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THE MYTH OF FELT DER MYTHOS VOM FILZ

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<strong>DER</strong> <strong>MYTH</strong>OS <strong>VOM</strong> <strong>FILZ</strong><br />

von Leonardo Olschki<br />

I<br />

<strong>DER</strong> ERSTE GESANG der Divina Commedia enthält bekanntlich die fundamentale<br />

Allegorie des Gedichtes sowie auch den Ausdruck von Dantes moralischen Intentionen<br />

und politischen Stellungnahmen in einer Folge von geistigen Bildern und verborgenen<br />

Andeutungen.<br />

Trotz Einstreuung von feinsinnigen und eindrücklichen poetischen Episoden neigt<br />

jener dramatische Prolog des Gedichtes von menschlicher Erlösung eher dazu, den<br />

unvorbereiteten Leser zu erschrecken und zu verwirren als ihn zu inspirieren und ihm Mut<br />

zu machen. Der Poet hat den Scharfsinn seiner Interpreten bis zu einem Punkt<br />

herausgefordert, dass manche seiner verschleierten Ausdrucksweisen und schwer verständlichen<br />

Verwicklungen, während sechs Jahrhunderten, trotz zahlloser Versuche, eine<br />

zufriedenstellende Klärung ausblieb.<br />

Das "Geheimnisvollste" des Gesanges und vielleicht des gesamten Gedichtes ist in Vergils<br />

Prophezeiung vom Erscheinen eines politischen Erlösers enthalten, bezeichnet als den<br />

Veltro, den Windhund. 1 Er wird Italien, Rom und die Welt von der Tyrannei der Wölfin,<br />

der unstillbaren Gier der Päpste und Prinzen befreien. Dieser Retter der Menschheit wird<br />

eher ein geistiger Führer als ein Eroberer von Gebieten oder ein gieriger Ansammler von<br />

Reichtum sein:<br />

Questi non ciberà terra né peltro,<br />

Ma sapienza, amore e virtute; Inferno, I, 103-104<br />

(Er wird nicht leben von der Erde oder vom schnöden Mammon,<br />

sondern von Weisheit, Liebe und Tugend.)<br />

Sein Ursprung wird vage beschrieben in einer Zeit zwischen Feltro und Feltro:<br />

E sua nazion sarà tra Feltro e Feltro. Ibid., 105<br />

(Zwischen Feltro und Feltro wird diese Nation sein.)<br />

Jene Version mit dem grossen "F" wird von den meisten neueren Herausgebern des<br />

Gedichtes akzeptiert und wurde in einem gewissen Masse von der Italienischen Dante<br />

Gesellschaft für die Kritische Ausgabe gewählt (herausgegeben im Jahre 1921, 600 Jahre<br />

nach Dantes Tod). Dementsprechend verbleiben alle englischen Übersetzungen jener<br />

Passage nur als Abänderungen von Longfellow‘s Formulierung wie sie oben zitiert wird.<br />

Hierbei wird die Erscheinung des Veltro‘s mit geographischen Ausdrücken dargelegt,<br />

umschrieben zwischen zwei italienischen Ortsnamen, welche bezeichnend sind für das<br />

Herkunftsland des zu erwartenden nationalen und universalen Führers. Sozusagen in<br />

mittelalterlichen Ausdrücken würde sich seine Macht bis über das Heilige Römische Reich<br />

erstrecken, der sogenannten "natione italica", ohne als abhängiges Gebiet einer deutschen<br />

Dynastie zu gelten. Ausserdem würde er von norditalienischer Geburt sein, wenn einer der<br />

beiden "Feltros" als abweichende Buchstabierung von Feltre verstanden wird, einer kleinen<br />

subalpinen Stadt auf dem venetianischen Festland, und der andere "Feltro" als abgekürzte<br />

Form von Montefeltro, einem Schloss in der Romagna, der Wiege einer abenteuerlichen<br />

und hervorragenden ortsansässigen Dynastie.<br />

1 Literature on the Veltro in G. Scartazzini's Enciclopedia Dantesca (Milano, 1896-1906), art. Veltro; more recent<br />

publications listed in Bulletino della Societa Dantesta Italiana and in the bibliographical sections of Giornale Dantesco and<br />

Studi Danteschi.

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