8-Tropische Pilzinfektionen_Willinger.pdf
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<strong>Tropische</strong> Mykosen<br />
Birgit <strong>Willinger</strong><br />
Abteilung für Klinische Mikrobiologie<br />
Klin. Institut für Hygiene und Med. Mikrobiologie<br />
Medizinische Universität Wien<br />
DHS-System<br />
Pilze<br />
Dermatophyten Hefen Schimmelpilze<br />
Trichophyton<br />
Microsporum<br />
Epidermophyton<br />
Candida<br />
Cryptococcus<br />
Aspergillus<br />
Mucor,<br />
Etc.<br />
Dimorphe Pilze<br />
Histoplasma capsulatum, Blastomyces<br />
dermatitidis, Coccidioides immitis,<br />
Paracoccidioides brasiliensis<br />
1<br />
Nach W. Buzina, MUG
Primär pathogene Pilze:<br />
• Histoplasma capsulatum<br />
• Blastomyces dermatitidis<br />
• Coccidoides immitis<br />
⇒ Erreger der endemischen<br />
Systemmykosen<br />
Das Reich der Pilze<br />
Dermatophyten<br />
• Fakultativ pathogene Pilze:<br />
– Sprosspilze:<br />
Candida spp.<br />
Cryptococcus neoformans<br />
Trichosporon spp.<br />
Außereuropäische Mykosen<br />
• Phaeohyphomykose<br />
– Fadenpilze:<br />
Aspergillen<br />
Zygomyzeten<br />
andere hyaline und pigmentierte<br />
Fadenpilze (Fusarium, Sporothrix<br />
schenckii, Scedosporium…..)<br />
– Melaninproduzierende Fadenpilze („Dematiaceae“)<br />
• Hyalohyphomykose<br />
– Unpigmentierte, hyaline Fadenpilze<br />
• Endemische Systemmykosen
Phaeohyphomykose<br />
Kasuistik<br />
• 62 jähriger männlicher Patient, aus der Türkei stammend<br />
• St.p. NTX 09/2001 mit rel. komplikationsloser Verlauf<br />
• 08/02 vierwöchiger Heimurlaub in Izmir<br />
– dort Fieberschübe bis 39°C: Penicillin, Novalgin,<br />
Muskelrelaxans<br />
– Auf der Rückreise nach Ö. hochfebriles Zustandsbild mit<br />
Dyspnoe, zunehmender Verfall - Hospitalisierung<br />
– Diagnose: Bronchopneumonie links (Th.: Klacid 0,5 mg ), chron.<br />
nummuläres Ekzem im Hand- und Fußrückenbreich
Kasuistik<br />
•09/02 Aufnahme in<br />
Schwerpunktkrankenhaus:<br />
–red. AZ, Exsikkosezeichen, Nierenfunktion<br />
unverändert (Krea 1,4 mg/dl)<br />
–V.a. Pneumonie links (C/P: Infiltrate li)<br />
–diffuse Gelenksbeschwerden und Schmerzen<br />
lumbosakral<br />
–Exanthem mit zentraler Pustelbildung, z.T. vesikulös,<br />
z.T. in Abheilung<br />
–Patient wird zunehmend agitiert, zeitweise<br />
desorientiert
Diagnostik<br />
• Aspirat aus CT gezielter Punktion L2/L3: Wachstum von<br />
Schimmelpilzen<br />
• Hautstanze (mehrfach): Wachstum von Schimmelpilzen<br />
• Liquor (mehrfach):<br />
– mikroskopisch: negativ<br />
– kulturell: negativ<br />
– zytologisch: kein Hinweis auf Pilzelemente, granulozytäres<br />
Liquorzellsyndrom<br />
• Serologie:<br />
– Candida - HAT: 1:640, Candida-AG: negativ<br />
– Coccidioides: ELISA IgG negativ, IgM grenzwertig<br />
Wie lautet Ihre<br />
Diagnose?<br />
• Candida – Infektion<br />
• Aspergillus – Infektion<br />
• Coccidioidomykose<br />
• Andere Erreger<br />
• Mischinfektion
Mykologie<br />
Nach 24 h starkes Wachstum von unpigmentierten Hyphen<br />
Nach 72 h haarige, dunkelgraue bis schwarz-braune Kolonien<br />
Mikroskopisches Bild<br />
Ketten von Arthrokonidien von undifferenzierten, breiten braunen Hyphen
Nattrassia mangiferae<br />
Glatte, oft dickwandige, ellipsoide Arthrosporen<br />
Nattrassia mangiferae<br />
• pflanzenpathogen, tropische und<br />
subtropische Wälder
Nattrassia mangiferae<br />
• penetriert Haut und Nägel:<br />
⇒ oberflächliche Dermatomykosen und Onychomykosen<br />
• nur wenige Berichte über tiefe Infektionen:<br />
Myzetome, subkutane Abszesse (Knöchel), Läsionen im<br />
Gesicht, Abdominal- und Hirnabszeß (1),<br />
Endophthalmitis nach traumatischer Inokulation<br />
• disseminierte Infektion bei einem granulozytopenischen<br />
Kind nach KMT (B-Zelllymphom)<br />
Diagnose<br />
• Generalisierte Infektion mit Nattrassia<br />
mangiferae:<br />
• Spondylodiszitis<br />
• Pulmonale Infiltrationen<br />
• Hautbefall<br />
• Therapie:<br />
– Amphotericin B<br />
– Voriconazol
Disseminierte Infektion<br />
durch N. mangiferae<br />
• Mögliche Infektionsquelle:<br />
Türkei – Gartenerde<br />
Pflanzen<br />
Trockenfrüchte<br />
• Risikofaktoren: Immunsuppression<br />
Therapie<br />
• Kontinuierliche i.v.-Therapie mit Amphotericin B (1,5<br />
mg/kg) über 9 Wochen (10/02-12/02)<br />
• Kreatininanstieg nach ca. 4 Wochen: AmB nur mehr<br />
jeden 2. Tag<br />
• deutliche Rückbildung der Hautläsionen und<br />
pulmonalen Infiltrate, CRP und Leukozyten↓,<br />
Besserung des AZ und der Vigilanz<br />
• anschließend Voriconazol 2 x 200 mg p.o.
Endemische Systemmykosen<br />
• Coccidioidomykose<br />
• Histoplasmose<br />
• Blastomykose<br />
• Paracoccidoidomykose<br />
Coccidioidomykose
Valley Fever<br />
• Erreger<br />
– C. immitis - Kalifornien<br />
– C. posadasii – SW-USA, Mexiko, S-Amerika<br />
• Vorkommen<br />
– Südwesten der USA, Mittel-, Südamerika<br />
– Erde, Wüstensand<br />
• Übertragung<br />
– Inhalation der Sporen<br />
– In vivo: Arthrosporen und Sphärulen<br />
• Klinik<br />
– 60% keine Symptome<br />
– 40% grippeähnliche Symptome<br />
– < 1% schwere Erkrankung (meist pulmonal) mit Dissemination<br />
Coccidiomykose<br />
Klinisches Bild<br />
Sphärulen mit Endosporen
Diagnose<br />
• Hauttest in endemischen Regionen<br />
• Mikroskopisch: KOH, HE-Färbung<br />
• Kultur – Vorsicht sehr infektiös!<br />
• Serologie<br />
- Komplementbindungsreaktion<br />
- Immunodiffusion<br />
- Enzym Immunoassay<br />
Therapie<br />
• Keine Behandlung, wenn Symptome nur<br />
gering ausgeprägt sind und Lunge nicht<br />
betroffen ist<br />
• Ansonsten<br />
– Ampho B<br />
– Itraconazol<br />
– Fluconazol
Herbst 2001<br />
• 2 von einander unabhängige Patienten<br />
– 72 a Mann aus Großbritannien, 55 a Mann aus Finnland<br />
– Ende Oktober 2001: grippeähnliche Symptome<br />
– Pneumonie mit stationärer Aufnahme BAL<br />
– Diagnose: Coccidioidomykose<br />
– Patienten besuchten im Oktober 2001 die Meisterschaft ”World<br />
Championships Model Airplane Free Flight” in Kalifornien, USA
World Championship<br />
• 8. – 13. Oktober 2001<br />
• Lost Hills, Kern County,<br />
California, USA<br />
• über 330 Teilnehmer<br />
• Teams von 32 Nationen<br />
• 12 Teilnehmer aus Ö<br />
Hintergrund<br />
Nach genauer Untersuchung keine Österreicher betroffen<br />
Histoplasmose
Histoplasmose<br />
• Histoplasma<br />
– H. capsulatum var. capsulatum (N-Amerika)<br />
– H. capsulatum var. duboisii (Afrika)<br />
• Vorkommen: Erde, Fledermaushöhlen, Vögel<br />
• Übertragung:<br />
– Inhalation<br />
– perkutan (Verletzungen)<br />
• Klinik<br />
– Asymptomatisch (50 – 90%)<br />
– grippeähnlich (“fungus-flu”)<br />
– Pneumonie, Pericarditis, rheumatisches Erscheinungsbild<br />
5 humane Fälle in den letzten zehn Jahren in Österreich!<br />
Diagnose<br />
1. Histo (Giemsa/Wright)<br />
• Intra- und extrazelluläre Hefezellen<br />
2. Kultur<br />
• Hefe- und Fadenpilzphase bis zu 6 Wochen<br />
3. Serologie<br />
• Komplementbindungsreaktion, ELISA<br />
4. Antigennachweis aus dem Harn<br />
5. Hauttest
Antigennachweis im Harn<br />
Sensitivity (%)<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
95%<br />
(75/79)<br />
82%<br />
(14/17)<br />
80%<br />
(8/10)<br />
Urine<br />
81%<br />
(26/32)<br />
AIDS IS NIS Acute Sub-acute Chronic<br />
Disseminated Pulmonary<br />
Wheat Diag Micro Infect Dis<br />
2002;43:29<br />
Fallbericht<br />
34%<br />
(22/65)<br />
14%<br />
(2/14)<br />
• 3 österreichische Touristen (37 – 47a)<br />
• Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Arthralgien,<br />
Thoraxschmerz 4-5 Tage nach Rückkehr aus Mexiko<br />
(Besuch einer Fledermaushöhle)<br />
• Erstdiagnose: atypische Pneumonie – Clarithromycin<br />
• Vorstellung an einer Universitätsklinik<br />
– Thorax –CT: bilaterale pulmonale noduläre Veränderungen,<br />
Vergrößerung der mediastinalen Lymphknoten<br />
– Sputum-Kultur: negativ<br />
– Serologie: Histoplasma –IgM positiv<br />
• Therapie: Itraconazol 200 mg/d über 2 Monate<br />
Hoenigl et al. 2008, Infection 36: 282-286
Paracoccidioidomykose<br />
Paracoccidiomykose<br />
• Erreger: Paracoccidioides brasiliensis<br />
• Vorkommen<br />
– Mittel-, S-Amerika (Argentinien, Brasilien,….)<br />
– Habitat unklar, feuchte Erde
Paracoccidiomykose<br />
• Übertragung: aerogen<br />
• Klinik<br />
– Oft jahrelang unbemerkt<br />
– Unterschiedl. Verlaufsformen<br />
– Läsionen an Haut und Schleimhaut (Oropharynx, Gingiva)<br />
– Lunge (akut, chronisch, subakut)<br />
– Disseminierte Formen<br />
Diagnose<br />
1. Histo (Giemsa/Wright)<br />
• Viele kleine, sprossende Hefezellen<br />
2. Kultur<br />
• Hefe- und Fadenpilzphase bis zu 6 Wochen<br />
3. Serologie<br />
• Komplementbindungsreaktion, Immundiffusion
Fallbericht aus Österreich<br />
• 43-jährige gebürtige Kubanerin (seit 1993 in<br />
Österreich)<br />
• 1997 Krankenhausaufenthalt aufgrund chronischer,<br />
progressiver pulmonaler Insuffizienz mit V. a. Tbc<br />
(bilaterale diffuse pulmonale Infiltrate)<br />
• Therapiebeginn mit Rifampicin (10 mg/kg/d),<br />
Ethambutol (20 mg/kg/d) und Isozianid (5 mg/kg/d)<br />
für 9 Monate<br />
• Rückbildung der pulmonalen Läsionen,<br />
Verbesserung des AZ, Entlassung der Patientin<br />
Mayr et al. 2004 Eur J Clin Microbiol Infect Dis 23: 916-919<br />
Mayr et al. 2004 Eur J Clin Microbiol Infect Dis 23: 916-919
Weiterer Verlauf<br />
• 5-Jahre später neuerliche Hospitalisierung –<br />
Reaktivierung der Tbc?<br />
• CT ⇒ interstitielle Infiltrate<br />
• Bronchoskopie ⇒ Biopsie, BAL: kein<br />
Erregernachweis<br />
• Weiterer Therapiezyklus mit Tuberkulostatika<br />
ohne klinische Besserung<br />
• Sputum, BAL, Biopsie ⇒ Histologische<br />
Untersuchung sowie kulturelle Anzucht<br />
Mikrobiologie<br />
Mayr et al. 2004 Eur J Clin Microbiol Infect Dis 23: 916-919<br />
• Anzucht auf Hirn-Herzbouillon Agar mit 10%<br />
Schafblut und Sabouraud-2%-Glucose Agar<br />
• Inkubation für 2 Wochen bei 37 °C<br />
(Hefenwachstum) und 28 °C (Mycelwachstum)<br />
• Paracoccidioides brasiliensis<br />
• Bestätigung durch Sequenzierung<br />
Mayr et al. 2004 Eur J Clin Microbiol Infect Dis 23: 916-919
Therapie<br />
• AmB 1 mg/kg/KG iv. über 10 Tage<br />
• Voriconazol 200 mg po über 3 Monate<br />
Komplette Heilung<br />
• Andere Optionen: Itraconazol<br />
Fluconazol eher enttäuschend<br />
Zusammenfassung<br />
• <strong>Tropische</strong> Mykosen in Österreich selten<br />
• Reiseanamnese<br />
• Differentialdiagnose<br />
• Daran denken!