Die Schilke-Trompeten B1 & S32 - Erik Veldkamp
Die Schilke-Trompeten B1 & S32 - Erik Veldkamp
Die Schilke-Trompeten B1 & S32 - Erik Veldkamp
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<strong>Die</strong> <strong>Schilke</strong>-<strong>Trompeten</strong> <strong>B1</strong> & <strong>S32</strong><br />
Da im Augenblick <strong>Trompeten</strong> aus dem Hause <strong>Schilke</strong> stark im Trend<br />
liegen, scheint es mir an der Zeit, die beiden meistverkauften Modelle aus<br />
der B- und der S-Serie unter die Lupe zu nehmen. Im folgenden Test habe<br />
ich versucht, die wesentlichen Unterschiede dieser beiden Modelle<br />
herauszuarbeiten. Es wurde schnell deutlich, warum sich <strong>Schilke</strong>-<br />
<strong>Trompeten</strong> immer noch allgemeiner Beliebtheit erfreuen.<br />
von <strong>Erik</strong> <strong>Veldkamp</strong><br />
Glücklicherweise stehen ausreichend Hintergrundinformationen über die<br />
verschiedenen Instrumente aus dem Hause <strong>Schilke</strong> zur Verfügung. Jim Donaldson hat
viel Wissenswertes auf seine Webseite gestellt, die unter dem Namen “The <strong>Schilke</strong><br />
Loyalist” auf dem Netz zu finden ist. Ich hatte keineswegs den Ehrgeiz, die ganze Site<br />
zu übersetzen, habe sie jedoch während des Tests gerne zurate gezogen. Und wo wir<br />
gerade dabei sind: <strong>Schilke</strong> Music Products hat seit kurzem auch eine eigene Webseite,<br />
die eine nähere Betrachtung durchaus lohnt.<br />
<strong>Die</strong> Modellnummern von <strong>Schilke</strong>-<strong>Trompeten</strong> laufen chronologisch. Das bedeutet,<br />
dass die <strong>B1</strong> das erste Modell ist, das Renold Otto <strong>Schilke</strong> auf den Markt gebracht hat.<br />
<strong>Die</strong> Modellnummer selbst gibt also weder Auskunft über die Bohrung, noch über<br />
andere technische Einzelheiten. <strong>Die</strong> X-Serie weist die Modelle mit der größten<br />
Bohrung auf. <strong>Die</strong> in B gestimmten <strong>Trompeten</strong> präsentieren sich im Augenblick mit<br />
den Modellbezeichnungen <strong>B1</strong> bis einschließlich B7, X3 und X4. Darüber hinaus gibt<br />
es noch die S22, <strong>S32</strong>, S42 und die S42L. Das L sagt uns, dass das Instrument über<br />
einen “tuning bell” verfügt, einen auswechselbaren Becher, mit dem man die<br />
Trompete auch stimmen kann. Der übliche Stimmzug kommt dann gar nicht mehr<br />
zum Einsatz. Übrigens sind auch alle anderen Modelle in dieser Ausführung<br />
erhältlich.<br />
Instrumente von <strong>Schilke</strong> sind entweder versilbert oder vergoldet erhältlich. Renold<br />
<strong>Schilke</strong> ist der Meinung, dass die Lackschicht einen ungünstigen Einfluss auf den<br />
Blaswiderstand der Trompete hat, und deswegen die <strong>Trompeten</strong> mit einer Silber- bzw.<br />
Goldlackierung viel besser ansprechen. Außerdem ist eine solche Lackierung<br />
wesentlich beständiger. Sonic hatte verschiedene Modelle zur Verfügung und ich<br />
muss sagen, dass die Qualität der Silberlackierungen wirklich ganz außerordentlich<br />
ist. Allein schon die Dicke der Lackschicht kann oft enorme Unterschiede bewirken.<br />
Das Modell <strong>B1</strong><br />
Das ist die erste Trompete, die Renold <strong>Schilke</strong> im Jahre 1962 auf den Markt gebracht<br />
hat. <strong>Die</strong>ses Modell wurde nicht nur von ihm, sondern auch von seinen Kunden<br />
favorisiert. Auch jetzt zählt es noch zu den meistverkauften Modellen. Genauso wie<br />
die B2 und die B5, hat die <strong>B1</strong> einen ML-Body (11.68 mm), kombiniert mit einem<br />
L(arge) Becher. Das bedeutet, dass die Trompete sich in einem so genannten “stepbore-design”<br />
präsentiert: Sie ist also etwas konischer gebaut. <strong>Die</strong> Trompete besitzt<br />
eine schmalere Öffnung beim Mundrohr, wird beim Stimmzug langsam breiter und<br />
endet in einem großen Becher. Das hat zum Vorteil, dass die Trompete, verglichen<br />
mit einer normalen ML, offener und freier spielt. Weil sie aber eher schmal beginnt,<br />
fühlt sie sich nicht an wie eine große Trompete. Um einen großen Klang zu<br />
bekommen, muss man nicht so viel Luft durchblasen als bei einer echten L-Bohrung,<br />
im Gegenteil, sie spielt angenehm leicht. <strong>Die</strong> Bohrung der Zugbögen ist etwas größer<br />
als die Bohrung der Röhren. Dadurch lässt sich noch einfacher die Luft<br />
hindurchblasen und die Trompete fühlt sich größer an, als man das bei einer solch<br />
kompakten Bauweise erwartet. <strong>Schilke</strong> benutzt Ventilblöcke aus schwerem<br />
Rotmessing (95% Kupfer). Mit der Konsequenz, dass diese leichtgewichtigen<br />
<strong>Trompeten</strong> eine ausreichende Tiefe im Klang anbieten und nicht zu dünn klingen. <strong>Die</strong><br />
<strong>B1</strong> hat einen schönen klaren Sound, der durch den größeren Becher (127mm) breit<br />
ausstrahlt. Auch das Mundrohr ist aus Rotmessing. Solche Mundrohre werden oft<br />
benutzt, um die Silberschicht korrosionsbeständiger zu machen. Bei höherer<br />
Lautstärke ermöglicht das Rotmessing-Mundrohr auch etwas mehr Projektion. Der<br />
Rest der Trompete ist aus gelbem Messing (60% Kupfer).
Über die Bohrung schreibt Renold <strong>Schilke</strong> in einen Brief an einen Kunden das<br />
Folgende:<br />
“Nimm beispielsweise die <strong>B1</strong>. Vorne hat das Mundrohr, also nicht die<br />
Mundstückaufnahme, eine Bohrung von 0,342 inch. <strong>Die</strong>se verläuft konisch über<br />
mehrere Stufen nach 0,460 inch beim Ventilblock. An verschiedenen Stellen - über das<br />
Instrument verteilt - wird die Bohrung noch größer: von 0,464 bis sogar 0,468 inches.<br />
Das hört beim Schallstück auf, bei dem der Auslauf 5 inches beträgt. <strong>Die</strong>se vielen<br />
verschiedenen Durchmesser im Instrument werden benötigt, um die Frequenzkurve<br />
eines Tones zu beeinflussen. An den Stellen, an denen die Frequenzkurve wenig<br />
ausschlägt – und das sind sicher nicht wenige – versuche ich die Bohrung so klein wie<br />
möglich zu halten, um so die Kontrolle über das Instrument zu optimalisieren. Auf<br />
diese Weise können die Intonation und der freie Luftstrom natürlich miteinander<br />
korrespondieren.”<br />
Was unmittelbar beim Design dieser Trompete auffällt, sind die sechseckigen<br />
Ventildeckel mit den grünen Filzen. <strong>Die</strong>se sind bezeichnend für das <strong>Schilke</strong>-Design.<br />
Darüber hinaus sind die sechseckigen Ventildeckel einfacher montierbar. Wenn sie<br />
einmal wirklich festsitzen, kann man immer noch eine Zange benutzen. <strong>Die</strong> grünen<br />
Filze sollen nach einer gewissen Einspielperiode einen perfekten Sitz garantieren. <strong>Die</strong><br />
Monel-Ventile liefen übrigens bei beiden Modellen ausgezeichnet.<br />
Alle Modelle haben ein langes Mundrohr (reversed leadpipe). Das bedeutet, dass sich<br />
das obere Rohr des Stimmzuges nicht – wie bei Standard-Mundrohren üblich – in,<br />
sondern über das Mundrohr schiebt. Das ist ein Überbleibsel von der Martin<br />
Committee, die Renold <strong>Schilke</strong> u. a. mit Vincent Bach entworfen hat (wahrlich das<br />
“Committee” der Weisen!). Genauso wie bei der Martin, gibt es keine Stütze im<br />
Stimmzug. Der Stimmzug an sich ist auch recht schmal: <strong>Die</strong> Konsequenz ist ein<br />
engerer Bogen. Dadurch ermöglicht die Trompete einen freieren Luftstrom, auch<br />
verursacht durch die größere Bohrung des Bogens. <strong>Die</strong> Ventillöcher sind auch ein<br />
wenig größer als die Bohrung der Rohre. Man kann einfacher die Luft hindurch<br />
blasen. So vermittelt die leichtgewichtige Trompete ein offenes Spielgefühl und<br />
spricht äußerst leicht an, ohne dass sie sich klein anfühlt. Renold O. <strong>Schilke</strong> hat<br />
intensiv den Verlauf der Frequenzkurven einzelner Töne untersucht (“nodal pattern”).<br />
Es würde zu weit führen, diese Eigenschaften im Einzelnen anzusprechen; die<br />
Webseite „The <strong>Schilke</strong> Loyalist“ hilft dem Interessierten schnell weiter.<br />
<strong>Die</strong> Trompete macht einen sehr schlichten und edlen Eindruck, da der Stimmzug ohne<br />
eine Stütze ausgeführt ist und die Wasserklappe am dritten Zug fehlt. <strong>Die</strong><br />
Feststellschraube am dritten Zug ist allerdings sehr mickrig ausgefallen und lässt sich<br />
nach meiner Erfahrung aufgrund der winzigen Größe nur umständlich bedienen. Der<br />
Grund ist mir schleierhaft, denn da die Wasserklappe am dritten Zug fehlt, muss<br />
dieser zum Entwässern ständig herausgezogen werden. Ein so klitzekleines<br />
Schräubchen erweist sich dann als recht unhandlich. Es wird wohl mit der<br />
Frequenzkurvengeschichte zusammenhängen, oder vielleicht gefiel <strong>Schilke</strong> die<br />
Schraube auch einfach nur.<br />
Das Modell <strong>S32</strong>
<strong>Die</strong> 1985 eingeführte S-Reihe besteht aus drei B-<strong>Trompeten</strong>, und zwar der S22, der<br />
<strong>S32</strong> und der S42. Entworfen wurden diese Instrumente größtenteils von Scott Laskey,<br />
da sich Renold O. <strong>Schilke</strong>s Gesundheit um 1980 zusehends verschlechterte. <strong>Schilke</strong><br />
starb 1982. Neben diesen drei Modellen wird auch ein Jon-Faddis-Spezialmodell<br />
angeboten, die S42L. Warum die S-Reihe eigentlich entstand, ist etwas unklar. Im<br />
Katalog erklärt <strong>Schilke</strong>, dass man den Anforderungen bekannter Profi-Trompeter<br />
gerecht werden wollte. <strong>Die</strong>se suchten Instrumente mit einem ganz bestimmten<br />
Spielgefühl und einer gewissen Klangqualität, jedoch mit derselben Ansprache und<br />
hervorragenden Intonation wie die <strong>Trompeten</strong> der B- und X-Reihe. Jim Donaldson<br />
meint, <strong>Schilke</strong> habe damit versucht, mehr an den Klang einer Bach heranzukommen,<br />
da Bach-<strong>Trompeten</strong> in der Umgebung von Chicago, dem Standort der <strong>Schilke</strong>-Fabrik,<br />
besonders gefragt waren. Der Klang der S-Reihe ist kompakter, zentrierter und<br />
kerniger, die Resonanz deutlich größer. <strong>Die</strong> S-Reihe wird schließlich aus dickerem<br />
Material gefertigt, hat jedoch denselben Messingschallbecher mit einem #2 taper. Der<br />
Schallbecher hat dieselbe Form wie der Becher der B5, welcher jedoch aus Kupfer ist.<br />
Der Rand des Bechers der S-Reihe ist dichtgelötet. <strong>Die</strong> <strong>S32</strong> hat im Gegensatz zu ihren<br />
Schwestern eine Stütze im Stimmzug, der auch etwas kantiger ausgefallen ist. Mir fiel<br />
auf, dass die Ansprache dadurch doch etwas träger wird als bei der <strong>B1</strong>. <strong>Die</strong>ses Modell<br />
ist für Orchester, Kammermusik und Solisten gedacht, wird jedoch auch von<br />
Leadtrompetern wie Roger Ingram gespielt. Das Instrument hat eine sehr gute<br />
Projektion, insbesondere mit dem Leadmundstück.<br />
Das Jon-Faddis-Modell hat keine Wasserklappe am speziell für dieses Instrument<br />
entworfenen Stimmzug, der sich in der Form ohnehin von den anderen unterscheidet.<br />
<strong>Die</strong> Schraubdeckel sind massiver ausgeführt und auf den Zügen fehlen die Knöpfe.<br />
<strong>Die</strong> Jon-Faddis-Trompete hat einen austauschbaren Becher und eine lose Stütze<br />
zwischen Becher und Mundrohr („Soundpost“). <strong>Die</strong> S42L ist mithin das teuerste<br />
Modell aus der Reihe der B-<strong>Trompeten</strong>.<br />
Beide Modelle im Vergleich<br />
Hinsichtlich Optik und Design fallen einige Unterschiede auf. Bei der <strong>B1</strong> ist am<br />
ersten Ventilzug eine u-förmige Daumenstütze angebracht, die <strong>S32</strong> hat hingegen<br />
einen Daumenring. Bei der <strong>B1</strong> sitzt die Stütze mehr zwischen Ventilblock und<br />
Becher, die <strong>S32</strong> hat den Steg im Stimmzug. <strong>Die</strong> Mundstückaufnahme (Receiver) der<br />
<strong>B1</strong> ist länger als der der <strong>S32</strong>. Das Mundstück der <strong>S32</strong> reicht also weniger tief in die<br />
Trompete hinein, wodurch ein größeres „Gap“ entsteht. <strong>Die</strong>ses größere Gap, der<br />
Zwischenraum zwischen dem Ende des Mundstückschafts und dem Ansatz des<br />
Mundrohrs, verändert das Spielgefühl der S-Reihe. Nach meiner Erfahrung wird der<br />
Klang der Trompete heller, je tiefer das Mundstück in die Trompete reicht, je kleiner<br />
also das Gap ist. Es bleibt allerdings schwierig, die genauen Spieleigenschaften mit<br />
solcherlei kleinen Unterschieden zu erklären. Jedenfalls weist die <strong>S32</strong> einen viel<br />
höheren Blaswiderstand auf als die <strong>B1</strong>; für meinen Geschmack etwas zu viel des<br />
Guten beim Einsatz als Leadinstrument, ein anderer mag dies jedoch durchaus als<br />
angenehm empfinden. Roger Ingram, Leadtrompeter in Harry Connick’s Bigband,<br />
spielt seit Jahren auf einer <strong>S32</strong>.<br />
Bei den Klang- und Spieleigenschaften ist ein deutlicher Unterschied spürbar. <strong>Die</strong> <strong>B1</strong><br />
hat einen brillanteren Klang und einen breiteren Strahl. Zudem darf sie im Vergleich<br />
zur <strong>S32</strong> schon eher als Fliegengewicht bezeichnet werden und spricht dadurch etwas<br />
leichter an. <strong>Die</strong> <strong>S32</strong> hingegen bietet mehr Projektion und hat einen kompakteren
Sound. Der Klang hat mehr Kern und fühlt sich etwas weniger offen an, d. h., der<br />
Blaswiderstand ist größer. <strong>Die</strong>s lässt sich natürlich auf den größeren Becher der <strong>B1</strong><br />
zurückführen, doch auch der zusätzliche Steg im Zugbogen der <strong>S32</strong> sorgt für mehr<br />
Widerstand. Der Unterschied zwischen L-Becher und ML-Becher liegt nicht in den<br />
eigentlichen Abmessungen, sondern in der Form. Der L-Becher verläuft etwas<br />
konischer als der ML, wird also zum Auslauf hin allmählich breiter. Der ML verläuft<br />
länger zylindrisch und weitet sich erst zum Ende hin stark. Der Größenunterschied<br />
wird mit dem Dämpfer deutlich, der viel weiter in den L-Becher hineinpasst. Der<br />
Durchmesser beider Becher beträgt 127 mm und ist damit größer als bei den meisten<br />
anderen Herstellern, die überwiegend 122-mm-Becher verbauen. Bei jeder Lautstärke<br />
und in allen Registern bleibt der Klang schön gleichmäßig. Beide Instrumente halte<br />
ich für viele verschiedene Musikstile geeignet. <strong>Die</strong> Wahl richtet sich daher vor allem<br />
nach den persönlichen Vorlieben des Trompeters.<br />
Fazit<br />
Alles in allem hatte ich bei der <strong>B1</strong> am stärksten das Gefühl, auf einer <strong>Schilke</strong>-<br />
Trompete zu blasen, daher gefiel mir dieses Modell wohl auch am besten. <strong>Die</strong> <strong>S32</strong><br />
sprach schwerer an und bot für meinen Geschmack zu viel Widerstand. Allerdings<br />
ähnelt die <strong>S32</strong> mehr einer Bach-Trompete und ist somit auch für <strong>Schilke</strong>-Trompeter<br />
geeignet, die sich etwas mehr Kern und Blaswiderstand wünschen. Da beide<br />
Instrumente ihre starken Seiten haben, brauchte ich schon einige Konzerte, bevor ich<br />
mich für meine Favoritin entscheiden konnte. Letztlich erwies sich die <strong>B1</strong> für mich –<br />
wie für die meisten <strong>Schilke</strong>-Spieler – als beste Wahl. Bei beiden <strong>Trompeten</strong> spürt man<br />
jedoch, dass man Topqualität in den Händen hält; es gibt kaum etwas zu bemängeln.<br />
Perfektion ist nicht von ungefähr seit Jahrzehnten Standard bei <strong>Schilke</strong> Music.<br />
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