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Horizont No 22 - Loebell & Nordberg

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Verlagspostamt 2380 Perchtoldsdorf, P.b.b., GZ 02Z031577 W<br />

Bureau de Poste A-2380 Perchtoldsdorf (Autriche), Taxe percue ∙ Sendung zur ermäßigten Gebühr ∙ Envoi à taxe réduite<br />

03. Juni 2011<br />

<strong>No</strong> <strong>22</strong><br />

2,70 Euro<br />

Die österreichische Wochenzeitung<br />

für Marketing, Werbung & Medien<br />

Dienstag, der 31. Mai 2011. Um 15.<strong>22</strong><br />

drückt Annika Sandré, Mitarbeiterin<br />

der Presseabteilung des Verlagsriesen<br />

Gruner + Jahr, in Hamburg auf „Send<br />

E-Mail“. Sekunden später steht den<br />

Empfängern des Mails mit dem Betre<br />

„PM – Matthias Schönwandt“ der<br />

Mund oen. Und einige Minuten später<br />

verbreitet sich die Nachricht wie ein<br />

Laueuer, oder sollte man sagen: wie<br />

eine Schockwelle?<br />

Rappold und der eG8<br />

Der vi-Knallgrau-Chef über<br />

seine Erlebnisse auf dem<br />

eG8-Gipfel in Paris<br />

Unternehmen Seite 7<br />

Gefeierte Außenwerbung<br />

Am 30. Mai ging die 28. Gewista-Plakatparty<br />

im Wiener<br />

Rathaus über die Bühne.<br />

Medien Seite 9<br />

Telkos und Mobilfunk<br />

Die Branche muss mehr für<br />

weniger Umsatz leisten.<br />

Eine Analyse<br />

Märkte&Medien Seite 17<br />

HORIZONT<br />

Unverständnis und Frust herrschen im News Verlag – Matthias Schönwandt stolpert<br />

über Compliance-Regeln des Mutterkonzerns Gruner + Jahr – Nachfolge ungewiss<br />

Was war Schönwandts<br />

,nicht duldbarer Fehler‘?<br />

Nach nur drei Monaten muss Matthias Schönwandt die Verlagsgruppe News verlassen. Gruner + Jahr-Auslandschef<br />

Thorsten-Jörn Klein zieht harte Konsequenzen nach einem Bruch des G+J-Compliance-Regelwerks. © Herrgott/Solcher<br />

Matthias Schönwandt muss nach gerade<br />

einmal hundert Tagen als CEO<br />

der Verlagsgruppe News seinen<br />

Schreibtisch räumen. Sein Vertrag<br />

werde „einvernehmlich gelöst“. Was<br />

war passiert? Die ozielle Aussendung<br />

gibt nicht viel her, außer Grund zu<br />

abenteuerlichen Spekulationen. Es ist<br />

die Rede von „internen Vorgängen, die<br />

mit den be stehenden Richtlinien des<br />

Hauptge sellschafters der News-<br />

Agenturen Agenturen<br />

Eine neue Marke<br />

stellt sich vor: A1<br />

Umstellung auf die neue A1<br />

startet am 14. Juni. Saffron<br />

designte – Nitsche bewirbt<br />

Seit dem Abend des 26. Mai ist die neue<br />

Markenwelt von A1 auch der Öentlichkeit<br />

zugänglich. Auf der A1-Facebook-<br />

Fanpage (www.facebook.com/A1Fanpage)<br />

war das neue Logo als erstes zu<br />

sehen. Unter der neuen, gemeinsamen<br />

Marke will der Telekom-Anbieter A1<br />

konvergente Services und Produkte aus<br />

der Internet-, Festnetz-, Mobilfunk- und<br />

TV-Welt anbieten – ab 14. Juni. Eine von<br />

Nitsche Werbung realisierte Migrationskampagne,<br />

die seit dem 27. Mai zu sehen<br />

ist, soll auf den Markenwechsel vorbereiten.<br />

Eine Kommunikationsarbeit,<br />

die wohl auch notwendig sein wird.<br />

Denn: Die neue Marke A1 hat nämlich<br />

gleich mehrere Gesichter. „Als erste<br />

Marke Europas geht A1 auf die individuellen<br />

Bedürfnisse und Lebenswelten<br />

der Kunden mit einer exiblen Marken-<br />

Identität ein“, sagt Hannes Ametsreiter,<br />

Generaldirektor von A1 und der Telekom<br />

Austria Group. Ben Knapp, Geschäftsführer<br />

von Saron CEE, nennt<br />

die neue Marke „exible visuelle Identität“.<br />

A1 hat Saron Brand Consultants<br />

mit der Entwicklung der Markenstrategie<br />

inklusive Markenidee und Markenwerte,<br />

Markenarchitektur und der Gestaltung<br />

des gesamten Corporate<br />

Designs beauftragt. „Mit der Arbeit an<br />

der neuen Marke haben wir vor acht<br />

Monaten begonnen“, erinnert sich<br />

Knapp. Der Hintergrund: Im Februar<br />

2010 hat der Aufsichtsrat der Telekom<br />

Austria Group (Mutter von Telekom<br />

Austria und A1) den Vorschlag des Vorstandes<br />

angenommen, die beiden Unternehmen<br />

zu fusionieren. Im Juli 2010<br />

hat man die mobilkom austria und die<br />

Telekom Austria zur A1 Telekom Austria<br />

zusammengeführt. Seite 14<br />

Gruppe, der Gruner + Jahr AG, nicht<br />

vereinbar sind.“ Und dann wird der zuständige<br />

Gruner + Jahr-Manager, Auslandsschef<br />

orsten-Jörn Klein, so zitiert:<br />

„Ich denke, dass alle Mitarbeiter<br />

der News-Gruppe und alle Geschäftspartner<br />

des Verlages Matthias Schönwandt<br />

in der kurzen Zeit als Geschäftsführer<br />

und als Mensch sehr zu schätzen<br />

gelernt haben. Dennoch hat er einen<br />

Fehler begangen, der nicht geduldet<br />

Wunderman PXP:<br />

,Digitale DNA‘<br />

Wunderman kauft PXP und<br />

will zu einer Agentur neuen<br />

Typs werden<br />

Seit Langem arbeiten Wunderman und<br />

PXP interactive schon zusammen, nun<br />

verschmelzen sie und heißen Wunderman<br />

PXP. 75 Prozent übernimmt die zu<br />

Young & Rubicam (WPP) gehörende<br />

Dialogagentur an PXP, die restlichen 25<br />

Prozent bleiben bei den PXP-Gründern<br />

Markus und Alfred Hönger. Integrierte<br />

Kommunikationslösungen für größere<br />

Marken werde die „größte Kreativ-/Digitalagentur<br />

Österreichs“ entwickeln.<br />

Als Geschäftsführer fungieren Ricardo<br />

José Vybiral und Markus Hönger. Die<br />

90-Mitarbeiter-Agentur will heuer noch<br />

auf 100 Leute aufstocken. Unter dem<br />

Motto „We build your brand while selling<br />

your product“ gilt es, strategische<br />

werden kann.“ Diese Formulierung<br />

heizt die überraschte Wiener Medienszene<br />

erst recht an. Gerade Schönwandt<br />

hat sich in den wenigen Wochen<br />

seiner Tätigkeit in Wien sowohl innerhalb<br />

der Verlagsgruppe News als auch<br />

extern einen Ruf als korrekter und verlässlicher<br />

Gesprächspartner erarbeitet<br />

(siehe Glosse). Gleichzeitig hat Schönwandt<br />

in den wenigen Wochen zahlreiche<br />

sehr wesentliche Projekte angestoßen<br />

und vorangetrieben, allen voran<br />

den für Sommer angepeilten Relaunch<br />

jenes Magazins, das dem Verlag den<br />

Namen gegeben hat. Die Verlagsgruppe<br />

ist in den nun folgenden Monaten<br />

in ihrer Handlungsfähigkeit deutlich<br />

geschwächt, selbst wenn mit CFO<br />

und COO Johannes Werle und dem<br />

Generalbevollmächtigten Helmut Hanusch<br />

zwei erfahrene und kenntnisreiche<br />

Manager das Ruder in der Hand<br />

haben. Und für den Hauptanteilseigner<br />

der Verlagsgruppe, Gruner + Jahr,<br />

bedeutet dies einen empfindlichen<br />

Imageverlust.<br />

Versuch einer Rekonstruktion<br />

Was also war der Grund, solche Kollateralschäden<br />

in Kauf zu nehmen? Wie<br />

groß war der Schaden, den Schönwandt<br />

angerichtet hat? Darauf gibt es keine of-<br />

zielle Antworten, aber aus einer Vielzahl<br />

von geführten Gesprächen ergibt<br />

sich ein skizzenhaftes Bild. Seite 10<br />

Dienstleistungen für nationale und internationale<br />

Kunden zu liefern. Zu den<br />

Kunden gehören globale Etats wie Ford,<br />

Land Rover, Microsoft und <strong>No</strong>kia sowie<br />

lokale Kunden wie etwa Austrian Airlines,<br />

dm, Telering, ORF, Österreichische<br />

Lotterien, Casinos Austria, RHI AG,<br />

Demmer Teehaus, Sölden, Raieisen,<br />

Österreich Werbung, OMV und ZDF.<br />

„Wir werden mit Wunderman PXP<br />

den Standort Wien zu einem international<br />

agierenden Kreativ- und Technologie-Hub<br />

entwickeln“, erklärt Wolfgang<br />

Haf, CEO von Wunderman Central Europe.<br />

Für ihn ist Wunderman Vorreiter<br />

in der integrierten dialogorientierten<br />

Kommunikation. „Lester Wunderman,<br />

ist mit seinen über 90 Jahren noch immer<br />

jeden Tag im Büro. Seine Philosophie<br />

war ganz einfach: ‚Focus on the<br />

consumer and innovate‘. Mittlerweile<br />

spricht er eher über emen wie Personal<br />

Advertising, um den emotionaleren<br />

Bezug zum Verbraucher hervorzuheben“,<br />

führt Haf aus und betont, wie<br />

Glosse<br />

Klein, Schönwandt<br />

und die Fehlerkultur<br />

Das hat dieser Mann nicht verdient,<br />

schallt es von allen Seiten. Matthias<br />

Schönwandt ist ein korrekter Mensch<br />

und Manager – manche sagen, er sei<br />

überkorrekt. Zu später Stunde bei einer<br />

Branchenveranstaltung sprachen wir<br />

lange über die Sitten und Unsitten im<br />

heimischen Verlagsgewerbe. Und<br />

Schönwandt erzählte davon, wie er seinen<br />

Beitrag dazu leisten möchte, das<br />

Geschäftsgebaren zwischen Auftraggebern<br />

aus Politik und Wirtschaft auf der<br />

einen Seite und Verlagen auf der anderen<br />

Seite nachvollziehbarer und transparenter<br />

zu machen. Wenige Wochen<br />

später stolpert er plötzlich über einen<br />

„Fehler, der nicht geduldet werden<br />

kann“ (Gruner + Jahr-Eigentümervertreter<br />

Thorsten-Jörn Klein in seiner<br />

Aussendung, die eher einer Hinrichtung<br />

gleichkam). Angeblich ging es um<br />

einige iPads als Geschenke für Geschäftspartner.<br />

Ein klares Vergehen am<br />

strengen G+J-Compliance-Regelwerk.<br />

Der eigentliche Fehler aber vor allem<br />

war, dass Schönwandt – wie gesagt, er<br />

ist ein korrekter Mensch – dies oenbar<br />

schriftlich dargelegt hatte. Vermutlich<br />

ist den Hamburgern grundsätzlich egal,<br />

was am Donaukanal so passiert – so<br />

lange erstens die Zahlen stimmen und<br />

zweitens im Hauptquartier nichts aktenkundig<br />

wird. Und es spricht nicht<br />

für die Fehlerkultur eines Konzerns,<br />

wenn eine verdiente und unbescholtene<br />

Führungskraft nach einem ausgezeichneten<br />

Start in einer delikaten Herausforderung<br />

einen Fehler begeht und<br />

sofort mit vernichtender Brutalität entfernt<br />

wird. Dem Standard sagte Klein,<br />

dies sei die „schwerste Entscheidung<br />

seines Berufslebens gewesen“. Ob sie<br />

allerdings auch die mutigste und<br />

klügste war? Sebastian Loudon<br />

wichtig der gesamten Gruppe die Tatsache<br />

sei, dass die beiden PXP-Gründer<br />

mit 25 Prozent an Bord bleiben.<br />

Ricardo José Vybiral, CEO Wunderman<br />

Germany und nunmehriger Co-<br />

Geschäftsführer der Wunderman PXP,<br />

ergänzt: „Wir sehen uns als Kommunikationsagentur<br />

mit digitaler DNA und<br />

bieten ein tiefes Verständnis sowohl<br />

für die Marke als auch die Kommunikation<br />

– alles aus einer Hand, in einem<br />

internationalen Netzwerk, aber mit<br />

lokaler Nähe zu unseren Kunden“, betont<br />

er. „Technologie ist für uns ein<br />

integrierter Bestandteil im Kampagnenentwicklungsprozess,<br />

kein Anhängsel<br />

am Ende der Umsetzung“,<br />

meint Markus Höfinger, ebenfalls<br />

Wunderman-PXP-Geschäftsführer.<br />

Schon länger arbeite man zusammen,<br />

aber „durch unseren strategischen<br />

Zusammenschluss sind wir jetzt<br />

schon dort, wo andere Agenturen in<br />

den nächsten Jahren hinwollen“, so Vybiral<br />

über die neue Agentur. Seite 2


02 Aktuell<br />

Marketing · Werbung · Medien<br />

‚WirtschaftsBlatt‘<br />

holt INMA-Award<br />

Die Kampagne für die iPad-<br />

Edition gewann in New York<br />

Das WirtschaftsBlatt wurde für seine<br />

Kampagne „Weiter blättern. WirtschaftsBlatt<br />

goes iPad“ mit dem INMA<br />

Award in der Kategorie „Digital Audience<br />

Usage and Engagement“ ausgezeichnet.<br />

Der Preis wurde heuer bereits<br />

zum 76. Mal von der International<br />

Newspaper Marketing Association<br />

(INMA) ausgerufen, er zeichnet herausragende<br />

Marketingideen in der<br />

Medienwelt in insgesamt zehn Kategorien<br />

aus. Besonderes Augenmerk<br />

wurde heuer auf Plattform-übergreifende<br />

Ausrichtung der Marketing-<br />

Konzepte gelegt. Die iPad-Kampagne<br />

des WirtschaftsBlatts überzeugte die<br />

Jury, weil sie auf die besonderen Vorzüge<br />

der iPad-Edition hinweist,<br />

schließlich sollte sie die Digital-Offensive<br />

des WirtschaftsBlatts unterstreichen.<br />

Die Kampagne wurde vom WirtschaftsBlatt-Marketing-Team<br />

Iris<br />

Katschnig und Sandra Keszthelyi in Zusammenarbeit<br />

mit der Publicis Group<br />

Austria erarbeitet (Konzept & Text: Alexander<br />

Tribus, Art Director: Patrick<br />

Band). Die Verleihung des Marketingpreises<br />

fand am 17. Mai in New York<br />

statt. Neben dem WirtschaftsBlatt waren<br />

unter anderem die New York Times<br />

sowie USA Today unter den Kategoriesiegern.<br />

dodo<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Wohlgelaunt und voller Tatendrang präsentieren<br />

sich Vybiral, Haf und Hö nger<br />

im Gespräch mit HORIZONT im Wiener<br />

„Motto am Fluss“. Eine Agentur neuen<br />

Typs soll also entstehen. Dass das Wiener<br />

Wunderman-Team „einen Lauf“<br />

hat, war zuletzt deutlich zu spüren: Beim<br />

DMVÖ-Columbus Award punktete<br />

Wunderman wie keine andere Agentur,<br />

und auch den gruppeninternen „Lester<br />

WER<br />

WÜNSCHT<br />

SICH<br />

UNANGEPASSTE<br />

ALLESANDERS-<br />

ANGEHER<br />

Wunderman“-Award gewannen Vybirals<br />

Leute mit dem „RedGuide“ für Austrian<br />

Airlines. 50 Jahre habe Wunderman<br />

mit 120 Büros in 50 Ländern schon<br />

am Buckel. „Wir haben eine ganze Serie<br />

von Spezial agenturen, die wir nutzen,<br />

um ständig Innovationen voranzutreiben.<br />

Genau diese Denke hat uns über<br />

die Jahre geprägt – und uns die Nummer<br />

eins weltweit werden lassen“, sagt Wolfgang<br />

Haf und unterstreicht, dass diese<br />

Agenturen unter dem Dach „One Wunderman“<br />

gut zusammenarbeiten. Er<br />

freut sich auch darüber, dass das Branchenmagazin<br />

AdAge Wunderman als<br />

„Agency to watch“ bezeichnet. „Ganz<br />

einfach, weil wir uns immer neu er nden<br />

und ausrichten“, betont Haf und<br />

meint: „Leidenschaft gepaart mit Kreativität,<br />

daten analytischem Know-how<br />

und somit Erkenntnissen über den Verbraucher<br />

in Realtime. Mittlerweile ist<br />

unser Geschäft zu 90 Prozent digital. Ein<br />

spannendes ema für uns ist ‚Wo be-<br />

ndet sich der Verbraucher zurzeit? Ist<br />

er noch in der Entscheidungs- oder tatsächlich<br />

schon in der Kaufphase?‘“<br />

Jüngste zugekaufte Agentur ist also<br />

PXP, laut Markus Hö nger ein „Internet-<br />

Pionier“, 1993 gegründet, seit 2000 im<br />

Bestseller-Ranking der Digital agenturen<br />

stets unter den Top-Platzierten.<br />

Teil der Idee<br />

„Wir hatten immer einen starken Technologie-<br />

und Umsetzungsfokus. Es ist<br />

natürlich auch immer um das Digitalprodukt<br />

gegangen, aber sehr stark technologiegetrieben.<br />

Weniger aus der<br />

Kreation. Jetzt legen wir unsere Technologiekompetenz<br />

mit der Kreativkompetenz<br />

von Wunderman zusammen und<br />

scha en so eine neue Art der Agentur“,<br />

so Hö nger, der durch die Zusammenarbeit<br />

beim Kunden <strong>No</strong>kia das Wunderman-Netzwerk<br />

kennenlernte. „Wir sehen<br />

Technologie als Teil der Idee, nicht<br />

als Anhängsel des Produktionsprozesses.<br />

Ich glaube, dass Silos mit diesen E-<br />

Units, Agenturen, in denen es einen<br />

Head of Digital gibt, nicht funktionieren.<br />

Alleine, dass es so eine Unit gibt,<br />

zeigt, dass man hier nicht integriert an<br />

die Sache herangeht. Und dadurch,<br />

dass wir 65 Leute einbringen, die nur<br />

Digital immer gedacht und gemacht haben,<br />

ist bei uns klar: Es gibt keine Digital-Units,<br />

sondern alle denken so“, er-<br />

HORIZONT <strong>No</strong> <strong>22</strong><br />

Ricardo José Vybiral, Markus Höfi nger und Wolfgang Haf sprechen mit HORIZONT über Ziele und Potenzial der<br />

neu formierten Agentur Wunderman PXP: ‚Weil wir uns immer neu erfi nden‘<br />

Creative Technologists gesucht<br />

Die beiden Wunderman-PXP-Chefs Ricard J. Vybiral und Markus Höfi nger nehmen Wunderman-Central-Europe-CEO<br />

Wolfgang Haf in die Mitte: „Eine neue Art der Agentur.“ © K. Michalski<br />

Gastkommentar<br />

Das Verlassen<br />

ausgetretener<br />

Pfade<br />

„PR-Kampagne: Facebook disst<br />

Google“, „Burson-Marsteller: Agentur<br />

sollte Google mies machen“, „Facebook<br />

mit Negativ-Kampagne gegen Google“.<br />

So lauten Schlagzeilen zu dem kürzlichen<br />

Vorfall, wonach Facebook in<br />

Amerika eine PR-Firma engagierte, um<br />

bei US-Medien negative Storys über<br />

Google zu lancieren. Wobei der Auftraggeber<br />

ungenannt bleiben sollte.<br />

Die PR-Agentur versuchte, das unter<br />

anderem über Blogger voranzutreiben.<br />

Weil ein Blogger das entsprechende<br />

Angebot von Burson-Marsteller ablehnte<br />

und stattdessen die E-Mails der<br />

Agentur im Netz verö entlichte, wurde<br />

die Sache publik und letztendlich auch<br />

der Auftraggeber bekannt. Und Schluss<br />

war mit lustig. Burson-Marsteller gibt<br />

in ihrer ö entlichen Stellungnahme zu:<br />

„Dies ist ein klarer Verstoß gegen die<br />

ethischen Prinzipien unserer Agentur,<br />

den wir bedauern.“<br />

Das Vorgehen seitens der Agentur<br />

fällt unbestritten in die Kategorie Dirty<br />

Campaigning und widerspricht jegli-<br />

chem Ethos einer seriös und transparent<br />

agierenden Agentur. Er zeigt aber<br />

noch etwas auf: Nämlich, dass wir uns<br />

in der Kommunikation in einer Zeit<br />

tiefgreifender Umbrüche be nden und<br />

Kommunikation immer öfter abseits<br />

Ingrid Vogl ist<br />

Präsidentin des<br />

Public Relations<br />

Verbandes Österreich.<br />

© E.Kessler<br />

von ausgetretenen Kommunikationspfaden<br />

statt ndet.<br />

Speziell die sogenannten Blogger<br />

sind es, die spontan und unkompliziert<br />

ihre Meinung kundtun, über ihre Erfahrungen<br />

und Ereignisse schreiben<br />

und Kommentare zu Ereignissen abgeben,<br />

verlinken, verteilen, austauschen<br />

und so zu Many-to-Many-Kommunikatoren<br />

werden. Blogger sind in der<br />

Regel keinem System verhaftet, sondern<br />

agieren großteils als Einzelpersonen<br />

sehr frei und unabhängig. Ohne<br />

Korrektiv, ohne Einbettung in klassi-<br />

klärt Markus Hö nger. Und Ricardo J.<br />

Vybiral unterstreicht die Bedeutung des<br />

kreativen Produkts: „Wunderman ist in<br />

den letzten Jahren um rund 40 Prozent<br />

gewachsen. Ziel war immer, etwas Komplementäres<br />

zum Kreativen zu schaffen.<br />

Und insofern war es auch der<br />

Schwenk, dass wir in den letzten drei<br />

Jahren eng mit PXP zusammengearbeitet<br />

haben.“ Rund 40 Agenturen hätte Vybiral<br />

ge screent. Und warum PXP? „Weil<br />

sie in der Lage sind, unsere Kunden zu<br />

verstehen und sowohl IT- als auch Mobile-Kompetenz<br />

mit einzubringen“ Zudem<br />

hätten die Größe und die Unternehmenskultur<br />

gepasst. Vybiral zufolge<br />

hätte Wunderman in Europa kein klassisches<br />

Headquarter mehr, sondern<br />

Kompetenzzentren. Als Beispiel dient<br />

der Kunde Microsoft. „Es ist nicht mehr<br />

so, dass das alles aus Seattle kommt.<br />

Diese Kampagnen können genauso in<br />

München oder auch in Wien entstehen.“<br />

Wachsen will Wunderman noch<br />

im Finanzbereich. Vybirals erklärtes<br />

Ziel: „Wir wollen führende Kommunikationsagentur<br />

werden, die neben einem<br />

großen CRM-Verständnis auch das<br />

tiefste Digital-Technology-Know-how<br />

hat.“ <strong>No</strong>chmal Markus Hö nger: „Technologie<br />

wird im Kreativprozess immer<br />

wichtiger. Ich muss als Kreativer die<br />

Mechaniken von Facebook verstehen.<br />

Wie eine Facebook-Schnittstelle funktioniert,<br />

welche Funktionen es gibt und<br />

was ich damit auf Facebook mit den<br />

Usern machen kann. Wenn ich das<br />

technisch nicht weiß, werde ich mir<br />

nicht das richtige Kreativprodukt ausdenken<br />

können.“ Als „Creative Technologists“<br />

werden die jungen Talente bei<br />

Wunderman bezeichnet. Mindestens<br />

zehn sollen das Team heuer noch verstärken.<br />

Ein selbstbewusstes Schlusswort<br />

liefert Wolfgang Haf: „Wir sind<br />

eine der ältesten und gleichzeitig jüngsten<br />

Agenturen. Eine der interessantesten<br />

Agenturen, die eigentlich im Direct<br />

Marketing angefangen haben und nun<br />

viel breiter agieren.“<br />

Infos: www.wundermanpxp.at cc<br />

sche redaktionelle Strukturen, kein<br />

Chefredakteur, kein Chef vom Dienst<br />

prüft. Das Ergebnis: einerseits authentische,<br />

ohne Filter versehene Spontankommunikation.<br />

Andererseits die<br />

Leichtigkeit, mit geringen nanziellen<br />

Zuwendungen oder Sachleistungen –<br />

da eine Eintrittskarte, dort ein Gratis-<br />

Handy et cetera – Einzelne dazu zu<br />

bewegen, vorgegebene Inhalte zu verbreiten.<br />

Aus den angeblich so frei und<br />

spontan Agierenden werden dann interessengesteuerte<br />

oder bezahlte Meinungsbeiträge<br />

in Foren und Blogs.<br />

Im genannten Fall Facebook-Google<br />

durchschauten Medien und Blogs die<br />

Kampagne und machten letztendlich<br />

Facebook als den „schuldigen“ Auftraggeber<br />

aus. Wissen wir aber, wie<br />

viele derartige Aufträge mittlerweile im<br />

Netz laufen? Sind wir in der Lage, diese<br />

als solche zu erkennen? Wie gehen wir<br />

damit um? Wo ziehen Auftraggeber<br />

und Auftragnehmer selbst die Grenzen?<br />

Das Regulativ – so scheint es – ist<br />

derzeit allein das Ethos. Und auf das<br />

können wir uns erwiesenermaßen<br />

nicht immer verlassen.<br />

Gastkommentar von PRVA-Präsidentin<br />

Ingrid Vogl

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