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Urs Althaus, ich gebe es zu, bis vor wenigen Tagen ha

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o-ton urs alt<strong>ha</strong>us<br />

20<br />

«In di<strong>es</strong>em Moment<br />

gibt <strong>es</strong> n<strong>ich</strong>ts<br />

Schöner<strong>es</strong>»<br />

Er wuchs als farbiger Bub im erzkonservativen<br />

Kanton Uri auf. Dann zog er in die Welt<br />

hinaus und wurde erfolgre<strong>ich</strong>. Jetzt ist er<br />

<strong>zu</strong>rück in der Heimat und will die Welt nach<br />

Uri bringen: <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, Ex-Fotomodell,<br />

Sc<strong>ha</strong>uspieler, Berater und Zigarrenraucher.<br />

IntervIew: HEInI LütHy Fotos: MArcEL StUDEr


o-ton urs alt<strong>ha</strong>us<br />

21


o-ton urs alt<strong>ha</strong>us<br />

<strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, <strong>ich</strong> <strong>gebe</strong> <strong>es</strong> <strong>zu</strong>, <strong>bis</strong> <strong>vor</strong> <strong>wenigen</strong> <strong>Tagen</strong> <strong>ha</strong>be<br />

<strong>ich</strong> von Ihnen noch nie etwas gehört, und <strong>ich</strong> <strong>ha</strong>be<br />

auch fast keine Zeitungsartikel über Sie gefunden –<br />

aber wenn <strong>ich</strong> Ihre Filmografie ansehe, bin <strong>ich</strong> beeindruckt.<br />

Bin <strong>ich</strong> nun ein Banause, oder machen Sie etwas<br />

falsch und s<strong>ich</strong> selber <strong>zu</strong> wenig bekannt in der Schweiz?<br />

Wollen Sie hier gar n<strong>ich</strong>t bekannt werden?<br />

Ja, das ist schon so, dass <strong>ich</strong> hier<strong>zu</strong>lande n<strong>ich</strong>t sehr bekannt<br />

bin – und <strong>zu</strong>m Teil ist <strong>es</strong> durc<strong>ha</strong>us so gewollt. Ich bin froh, hier<br />

in der Schweiz leben <strong>zu</strong> können, ohne dass <strong>ich</strong> ständig erkannt<br />

und ang<strong>es</strong>prochen werde. In Italien ist das anders, dort kann<br />

<strong>ich</strong> keinen Schritt tun, ohne dass man m<strong>ich</strong> erkennt.<br />

War denn Sc<strong>ha</strong>uspieler <strong>zu</strong> werden schon immer Ihr Traum?<br />

Nein, als Bub wollte <strong>ich</strong> Pelé werden – seine Hautfarbe <strong>ha</strong>be<br />

<strong>ich</strong> ja, aber <strong>es</strong> <strong>ha</strong>t am Talent gefehlt.<br />

Sie <strong>ha</strong>ben <strong>es</strong> ja immerhin <strong>bis</strong> <strong>zu</strong>m FC Zür<strong>ich</strong> g<strong>es</strong>c<strong>ha</strong>fft.<br />

Ja, 1972/73 <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong> beim FC Zür<strong>ich</strong> Fussball g<strong>es</strong>pielt,<br />

bei den R<strong>es</strong>erven. Das war in der Ära Konietzka, als der<br />

FCZ auf dem Weg ganz nach oben war, kurz darauf wurde er<br />

drei Mal hintereinander Schweizer Meister. Ohne m<strong>ich</strong> allerdings,<br />

denn im Training <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> am Arm verletzt, und<br />

damit war <strong>es</strong> aus mit meiner Karriere.<br />

Das muss ja ein zieml<strong>ich</strong>er Schlag für Sie gew<strong>es</strong>en sein.<br />

Es war schlimm. Ich <strong>ha</strong>be lange Zeit darunter gelitten, <strong>ha</strong>be<br />

m<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>erst als Krüppel gefühlt und war lange Zeit sehr empfindl<strong>ich</strong><br />

bei di<strong>es</strong>em Thema. Erst mit der Zeit kam <strong>ich</strong> darüber<br />

hinweg, und jetzt <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> mit meinem Arm und meinem Unglück<br />

von damals Frieden g<strong>es</strong>chlossen. Wobei mir die Rolle d<strong>es</strong><br />

Aristotel<strong>es</strong> im 1984 erschienenen Fussballer-Film «L’Allena-<br />

tore nel Pallone» sehr geholfen <strong>ha</strong>t. Ich war der brasilianische<br />

Fussball-Held in der italienischen Serie A und spielte mit den<br />

Fussballgöttern wie Zico, Carlo Ancelotti, Roberto Bruzzo,<br />

Luciano Spinosi und anderen.<br />

Wie <strong>ha</strong>ben Sie auf di<strong>es</strong>en Unfall reagiert?<br />

Während di<strong>es</strong>er Zeit absolvierte <strong>ich</strong> eine KV-Lehre bei einem<br />

Reisebüro, aber mir war klar, dass di<strong>es</strong> n<strong>ich</strong>t mein Leben sein<br />

würde. Ich wollte zwar auf jeden Fall die Lehre beenden, aber<br />

eigentl<strong>ich</strong> faszinierte m<strong>ich</strong> die Mode viel mehr. Und dann traf<br />

<strong>ich</strong> einen Fotografen der Schweizer Illustrierten, der mir sagte:<br />

Du musst unbedingt als Model arbeiten. Damals wusste <strong>ich</strong><br />

noch gar n<strong>ich</strong>ts über di<strong>es</strong><strong>es</strong> G<strong>es</strong>chäft. Aber <strong>ich</strong> bewarb m<strong>ich</strong>,<br />

doch bei der grössten Zürcher Agentur Fotogen sagte man mir:<br />

Neger <strong>ha</strong>ben keine C<strong>ha</strong>nce. Es war dann die renommierte<br />

Agentur Time, die mir di<strong>es</strong>e C<strong>ha</strong>nce doch gab.<br />

Und dann wandten Sie s<strong>ich</strong> der Sc<strong>ha</strong>uspielerei <strong>zu</strong>?<br />

Die Sc<strong>ha</strong>uspielerei inter<strong>es</strong>sierte m<strong>ich</strong> sehr, und <strong>ich</strong> dachte, <strong>ich</strong><br />

könnte mir mit dem Modeln die Sc<strong>ha</strong>uspielschule finanzieren.<br />

22<br />

Ich bewarb m<strong>ich</strong> bei der Sc<strong>ha</strong>uspielschule in Zür<strong>ich</strong>, aber auch<br />

dort sagte der Direktor, <strong>ich</strong> solle mir das noch einmal überlegen,<br />

Schwarze könnten hier n<strong>ich</strong>t Sc<strong>ha</strong>uspieler werden.<br />

Anscheinend li<strong>es</strong>sen Sie s<strong>ich</strong> dadurch n<strong>ich</strong>t entmutigen.<br />

Zu di<strong>es</strong>er Zeit lancierte Yv<strong>es</strong> Saint Laurent gerade seine erste<br />

Kampagnen mit schwarzen Modellen. Da dachte <strong>ich</strong> mir, das<br />

ist meine C<strong>ha</strong>nce, und im Herbst 76 kaufte <strong>ich</strong> mir ein Billet<br />

Flüelen – Paris 2. Klasse und reiste nach Paris. Dort stellte <strong>ich</strong><br />

m<strong>ich</strong> bei der b<strong>es</strong>ten Agentur <strong>vor</strong>. Ich <strong>ha</strong>tte <strong>bis</strong> dahin erst einige<br />

wenige internationale Jobs ge<strong>ha</strong>bt und nur ein paar kleine<br />

9-mal-13-Zentimeter-Fotos, aber noch kein Modelbuch – <strong>ich</strong><br />

wusste n<strong>ich</strong>t einmal, was das ist. Und so wurde <strong>ich</strong> belächelt,<br />

aber n<strong>ich</strong>t engagiert. Auch sagten mir die Leute di<strong>es</strong>er Agentur,<br />

sie hätten schon einen schwarzen Star. Und rieten mir,<br />

m<strong>ich</strong> bei der Konkurrenz, bei der Agentur Elite <strong>vor</strong><strong>zu</strong>stellen.<br />

Wie sc<strong>ha</strong>fften Sie den Einstieg ins Busin<strong>es</strong>s trotzdem?<br />

Die Chefin von Elite war Schweizerin. Sie erbarmte s<strong>ich</strong> meiner<br />

und sagte, weisst du was, <strong>ich</strong> ruf jetzt Yv<strong>es</strong> Saint Laurent an,<br />

und du sagst ihm dann, du kämst aus New York und hätt<strong>es</strong>t dein<br />

Gepäck mit deinen Unterlagen verloren. Das wars dann, am<br />

nächsten Tag durfte <strong>ich</strong> für seine Russian Collection laufen,<br />

eine seiner b<strong>es</strong>ten Kollektionen. Und so war <strong>ich</strong> im G<strong>es</strong>chäft.<br />

Der Durchbruch.<br />

Der Durchbruch, ja – für die Rückfahrt nach Flüelen leistete<br />

<strong>ich</strong> mir dann eine Fahrkarte 1. Klasse. Anschli<strong>es</strong>send ging <strong>ich</strong><br />

nach New York, und 1977 war <strong>ich</strong> als erst<strong>es</strong> schwarz<strong>es</strong> Model<br />

auf dem Cover d<strong>es</strong> US-Magazins GQ .<br />

Es scheint, dass man als Schweizer für den Erfolg im Showbusin<strong>es</strong>s<br />

einfach auswandern muss.<br />

Zum einen ist der Schweizer Markt so klein, dass die C<strong>ha</strong>nce,<br />

ein internationaler Star <strong>zu</strong> werden, winzig ist. Bei mir kommt<br />

aber noch etwas ander<strong>es</strong> hin<strong>zu</strong>: In der Schweiz wäre damals ein<br />

Schwarzer n<strong>ich</strong>t einmal in einen Katalog ge kommen.<br />

Und war <strong>es</strong> im Ausland anders?<br />

In Paris lief <strong>es</strong> mir sehr gut, <strong>ich</strong> wurde immer wieder gebucht,<br />

aber <strong>ich</strong> begriff damals gar n<strong>ich</strong>t, dass <strong>ich</strong> damit eine Ausnahme<br />

war. Das Gle<strong>ich</strong>e galt auch für Deutschland wo <strong>ich</strong> viel<br />

arbeiten konnte und absolute Top-Aufträge erhielt.<br />

Eine Ausnahme? Worauf führen Sie di<strong>es</strong> <strong>zu</strong>rück?<br />

S<strong>ich</strong>er <strong>ha</strong>t geholfen, dass <strong>ich</strong> ein Mischling bin, aber auch, dass<br />

<strong>ich</strong> über eine solide europäische Ausbildung verfügte.<br />

Und über schweizerische Qualitäten wie Zuverlässigkeit,<br />

Seriosität?<br />

Absolut. Man erlebt das ja immer wieder, dass Junge, die im<br />

Showbusin<strong>es</strong>s oder etwa im Sport rasch viel Erfolg <strong>ha</strong>ben, die


«Als Bub wollte <strong>ich</strong> Pelé werden – seine Hautfarbe <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> schon, aber <strong>es</strong> <strong>ha</strong>t am Talent gefehlt»: Ex-Fussballer <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>.<br />

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Boden<strong>ha</strong>ftung verlieren. Und <strong>ich</strong> mit meiner guten Ausbildung<br />

und guten Integration in eine G<strong>es</strong>ellsc<strong>ha</strong>ft <strong>ha</strong>tte das Glück, auf<br />

dem Boden <strong>zu</strong> bleiben. D<strong>es</strong><strong>ha</strong>lb <strong>ha</strong>tte <strong>ich</strong> Erfolg.<br />

Blenden wir noch kurz <strong>zu</strong>rück: Wie war <strong>es</strong>, als farbiger Bub in<br />

der konservativen Innerschweiz auf<strong>zu</strong>wachsen?<br />

Und erst noch als Prot<strong>es</strong>tant (er lächelt)!<br />

R<strong>ich</strong>tig – wenn man dort n<strong>ich</strong>t katholisch ist, <strong>ha</strong>t man <strong>es</strong><br />

<strong>zu</strong>sätzl<strong>ich</strong> schwer.<br />

Wenn <strong>ich</strong> auf meine Jugend <strong>zu</strong>rückblicke, kann <strong>ich</strong> den Leuten<br />

im Kanton Uri nur ein gross<strong>es</strong> Kompliment machen. Ich<br />

<strong>ha</strong>tte über<strong>ha</strong>upt keine Probleme wegen meiner Hautfarbe. Ich<br />

war zwar der Exot, aber im positiven Sinne, <strong>ha</strong>tte einen Bonus.<br />

Wenn <strong>ich</strong> als Kind in einem Laden mit der Kasse spielte, sagte<br />

meine Mutter, das tut man n<strong>ich</strong>t, aber die Verkäuferin entgegnete,<br />

ach lassen Sie doch, er ist doch so ein Herziger. Wenn<br />

meine Freunde das Gle<strong>ich</strong>e taten, bekamen sie eins auf die<br />

Finger. Ausserdem war <strong>ich</strong> gut im Fussball, über<strong>ha</strong>upt im Sport,<br />

und das <strong>ha</strong>t mir viel geholfen. Ich war sogar der erste Prot<strong>es</strong>tant,<br />

der in die Jungwacht aufgenommen wurde.<br />

Können Sie s<strong>ich</strong> <strong>vor</strong>stellen, was aus Ihnen geworden wäre,<br />

wenn Sie n<strong>ich</strong>t ins Ausland gegangen wären, sondern vielle<strong>ich</strong>t<br />

nach Luzern oder höchstens nach Zür<strong>ich</strong>?<br />

Nein, das kann <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Das stand gar nie <strong>zu</strong>r Diskussion. Ich<br />

wollte von Beginn an m<strong>ich</strong> durchsetzen, <strong>ich</strong> <strong>ha</strong>tte und <strong>ha</strong>be<br />

einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, und <strong>ich</strong> verstand<br />

n<strong>ich</strong>t, warum <strong>ich</strong> als schwarz<strong>es</strong> Fotomodell n<strong>ich</strong>t die selben<br />

C<strong>ha</strong>ncen <strong>ha</strong>ben sollte wie die anderen. D<strong>es</strong><strong>ha</strong>lb wollte <strong>ich</strong> ausbrechen.<br />

Und <strong>ich</strong> <strong>ha</strong>be <strong>es</strong> knall<strong>ha</strong>rt durchgezogen. Ich wollte<br />

<strong>es</strong> um jeden Preis. Mein Traum, den Wunschberuf <strong>zu</strong> ergreifen,<br />

sollte n<strong>ich</strong>t daran scheitern, dass <strong>ich</strong> schwarz bin.<br />

Wann und warum <strong>ha</strong>ben Sie mit dem Modeln aufgehört?<br />

Das war 1989, <strong>ich</strong> eröffnete die Balmain-Show <strong>zu</strong>sammen mit<br />

einem neuen, jungen Star am Pariser Modehimmel. Wir liefen<br />

<strong>zu</strong>sammen auf den Laufsteg, <strong>ich</strong> gewährte ihm den Vortritt. Er<br />

als Halb-Inder bewegte s<strong>ich</strong> einfach genial, ungezwungen und<br />

frech im aufkommenden frischen Londoner Style. Ich dagegen<br />

bewegte m<strong>ich</strong> im traditionellen klassisch eleganten Stil. Da<br />

wusste <strong>ich</strong> mit einem Mal: Your time is over. Das ist eine echte<br />

Gefahr, n<strong>ich</strong>t nur im Modebusin<strong>es</strong>s, dass man den Zeitpunkt<br />

sein<strong>es</strong> Rücktritts verpasst. Und irgendwann bekommt man<br />

dann den Tritt in den Hintern. Das wollte <strong>ich</strong> vermeiden.<br />

Und wie kamen Sie <strong>zu</strong>m Film?<br />

1980, in New York, lebte <strong>ich</strong> in einem Haus, in dem viele Prominente<br />

wohnten wie Luciano Pavarotti, Rudolf Nurejev,<br />

Franz Beckenbauer. Dort begegnete mir einmal im Auf<strong>zu</strong>g eine<br />

Frau, die m<strong>ich</strong> mit einem starken Akzent ansprach: Sie sind<br />

ein Sc<strong>ha</strong>uspieler. Ich antwortete: Nein, <strong>ich</strong> bin Fotomodell.<br />

Aber sie be<strong>ha</strong>rrte: Sie sind Sc<strong>ha</strong>uspieler. Es stellte s<strong>ich</strong> heraus,<br />

dass <strong>es</strong> die italienische Regisseurin Lina Wertmüller war.<br />

24<br />

«Ich <strong>ha</strong>be entdeckt, dass <strong>es</strong> n<strong>ich</strong>ts Schöner<strong>es</strong> gibt, als mit guten Freunden im<br />

D<strong>es</strong><strong>ha</strong>lb Ihre Karriere in Italien!<br />

Ja, 1981 landete <strong>ich</strong> dann in Rom, in der Cinecittà, wo <strong>ich</strong> in<br />

einem Film mit Sophia Loren mitspielen sollte. Wegen dem<br />

Skandal um den Zusammenbruch d<strong>es</strong> Banco Ambrosiano wurde<br />

der Film allerdings nie fertiggedreht – und <strong>ich</strong> war irgendwie<br />

erle<strong>ich</strong>tert, denn nach wie <strong>vor</strong> fühlte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t als<br />

Sc<strong>ha</strong>uspieler, sondern als Fotomodell.<br />

Aber Sie sind doch in di<strong>es</strong>er Zeit Sc<strong>ha</strong>uspieler geworden.<br />

Ich bekam weitere kleine Rollen, und weil <strong>ich</strong> als Schweizer<br />

pünktl<strong>ich</strong> auf dem Set war und auch den b<strong>es</strong>cheidenen Text<br />

gut auswendig gelernt <strong>ha</strong>tte, bekam <strong>ich</strong> im nächsten Film eine<br />

etwas grössere Rolle und so weiter. 1984 spielte <strong>ich</strong> dann im<br />

der W<strong>es</strong>ternkomödie Arrapaho meine erste Hauptrolle.<br />

Und blieben in Italien?<br />

Ich dachte während di<strong>es</strong>er Zeit gar nie daran, in der Schweiz<br />

<strong>zu</strong> arbeiten. Ich hätte auch nie die selben Mögl<strong>ich</strong>keiten ge<strong>ha</strong>bt<br />

wie im Ausland. Ironischerweise bot mir 1989 meine<br />

neue Schweizer Agentur Fotogen, welche m<strong>ich</strong> noch wenige<br />

Jahre <strong>zu</strong><strong>vor</strong> n<strong>ich</strong>t als schwarz<strong>es</strong> Modell <strong>ha</strong>tte engagieren wollen,<br />

den Job d<strong>es</strong> Männer-Direktors an. Damit schloss s<strong>ich</strong> ein<br />

Kreis, und endl<strong>ich</strong> <strong>ha</strong>tte <strong>ich</strong> auch in der Schweiz die Mögl<strong>ich</strong>-


keit, einen Beruf aus<strong>zu</strong>üben, in dem <strong>ich</strong> meine Talente einsetzen<br />

konnte. Di<strong>es</strong> erle<strong>ich</strong>terte mir auch den Ausstieg aus dem<br />

Modeln. Allerdings kam <strong>ich</strong> auch während der Zeit, in der <strong>ich</strong><br />

in Italien lebte, regelmässig nach Klosters <strong>zu</strong>rück, <strong>zu</strong>erst in die<br />

Ferien. Später nahm <strong>ich</strong> dann dort auch meinen Wohnsitz.<br />

Und heute arbeiten Sie auch mehrheitl<strong>ich</strong> wieder hier?<br />

Vor einigen Jahren <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> entschlossen, den Sc<strong>ha</strong>uspielerverbänden<br />

SSVF und SBKV bei<strong>zu</strong>treten. Man fragte<br />

m<strong>ich</strong>: Haben Sie denn schon einmal g<strong>es</strong>pielt? Und <strong>ich</strong> antwortete:<br />

in etwa dreissig Filmen. Nachdem <strong>ich</strong> aufgenommen<br />

worden war, kamen Leute wie der Regisseur Markus Imhof auf<br />

m<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> und sagten: Wir <strong>ha</strong>ben ja gar n<strong>ich</strong>t gewusst, dass du<br />

Schweizer <strong>bis</strong>t ...<br />

Was machen Sie heute all<strong>es</strong>?<br />

Im März war mein neuer Kino-Film «L’Allenatore nel Pallone<br />

2» die Nummer zwei am Box Office in Italien. Auch in di<strong>es</strong>em<br />

spielten die aktuellen Fussballgötter Totti, Del Piero, Ancelotti<br />

und wie sie alle heissen, mit. Vor etwa einein<strong>ha</strong>lb Jahren<br />

bekam <strong>ich</strong> das Angebot d<strong>es</strong> deutschen Seeliger-Verlags, meine<br />

Biografie <strong>zu</strong> schreiben. Über mein Leben und über Rassismus<br />

im Busin<strong>es</strong>s. Ich war völlig überrascht und <strong>ha</strong>tte keine Ahnung,<br />

o-ton urs alt<strong>ha</strong>us<br />

Garten oder <strong>vor</strong> dem Kaminfeuer <strong>zu</strong> sitzen, ein G<strong>es</strong>präch <strong>zu</strong> führen, ein Glas <strong>zu</strong> trinken und eine Zigarre <strong>zu</strong> rauchen»: Genussmensch <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>.<br />

wie die auf di<strong>es</strong>e Idee kamen. Ich traf m<strong>ich</strong> dann mit Leuten<br />

von di<strong>es</strong>em Verlag und sagte: Eigentl<strong>ich</strong> müsste man die G<strong>es</strong>ch<strong>ich</strong>te<br />

meiner Mutter aufschreiben, die ist viel inter<strong>es</strong>santer<br />

als meine, die G<strong>es</strong>ch<strong>ich</strong>te einer Frau, die s<strong>ich</strong> Mitte der Fünfzigerjahre<br />

entschloss, ins katholische Altdorf <strong>zu</strong> gehen und<br />

m<strong>ich</strong> dort allein gross<strong>zu</strong>ziehen...<br />

... was damals über<strong>ha</strong>upt keine Selbstverständl<strong>ich</strong>keit war!<br />

Absolut n<strong>ich</strong>t. Heute wird ein Hollywood-Star, der mit einem<br />

farbigen Kind durch Beverly Hills spaziert, bewundert und applaudiert.<br />

Meine Mutter musste noch <strong>ha</strong>rt kämpfen und wurde<br />

anfängl<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er schräg ang<strong>es</strong>c<strong>ha</strong>ut. Worauf der Verlagsmitarbeiter<br />

antwortete: Herr <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, aber das ist ja grossartig, das<br />

muss selbstverständl<strong>ich</strong> in das Buch hinein, Ihre Mutter ist<br />

ja ein Vorkämpferin für ihre Sache wie Sie für die Ihre. Dann<br />

<strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> eingewilligt.<br />

Und Sie <strong>ha</strong>ben die Biografie selber g<strong>es</strong>chrieben?<br />

Ja, <strong>es</strong> war mir w<strong>ich</strong>tig, <strong>ich</strong> wollte ehrl<strong>ich</strong> und transparent sein.<br />

Zum Schluss waren <strong>es</strong> dann 800 Seiten. Die <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> jetzt <strong>zu</strong>sammen<br />

mit meiner Ko-Autorin Lydia Lemke in den letzten<br />

fünf Monaten auf 440 Seiten gekürzt. Und <strong>vor</strong> Kurzem kam<br />

jetzt der B<strong>es</strong>cheid vom Lektorat: Ihr <strong>ha</strong>bt ausgeze<strong>ich</strong>nete-<br />

25


o-ton urs alt<strong>ha</strong>us<br />

Arbeit geleistet, <strong>bis</strong> auf ein paar schweizerische Ausdrücke<br />

muss man n<strong>ich</strong>ts ändern. Das macht m<strong>ich</strong> stolz.<br />

Was tun Sie jetzt, da das Buch fertig ist?<br />

Nach Erscheinen d<strong>es</strong> Buch<strong>es</strong> wird <strong>es</strong> s<strong>ich</strong>er L<strong>es</strong>ungen und<br />

Tourneen <strong>gebe</strong>n. Daneben arbeite <strong>ich</strong> seit Kurzem für eine<br />

Kommunikationsagentur, di<strong>es</strong>e Tätigkeit ist für m<strong>ich</strong> ideal.<br />

Wenn <strong>ich</strong> da<strong>zu</strong> noch gelegentl<strong>ich</strong> einen Film machen könnte,<br />

wäre <strong>ich</strong> absolut <strong>ha</strong>ppy.<br />

Wo sind Sie heute <strong>zu</strong> Hause? In Altdorf? Überall in der Welt?<br />

Ich war an vielen Orten <strong>zu</strong> Hause. Ich lebte fünf Jahre in Rom,<br />

zehn Jahre in New York. In Klosters lebe <strong>ich</strong> seit etwa zwölf<br />

Jahren, erst <strong>vor</strong> Kurzem <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> mein Haus dort verkauft.<br />

Zurzeit verbringe <strong>ich</strong> viel Zeit bei meiner Mutter in Altdorf,<br />

wo <strong>ich</strong> übrigens auch meine Biografie g<strong>es</strong>chrieben <strong>ha</strong>be, und<br />

<strong>ich</strong> überlege mir, f<strong>es</strong>t in den Kanton Uri <strong>zu</strong> ziehen.<br />

Dort <strong>ha</strong>ben Sie ja mit dem Projekt Gott<strong>ha</strong>rdlocations eine<br />

zieml<strong>ich</strong> inter<strong>es</strong>sante Idee lanciert. Worum geht <strong>es</strong> genau?<br />

Der ägyptische Inv<strong>es</strong>tor Sami Sawiris plant ja ein R<strong>es</strong>ort der<br />

Spitzenklasse in Andermatt und will dort 400 Millionen Fran-<br />

26<br />

<strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong><br />

<strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, Jahrgang 1956, wuchs in Altdorf im Kanton Uri<br />

auf. Er wollte Fussballer werden und sc<strong>ha</strong>ffte <strong>es</strong> <strong>bis</strong> in die<br />

R<strong>es</strong>ervemannsc<strong>ha</strong>ft d<strong>es</strong> FC Zür<strong>ich</strong>, ein Unfall setzte di<strong>es</strong>em<br />

Traum allerdings ein rasch<strong>es</strong> Ende.<br />

Dafür sc<strong>ha</strong>ffte er den Einstieg ins Fotomodell-G<strong>es</strong>chäft, und<br />

1977 war er das erste schwarze Model auf dem Cover d<strong>es</strong><br />

US-amerikanischen Magazin<strong>es</strong> GQ. Er arbeitete unter anderem<br />

für Calvin Klein, Valentino, Gucci, Armani und Yv<strong>es</strong> Saint<br />

Laurent. Später wurde er Sc<strong>ha</strong>uspieler und spielte in insg<strong>es</strong>amt<br />

gut einem Dutzend <strong>vor</strong> allem italienischer Filme. Highlights in<br />

seiner Karriere waren etwa die Rolle d<strong>es</strong> brasi lianischen Fussballers<br />

Aristotel<strong>es</strong> in «L’Allenatore nel Pallone» d<strong>es</strong> Regisseurs<br />

Sergio Martino 1984. Di<strong>es</strong>er Film wird noch heute in Italien<br />

regelmässig im Fernsehen gezeigt. Dann <strong>vor</strong> allem die Rolle d<strong>es</strong><br />

Venantius in «Der Name der Rose» mit Sean Connery in der<br />

Hauptrolle 1986. Im Frühling 2008 folgte «L’Allenatore nel<br />

Pallone» Nummer 2.<br />

Daneben betätigte s<strong>ich</strong> <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong> als G<strong>es</strong>chäftsmann: So<br />

war er Mitin<strong>ha</strong>ber und G<strong>es</strong>chäftsführer der grössten Schweizer<br />

Model-Agentur Option und Chef der Agentur Fotogen. Heute<br />

ist er unter anderem Manager d<strong>es</strong> Schweizer Topmodels Roc<br />

Montandon und seit Kurzem auch Partner der Kommunikationsagentur<br />

Gate 4 Communications, die in PR, Sponsoring,<br />

Event organisation und Künstlervermittlung tätig ist.<br />

In den letzten einein<strong>ha</strong>lb Jahren <strong>ha</strong>t <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong> seine Bio grafie<br />

g<strong>es</strong>chrieben, die im Oktober im Seeliger Verlag erscheinen wird,<br />

Der Arbeitstitel heisst: «Ich, <strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>». Mit dem Projekt<br />

Gott<strong>ha</strong>rdlocations will er jetzt seinen Heimatkanton Uri als<br />

Stand ort für Film- und Fotoaufnahmen positionieren. Den Urner<br />

Behörden <strong>ha</strong>t er die Idee bereits schmack<strong>ha</strong>ft gemacht.<br />

ken inv<strong>es</strong>tieren. Das sollte der Kanton Uri nutzen, denn <strong>ich</strong><br />

bin überzeugt, dass di<strong>es</strong>e Region mit ihren Bergen und Seen<br />

und dem neuen Andermatt die C<strong>ha</strong>nce <strong>ha</strong>t, s<strong>ich</strong> als Location<br />

für Filme sowie für Mode- und Werbeproduktionen <strong>zu</strong> etablieren.<br />

Sie ist gerade <strong>zu</strong> präd<strong>es</strong>tiniert da<strong>zu</strong>. Die Lage ist erstklassig:<br />

In einer <strong>ha</strong>lben Stunde ist man in Luzern, in einer Stunde in<br />

Zür<strong>ich</strong>, in zwei in Mailand. Übrigens <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> in di<strong>es</strong>em Bere<strong>ich</strong><br />

bereits Erfahrung; auch in Klosters <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> Produktionen<br />

wie Modekataloge organisiert. D<strong>es</strong><strong>ha</strong>lb <strong>ha</strong>be <strong>ich</strong> di<strong>es</strong><strong>es</strong><br />

Projekt <strong>zu</strong>sammen mit Tourist Info Uri entwickelt und dem<br />

Regierungsrat <strong>vor</strong>g<strong>es</strong>chlagen. Ich selber würde das Projekt<br />

Gott<strong>ha</strong>rdlocations als Berater unterstützen.<br />

<strong>Urs</strong> <strong>Alt<strong>ha</strong>us</strong>, last but not least sprechen wir ja auch mit Ihnen,<br />

weil Sie gern Zigarren rauchen. Wie lange schon und wie sind<br />

Sie auf den G<strong>es</strong>chmack gekommen?<br />

Auf den G<strong>es</strong>chmack gekommen bin <strong>ich</strong> eher spät. In Klosters<br />

<strong>ha</strong>tte <strong>ich</strong> gute Freunde, die immer die b<strong>es</strong>ten Zigarren dabei<br />

<strong>ha</strong>tten. Und dort entdeckte <strong>ich</strong>, dass <strong>es</strong> n<strong>ich</strong>ts Schöner<strong>es</strong> gibt,<br />

als mit guten Freunden im Garten oder <strong>vor</strong> dem Kaminfeuer <strong>zu</strong><br />

sitzen, ein G<strong>es</strong>präch <strong>zu</strong> führen, einen guten Wein oder Whisky<br />

<strong>zu</strong> trinken und eine Zigarre <strong>zu</strong> rauchen.<br />

Sie <strong>ha</strong>ben als Ort für di<strong>es</strong><strong>es</strong> Interview die Zino-Platinum-<br />

Lounge in Dietikon <strong>vor</strong>g<strong>es</strong>chlagen. Warum gerade di<strong>es</strong>er Ort?<br />

Das passt mir und passt <strong>zu</strong> mir. M<strong>ich</strong> beeindruckt die Biografie<br />

von Zino Davidoff – da sehe <strong>ich</strong> Parallelen <strong>zu</strong> meiner eigenen:<br />

Auch er musste weg aus der Heimat, um seine Ziele <strong>zu</strong> erre<strong>ich</strong>en.<br />

Auch er <strong>ha</strong>t s<strong>ich</strong> von b<strong>es</strong>cheidenen Verhältnissen nach<br />

oben gearbeitet. Aber dann gefallen mir auch die Clubs und<br />

Loung<strong>es</strong> di<strong>es</strong>er Marke, elegant und modern. Di<strong>es</strong> entspr<strong>ich</strong>t<br />

genau der Philosophie von Zino Platinum, die b<strong>es</strong>te Zigarren-<br />

Tradition mit einem modernen urbanen und jungen Geist<br />

verbindet. Eine ausgeze<strong>ich</strong>nete Form von Branding. Di<strong>es</strong>e<br />

Zigarren sind übrigens auch in der Filmwelt sehr en vogue.<br />

Was rauchen Sie am liebsten?<br />

Am liebsten Davidoff, natürl<strong>ich</strong>. Von denen mag <strong>ich</strong> die Nummer<br />

3 sehr gern und die Aniversario No. 2. Aber <strong>ich</strong> rauche<br />

auch gern mal eine Zigarette oder einen Zigarillo.<br />

Sie sehen aus, als ob Sie ein Genussmensch wären. B<strong>es</strong>chreiben<br />

Sie bitte, was Sie empfinden beim Rauchen!<br />

Ich rauche gern, wenn <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> gut fühle, und <strong>ich</strong> fühle m<strong>ich</strong><br />

gut, wenn <strong>ich</strong> rauche. Zum Beispiel, wenn <strong>ich</strong> nach Hause<br />

komme und mir etwas Gut<strong>es</strong> tun will. Ich bin tatsächl<strong>ich</strong> ein<br />

Genussmensch, und man soll s<strong>ich</strong> gelegentl<strong>ich</strong> selber verwöhnen.<br />

Rauchen ist etwas sehr Persönl<strong>ich</strong><strong>es</strong>, <strong>es</strong> <strong>ha</strong>t mit Freiheit<br />

<strong>zu</strong> tun. Ich liebe die Berge, im Sommer wandere <strong>ich</strong> gern, im<br />

Winter fahre <strong>ich</strong> gern Ski abseits der Piste. Und wenn <strong>ich</strong> aufg<strong>es</strong>tiegen<br />

bin und den Gipfel erre<strong>ich</strong>t <strong>ha</strong>be, setze <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> eine<br />

Viertelstunde hin und geni<strong>es</strong>se die Ruhe, den Blick – und eine<br />

Zigarre oder einen Zigarillo. In di<strong>es</strong>em Moment kann <strong>es</strong> n<strong>ich</strong>ts<br />

Schöner<strong>es</strong> <strong>gebe</strong>n. ●

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