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o-ton urs alt<strong>ha</strong>us <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, <strong>ich</strong> <strong>gebe</strong> <strong>es</strong> <strong>zu</strong>, <strong>bis</strong> <strong>vor</strong> <strong>wenigen</strong> <strong>Tagen</strong> <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> von Ihnen noch nie etwas gehört, und <strong>ich</strong> <strong>ha</strong>be auch fast keine Zeitungsartikel über Sie gefunden – aber wenn <strong>ich</strong> Ihre Filmografie ansehe, bin <strong>ich</strong> beeindruckt. Bin <strong>ich</strong> nun ein Banause, oder machen Sie etwas falsch und s<strong>ich</strong> selber <strong>zu</strong> wenig bekannt in der Schweiz? Wollen Sie hier gar n<strong>ich</strong>t bekannt werden? Ja, das ist schon so, dass <strong>ich</strong> hier<strong>zu</strong>lande n<strong>ich</strong>t sehr bekannt bin – und <strong>zu</strong>m Teil ist <strong>es</strong> durc<strong>ha</strong>us so gewollt. Ich bin froh, hier in der Schweiz leben <strong>zu</strong> können, ohne dass <strong>ich</strong> ständig erkannt und ang<strong>es</strong>prochen werde. In Italien ist das anders, dort kann <strong>ich</strong> keinen Schritt tun, ohne dass man m<strong>ich</strong> erkennt. War denn Sc<strong>ha</strong>uspieler <strong>zu</strong> werden schon immer Ihr Traum? Nein, als Bub wollte <strong>ich</strong> Pelé werden – seine Hautfarbe <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> ja, aber <strong>es</strong> <strong>ha</strong>t am Talent gefehlt. Sie <strong>ha</strong>ben <strong>es</strong> ja immerhin <strong>bis</strong> <strong>zu</strong>m FC Zür<strong>ich</strong> g<strong>es</strong>c<strong>ha</strong>fft. Ja, 1972/73 <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong> beim FC Zür<strong>ich</strong> Fussball g<strong>es</strong>pielt, bei den R<strong>es</strong>erven. Das war in der Ära Konietzka, als der FCZ auf dem Weg ganz nach oben war, kurz darauf wurde er drei Mal hintereinander Schweizer Meister. Ohne m<strong>ich</strong> allerdings, denn im Training <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> am Arm verletzt, und damit war <strong>es</strong> aus mit meiner Karriere. Das muss ja ein zieml<strong>ich</strong>er Schlag für Sie gew<strong>es</strong>en sein. Es war schlimm. Ich <strong>ha</strong>be lange Zeit darunter gelitten, <strong>ha</strong>be m<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>erst als Krüppel gefühlt und war lange Zeit sehr empfindl<strong>ich</strong> bei di<strong>es</strong>em Thema. Erst mit der Zeit kam <strong>ich</strong> darüber hinweg, und jetzt <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> mit meinem Arm und meinem Unglück von damals Frieden g<strong>es</strong>chlossen. Wobei mir die Rolle d<strong>es</strong> Aristotel<strong>es</strong> im 1984 erschienenen Fussballer-Film «L’Allena- tore nel Pallone» sehr geholfen <strong>ha</strong>t. Ich war der brasilianische Fussball-Held in der italienischen Serie A und spielte mit den Fussballgöttern wie Zico, Carlo Ancelotti, Roberto Bruzzo, Luciano Spinosi und anderen. Wie <strong>ha</strong>ben Sie auf di<strong>es</strong>en Unfall reagiert? Während di<strong>es</strong>er Zeit absolvierte <strong>ich</strong> eine KV-Lehre bei einem Reisebüro, aber mir war klar, dass di<strong>es</strong> n<strong>ich</strong>t mein Leben sein würde. Ich wollte zwar auf jeden Fall die Lehre beenden, aber eigentl<strong>ich</strong> faszinierte m<strong>ich</strong> die Mode viel mehr. Und dann traf <strong>ich</strong> einen Fotografen der Schweizer Illustrierten, der mir sagte: Du musst unbedingt als Model arbeiten. Damals wusste <strong>ich</strong> noch gar n<strong>ich</strong>ts über di<strong>es</strong><strong>es</strong> G<strong>es</strong>chäft. Aber <strong>ich</strong> bewarb m<strong>ich</strong>, doch bei der grössten Zürcher Agentur Fotogen sagte man mir: Neger <strong>ha</strong>ben keine C<strong>ha</strong>nce. Es war dann die renommierte Agentur Time, die mir di<strong>es</strong>e C<strong>ha</strong>nce doch gab. Und dann wandten Sie s<strong>ich</strong> der Sc<strong>ha</strong>uspielerei <strong>zu</strong>? Die Sc<strong>ha</strong>uspielerei inter<strong>es</strong>sierte m<strong>ich</strong> sehr, und <strong>ich</strong> dachte, <strong>ich</strong> könnte mir mit dem Modeln die Sc<strong>ha</strong>uspielschule finanzieren. 22 Ich bewarb m<strong>ich</strong> bei der Sc<strong>ha</strong>uspielschule in Zür<strong>ich</strong>, aber auch dort sagte der Direktor, <strong>ich</strong> solle mir das noch einmal überlegen, Schwarze könnten hier n<strong>ich</strong>t Sc<strong>ha</strong>uspieler werden. Anscheinend li<strong>es</strong>sen Sie s<strong>ich</strong> dadurch n<strong>ich</strong>t entmutigen. Zu di<strong>es</strong>er Zeit lancierte Yv<strong>es</strong> Saint Laurent gerade seine erste Kampagnen mit schwarzen Modellen. Da dachte <strong>ich</strong> mir, das ist meine C<strong>ha</strong>nce, und im Herbst 76 kaufte <strong>ich</strong> mir ein Billet Flüelen – Paris 2. Klasse und reiste nach Paris. Dort stellte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> bei der b<strong>es</strong>ten Agentur <strong>vor</strong>. Ich <strong>ha</strong>tte <strong>bis</strong> dahin erst einige wenige internationale Jobs ge<strong>ha</strong>bt und nur ein paar kleine 9-mal-13-Zentimeter-Fotos, aber noch kein Modelbuch – <strong>ich</strong> wusste n<strong>ich</strong>t einmal, was das ist. Und so wurde <strong>ich</strong> belächelt, aber n<strong>ich</strong>t engagiert. Auch sagten mir die Leute di<strong>es</strong>er Agentur, sie hätten schon einen schwarzen Star. Und rieten mir, m<strong>ich</strong> bei der Konkurrenz, bei der Agentur Elite <strong>vor</strong><strong>zu</strong>stellen. Wie sc<strong>ha</strong>fften Sie den Einstieg ins Busin<strong>es</strong>s trotzdem? Die Chefin von Elite war Schweizerin. Sie erbarmte s<strong>ich</strong> meiner und sagte, weisst du was, <strong>ich</strong> ruf jetzt Yv<strong>es</strong> Saint Laurent an, und du sagst ihm dann, du kämst aus New York und hätt<strong>es</strong>t dein Gepäck mit deinen Unterlagen verloren. Das wars dann, am nächsten Tag durfte <strong>ich</strong> für seine Russian Collection laufen, eine seiner b<strong>es</strong>ten Kollektionen. Und so war <strong>ich</strong> im G<strong>es</strong>chäft. Der Durchbruch. Der Durchbruch, ja – für die Rückfahrt nach Flüelen leistete <strong>ich</strong> mir dann eine Fahrkarte 1. Klasse. Anschli<strong>es</strong>send ging <strong>ich</strong> nach New York, und 1977 war <strong>ich</strong> als erst<strong>es</strong> schwarz<strong>es</strong> Model auf dem Cover d<strong>es</strong> US-Magazins GQ . Es scheint, dass man als Schweizer für den Erfolg im Showbusin<strong>es</strong>s einfach auswandern muss. Zum einen ist der Schweizer Markt so klein, dass die C<strong>ha</strong>nce, ein internationaler Star <strong>zu</strong> werden, winzig ist. Bei mir kommt aber noch etwas ander<strong>es</strong> hin<strong>zu</strong>: In der Schweiz wäre damals ein Schwarzer n<strong>ich</strong>t einmal in einen Katalog ge kommen. Und war <strong>es</strong> im Ausland anders? In Paris lief <strong>es</strong> mir sehr gut, <strong>ich</strong> wurde immer wieder gebucht, aber <strong>ich</strong> begriff damals gar n<strong>ich</strong>t, dass <strong>ich</strong> damit eine Ausnahme war. Das Gle<strong>ich</strong>e galt auch für Deutschland wo <strong>ich</strong> viel arbeiten konnte und absolute Top-Aufträge erhielt. Eine Ausnahme? Worauf führen Sie di<strong>es</strong> <strong>zu</strong>rück? S<strong>ich</strong>er <strong>ha</strong>t geholfen, dass <strong>ich</strong> ein Mischling bin, aber auch, dass <strong>ich</strong> über eine solide europäische Ausbildung verfügte. Und über schweizerische Qualitäten wie Zuverlässigkeit, Seriosität? Absolut. Man erlebt das ja immer wieder, dass Junge, die im Showbusin<strong>es</strong>s oder etwa im Sport rasch viel Erfolg <strong>ha</strong>ben, die