02.03.2013 Aufrufe

Jugendhilfe im Strafverfahren Jugendgerichtshilfe - Landratsamt ...

Jugendhilfe im Strafverfahren Jugendgerichtshilfe - Landratsamt ...

Jugendhilfe im Strafverfahren Jugendgerichtshilfe - Landratsamt ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> <strong>Strafverfahren</strong><br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong>


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________________<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Landratsamt</strong> Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

Kreisjugendamt<br />

Sachgebiet „<strong>im</strong>puls – Wir machen Jugendliche stark!“<br />

Bahnhofstraße 9, 78048 Villingen-Schwenningen<br />

Telefon: (07721) 887978-10<br />

Email: <strong>im</strong>puls@Lrasbk.de<br />

Internet: www.schwarzwald-baar-kreis.de<br />

Redaktion: Frank Sowinski<br />

Katrin Paleit<br />

Gertraude Sdun<br />

Der <strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009 des <strong>im</strong>puls ist als<br />

Druckfassung unter der Herausgeberadresse kostenfrei erhältlich.<br />

Der Bericht steht auch <strong>im</strong> Internet als PDF-Dokument unter<br />

www.schwarzwald-baar-kreis.de, Rubrik: Jugendamt <strong>im</strong>puls zum<br />

Herunterladen bereit.<br />

- 2 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

JUGENDHILFE IM JUGENDSTRAFVERFAHREN ....................................................4<br />

1. ZIELE...................................................................................................................4<br />

2. AUFGABEN ...........................................................................................................4<br />

3. FORMEN DER MITWIRKUNG ....................................................................................4<br />

3.1 Leistungsprüfung ..........................................................................................4<br />

3.2 Beratung und Begleitung...............................................................................5<br />

3.3 Unterstützungsangebot anderer Träger der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> bzw. anderer Sozialer Einrichtungen ...........................................5<br />

3.4 Leistungsgewährung von Hilfen zur Erziehung ..............................................5<br />

3.5 Unterrichtung der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes...............................6<br />

3.6 Haftentscheidungshilfe/Haftvermeidungshilfe ................................................6<br />

3.7 Diversionsverfahren......................................................................................6<br />

3.8 Weisungen und Auflagen ..............................................................................7<br />

3.9 Kontakt während Bewährungszeit, der Untersuchungshaft<br />

und des Strafvollzuges sowie der Nachbetreuung .........................................7<br />

4. BEZUGSGRÖßEN ...................................................................................................8<br />

4.1. Fallzahlen Anklageschriften/Ermahnungsverfahren ......................................8<br />

4.2. Neue Ambulante Maßnahmen....................................................................10<br />

4.3. Arbeitsweisungen ......................................................................................11<br />

SCHLUSSWORT ......................................................................................................13<br />

BEGRIFFE IM JUGENDSTRAFVERFAHREN ...................................................................14<br />

Polizei - Ermittlungsbehörde .............................................................................14<br />

Staatsanwaltschaft ...........................................................................................14<br />

Diversionsverfahren/Diversion ..........................................................................14<br />

Gerichtsverhandlung.........................................................................................15<br />

Verlauf der Gerichtsverhandlung.......................................................................15<br />

Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)............................................................................16<br />

- 3 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

- <strong>Jugendgerichtshilfe</strong> (JGH) -<br />

1. Ziele<br />

Die <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren hat die Aufgabe, zur Verwirklichung des<br />

Rechts junger Menschen auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer<br />

eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beizutragen. Sie ist in<br />

erster Linie Hilfeleistung für die jungen Menschen, die mit Strafrechtsnormen in Konflikt<br />

geraten sind. Diese Hilfeleistung schließt bei Minderjährigen grundsätzlich die Eltern<br />

und andere Erziehungsberechtigte mit ein.<br />

Auf der Grundlage des JGG wendet sich die JGH an Jugendliche, die zur Tatzeit 14<br />

aber noch nicht 18 Jahre alt sind und Heranwachsende (junge Volljährige <strong>im</strong> Sinne des<br />

KJHG), die zur Tatzeit 18 aber noch nicht 21 Jahre alt sind.<br />

2. Aufgaben<br />

Aufgabe der <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> <strong>Strafverfahren</strong> ist die Mitwirkung gem. § 52 SGB VIII/KJHG<br />

in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz. Danach hat das Jugendamt<br />

• nach Maßgabe der §§ 38 und 50 Abs. 3 Satz 2 JGG in dem Verfahren<br />

mitzuwirken<br />

• frühzeitig zu prüfen, ob für den Jugendlichen oder jungen Volljährigen<br />

Leistungen der <strong>Jugendhilfe</strong> in Betracht kommen<br />

• wenn Leistungen der <strong>Jugendhilfe</strong> in Betracht kommen, bereits eingeleitet oder<br />

gewährt worden sind, umgehend Staatsanwaltschaft oder Gericht davon zu<br />

unterrichten, damit geprüft werden kann, ob diese Leistungen ein Absehen von<br />

der Verfolgung (§ 45 JGG) oder eine Einstellung des Verfahrens (§ 47 JGG)<br />

ermöglichen<br />

• insbesondere in Haftsachen beschleunigt über das Ergebnis der<br />

Nachforschungen dem Gericht zu berichten (§ 38 Abs. 2 Satz 3 JGG).<br />

• sicherzustellen, dass der/die für die Wahrnehmung der Mitwirkungsaufgaben<br />

verantwortliche Mitarbeiter/-in den Jugendlichen/jungen Volljährigen während<br />

des gesamten Verfahrens betreut<br />

3. Formen der Mitwirkung<br />

Die <strong>Jugendgerichtshilfe</strong> soll <strong>im</strong> <strong>Strafverfahren</strong> die erzieherischen, sozialen und<br />

fürsorgerischen Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen. Dies erfolgt durch die<br />

Berichterstattung gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Gericht.<br />

3.1 Leistungsprüfung<br />

Wenn die <strong>Jugendhilfe</strong> vom Vorwurf einer Straftat eines Minderjährigen oder jungen<br />

Volljährigen durch die Polizei oder der Justiz Kenntnis erlangt, wird sie von sich aus<br />

tätig. Zunächst erfolgt die Feststellung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auf<br />

der Grundlage der §§ 85, 86, 87 KJHG/SGB VIII, nicht auf der Grundlage des JGG.<br />

- 4 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

3.2 Beratung und Begleitung<br />

Sind die Zuständigkeiten gegeben, muss geprüft werden, ob <strong>Jugendhilfe</strong> überhaupt<br />

erforderlich ist und es erfolgt ein Unterstützungs- und Beratungsangebot an den jungen<br />

Menschen bzw. dessen Erziehungsberechtigten, mit dem Angebot eines persönlichen<br />

Gespräches. In diesem wird der junge Mensch auf die unterschiedlichen Hilfs- und<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten hingewiesen und motiviert, sich damit auseinander zu<br />

setzen. Dabei wird insbesondere über<br />

• den Vertrauens- und Datenschutz hingewiesen<br />

• über Rechte und Pflichten der Betroffenen informiert<br />

• die Aufgaben und Möglichkeiten der <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

informiert<br />

• die Einflussnahme der <strong>Jugendhilfe</strong> auf den weiteren Verfahrensablauf<br />

dargestellt<br />

• die Überprüfungs- und Unterrichtungspflichten der <strong>Jugendhilfe</strong> gem. § 52 Abs.<br />

2 KJHG/SGB VIII mitgeteilt<br />

• die üblichen Verfahrensabläufe und mögliche Rechtsfolgen erklärt<br />

• Unabhängigkeit der <strong>Jugendhilfe</strong> von Polizei und Justiz dargestellt<br />

3.3 Unterstützungsangebot anderer Träger der <strong>Jugendhilfe</strong> bzw. anderer Sozialer<br />

Einrichtungen<br />

Ergibt die Prüfung, dass Leistungen der <strong>Jugendhilfe</strong> nicht erforderlich sind, aber ein<br />

anderer Unterstützungsbedarf geboten ist, erfolgt mit Einverständnis der Betroffenen<br />

und unter Berücksichtigung des Daten- und Vertrauensschutzes eine Weitervermittlung<br />

an die entsprechenden Einrichtungen bzw. Beratungsstellen.<br />

3.4 Leistungsgewährung von Hilfen zur Erziehung<br />

Wird eine Leistungsgewährung <strong>im</strong> Grundsatz bejaht, schließt sich die Prüfung an, ob<br />

und welcher erzieherische Bedarf <strong>im</strong> Sinne der §§ 27 ff. KJHG/SGB VIII besteht. Die<br />

Leistungsprüfung für junge Volljährige erfolgt analog nach § 41 KJHG.<br />

Damit sind folgende Tätigkeiten verbunden:<br />

• Information und Beratung der Klienten über die Leistungen des KJHG<br />

• Motivationsarbeit mit den Betroffenen, um die Bereitschaft zu fördern, die<br />

geeignete Hilfe anzunehmen und entsprechend mitzuwirken,<br />

• Ermittlung und Dokumentation des entscheidungsrelevanten Sachverhalts,<br />

einschließlich der Feststellung des erzieherischen Bedarfs und der<br />

Geeignetheit und Notwendigkeit der Hilfe für die Entwicklung des Jugendlichen<br />

• einzelfallbezogenes, konkretes Angebot an die Leistungsberechtigten und<br />

Einholung der eindeutigen Willenserklärung das Angebot anzunehmen oder<br />

abzulehnen<br />

• Herbeiführung der Entscheidung der Hilfekonferenz über die Art und Umfang<br />

der Hilfeart<br />

• Vorstellung und Weitervermittlung an den Leistungserbringer<br />

• Erstellung eines Hilfeplans mit den Betroffenen (Jugendlicher,<br />

Erziehungsberechtigte, Leistungserbringer, Jugendamt)<br />

• Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem Bezirksverein für soziale<br />

Rechtspflege bei Durchführung Neuer Ambulanter Maßnahmen.<br />

- 5 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

3.5 Unterrichtung der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes<br />

Die Unterrichtungspflicht gem. § 52 KJHG/SGB VIII ist mit einer Rückmeldung an die<br />

Staatsanwaltschaft bzw. das Jugendgericht gekoppelt. Dem wird in der Regel durch<br />

schriftliche Berichterstattung und/oder mündliche Berichterstattung in der<br />

Hauptverhandlung nachgekommen. Die Form und der Umfang sind von den<br />

Erfordernissen des Einzelfalls best<strong>im</strong>mt und sind von der Mitwirkungsbereitschaft der<br />

Betroffenen abhängig. Voraussetzung dafür ist der persönliche Kontakt mit dem jungen<br />

Menschen und ggflls. den Erziehungsberechtigten. Die Berichterstattung enthält<br />

Aussagen zu<br />

• Quellenangaben<br />

• Beschreibung der Lebenslage des jungen Menschen, d.h. persönliche und<br />

familiäre Situation, soziales Umfeld, schulische/berufliche/finanzielle Situation<br />

• Wiedergabe von Einstellung und Motivation des Betroffenen zum Tatvorwurf,<br />

seiner Selbsteinschätzung sowie zu den Auswirkungen des Vorwurfes bzw. der<br />

Tat<br />

• ob und welche Leistungen der <strong>Jugendhilfe</strong> eingeleitet oder gewährt werden<br />

• ob andere Unterstützungsformen über andere Träger angeboten wurden<br />

• Schlussfolgerungen<br />

-Bewertung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gem. § 3 JGG bei<br />

Jugendlichen<br />

-Stellungnahme zum § 105 JGG bei Heranwachsenden (Anwendung<br />

Erwachsenenstrafrecht oder Jugendstrafrecht)<br />

-Stellungnahme und ggflls. Vorschlag zu den ergreifenden Maßnahmen <strong>im</strong><br />

Sinne des JGG.<br />

3.6 Haftentscheidungshilfe/Haftvermeidungshilfe<br />

Auf der Grundlage des § 72 JGG hat die <strong>Jugendhilfe</strong> Haftalternativen aufzuzeigen, um<br />

dadurch eine Haftvermeidung oder eine Verkürzung der Dauer zu erreichen. Bei unter<br />

16 jährigen Jugendlichen ist zwingend die Prüfung von Haftalternativen vorzunehmen.<br />

3.7 Diversionsverfahren<br />

Die Mitwirkung erfolgt auf der Grundlage der §§ 45, 47 JGG und der<br />

Diversionsrichtlinien des Landes Baden-Württemberg vom 01.05.2005. Ziel ist die<br />

Einstellung des Verfahrens ohne förmliche Durchführung eines Gerichtsverfahrens.<br />

Die Mitwirkung erfolgt durch<br />

• Mitteilung, ob bereits andere erzieherische Maßnahmen eingeleitet worden sind<br />

• in der Regel ein persönliches Gespräch mit den Betroffenen und/oder deren<br />

Eltern bei „Ermahnungsverfahren“ nach Aufforderung durch die<br />

Staatsanwaltschaft und evtl. Vermittlung einer Arbeitsauflage<br />

• Bewilligung von Anträgen auf Hilfe zur Erziehung bei den Neuen Ambulanten<br />

Maßnahmen, wenn diese von der Staatsanwaltschaft angeregt werden<br />

• Vermittlung und Kontrolle von Arbeitsauflagen, die aufgrund jugendrichterlicher<br />

Ermahnungsverfahren auferlegt worden sind<br />

- 6 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

3.8 Weisungen und Auflagen<br />

Auflagen und Weisungen werden <strong>im</strong><br />

• Diversionsverfahren,<br />

• durch Beschluss des zuständigen Gerichtes <strong>im</strong> vorläufigen eingestellten<br />

Verfahren und nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz<br />

• und durch Urteil des Gerichts<br />

auferlegt.<br />

Die <strong>Jugendhilfe</strong> organisiert und überwacht die Durchführung der Weisungen und<br />

Auflagen, welche von der Staatsanwaltschaft angeregt und dem Gericht beschlossen<br />

worden sind und teilt dorthin die Erfüllung bzw. Nichterfüllung mit.<br />

Ausschließlich <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren kann durch Urteil die Inanspruchnahme von<br />

Hilfe zur Erziehung in Form einer Erziehungsbeistandschaft oder einer vollstationären<br />

Unterbringung in einer <strong>Jugendhilfe</strong>einrichtung auferlegt werden. Dabei gelten die<br />

Regeln der Leistungsprüfung und Leistungsgewährung.<br />

Ebenfalls <strong>im</strong> Rahmen von Hilfen zur Erziehung werden Neue Ambulante Maßnahmen<br />

von dem Kooperationspartner Bezirksverein für Soziale Rechtspflege, VS-Villingen<br />

durchgeführt und durch die <strong>Jugendhilfe</strong> finanziert. Angeboten werden<br />

Verkehrserziehungskurse und Soziale Trainingskurse. Auch die Durchführung des<br />

Täter-Opfer-Ausgleichs wird durch diesen Träger organisiert. Die Entwicklung anderer<br />

Weisungen und Auflagen erfolgt nach Maßgabe des Einzelfalls.<br />

Die überwiegende Mehrheit von Weisungen und Auflagen ist jedoch die Ableistung<br />

gemeinnütziger Arbeit. Geeignete und bereite gemeinnützige Einrichtungen und<br />

Institutionen sind vorhanden, allerdings ist eine Kapazitätsausweitung weiterhin<br />

notwendig. Diese sind in einer Liste zusammengefasst.<br />

Bei allen Einsätzen werden die Möglichkeiten, Bedürfnisse und Ausschlusskriterien der<br />

Einsatzstellen mit den Voraussetzungen der betroffenen<br />

Jugendlichen/Heranwachsenden abgeglichen. Anschließend erfolgt in Schriftform die<br />

Zuweisung an die Einsatzstelle und an die Jugendlichen und Heranwachsenden.<br />

3.9 Kontakt während der Bewährungszeit, der Untersuchungshaft und des<br />

Strafvollzuges sowie der Nachbetreuung<br />

Sowohl <strong>im</strong> JGG als auch <strong>im</strong> KJHG wird auf eine erforderliche Betreuungskontinuität für<br />

die Dauer des gesamten Verfahrens verwiesen. Deshalb wird in der Regel die<br />

Betreuung von der gleichen Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin durchgeführt und<br />

schließt die Betreuung und Beratung während der Bewährungszeit und des Vollzugs<br />

mit ein. Die Ausgestaltung ist jedoch von den Bedürfnissen der Betroffenen <strong>im</strong><br />

Einzelfall abhängig. Sie wird in der Regel durch Gesprächskontakte mit den<br />

Betroffenen –auch in der Vollzugsanstalt- in Zusammenarbeit mit der<br />

Bewährungshilfe, den Sozialen Dienstes des Vollzugs oder anderen <strong>Jugendhilfe</strong>- oder<br />

Sozialeinrichtungen gewährleistet.<br />

Auch nach Beendigung des <strong>Strafverfahren</strong>s bleibt die <strong>Jugendhilfe</strong> für den jungen<br />

Menschen und dessen Eltern auf deren Wunsch hin Ansprechpartner. Ein<br />

weitergehendes Beratungsangebot z.B. bei der Bewältigung einer persönlichen<br />

Problemsituation sowie die Folgen und Auswirkungen des <strong>Strafverfahren</strong>s sind Anlass,<br />

die Beratung und Unterstützungsleistung fortzusetzen.<br />

- 7 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

4. Bezugsgrößen<br />

4.1. Fallzahlen Anklageschriften/Ermahnungsverfahren<br />

Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Verfahren<br />

insgesamt<br />

(Anklageschriften)<br />

Ermahnungsverfahren<br />

2009<br />

2008<br />

2007<br />

2006<br />

2005<br />

2004<br />

2003<br />

2002<br />

2001<br />

2000<br />

182 243 280 269 257 243 233 207 236 180<br />

38 47 43 60 47 74 44 94 144 104<br />

Verfahren insgesamt (Anklageschriften)<br />

Ermahnungsverfahren<br />

180 104<br />

236 144<br />

207 94<br />

233 44<br />

243 74<br />

257 47<br />

269 60<br />

280 43<br />

243 47<br />

182 38<br />

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 350 375 400<br />

- 8 -<br />

Durchgeführte Verfahren 2000 - 2008<br />

Bei der Interpretation der Fallzahlen ist zu berücksichtigen, dass der Rückgang der<br />

Anklageschriften/Ermahnungsverfahren dem Bundesweiten Trend entspricht.<br />

Die Entwicklung der Ermahnungsverfahren der letzten Jahren zeigt, dass den<br />

Erkenntnissen der kr<strong>im</strong>inologischen Forschung <strong>im</strong> Hinblick auf die Jugendkr<strong>im</strong>inalität<br />

<strong>im</strong> Bagatellbereich zunehmend Rechnung getragen wird. Entsprechend wird durch die<br />

Staatsanwaltschaft oftmals auf eine jugendstrafrechtliche Reaktion in Form eines<br />

förmlichen Gerichtsverfahrens verzichtet. Jugendrichterliche Ermahnungsverfahren<br />

haben daher stark abgenommen, was zum Einen eine Entlastung der Jugendgerichte,<br />

zum Anderen eine Verlagerung auf die JGH zur Folge hat. Dadurch veränderte sich die<br />

Arbeit der JGH. Hinzu kommt, dass in Ermahnungsverfahren neben einem<br />

erzieherischen Gespräch häufig Auflagen in Form von Arbeitsweisungen,<br />

Geldauflagen, Schadenswiedergutmachungen, Entschuldigungen etc. (welche für eine<br />

Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft vorausgesetzt wird) von der JGH<br />

organisiert und kontrolliert werden.


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Pauschal ist es jedoch nicht möglich, aus den statistischen Daten Rückschlüsse auf<br />

eine allgemeine Kr<strong>im</strong>inalitätsentwicklung für den Schwarzwald-Baar-Kreis zu ziehen,<br />

da in der JGH nur Anklageschriften und Ermahnungsverfahren erfasst werden. In<br />

beiden Verfahrensvarianten ist es möglich, dass mehrere Taten zusammengeführt<br />

werden, die zu einem völlig anderen Bild bei der Anzahl der Straftaten führen würde.<br />

Vöhrenbach<br />

Unterkirnach<br />

Tuningen<br />

Triberg<br />

St. Georgen<br />

Schönwald<br />

Schonach<br />

Niedereschach<br />

7<br />

7<br />

13<br />

14<br />

10<br />

Mönchweiler 2 0<br />

Köningsfeld<br />

Hüfingen<br />

Furtwangen<br />

Donaueschingen<br />

Dauchingen<br />

Brigachtal<br />

Bräunlingen<br />

Blumberg<br />

Bad Dürrhe<strong>im</strong><br />

5 3<br />

12<br />

17<br />

1<br />

22<br />

1<br />

18<br />

3<br />

24<br />

1<br />

3<br />

15<br />

1<br />

5<br />

37<br />

39<br />

39<br />

7<br />

51<br />

56<br />

5<br />

Fallverteilung auf die Gemeinden 2009<br />

10<br />

5<br />

8<br />

9<br />

122<br />

20<br />

0 25 50 75 100 125 150 175<br />

- 9 -<br />

Anzahl männlich Anzahl weiblich<br />

Die Fallverteilung auf die Gemeinden bezieht sich rein auf den Wohnort der<br />

Jugendlichen/Heranwachsenden, da sich die Zuständigkeit der JGH hiernach und nicht<br />

nach dem eigentlichen Tatort richtet.<br />

Zu den Verfahren ist anzumerken, dass die in der Öffentlichkeit diskutierte<br />

zugenommene Gewaltbereitschaft von Jugendlichen/jungen Erwachsenen dem<br />

Eindruck der beiden JGH-Mitarbeiterinnen entspricht. Konkrete statistische Daten zu<br />

den Strafvorwürfen werden aber derzeit nicht erhoben.<br />

Weitere Schwerpunkte bei den Verfahren lassen sich für die <strong>im</strong> Bereich der<br />

Eigentumsdelikte (Diebstahl, Betrug, Unterschlagung), Sachbeschädigungen und der<br />

Verkehrsdelikte ausmachen. Der Bereich der Betäubungsmittelkr<strong>im</strong>inalität, hier vor<br />

allem der Handel in einem sehr umfangreichen Tatgeschehen, hat <strong>im</strong> vergangenen<br />

Jahr dem Eindruck nach nachgelassen.<br />

In den zurückliegenden Jahren galt der Grundsatz: Jugendkr<strong>im</strong>inalität ist<br />

Jungenkr<strong>im</strong>inalität. Auch heute überwiegt die Zahl der männlichen Täter bei weitem.<br />

Doch die Mädchen holen auf. Sie sind vor allem in best<strong>im</strong>mten klassischen<br />

Deliktsbereichen aktiv: So hat sich die Zahl junger Ladendiebinnen <strong>im</strong> Vergleich zu den<br />

39


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Vorjahren deutlich erhöht. Auch Betrugsdelikte, wie beispielsweise Erschleichen von<br />

Leistungen (Schwarzfahren), sind in der Regel durch Mädchen vertreten.<br />

Deutlich mehr Jungen sind in Gewalttaten verwickelt. Nicht nur als Täter, sondern auch<br />

als Opfer. Aber es gibt <strong>im</strong>mer wieder Fälle, bei denen Mädchen mit<br />

Körperverletzungsdelikten auffällig werden. Sie treten anders auf als gleichaltrige<br />

Jungen. Machogehabe ist ihnen eher fremd und sie agieren selten in Gruppen.<br />

Mädchen sind überwiegend Einzeltäterinnen. Ihre Hemmschwelle zur Gewalt liegt<br />

höher als bei Jungen. Meist hänseln sie ihre Opfer erst, beleidigen sie und grenzen sie<br />

aus. Wenn sie allerdings gewalttätig werden, tun sie sich nicht selten durch<br />

erstaunliche Brutalität hervor.<br />

Auch die Wurzeln der Kr<strong>im</strong>inalität sind bei Mädchen andere. Bei ihnen sind oftmals<br />

familiäre Probleme maßgeblich dafür verantwortlich, dass sie auf die schiefe Bahn<br />

geraten und straffällig werden. Bei Jungen spielen der Freundeskreis und die<br />

Gruppendynamik eine zentrale Rolle. Dabei gibt es einen unmittelbaren<br />

Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gewaltbereitschaft. Im Schwarzwald-<br />

Baar-Kreis wird aber keine Jugendliche als Intensivtäterin geführt.<br />

4.2. Ambulante Maßnahmen<br />

Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Ambulante Maßnahmen<br />

(AM) gesamt<br />

43 50 125 89 103 99 119 108 97 94<br />

AM Sozialer Trainingskurs 20 12 45 23 26 29 11 32 21 25<br />

AM Täter-Opfer-Ausgleich 8 15 22 18 15 27 20 16 13 22<br />

AM<br />

Verkehrserziehungskurs<br />

J<br />

a<br />

h<br />

r<br />

2009<br />

2008<br />

2007<br />

2006<br />

2005<br />

2004<br />

2003<br />

2002<br />

2001<br />

2000<br />

15 23 58 48 62 43 88 60 63 47<br />

AM Sozialer Trainingskurs<br />

AM Täter-Opfer-Ausgleich<br />

AM Verkehrserziehungskurs<br />

25 22 47<br />

21 13 63<br />

32 16 60<br />

11 20 88<br />

29 27 43<br />

26 15 62<br />

23 18 48<br />

45 22 58<br />

12 15 23<br />

20 8 15<br />

0 20 40 60 80 100 120 140<br />

- 10 -<br />

Fallzahlenvergleich:<br />

Strafarten 2000 - 2009


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Alle Ambulanten Maßnahmen werden durch den Bezirksverein für Soziale<br />

Rechtspflege durchgeführt und sind Leistungen der <strong>Jugendhilfe</strong>.<br />

Zu den Verkehrserziehungskursen ist festzuhalten, dass sich die Zahlen seit Jahren<br />

auf einem recht hohen Niveau bewegen, jedoch in 2009 etwas rückläufig sind.<br />

Jugendliche wollen mobil sein. Das Unrechtsbewusstsein für diese Art von Straftaten,<br />

wie z.B. Manipulationen am Fahrzeug um schneller fahren zu können, ist bei den<br />

Jugendlichen häufig kaum vorhanden und soll mit diesem Kurs geschult werden.<br />

Die Anzahl der Teilnehmer am Sozialen Trainingskurs unterliegt Schwankungen, da<br />

die Teilnahme nur nach entsprechender Verurteilung durch das Jugendgericht erfolgt.<br />

Konzeptionell ist der Kurs eigentlich für Wiederholungstäter vorgesehen; aufgrund der<br />

zunehmenden schweren und gefährlichen Körperverletzungsdelikte ist in den<br />

vergangenen Jahren in der Praxis auch die Verurteilung für Ersttäter erfolgt. Das in<br />

vielen Stadt- und Landkreisen inzwischen installierte Anti-Aggressions-Training hat <strong>im</strong><br />

Schwarzwald-Baar-Kreis bisher nicht durchgeführt werden können, da es keine<br />

Mitarbeiter mit entsprechender Zusatzsausbildung bzw. Organisation gibt.<br />

Die Fallzahlen des Täter-Opfer-Ausgleiches sind 2009 etwas angestiegen, bewegen<br />

sich aber langfristig betrachtet, noch in einem durchschnittlichen Bereich. Einen<br />

erhofften Rückgang der Fallzahlen durch die <strong>im</strong> Rahmen der Diversion erfolgten<br />

Ermahnungsverfahren, in welchen Schadenswiedergutmachungen, Entschuldigungen<br />

usw. unter Anleitung durch die JGH erfolgen, gab es aber nicht.<br />

Seit Frühjahr 2010 wird durch die Einrichtung eines Täter-Opfer-Ausgleichsfonds bei<br />

der JGH jungen Straftätern ermöglicht, Schadenswiedergutmachung bzw.<br />

Schmerzensgelder in geringem Umfang durch die Ableistung von Arbeitsstunden in<br />

einer sozialen Einrichtung zu erarbeiten. Die finanzielle Grundlage des Fonds wird<br />

durch auferlegte Bußgelder in <strong>Strafverfahren</strong> durch die Staatsanwaltschaft und den<br />

Gerichten ermöglicht. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle an die Gerichte<br />

und der Staatsanwaltschaft für ihr Engagement!<br />

Eine konkrete Konfrontation zwischen Täter und Opfer, die dem Täter eine<br />

Auseinandersetzung mit seinem Verhalten abverlangen und es dem Opfer ermöglicht,<br />

seine Sichtweisen darzustellen, findet hierbei nicht statt. Dieses geschieht <strong>im</strong> Rahmen<br />

der formalen Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs (in der Regel durch den<br />

Bezirksverein für Soziale Rechtspflege).<br />

4.3. Arbeitsweisungen<br />

Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

ArbeitsweisungenArbeitsstunden<br />

113 136 201 201 197 232 173 195 206 243<br />

3116 3922 5397 5923 5058 6945 5012 6161 6272 7916<br />

- 11 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Anzahl Stunden<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

Arbeitsweisungen<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

- 12 -<br />

Arbeitsstunden<br />

Arbeitsweisungen<br />

Aus den Zahlen ist ersichtlich, dass nach dem Rückgang der Einsätze und des<br />

Stundenumfanges <strong>im</strong> Jahr 2006, eine Steigerung auf ein absolutes Hoch erfolgt ist.<br />

In den vergangenen Jahren sind die Berufsbildenden Schulen, welche ein<br />

Berufsvorbereitungsjahr/Berufeinstiegsjahr durchführen, dazu übergegangen,<br />

Schulschwänzer mit Bußgeldverfahren zu belegen. Da die Jugendlichen in der Regel<br />

über kein eigenes Einkommen verfügen, wird das Bußgeld dann auf Antrag der<br />

Bußgeldstelle durch das Jugendgericht in Arbeitsauflagen umgewandelt, wobei die<br />

Überwachung der Erfüllung durch die JGH zu erfolgen hat. Hier ist ein großer Teil der<br />

Zunahme der Fallzahlen/Stunden entstanden.<br />

Anzumerken ist, dass die hohen Stunden/Fallzahlen vom Arbeitsanfall kaum noch zu<br />

bewältigen sind. Probleme entstehen auch durch die Aus- bzw. Überlastung der<br />

Einsatzstellen.<br />

Da auch die „Arbeitsmoral“ und damit die Bereitschaft der Jugendlichen, die Stunden<br />

zeitnah und zuverlässig abzuleisten, in vielen Fällen abgenommen haben, hat sich der<br />

Verwaltungsaufwand erhöht. Deshalb wurde <strong>im</strong> Jahr 2008 zu einer anderen<br />

Verfahrensweise übergegangen, die <strong>im</strong> Rahmen der Diversion und der<br />

Bußgeldverfahren die Eigenverantwortung der Jugendlichen voraussetzt. Durch eine<br />

konsequentere Handhabung der Verfahrensabläufe <strong>im</strong> Sekretariatsbereich wurde eine<br />

kürzere Bearbeitungszeit ermöglicht. Die Erfahrung zeigt, dass nicht in allen Fällen<br />

diese schnelle Verfahrensweise von den Jugendlichen umgesetzt werden konnte. In<br />

einigen Fällen erfolgte deshalb in der Konsequenz die Anklageerhebung und die damit<br />

verbundene Durchführung eines Gerichtsverfahrens. Dieses jedoch weitaus zügiger,<br />

als dieses in der Vergangenheit der Fall war, so dass dennoch von einem positiven<br />

Aspekt „von Sachverhalt zu Strafe“ gesprochen werden kann.<br />

260<br />

240<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

Anzahl Personen


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Schlusswort<br />

Wo es kein Gespräch mehr gibt, beginnt die Gewalt<br />

(Sokrates)<br />

Katrin Paleit Gertraude Sdun<br />

Dipl. Sozialpädagogin Dipl. Sozialarbeiterin<br />

- 13 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

Begriffe <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

Polizei - Ermittlungsbehörde<br />

Die Polizei hat eine wesentliche Funktion als Ermittlungsbehörde. Nach Eingang der<br />

Strafanzeige wird den Tätern neben der Vernehmung und dem Kontakt zu den<br />

Erziehungsberechtigten eine Empfehlung für das Diversionsverfahren ausgesprochen.<br />

Zu diesen diversionsgeeigneten Delikten gehören:<br />

• Missbrauch von Notrufen<br />

• Erschleichung von Leistungen („Schwarzfahren“)<br />

• Verstöße gegen das Verkehrsstrafrecht (z.B. Fahren ohne Führerschein oder<br />

unerlaubtes Entfernen vom Unfallort)<br />

• leichte Fälle der Nötigung und Bedrohung, Beleidigung<br />

• Sachbeschädigung<br />

• Eigentums- und Vermögensdelikte (z.B. Diebstahl oder Betrug)<br />

• Körperverletzung bei geringer Schuld und leichten Folgen<br />

• leichte Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />

• geringfügige Vergehen gegen das Waffengesetz<br />

• Hausfriedensbruch.<br />

• Urkundenfälschung<br />

Staatsanwaltschaft<br />

Die Staatsanwaltschaft ist eine staatliche Untersuchungs- und Anklagebehörde.<br />

Nach genauen Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob<br />

• das Verfahren eingestellt wird<br />

• eine Diversion durchgeführt wird<br />

• ein Antrag auf Haftbefehl erlassen wird<br />

• Anklage erhoben wird.<br />

Die Staatsanwaltschaft kann also ohne Zust<strong>im</strong>mung des Jugendrichters nach § 45,1 JGG ein<br />

Ermittlungsverfahren einstellen und von der Verfolgung der Tat absehen.<br />

Nach § 45,2 JGG hat die Staatsanwaltschaft ebenso die Möglichkeit, nach Einleitung oder<br />

Durchführung einer erzieherischen Maßnahme von der weiteren Verfolgung abzusehen. In<br />

diesem Fall bittet die Staatsanwaltschaft die JGH, ein Beratungsgespräch mit dem<br />

Jugendlichen/Heranwachsenden zu führen und die erzieherische(n) Maßnahme(n) umzusetzen.<br />

Kommt es zu einer Anklage, so bekommt der Jugendliche/Heranwachsende eine<br />

Anklageschrift. In dieser Anklageschrift sind die folgenden Sachverhalte enthalten:<br />

• gegen wen sich die Anklageschrift richtet<br />

• welche Straftat dem Beschuldigten vorgeworfen wird<br />

• ob es sich um ein Verbrechen oder Vergehen handelt<br />

• gegen welche Gesetzesbest<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> Einzelnen verstoßen wurde<br />

• welche Beweismittel vorliegen<br />

Eine Kopie der Anklageschrift wird der <strong>Jugendgerichtshilfe</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Diversionsverfahren/Diversion<br />

"Diversion wird verstanden als die prozessuale Möglichkeit zur Verfahrenseinstellung,<br />

nach anderweitiger erzieherischer Einwirkung auf den Beschuldigten."<br />

Wenn Jugendliche/Heranwachsende straffällig werden, ist dies oft in entwicklungsbedingten<br />

Problemen begründet. Junge Menschen, die auf der Suche nach einer eigenen Identität sind,<br />

erfahren häufig Schwierigkeiten auf dem Weg ins Erwachsenwerden, wie z.B. Arbeitslosigkeit,<br />

Probleme innerhalb der Familie, in der Schule und <strong>im</strong> Freundeskreis. Für einen Zusammenhang<br />

zwischen den genannten Konfliktsituationen und der Jugendstraffälligkeit spricht die Erfahrung,<br />

- 14 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

dass die meisten jugendlichen Straftäter als Erwachsene nicht mehr strafrechtlich auffällig<br />

werden.<br />

Diesem Phänomen trägt auch die Gesetzgebung Rechnung, indem sie die Möglichkeiten der<br />

Diversion geschaffen hat.<br />

Diversion soll:<br />

• eine zeitnahe Reaktion möglich machen, damit für Jugendliche noch ein Bezug zur Tat<br />

herzustellen ist<br />

• helfen, die Stigmatisierung von jungen Menschen zu vermeiden<br />

• Hilfen zur Problemlösung außerhalb strafrechtlicher Sanktionen finden<br />

• unnötige Belastung des Beschuldigten vermeiden<br />

• Wege und Möglichkeiten ausbauen, damit für Jugendliche jugendgemäße und dem<br />

Tatgeschehen angemessene Reaktionen ohne formelle, justizielle Verfahren erfolgen<br />

können<br />

• die Justiz entlasten.<br />

Gerichtsverhandlung<br />

Bei einer Gerichtsverhandlung sind auf jeden Fall folgende Personen anwesend:<br />

• Angeklagte(r)<br />

• Richter<br />

• VertreterIn der Staatsanwaltschaft<br />

• MitarbeiterIn der JGH<br />

• bei Minderjährigen die Sorgeberechtigten (z.B. Eltern)<br />

Außerdem können folgende Personen anwesend sein:<br />

• Anwalt des Angeklagten<br />

• Schöffen<br />

• Erziehungsberechtigte<br />

• Erzieher/Betreuer<br />

• Bewährungshelfer<br />

• Geschädigte Personen<br />

• Zeugen<br />

und andere Personen, die wichtig für diese Verhandlung sein können<br />

Eine nicht öffentliche Verhandlung findet statt, wenn der Jugendliche unter 18 Jahre alt ist.<br />

Eine öffentliche Verhandlung findet statt, wenn der Heranwachsende 18 Jahre und älter ist. In<br />

öffentlichen Verhandlungen können Zuhörer und andere Interessierte anwesend sein. Wenn ein<br />

Jugendlicher unter 18 Jahre und ein Heranwachsender über 18 Jahre angeklagt sind, ist eine<br />

solche Verhandlung öffentlich.<br />

Verlauf der Gerichtsverhandlung<br />

Der chronologische Verlauf einer Verhandlung stellt sich wie folgt dar:<br />

• Der Richter befragt den Jugendlichen/Heranwachsenden nach der Korrektheit seiner <strong>im</strong><br />

Vorfeld angegebenen persönlichen Daten.<br />

• Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verliest die Anklageschrift.<br />

• Dem Jugendlichen/Heranwachsenden wird die Möglichkeit gegeben, sich zur Anklage<br />

zu äußern.<br />

• Befragung der von der Staatsanwaltschaft und Verteidigung vorgeladenen Zeugen.<br />

• Beruhend auf einem vorab geführten Gespräch mit dem<br />

Jugendlichen/Heranwachsenden gibt die VertreterIn der JGH eine Stellungnahme über<br />

das gewonnene persönliche Bild des Jugendlichen/Heranwachsenden ab. Während der<br />

Verhandlung gewonnene Informationen bzw. Aspekte bezieht die VertreterIn der JGH<br />

dabei in seine Stellungnahme ein. Die Stellungnahme schließt mit einem<br />

Ahndungsvorschlag der JGH-VertreterIn ab.<br />

• Der VertreterIn der Staatsanwaltschaft stellt sein Antrag.<br />

• Der VerteidigerIn hält sein Plädoyer.<br />

- 15 -


<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>im</strong> Jugendstrafverfahren<br />

<strong>Jugendgerichtshilfe</strong> - Jahresbericht 2009__________________________________________________________<br />

• Abschließend hat der Jugendliche/Heranwachsende die Möglichkeit, sich zu äußern.<br />

• Nach einer kurzen Beratungszeit verliest der Richter das Urteil einschließlich der<br />

Urteilsbegründung.<br />

• Der Richter belehrt den Jugendlichen/Heranwachsenden, dass gegen das gesprochene<br />

Urteil innerhalb von 7 Tagen Einspruch eingelegt werden kann.<br />

Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)<br />

Eine begangene Straftat führt <strong>im</strong>mer zu einem Konflikt zwischen den Beteiligten. Häufig<br />

hinterlässt eine Gewalttat neben körperlichen Schäden auch seelische Beeinträchtigungen und<br />

Ängste bei dem Opfer. Auch ein materieller Schaden ist oft damit verbunden.<br />

Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet die Möglichkeit, dass Täter und Geschädigter einer Straftat<br />

zusammenkommen und Art und Form einer möglichen Wiedergutmachung des Schadens in<br />

Anwesenheit eines neutralen Vermittlers (MitarbeiterIn der JGH) miteinander zu besprechen.<br />

Dieser Weg bietet für Täter und Geschädigte die Möglichkeit, ihre eigenen Vorstellungen und<br />

Bedürfnisse einzubringen und bietet die Chance, für alle Beteiligten eine befriedigende Lösung<br />

zu finden.<br />

Wiedergutmachungen können sein:<br />

• Geldleistungen<br />

• Arbeitsleistungen<br />

• Geschenk<br />

• Gemeinsame Gespräche oder Aktivitäten<br />

• Entschuldigung<br />

Dieses Vorgehen bietet die Möglichkeit:<br />

Für den Geschädigten<br />

• den Schaden schnell und unbürokratisch ersetzt zu bekommen<br />

• dem Täter seine Gefühle wie Angst, Wut oder Ärger zu verdeutlichen<br />

• dem Täter die Folgen der Tat darzustellen<br />

Für den Täter<br />

• aus eigener Kraft und mit eigenen Möglichkeiten den Schaden wiedergutmachen zu<br />

können<br />

• dem Geschädigten erklären zu können, wie es zu der Tat gekommen ist<br />

• dem Geschädigten zeigen zu können, dass er für das was er getan hat einstehen will.<br />

Folgende Voraussetzungen müssen für einen TOA gegeben sein:<br />

• Geständnis der Tat<br />

• Freiwillige Teilnahme von Täter und Opfer<br />

- 16 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!