Datentransfer im Weltall - Brunel GmbH
Datentransfer im Weltall - Brunel GmbH
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technische projekte<br />
<strong>Datentransfer</strong> <strong>im</strong> <strong>Weltall</strong><br />
Wireless-LAN macht’s möglich: Informationsübertragung innerhalb weniger Sekunden. Und<br />
auch zwischen Erde und All ist dank moderner Lasertechnologie eine schnelle und zuverlässige<br />
Datenübertragung selbstverständlich. Ein neuer Lasertyp soll nun per Satellit für eine<br />
bessere Wettervorhersage und eine genauere Einschätzung der Kl<strong>im</strong>aentwicklung sorgen.<br />
tex t › Jörg Riedel<br />
Vor 44 Jahren flog die Raumsonde Mariner 4 in<br />
einer Entfernung von 10.000 Kilometern am<br />
Mars vorbei. Die für damalige Verhältnisse sensationellen<br />
Bilder von der Oberfläche des Planeten<br />
wurden pro Bild innerhalb von acht Stunden<br />
mit einer Übertragungsrate von 8,3 bit pro<br />
Sekunde per Funkwellen zur Erde gesendet. Heute<br />
ist die drahtlose Weitergabe von Information<br />
selbst für den Hausgebrauch viel leistungsfähiger<br />
und schneller: So lassen sich problemlos<br />
per WLAN umfangreiche Daten, wie beispielsweise<br />
Filme aus dem Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit<br />
von bis zu 10 Megabits pro<br />
Sekunde empfangen.<br />
oPtische FreirAuMkoMMunik Ation<br />
erMöglicht dAtenübertrAgung über<br />
grosse distAnzen<br />
Der Umfang und die wachsende Komplexität von<br />
Daten erfordern <strong>im</strong>mer leistungsstärkere Übertragungsmedien.<br />
Dabei spielt die optische Weiterleitung<br />
mittels lichtleitender Verbindungen eine<br />
ganz zentrale Rolle – seit mehr als dreißig Jahren<br />
werden hierfür Glasfaserkabel benutzt. Neu<br />
ist die optische Freiraumkommunikation. Hierbei<br />
werden die Daten als Signale auf einen Laserstrahl,<br />
die Trägerfrequenz, „aufgeprägt“ oder aufmoduliert:<br />
Die zu übertragenden Signale verändern<br />
dieses Trägersignal so, dass sie weitergeleitet<br />
werden können. So lassen sich Daten über<br />
32<br />
der Spezialist<br />
Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast<br />
große Entfernungen durch den freien Raum transportieren.<br />
Diese Lasertechnologie zur Datenübertragung<br />
zwischen Erde und Weltraum findet beispielsweise<br />
bei Satelliten ihre Anwendung, mit<br />
denen Wetter, Kl<strong>im</strong>a und Umwelt beobachtet<br />
werden.<br />
„Die Lasertechnologie ist ein spannendes Arbeitsfeld,<br />
das jetzt und auch in Zukunft eine wichtige<br />
Rolle spielen wird“, sagt Thomas Ester, Ingenieur<br />
der Elektronik und Informationstechnik und<br />
<strong>Brunel</strong> Mitarbeiter. „Diesem Bereich traue ich eine<br />
wachsende Bedeutung und viele Einsatzmöglichkeiten<br />
zu.“ Seit Ende des letzten Jahres unterstützt<br />
der 26-Jährige die Tesat-Spacecom <strong>GmbH</strong> & Co.<br />
KG, dem Marktführer auf dem Gebiet der Satellitenkommunikation.<br />
Im Bereich der Sendeverstärker<br />
– Travelling Wave Tube Amplifier (TWTA) –<br />
besitzt das Unternehmen einen Anteil von 50<br />
Prozent auf dem Weltmarkt. Im Jahr 2008 wurde<br />
ein neues, von der Tesat-Spacecom entwickeltes<br />
Produkt zur Satellitenkommunikation <strong>im</strong> Weltraum<br />
eingesetzt: das Laser-Terminal zur optischen<br />
Breitbandkommunikation (LCT). Zwischen dem<br />
deutschen Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X<br />
und dem US-amerikanischen Testsatelliten NFIRE<br />
konnte mittels des LCT über eine Entfernung<br />
von 5.000 Kilometern eine Datenverbindung zur<br />
Kommunikation aufgebaut und aufrechterhalten<br />
werden – mit einer Leistung von 5,5 Gigabit<br />
pro Sekunde. Das entspricht in etwa der Weiterleitung<br />
einer Datenmenge von 200.000 DIN-A4-<br />
Porträt<br />
Dipl.-Ing. Thomas Ester<br />
testet bei Tesat-Spacecom<br />
die Kontrollelektronik.<br />
Der 26-jährige Elektronik-<br />
Spezialist hat nach einer<br />
Ausbildung zum Industrieelektroniker<br />
an der<br />
Hochschule Heilbronn<br />
studiert, bevor er <strong>im</strong> Jahr<br />
2008 seine Karriere bei<br />
<strong>Brunel</strong> startete.
Seiten pro Sekunde oder 400 DVDs in der Stunde.<br />
Bedingt durch einen sehr feinen Laserstrahl wurden<br />
die Daten zudem mit einem geringeren Energieaufwand<br />
gesendet als bislang üblich.<br />
hochFrequenzstAbile reFerenzlAser<br />
zur beobAchtung der erde<br />
Seit 2002 besetzt die Tesat-Spacecom ein weiteres<br />
Arbeitsfeld, das vor allem unter wissenschaftlichen<br />
Gesichtspunkten bedeutsam ist und das<br />
kommerzielle Kerngeschäft des Unternehmens<br />
ergänzt: die Entwicklung von hochfrequenzstabilen<br />
Referenzlasern. Dieser Lasertyp – der Groß-<br />
teile der Tesat-Lasertechnologien in sich vereinigt<br />
– wird <strong>im</strong> Rahmen des Programms zur Erdbeobachtung<br />
der European Space Agency (ESA)<br />
eingesetzt. Der Satellit ADM-Aeolus (Atmospheric<br />
Dynamics Mission) soll die Windbewegungen in<br />
der Atmosphäre messen, um damit sowohl einen<br />
Beitrag zur verbesserten Wettervorhersage zu<br />
leis ten als auch die langfristige Entwicklung des<br />
Erdkl<strong>im</strong>as präziser einschätzen zu können.<br />
An Bord des Satelliten ist der hochfrequenzstabile<br />
Laser Bestandteil eines LIDAR-Systems (Light<br />
Detecting And Ranging). LIDAR ist eine Technologie,<br />
mit der Entfernungen und Geschwindigkeiten<br />
sowie Wetterveränderungen und andere<br />
technische projekte<br />
› 21<br />
› 21<br />
Die Tesat-Laser-Terminals<br />
zeichnen sich durch eine<br />
wesentlich höhere Leistungsfähigkeit<br />
als frühere<br />
Modelle der Europäischen<br />
Raumfahrtagentur ESA<br />
aus. Sie sind darüber<br />
hinaus auch kleiner und<br />
effizienter.<br />
der Spezialist 33
technische projekte<br />
atmosphärische Parameter gemessen werden<br />
können. Ein LIDAR-System ist vergleichbar mit<br />
einem Radar, jedoch werden statt Funkwellen viel<br />
empfindlichere Laserstrahlen verwendet. LIDAR-<br />
Systeme stellen besondere Herausforderungen<br />
an die verwendeten Laserquellen, denn das Verfahren<br />
nutzt Licht<strong>im</strong>pulse unterschiedlicher Wellenlängen.<br />
Diese Impulse, die Laserpulse, ermöglichen<br />
es, die Konzentration des atmosphärischen<br />
Wasserdampfs rund um den Globus präzise zu<br />
messen. Daraus lassen sich insbesondere Erkenntnisse<br />
gewinnen über die Entwicklung des natürlichen<br />
und des vom Menschen beeinflussten<br />
Treibhauseffekts.<br />
testPhAse gArAntiert zuverlässigkeit<br />
von reFerenzlAsern<br />
Im Team des Referenzlaser-Projekts der Tesat-<br />
Spacecom arbeitet Thomas Ester mit. Sein Arbeitsschwerpunkt<br />
ist es, die Kontrollelektronik des<br />
Lasers zu testen. Mit der Flughardware s<strong>im</strong>uliert<br />
er <strong>im</strong> Laserlabor die besonderen Bedingungen,<br />
34<br />
der Spezialist<br />
denen die Laser <strong>im</strong> <strong>Weltall</strong> ausgesetzt sind, wie<br />
etwa die Einflüsse des Vakuums, der Schwingungen,<br />
der Strahlung oder der Temperatur. Er<br />
führt Messungen durch und justiert entsprechend<br />
der Ergebnisse gegebenenfalls die Steuerelektronik,<br />
bis sie die Anforderungen erfüllt.<br />
„Für mich bietet dieses anspruchsvolle Projekt<br />
eine sehr gute Gelegenheit, mich intensiv mit<br />
› 23<br />
› 22<br />
› 22<br />
Laser-Kommunikationsterminal<br />
in der Produktionshalle:<br />
Bevor es in den<br />
Weltraum geht, wird in<br />
aufwändigen Testreihen<br />
die volle Funktionstüchtigkeit<br />
sichergestellt.<br />
› 23<br />
Thomas Ester führt Messungen<br />
unter Weltraumbedingungen<br />
in einer<br />
Thermo-Vakuum-Kammer<br />
durch. Je nach Ergebnis<br />
passt er die Justierung der<br />
Steuerelektronik an.
der Schnittstelle zwischen Elektronik und Optik<br />
zu beschäftigen“, so der 26-Jährige. Die Relevanz<br />
der umfangreichen Testprozeduren liegt auf der<br />
Hand: „Die weltraumqualifizierten Referenzlaser<br />
müssen während der kompletten Betriebszeit<br />
unter den schwierigen Bedingungen <strong>im</strong> All genau<br />
und zuverlässig arbeiten – und das muss sichergestellt<br />
werden.“ Sowohl die Erfassung der Messdaten<br />
als auch die anschließende Auswertung<br />
geschieht softwaregestützt. Dabei ist für Thomas<br />
Ester der Umgang mit der Entwicklungsumgebung<br />
und Programmiersprache LabVIEW (Laboratory<br />
Virtual Instrument Engineering Workbench)<br />
selbstverständlich.<br />
bedeutung und einsAtzMöglichkeiten<br />
der lAsertechnik Werden zunehMen<br />
Die Ergebnisse stellt der Ingenieur in Berichten<br />
zusammen, gibt diese an die verantwortlichen<br />
Mitarbeiter des Projekts weiter und st<strong>im</strong>mt die<br />
› 24<br />
Kommunikation mit den Beteiligten für die weiteren<br />
Arbeitsschritte ab. „Eine ausführliche Dokumentation<br />
der Messungen ist ein wesentlicher<br />
Bestandteil meiner Arbeit und bei Projekten wie<br />
diesem grundlegend. Es dürfen keine zeitlichen<br />
Reibungsverluste durch unzureichenden Informationsfluss<br />
entstehen“, beschreibt der <strong>Brunel</strong> Mitarbeiter<br />
seine Tätigkeit. Dabei kann er sich auch<br />
auf seine, während des Studiums erworbenen,<br />
guten Fremdsprachenkenntnisse verlassen, denn<br />
die Dokumentation geschieht vollständig auf Englisch.<br />
Schließlich handelt es sich um ein internationales<br />
Projekt, an dem neben der Tesat-Spacecom<br />
und der ESA auch die EADS-Astrium, der Raumfahrt-Tochterkonzern<br />
der EADS (European Aeronautic<br />
Defense and Space Company), beteiligt ist.<br />
Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2009<br />
werden die drei den ADM-Aeolus auf seine Reise<br />
ins <strong>Weltall</strong> schicken.<br />
technische projekte<br />
› 24<br />
Die Satelliten TerraSAR-X<br />
und NFIRE begegnen sich<br />
mehrmals täglich. In einem<br />
Zeitfenster von 20 Minuten<br />
wird die Datenübertragung<br />
via Laser-Vermittlung<br />
hergestellt.<br />
inFo<br />
Seit 40 Jahren stattet die<br />
Tesat-Spacecom <strong>GmbH</strong> &<br />
Co. KG mit Sitz in Backnang<br />
bei Stuttgart weltweit<br />
Satelliten mit Kommunikationstechnologien<br />
aus.<br />
Mit seinen mittlerweile<br />
rund 950 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern hat das<br />
Unternehmen bis heute<br />
rund 500 <strong>Weltall</strong>-Projekte<br />
abgewickelt.<br />
der Spezialist 35