Datenmodells auf topologische Daten könnte helfen,<br />
räumliche Datenhaltung zu vereinfachen <strong>und</strong> die bekannten Probleme dateibasierter Datenhaltung –<br />
insbesondere Versionskontrolle <strong>und</strong> Konvertierung zwischen unterschiedlichen Formaten –<br />
vermeiden.<br />
Spatial data is always some representation of a partitioning of the Euclidean space into a finite number<br />
of parts together with connectivity information among these parts. Such a partitioning in the strict<br />
mathematical sense then yields a topology for its components. This topology can be represented by a<br />
relation and, hence, can be stored into a relational database—thus turning spatial data itself into a<br />
topological space. Then by application of the theory of topological constructions the relational model<br />
can be extended, and each query operator from relational algebra gets its spatial counterpart which<br />
itself can be computed using relational queries. This transferring the relational model into a<br />
topological model should help to simplify spatial data storage and avoid the well-known problems of<br />
file-based data storage—in particular ease problems with version control and conversion between<br />
different formats.<br />
1 Einleitung<br />
Jedes Modell <strong>für</strong> räumliche Daten umfasst Datentypen <strong>für</strong> elementare räumliche Objekte wie Punkt,<br />
Linie, Fläche <strong>und</strong> eine Methode, die topologischen Beziehungen unter diesen elementaren Objekten zu<br />
speichern. Zudem muss stets die Geometrie dieser Objekte modelliert werden, <strong>und</strong> es ist erforderlich<br />
den Objekten weitere fachspezifische Daten, wie z.B. Materialeigenschaften, zuzuordnen. Wir wollen<br />
hier geometrische Informationen zunächst vereinfachend als weitere fachspezifische Daten auffassen<br />
<strong>und</strong> uns hier auf den topologischen Aspekt der Modellierung beschränken. Nun gibt es eine Vielzahl<br />
von Ansätzen, topologische Informationen zu speichern. So gibt es z.B. Winged-Edge, DIME,<br />
G-Maps, die topology-resources in ISO-STEP 10303-42 oder das Topologie-Schema von GML. Diese<br />
Heterogenität der Ansätze erschwert den Austausch von Daten zwischen raumbezogenen<br />
Anwendungsprogrammen (PAUL 2008).<br />
Es kann jedoch gezeigt werden, dass der sehr einfache Inzidenzgraph als topologisches Datenmodell<br />
vollständig ausreicht. Von diesem sind zwei Varianten möglich: Ein einfacher Inzidenzgraph, der<br />
topologische Beziehungen von Elementen modelliert <strong>und</strong> eine erweiterte Variante mit der die<br />
Orientierung dieser Elemente wie etwa „Vorderseite“ <strong>und</strong> „Rückseite“ ausgedrückt werden kann. Die<br />
eine Variante entspricht der mengentheoretischen Topologie während die Variante mit den<br />
Orientierungen zur algebraischen Topologie gehört. Den mengentheoretischen Inzidenzgraphen<br />
zusammen mit den noch zu definierenden Morphismen bezeichnen wir als Topologischen Datentyp,
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
die algebraische Variante hingegen als Relationalen Komplex. Die Einfachheit der Modelle erlaubt es<br />
wiederum, komplexe Operationen durchzuführen, da die Sicht auf diese nicht durch eine unnötige<br />
Komplexität des Modells selbst verstellt wird. Insbesondere werden wir hier eine topologische<br />
Variante der relationalen Algebra <strong>für</strong> topologische Datentypen vorstellen.<br />
2 Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Ein topologischer Raum ist eine Menge von Punkten zusammen mit derjenigen Menge von besonders<br />
ausgezeichneten Teilmengen, die jeden ihrer Punkte „vollständig umgeben“. Diese Teilmengen<br />
definieren (bzw. sind) die topologische Struktur des Raums.<br />
Definition (Topologischer Raum) Sein X eine Menge <strong>und</strong> TX eine Menge von Teilmengen von X. Dann<br />
bezeichnet man TX als eine Topologie <strong>für</strong> X, wenn TX folgende Eigenschaften hat:<br />
(1) Die Vereinigung jeder Teilmenge von TX ist Element von TX.<br />
(2) Der Schnitt jeder endlichen Teilmenge von TX ist Element von TX.<br />
Das Paar X = (X, TX) heißt dann topologischer Raum. Eine Menge A ∈ TX bezeichnet man als offen in<br />
(X, TX).<br />
Man beachte, dass die leere Menge als Vereinigung der leeren Menge <strong>und</strong> die Menge X als Schnitt der<br />
leeren Menge jeweils Element von TX <strong>und</strong> somit beides offene Mengen in X sind. Ein Beispiel <strong>für</strong><br />
topologische Räume ist das Paar (X, 2 X ), wobei 2 X die Potenzmenge von X bezeichnet. Jede andere<br />
Topologie <strong>für</strong> X ist eine Teilmenge von 2 X . Umgekehrt ist auch die Menge {Ø, X} eine Topologie <strong>für</strong><br />
X <strong>und</strong> diese ist wiederum selbst Teilmenge jeder Topologie <strong>für</strong> X. Jede andere Topologie <strong>für</strong> X liegt<br />
also zwischen den beiden Extremfällen 2 X , der diskreten Topologie, <strong>und</strong> {Ø, X}, der indiskreten<br />
Topologie.<br />
Der topologische Raum, der aller räumlichen Datenmodellierung zugr<strong>und</strong>e liegt, ist der euklidische<br />
Raum: Der drei- (bzw. n-) dimensionale reelle Vektorraum mit der euklidischen Abstandsfunktion<br />
d(( x,<br />
y,<br />
z),<br />
( u,<br />
v,<br />
w))<br />
− w<br />
2<br />
2 2<br />
= ( x − u)<br />
+ ( y − v)<br />
( z )<br />
(1)<br />
Seine Topologie ist durch diese Abstandsfunktion wie folgt definiert:<br />
Definition (metrische Topologie) Sei X eine Menge mit einer Abstandsfunktion (Metrik) d:X²→IR. Sei<br />
x ∈ X <strong>und</strong> r>0 eine reelle Zahl. Dann heißt die Menge K(x, r) = { k ∈ X | d(x, k) < r } die offene<br />
Kugel um x∈ X mit Radius r. Sei nun K = { K(x,r) | x ∈ X, r > 0 } die Menge aller offenen Kugeln in<br />
X. Dann ist Td, die Schnittmenge aller Topologien <strong>für</strong> X, welche K als Teilmenge enthalten, die von d<br />
induzierte Topologie <strong>für</strong> X.<br />
Man kann sich leicht überlegen, dass Td in der Tat eine Topologie ist oder dies in (HERRLICH 1986)<br />
nachlesen. Es werden hier generell keine mathematischen Aussagen bewiesen sondern jeweils auf<br />
F<strong>und</strong>stellen <strong>für</strong> Beweise verwiesen.<br />
Man beachte nun die auffällige Asymmetrie der zwei Bedingungen <strong>für</strong> Topologien: Es wird (1)<br />
gefordert, dass die Vereinigung beliebiger Teilmengen von TX Element von TX ist während (2)<br />
ähnliches nur beim Schnitt endlich großer Teilmengen von TX fordert. Wenn wir nun bei Eigenschaft<br />
(2) verstärken, erhalten wir eine <strong>für</strong> die Datenmodellierung interessante Klasse topologischer Räume:<br />
Definition (Alexandroff-Raum) Sei (X, TX) ein topologischer Raum. Dann heißt TX Alexandroff-<br />
Topologie <strong>und</strong> (X, TX) Alexandroff-Raum, wenn gilt:<br />
(2’) Der Schnitt jeder Teilmenge von TX ist Element von TX.<br />
Alexandroff-Räume haben zwei bemerkenswerte Eigenschaften: Erstens ist eine Alexandroff-<br />
Topologie durch eine Relation R⊆X×X eindeutig bestimmt <strong>und</strong> kann damit leicht als Beziehungstyp in<br />
einer relationalen Datenbank gespeichert werden. Zweitens ist die Eigenschaft (2') <strong>für</strong> endliche<br />
Mengen X stets erfüllt. Sobald wir also endliche Datenmengen speichern, haben wir auch sofort ein<br />
Verfahren, jede beliebige Topologie dazu in Form einer weiteren Relation abzuspeichern.
Norbert Paul<br />
Ein wichtiges Instrument topologischer Räume untereinander zu vergleichen sind die stetigen<br />
Abbildungen:<br />
Definition (stetige Abbildung) Seien (X, TX) <strong>und</strong> (Y, TY) zwei topologische Räume <strong>und</strong> sei f:X→Y eine<br />
Abbildung (oder Funktion). Dann heißt f stetig, wenn das Urbild f –1 (B) jeder (offenen) Menge B ∈ TY<br />
eine (offene) Menge in TX ist. Stetige Abbildungen notiert man f:(X, TX)→(Y, TY).<br />
Unter Urbild einer Menge B⊆Y bezüglich einer Abbildung f:X→Y versteht man die Menge aller<br />
Elemente x ∈ X, deren Bild f(x) Element von Y ist: f –1 (B) = { x ∈ X | f(x) ∈ Y }.<br />
Ein wichtiges Beispiel <strong>für</strong> stetige Abbildungen ist die identische Abbildung idX:X→X, die jedes<br />
Element in X auf sich selbst abbildet: idX(a) := a. Sie ist stets stetig – also idX : (X, TX)→(X, TX) – von<br />
einem topologischen Raum (X, TX) zu sich selbst. Dabei müssen die Topologien im Definitions- <strong>und</strong><br />
im Wertebereich übereinstimmen.<br />
Stetige Abbildungen haben nun folgende Eigenschaften:<br />
Satz (Stetige Abbildungen sind Morphismen) Seien W, X, Y <strong>und</strong> Z topologische Räume <strong>und</strong> f:W→X,<br />
g:X→Y <strong>und</strong> h:Y→Z stetige Abbildungen. Dann ist die Abbildungskomposition g○f:W→Y mit<br />
g○f(x) = g(f(x)) ebenfalls eine stetige Abbildung, <strong>und</strong> es gilt h○(g○f) = (h○g)○f <strong>und</strong> idX○f = f = f○idW.<br />
Damit lassen sich nun topologische Räume vergleichen <strong>und</strong> der Begriff „topologische Eigenschaft“<br />
definieren:<br />
Definition (Homöomorphismus) Seien X <strong>und</strong> Y zwei topologische Räume <strong>und</strong> sei f:X→Y eine stetige<br />
Abbildung. Dann heißt f Homöomorphismus, falls es eine stetige Abbildung g:Y→X zurück gibt, so<br />
dass gilt g○f = idX <strong>und</strong> f○g = idY. Zwei topologische Räume heißen homöomorph, falls ein<br />
Homöomorphismus zwischen ihnen existiert.<br />
Jede Eigenschaft, die zwei topologische Räume soweit unterscheidet, dass sie nicht homöomorph<br />
zueinander sind, ist eine topologische Eigenschaft.<br />
Wir haben also einerseits den unendlichen euklidischen Raum mit seiner Topologie <strong>und</strong> andererseits<br />
wollen (<strong>und</strong> können) wir endliche topologische Räume speichern. In welcher Beziehung stehen nun<br />
diese beiden Räume? Zunächst beobachten wir, dass beim räumlichen Modellieren der euklidische<br />
Raum in endlich viele Teile zerlegt wird:<br />
Definition (Zerlegung) Sei X eine Menge <strong>und</strong> Q eine Menge von Teilmengen von X. Dann heißt Q<br />
Zerlegung von X, falls je zwei Mengen in Q entweder gleich oder disjunkt sind <strong>und</strong> die Vereinigung<br />
von Q gleich X ist.<br />
Dann gibt es zu jedem Punkt a in X eine eindeutig bestimmte Teilmenge [a] ∈ Q, die a enthält, also<br />
eine Abbildung π:X→Q, π(a)=[a]. Wir haben nun also eine Abbildung, die von einem topologischen<br />
Raum X in eine Menge Q geht, aber wir haben keine Topologie <strong>für</strong> Q. Nun suchen wir eine solche<br />
Topologie, die möglichst mit der Topologie von X übereinstimmt <strong>und</strong> π stetig macht:<br />
Definition (Finaltopologie) Sei X = (X, TX) ein topologischer Raum, Y eine Menge <strong>und</strong> f:X→Y eine<br />
Abbildung. Dann ist Tf = { B×Y | f - –1 (B) ∈ TX } eine Topologie <strong>für</strong> Y, die Finaltopologie bezüglich X<br />
<strong>und</strong> f.<br />
Die Finaltopologie einer Zerlegung heißt auch Quotiententopologie. Es gibt auch noch die duale<br />
Situation der initialen Topologie <strong>und</strong> die Verallgemeinerung <strong>für</strong> mehrere Räume <strong>und</strong> Abbildungen die<br />
simultan auf eine Menge einwirken. Dies ist Gr<strong>und</strong>lage der Theorie der topologischen Konstruktionen<br />
(HERRLICH 1986. S. 87ff) <strong>und</strong> wird später benutzt, um die Operatoren der relationale Algebra auf<br />
topologische Räume zu erweitern.<br />
Beispiel (Kanten <strong>und</strong> Knoten) Wir zerlegen die reelle Gerade IR in drei offene Intervalle <strong>und</strong> zwei<br />
Punkte<br />
a = ]-∞,-1[ , b = ]-1,+1[, c = ]+1,+∞[<br />
p = {-1}, q = {+1}.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Wir haben also die Abbildung<br />
⎧ a : x < −1<br />
⎪<br />
{ x}<br />
π ( x)<br />
= ⎨<br />
⎪ c<br />
⎪<br />
⎩ b<br />
:<br />
:<br />
:<br />
| x | = 1<br />
x > + 1<br />
sonst<br />
(2)<br />
Man beachte, dass stets gilt: x ∈ π(x). Dann entsteht folgende Topologie Tπ <strong>für</strong> {a,b,c,p,q}:<br />
Tπ = {{}, a, b, c, apb, bqc, ab, ac, abqc, bc, apbc, abc, apbqc}, wobei ein Wort wie z.B. apb <strong>für</strong> die<br />
Menge {a, p, b} steht. Man beachte, dass z.B. jede offene Menge, die den Punkt p enthält auch den<br />
Punkt b enthält. Dies drückt aus, dass die Kante b von p begrenzt wird. Analoges gilt <strong>für</strong> die<br />
Beziehung von Punkt q zu den Kanten b <strong>und</strong> c.<br />
3 Topologische Datentypen <strong>und</strong> -banken<br />
Wir werden zunächst etwas alten Wein in neue Schläuche füllen <strong>und</strong> später dann sehen, dass dabei in<br />
der Tat etwas Neues herauskommt:<br />
Definition (Topologische Datenbank) Sei X eine Menge <strong>und</strong> R⊆X×X eine Relation auf X. Dann<br />
bezeichnen wir das Paar (X, R) als topologischen Datentyp. Eine Familie {(X1, R1), … , (Xn, Rn)} von<br />
topologischen Datentypen bezeichnen wir als topologische Datenbank.<br />
Dies ist bisher nur eine neuer Namen <strong>für</strong> „einfacher gerichteter Graph“, hier aber interpretiert als<br />
topologischer Raum. Die Menge X entspricht dabei der Punktmenge <strong>und</strong> die Topologie wird durch die<br />
Relation R wie folgt definiert:<br />
Definition (Von Relation erzeugte Topologie) Sei X eine Menge <strong>und</strong> R⊆X×X eine Relation auf X.<br />
Dann ist die Menge TR = { A ⊆ X | x R a <strong>und</strong> a ∈ A ⇒ x ∈ A } eine Topologie <strong>für</strong> X, die wir als die<br />
von R erzeugte Topologie bezeichnen.<br />
Dies ist in der Tat eine Topologie <strong>und</strong> umgekehrt wird jede Alexandroff-Topologie T von einer<br />
derartigen Relation erzeugt (PAUL 2010). Eine weitere Rechtfertigung <strong>für</strong> das „Umbenennen“ der<br />
simplen gerichteten Graphen in „topologische Datentypen“ ist die relationale Entsprechung der<br />
stetigen Abbildungen, die wir hier als stetige Datenbankabbildungen bezeichnen.<br />
Definition (stetige Datenbankabbildung) Seien (X, R) <strong>und</strong> (Y, S) zwei topologische Datentypen <strong>und</strong> sei<br />
f:X→Y eine Abbildung. Dann heißt f stetige Datenbankabbildung, wenn gilt: a R b ⇒ f(a) S * f(b).<br />
Analog zur Konvention bei den stetigen Abbildungen notieren wir stetige Datenbankabbildungen mit<br />
f:(X, R)→(Y, S).<br />
Dabei ist S * die transitive <strong>und</strong> reflexive Hülle von S: Zwei Punkte a <strong>und</strong> b stehen in dieser Relation<br />
a S * b, wenn es einen gerichteten Pfad a = y1 S … S yn = b von a nach b in S gibt, insbesondere gilt<br />
a S * a <strong>für</strong> jeden Punkt a. Man kann zeigen, dass (1) die stetigen Datenbankabbildungen genau die<br />
stetigen Abbildungen zwischen Alexandroff-Räumen sind <strong>und</strong> dass (2) Stetigkeit im Allgemeinen das<br />
Berechnen der transitiven Hülle (manchmal auch „rekursiver Verb<strong>und</strong>“ genannt) erfordert. Mit<br />
„Datenbankabbildung“ meinen wir jede Art von Beziehung zwischen Relationen einer relationalen<br />
Datenbank, die eine Abbildungen bilden, also etwa 1:n Fremdschlüsselbeziehungen oder – ganz<br />
wichtig – die Beziehung zwischen den Eingaberelationen <strong>und</strong> der Ausgaberelation einer<br />
Datenbankabfrage.<br />
4 Topologische relationale Algebra<br />
Man kann durch eine Abbildung nicht nur die Topologie des Definitionsbereichs auf den Wertebereich<br />
als Finaltopologie übertragen sondern auch in umgekehrter Richtung die Topologie aus den<br />
Wertebereich rückwärts in den Definitionsbereich „ziehen“. Beides wird nun verwendet, um die<br />
Gr<strong>und</strong>operatoren der relationalen Algebra in topologische Konstruktionen zu überführen. Als derartige<br />
Gr<strong>und</strong>operatoren betrachtet man üblicherweise (CODD 1990):<br />
• Selektion: Auswahl gewisser Datensätze (Zeilen einer Tabelle)
Norbert Paul<br />
• Projektion: Auswahl von Attributen (Spalten einer Tabelle)<br />
• Umbenennung: Änderung von Attribut- oder Tabellennamen<br />
• Kartesisches Produkt: Alle Kombinationen aller Datensätze aus mehreren Tabellen<br />
• Vereinigung: Zusammenfassen von Tabellen deren Schemata kompatibel sind<br />
• Schnittmenge von Tabellen mit kompatiblen Schemata<br />
• Mengendifferenz von Tabellen mit kompatiblen Schemata<br />
Zu jeder dieser Gr<strong>und</strong>operationen gibt es eine oder mehrere Abbildungen zwischen den<br />
Eingaberelationen <strong>und</strong> der Ausgaberelation. Handelt es sich bei den Eingabedaten um topologische<br />
Datentypen, haben wir also stets die Möglichkeit, eine Topologie <strong>für</strong> die Ausgaberelation zu<br />
berechnen. Wir werden hier nun <strong>für</strong> jede der obigen Gr<strong>und</strong>operation aus der relationalen Algebra eine<br />
Relation angeben, welch die Topologie <strong>für</strong> das Abfrageergebnis definiert. Wir notieren diese<br />
topologische Variante eines Operators durch Unterstreichung.<br />
Definition (topologische Selektion) Sei (X, R) ein topologischer Datentyp <strong>und</strong> P ein Prädikat <strong>für</strong> die<br />
Elemente (Datensätze) in X. Dann bezeichnet σP(X) die Menge (Tabelle) der Datensätze von X, die das<br />
Prädikat P erfüllen, also σP(X) = { x ∈ X | x erfüllt P }. Ohne Einschränkung sei R eine Tabelle in der<br />
jeder Datensatz r = (x1, x2) in R aus zwei Kopien von Datensätzen x1, x2 in X besteht. Dann ist die<br />
topologische Selektion definiert als<br />
σP(X, R) = ( σP(X), R + ∩ σP(X)×σP(X) ).<br />
Die obige Annahme <strong>für</strong> R wäre natürlich ein grober Verstoß gegen die Prinzipien des<br />
Datenbankentwurfs, würde R in der Tat in dieser Form abgespeichert werden. Sie dient nur dazu, die<br />
Definition zu vereinfachen <strong>und</strong> auf die Angabe der sonst zusätzlich notwendigen Verb<strong>und</strong>operationen<br />
verzichten zu können.<br />
Die Inzidenzrelation der Selektion ist initial bezüglich der Inklusionsabbildung<br />
iP:σP(X) → X; iP (x) := x,<br />
die jeden Datensatz in der Ergebnistabelle auf sein Original in der Eingabetabelle abbildet. Die<br />
entsprechende Topologie heißt auch Spurtopologie oder Teilraumtopologie. Sie kann im Allgemeinen<br />
nicht ohne Verwendung der transitiven Hülle berechnet werden (BRADLEY & PAUL 2010).<br />
Widmen wir uns der nächsten Operation:<br />
Definition (topologische Projektion) Sei (X, R) ein topologischer Datentyp <strong>und</strong> A eine Teilmenge der<br />
Attribute von X. Dann ist πA(X) die Menge der Datensätze πA(x), die aus x ∈ X entstehen, wenn man<br />
nur Attributwerte <strong>für</strong> Attribute, die in A vorkommen, verwendet. Wir unterstellen wieder, R bestünde<br />
aus Paaren von Datensätzen in X, <strong>und</strong> definieren die topologische Projektion<br />
πA(X, R) = ( πA(X), πA×πA(R) ),<br />
mit πA×πA(R) := { (πA(a), πA(b)) | a R b }.<br />
Diese Operation kommt ohne transitive Hülle aus, da sie eine Finaltopologie <strong>für</strong> πA(X) berechnet.<br />
Die Umbenennung können wir übergehen, da in einem realistischen Datenbankentwurf die<br />
Inzidenzrelation der Eingaberelation <strong>für</strong> das Ergebnis einfach mitverwendet werden kann.<br />
Das kartesische Produkt ist ein interessanter Sonderfall einer Initialtopologie.<br />
Definition (relationaler Produktraum) Seien (X, R) <strong>und</strong> (Y, S) topologische Datentypen (mit disjunkten<br />
Attributmengen). Dann ist X×Y das kartesische Produkt der Mengen X <strong>und</strong> Y, die Tabelle, die entsteht,<br />
wenn wir je einen Datensatz x in X mit je einem Datensatz y in Y zu einem großen Datensatz xy<br />
zusammenhängen. Dann ist der relationale Produktraum definiert durch<br />
(X, R)×(Y, S) = ( X×Y, ∆X⊗S ∪ R⊗∆Y).<br />
Hier ist ∆X⊗S die Relation {((x,a) (x,b)) | x ∈ X, a S b} <strong>und</strong> analog ist R⊗∆Y die Relation<br />
{((a,y), (b,y)) | a R b, y ∈ Y}.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Die Inzidenzrelation des Produktraums erzeugt die Produkttopologie. Sie ist die Initialtopologie der<br />
zwei Projektionsabbildungen π1(x,y) = x <strong>und</strong> π2(x,y) = y, kann jedoch ohne transitive Hülle berechnet<br />
werden.<br />
Kommen wir nun zu den mengentheoretischen Operationen Vereinigung <strong>und</strong> Schnitt. Zwei Relationen<br />
sind vereinigungskompatibel, wenn sie das gleiche Relationenschema haben.<br />
Definition (Vereinigung <strong>und</strong> Schnitt topologischer Datentypen) Seien (X, R) <strong>und</strong> (Y, S) zwei<br />
vereinigungskompatible topologische Datentypen. Dann sind deren Vereinigung <strong>und</strong> Schnitt definiert<br />
durch<br />
(X, R)∪(Y, S) = (X∪Y, R∪S) <strong>und</strong> (X, R)∩(Y, S) = (X∩Y, R + ∩S + ).<br />
Bei der Vereinigung können wir also die Inzidenzrelationen ebenfalls einfach vereinigen, während wir<br />
beim Schnitt zuvor noch deren transitive Hüllen berechnen müssen.<br />
Da uns so alle Gr<strong>und</strong>operatoren der relationalen Algebra <strong>für</strong> die topologischen Datenbanken zur<br />
Verfügung stehen, haben wir ein relational vollständiges Abfragesystem.<br />
5 Dimension<br />
Es gibt keine allgemein verbindliche Definition von „topologischer Dimension“ sondern eine eigene<br />
Dimensionstheorie mit mehreren alternativen Definitionen <strong>für</strong> „Dimension“ (ENGELKING 1995). Für<br />
die topologischen Datenbanken schlagen wir folgenden Dimensionsbegriff vor:<br />
Definition (Dimension Topologischer Datentypen) Sei (X, R) ein topologischer Datentyp. Ohne<br />
Einschränkung sein R irreflexiv. Falls R azyklisch ist, dann ist dim(X, R) wie folgt rekursiv definiert:<br />
dim ∅ = –1<br />
dim(X, ∅) = 0<br />
dim(X, R) = 1 + dim(X, {(b,c) ∈ R | Es gibt ein (a,b) ∈ R}) .<br />
Diese Dimension entspricht der maximalen Länge eines gerichteten Pfades im Graph (X, R), <strong>und</strong> sie<br />
entspräche auch genau der sogenannten kleinen induktiven Dimension (ENGELKING 1995), wenn man<br />
deren Definition auf die Alexandroff-Räume ausweitete. Sie deckt sich auch mit dem, was durch<br />
räumliche Datenmodellierung beabsichtigt ist. Zur Modellierung von 3D-Modellen benötigt man<br />
topologische Datentypen von Dimension 3, bei 4D Raum-Zeit-Modellen ist deren Dimension 4.<br />
6 Komplexe<br />
Mit topologischen Datentypen allein wird keine Information über eine Orientierung ihrer Elemente<br />
gespeichert. So hat z.B. eine Kante e, die von zwei Punkten a <strong>und</strong> b begrenzt ist, als topologischer<br />
Datentyp zunächst keine Richtung. Um eine Orientierung festzulegen, etwa „e verläuft von a nach b“,<br />
können wir die Inzidenzrelation um ein Vorzeichen erweitern, hier z.B. zu {(e,a,–1), (e,b,+1)}:<br />
Definition(Relationaler Komplex) Eine Folge Xn, … X0 von Mengen <strong>und</strong> eine Folge Rn, … R1 von<br />
partiellen Abbildungen Ri :⊆ Xi×Xi–1 → ZZ, aufgefasst als partielle Xi×Xi–1 -Ganzzahlmatrizen, heißt<br />
relationaler Komplex von Dimension n, wenn <strong>für</strong> alle i = 2 … n das partielle Matrixprodukt Ri·Ri–1<br />
nur Nullwerte enthält.<br />
Das partielle Matrixprodukt Ri·Ri–1 :⊆ Xi×Xi–2 → ZZ ist dabei definiert durch<br />
( x, z)<br />
= R ( x, y)<br />
⋅ R ( y, z)<br />
Ri ⋅ Ri−1<br />
∑ i<br />
i−1<br />
<strong>für</strong> alle (x,z) in Xi×Xi–2.<br />
y∈Xi<br />
−1<br />
Es wird dabei nur über die y-Werte in Xi–1 aufsummiert, <strong>für</strong> die es einen (x,y)-Eintrag in Ri <strong>und</strong> einen<br />
(y,z)-Eintrag in Ri–1 gibt. Anstelle der sonst üblichen Festlegung ∑x ∈ ∅ = 0 legen wir hier fest, dass die<br />
Summe über die leere Menge nicht definiert ist.<br />
Die Forderung, dass diese Matrixprodukte nur Nullwerte enthalten dürfen, entspricht der<br />
f<strong>und</strong>amentalen Eigenschaft von Komplexen in der Algebraischen Topologie: Der Rand des Randes ist<br />
null (HATCHER 20<strong>02</strong>), denn „läuft“ zyklisch um das Element „herum“ <strong>und</strong> hat somit selbst keinen<br />
Rand, wie etwa die Randlinie um eine Fläche oder die Oberfläche um ein Volumen.
Norbert Paul<br />
Damit können topologische Komplexe ebenfalls als relationalen Datenbanken modelliert werden. Es<br />
ist dabei möglich, die Mengen Xi in einer einzigen Relation zu speichern <strong>und</strong> die Dimension i der<br />
Elemente durch ein Dimensionsattribut zu kennzeichnen. Die Dimension des modellierten Raums<br />
ändert sich dann dynamisch mit den Daten. Die Alternative, jeweils eine Tabelle pro Dimension, ist<br />
auch möglich, fixiert dann eine obere statische (wenn auch beliebig große) Dimensionsgrenze <strong>und</strong><br />
entspricht im Wesentlichen den klassischen Vertex–Edge–Face–Volume Schemata in 3D-Modellen.<br />
Die höhere Flexibilität beim Modellieren spricht <strong>für</strong> die dynamische Variante, insbesondere bei der<br />
Raum-Zeit-Modellierung. Außerdem ist es bei nur einem Entitätstyp leichter, stetige Abbildungen<br />
zwischen Räumen zu modellieren um z.B. Objektreferenzen zwischen verschiedenen<br />
Verfeinerungsstufen (LOD, Levels of Detail) darzustellen.<br />
7 Anwendungsskizze<br />
Wir wollen hier nun ein einfaches topologisches Datenbankschema <strong>für</strong> geologische Daten skizzieren,<br />
weniger um einen konkreten Vorschlag <strong>für</strong> ein derartiges Schema zu machen sondern vielmehr als<br />
Illustration der Möglichkeiten des topologischen Modells. Dieses Schema ist generisch gehalten <strong>und</strong><br />
könnte in ähnlicher Form auch <strong>für</strong> andere raumspezifische Anwendungen Verwendung finden. Wir<br />
werden hier ein relationales Schema angeben – dessen Implementierung als objektorientiertes<br />
Datenbankschema steht natürlich nichts entgegen.<br />
Zunächst ist die Menge der Räume zu spezifizieren:<br />
Raum(id, name, …, projekt, …)<br />
Jeder Raum hat eine id, einen Namen <strong>und</strong> weitere Attribute wie etwa die Zuordnung zu einem Projekt,<br />
etc. Wir kennzeichnen Primärschlüssel (hier Raum.id) durch Unterstreichung.<br />
Ein wichtiges Attribut ist etwa, ob der Raum durch tatsächliche Erhebung (Sample, z.B. Bohrung,<br />
Seismik) oder durch Modellierung („Geofantasie“) entstanden ist.<br />
Für die nun folgende Modellierung sollte ein räumliches DBMS (DatenBankManagementSystem)<br />
Standardkonstrukte <strong>und</strong> -abfragen anbieten <strong>und</strong> einige der hier dargestellten Aspekte verbergen:<br />
Jeder Raum unterliegt einer Versionsgeschichte. Dies ist nichts anderes als ein gerichteter Graph bzw.<br />
eine Familie von gerichteten Graphen, indiziert durch Raum-Objekte.<br />
Version(raum:Raum.id, nr, … , datum, bearbeiter, …)<br />
VersionsHistorie(raum, von, nach)<br />
VersionsHistorie hat Fremdschlüssel (raum, von) → Version(raun, nr) <strong>und</strong> (raum, nach) →<br />
Version(raum, nr).<br />
Die Notation attribut:Tabelle.att kennzeichnet, dass attribut an einer Fremdschlüsselbeziehung zum<br />
Attribut att der Tabelle Tabelle teilnimmt. Wir werden von nun an Fremdschlüsselbeziehungen<br />
andeuten, indem Attributnamen dem Namen der referenzierten Relation gleichen. Wir schreiben also<br />
kurz „raum“ statt „raum:Raum.id“<br />
Zunächst ermöglichen wir mehrere Detaillierungsstufen (Levels Of Detail) <strong>für</strong> einen Raum:<br />
LOD(raum, id, verfeinert:LOD, maszstab, … )<br />
mit Fremdschlüssel (raum, verfeinert) -> LOD(raum, id)<br />
Kommen wir zum eigentlichen topologischen Modell: der topologische Datentyp 〈Objekt, Rand〉 <strong>für</strong><br />
die Ausprägung der Räume. Diesen bauen wir hier schrittweise als Relationalen Komplex mit<br />
dynamischer Dimension auf:<br />
Objekt0(id, dim, … ),<br />
Rand0(zelle:Object, rand:Object, seite:Integer).<br />
Wenn wir <strong>für</strong> jedes Objekt den zugeordneten Raum, das LOD <strong>und</strong> die Version zuordnen, erhalten wir<br />
Objekt1(raum, lod, version, id, dim,… ),<br />
Rand1(raum, lod, zver, zelle, frver, rand, seite).
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Wobei mit den Attributen „Rand.raum“ <strong>und</strong> „Rand.lod“ über die Fremdschlüsselbeziehungen<br />
(raum,lod,zver,zelle)→Objekt <strong>und</strong> (raum,lod,frver,rand)→Objekt (jeweils auf den Primärschlüssel<br />
von Objekt) die Inzidenzrelation realisiert wird. Damit haben wir eine Familie von disjunkten<br />
topologischen Räumen, mit Raum×LOD als Indexmenge. Die Inzidenzrelation ist<br />
versionsübergreifend, um bei lokalen Änderungen nicht große unveränderte Bereiche red<strong>und</strong>ant<br />
kopieren zu müssen. Dies erfordert aber, zu definieren, welches Objekt durch ein neueres Objekt<br />
ersetzt wird. Eine der Möglichkeiten ist, Objekten mit einem Attribut maxver:Version, eine Art<br />
Verfallsdatum, zuzuordnen:<br />
Objekt2(raum,lod,version,maxver,id, dim,… ).<br />
Um die Detaillierungsstufen untereinander in Beziehung zu setzen, werden Attribute „spezialisiert“,<br />
„version“ <strong>und</strong> „grLOD“ („gröberer LOD“) definiert <strong>und</strong> das endgültige Objektschema ist:<br />
Objekt(raum,lod,version,maxver,id, dim, spezialisiert, grLOD, version, … )<br />
Dabei ist die Beziehung zwischen zwei Detaillierungsstufen ein stetiger <strong>und</strong> monotoner (siehe<br />
KURATOWSKI 1968) Fremdschlüssel vom feineren zum gröberen Raum. Es ist auch möglich, ein<br />
Schema zu definieren, anhand dessen lokale Verfeinerungen möglich sind, etwa durch eine LODübergreifende<br />
Inzidenzrelation analog zu den Versionen.<br />
Schließlich unterstellen wir vereinfachend eine polyedrische (bzw. polytope) Struktur <strong>und</strong> speichern<br />
nur die Punktkoordinaten als Entitätstyp Vertices(id, x,y,z,t). Dieser steht mit Objekten von Dimension<br />
0 in einer 1:1 Beziehung. Das t-Attribut steht <strong>für</strong> den Zeitpunkt des Vertex im Falle einer 4D<br />
Modellierung. Es kann bei 3D-Modellen entfallen.<br />
8 Zusammenfassung<br />
Die topologischen Datentypen sind eine sehr einfache Struktur <strong>und</strong> in jedem räumlichen Datenmodell<br />
implizit vorhanden, oft jedoch durch weitere, häufig sehr komplexe, Strukturen verdeckt. Die<br />
Einfachheit der topologischen Datentypen kann helfen, die Gesamtkomplexität eines räumlichen<br />
Domänenmodells ohne Funktionsverlust zu reduzieren bzw. bei gleichbleibender oder sogar<br />
geringerer Komplexität mehr Funktionalität, wie etwa räumliche Versionierung, raumzeitliche <strong>und</strong><br />
höherdimensionale Modellierung <strong>und</strong> eine Hierarchie von Detaillierungsgraden, in das Modell zu<br />
integrieren. Die formale Spezifikation einer räumlichen Abfragesprache würde zudem ermöglichen,<br />
viele Funktionen als Standard an ein künftiges räumliches bzw. raumzeitliches DBMS zu delegieren<br />
<strong>und</strong> die Anwendungsprogramme von diesen Aufgaben zu entlasten. Insbesondere können dann<br />
mehrere unterschiedliche Anwendungen auf einen gemeinsamen Datenbestand zugreifen – die Daten<br />
wären also von den Anwendungsprogrammen entkoppelt.<br />
9 Literatur<br />
BRADLEY, P. E. & PAUL, N. (2010): Using the Relational Model to Capture Topological Information of Spaces –<br />
The Computer Journal 53: 69 — 89.<br />
CODD, E. F. (1990): The Relational Model for Database Management – Addison-Wesley.<br />
ENGELKING, R. (1995): Theory of Dimensions, Finite and Infinite – Heldermann, Lemgo.<br />
HATCHER, A. (20<strong>02</strong>): Algebraic Topology – Cambridge University Press.<br />
HERRLICH, H. (1986): Topologie 1 : Topologische Räume – Heldermann, Berlin.<br />
KURATOWSKI, K. (1968): Topology, Band II – Acad.Pr., 1968.<br />
PAUL, N. (2010): Basic Topological Notions and their Relation to BIM – In: UNDERWOOD, J.& ISIKDAG, U. (Hg):<br />
Handbook of Research on Building Information Modeling and Construction Informatics – Information Science<br />
Reference.
Einarbeitung neuer Informationen in das 3D-Modell des<br />
Geotektonischen Atlas <strong>für</strong> den deutschen Nordsee-Sektor<br />
C. Schmidt, K. Lademann<br />
Landesamt <strong>für</strong> Bergbau, Energie <strong>und</strong> Geologie, Hannover<br />
Kurzfassung<br />
Am Landesamt <strong>für</strong> Bergbau, Energie <strong>und</strong> Geologie (LBEG) wird derzeit ein geologisches 3D-Modell<br />
aus den Daten des Geotektonischen Atlas von Nordwestdeutschland <strong>und</strong> dem deutschen Nordsee-<br />
Sektor (Kockel et al. 1995, Baldschuhn et. al. 2001) flächendeckend <strong>für</strong> Niedersachsen <strong>und</strong> die<br />
Deutsche Nordsee erstellt.<br />
Der Geotektonische Atlas (GTA) entstand auf der Gr<strong>und</strong>lage von Seismik- <strong>und</strong> Bohrungsdaten der<br />
Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasindustrie. Er beschreibt ausgewählte Horizonte des tieferen Untergr<strong>und</strong>es in<br />
zweidimensionalen Isolinienplänen, Karten <strong>und</strong> Profilschnitten.<br />
Für den Bereich der Deutschen Nordsee wird der Geotektonische Atlas durch das LBEG im Rahmen<br />
des Gemeinschaftsprojektes "Geopotenzial Deutsche Nordsee" (GPDN), an dem die B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong><br />
Geowissenschaften <strong>und</strong> Rohstoffe (BGR), das LBEG sowie das B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt <strong>und</strong><br />
Hydrographie (BSH) beteiligt sind, seit Mai 2009 dreidimensional modelliert. Der Bereich des<br />
sogenannten Entenschnabels, <strong>für</strong> den keine Informationen im GTA vorliegen, wird auf Basis neuerer<br />
Daten in enger Zusammenarbeit mit der BGR im Projekt GPDN neu bearbeitet.<br />
In dem Vortrag wird die bereits abgeschlossene Umsetzung des GTA <strong>für</strong> den Bereich der Deutschen<br />
Nordsee vorgestellt. Der Geotektonische Atlas wurde möglichst eins zu eins umgesetzt. Dabei wurden<br />
topologische Fehler, wie zum Beispiel Flächendurchdringungen, mit abgebildet. Die Rekonstruktion<br />
der Raumlage, der zu den Störungsspuren gehörigen Störungsflächen, war auf Gr<strong>und</strong>lage der Daten<br />
des GTA nicht möglich. Mit Hilfe neuer Daten sollen Fehler beseitigt <strong>und</strong> die Störungsflächen<br />
modelliert werden, wenn die da<strong>für</strong> notwendige 3D-Seismik vorliegt (Abb. 1).<br />
Abb.1: Ausschnitt aus einer 3D-Seismik mit interpretierten Störungen <strong>und</strong> einem interpretierten Horizont.<br />
Des Weiteren wird gezeigt wie neu interpretierte Daten (3D- <strong>und</strong> 2D Seismik sowie Bohrungen) zur<br />
Modellierung der geologischen Horizonte im Entenschnabel genutzt werden. Besonders in diesem
C. Schmidt + K. Lademann<br />
Bereich liegt eine große Dichte von 3D-Surveys vor, was eine schlüssige Störungsflächen- <strong>und</strong><br />
Horizontmodellierung ermöglicht.<br />
Referenzen<br />
BALDSCHUHN, R., BINOT, F., FLEIG, S. & KOCKEL, F. (2001): Geotektonischer Atlas von<br />
Nordwestdeutschland <strong>und</strong> dem deutschen Nordsee-Sektor: Strukturen, Strukturentwicklung,<br />
Paläogeographie. - Geol. Jb., A153: 88 S.; Stuttgart (Schweizerbart).<br />
KOCKEL, F., BALDSCHUHN, R., BEST, G., BINOT, F., FRISCH, U., GROSS, U., JÜRGENS, U., RÖHLING,<br />
H.-G., SATTLER-KOSINOWSKI, S. (1995): Structural and palaeogeographical development of the<br />
german north sea sector. - Beiträge zur Regionalen Geologie der Erde, 96 S.; Berlin - Stuttgart<br />
(Gebrüder Bornträger)
Landesweite hydrogeologische 3D-Datenbank Sachsens<br />
B. Torchala 1 , S. Etzold 1 , C. Block 2 , J. Richter 2<br />
Beak Consultants GmbH, Am St. Niclas Schacht 13, 09599 Freiberg 1 (bernd.torchala@beak.de, 03731<br />
781 358)<br />
Sächsisches Landesamt <strong>für</strong> Umwelt, Landwirtschaft <strong>und</strong> Geologie, Halsbrücker Str. 31a, 09599 Freiberg<br />
2<br />
Im Rahmen mehrerer Projekte wurde eine 3D-Datenbank des hydrogeologischen Aufbaus des Landes<br />
Sachsen realisiert. Dieses Projekt verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele:<br />
Praktikable <strong>und</strong> konsistente („wasserdichte“) Speicherung der Geometrien hydrogeologischer Körper<br />
als landesweiter Bestand in einer Datenbank sowie schnelle Visualisierung durch Schnittgenerierung.<br />
Ziel 1 wird unter anderem durch die Implementierung des kompletten Workflows realisiert. Für Ziel 2<br />
gibt es eine ArcGIS-Erweiterung, welche sehr umfangreiche Funktionen bereitstellt.<br />
Mit dem implementierten Datenmodell wird das Erreichen beider Ziele, topologische Konsistenz <strong>und</strong><br />
Performance, ermöglicht. Es ist darüber hinaus sehr einfach <strong>und</strong> offen. Hydrogeologische Körper,<br />
Störungen usw. treten dem Anwender als Einheit von 3D-Daten, GIS-Daten <strong>und</strong> Sachdaten entgegen.<br />
Derzeit wird unter anderem an Schnittstellen <strong>für</strong> die 3D-Visualisierung mit GOCAD <strong>und</strong> GEOCAN-<br />
DO sowie an einer interoperablen Exportschnittstelle gearbeitet.<br />
Design and Development of the Countrywide Hydrogeological 3D Database of Saxony:<br />
In the scope of several projects, a 3D database was realised. The two main targets of the projects are:<br />
consistent storage of 3D-geometry and attributes of all hydrogeological bodies of the whole<br />
federal state of Saxony, Germany as well as<br />
fast visualisation by creating cross sections.<br />
Target 1 was succeeded by implementing a complex workflow. To succeed target 2, an ArcGIS-<br />
Extension for visualization of 3D data and factual data was created.<br />
The implemented data model allows the topological correct storage and best performance to construct<br />
cross sections. Furthermore it is quite simple and open for further interfaces.<br />
Especially the links between 3D, GIS and factual data assures the consistent data storage.<br />
Further functions and modules are currently being developed, e.g. an interface to 3D modelling systems<br />
(here: GOCAD) and 3D visualisation software (here: GEOCANDO).<br />
1 Umfeld des Projektes <strong>und</strong> Aufgabenstellung<br />
Das Sächsische Landesamt <strong>für</strong> Umwelt, Landwirtschaft <strong>und</strong> Geologie (LfULG) hat die Aufgabe, <strong>für</strong><br />
ein Fachinformationssystem Hydrogeologie (FIS HyG) ein hydrogeologisches 3D-Modell <strong>für</strong> Sachsen<br />
zu erstellen. Maß <strong>für</strong> die geforderte Detailliertheit ist eine Rasterweite von 50m.<br />
Mit der Modellierung werden blattschnittweise Ingenieurbüros beauftragt.<br />
In der Vergangenheit wurden die Modellierungsergebnisse in Form von ESRI-GRIDs abgespeichert.<br />
Die Generallegende besteht aus einer MS Access-Datenbank.<br />
Ziel des aktuellen Projektes ist eine datenbankbasierte Speicherung des 3D-Modells. Neben der Verwaltung<br />
der Körper <strong>und</strong> 3D-Flächen in einer Datenbank sind auch die technische Modernisierung der
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
hydrogeologischen Legende sowie die Speicherung von 2D-Daten wie Verbreitung <strong>und</strong> Ausstrich in<br />
einer GIS-Datenbank Inhalt des Projektes.<br />
Hieraus ergeben sich die folgenden Schwerpunktanforderungen des Projektes:<br />
1. Datenbankbasierte Speicherung von hydrogeologischen Körpern, so dass eine möglichst<br />
schnelle <strong>und</strong> unkomplizierte Visualisierung z. B. in achsenparallelen Schnitten möglich ist.<br />
2. Gewährleistung der topologischen Korrektheit der hydrogeologischen Körper, d. h. keine Lücken<br />
<strong>und</strong> keine Überschneidungen.<br />
3. Ermöglichen einer gebietsweisen Überarbeitung / Fortführung der Daten (vor allem der 3D<strong>und</strong><br />
der GIS-Daten)<br />
4. Schaffung der technischen Mittel zur Speicherung <strong>und</strong> fachlichen Administration einer sauber<br />
hierarchisch gegliederten hydrogeologischen Legende.<br />
Die Lösung der gestellten Aufgaben beruht auf:<br />
1. Einem einfachen <strong>und</strong> offenen relationalen Datenmodell mit den Teilen Sachdaten, GIS-Daten<br />
(2D) <strong>und</strong> 3D-Daten.<br />
2. Einem Workflow <strong>für</strong> die Pflege <strong>und</strong> Verbreitung der Legende sowie aller weiteren Schlüsseltabellen<br />
<strong>und</strong> vor allem <strong>für</strong> die Modellierung, die Prüfung <strong>und</strong> den Import der Modellierungsergebnisse<br />
3. Eine erweiterbare Reihe von Werkzeugen vor allem <strong>für</strong> die Auswertung/Visualisierung der<br />
3D-Datenbank <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Export <strong>für</strong> 3D-Viewer usw.<br />
2 3D-Datenbank<br />
Anfangs wurde die geforderte sek<strong>und</strong>enschnelle Darstellung achsenparalleler Schnitte aus einer landesweiten<br />
Datenbank von bis zu 0,5 TerraByte als Herausforderung angesehen.<br />
Aus verschiedenen denkbaren Varianten <strong>für</strong> ein Datenmodell der 3D-Daten wurde eine Variante kreiert,<br />
die ein Rasterdatenmodell in der Lage (2D) mit der Speicherung der realen Höhe verbindet – es<br />
wurden sogenannte virtuelle oder Modellbohrungsstäbchen gespeichert, deren Schichten durch Modellierung<br />
entstehen <strong>und</strong> die Körper in der 3D-Datenbank repräsentieren. Diese Modellbohrungen sind in<br />
einem achsenparallelen Raster von 50 m x 50 m angeordnet. Das Raster kann im Bedarfsfall regional<br />
halbiert (25 m x 25 m) bzw. geviertelt (12,5 m x 12,5 m) werden.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> der Achsenparallelität des Rasters können die Koordinaten der Bohrungen (X, Y) als DB-<br />
Indizes genutzt werden, so dass ein Zugriff auf die Daten eines Gebietes sehr schnell erfolgt.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> der Unabhängigkeit der Bohrungen ist es sehr einfach möglich, die Modellbohrungen eines<br />
Gebietes einfach durch überarbeitete Modellbohrungen zu ersetzen.<br />
Vom Projektpartner <strong>TU</strong> Chemnitz, Professur Datenverwaltungssysteme, wurden verschiedene<br />
Zugriffsmethoden verglichen, darunter das an der <strong>TU</strong> Chemnitz entwickelte Produkt ICIx, das in der<br />
Lage ist, basierend auf Verfahren der künstlichen Intelligenz, auf mehrdimensionale Daten sehr<br />
schnell zuzugreifen.<br />
ORACLE ohne Index: 5:18 Minuten<br />
ORACLE Spatial: 0,1493 Sek<strong>und</strong>en<br />
ORACLE mit Index (Composit Key): 0,0013 Sek<strong>und</strong>en<br />
ICIx: 0,0005 Sek<strong>und</strong>en<br />
ICIx hat seine Stärken bei Systemen mit sehr vielen Dimensionen. Bei dem 2-dimesionalen Index (X<br />
<strong>und</strong> Y) fällt der Zeitgewinn des Datenzugriffs im Gesamtprozess nicht ins Gewicht.<br />
Der Raumindex bei ORACLE Spatial oder ERSI SDE wurde entwickelt, um auf Polygone oder Linien<br />
effektiv zugreifen zu können. Für Punkte ist dieser Raumindex auf Gr<strong>und</strong> des Overheads uneffektiv.
B. Torchala & S. Etzold & C. Block & J. Richter<br />
Auf Gr<strong>und</strong> dieses Ergebnisses wurde eine sehr einfach strukturierte 3D-Datenbank aufgebaut:<br />
X, Y, Z-Oberkante, Z-Unterkante, Fremdschlüssel zum Objekt in der Sachdatenbank, Farbcode, Beschriftung<br />
Aus Performance-Gründen wurde die 3D-Datenbank physisch von der GIS- <strong>und</strong> der Sachdatenbank<br />
getrennt.<br />
irregulär verteilte<br />
echte Bohrungen<br />
mit {x, y, z 1...n )<br />
punktbezogene Information<br />
als Ableitung aus dem 3D -<br />
Modell („virtuelle Bohrung“)<br />
mit {x, y, z 1...n)<br />
Abb. 1: Veranschaulichung des Datenmodells der in einem Raster angeordneten Modellbohrungen<br />
Dieses Datenmodell besticht durch seine Einfachheit. Es stellte sich jedoch heraus, dass im Fall komplexerer<br />
geologischer Lagerungsverhältnissen die Interpretation (d. h. die Visualisierung) der Daten<br />
sehr häufig nicht eindeutig möglich ist. Dies machte sich bei der Konstruktion von Schnittdarstellungen<br />
<strong>und</strong> beim Export der Daten in ein <strong>für</strong> das 3D-Werkzeug GOCAD sehr nachteilig bemerkbar.<br />
Das Datenmodell der Modellbohrungen wurde deshalb zum Säulenmodell weiterentwickelt, das sich<br />
an das SGRID-Format von GOCAD anlehnt. Die Modellbohrungen fungieren nun als Eckpunkte von<br />
Säulen. In den Säulen sind Nachbarschaftsbeziehungen der Schichten abgebildet. Die so modellierten<br />
Daten können wesentlich einfacher <strong>und</strong> vor allem eindeutig zu Schnittdarstellungen verarbeitet bzw.<br />
nach GOCAD exportiert werden.<br />
Die folgenden Abbildungen zeigen, wie senkrechte Abstürze, Linsen oder komplexere Überfaltungen<br />
mit diesen Säulen abgebildet werden.<br />
Abb. 2: Veranschaulichung der Abbildung von senkrechten Abstürzen, Linsen <strong>und</strong> Überfaltungen mit<br />
dem Säulenmodell
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Auch die regionale Verfeinerung der Daten in ein 25- <strong>und</strong> ein 12,5-m-Raster ist vorgesehen.<br />
Abb. 3: Veranschaulichung der Halbierung der Rasterweite mit dem Säulenmodell<br />
3 Die hydrogeologische Legende <strong>und</strong> weitere Objektarten der<br />
Datenbank<br />
Die Hydrogeologische Legende wurde bisher in einer Access-Datenbank gepflegt. Das Datenmodell<br />
der neuen ORACLE-Datenbank bildet die Hierarchie der Legende in einem Selbstverweis auf eine<br />
sehr einfache Tabelle ab. Die Eigenschaften der Hydrogeologischen Einheiten (HGE), dies sind vor<br />
allem qualitative <strong>und</strong> quantitative Parameter wie Durchlässigkeit, Hohlraumtyp, Gesteinstyp, Stratigraphie<br />
<strong>und</strong> viele mehr, werden in der Haupttabelle der Legende gespeichert. Die Datenbank bildet<br />
zusätzlich einige Besonderheiten, wie z. B. aggregierte Einheiten, ab.<br />
Diese Legendendatenbank kann einfach mittels SQL-Anweisungen ausgewertet werden. Eine Benutzeroberfläche<br />
ermöglicht es einem Fachadministrator, die Legende zu pflegen. Ein berechtigter Anwender<br />
kann sehr einfach neue HGE erfassen <strong>und</strong> in die Hierarchie einordnen. Eigenschaften von<br />
HGE können geändert werden, die Hierarchie kann mittels Drag <strong>und</strong> Drop sehr einfach umgebaut<br />
werden <strong>und</strong> es können einzelne HGE zu sogen. aggregierten HGE zusammengefasst werden.<br />
Ein wichtiges Instrument der Administration <strong>und</strong> der Nutzung der Legende ist der Treeview, der die<br />
Hierarchie visualisiert.<br />
Es wurde berücksichtigt, dass die Legende jederzeit an verschiedenen Stellen extern offline im Einsatz<br />
sein kann. Der konzipierte Workflow gewähreistet, dass die verschiedenen Versionen der Legende<br />
nicht inkonsistent werden.<br />
Weitere Objektarten der Datenbank des FIS HyG sind:<br />
• Hydrogeologische Körper (HGK), die eine HGE lokal repräsentieren, jedoch zusätzlich spezielle<br />
lokale Eigenschaften (quantitative <strong>und</strong> qualitative Parameter) besitzen <strong>und</strong> damit rückwirkend<br />
auch die Festlegung der HGE beeinflussen.<br />
• Störungen, die als 3D-Flächen abgebildet sind <strong>und</strong> ebenfalls quantitative <strong>und</strong> qualitative Parameter<br />
haben können.<br />
• Anthropogene Kommunikationsbereiche, d. h. vor allem vom untertägigen Bergbau beeinflusste<br />
Bereiche, die als 3D-Körper abgebildet sind <strong>und</strong> die HGK überlagern.<br />
• Geogene Kommunikationsbereiche zwischen Gr<strong>und</strong>wasserleitern, die als 3D-Flächen abgebildet<br />
sind <strong>und</strong> topologisch korrekt an den Grenzen zwischen zwei GW-Leitern liegen<br />
• Weitere Objektarten wie Gr<strong>und</strong>wasserflurabstand, Hydrogeochemische Körper (HGCK) <strong>und</strong><br />
Belegbohrungen
B. Torchala & S. Etzold & C. Block & J. Richter<br />
Alle diese Objekte treten dem Anwender als Einheit von 3D-, Sach- <strong>und</strong> GIS-Daten entgegen. D. h.,<br />
sie lassen sich mit einer Kombination der Eigenschaften (Geometrie- <strong>und</strong> Sachdaten) filtern <strong>und</strong> es<br />
können alle Eigenschaften eines Objektes, z. B. eines oder mehrerer HGK, visualisiert werden: die<br />
3D-Daten in einem Schnitt, die GIS-Daten in einer Karte <strong>und</strong> die Sachdaten in einem entsprechenden<br />
Formular bzw. in einer Tabelle.<br />
Abb. 4: Treeview im Formular der HGE<br />
4 Workflow beim Aufbau <strong>und</strong> bei der Fortführung der landesweiten<br />
3D-Datenbank<br />
Wirklich teuer an einem Fachinformationssystem wie dem FIS HyG sind die Daten. Schritt <strong>für</strong> Schritt<br />
werden seit einigen Jahren von beauftragten Ingenieurbüros einzelne Kartenblätter kartiert. Bei der<br />
Konzipierung des FIS HyG wurde ein besonderes Augenmerk auf die Sicherung der Qualität der Daten<br />
gelegt.<br />
Der Workflow der Datenerfassung beginnt mit einem Check-Out-Prozess, bei dem vorhandene Daten,<br />
die Legende sowie alle weiteren Schlüsseltabellen exportiert <strong>und</strong> an ein Ingenieurbüro gegeben werden.<br />
Für die Modellierung der HGK sowie der anderen 3D-Objekte (Störungen, Kommunikationsbereiche..)<br />
setzt das Ingenieurbüro ein geeignetes Werkzeug ein. Welches Werkzeug dies ist, bleibt weitgehend<br />
dem Ingenieurbüro überlassen. Wichtig ist lediglich, dass die Modellierung von vornherein die<br />
Eigenschaften der Datenbank berücksichtigt, wie z. B. die Speicherung in einem Raster (50x50m).<br />
Für die Erfassung der Sachdaten wird ein externes Erfassungsprogramm mit dem Namen UFHYG<br />
ausgeliefert. Dieses enthält eine interne Datenbank <strong>und</strong> neben der hydrogeologischen Legende alle<br />
weiteren <strong>für</strong> die Erfassung erforderlichen Schlüsseltabellen (Durchlässigkeit, Gesteinstyp…). Mit dem<br />
Import der modellierten 3D-Daten (HGK, Störungen…) über eine einfache ASCII-Schnittstelle werden<br />
in diesem Programm die einzelnen Objekte kreiert, die anschließend mit der Legendenzuordnung<br />
<strong>und</strong> mit allen anderen Sachdaten ergänzt werden.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
LfULG<br />
GEOCANDO<br />
3D-Daten<br />
GOCAD<br />
FIS Hydrogeologie<br />
CITRIX-Server<br />
Datenbankserver<br />
Client-PC<br />
Arbeitsdatenbank<br />
Sachdaten<br />
3D-Daten<br />
GIS-Daten<br />
FHYG<br />
(Import/Export)<br />
FHYG<br />
(Admin.)<br />
Externes Kartierungsbüros<br />
FHYG UFHYG<br />
Produktionsdatenbank<br />
Sachdaten<br />
3D-Daten<br />
GIS-Daten<br />
Sachdaten<br />
3D-Daten<br />
GIS-Daten<br />
Client-PC<br />
Sachdaten<br />
3D-Daten<br />
GIS-Daten<br />
3D-Daten<br />
Umwandeln in FHYG-<br />
Austauschformat<br />
Externes<br />
Modellierungsprogramm<br />
3D-Daten<br />
Abb. 5: Schaubild des kompletten Workflows zum Füllen <strong>und</strong> Auswerten der Hydrogeologischen 3D-<br />
Datenbank<br />
Die extern erfassten Daten werden in eine zentrale Arbeitsdatenbank importiert <strong>und</strong> dort abschließend<br />
geprüft. Diese Prüfung umfasst eine Reihe automatisch ablaufender teilweise komplexer Konsistenzprüfungen<br />
sowie die Sichtprüfung mit verschiedenen Visualisierungsmitteln. Ein wichtiges Prüfkriterium<br />
ist die geometrische Konsistenz zu den ggf. bereits vorhandenen Daten in der Produktions-<br />
Datenbank.<br />
Nach erfolgreicher Prüfung werden die Daten in die Produktionsdatenbank übernommen. Dieser<br />
Schritt ist durch das gewählte 3D-Datenmodell einfach. Die 3D-Konsistenz sowie die 3D-Topologie<br />
(überschneidungsfrei <strong>und</strong> lückenlos) der Produktionsdatenbank wird nicht gefährdet. Dies wird erreicht,<br />
indem prinzipiell jedes Rasterelement (Modellbohrung bzw. Modellsäule) komplett, d. h. von<br />
der Erdoberfläche bis zum untersten modellierten Horizont in der Produktions-DB ersetzt wird.<br />
Die eigentliche Anwendung funktioniert sowohl mit der Arbeits- als auch mit der Produktionsdatenbank.<br />
Ein wichtiges Instrument des gesamten Workflows ist die sogen. Bearbeitungshistorie. Dieses Datenbankobjekt<br />
gibt nicht nur darüber Auskunft, wann in welchem Gebiet welche Kartierungsprojekte von<br />
wem ausgeführt wurden, es verhindert auch, dass sich versehentlich parallele Kartierungen räumlich<br />
überlappen.<br />
5 Funktionen<br />
Neben den Programmen, die <strong>für</strong> die Realisierung des Workflows erforderlich sind (Export von Daten<br />
zur Kartierung, externe Datenerfassung, Importschnittstellen) <strong>und</strong> den Administrationsprogrammen<br />
(Prüfung, fachliche Administration der Hydrogeologischen Legende, Administration der Nutzergruppen<br />
<strong>und</strong> deren Rechte…) wurde in Form einer ArcGIS-Extension das Programm FHYG entwickelt,<br />
das der Auswertung der Datenbank des FIS HyG dient.<br />
Dieses Programm verbindet die 3D-Geometrie, die GIS-Daten <strong>und</strong> die Sachattribute zu einer Einheit.<br />
Die folgende Abbildung veranschaulicht, wie ein Nutzer zwischen 3D-Daten (Schnittdarstellung),<br />
GIS- <strong>und</strong> der Sachdatendarstellung navigieren kann.
B. Torchala & S. Etzold & C. Block & J. Richter<br />
Sachdatenanwendung<br />
Start<br />
Anzeige Sachdaten<br />
Anzeige GIS-Daten<br />
GIS<br />
Anzeige Sachdaten<br />
Anzeige GIS-Daten<br />
Anzeige <strong>für</strong><br />
ausgewähltes Gebiet<br />
Schnitt<br />
Abb. 6: Darstellung der Navigationsmöglichkeiten zwischen Schnittdarstellung, GIS <strong>und</strong> Sachdaten<br />
Das Datenmodell ist <strong>für</strong> die Darstellung von achsenparallelen (West-Ost oder Süd-Nord) Schnitten<br />
optimiert, so dass diese Schnitte in Sek<strong>und</strong>enschnelle erzeugt werden können. Ein Anwender definiert<br />
die Schnittdarstellungen mit dem Aufziehen eines Auswertegebietes auf einer GIS-Karte sowie einiger<br />
weniger Einstellungen <strong>für</strong> den Schnitt (z. B. Maßstab, WE- oder SN-Ausrichtung…). Danach erzeugt<br />
er auf Mausklick in 50m- (in Detailbereichen auch in 25m- oder 12,5m-) Vorwärts oder Rückwärts-<br />
Schritten Schnittgraphiken, die neben den HGK auch Störungen, Geogene <strong>und</strong> Anthropogene Kommunikationsbereiche,<br />
Gr<strong>und</strong>wasserflurabstand <strong>und</strong> Belegbohrungen darstellen.<br />
Die Schnittdarstellung bietet eine Reihe von Funktionen zur Auswertung der Sachdaten der dargestellten<br />
Objekte (z. B. das aus ArcGIS bekannte Info-Tool, Beschriftung, Legenden usw.). Die wichtigsten<br />
Funktionen sind das Navigieren zur GIS-Darstellung (Ausstrich- <strong>und</strong> Verbreitungsflächen) sowie zu<br />
den Sachdatenformularen. Auch die aktuelle Schnittposition kann im GIS verfolgt werden.<br />
Abb. 7: Veranschaulichung der Benutzeroberfläche zum Visualisieren der verschiedenen Daten
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
6 Ausblick<br />
Derzeit werden im Rahmen einer Diplomarbeit Schnittstellen nach GOCAD <strong>und</strong> GEOCANDO programmiert.<br />
Es soll möglich sein, eine Auswahl der in einem Gebiet vorgef<strong>und</strong>enen Objekte nicht nur<br />
im Schnitt darzustellen, sondern auch in einer 3D-Software zu visualisieren <strong>und</strong> ggf. weitere 3D-<br />
Auswertungen auszuführen. Die folgende Abbildung zeigt ein erstes Ergebnis.<br />
Abb. 8: 3D-Darstellung der HGK eines Gebietes mittels GOCAD<br />
Aufgabe dieser Diplomarbeit ist es auch, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Realisierung interoperabler<br />
Schnittstellen zu schaffen. Dadurch soll es künftig möglich sein, den Inhalt der 3D-Datenbank <strong>für</strong> die<br />
Nutzung mit weiteren Softwareprodukten verfügbar zu machen.
Integration von GOCAD in den Arbeitsablauf von der Modellierung<br />
über die Simulation zur Visualisierung<br />
Björn Zehner<br />
Department <strong>für</strong> Umweltinformatik, UFZ – Helmholtz Zentrum <strong>für</strong> Umweltforschung, Permoserstrasse<br />
15, D – 04318 Leipzig; e-mail: bjoern.zehner@ufz.de, bzehner@gmx.de<br />
Um die Prozesse im Untergr<strong>und</strong> besser zu verstehen werden häufig Simulationsrechnungen durchgeführt.<br />
Innerhalb des gesamten Arbeitsablaufes, von der Erstellung des geometrischen Modells über die<br />
Simulation von Prozessen bis hin zur gemeinsamen Darstellung des Modells <strong>und</strong> der Simulationsergebnisse<br />
in einer virtuellen Umgebung, kommen eine Vielzahl verschiedener Softwarekomponenten<br />
zum Einsatz, welche jeweils <strong>für</strong> eine bestimmte Aufgabe optimiert sind. Um einen möglichst schnellen<br />
<strong>und</strong> einfachen Arbeitsablauf zu gewährleisten, kommt es darauf an, diese verschiedenen Komponenten<br />
möglichst eng miteinander zu integrieren, um einen reibungsfreien Datenfluss zu ermöglichen.<br />
Daher wurde die Software GOCAD, welche vielfach <strong>für</strong> die geometrische Modellierung eingesetzt<br />
wird, zusätzlich als zentrales Werkzeug <strong>für</strong> die Datenverwaltung <strong>und</strong> das Preprozessing benutzt <strong>und</strong><br />
mit Hilfe von Plugins erweitert, um einen schnellen Austausch der Daten mit den anderen beteiligten<br />
Programmen zu garantieren.<br />
Numerical Simulation is often used in order to gain a better <strong>und</strong>erstanding of the processes in the subsurface.<br />
Within the overall workflow, from geometrical modelling through the process simulation to<br />
the synoptic visualization of the model and the simulation results in a Virtual Environment, numerous<br />
different software packages are used that are each specialized to correspond with one step of the workflow.<br />
In order to ensure an easy and rapid workflow, the different software components should be well<br />
integrated or connected with each other. For this reason the software GOCAD that is used for geometrical<br />
modelling is also used as a tool for data integration and preprocessing and has been extended<br />
using its plugin mechanism in order to ensure the easy and rapid exchange of data with the other software<br />
programs used.<br />
1 Einführung<br />
Die Arbeitsgruppe <strong>für</strong> Umweltinformatik am Helmholtzzentrum <strong>für</strong> Umweltforschung beschäftigt sich<br />
mit der Simulation von Prozessen wie Gr<strong>und</strong>wasserfluss <strong>und</strong> CO2 Verpressung im Untergr<strong>und</strong>, wobei<br />
die Methode der Finiten Elemente mit dem Softwarepaket OpenGeoSys (WANG ET AL., 2009), welches<br />
von der Arbeitsgruppe entwickelt wird, zum Einsatz kommt. Sowohl <strong>für</strong> den Aufbau von Modellen<br />
als auch <strong>für</strong> den Austausch solcher Modelle mit externen Projektpartnern <strong>und</strong> <strong>für</strong> deren Nachbearbeitung<br />
bietet sich die Software GOCAD an. Die geometrischen Modelle kommen hierbei zum einen<br />
<strong>für</strong> die Erstellung der Simulationsgitter zum Einsatz, zum anderen <strong>für</strong> die Definition der Randbedingungen<br />
<strong>und</strong> die Parametrisierung der Modelle. Anschließend sollen die Simulationsergebnisse zusammen<br />
mit den Ausgangsmodellen visualisiert werden, wo<strong>für</strong> am UFZ eine Virtual Reality Umgebung<br />
zur Verfügung steht. Abbildung 1 soll verdeutlichen welche verschiedenen Arbeitsschritte insgesamt<br />
notwendig sind <strong>und</strong> welche verschiedenen Formen von Modellen bzw. Repräsentationen hierbei<br />
auftreten.<br />
Für diesen mehrstufigen Arbeitsablauf kommen verschiedene Softwarepackete zum Einsatz, welche<br />
jeweils einen der Schritte besonders gut beherrschen. So ist zum Beispiel die Software GOCAD gut<br />
da<strong>für</strong> geeignet, um anhand von verschiedenen im Gelände aufgenommen Daten ein Model des Untergr<strong>und</strong>es<br />
zu konstruieren. Da GOCAD des weiteren über diverse Importfunktionen verfügt, z.B. um<br />
Shape-Dateien von ArcGIS oder Eingabedaten der <strong>für</strong> die Reservoirsimulation weit verbreiteten EC-<br />
LIPSE Software zu lesen, eignet es sich auch gut zum Austausch von Daten mit unseren Partnern <strong>und</strong><br />
somit als zentrale Software <strong>für</strong> die Verwaltung des Untergr<strong>und</strong>modells. Die Möglichkeiten aus einem
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
konstruierten geologischen Modell ein 3D Gitter zu generieren, das als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine Finite Element<br />
Simulation genommen werden kann, sind in GOCAD jedoch eher beschränkt. Diese Gittergenerierung<br />
anhand des Oberflächenmodells lässt sich besser mit Software durchführen, die direkt <strong>für</strong> diesen<br />
Zweck geschrieben worden ist. Als Beispiel sei hier die Software TetGen (SI, <strong>2011</strong>)genannt die<br />
<strong>für</strong> wissenschaftliche Zwecke frei verfügbar ist. Im Fall der Visualisierung verfügt GOCAD über<br />
Möglichkeiten das geologische Modell zusammen mit 3D Gittern darzustellen, hat aber kaum Möglichkeiten<br />
Simulationsergebnisse wie z.B. Isoflächen <strong>für</strong> skalare Felder oder Vektorglyphen <strong>und</strong><br />
Ströhmungslinien <strong>für</strong> Vektorfelder zu berechnen <strong>und</strong> zu visualisieren. Hier<strong>für</strong> hat die frei verfügbare<br />
Software Paraview (www.paraview.org) weit bessere Möglichkeiten.<br />
Abb. 1: Genereller Überblick über den Arbeitsablauf <strong>und</strong> die verschiedenen Arten von Modellen die<br />
während des gesamten Arbeitsablaufes auftreten.<br />
Um GOCAD <strong>für</strong> die geometrische Modellierung <strong>und</strong> als zentrale Software <strong>für</strong> die Verwaltung des<br />
Modells zu verwenden, wurde es mit Hilfe von in C++ implementierten Plugins möglichst eng mit den<br />
anderen beteiligten Softwarekomponenten integriert. Zusätzliche Funktionalität beim Modellieren<br />
erlaubt es geometrische Modelle zu erstellen, welche sich <strong>für</strong> eine Vernetzung mit Tetraedern eignen.<br />
Ferner unterstützen zusätzliche Schnittstellen zu externen <strong>und</strong> frei verfügbaren Gittergeneratoren die<br />
Erstellung der Simulationsgitter <strong>und</strong> das Laden der resultierenden Gitter in Gocad. Diese Gitter können<br />
dann direkt im OGS Format geschrieben werden, so dass sie direkt <strong>für</strong> die Simulation eingesetzt<br />
werden können. Weitere Geometrien wie Bohrungsverläufe, Schichtgrenzen oder Verwerfungen können<br />
genutzt werden, um die Randbedingungen <strong>für</strong> die Simulation zu definieren. Für die anschließende<br />
Visualisierung wurden Plugins implementiert, welche es erlauben das Modell direkt im VTK Format<br />
zu exportieren, um so die freie Software Paraview <strong>für</strong> die Analyse der Simulationsergebnisse zusammen<br />
mit dem geometrischen Eingabemodell verwenden zu können. Ferner wurde ein Export in den<br />
open source Szenengraphen OpenSG bereitgestellt, welcher es erlaubt, das geometrische Modell sehr<br />
einfach <strong>und</strong> schnell in einer virtuellen Umgebung darzustellen.<br />
2 Verwendete Software-Werkzeuge<br />
Um einen einfachen Datenaustausch zwischen GOCAD <strong>und</strong> den anderen Programmen bereitzustellen,<br />
wurde GOCAD mit Plugins erweitert, um die entsprechenden Export- <strong>und</strong> Importfunktionen zu erstel-
Björn Zehner<br />
len. Gegenüber der oft verwendeten Methodik Datenkonverter zu schreiben, welche direkt die Dateien<br />
im GOCAD Format einlesen <strong>und</strong> dann im gewünschten Format schreiben, hat dies den Vorteil, dass<br />
zum einen die gesamten topologischen Informationen der einzelnen Objekte bei der Konvertierung zur<br />
Verfügung stehen <strong>und</strong> zum anderen auch Zusatzinformationen verwendet werden können, wie die<br />
Farbe der Objekte oder die Liniendicke. Im Folgenden sollen kurz die verwendeten Komponenten <strong>und</strong><br />
ihr Zusammenhang vorgestellt werden.<br />
Geometrische Modellierung <strong>und</strong> Gridding – Gmsh / TetGen<br />
Um ein Tetraeder-Gitter <strong>für</strong> Finite-Element Simulationen zu erstellen, benötigt man ein Oberflächen-<br />
Modell, welches das Volumen des Modells lückenfrei abgrenzt <strong>und</strong> in einzelne Subvolumen (die verschiedenen<br />
Schichten) aufteilt. Dort wo verschiedene Flächen in Kontakt stehen, z.B. wo eine stratigrafische<br />
Grenzfläche an eine Verwerfung grenzt, müssen die beiden Flächen die gleichen Punkte<br />
<strong>und</strong> Segmente aufweisen. Dies soll in der Abbildung 2 illustriert werden, welche auf der linken Seite<br />
ein 3D Modell zeigt, das nicht ohne weitere Nachbearbeitung <strong>für</strong> die Generierung eines 3D Gitters<br />
geeignet wäre <strong>und</strong> auf der rechten Seite das korrespondierende Modell, welches die notwendigen Eigenschaften<br />
besitzt.<br />
Abb. 2: Ausschnitt eines Modells bei dem zwei Schichtgrenzen (dunkelgrau <strong>und</strong> Vernetzung mit<br />
schwarzen Linien) gegen eine Verwerfung laufen (hellgrau, Vernetzung mit weißen Linien).<br />
Links stimmen die Punkte <strong>und</strong> Segmente der Schichtgrenzen am Kontakt nicht mit denen der<br />
Verwerfung überein. Anhand dieses Modells kann kein konsistentes 3D Gitter, das aus Tetraedern<br />
besteht, erstellt werden. Rechts ein korrespondierendes Modell bei dem die Segmente <strong>und</strong><br />
Punkte am Kontakt übereinstimmen <strong>und</strong> welches sich daher <strong>für</strong> die 3D Gittergenerierung eignet.<br />
Ein solches Modell lässt sich am besten konstruieren indem man die Kontaktlinien berechnet <strong>und</strong> anschließend<br />
die einzelnen Flächen mit einem Constrained-Delaunay Algorithmus vernetzt, so dass die<br />
Kontaktlinien jeweils Bestandteil von beiden Flächen sind. Ein Datenaustausch mit der Software<br />
Gmsh (GEUZAINE & REMACLE, 2009) ermöglicht es die Constrained Delaunay Algorithmen von<br />
Gmsh zu verwenden. In ZEHNER (<strong>2011</strong>) wird genauer beschrieben wie auch komplizierte Störungssysteme<br />
so modelliert werden könnten, dass sie sich <strong>für</strong> eine anschließende 3D Gittergenerierung eignen.<br />
Hierbei kommen sowohl die Software Gmsh zum Einsatz, als auch weitere einfache Werkzeuge<br />
die mittels Plugins in GOCAD integriert wurden.<br />
Um aus einem so erstellten Oberflächenmodell ein 3D-Gitter zu erzeugen, kann man sehr gut die<br />
Software TetGen (SI, <strong>2011</strong>) verwenden. Ein Gocad Plugin ermöglicht es alle im Objekt-Browser als<br />
sichtbar eingestellten Flächen in einer TetGen Eingabedatei zu speichern, wobei die Punkte von den<br />
verschiedenen Flächen, die sich an den Kontakten zwischen ihnen <strong>und</strong> somit an derselben Position<br />
befinden, zu einem (globalen) Punkt zusammengefasst werden. TetGen erkennt beim Vernetzen die
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
verschiedenen Subvolumina automatisch <strong>und</strong> ordnet den Tetraedern eine entsprechende Identifikationsnummer<br />
zu. Die Ausgabedatei von TetGen kann danach als „Solid“ in GOCAD eingelesen werden,<br />
wobei die verschiedenen Subvolumina verschiedenen „Parts“, also verschiedenen Untereinheiten des<br />
Solids, zugeordnet werden.<br />
Austausch zur Simulationssoftware - OpenGeoSys<br />
Die Simulationssoftware OpenGeoSys (OGS, WANG ET AL., 2009) ist eine Finite-Elemente Software,<br />
welche am UFZ im Department <strong>für</strong> Umweltinformatik entwickelt wird. Sie wird von der Kommandozeile<br />
aus bedient <strong>und</strong> liest ihre Konfiguration aus einer Reihe von Eingabedateien. An Geometrien<br />
benötigt OGS zum einen das Simulationsgitter selbst, zum anderen können Geometrien benutzt werden,<br />
um <strong>für</strong> die Simulation die Randbedingungen zu definieren. Es könnte beispielsweise auf alle<br />
Punkte entlang einer Bohrung ein bestimmter Fluss festgelegt werden oder <strong>für</strong> alle Punkte die auf einer<br />
Fläche liegen wird der Druck festgehalten. Diese Geometrien <strong>für</strong> die Randbedingungen lassen sich<br />
auch sehr gut <strong>und</strong> schnell in GOCAD definieren. Um einen einfachen Austausch zu gewährleisten,<br />
wurden die notwendigen Exportfunktionen direkt in GOCAD integriert um SGrids <strong>und</strong> Solids unmittelbar<br />
im OGS eigenen Format <strong>für</strong> Simulationsgitter zu schreiben. Ferner lassen sich die Geometrien<br />
aus GOCAD, also Punkte, Linien <strong>und</strong> Flächen direkt in einem XML Format abspeichern, das von<br />
OGS gelesen werden kann, so dass die Geometrien <strong>für</strong> die Definition der Randbedingungen genutzt<br />
werden können. Durch diese Erweiterung lässt sich GOCAD effizient als Preprozessor <strong>für</strong> die Simulationssoftware<br />
einsetzten. Allerdings müssen viele Eigentschaften, wie z.B. die Definition <strong>und</strong> Zuordnung<br />
von Materialien <strong>für</strong> die einzelnen stratigrafischen Einheiten, nach wie vor von Hand definiert<br />
werden. Hierbei ist ein speziell <strong>für</strong> OpenGeoSys entwickelter 3D-Datenmanger (RINK ET AL., <strong>2011</strong>)<br />
sehr hilfreich.<br />
Visualisierung am Bildschirm – Paraview / VTK<br />
Nach erfolgter Simulation sollen die Ergebnisse in der Regel im Kontext des geologischen Modells<br />
visualisiert werden. Wie bereits erwähnt, eignet sich GOCAD zur Visualisierung des geologischen<br />
Modells <strong>und</strong> der Simulationsgitter. Für die Extraktion <strong>und</strong> Visualisierung von Informationen aus wissenschaftlichen<br />
Datensätzen <strong>und</strong> aus Simulationsergebnissen eignet sich die frei verfügbare Software<br />
Paraview (www.paraview.org) jedoch besser. Diese baut auf eine ebenfalls frei verfügbare C++ Bibliothek<br />
auf, die sich Visualization Toolkit nennt (VTK, SCHROEDER ET AL., 1996, www.vtk.org).<br />
VTK stellt eine große Anzahl an Filtern zur Verfügung, welche jeweils Informationen aus dem Datensatz<br />
extrahieren, also z.B. Strömungslinien <strong>für</strong> ein Vektorfeld berechnen oder Isoflächen <strong>für</strong> ein skalares<br />
Feld. Diese Filter können dann zu komplexen Pipelines zusammengesetzt werden, so dass eine<br />
Vielzahl an Analysemöglichkeiten entsteht. Ferner stellt VTK auch Methoden bereit, um die Ergebnisse<br />
zu visualisieren wobei die graphische Darstellung <strong>und</strong> ihre Qualität sowie die Optimierung des Szenengraphen<br />
nicht der Schwerpunkt ist. Paraview stellt einen großen Teil der Funktionalität von VTK<br />
in Form einer graphischen Benutzeroberfläche zur Verfügung <strong>und</strong> wird von vielen Forschungsgruppen<br />
aus dem Simulationsbereich <strong>für</strong> das Postprocessing verwendet, weswegen auch die Simulationssoftware<br />
OpenGeoSys den Export von VTK-Dateien unterstützt. Um auch die Eingabedaten, also Geometrien<br />
wie Verwerfungen <strong>und</strong> Stratigraphie bzw. die Reservoir-Gitter inklusive ihrer Parametrisierung<br />
in Paraview übernehmen zu können, wurde die VTK Bibliothek zu GOCAD hinzugelinkt <strong>und</strong> auf<br />
diese Weise über GOCAD’s Plugin-Mechanismus Export-Funktionen bereitgestellt, so dass SGrids als<br />
strukturiertes Gitter (vtkStructuredGrid), Solids als unstrukturiertes Gitter (vtkUnstructuredGrid) <strong>und</strong><br />
Punkte, Linien <strong>und</strong> Flächen als Polygone (vtkPolyData) direkt im VTK Format abgespeichert werden<br />
können. In diesem Format können sie dann in Paraview eingelesen werden, so dass eine gemeinsame<br />
Darstellung von Eingabedaten <strong>und</strong> Simulationsergebnissen in Paraview erfolgen kann.<br />
Visualisierung in einer VR Umgebung – OpenSG / VRED<br />
OpenSG (REINERS ET AL., 20<strong>02</strong>) ist ein frei verfügbarer Szenengraph, welcher direkt <strong>für</strong> die graphische<br />
Darstellung optimiert ist. Gegenüber der Darstellung mit VTK hat man viel mehr Einfluss auf die<br />
graphische Repräsentation, so dass sich die Visualisierung <strong>für</strong> sehr große Modelle besser optimieren<br />
lässt. Eine realistische Visualisierung von Landschaften, wie sie z.B. in ZEHNER (2008) beschrieben<br />
wurde, lässt sich mit VTK sicher nicht erstellen. Somit bietet OpenSG die Möglichkeit sehr komplexe<br />
Szenen zusammenzubauen <strong>und</strong> die Visualisierung von wissenschaftlichen Sachverhalten <strong>und</strong> Daten
Björn Zehner<br />
mit einer Darstellung der Umgebung (z.B. der Landschaft) zu verbinden, so dass die Betrachter einen<br />
besseren Eindruck vom gesamten Kontext bekommen <strong>und</strong> sich besser orientieren können.<br />
Abb. 3: Datenfluss bei der Abfolge von Modellierung, Simulation <strong>und</strong> Visualisierung unter Einbindung<br />
der Software GOCAD. Der Austausch von Daten mit der Software Gmsh hilft bei der Erstellung<br />
eines konsistenten Oberflächenmodells <strong>und</strong> der Austausch von Daten mit der Software<br />
Tetgen erlaubt die Generierung eines Tetraedergitters (TSolids) welches <strong>für</strong> Finite Element Simulationen<br />
eingesetzt werden kann. Der Export im Dateiformat von OpenGeoSys erlaubt ein<br />
einfaches <strong>und</strong> schnelles Simulieren des Modells <strong>und</strong> der Export von Gittern im VTK Format<br />
<strong>und</strong> von Geometrien im OpenSG Format erlaubt eine einfache <strong>und</strong> schnelle synoptische Visualisierung<br />
der Daten <strong>und</strong> der Simulationsergebnisse in der virtuellen Umgebung des UFZ.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Ein weiterer Vorteil von OpenSG ist, dass es die Verteilung des Szenengrafen implementiert, so dass<br />
damit auch Visualisierungs- <strong>und</strong> Virtual Reality Anlagen betrieben werden können, welche gleichzeitig<br />
mehrere Projektoren verwenden. Das UFZ verfügt z.B. über ein solches System, das mit insgesamt<br />
13 Projektoren angetrieben wird. Das System ist so aufgebaut, dass es sowohl komplett als eine Art<br />
virtueller Raum genutzt werden kann als auch um gleichzeitig 3D Informationen gekoppelt mit 2D<br />
Informationen anzuzeigen (ZEHNER 2009, ZEHNER 2010). Das System wird überwiegend mit der<br />
kommerziellen Software VRED von der PI-VR GmbH betrieben, welche auf OpenSG basiert <strong>und</strong><br />
darum mit Hilfe dieses Szenengrafen <strong>und</strong> von C++ erweitert werden kann.<br />
OpenSG verfügt über ein eigenes Binärformat, das sehr gut <strong>für</strong> den Datenaustausch mit VRED verwendet<br />
werden kann. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurden die OpenSG Bibliotheken mit GOCAD gelinkt. Die<br />
Geometrischen Objekte wie Linien <strong>und</strong> Flächen werden direkt in entsprechende OpenSG-Objekte<br />
umgewandelt; Punkte (VSets) werden hierbei als Rhomben dargestellt. Graphische Parameter wie<br />
Farben oder Liniendicke werden von GOCAD übernommen. Der Export von GOCAD direkt in das<br />
Virtual Reality Display wurde bereits mit sehr umfangreichen Datensätzen getestet <strong>und</strong> funktioniert<br />
problemlos. Für Solids <strong>und</strong> SGrids muss ein Umweg über VTK genommen werden. Diese können in<br />
der Regel nicht einfach als Geometrien exportiert werden, weil man die Möglichkeit haben will diese<br />
interaktiv zu explorieren. Daher wurden <strong>für</strong> diese Daten Standardpipelines im VTK Format implementiert<br />
<strong>und</strong> ein vtkToOpenSG Filter, der am Ende der Pipeline steht <strong>und</strong> die aus den Daten extrahierten<br />
Geometrien (Schnitte durch den Datensatz, Isoflächen, Ströhmungslinien) direkt in das OpenSG-<br />
Format umwandelt. Mit Hilfe dieses Filters wurden die VTK Pipelines in VRED integriert. Insgesamt<br />
kann mit Hilfe von OpenSG also nicht nur das geologische Modell in einer CAVE dargestellt werden<br />
sondern es besteht auch die Möglichkeit dieses mit Simulationsergebnissen zu ergänzen <strong>und</strong> den Betrachtern<br />
mit Hilfe von einem Landschaftsmodell die Orientierung zu erleichtern.<br />
Die Abbildung 3 fasst noch einmal den gesamten Datenfluss zusammen wie er bei dem vorgeschlagenen<br />
Arbeitsablauf von der Modellierung über die Simulation bis hin zur Visualisierung des geometrischen<br />
Modells <strong>und</strong> der Simulationsergebnisse im Visualisierungszentrum des UFZ auftritt.<br />
3 Verwendung des Arbeitsablaufes<br />
Der hier vorgestellte Arbeitsablauf <strong>und</strong> die zugehörigen Schnittstellen wurden bereits erfolgreich <strong>für</strong><br />
verschiedene Projekte verwendet. Zum Beispiel wurde er im Rahmen des INFLUINS-Projektes, welches<br />
sich mit der Fluiddynamik in Sedimentbecken anhand des Thüringer Beckens als Beispiel beschäftigt,<br />
angewendet. Ein erstes Oberflächenmodell der Trias im Thüringer Becken wurde erstellt,<br />
wobei das geometrische Modell auf den Ausbisslinien <strong>und</strong> Tiefenpunkten der stratigrafischen Schichtgrenzen<br />
einer Diplomarbeit an der Universität Jena (Kober, 2009) beruht. Das Modell unterteilt die<br />
Trias in Buntsandstein, Muschelkalk <strong>und</strong> Keuper. Die Seitenlängen bei der Triangulierung schwanken<br />
zwischen wenigen h<strong>und</strong>ert Metern in Regionen wo viel Information vorlag <strong>und</strong> ca 1000-1500 Metern<br />
wo die Informationen eher knapp waren. Die Verwerfungen im Thüringer Becken sollen im Rahmen<br />
des Projektes erst noch genauer untersucht <strong>und</strong> modelliert werden, so dass sie bei diesem Modell ignoriert<br />
wurden. Auf Dauer ist es aber geplant, auch die Verwerfungen in das Modell mit einzubeziehen.<br />
Bei der Erstellung des Oberflächenmodells fielen immer wieder kleine Fehler auf, die korrigiert werden<br />
mussten. Diese beruhten hauptsächlich darauf, dass bei der Anwendung des Triangulierungs-<br />
Algorithmus von Gmsh teilweise die Randbedingungen nicht ausreichend eingehalten wurden. Diese<br />
Fehler in der Triangulierung ließen sich jedoch mit Hilfe der in GOCAD vorhandenen Standardwerkzeuge<br />
korrigieren. Für die nachfolgende Neugenerierung des Modells war die Möglichkeit diese mit<br />
Scripting zu automatisieren sehr hilfreich.<br />
Anhand des Oberflächenmodells vom Thüringer Becken wurde ein Tetraedergitter erstellt, das aus ca.<br />
600.000 Elementen besteht <strong>und</strong> bei dem die verschiedenen abgeschlossenen Einheiten in GOCAD<br />
durch verschiedene Untergruppen (Parts) des Solids repräsentiert wurden. Dieses Gitter wurde dann<br />
als Finite Elemente Gitter in OpenGeoSys importiert <strong>und</strong> dort <strong>für</strong> eine erste Gr<strong>und</strong>wassersimulation<br />
verwendet. Im Rahmen eines Treffens mit Projektpartnern von der Universität Jena wurde der O-
Björn Zehner<br />
penSG Export genutzt um das Modell im Visualisierungszentrum des UFZ zu präsentieren (siehe Abbildung<br />
4).<br />
Abb. 4: Mitarbeiter des INFLUINS Projektes bei der Betrachtung eine GOCAD Modells vom Thüringer<br />
Becken im Visualisierungszentrum des UFZ.<br />
Im Rahmen des Projektes CO2MAN, welches sich mit der Verpressung von CO2 am Pilotstandort<br />
Ketzin beschäftigt, soll die Ausbreitung des CO2 im Untergr<strong>und</strong> mit verschiedenen Software-Packeten<br />
simuliert werden. Der Austausch der Daten zwischen den verschiedenen Partnern findet hierbei im<br />
Format der ECLIPSE Software von Schlumberger statt. GOCAD wird in diesem Fall also zum einen<br />
als Konverter vom ECLIPSE-Format in das OpenGeoSys-Format eingesetzt, zum anderen aber auch<br />
um die notwendigen Geometrien zu generieren, welche <strong>für</strong> die Definition der Randbedingungen benötigt<br />
werden. Es dient also auch hier als Preprozessor <strong>für</strong> die Simulation.<br />
Unabhängig von dem hier vorgestellten Arbeitsablauf kann der OpenSG Export auch dazu benutzt<br />
werden, um die 3D-Modelle von Partnern <strong>und</strong> Besuchern, welche diese mit GOCAD generiert haben,<br />
sehr schnell in unser Virtual Reality Display zu exportieren. Dies wurde zum Beispiel mit einem umfangreichen<br />
Modell der Geologie von Schleswig Holstein durchgeführt <strong>und</strong> war völlig problemlos.<br />
4 Literatur<br />
GEUZAINE, C., REMACLE, J.-F. (2009): Gmsh: a Three-Dimensional Finite Element Mesh Generator with Built-in<br />
Pre- and Post-Processing Facilities. International Journal for Numerical Methods in Engineering 79, Wiley:<br />
1309 – 1331.<br />
KOBER, M. (2009): Erstellung eines ArcGIS- <strong>und</strong> Petrel-basierten digitalen Untergr<strong>und</strong>modells der Thüringer<br />
Mulde. Diplomarbeit, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Germany.<br />
REINERS, D., VOSS, G., BEHR, J. (20<strong>02</strong>): OpenSG: Basic Concepts. OpenSG Symposium 20<strong>02</strong><br />
RINK, K., KALBACHER, T., KOLDITZ, O. (<strong>2011</strong>): Visual data management for hydrological analysis. Environmental<br />
Earth Sciences, accepted.<br />
SCHROEDER, W., MARTIN, K., LORENSEN, B. (2006): The Visualization Toolkit, an Object-Oriented Approach to<br />
3D Graphics. Prentice Hall, Upper Saddle River, USA.<br />
SI, H. (<strong>2011</strong>): TetGen, A Quality Tetrahedral Mesh Generator and a 3D Delaunay Triangulator,<br />
http://tetgen.berlios.de/, last visited April <strong>2011</strong>.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
WANG, W., KOSAKOWSKI, G., KOLDITZ, O. (2009): A Parallel Finite Element Scheme for Thermo-Hydro-<br />
Mechanical (THM) Coupled Problems in Porous Media. Computers and Geosciences 35, Elsevier: 1631-1641.<br />
ZEHNER, B. (2008): Landscape Visualization in High Resolution Stereoscopic Visualization Environments. In:<br />
Buhmann, E., Pietsch, M., Heins, M. (Eds.), Proceedings of Digital Design in Landscape Architecture, 2008,<br />
Wichmann Verlag: 224-231.<br />
ZEHNER, B. (2009): Nutzung von Virtual Reality Anlagen als visuelle Informationssysteme <strong>für</strong> geowissenschaftliche<br />
Daten. In: Boogaart, R.v.d., Schaeben, H. (2009), GIS-Geowissenschaftliche Anwendungen <strong>und</strong> Entwicklungen,<br />
Proceedings zum 8. GIS Kolloquium, Wissenschaftliche Mitteilungen des Institutes <strong>für</strong> Geologie,<br />
Technische Universität <strong>Bergakademie</strong> Freiberg: 53-58.<br />
ZEHNER, B. (2010): Mixing Virtual Reality and 2D Visualization - Using Virtual Environments as Visual 3D<br />
Information Systems for Discussion of Data from Geo- and Environmental Sciences. In: Proceedings of the<br />
International Conference on Computer Graphics Theory and Applications (GRAPP2010), p. 364-369. Available<br />
from: http://www.ufz.de/index.php?en=19329, last visited May <strong>2011</strong>.<br />
ZEHNER, B. (<strong>2011</strong>): Constructing Models for Finite Element Simulation Using GOCAD, Proceedings of the 31 st<br />
GOCAD meeting in Nancy, France, June <strong>2011</strong>, accepted.
Länderübergreifende Datenharmonisierung <strong>und</strong> geologische 3D-<br />
Modellierung im EU-Projekt „Geopotenziale des tieferen Untergr<strong>und</strong>es<br />
im Oberrheingraben (GeORG)“<br />
Heiko Zumsprekel 1 & GeORG INTERREG Projektteam 2<br />
1 Regierungspräsidium Freiburg - Abt.9 Landesamt <strong>für</strong> Geologie, Rohstoffe <strong>und</strong> Bergbau, Freiburg i.<br />
Br.<br />
2 E. Nitsch, G. Sokol (Koordinatoren), B. Anders, D. Ellwanger, M. Franz, R. Prestel, I. Rupf, U. Wielandt-Schuster,<br />
G. Wirsing, (Regierungspräsidium Freiburg, Abt. 9 Landesamt <strong>für</strong> Geologie, Rohstoffe<br />
<strong>und</strong> Bergbau, Deutschland); T. Kärcher, J. Haneke, J. Krzyanowski, R. Storz, J. Tesch, M. Weidenfeller<br />
(Landesamt <strong>für</strong> Geologie <strong>und</strong> Bergbau Rheinland-Pfalz, Deutschland); L. Capar, L. Beccaletto, D.<br />
Cruz-Mermy, P. Elsass, S. Urban (BRGM Orléans, Frankreich); P. Huggenberger, H. Dresmann (Departement<br />
Umweltwissenschaften Universität Basel, Abteilung Angewandte <strong>und</strong> Umweltgeologie,<br />
Schweiz) Kontakt: c/o G. Sokol, Regierungspräsidium Freiburg - Abt.9 Landesamt <strong>für</strong> Geologie, Rohstoffe<br />
<strong>und</strong> Bergbau, Albertstr. 5, 79104 Freiburg i. Br., abteilung9@rpf.bwl.de<br />
Zusammenfassung: In dem von der EU kofinanzierten INTERREG IV A Projekt GeORG erarbeiten Partner aus<br />
Frankreich, Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz eine länderübergreifend harmonisierte Datenbank <strong>und</strong> ein geologisches<br />
3D-Modell, um Geopotenziale des tieferen Untergr<strong>und</strong>es im Oberrheingraben (z.B. tiefe Geothermie, CO2-<br />
Sequestrierung, Mineral-/Thermalwasser) bewerten zu können. Die Herstellung von geometrischer, technischer<br />
<strong>und</strong> semantischer Interoperabilität der Eingangsdaten wie auch die Bereitstellung von Schnittstellen <strong>und</strong> einer<br />
Serverplattform zum Austausch der Arbeitsdaten zwischen den Projektpartnern ist erforderlich, um die 3D-<br />
Modellierung auf der Gr<strong>und</strong>lage homogener Daten realisieren zu können. Die Veröffentlichung der Projektergebnisse<br />
in Form von Geodaten <strong>und</strong> Geodatendiensten im Internet lehnt sich eng an die Vorgaben <strong>und</strong> bestehenden<br />
bzw. derzeit entwickelten Spezifikationen der EU-Richtlinie INSPIRE an. Dies gewährleistet, dass die Produkte<br />
des GeORG-Projekts in interoperabler, standardisierter, dienste- <strong>und</strong> browserorientierter Form der Öffentlichkeit<br />
<strong>und</strong> Fachwelt zur Verfügung gestellt werden. Die technische Umsetzung des Geoportals GeORG stützt<br />
sich dabei vor allem auf Softwareentwicklungen aus dem Open Source-Bereich.<br />
Summary: Within the INTERREG IV A project GeORG partners from France, Germany and Switzerland aim at<br />
a transnationally harmonized databasis and a 3D model of the deep Upper Rhine Graben for the assessment of<br />
geopotentials (deep geothermal energy, storage of CO2, use of mineral and thermal waters). The establishment of<br />
geometric, technical and semantic interoperability of input data as well as interfaces and server platforms for the<br />
exchange of working data between project partners play a central role for the 3D modelling based on homogenized<br />
data. Project results of GeORG will be published in the internet in terms of geodata and geodata services.<br />
For a straightforward, service- and browser-based public access of interoperable and standardized geodata from<br />
the GeORG project, the publication in the Internet will be closely connected to the directives and specifications<br />
of the EU INSPIRE process. The technical implementation of the Geoportal GeORG will be primarily based on<br />
Open Source software developments.<br />
Résumé: Dans le projet GeORG INTERREG IV A, qui est soutenu financièrement par l'Union Européenne, les<br />
partenaires français, allemands et suisses élaborent une banque de données adaptée aux trois pays et un modèle<br />
tri-dimensionnel géologique pour pouvoir évaluer le potentiel géologique profond du Fossé Rhénan Supérieur<br />
(par exemple la géothermie de profondeur, le séquestre du CO2 (dioxyde de carbone), les eaux minérales/thermales).<br />
La production de l'intercompatibilité géométrique, technique et sémantique des données d'entrée<br />
ainsi que la mise à disposition des interfaces et d'une plateforme de serveur pour échanger les données de travail<br />
entre les partenaires sont nécessaires pour pouvoir réaliser le modelage tri-dimensionnel sur la base des données<br />
homogènes. La publication des résultats du projet sous forme de données et de services scientifiques de la Terre<br />
sur internet est conforme aux indications et aux spécifications, déjà existantes et en élaboration actuellement, du<br />
réglement de l'UE INSPIRE. Ceci garantit que les produits du projet GeORG sont mis à la disposition du grand<br />
public et des spécialistes sous forme inter-compatible, standardisée et adaptée aux services électroniques et aux<br />
logiciels. La réalisation technique du portail géoscientifique de GeORG se base essentiellement sur les développements<br />
du logiciel provenant du domaine "Open Source".
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
1 Einleitung<br />
Mit dem Projekt „Geopotenziale des tieferen Untergr<strong>und</strong>es im Oberrheingraben“ (GeORG) haben sich<br />
die Staatlichen Geologischen Dienste von Baden-Württemberg <strong>und</strong> Rheinland-Pfalz zusammen mit<br />
Partnern aus Frankreich <strong>und</strong> der Schweiz zum Ziel gesetzt, eine länderübergreifend harmonisierte<br />
Datenbasis <strong>und</strong> ein dreidimensionales Computermodell des tieferen Untergr<strong>und</strong>es im Oberrheingraben<br />
zu erarbeiten. Zunehmend wichtige Geopotenziale des Oberrheingrabens, z.B. tiefe Geothermie, CO2<strong>und</strong><br />
Druckluftspeicherung oder Vorkommen von Mineral-/Thermalwasser sollen auf diese Weise mit<br />
aktuellen Maßstäben bewertet <strong>und</strong> zukünftig noch besser genutzt werden können. GeORG wird seit<br />
Oktober 2008 durch den Europäischen Fonds <strong>für</strong> regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Projekts<br />
INTERREG IV A Oberrhein kofinanziert. Die Projektträgerschaft liegt beim Landesamt <strong>für</strong> Geologie,<br />
Rohstoffe <strong>und</strong> Bergbau Baden-Württemberg. Zu den fachlich beteiligten Projektpartnern gehören<br />
das Landesamt <strong>für</strong> Geologie <strong>und</strong> Bergbau Rheinland-Pfalz, das Bureau de Recherches Géologiques<br />
et Minières Orléans (BRGM) <strong>und</strong> die Abteilung Angewandte <strong>und</strong> Umweltgeologie der Universität<br />
Basel. Weitere Informationen zum Projekt finden sich im Internet unter<br />
http://www.geopotenziale.org bzw. http://www.geopotenziale.eu.<br />
Das Untersuchungsgebiet in GeORG liegt in der Dreiländerregion Frankreichs, Deutschlands <strong>und</strong> der<br />
Schweiz (Abb.1). Die Datenaufarbeitung <strong>und</strong> 3D-Modellierung konzentriert sich auf ein inneres Modellgebiet<br />
mit einer N-S- bzw. E-W-Ausdehnung von ca. 250 km x 30-50 km. Damit wird der zentrale<br />
Grabenbereich erfasst, in dem seit dem Beginn der Grabenentwicklung im Eozän bis zu 3000 m mächtige<br />
Sedimentgesteine abgelagert wurden. Die Grabenbildung wurde lokal von vulkanischen Aktivitäten<br />
(z.B. im Kaiserstuhl) begleitet. Mehrfache Änderungen im regionalen Spannungsfeld haben zu<br />
einem tektonisch komplexen Gesamtbild des Oberrheingrabens mit z.T. mehrfach überprägten Störungen<br />
geführt, das im südlichen Gebiet durch den diapirartigen Aufstieg von Salzen entlang von Störungszonen<br />
weiter kompliziert wird [1, Kap. 4.5].<br />
Abb.1: Modellgebiete des GeORG-Projekts.
Heiko Zumsprekel & GeORG INTERREG Projektteam<br />
Aufgr<strong>und</strong> der lang zurückreichenden wissenschaftlichen Forschungsarbeiten <strong>und</strong> intensiven Explorationstätigkeiten<br />
im Oberrheingraben kann im Projekt GeORG auf eine Fülle von geologischen Informationen<br />
aus Bohrungen, reflexionsseismischen Messungen, hydrogeologischen Parametern <strong>und</strong> Ergebnissen<br />
aus vorherigen Arbeiten zurückgegriffen werden. Die Originaldaten liegen allerdings in mehrfacher<br />
Hinsicht heterogen vor. Im Workflow des Projekts (Abb.2) stellt daher die Harmonisierung<br />
aller Eingangsdaten nach technischen, geometrischen <strong>und</strong> inhaltlichen Kriterien vor der seismischen<br />
Interpretation <strong>und</strong> dreidimensionalen Modellierung einen wesentlichen Arbeitsschritt dar. Im weiteren<br />
Arbeitsablauf werden nach der 3D-Modellierung <strong>und</strong> Parametrisierung der modellierten geologischen<br />
Körper mit hydrogeologischen Eigenschaften Informationen über Geopotenziale abgeleitet <strong>und</strong> in<br />
Form von thematischen Karten <strong>und</strong> Profilschnitten über Webdienste <strong>und</strong> Internet-Kartenanwendungen<br />
veröffentlicht.<br />
Die Anforderungen von Interoperabilität im Sinne einer Fähigkeit zur Zusammenarbeit ursprünglich<br />
autonomer Systeme müssen im Projekt GeORG sowohl auf der Arbeitsebene wie auf der Ergebnisebene<br />
realisiert werden: Für die Erstellung des 3D-Modells als zentralen Baustein muss auf der Arbeitsebene<br />
allen Bearbeitern im Projekt über eindeutig spezifizierte Schnittstellen der Zugriff auf geometrisch,<br />
semantisch <strong>und</strong> technisch harmonisierte Eingangsdaten möglich sein (s. Abschnitt 2). Für<br />
den vereinfachten, standardisierten <strong>und</strong> browserorientierten öffentlichen Zugriff auf die Projektergebnisse<br />
über moderne Internettechnologien wird eine Interoperabilität nach den Kriterien <strong>und</strong> Anforderungen<br />
der EU-Richtlinie INSPIRE angestrebt (s. Abschnitt 3).<br />
Abb.2: Workflow im Projekt GeORG.<br />
2 Interoperabilität im GeORG-Projekt<br />
2.1 Geometrische Interoperabilität<br />
Aufgr<strong>und</strong> der länderübergreifenden Lage des Untersuchungsgebietes liegen die Eingangsdaten in unterschiedlichen,<br />
jeweils landesüblichen Koordinatenreferenzsystemen bei den Projektpartnern vor:
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
(1) DHDN Gauß-Krüger Zone 3 in Baden-Württemberg <strong>und</strong> Rheinland-Pfalz), (2) Schweizer Militärkoordinaten<br />
<strong>und</strong> (3) Lambert II étendu in Frankreich.<br />
Als einheitliches räumliches Bezugssystem <strong>für</strong> die 3D-Modellierung in GoCAD wurde nach Absprache<br />
unter den Projektpartnern das System DHDN Gauß-Krüger Zone 3 gewählt, sodass Eingangsdaten<br />
<strong>und</strong> Arbeitsdaten der seismischen Interpretation aus der Schweiz <strong>und</strong> Frankreich transformiert werden<br />
müssen. Da die Koordinatenreferenzsysteme auf unterschiedlichen Ellipsoiden beruhen <strong>und</strong> daher<br />
spannungsbeladen sind, werden die Daten in einer Zwei-Schritt-Transformation zunächst vom originären<br />
Koordinatenreferenzsystem (z.B. Lambert II étendu) in das globale Referenzsystem GCS WGS84<br />
<strong>und</strong> anschließend von GCS WGS84 in das erforderliche Koordinatenreferenzsystem (DHDN Gauß-<br />
Krüger Zone 3) transformiert. Mit Hilfe der in ArcGIS implementierten Transformationsmethoden<br />
kann eine im Hinblick auf den angestrebten Modellierungsmaßstab hinreichende Genauigkeit erreicht<br />
werden.<br />
Nach Abschluss der Modellierung soll das 3D-Modell nicht nur in DHDN Gauß-Krüger Zone 3, sondern<br />
auch in den beiden anderen Koordinatensystemen vorgehalten bzw. den Projektpartnern zur Verfügung<br />
gestellt werden. Einfache GoCAD-Objekte können prinzipiell auch im ASCII-Format in Arc-<br />
GIS importiert, transformiert <strong>und</strong> aus ArcGIS wieder exportiert werden. Dies ist jedoch - auch angesichts<br />
der zu prozessierenden Datenmengen - mit einem hohen Zeit- <strong>und</strong> Bearbeitungsaufwand verb<strong>und</strong>en.<br />
Daher wurde im Rahmen einer BSc-Arbeit an der <strong>TU</strong> Freiberg das Standalone-Programm<br />
KoordTrans zur Transformation einfacher GoCAD-Objekte entwickelt [2]. KoordTrans nutzt dabei die<br />
offene Programmbibliothek PROJ.4 zur direkten Umrechnung zwischen geographischen Koordinatensystemen<br />
<strong>und</strong> ermöglicht zudem die Transformation in das System ETRS 1989 UTM, welches die<br />
länderspezifischen Koordinatenreferenzsysteme in Europa zukünftig ablösen wird.<br />
2.2 Technische Interoperabilität<br />
2.2.1 Aufbereitung der Seismikdaten<br />
Ein wichtiger Arbeitsschritt zur Herstellung einer technischen Interoperabilität ist die Aufbereitung<br />
der 2D-reflexionsseismischen Messungen. Die Daten stammen vorwiegend aus den Explorationskampagnen<br />
der Erdölfirmen seit den 1970er Jahren. Die teils digitalen Messdaten, teils gescannten Seismikprofile<br />
liegen in unterschiedlichen Prozessierungen vor (gestapelt bzw. migriert) <strong>und</strong> variieren<br />
hinsichtlich ihres Bezugsniveaus.<br />
Die Neuprozessierung von insgesamt ca. 5400 km reflexionsseismischer 2D-Profile wurde von den<br />
französischen Partnern übernommen <strong>und</strong> umfasst: (1) die Zuweisung eines einheitlichen Bezugsniveaus<br />
(2) die Prozessierung mit modernen Algorithmen zur Verbesserung des Signal/Noise-Ratios <strong>und</strong><br />
zum Amplitudenabgleich (3) die Migration von gestapelten Seismikdaten <strong>und</strong> (4) die Umwandlung<br />
aller Daten in ein standardisiertes digitales SEGY-Format, das direkt in die im Projekt verwendeten<br />
Softwareprodukte zur seismischen Interpretation <strong>und</strong> Modellierung eingelesen werden kann. Durch<br />
die Neuprozessierung konnte auch eine deutliche Qualitätsverbesserung im Vergleich mit älteren<br />
Seismikdarstellungen erreicht werden. Die neu prozessierten Profile zeigen eine höhere Kontinuität<br />
<strong>und</strong> Auflösung von seismischen Horizonten oder Gruppen von Horizonten <strong>und</strong> erlauben eine genauere<br />
geometrische Charakterisierung von Störungszonen.<br />
2.2.2 Aufbereitung weiterer Eingangsdaten<br />
Schichtbeschreibungen <strong>und</strong> stratigraphische Abgrenzungen in Bohrdaten wurden nach ihrer Harmonisierung<br />
(s. Abschnitt 2.3) tabellarisch zusammengefasst bzw. über Skriptanwendungen gezielt aus den<br />
Datenbanken ausgelesen <strong>und</strong> als ASCII-Format in die Software zur seismischen Interpretation <strong>und</strong><br />
Modellierung importiert. Ergebnisdaten aus vorherigen Projekten wie geologischen Kartierungen,<br />
Strukturkarten <strong>und</strong> Tiefenlinienpläne wurden bei Bedarf digitalisiert <strong>und</strong> im Shapefile-Format abgelegt,<br />
das in alle gängigen GIS-Programme sowie in die Modellierungssoftware der Partner problemlos<br />
eingelesen werden kann. Für die Zusammenstellung hydrogeologisch <strong>und</strong> geothermisch relevanter<br />
Parameter wie Temperaturmessungen, hydrochemische Daten <strong>und</strong> Wärmeleitfähigkeitsmessungen<br />
wurde ein Datenbankmodell in Access entwickelt. Die meist tabellarisch vorliegenden Daten werden<br />
vor dem Datenbankimport auf Red<strong>und</strong>anz geprüft <strong>und</strong> die Messeinheiten <strong>und</strong> Korrekturverfahren ver-
Heiko Zumsprekel & GeORG INTERREG Projektteam<br />
einheitlicht. Für die weitere Verwendung können diese Daten in unterschiedlichen Formaten (*.csv,<br />
PostgreSQL, Excel sheets) ausgeliefert werden.<br />
2.2.3 Datenserver im Projekt<br />
Neben der Aufbereitung der Eingangsdaten hinsichtlich ihrer Formate ist auch die Bereitstellung einer<br />
geeigneten Plattform <strong>für</strong> den Datenaustausch zwischen den Projektpartnern zur Umsetzung der technischen<br />
Interoperabilität auf Arbeitsebene erforderlich. Mit Hilfe des webbasierten Dateimanagers<br />
eXtplorer können die Projektmitglieder auch größere Mengen an Arbeitsdaten auf dem Server des<br />
Projekts hoch- bzw. herunterladen <strong>und</strong> so auf einfache Weise austauschen. Vertrauliche Daten werden<br />
durch sichere Authentifizierungsmethoden <strong>und</strong> eine flexible Benutzerverwaltung geschützt.<br />
2.3 Semantische Interoperabilität<br />
Zusätzlich zur geometrischen <strong>und</strong> technischen Interoperabilität muss im Projekt sichergestellt werden,<br />
dass zwischen den Bearbeitern dieselbe Interpretation der Daten - also dieselbe Semantik - ausgetauscht<br />
wird.<br />
Zur Herstellung einer semantischen Interoperabilität müssen in GeORG insbesondere Bohrdaten hinsichtlich<br />
einheitlicher stratigraphischer Bezeichnungen <strong>und</strong> Abgrenzungen überprüft <strong>und</strong> harmonisiert<br />
werden. In den Originalunterlagen der Bohrungen variieren aufgr<strong>und</strong> der lange zurückreichenden Forschungsgeschichte<br />
<strong>und</strong> Explorationstätigkeit die stratigraphischen Bezeichnungen <strong>und</strong> Abgrenzungen<br />
<strong>für</strong> die tertiären <strong>und</strong> quartären Grabensedimente nicht nur mit dem Aufnahmedatum bzw. dem damaligen<br />
Forschungsstand, sondern auch mit dem Bearbeiter <strong>und</strong> hinsichtlich regionaler fazieller Verhältnisse.<br />
Zwar wurden von Bearbeitern dieselben Bezeichnungen wie „Niederröderner Schichten“, Cerithienschichten“,<br />
„Corbiculaschichten“ oder „Hydrobienschichten“ verwendet, jedoch mit z.T. völlig<br />
verschiedener Bedeutung. Vor allem bei den älteren Grabensedimenten fanden „auch verschiedene<br />
regionale Namenssysteme <strong>für</strong> dieselben Schichtenfolgen Anwendung, in denen aber ebenfalls bestimmte<br />
Bezeichnungen <strong>für</strong> unterschiedliche Schichten mehrfach verwendet wurden“ [1, S. 344].<br />
Auf der Basis der bis dahin veröffentlichten Vorschläge der Subkommission Tertiär der Deutschen<br />
Stratigraphischen Kommission 2009 einigten sich daher Vertreter der am GeORG-Projekt beteiligten<br />
geologischen Dienste auf eine einheitliche Nomenklatur <strong>für</strong> die stratigraphischen Einheiten im Tertiär<br />
des Oberrheingrabens im Projektgebiet (Abb.3). Die neue Nomenklatur wurde bei der Überprüfung<br />
<strong>und</strong> Bearbeitung von über 2000 Bohrungen im Projektgebiet angewendet. Sie ist inzwischen auch in<br />
die stratigraphische Systematik der beteiligten Landesdienste <strong>und</strong> in den b<strong>und</strong>esweiten Symbolschlüssel<br />
eingearbeitet.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Abb.3: In GeORG neu entwickelte stratigraphische Nomenklatur der tertiären Grabenfüllung.<br />
Weiterhin wurde zur Herstellung der semantischen Interoperabilität auf der Arbeitsebene eine sprachunabhängige<br />
Nomenklatur <strong>für</strong> geologische Grenzflächen definiert, die seismisch interpretiert <strong>und</strong><br />
modelliert werden (Tab. 1).<br />
Geologische Grenzflächen innerhalb der Grabensedimente, Vorkommen von Vulkaniten <strong>und</strong> Salzstrukturen<br />
sowie in der Seismik erkennbare mesozoische Grenzflächen werden durch die Interpretation<br />
der Seismikprofile <strong>und</strong> Bohrungen in der Zeitdomäne erfasst. Zusätzliche mesozoische <strong>und</strong> paläozoische<br />
Horizonte werden nach der Konvertierung in die Tiefendomäne in das 3D-Modell integriert,<br />
wobei als Gr<strong>und</strong>lagendaten Mächtigkeitsverteilungen aus Bohrungen <strong>und</strong> bestehenden Projektergebnissen<br />
verwendet werden.<br />
Tab. 1: Nomenklatur <strong>und</strong> Interpretationsansatz der geologischen Grenzflächen im Projekt GeORG.<br />
Geologische<br />
Grenzfläche<br />
Bezeichnung<br />
in<br />
GeORG<br />
Seismische<br />
Interpretation<br />
(Zeitdomäne)<br />
Interpretation<br />
über Mächtigkeitsverteilungen<br />
(Tiefendomäne)<br />
Bemerkungen<br />
Junge Magmatite 999_jm x - zumeist tertiäre Magmatite<br />
(z.B. Kaiserstuhl)<br />
Salzstrukturen 998_salt x - diapirartige Körper bzw.<br />
Salzmauern entlang von<br />
Störungszonen;<br />
nur südlicher Grabenbereich<br />
Basis Lockergesteine 010_blg (x) (x) z.T. als Erosionsdiskordanz in<br />
der Seismik zu erkennen;<br />
ggf. Modellierung über
Heiko Zumsprekel & GeORG INTERREG Projektteam<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
Basis Landau-Formation <strong>02</strong>0_bhy x - z.T. als Reflektor in der<br />
Seismik zu erkennen;<br />
nur nördlicher Grabenbereich<br />
Basis Froidefontaine-<br />
Formation<br />
040_bff x - gut erkennbarer seismischer<br />
Reflektor<br />
Basis Tertiär 050_bt x - als Erosionsdiskordanz oder<br />
Obergrenze mesozoischer<br />
Störungen erkennbar<br />
Basis Oberjura 060_bjo - x Modellierung über<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
Top Hauptrogenstein 070_thr x - mesozoischer Referenzhorizont<br />
<strong>für</strong> Modellierung in<br />
Tiefendomäne im südlichen<br />
<strong>und</strong> zentralen Grabenbereich<br />
Basis Keuper 100_bku x - mesozoischer Referenzhorizont<br />
<strong>für</strong> Modellierung in der<br />
Tiefendomäne<br />
Top Salinargesteine des<br />
Mittleren Muschelkalks<br />
110_tms - x Modellierung über<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
Basis Muschelkalk 120_bmu - x Modellierung über<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
Basis Trias 130_btr - x Modellierung über<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
Top Kristallines<br />
Gr<strong>und</strong>gebirge<br />
170_tkr - x Modellierung über<br />
Mächtigkeitsverteilungen<br />
3 Interoperabilität nach den Anforderungen von INSPIRE<br />
Produkte des Projekts GeORG werden neben Projektberichten, fachlichen Publikationen <strong>und</strong> technischen<br />
Dokumentationen vor allem aus dem 3D-Modell abgeleitete thematische Karten <strong>und</strong> Profilschnitte<br />
sein. Sie werden sowohl in Druckform als auch über ein Geoportal im Internet in Form von<br />
Kartenanwendungen <strong>und</strong> Webdiensten zur Verfügung gestellt.<br />
Die Bereitstellung der Projektergebnisse wird sich dabei möglichst eng an die Vorgaben aus der IN-<br />
SPIRE-Richtlinie zum Aufbau einer europäischen Geodateninfrastruktur anlehnen. Die mit INSPIRE<br />
angestrebte Interoperabilität, die einen institutionsübergreifenden, grenzüberschreitenden <strong>und</strong> vereinfachten<br />
Zugriff auf Geodaten, Geometadaten <strong>und</strong> Geodatendienste ermöglichen wird, birgt sowohl <strong>für</strong><br />
die Anbieter von Geodaten <strong>und</strong> Geodatendiensten als auch <strong>für</strong> deren Nutzer ein großes Potenzial [3].<br />
Durch den Aufbau eines interoperablen, hierarchisch strukturierten europäischen GDI-Netzwerkes,<br />
das z.B. die Suche nach Geodaten <strong>und</strong> Geodatendiensten kleiner Anbieter auch auf übergeordneten<br />
Geoportalen erlaubt, wird eine dezentrale Haltung <strong>und</strong> Pflege der Geodaten <strong>und</strong> Geodatendienste bei<br />
den Behörden des Landes <strong>und</strong> der Kommunen vor Ort ausdrücklich gefördert <strong>und</strong> gestärkt.<br />
Die Richtlinien <strong>und</strong> technischen Spezifikationen sind im Falle von Metadatenbeschreibungen sowie<br />
<strong>für</strong> den Aufbau von Diensten zur Suche, Darstellung <strong>und</strong> zum Download von Geodaten bereits weit<br />
fortgeschritten [4]. Spezifikationen der Datenmodelle <strong>für</strong> geologische Daten wie Bohrdaten, geologische<br />
<strong>und</strong> geomorphologische Einheiten, geophysikalische Modelle <strong>und</strong> Messungen oder Gr<strong>und</strong>wasserkörper<br />
werden im Themenbereich Annex II von INSPIRE behandelt <strong>und</strong> derzeit erarbeitet. GeORG<br />
ist hierbei als Use Case <strong>für</strong> die Implementierung des INSPIRE Annex II Geologie gemeldet.
9. Freiberger Forum Geoinformationstechnologie<br />
Bei der konkreten Umsetzung zur Bereitstellung INSPIRE-konformer Dienste <strong>für</strong> die Suche, Darstellung<br />
<strong>und</strong> den Download von Geodaten werden im GeORG-Projekt vorwiegend Open Source-<br />
Softwareprodukte eingesetzt: Mit dem Programm GeoNetwork [5] sollen ein INSPIRE-konfomer<br />
CSW-Dienst <strong>für</strong> die Suche nach Geodaten bereitgestellt <strong>und</strong> Metadatenprofile nach den Anforderungen<br />
von INSPIRE <strong>und</strong> den Geodateninfrastrukturen Baden-Württembergs <strong>und</strong> der Schweiz erstellt<br />
werden. GeoNetwork erlaubt zudem eine Validierung der Schemata von Metadatenprofilen <strong>und</strong> verfügt<br />
über eine Harvesting-Funktion, mit der Metadaten automatisiert in andere Suchportale transferiert<br />
werden können. Die Umsetzung von Darstellungsdiensten nach INSPIRE wird mit den Open Source<br />
Softwarepaketen GeoServer [6] <strong>und</strong> UMN Mapserver [7] getestet.<br />
4 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick<br />
Interoperabilität wurde in dem länderübergreifenden Projekt GeORG als eine unabdingbare Voraussetzung<br />
erkannt, um die Erarbeitung einer vereinheitlichten geologischen Datenbasis <strong>und</strong> eines konsistenten<br />
3D-Modells über den tieferen Untergr<strong>und</strong> des Oberrheingrabens realisieren zu können. Die<br />
Herstellung von Interoperabilität auf der Arbeitsebene des Projekts erfordert insbesondere (1) die Festlegung<br />
von Methoden der technischen Prozessierung <strong>und</strong> geometrischen Transformation von Daten,<br />
(2) die Harmonisierung der sehr heterogen vorliegenden Originaldaten (3) die Umwandlung der Eingangsdaten<br />
in gängige Datenformate zum problemlosen Import in spezielle Software, (3) eine klare<br />
Begriffsdefinition <strong>und</strong> Nomenklatur bei der Interpretation der Daten <strong>und</strong> (4) die Bereitstellung geeigneter<br />
Schnittstellen <strong>und</strong> einer Serverplattform <strong>für</strong> den Arbeitszugriff auf Eingangsdaten <strong>und</strong> den Austausch<br />
von Arbeitsdaten bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten. Die Interoperabilität<br />
auf der Arbeitsebene ist in GeORG weitgehend erreicht, sodass sich die derzeitigen fachlichen<br />
Arbeiten vorwiegend auf die Erstellung des geologischen 3D-Modells konzentrieren.<br />
Durch die Einbindung in den INSPIRE-Prozess können die Ergebnisse des Projekts in standardisierter,<br />
dienste- <strong>und</strong> browserorienterter Form veröffentlicht werden. Bei der prototypischen Entwicklung des<br />
Geoportals in GeORG werden vorwiegend Open Source-Programme <strong>für</strong> die Bereitstellung der Geodaten<br />
<strong>und</strong> Geodatendienste verwendet, da OGC- <strong>und</strong> ISO-Standardisierungen <strong>und</strong> INSPIRE-<br />
Spezifikationen in diesen Programmen oftmals schneller implementiert werden als in vergleichbaren<br />
proprietären Softwarelösungen.<br />
Auch die webbasierte 3D-Darstellung von ausgewählten Teilbereichen des geologischen Modells wäre<br />
hinsichtlich der Veröffentlichung von Ergebnissen des GeORG-Projekts wünschenswert. Für 3D-<br />
Geowebdienste sind bisher Vorschläge <strong>für</strong> zukünftige OGC-Standards eingeführt worden. Die angenommenen<br />
Entwürfe <strong>für</strong> diesen Standard liegen in Form des WVS <strong>und</strong> des W3DS vor [8, 9]. In IN-<br />
SPIRE werden Spezifikationen <strong>für</strong> das Datenmodell <strong>und</strong> die webbasierte Darstellung von geologischen<br />
3D-Daten hingegen nicht berücksichtigt.<br />
5 Danksagungen<br />
Das Projekt GeORG wird durch den Europäischen Fonds <strong>für</strong> regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen<br />
des Projekts INTERREG IV A Oberrhein (Projekt C3) gefördert. Partner im Projekt sind das<br />
Regierungspräsidium Freiburg - Abt. 9 Landesamt <strong>für</strong> Geologie, Rohstoffe <strong>und</strong> Bergbau Baden-<br />
Württemberg, das Landesamt <strong>für</strong> Geologie <strong>und</strong> Bergbau Rheinland-Pfalz, das Bureau de Recherches<br />
Géologiques et Minières Orléans (BRGM), die Abteilung Angewandte <strong>und</strong> Umweltgeologie der Universität<br />
Basel, das Amt <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Energie des Kantons Basel-Stadt, das Amt <strong>für</strong> Militär <strong>und</strong><br />
Bevölkerungsschutz <strong>und</strong> das Amt <strong>für</strong> Umweltschutz <strong>und</strong> Energie des Kantons Basel-Landschaft, die<br />
Schweizerische Eidgenossenschaft, die Région Alsace, die Conseil Général Bas-Rhin (CG 67) <strong>und</strong><br />
Haut-Rhin (CG 68), die Agence de l'Environnement et de la Maîtrise de l'Energie (ADEME) <strong>und</strong> die<br />
Kommission Klimaschutz der Oberrheinkonferenz Frankreich, Schweiz, Deutschland. Unser Dank gilt<br />
allen Partnern <strong>für</strong> die Förderung des Projekts <strong>und</strong> die gute Zusammenarbeit.<br />
Der Wirtschaftsverband Erdöl <strong>und</strong> Erdgasgewinnung (WEG) unterstützt die Nutzung von Daten aus<br />
der Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasexploration. Ein besonderer Dank gilt daher dem WEG <strong>und</strong> den Firmen<br />
ExxonMobil Production Deutschland GmbH, Gaz de France Produktion Exploration Deutschland<br />
GmbH, RWE Dea AG <strong>und</strong> Wintershall Holding AG Erdölwerke.
Heiko Zumsprekel & GeORG INTERREG Projektteam<br />
6 Literatur<br />
[1] GEYER, O.F. & GWINNER, M.P (<strong>2011</strong>): Geologie von Baden-Württemberg. - 5. völlig neu bearbeitete Auflage<br />
von GEYER, M., NITSCH, E. & SIMON, T., 627 S., Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.<br />
[2] KARICH, F. (2010): Erstellung eines Standalone-Programms zur Koordinatentransformation von GoCAD-<br />
Objekten im Projekt GeORG. - BSc-Arbeit, 30 S., Technische Universität <strong>Bergakademie</strong> Freiberg.<br />
[3] RUNDER TISCH GIS e.V. (2010): INSPIRE - Gr<strong>und</strong>lagen, Beispiele, Testergebnisse. - 5. vollständig überarbeitete<br />
<strong>und</strong> erweiterte Auflage, URL http://www.r<strong>und</strong>ertischgis.de/infobroschuere (16.05.<strong>2011</strong>).<br />
[4] EUROPEAN COMMISSION INSPIRE: http://inspire.jrc.ec.europa.eu/ (16.05.<strong>2011</strong>).<br />
[5] GEONETWORK: http://www.geonetwork-opensource.org/ (16.05.<strong>2011</strong>).<br />
[6] GEOSERVER: http://geoserver.org/ (16.05.<strong>2011</strong>).<br />
[7] UMN MAPSERVER: http://mapserver.org/ (16.05.<strong>2011</strong>).<br />
[8] OPEN GEOSPATIAL CONSORTIUM: OGC's Purpose and Structure, http://www.opengeospatial.org/ogc/faq,<br />
(23.09.2010).<br />
[9] SCHILLING, A., OVER, M. & ZIPF A. (2010): Offene Standards <strong>für</strong> 3D-Anwendungen. - GIS Business 3/2010,<br />
S. 44-47.