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Auf dem großen Passagierdampfer, der mitternachts von New York ...

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<strong>von</strong> www.stefanzweig.de Die Schachnovelle<br />

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Schachbrett angerÅhrt. Unser Freund, <strong>der</strong> Anonymus, <strong>der</strong> Igno- tus, hatte den<br />

stÄrksten Schachspieler <strong>der</strong> Erde in offenem Kampfe besiegt!<br />

Ohne es zu merken, waren wir in unserer Erregung einer nach <strong>dem</strong> Än<strong>der</strong>n<br />

aufgestanden. Je<strong>der</strong> <strong>von</strong> uns hatte das GefÅhl, er mÅÇte etwas sagen o<strong>der</strong> tun,<br />

um unserem freudigen Schrecken Luft zu machen. Der einzige, <strong>der</strong><br />

unbeweglich in seiner Ruhe verharrte, war Czentovic. Erst nach einer<br />

gemessenen Pause hob er den Kopf und blickte unseren Freund mit<br />

steinernem Blick an.<br />

ÖNoch eine Partie?Ü fragte er.<br />

ÖSelbstverstÄndlichÜ, antwortete Dr. B. mit einer mir unangenehmen<br />

Begeisterung und setzte sich, noch ehe ich ihn an seinen Vorsatz mahnen<br />

konnte, es bei einer Partie bewenden zu lassen, sofort wie<strong>der</strong> nie<strong>der</strong> und<br />

begann mit fiebriger Hast die Figuren neu aufzustellen. Er rÅckte sie mit<br />

solcher Hitzigkeit zusammen, daÇ zweimal ein Bauer durch die zitternden<br />

Finger zu Boden glitt; mein schon frÅher peinliches Unbehagen angesichts<br />

seiner unnatÅrlichen Erregtheit wuchs zu einer Art Angst. Denn eine sichtbare<br />

Exaltiertheit war Åber den vorher so stillen und ruhigen<br />

Menschen gekommen; das Zucken fuhr immer Éfter um seinen Mund, und sein<br />

KÉrper zitterte wie <strong>von</strong> einem jÄhen Fieber geschÅttelt.<br />

ÖNicht!Ü flÅsterte ich ihm leise zu. ÖNichtjetzt! Lassen Sie’s fÅr heute genug<br />

sein! Es ist fÅr Sie zu anstrengend.Ü<br />

ÖAnstrengend! Ha!Ü lachte er laut und boshaft. ÖSiebzehn Partien hÄtte ich<br />

unterdessen spielen kÉnnen statt dieser Bummelei! Anstrengend ist fÅr mich<br />

einzig bei diesem Tempo nicht einzuschlafen! - Nun! Fangen Sie doch schon<br />

einmal an! Ü<br />

Diese letzten Worte hatte er in heftigem, beinahe grobem Ton zu Czentovic<br />

gesagt. Dieser blickte ihn ruhig und gemessen an, aber sein steinern starrer<br />

Blick hatte etwas <strong>von</strong> einer geballten Faust. Mit einemmal stand etwas Neues<br />

zwischen den beiden Spielern; eine gefÄhrliche Spannung, ein<br />

leidenschaftlicher HaÇ. Es waren nicht zwei Partner mehr, die ihr KÉnnen<br />

spielhaft aneinan<strong>der</strong> proben wollten, es waren zwei Feinde, die sich<br />

gegenseitig zu vernichten geschworen. Czentovic zÉgerte lange, ehe er den<br />

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