4.6.5 Bauernhofgastronomie - Landwirtschaftskammer Nordrhein ...
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<strong>4.6.5</strong> <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
- 158 -<br />
Mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen verflochtene Gastronomiebetriebe werden<br />
unter dem Oberbegriff "<strong>Bauernhofgastronomie</strong>" zusammengefasst. Die so bezeichneten<br />
Betriebe unterscheiden sich durch Intensität und Ausprägung der Gastronomie<br />
sowie durch Verflechtung mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen.<br />
Zur <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zählen einerseits reine Terrassen- oder Cafe-Betriebe,<br />
die als Saisongeschäft betrieben werden und andererseits durchgängig geöffnete<br />
Betriebe mit Angeboten von kalten oder warmen Gerichten.<br />
Die Unternehmensphilosophie unterscheidet <strong>Bauernhofgastronomie</strong> von Landgasthöfen<br />
durch die Angebotspalette und Betriebsführung.<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe lassen sich nach folgenden Kriterien gliedern:<br />
Produktpalette Betriebsführung Grad der Öffentlichkeit<br />
- Cafe-Geschäft (zusätzlich<br />
evtl. kalte und<br />
kleine warme Gerichte)<br />
- Gastronomie-Geschäft<br />
(umfangreiche kalte<br />
und warme Speisekarte)<br />
- Saisonbetrieb<br />
- Ganzjahresbetrieb<br />
- Für Laufkundschaft<br />
geöffnete Betriebe<br />
- Nur Angebot für Gruppen<br />
nach Voranmeldung<br />
- Angebot für Laufkundschaft<br />
und Gruppen<br />
Die Zahl der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe hat sich in Westfalen-Lippe von 1994<br />
bis 2001 verdoppelt. Die Zunahme fand vor allem in den Regierungsbezirken<br />
Münster und Detmold statt.<br />
Die <strong>Landwirtschaftskammer</strong> zählte im April 2001 137 professionelle <strong>Bauernhofgastronomie</strong>n<br />
(INTERNE ERHEBUNG DER LANDWIRTSCHAFTSKAMMER,<br />
2001). Nach den Angaben der Ortslandwirte von Januar 2001 ist die Anzahl doppelt<br />
so hoch, weil dabei vermutlich auch Angebote berücksichtigt wurden, die nur<br />
sporadisch erfolgen.
- 159 -<br />
Produktpalette der <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
Schwerpunkt der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> in Westfalen-Lippe sind kalte Gerichte.<br />
Besonderer Wert wird auf die Verwendung gartenfrischer Zutaten vom eigenen Hof<br />
und von Höfen aus der Region sowie auf Zubereitung nach Hausmacher Art gelegt.<br />
- Alle <strong>Bauernhofgastronomie</strong>-Betriebe backen die im Gastraum vermarkteten Kuchen<br />
und Torten selbst.<br />
- 73,6 v. H. der Betriebe bieten Schnittchenplatten mit Hausmacherwurst und<br />
Schinken an.<br />
- 48,3 v. H. der in diesen Betrieben vermarkteten Brote werden selbst gebacken.<br />
Bei den warmen Gerichten bilden Spezialitäten aus Westfalen bzw. Lippe den<br />
Schwerpunkt. Häufig liegen Rezepte vor, wie sie die Großmutter noch kannte.<br />
- 81,6 v. H. der Betriebe führen regionale Spezialitäten auf der Speisekarte.<br />
- 25,3 v. H. halten Suppen und herzhafte regionaltypische Eintöpfe bereit.<br />
- Einige besonders deftige Gerichte, wie z. B. das Grünkohl-Essen oder die<br />
Pfanne mit Blutwurst, dicken Bohnen und Bratkartoffeln werden in der kalten<br />
Jahreszeit oder auf Bestellung auch ganzjährig angeboten.<br />
- 16,1 v. H. der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe bieten traditionelle bäuerliche Buffets<br />
auf Bestellung an.<br />
- 74,7 v. H. der Betriebe bieten an Sonn- und Feiertagen Frühstücksbuffets und<br />
Brunch an. Sie reagieren damit auf den zunehmenden Verbraucher-Trend, das<br />
Sonntags-Frühstück außer Haus einzunehmen.<br />
- 21,8 v. H. der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe bieten Gästen, die auf Bauernhöfen<br />
das Land erleben und genießen möchten, "Erlebnisgastronomie" an.<br />
Hierunter fallen z. B. Picknick im Freien, barockes Essen mit passender Musik,<br />
Ritteressen, Gutherrenbankett.<br />
- Wer Kuchen und Speisen aus der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zu Hause genießen<br />
möchte, hat auch hierzu Gelegenheit. Einige Betriebe liefern Speisen und Buffets<br />
frei Haus. Dieses Angebot machen jedoch nur 14,9 v. H. der Betriebe, da<br />
die Kombination von <strong>Bauernhofgastronomie</strong> und Partyservice arbeitswirtschaftlich<br />
hohe Anforderungen stellt.
- 160 -<br />
Die folgende Übersicht fasst das Angebot zusammen:<br />
Süße Gerichte<br />
Herzhafte<br />
Gerichte aus d. {<br />
kalten Küche<br />
Warme<br />
Gerichte<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> in Westfalen-Lippe<br />
- Kulinarische Besonderheiten/Produktpalette -<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
{<br />
{<br />
Kalt/-warme<br />
Buffets, Brunch {<br />
Frühstücksbuffet/Brunch<br />
Bäuerliche Buffets<br />
Selbstgebackener Kuchen<br />
Waffeln, Eis<br />
Brot a. Steinofen<br />
Wurst-/Schinkenplatte<br />
Suppen, regionaltyp. Eintöpfe<br />
Spezialitäten a. Landschaftsküchen<br />
Kalt/-warme Buffets<br />
Frühstücksbuffet, Brunch<br />
25%<br />
20%<br />
40%<br />
Kulinarische Besonderheiten<br />
(in v. H.)<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
Spezialitäten<br />
Suppen/herzhafte Eintöpfe<br />
Wurstplatten mit hausmacher Wurst<br />
Selbstgebackenes Brot<br />
Bratapfel/Stippgrütze<br />
Waffeln/Eis<br />
Selbstgebackene Kuchen<br />
2,3<br />
16,1<br />
25,3<br />
53%<br />
48%<br />
70%<br />
66%<br />
96%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100% 120%<br />
48,3<br />
69,0<br />
74,7<br />
81,6<br />
73,6<br />
Prozent der Betriebe<br />
100,0
Öffnungszeiten<br />
- 161 -<br />
Wer in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> Erfolg haben will, muss arbeiten, wenn andere<br />
Bevölkerungsgruppen frei haben. 98,9 v. H. der Anbieter sind deshalb an Sonn-<br />
und Feiertagen für ihre Gäste da.<br />
- 66,7 v. H. dieser Betriebe haben an Sonn- und Feiertagen mehr als 5 Stunden<br />
geöffnet.<br />
- 18,4 v. H. dieser Betriebe öffnen in dieser Zeit bis zu 5 Stunden.<br />
- 13,8 v. H. der Betriebe öffnen sonntags nur nach Voranmeldung.<br />
- 38,3 v. H. der Betriebe haben einen Ruhetag pro Woche.<br />
- 28,3 v. H. nutzen 2 Ruhetage pro Woche.<br />
- 13,3 v. H. legen pro Woche 3 oder 4 Ruhetage ein.<br />
- In 69 v. H. in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> werden die Montage und/oder Dienstage<br />
als Ruhetage gewählt.<br />
- 20 v. H. der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe verzichten völlig auf einen Ruhetag.<br />
Sie sind an Werktagen und Sonn- und Feiertagen für ihre Gäste da.<br />
45,0<br />
40,0<br />
35,0<br />
30,0<br />
25,0<br />
20,0<br />
15,0<br />
10,0<br />
5,0<br />
0,0<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe: Anzahl der Ruhetage<br />
(in v. H.)<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
20,0<br />
Ausstattung und Angebote<br />
38,3<br />
28,3<br />
13,3<br />
kein Ruhetag ein Ruhetag zwei Ruhetage mehr als zwei<br />
Ruhetage<br />
Wenn Reisegruppen bewirtet werden sollen, werden mindestens 50 Sitzplätze im<br />
Gastraum benötigt. 67,8 v. H. der Anbieter erreichen diese Kapazität.<br />
Neben dem Speisenangebot hat das Erlebnis besonderen Stellenwert in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>.<br />
Das Angebot entwickelt sich deshalb immer stärker zur "Gastronomie<br />
Plus".
Angebote für Kinder<br />
- 162 -<br />
78,2 v. H. der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>-Betriebe in Westfalen-Lippe haben für Kinder<br />
Spiel- und Bolzplätze und 20,7 v. H. Spielzimmer und Spielecken mit Spielzubehör<br />
eingerichtet.<br />
50,6 v. H. der Betriebe verfügen über Streichelzoos. In 9,2 v. H. der Betriebe mit<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> können Kinder auf Ponys reiten und zum Teil Reitstunden<br />
nehmen.<br />
In der folgenden Übersicht sind die Angebote für Kinder in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
zusammengefasst:<br />
80,0<br />
70,0<br />
60,0<br />
50,0<br />
40,0<br />
30,0<br />
20,0<br />
10,0<br />
0,0<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong>: Spiel- und Freizeitangebote für Kinder<br />
(in v. H.)<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
78,2<br />
Spiel/Bolzplatz<br />
20,7<br />
50,6<br />
20,7<br />
6,9 9,2 2,3<br />
1,1 10,3<br />
Tischtennis/<br />
Trampolin<br />
Spielzimmer/<br />
Spielecke<br />
Streicheltiere<br />
Ponyreiten<br />
Reitstunden für<br />
Kinder<br />
Viele Kinder haben im Betrieb mit <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zum ersten Mal Kontakt<br />
mit der Landwirtschaft und erschließen dadurch diese andere Erlebniswelt. In 20,7<br />
v. H. der Betriebe können Kindergeburtstage auf dem Bauernhof gefeiert werden.<br />
Darüber hinaus bieten 10,3 v. H. dieser Betriebe Spezialprogramme für Schulklassen<br />
und Kindergärten an. Zum Teil bestehen dafür auch Übernachtungsmöglichkeiten.<br />
Aktionen rund um den Bauernhof<br />
Fahrradverleih, Plan- oder Kutschwagenfahrten und Angeln sind einige der Sport-<br />
und Freizeitmöglichkeiten, die von kleinen und großen Gästen der <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
genutzt werden können. Einige Betriebe organisieren Weihnachtsmärkte<br />
und Hoffeste und machen so den Besuch im Bauernhofcafe zu einem besonderen<br />
Erlebnis.<br />
Wildgehege<br />
Kindergeburtstage<br />
Kinderwanderungen<br />
Bauernhofquiz<br />
Sonderaktionen für<br />
Schulklassen
Veranstaltungen, Führungen, Seminare<br />
- 163 -<br />
35,6 v. H. der Betriebe in Westfalen-Lippe veranstalten für ihre Gäste Hof- und<br />
Feldführungen. Sie lassen die für viele Stadtbewohner vergessenen Techniken, wie<br />
z. B. das Buttern, die Likörherstellung und den Blaudruck im Rahmen von Vorführungen<br />
wieder lebendig werden.<br />
40,0<br />
30,0<br />
20,0<br />
10,0<br />
0,0<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong>: Information/Bildung/Geselligkeit<br />
(in v. H.)<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
35,6<br />
Hofführungen,<br />
Feldführungen<br />
6,9<br />
Seminarez. B.<br />
Likörherstellung<br />
4,6<br />
Gästeführungen<br />
18,4<br />
Betriebe mit<br />
Brauchtum u.<br />
Geselligkeit<br />
16,1<br />
Rahmen-<br />
/Unterhaltungsprogramm<br />
1,1<br />
Erlebniswochenenden<br />
für Familien,<br />
Gruppenz. B.Buttern,<br />
Hofralleye<br />
Wer Brauchtum und Geselligkeit in Westfalen-Lippe erleben möchte, für den halten<br />
18,4 v. H. der Betriebe Unterhaltungsprogramme wie Tanz-/Klön- und Kuerabende<br />
bereit.<br />
16,1 v. H. der Betriebe gestalten abwechselnde Rahmen- und Unterhaltungsprogramme<br />
für ihre Gäste.<br />
Angebotsmix - Vernetzung mehrerer Serviceleistungen vom Bauernhof<br />
In Westfalen-Lippe zeichnet sich der Trend zum Angebotsmix (zur Diversifizierung<br />
in der Diversifizierung) ab. Erfolgreiche Betriebe bauen ihr Angebot als Baukastensystem<br />
aus.<br />
Zur Gastronomie kommen dabei als flankierende Angebote der Verkauf von Kunsthandwerk,<br />
von Direktvermarktungsprodukten oder das Angebot von Übernachtungsmöglichkeiten<br />
hinzu.<br />
3,4<br />
Seniorennachmittage
- 164 -<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> plus Direktvermarktung<br />
2001 führen 46 v. H. der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe in Westfalen-Lippe zusätzlich<br />
zum Gastronomiebetrieb einen eigenen Hofladen Die Hälfte dieser Betriebe<br />
vermarktet regionaltypische Produkte direkt im Gastronomiebetrieb.<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> plus Übernachten auf dem Bauernhof<br />
Die Hälfte der Gastronomiebetriebe bietet zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten<br />
für ihre Gäste auf dem Bauernhof an. 33,3 v. H. dieser Betriebe halten Ferienzimmer<br />
und 19,5 v. H. Ferienwohnungen bereit. Aber auch das Schlafen im Heu oder<br />
Stroh ist auf 6,8 v. H. dieser Höfe mit <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zu finden.<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong>betriebe mit Übernachtungsmöglichkeit<br />
(in v. H. der Betriebe mit UadB)<br />
- Wegweiser <strong>Bauernhofgastronomie</strong>, 2001 -<br />
Ferienhäuser<br />
Schlafen im Stroh<br />
Schlafen im Heu<br />
UadBmit<br />
Ferienwohnung<br />
UadB mit<br />
Ferienzimmern<br />
1,1<br />
3,4<br />
5,7<br />
19,5<br />
33,3<br />
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0<br />
Bezugsgröße: 42,5 % der BC-Betriebe (=37 von 87 BC-Betrieben)<br />
Prozent der Betriebe mit UadB<br />
Von den landwirtschaftlichen Familien, die sich für <strong>Bauernhofgastronomie</strong> entscheiden,<br />
- beabsichtigt ein Drittel, diesen Betrieb zum Zeitpunkt der Gründung im Nebenerwerb<br />
zu führen.<br />
- Ein Drittel möchte die <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zum Hauptbetriebszweig entwickeln.<br />
- Das letzte Drittel legt sich zum Gründungszeitpunkt noch nicht fest (INTERNE<br />
ERHEBUNG DER LANDWIRTSCHAFTSKAMMER, 1998).<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen und Versicherungsschutz
- 165 -<br />
Bei der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> handelt es sich um einen Gewerbebetrieb. Beginn<br />
und Übernahme dieses Betriebes sind beim Ordnungsamt der Gemeinde anzuzeigen<br />
(Gewerbeordnung).
- 166 -<br />
Nach Gewerbeordnung unterliegt der Betrieb einer Gaststätte der Erlaubnispflicht<br />
(Schankerlaubnis/Konzession). Diese Konzession erteilt das zuständige Ordnungsamt.<br />
Im Rahmen des Prüfverfahrens wird festgestellt, ob sowohl die personellen als<br />
auch die räumlichen Voraussetzungen (Gaststättenbau-VO) für den Betrieb einer<br />
Gaststätte vorhanden sind. In dieses Verfahren werden auch das Kreisveterinäramt,<br />
das Bauamt, das Gewerbeaufsichtsamt und die Feuerwehr mit eingebunden.<br />
Die Konzession bezieht sich in der Regel auf eine bestimmte Betriebsform und auf<br />
bestimmte Betriebsräume. Sie ist personenbezogen. Von der Person, der die Konzession<br />
erteilt wird, wird ein Sachkundenachweis (Nachweis der Unterrichtung<br />
durch IHK) erteilt. Teilkonzessionen z. B. für einen bestimmten Zeitraum oder eine<br />
bestimmte Betriebsform sind möglich.<br />
In der Regel werden Betriebsgebäude für die <strong>Bauernhofgastronomie</strong>betrieb umgebaut.<br />
Hierfür ist eine Umnutzungsgenehmigung bzw. eine Baugenehmigung erforderlich.<br />
Zuständig ist das örtliche Bauamt.<br />
Weitere, für die <strong>Bauernhofgastronomie</strong> wesentliche Rechtsvorschriften sind Kapitel<br />
3.2 zu entnehmen.<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Gründer investieren beim Aufbau einer <strong>Bauernhofgastronomie</strong> in Westfalen-Lippe<br />
in der Regel zwischen 75.000 und 125.000 €. Dieser Betrag kann je nach geplanten<br />
Ausstattungsmerkmalen nach oben wesentlich überschritten werden. Bei<br />
Haupterwerbsgründungen im Bereich <strong>Bauernhofgastronomie</strong> sind Investition von<br />
über 250.000 € keine Seltenheit. Wesentliche Investitionsbereiche ergeben sich<br />
durch Umbau landwirtschaftlicher Gebäude sowie durch Einrichtung und Ausstattung<br />
des Wirtschaftsbereiches (Gewerbeküche/Vorratsbereich, Sanitärbereich).<br />
Das folgende Beispiel zeigt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für <strong>Bauernhofgastronomie</strong>.<br />
Die Familie beschäftigt nur Aushilfskräfte.<br />
Beispiel:<br />
Angebot:<br />
- 200 Öffnungstage pro Jahr für<br />
Laufkundschaft<br />
(Mi - So, 14.00 Uhr - 20.00 Uhr)<br />
- 44 Gesellschaften pro Jahr<br />
(Durchschnittsgröße pro Gruppe:<br />
30 Personen)
- 167 -<br />
Kapitalbedarf €<br />
Umbau der Räumlichkeiten und Gestaltung der Außenanlage<br />
Einrichtung Wirtschaftsbereich<br />
Gaststättenbedarf, Schank-, Speiseraumeinrichtung<br />
Anlaufkosten, erster Warenbestand<br />
118.850<br />
25.200<br />
16.000<br />
2.500<br />
Gesamt 162.550<br />
Marktleistung €/Jahr<br />
Laufkundschaft<br />
(7 € pro Gast/50 Gäste pro, 200 Tage)<br />
Gesellschaften<br />
(7,5 € pro Gast/Gruppengröße durchschnittlich 30 Personen,<br />
44 Vorgänge pro Jahr)<br />
70.000<br />
9.900<br />
Marktleistung gesamt: 79.900<br />
Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
Kosten €/Jahr<br />
Variable Kosten<br />
Materialkosten (Wareneinsatz)<br />
Energiekosten (Wasser, Abwasser, Strom)<br />
Löhne Aushilfskräfte<br />
Bereitstellung, Organisation (Telefon, Werbung)<br />
Festkosten<br />
Gebäude, Außenanlagen<br />
- Abschreibung bei 20 Nutzungsjahren<br />
- 5 v. H. Zinsen vom halben Neuwert<br />
- Instandhaltung 2 v. H. vom Neuwert<br />
Einrichtung und Ausstattung<br />
- Abschreibung bei 20 Nutzungsjahren<br />
- 5 v. H. Zinsen vom halben Neuwert<br />
- Instandhaltung 2 v. H. vom Neuwert<br />
Grundwarenbestand<br />
- 5 v. H. Zinsen des gebundenen Kapitals<br />
Versicherung, Steuern, Gebühren, Beiträge<br />
Lohnanspruch (1.608 FamAkh x 14 €/Akh)<br />
21.093<br />
3.072<br />
7.508<br />
4.969<br />
5.943<br />
2.971<br />
2.377<br />
4.120<br />
1.030<br />
824<br />
125<br />
1.645<br />
22.512<br />
Vollkosten 78.189<br />
Die Vollkosten betragen 78.189 € je Jahr. Dies ist der notwendige Mindestumsatz<br />
der <strong>Bauernhofgastronomie</strong>. Bei den kalkulierten Gästezahlen wird dieser kostendeckende<br />
Mindestumsatz mit 79.900 € je Jahr um 1.711 € übertroffen. Der Arbeitsertrag<br />
liegt mit 15,06 €/FamAkh knapp über den Ansätzen für Entlohnung.
Arbeitswirtschaftliche Anforderungen<br />
- 168 -<br />
Eine <strong>Bauernhofgastronomie</strong> ist in der Regel nicht ausschließlich durch Familienarbeitskräfte<br />
zu führen. Voraussetzung, um flexibel auf saisonale Schwankungen reagieren<br />
zu können, ist ein Pool gut ausgebildeter, motivierter Servicekräfte.<br />
In Westfalen-Lippe sind in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> durchschnittlich 2,4 Voll-Ak<br />
(davon mindestens eine Familien-Ak) beschäftigt.<br />
Daneben werden durchschnittlich 6,4 Aushilfskräfte in der Saison oder in Arbeitsspitzen<br />
eingesetzt. Diese Aushilfskräfte arbeiten überwiegend in Teilzeitform.<br />
Die Arbeitsspitzen in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> liegen an Wochenenden und Feiertagen.<br />
Durch Abnahme der Bevölkerungsdichte im ländlichen Raum, Einbindung von<br />
Landfrauen in Produktionsprozesse der landwirtschaftlichen Betriebe, sowie zunehmende<br />
außerlandwirtschaftliche Berufstätigkeit von Landfrauen wird sich dieser<br />
Pool in Zukunft noch schwerer bilden lassen, als bisher.<br />
Perspektiven<br />
Dem Einzelnen steht künftig mehr Freizeit zur Verfügung. Die Kunden werden teilweise<br />
Kurz-Urlaub in der Region verbringen. <strong>Bauernhofgastronomie</strong> ist für viele<br />
Verbraucher ein ideales Ausflugsziel. <strong>Bauernhofgastronomie</strong> kann die Nachfrage<br />
nach Außerhauskonsum aufgreifen und Angebotslücken schließen.<br />
Wenn es der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> gelingt, den Erlebniswert weiter auszubauen,<br />
werden künftig zusätzliche Kundenpotenziale zu erschließen sein.<br />
Bereits heute sind <strong>Bauernhofgastronomie</strong>besucher bereit, längere Strecken zurückzulegen,<br />
um eine <strong>Bauernhofgastronomie</strong> zu erreichen. Befragungen bei 500<br />
Gastronomiebesuchern zeigen, dass 75 v. H. Anfahrtstrecken bis zu 30 km in Kauf<br />
nehmen. 25 v. H. haben Anfahrtswege von über 30 Kilometern. Bevorzugtes Verkehrsmittel<br />
ist dabei der Pkw (zwei Drittel der Nennungen) (BORKEN u. a., 1999).<br />
17,9 Mio. Menschen in NRW bilden ein Kundenpotenzial, das von der <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
nicht ausgeschöpft ist. Besonders interessante Einzugsbereiche sind<br />
das Ruhrgebiet, aber auch die anderen größeren Städte NRW's.<br />
Da viele Betriebe mit <strong>Bauernhofgastronomie</strong> im Grenzraum zu Niedersachsen,<br />
Hessen, Rheinland und Niederlanden liegen, sollten auch diese Kundengruppen<br />
aus diesen Regionen in die Marktanalyse einbezogen werden.<br />
Wichtige Zielgruppe für <strong>Bauernhofgastronomie</strong> sind einerseits Familien mit Kindern<br />
und andererseits ältere Menschen. Die Gruppe dieser älteren Menschen wächst<br />
(Trend zur Überalterung der Gesellschaft). Schon heute leben mehr Menschen im<br />
Rentenalter, als junge Leute unter 20 Jahren.
- 169 -<br />
Die Zielgruppe "Neue Alte" ist mobil und finanziell unabhängig. Diese Zielgruppe<br />
wird, so die Freizeitforscher OPASCHOWSKI (1997) aktiv sein und ihr Leben intensiver<br />
gestalten. Sie wird die Jugend als Konsumpionier ablösen. Der Anteil der<br />
55jährigen, die regelmäßig mindestens einmal in der Woche in einem Restaurant<br />
essen, hat sich im Zeitraum von 1986 bis 1996 von 12 auf 24 v. H. verdoppelt<br />
(OPASCHOWSKI, 1997). Diese Zielgruppe wird durch <strong>Bauernhofgastronomie</strong> besonders<br />
angesprochen.<br />
Sinkende Agrareinkommen werden dazu führen, dass noch mehr landwirtschaftliche<br />
Familien den Einstieg in die <strong>Bauernhofgastronomie</strong> planen. Ob sich eine zunehmende<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> am Markt behaupten kann, wird davon abhängen,<br />
wie gut es dem einzelnen Unternehmen gelingt, ein unverwechselbares Unternehmensprofil<br />
herauszuarbeiten, das dieses Angebot von konventionellen Gastronomiebetrieben<br />
und von den Mitbewerbern der eigenen Branche unterscheidet.<br />
Unternehmerische Erfolgsfaktoren<br />
Unternehmenskonzept<br />
Erfolgreiche <strong>Bauernhofgastronomie</strong> entsteht nicht ad hoc, sondern muss auf der<br />
Basis eines Unternehmenskonzeptes entwickelt werden. Dabei sind die Situation<br />
der Gründerfamilie (z. B. Ökonomie, Ökologie und Arbeitswirtschaft) und die voraussichtlichen<br />
Kundenwünsche in Einklang zu bringen.<br />
Unternehmerpersönlichkeit<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> ist erfolgreich, wenn sie sich ständig anpasst und weiterentwickelt.<br />
Durch Aktionen wie z.B. die wechselnde Speisenkarte, eine “Kürbis-„<br />
oder „Kartoffelwoche“ können Kunden immer wieder aufs Neue angesprochen werden.<br />
Zur Schaffung solcher Kundenmagnete auf dem Hof sind Unternehmerpersönlichkeiten<br />
erforderlich, die Gespür für den Trend und Gespür für Kundenwünsche<br />
haben und den eigenen Betrieb darauf zeitgerecht einstellen.<br />
Service<br />
Service wird künftig immer stärker zum wichtigen Wettbewerbsfaktor. Untersuchungen<br />
zeigen, dass von 100 unzufriedenen Kunden nur 14 wegen schlechter Produktqualität<br />
abwandern. Für die <strong>Bauernhofgastronomie</strong> bedeutet dies, dass künftig<br />
die Qualität des Services noch stärker als bisher über den wirtschaftlichen Erfolg<br />
des Unternehmens entscheidet. Effektives Reklamationsmanagement und erfolgreiche<br />
Kundengespräche werden deshalb immer wichtiger. Persönlichkeits- und<br />
Servicetraining werden an Bedeutung gewinnen.
Produkte<br />
- 170 -<br />
<strong>Bauernhofgastronomie</strong> wird erfolgreich sein, wenn es gelingt, sich mit den eingesetzten<br />
Rohstoffen und den Rezepturen, sowie dem Produktionsweg von traditionellen<br />
Gastronomiebetrieben abzusetzen. Verstärkt wird deshalb auf regionale<br />
Produkte gesetzt werden müssen. Das Produktionsverfahren muss einer kritischen<br />
Überprüfung und im Idealfall einer Zertifizierung unterzogen werden.<br />
Erfolgreiche <strong>Bauernhofgastronomie</strong> bekennt sich ganz gezielt zu ihren bäuerlichen<br />
Wurzeln und zur kulinarischen Tradition ihrer Region. Sie begrenzen ihre Speisekarten<br />
auf regionaltypische, saisonale Gerichte. Die Authentizität zwischen Betriebsführung<br />
und Wurzeln des Betriebes wird künftig an Bedeutung gewinnen.<br />
Kunden suchen in der <strong>Bauernhofgastronomie</strong> den Geschmack ihrer Kindheit. Den<br />
Betrieben, denen es gelingt, mit ihren hausgemachten Produkten diese Emotionen<br />
wach zu rufen, wird es auch künftig gelingen, Kunden zu gewinnen und zu halten.<br />
Dabei muss traditionelle westfälische Küche nicht unbedingt dem Zeitgeist nach<br />
Leichtigkeit wiedersprechen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, regionale Gerichte<br />
neu zu komponieren und dies entsprechend zu vermarkten<br />
Kommunikation<br />
Erfolgreiche <strong>Bauernhofgastronomie</strong> entwickelt nicht nur ein eigenes Profil. Sie<br />
kommuniziert es auch gegenüber dem Kunden. Tue Gutes - und rede darüber!<br />
Ausschlaggebend für den Erfolg vieler Betriebe ist, dass sie ihren Produktionsweg<br />
und ihre Unternehmensphilosophie offenlegen. Dies kann über Hofprospekte geschehen,<br />
aber auch durch persönliches Gespräch des Chefs oder der Chefin mit<br />
den Kunden.<br />
Erlebnis<br />
Der Trend geht weg vom Versorgungs- hin zum Erlebniskonsum. <strong>Bauernhofgastronomie</strong><br />
wird von Kunden deshalb immer stärker an der Qualität der Produkte und<br />
am Erlebniswert gemessen. Das Erlebnis kann aus der Speise selbst, durch das<br />
Bauernhoferlebnis oder beim Einkauf entstehen.<br />
Um ein rundes Erlebnis zu ermöglichen, muss auf Elemente, die dieses Erlebnis<br />
stören könnten, bewusst verzichtet werden. Wenig ist oft mehr.<br />
Beispiel: Eine <strong>Bauernhofgastronomie</strong> mit westfälischem Ambiente würde z. B.<br />
durch "Asiatische Wochen" verfälscht. Erfolgreiche Betriebe sollten sich deshalb<br />
der Stärken ihres Standortes, ihrer Person und ihrer Produkte besinnen und dies<br />
mit Marketing dem Kunden transparent machen.