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Herausforderungen bei der Bestimmung der Kapitalkosten in - IFBC

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Bilanzierung und<br />

Bilanzpolitik<br />

Keywords:<br />

Dr. oec. publ. Thomas<br />

Vettiger,Geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Partner <strong>IFBC</strong> AG,<br />

Mitglied des Verwaltungsrates<br />

und des<br />

Audit Committee <strong>der</strong><br />

Clientis AG, Lehrbeauftragter<br />

<strong>der</strong> Universität<br />

Zürich. Email: Thomas.Vettiger@ifbc.ch<br />

Christian Hirzel, lic.<br />

oec. publ., Partner <strong>IFBC</strong><br />

AG, Lehrbeauftragter<br />

<strong>der</strong> Universität Zürich.<br />

Email: Christian.Hirzel@ifbc.ch<br />

■ IFRS 3<br />

■ IAS 36<br />

■ IAS 38<br />

■ <strong>Kapitalkosten</strong><br />

■ DCF-Methode<br />

■ WACC<br />

■ Inflationserwartung<br />

■ Beta-Faktor<br />

■ Small Cap Premium<br />

■ WARA-Konzept<br />

■ Purchase Price Allocation (PPA)<br />

■ Impairment-Test<br />

<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>klang mit IFRS 3, IAS 38 und IAS 36<br />

Thomas Vettiger und Christian Hirzel<br />

Bei <strong>der</strong> erstmaligen Erfassung e<strong>in</strong>er Akquisition sowie <strong>bei</strong> den periodisch<br />

durchzuführenden Werthaltigkeitstests im IFRS-Umfeld stellt <strong>der</strong><br />

anzuwendende <strong>Kapitalkosten</strong>satz e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Schlüsselkomponenten dar.<br />

Trotz umfangreicher Regelungen <strong>in</strong> den betreffenden Standards s<strong>in</strong>d<br />

Unternehmen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> adäquater <strong>Kapitalkosten</strong>sätze mit diversen<br />

<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> konfrontiert. Der vorliegende Beitrag beurteilt<br />

die wesentlichen Fragestellungen aus praktischer Sicht – bezogen<br />

sowohl auf die Kaufpreisallokation als auch auf die jährlich durchzuführenden<br />

Impairment-Tests.<br />

1. Inhalt <strong>der</strong> wichtigsten IFRS-<br />

Regelungen<br />

Die buchhalterische Behandlung von<br />

Unternehmenszusammenschlüssen wird<br />

<strong>in</strong> IFRS 3 „Bus<strong>in</strong>ess Comb<strong>in</strong>ations“<br />

behandelt, welcher 2004 grundlegend<br />

modifiziert und 2008 angepasst worden<br />

ist (IFRS 3R) 1.<br />

Nach aktueller Regelung<br />

s<strong>in</strong>d Firmenübernahmen konsequent<br />

nach <strong>der</strong> sog. „Acquisition Method“ zu<br />

verbuchen. Da<strong>bei</strong> ist <strong>der</strong> Kaufpreis für<br />

die Übernahme des Unternehmens zu bestimmen<br />

und auf die identifizierbaren<br />

Vermögenswerte bzw. die (Eventual-)<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeiten aufzuteilen. Nach Zuteilung<br />

des Kaufpreises ergibt sich zum<br />

Erwerbszeitpunkt e<strong>in</strong> positiver o<strong>der</strong> negativer<br />

Goodwill. 2<br />

Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung des transaktionsbasierenden<br />

Wahlrechts können allfällige<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitsanteile zum vollen Fair Value<br />

(Full Goodwill Account<strong>in</strong>g) 3 o<strong>der</strong><br />

zum proportionalen Anteil <strong>der</strong> Nettoaktiven<br />

(Partial Goodwill Account<strong>in</strong>g) bewertet<br />

werden. 4 Weiter regelt <strong>der</strong> Standard<br />

u.a. die Erfassung von Eventualzahlungen<br />

(sog. Earn-out-Zahlungen) und<br />

die Verbuchung e<strong>in</strong>er Beteiligung <strong>bei</strong><br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kontrollverhältnisse.<br />

Schließlich werden auch umfangreiche<br />

Ausweispflichten im Standard def<strong>in</strong>iert,<br />

die den Adressaten des Jahresabschlusses<br />

die Informationsgrundlage liefern<br />

sollen, um Art und Zweck sowie die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen<br />

beurteilen zu<br />

können.<br />

1 Siehe Hachmeister, D., IRZ 3/2008, S. 115<br />

ff., und Buschhüter, M., IRZ 7–8/2009, S. 297<br />

ff.<br />

2 Resultiert e<strong>in</strong> passivseitiger (negativer)<br />

3<br />

Goodwill, so ist dieser e<strong>in</strong>heitlich erfolgswirksam<br />

als Gew<strong>in</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erfolgsrechnung<br />

zu erfassen.<br />

Zum Full Goodwill nach IFRS s.a. Zwirner/<br />

Künkele, IRZ 6/2010, S. 253 ff.<br />

IRZ, Heft 9, September 2010 387<br />

IAS 38 „ Intangible Assets“ regelt die<br />

Bilanzierung <strong>der</strong> immateriellen Vermögenswerte<br />

und legt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch<br />

<strong>der</strong>en Identifikationskriterien fest. Zu<br />

immateriellen Vermögenswerten gehören<br />

<strong>bei</strong>spielsweise Marken, Patente und<br />

Kundenbeziehungen. Im Zusammenhang<br />

mit Firmenübernahmen wird davon<br />

ausgegangen, dass nicht die gesamte<br />

Differenz zwischen dem Kaufpreis und<br />

den erworbenen Net Assets (bzw. Fair<br />

Value des Eigenkapitals des Targets) als<br />

Goodwill ausgewiesen wird, son<strong>der</strong>n<br />

dass e<strong>in</strong> Teil des Mehrwerts den erworbenen<br />

Intangible Assets zugewiesen werden<br />

kann und soll. E<strong>in</strong> immaterieller<br />

Vermögenswert ist dann identifizierbar,<br />

wenn er entwe<strong>der</strong><br />

■ separierbar ist, d.h. durch Verkauf, Lizenzierung<br />

o<strong>der</strong> Vermietung separiert<br />

werden kann, o<strong>der</strong><br />

■ wenn er aus gesetzlichen bzw. vertraglichen<br />

Rechten entstanden ist.<br />

4 Beim Full Goodwill Account<strong>in</strong>g werden <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bilanz aktivseitig 100 % Goodwill verbucht,<br />

und auf <strong>der</strong> Passivseite wird die Differenz<br />

zwischen dem vollen Goodwill und dem<br />

tatsächlich dem Käufer zustehenden Anteil<br />

des Goodwill zur Position „M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenanteil“<br />

addiert.<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik


388 IRZ, Heft 9, September 2010 Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Verfügt e<strong>in</strong> immaterieller Vermögenswert<br />

über e<strong>in</strong>e „<strong>in</strong>def<strong>in</strong>ite“, d.h. unbegrenzte<br />

Lebensdauer, so ist dieser nicht<br />

jährlich zu amortisieren, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />

e<strong>in</strong>em periodischen Impairment-<br />

Test zu unterziehen.<br />

IAS 36 „Impairment of Assets“ 5 for<strong>der</strong>t<br />

e<strong>in</strong>en jährlichen Impairment-Test <strong>bei</strong> folgenden<br />

Kategorien immaterieller Vermögenswerte:<br />

■ immaterielle Vermögenswerte mit unbegrenzter<br />

Lebensdauer,<br />

■ noch nicht verfügbare immaterielle<br />

Vermögenswerte,<br />

■ Goodwill.<br />

Mit dem jährlich durchzuführenden Impairment-Test<br />

werden die immateriellen<br />

Vermögenswerte, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Goodwill, auf ihre Werthaltigkeit h<strong>in</strong><br />

überprüft. E<strong>in</strong>e Wertberichtigung ist<br />

dann vorzunehmen, wenn <strong>der</strong> Buchwert<br />

e<strong>in</strong>er Cash Generat<strong>in</strong>g Unit (CGU) größer<br />

ist als ihr Recoverable Amount (erzielbarer<br />

Betrag). Der Recoverable<br />

Amount ergibt sich da<strong>bei</strong> aus dem höheren<br />

Wert von Fair Value abzüglich Verkaufskosten<br />

und dem sog. Value <strong>in</strong> Use<br />

(Nutzungswert).<br />

H<strong>in</strong>weis:<br />

E<strong>in</strong>e Wertaufholung (Revaluation) für<br />

den Goodwill ist <strong>bei</strong> Wegfall <strong>der</strong> Ursachen<br />

für e<strong>in</strong>e Wertm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung nicht zulässig.<br />

Beta unlevered<br />

Leverage<br />

zu Marktwerten<br />

Abb. 1: <strong>Bestimmung</strong> des WACC<br />

2. <strong>Kapitalkosten</strong> als<br />

Schlüsselelement <strong>bei</strong><br />

Akquisitionen<br />

Im gesamten Prozess e<strong>in</strong>er Akquisition<br />

s<strong>in</strong>d Unternehmen immer wie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

Herausfor<strong>der</strong>ung konfrontiert, Zielunternehmen<br />

(Targets) zu bewerten. Dies betrifft<br />

namentlich Unternehmensbewertungen<br />

als Grundlage für Preisverhandlungen,<br />

die notwendigen Bewertungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Kaufpreisallokation<br />

nach IFRS 3 und IAS 38 sowie die periodische<br />

Überprüfung <strong>der</strong> Werthaltigkeit<br />

e<strong>in</strong>er allfälligen Goodwill-Position <strong>in</strong><br />

Anlehnung an IAS 36. Da <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen e<strong>in</strong>e Bewertung auf Basis <strong>der</strong> Discounted-Cashflow-Methode(„DCF-Methode“)<br />

vorgenommen wird, kommt <strong>der</strong><br />

<strong>Bestimmung</strong> des <strong>Kapitalkosten</strong>satzes als<br />

relevanter Diskontierungssatz zentrale<br />

Bedeutung zu. Da<strong>bei</strong> darf <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong>satz<br />

nicht pro Bewertungsvorgang<br />

isoliert betrachtet werden. Vielmehr gilt<br />

es, e<strong>in</strong> ganzheitliches <strong>Kapitalkosten</strong>konzept<br />

zu entwickeln, welches den verschiedenen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen je Anwendungsgebiet<br />

gerecht wird.<br />

Risikoloser<br />

Z<strong>in</strong>ssatz CHF<br />

+<br />

Marktrisikoprämie<br />

x<br />

Beta levered<br />

+<br />

Small Cap<br />

Premium<br />

Der verwendete <strong>Kapitalkosten</strong>satz<br />

darf nicht pro Bewertungsvorgang<br />

isoliert betrachtet werden.<br />

Bei Bewertungen im IFRS-Umfeld s<strong>in</strong>d<br />

für die Quantifizierung des <strong>Kapitalkosten</strong>satzes<br />

e<strong>in</strong>zig die relevanten IFRS-<strong>Bestimmung</strong>en<br />

maßgebend (vgl. dazu<br />

Abschn. 3). Im Fall von <strong>in</strong>ternen Bewer-<br />

Eigenkapitalkostensatz<br />

Fremdkapitalkostensatz<br />

x<br />

x<br />

tungen – typischerweise als Grundlage<br />

für die Preisf<strong>in</strong>dung o<strong>der</strong> im Rahmen des<br />

Integrationsprozesses – können durchaus<br />

im Vergleich zu Anwendungen im IFRS-<br />

Umfeld abweichende <strong>Kapitalkosten</strong>komponenten<br />

zur Anwendung kommen.<br />

Beispiele für abweichende <strong>Kapitalkosten</strong>komponenten:<br />

■ die Berücksichtigung des nachhaltigen<br />

Z<strong>in</strong>sniveaus (im Gegensatz zum<br />

vorgeschriebenen aktuellen Z<strong>in</strong>sniveau<br />

im IFRS-Umfeld) o<strong>der</strong><br />

■ die zusätzliche Berücksichtigung<br />

5 Siehe hierzu u.a. den Beitrag von Zülch/Siggelkow,<br />

IRZ 1/2010, S. 29 ff.<br />

6 Aus Management-Sicht festgelegte Premiums<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er zusätzlichen Renditefor<strong>der</strong>ung.<br />

Eigenkapitalanteil<br />

+<br />

Fremdkapitalanteil<br />

von Management Target Premiums 6<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> des Eigenkapitalkostensatzes.<br />

Entscheidend <strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen Umsetzung<br />

ist: Die verschiedenen <strong>Kapitalkosten</strong>komponenten<br />

müssen je Anwendungsgebiet<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> überführt und<br />

konsistent angewandt werden. Nur so<br />

kann sichergestellt werden, dass – bezogen<br />

auf den <strong>Kapitalkosten</strong>satz <strong>in</strong> den<br />

verschiedenen Bewertungen – im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>es Akquisitionsprozesses ke<strong>in</strong>e<br />

f<strong>in</strong>anztechnischen Fehler entstehen.<br />

3. <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong><br />

Die Regelungen zur <strong>Bestimmung</strong> des<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>satzes als relevanter Dis-<br />

WACC


Vettiger/Hirzel, <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> IRZ, Heft 9, September 2010 389<br />

kontierungssatz <strong>bei</strong> Unternehmensbewertungen<br />

im IFRS-Umfeld werden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>in</strong> IAS 36 beschrieben. 7 In<br />

Appendix A von IAS 36 wird explizit<br />

auf das Konzept des Weighted Average<br />

Cost of Capital („WACC“)sowieaufdas<br />

Capital Asset Pric<strong>in</strong>g Model („CAPM“) 8<br />

zur <strong>Bestimmung</strong> des Eigenkapitalkostensatzes<br />

verwiesen. Abb. 1 zeigt die <strong>Bestimmung</strong><br />

des WACC schematisch auf.<br />

Trotz <strong>der</strong> zum Teil detaillierten Regelungen<br />

<strong>in</strong> IAS 36 zur <strong>Bestimmung</strong> des <strong>Kapitalkosten</strong>satzes<br />

s<strong>in</strong>d Unternehmen <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> praktischen Umsetzung mit diversen<br />

<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> konfrontiert. Da<strong>bei</strong><br />

gilt es <strong>in</strong> jedem Fall, auf e<strong>in</strong> konsistentes<br />

Zusammenspiel <strong>der</strong> Hauptelemente e<strong>in</strong>er<br />

DCF-Bewertung zu achten, <strong>in</strong>dem die<br />

h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Cashflow-Projektion, <strong>der</strong> Herleitung<br />

<strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> und <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong><br />

des Restwertes („Term<strong>in</strong>al<br />

Value“) stehenden Annahmen homogen<br />

se<strong>in</strong> müssen. Die folgenden Ausführungen<br />

geben e<strong>in</strong>en nach den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Kapitalkosten</strong>komponenten<br />

strukturierten<br />

Überblick zu den geltenden IFRS-Regelungen<br />

und zu den wesentlichen <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen Umsetzung.<br />

3.1. Risikoloser Z<strong>in</strong>ssatz<br />

Der risikolose Z<strong>in</strong>ssatz bildet die Ausgangsgröße<br />

zur <strong>Bestimmung</strong> e<strong>in</strong>es risikogerechten<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>satzes. Nach<br />

IAS 36 ist e<strong>in</strong> aktuelles Z<strong>in</strong>sniveau anzuwenden.<br />

9 Da die künftigen Cashflows<br />

<strong>in</strong> Lokalwährung zu schätzen s<strong>in</strong>d,<br />

muss auch das entsprechende Z<strong>in</strong>sniveau<br />

und <strong>der</strong> darauf basierende WACC <strong>in</strong> Lokalwährung<br />

berechnet werden. 10<br />

E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Augenmerk ist <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

praktischen Umsetzung auf die Handhabung<br />

<strong>der</strong> Inflation zu richten. Die Konsistenz<br />

zwischen <strong>der</strong> unterstellten Inflationserwartung<br />

im Z<strong>in</strong>sniveau, <strong>der</strong> Inflationskomponente<br />

<strong>in</strong> den Cashflows sowie<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>flationsbed<strong>in</strong>gt unterstellten<br />

nom<strong>in</strong>ellen Wachstumsrate im Term<strong>in</strong>al<br />

Value-Modell ist zw<strong>in</strong>gend sicherzustel-<br />

len. 11<br />

E<strong>in</strong>e weitere Herausfor<strong>der</strong>ung liegt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> des risikolosen Z<strong>in</strong>ssatzes<br />

<strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n (wie z.B. Italien, Polen,<br />

Argent<strong>in</strong>ien), <strong>in</strong> welchen sich das risikolose<br />

Z<strong>in</strong>sniveau aufgrund e<strong>in</strong>es risikobehafteten<br />

Län<strong>der</strong>rat<strong>in</strong>gs nicht basierend<br />

auf Renditen von Staatsanleihen ermitteln<br />

lässt. 12 U.U. kann hier e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>direkte<br />

Herleitung des risikolosen Z<strong>in</strong>ssatzes<br />

s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>. Dazu wird das risikolose<br />

Z<strong>in</strong>sniveau e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Landes, basie-<br />

rend auf e<strong>in</strong>er Staatsanleihe mit e<strong>in</strong>em<br />

AAA-Rat<strong>in</strong>g (z.B. Schweiz, Deutschland,<br />

USA), als Ausgangspunkt verwendet<br />

und unter Berücksichtigung <strong>der</strong> fallweise<br />

relevanten Inflationsdifferenz zwischendentangiertenLän<strong>der</strong>n<strong>in</strong>diegesuchte<br />

Landeswährung umgerechnet. 13<br />

3.2. Marktrisikoprämie<br />

Zur Quantifizierung <strong>der</strong> Marktrisikoprämie<br />

enthält IAS 36 ke<strong>in</strong>e expliziten <strong>Bestimmung</strong>en.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wird die Differenz<br />

zwischen <strong>der</strong> Marktrendite und<br />

e<strong>in</strong>er risikolosen Anlage, i.d.R. basierend<br />

auf <strong>der</strong> Analyse historischer Datenreihen<br />

o<strong>der</strong> basierend auf Markterwartungen,<br />

welche implizit <strong>in</strong> den aktuellen<br />

Börsenkursen enthalten s<strong>in</strong>d, bestimmt.<br />

Bei <strong>der</strong> zumeist üblichen Quantifizierung<br />

<strong>der</strong> Marktrisikoprämie, basierend<br />

auf historischen Datenreihen, stellen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Wahl des Analysezeitraums<br />

und die Technik <strong>der</strong> Durchschnittsbildung<br />

wesentliche Eckpunkte<br />

dar.<br />

3.3. Beta-Faktor<br />

Mit dem Beta-Faktor wird das systematische,<br />

nicht diversifizierbare Risiko e<strong>in</strong>es<br />

Aktientitels zum Ausdruck gebracht.<br />

IAS 36 verweist (lediglich) <strong>in</strong>direkt auf<br />

die Berücksichtigung e<strong>in</strong>es Beta-Faktors,<br />

<strong>in</strong>dem die Anwendung des CAPM<br />

zur Schätzung <strong>der</strong> Eigenkapitalkosten<br />

vorgeschlagen wird. 14 In <strong>der</strong> praktischen<br />

Umsetzung kommen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong><br />

e<strong>in</strong>es Beta-Faktors i.d.R. möglichst<br />

breit abgestützte Peer-Group-Analysen<br />

zur Anwendung, mit denen zunächst<br />

das geschäftsseitige Risiko<br />

(„Bus<strong>in</strong>ess Risk“) abgeschätzt wird. Unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> relevanten Kapitalstruktur<br />

fließt dann das f<strong>in</strong>anzierungsseitige<br />

Risiko („F<strong>in</strong>ancial Risk“)<br />

durch e<strong>in</strong> Relever<strong>in</strong>g <strong>in</strong> die Herleitung<br />

des gesuchten Beta-Faktors e<strong>in</strong>.<br />

Nach IAS 36 dürfen im<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>satz explizit nur solche<br />

Risiken enthalten se<strong>in</strong>, die nicht<br />

durch e<strong>in</strong>e Adjustierung <strong>der</strong><br />

künftigen Cashflows bereits<br />

abgebildet wurden.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> zu berücksichtigenden Risiken<br />

dürfen nach IAS 36 im <strong>Kapitalkosten</strong>satz<br />

f<strong>in</strong>anztechnisch korrekt explizit<br />

nur solche Risiken enthalten se<strong>in</strong>, die<br />

nicht durch e<strong>in</strong>e Adjustierung <strong>der</strong> künftigen<br />

Cashflows bereits abgebildet wur-<br />

den. 15 In diesem Zusammenhang ist <strong>der</strong><br />

Behandlung allfälliger Län<strong>der</strong>risiken<br />

beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Zum e<strong>in</strong>en gilt es abzuklären, ob diese<br />

aus f<strong>in</strong>anztechnischer Sicht gemäß<br />

CAPM (Sichtweise e<strong>in</strong>es vollständig diversifizierten<br />

Investors) überhaupt zu berücksichtigen<br />

s<strong>in</strong>d. Und zum an<strong>der</strong>n gibt<br />

es Län<strong>der</strong>risiken, die aufgrund e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>seitig<br />

negativen Cashflow-Profils (z.B.<br />

Gefahr e<strong>in</strong>er Enteignung, Bürgerkriege<br />

etc.) nicht im <strong>Kapitalkosten</strong>satz, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> den Cashflow-Szenarien abzubilden<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

3.4. Small Cap Premium<br />

Die Berücksichtigung e<strong>in</strong>es sog. Small<br />

Cap Premium im Rahmen <strong>der</strong> Eigenkapitalkostenherleitung<br />

wird theoretisch<br />

und praktisch kontrovers diskutiert.<br />

Namhafte Studien belegen: Kle<strong>in</strong>ere Unternehmen<br />

weisen höhere Eigenkapitalkosten<br />

auf als vergleichbare größere Firmen.<br />

16 Kritiker des Size Premium argumentieren<br />

nicht grundsätzlich mit <strong>der</strong> Inexistenz<br />

dieser Größe, son<strong>der</strong>n mit dem<br />

Fehlen e<strong>in</strong>es lückenlosen und systematischen<br />

empirischen Beweises. 17 IAS 36<br />

macht ke<strong>in</strong>e konkreten Aussagen zur<br />

Berücksichtigung e<strong>in</strong>es Size Premium.<br />

E<strong>in</strong>zig im Appendix A wird darauf h<strong>in</strong>-<br />

7 Vgl. IAS 36.55–36.57 sowie Appendix A von<br />

IAS36(A15–A21).<br />

8 Das CAPM als Kapitalmarktmodell stellt im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Herleitung von Eigenkapitalkostensätzen<br />

seit vielen Jahren<br />

Best Practice <strong>in</strong> allen f<strong>in</strong>anz- und betriebswirtschaftlichen<br />

Anwendungen dar. Es beschreibt<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vere<strong>in</strong>fachten Modell den<br />

Zusammenhang zwischen Risiko und Renditeerwartung,<br />

bezogen auf e<strong>in</strong>en Aktientitel.<br />

9 Vgl. IAS 36.55.<br />

10 Vgl. IAS 36.54.<br />

11 Vgl. Volkart, R.: Unternehmensbewertung<br />

und Akquisitionen, 3., vollst. überarb. Aufl.,<br />

Zürich 2010, <strong>in</strong>sbes. Kapitel 8.<br />

12 In <strong>der</strong> Regel wird das risikolose Z<strong>in</strong>sniveau<br />

basierend auf Renditen von Staatsanleihen<br />

mit e<strong>in</strong>em AAA-Rat<strong>in</strong>g geschätzt.<br />

13 Dieses Vorgehen basiert auf z<strong>in</strong>stheoretischen<br />

Zusammenhängen, u.a. dem Interest Rate<br />

Parity Theorem (IRPT). Vgl. dazu auch Volkart,<br />

R.: Corporate F<strong>in</strong>ance, 4. Aufl., Zürich<br />

2008, S. 1159 ff.<br />

14 Vgl. IAS 36, Appendix A, A17.<br />

15 Vgl. IAS 36.55.<br />

16 Stellvertretend für an<strong>der</strong>e Studien sei an dieser<br />

Stelle auf den wegweisenden Beitrag von<br />

Fama/French aus dem Jahre 1992 verwiesen:<br />

Fama,E.F./French,K.R.: The Cross-Section<br />

of Expected Stock Returns, <strong>in</strong>: The Journal of<br />

F<strong>in</strong>ance, June 1992, S. 427–465.<br />

17 Yamaguchi, K.: Does Size Premium Exist?<br />

Comparative Analysis of U.S. and Japanese<br />

Equity Markets, January 31, 2006.<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik


390 IRZ, Heft 9, September 2010 Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Fair Value<br />

(<strong>in</strong> Mio. EUR)<br />

Asset-spezfische<br />

<strong>Kapitalkosten</strong><br />

Fair Value x<br />

Assetspezifische<br />

<strong>Kapitalkosten</strong><br />

(<strong>in</strong> Mio. EUR)<br />

Nettoumlaufvermögen 400 3,0% 12<br />

Anlagevermögen 1.500 5,0% 75<br />

Neu identifzierte<br />

Marke<br />

Neu identifzierte<br />

Kundenbeziehung<br />

800 13,0% 104<br />

150 13,0% 20<br />

Goodwill 1.000 17,5% 175<br />

Basis für <strong>Kapitalkosten</strong>schätzung<br />

Kurzfristige Fremdkapitalkosten,<br />

Leas<strong>in</strong>graten<br />

Langfristige Fremdkapitalkosten,<br />

Leas<strong>in</strong>graten<br />

Risikoe<strong>in</strong>schätzung, basierend auf<br />

Marktdaten (falls vorhanden), subjektive<br />

Risikozuschläge<br />

Risikoe<strong>in</strong>schätzung, basierend auf<br />

Marktdaten (falls vorhanden), subjektive<br />

Risikozuschläge<br />

Resultieren<strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong>satz, damit<br />

wertgewichtete <strong>Kapitalkosten</strong>sätze <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Aktiven dem Gesamtkapitalkostensatz<br />

entsprechen<br />

Total 3.850 10,0% 385 Gesamtkapitalkostensatz (WACC)<br />

Abb. 2: Asset-spezifische <strong>Kapitalkosten</strong><br />

gewiesen, dass die berechneten <strong>Kapitalkosten</strong><br />

adjustiert werden müssen, „[...]<br />

um die Art und Weise wi<strong>der</strong>zuspiegeln,<br />

auf die <strong>der</strong> Markt die spezifischen Risiken,<br />

die mit den geschätzten Cashflows<br />

verbunden s<strong>in</strong>d, bewerten würde [...]“ 18.<br />

In vielen Andwendungsfällen basiert die<br />

Schätzung des Size Premium auf e<strong>in</strong>er<br />

jährlich aktualisierten Studie von Ibbotson.<br />

19<br />

3.5. Fremdkapitalkosten<br />

Bezüglich <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> Fremdkapitalkosten<br />

verweist IAS 36 auf die<br />

Verz<strong>in</strong>sung von Neukrediten des Unternehmens.<br />

20 In <strong>der</strong> praktischen Umsetzung<br />

wird <strong>der</strong> Fremdkapitalkostensatz<br />

entwe<strong>der</strong> basierend auf den Erfahrungswerten<br />

<strong>der</strong> bestehenden F<strong>in</strong>anzierungen<br />

o<strong>der</strong> dann durch Zuschlag e<strong>in</strong>es unternehmensspezifischen<br />

Credit Spread zum<br />

risikolosen Z<strong>in</strong>ssatz berechnet. Bei <strong>der</strong><br />

Schätzung des Credit Spread, basierend<br />

auf historischen Datenreihen, besteht<br />

folgendes Problem: Insbeson<strong>der</strong>e <strong>bei</strong> tieferen<br />

Rat<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e hohe Volatilität <strong>in</strong><br />

denMarktdatenzubeobachten.Insolchen<br />

Fällen sollte die Credit-Spread-Fixierung<br />

auf nachhaltigen Werten basieren.<br />

3.6. Kapitalstruktur<br />

Die Kapitalgewichtung im WACC gilt es<br />

nach IAS 36, unabhängig von <strong>der</strong> effektiven<br />

Kapitalstruktur <strong>der</strong> betreffenden<br />

E<strong>in</strong>heit vorzunehmen. 21 Als mögliche<br />

Schätzgröße werden i.d.R. Durchschnittswerte<br />

aus Branchen- und Peer-<br />

Group-Analysen herangezogen. Da<strong>bei</strong><br />

ist darauf zu achten, dass die Kapitalgewichtung<br />

zu Marktwerten erfolgt.<br />

3.7. Steuern<br />

Grundsätzlich verlangt IAS 36 die Festlegung<br />

des Diskontierungssatzes vor<br />

Steuern. 22 Wie diese Anfor<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Praxis i.d.R. umgesetzt wird, ist Gegenstand<br />

des Abschn. 5 dieses Beitrages.<br />

4. Spezifische <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong><br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Umsetzung e<strong>in</strong>er Purchase<br />

Price Allocation nach IFRS 3<br />

Die Purchase Price Allocation („PPA“)<br />

bezeichnet den Prozess <strong>der</strong> Zuweisung<br />

des Kaufpreises e<strong>in</strong>es Unternehmens<br />

(„Purchase Price“) auf die erworbenen<br />

Vermögenswerte und (Eventual-) Schulden.<br />

Nach <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> Fair Values<br />

<strong>der</strong> bestehenden Aktiven und Verb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

werden allfällig neue immaterielle<br />

Vermögenswerte identifiziert und<br />

nach dem Fair Value-Pr<strong>in</strong>zip bewertet.<br />

Schließlich wird die Höhe des Goodwill<br />

bestimmt, und es gilt im Rahmen <strong>der</strong><br />

PPA zu planen, auf welche E<strong>in</strong>heiten<br />

(Cash Generat<strong>in</strong>g Units) <strong>der</strong> Goodwill<br />

alloziert werden soll. IFRS 3 def<strong>in</strong>iert<br />

Goodwill als „zukünftigen Nutzen, <strong>der</strong><br />

aus Vermögenswerten resultiert, die<br />

nicht <strong>in</strong>dividuell identifiziert und separat<br />

erfasst werden können“. 23 Da<strong>bei</strong> kann<br />

<strong>der</strong> Goodwill nicht direkt berechnet werden,<br />

son<strong>der</strong>n wird als Residualgröße<br />

aus dem Kaufpreis des Unternehmens<br />

und dem Fair Value <strong>der</strong> Nettoaktiven<br />

zum Erwerbszeitpunkt bestimmt.<br />

Die Erfassung <strong>der</strong> neu identifizierten immateriellen<br />

Vermögenswerte hat gemäß<br />

IFRS 3 grundsätzlich zu Marktpreisen<br />

zu erfolgen. Da diese jedoch namentlich<br />

<strong>bei</strong> hochspezifischen immateriellen Vermögenswerten<br />

oft nicht verfügbar s<strong>in</strong>d,<br />

wird zur Ermittlung des Fair Value auf<br />

ertrags- o<strong>der</strong> kostenorientierte Methoden<br />

abgestellt. Bei ertragsorientierten Bewertungsmethoden<br />

gilt es, e<strong>in</strong>en <strong>Kapitalkosten</strong>satz<br />

zur Diskontierung <strong>der</strong> geschätzten<br />

zukünftigen Cashflows festzulegen.<br />

Bei <strong>der</strong> Bewertung immaterieller<br />

Vermögenswerte im Rahmen <strong>der</strong> Kaufpreisallokation<br />

f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen<br />

18 IAS 36, Appendix A, A18, lit. a.<br />

19 Ibbotson Associates ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational<br />

anerkanntes Research Unternehmen<br />

(http://corporate.morn<strong>in</strong>gstar.com/ib/asp/sub<br />

ject.aspx?xmlfile=1383.xml). Ibbotson ist speziell<br />

im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Diskussion um<br />

die Marktrisikoprämie als führendes Institut<br />

mit wegweisendem E<strong>in</strong>fluss auf Theorie und<br />

Praxis bekannt geworden.<br />

20 Vgl. IAS 36, Appendix A, A17.<br />

21 Vgl. IAS 36, Appendix A, A19.<br />

22 Vgl. IAS 36.55.<br />

23 Vgl. IFRS 3.52.


Vettiger/Hirzel, <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> IRZ, Heft 9, September 2010 391<br />

Anwendung oftmals e<strong>in</strong>e differenzierte<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>handhabung statt. Da<strong>bei</strong><br />

werden den e<strong>in</strong>zelnen zu bewertenden<br />

Vermögenswerten unterschiedliche Risiken<br />

und demzufolge auch unterschiedliche<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>sätze zugeordnet. Für<br />

e<strong>in</strong>e konsistente Anwendung muss die<br />

wertgewichtete Summe <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Kapitalkosten</strong>sätze<br />

<strong>der</strong> Vermögenswerte dem<br />

durchschnittlichen <strong>Kapitalkosten</strong>satz des<br />

Unternehmens (WACC) entsprechen. E<strong>in</strong><br />

konkretes Beispiel dieses sog. Weighted<br />

Average Return on Assets-Konzepts (WA-<br />

RA-Konzept) mit e<strong>in</strong>em Gesamtkapitalkostensatz<br />

von 10 % zeigt Abb. 2.<br />

Aus f<strong>in</strong>anztheoretischer Sicht ist die<br />

Anwendung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Gesamtkapitalkostensatzes <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Bewertung von immateriellen<br />

Vermögenswerten erwägenswert.<br />

Diese differenzierte <strong>Kapitalkosten</strong>handhabung<br />

muss nach <strong>der</strong> hier vertretenen Ansicht<br />

aus f<strong>in</strong>anztheoretischer Sicht durchaus<br />

kritisch h<strong>in</strong>terfragt werden. Im WA-<br />

RA-Konzept wird je<strong>der</strong> Anlagekategorie<br />

e<strong>in</strong> spezifischer <strong>Kapitalkosten</strong>satz zugeordnet.<br />

Da<strong>bei</strong> wird mangels geeigneter<br />

Datengrundlage zur Schätzung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

<strong>Kapitalkosten</strong>größen oft mit subjektiven<br />

Zu- und Abschlägen auf den WACC<br />

operiert. Weiter unterliegt diesem Konzept<br />

die Annahme, dass das Risiko <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Aktivengruppen unterschiedlich<br />

hoch anzusetzen ist. So wird z.B. das Nettoumlaufvermögen<br />

als weniger risikobehaftet<br />

behandelt als das Anlagevermögen.<br />

In e<strong>in</strong>em Liquidationsszenario würde dies<br />

durchaus s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>en. Bei Unternehmenszusammenschlüssen<br />

wird jedoch<br />

nach IFRS explizit vom Go<strong>in</strong>g-Concern-<br />

Pr<strong>in</strong>zip ausgegangen, welches das Unternehmen<br />

konsequent unter Fortführungsgesichtspunkten<br />

betrachtet. Unter dieser<br />

Prämisse wird die differenzierte <strong>Kapitalkosten</strong>beurteilung<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Asset-Kategorien<br />

ungleich schwieriger und<br />

bewertungstheoretisch durchwegs problematisch.<br />

Die e<strong>in</strong>zelnen Aktiven bilden zusammen<br />

e<strong>in</strong> Bündel von Vermögenswerten<br />

bzw. e<strong>in</strong> „gesamtheitlich“ <strong>in</strong>vestiertes<br />

Kapital, welches die Basis des Unternehmens<br />

zur Erwirtschaftung zukünftiger<br />

Cashflows bildet. Von diesen Cashflows<br />

hängt auch die Werthaltigkeit des <strong>in</strong>vestierten<br />

Kapitals ab. Die Cashflows s<strong>in</strong>d<br />

da<strong>bei</strong> aufgrund des Risikoprofils des Unternehmens<br />

als Gesamte<strong>in</strong>heit zu beurteilen<br />

und zu bewerten. Schließlich kann<br />

konstatiert werden: Der subjektiven Zu-<br />

weisung von Zu- und Abschlägen auf den<br />

WACC ist e<strong>in</strong>e gewisse Sche<strong>in</strong>genauigkeit<br />

nicht abzusprechen. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

ist aus f<strong>in</strong>anztheoretischer Sicht<br />

durchaus die Anwendung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Gesamtkapitalkostensatzes <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Bewertung von immateriellen Vermögenswerten<br />

zu erwägen.<br />

5. Spezifische <strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong><br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Umsetzung e<strong>in</strong>es<br />

Impairment-Tests<br />

Gem. IAS 36 s<strong>in</strong>d<br />

■ immaterielle Vermögenswerte mit unbegrenzter<br />

Nutzungsdauer,<br />

■ noch nicht verfügbare immaterielle<br />

Vermögenswerte und<br />

■ Goodwill<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es jährlichen Impairment-<br />

Tests auf ihre Werthaltigkeit zu überprüfen.<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung ertragsorientierter<br />

Bewertungsmethoden gilt es,<br />

e<strong>in</strong>en WACC zu verwenden, welcher gemäß<br />

Standard auf e<strong>in</strong>er Vorsteuerbasis<br />

berechnet werden muss. 24<br />

In <strong>der</strong> praktischen Umsetzung besteht<br />

nun die Herausfor<strong>der</strong>ung dar<strong>in</strong>, dass sich<br />

e<strong>in</strong> Vorsteuer-WACC nicht direkt aus<br />

Marktdaten herleiten lässt. In Anlehnung<br />

an die Ausführungen von IAS 36 <strong>in</strong> den<br />

„Basis for Conclusions“, wonach e<strong>in</strong>e<br />

Bewertung vor Steuern und e<strong>in</strong>e Bewertung<br />

nach Steuern zum selben Ergebnis<br />

führen sollte25, wird die Bewertung <strong>der</strong><br />

betreffenden E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Impairment-<br />

Tests i.d.R. auf e<strong>in</strong>er Nachsteuer-Basis<br />

vorgenommen. In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt<br />

wird <strong>der</strong> Vorsteuer-WACC berechnet<br />

und entsprechend ausgewiesen.<br />

Theoretisch sauber lässt sich <strong>der</strong><br />

Vorsteuer-WACC e<strong>in</strong>zig über e<strong>in</strong>en<br />

iterativen Prozess korrekt ermitteln.<br />

Für die Herleitung des Vorsteuer-<br />

WACC wird häufig e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>fachte<br />

Berechnungsformel angewendet, <strong>in</strong>dem<br />

man den Nachsteuer-WACC unter Berücksichtigung<br />

des relevanten Steuersatzes<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vorsteuerbasis umrechnet:<br />

WACC pre–tax = WACC post–tax<br />

(1 – tax rate)<br />

Diese vere<strong>in</strong>fachte Berechnungsformel<br />

führtaberimFalle<strong>in</strong>erDCF-Bewertung<br />

mit schwankenden Cashflows zu e<strong>in</strong>em<br />

falschen Ergebnis. Dieser Sachverhalt<br />

wird auch <strong>in</strong> IAS 36 <strong>in</strong> den „Basis for<br />

Conclusions“ bestätigt. 26 Insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>bei</strong> hohen <strong>Kapitalkosten</strong>sätzen, z.B. <strong>in</strong><br />

Währungsräumen mit spürbarer Inflation,<br />

führt die <strong>Bestimmung</strong> des Vorsteuer-WACC<br />

anhand <strong>der</strong> oben beschriebenen<br />

Formel zu e<strong>in</strong>er signifikanten<br />

Überschätzung dieser Größe. Theoretisch<br />

sauber lässt sich <strong>der</strong> Vorsteuer-<br />

WACC e<strong>in</strong>zig über e<strong>in</strong>en iterativen Prozess<br />

korrekt ermitteln:<br />

■ Da<strong>bei</strong> wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt <strong>der</strong><br />

gesuchte Unternehmenswert, basierend<br />

auf e<strong>in</strong>er Nachsteuer-Bewertung,<br />

unter Anwendung e<strong>in</strong>es Nachsteuer-<br />

WACC berechnet.<br />

■ In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt wird mittels<br />

Iteration <strong>der</strong>jenige Diskontierungssatz<br />

gesucht, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Kapitalisierung<br />

<strong>der</strong> Cashflows vor Steuern zum selben<br />

Ergebnis führt.<br />

Dieser Sachverhalt soll mit Beispiel 1 illustriert<br />

werden.<br />

Beispiel 1:<br />

Es gelten folgende Annahmen:<br />

■ WACC nach Steuern: 10,0 %<br />

■ Steuersatz: 30 % (bzw. 0,3)<br />

■ WACC vor Steuern mittels vere<strong>in</strong>fachter<br />

Berechnungsformel:<br />

14,3 % 27<br />

■ Inflationsrate: 5,0 %<br />

Abb. 3 zeigt die korrekte Herleitung<br />

des Vorsteuer-WACC mittels Iterationsverfahren.<br />

Das Beispiel verdeutlicht: E<strong>in</strong> durch<br />

Iteration korrekt hergeleiteter Vorsteuer-WACC<br />

liegt <strong>bei</strong> 12,1 %. Der<br />

mittels vere<strong>in</strong>fachter Berechnungsformel<br />

geschätzte Vorsteuer-WACC von<br />

14,3 % ist daher um 220bp zu hoch.<br />

6. Folgerungen<br />

Im Rahmen von Firmenübernahmen im<br />

IFRS-Umfeld kommt <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong><br />

und Handhabung <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> wesentliche<br />

Bedeutung zu. Da<strong>bei</strong> dürfen<br />

diese nicht isoliert betrachtet werden,<br />

son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> sachlicher und zeitlicher<br />

H<strong>in</strong>sicht „<strong>in</strong>tegriert“ zu behandeln. Die<br />

Konsistenz <strong>der</strong> verschiedenen Anwen-<br />

24 Vgl. IAS 36.55.<br />

25 Vgl. IAS 36, Basis for Conclusions, BCZ85.<br />

26 Vgl. IAS 36, Basis for Conclusions, BCZ85.<br />

27 10,0 % / (1 – 0,3) = 14,3 %<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik


392 IRZ, Heft 9, September 2010 Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Bilanzierung und Bilanzpolitik<br />

Illustratives Beispiel 2010 2011 2012 2013 Term<strong>in</strong>al<br />

Value<br />

Cashflows nach Steuern 210 245 280 280<br />

WACC 10% 10% 10% 10%<br />

Barwerte 191 202 210 4.207 28<br />

Summe <strong>der</strong> Barwerte<br />

Cashflows vor Steuern 300 350 400 400<br />

Barwerte 268 278 284 3.981<br />

Egal, welchen Aufstieg Sie wählen – irgendwo warten bessere Aussichten!<br />

WIR VERBINDEN ERWARTUNG UND ANSPRUCH<br />

4.811<br />

WACC vor Steuern (mittels Iteration) 29 12,1% 12,1% 12,1% 12,1%<br />

Summe <strong>der</strong> Barwerte<br />

4.811<br />

Abb. 3: Beispiel zur <strong>Bestimmung</strong> des Vorsteuer-WACC mittels Iterationsverfahren<br />

dungsbereiche <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es Akquisitionsprozesses<br />

(<strong>in</strong>terne Bewertungen, Kaufpreisallokation,<br />

Impairment-Tests) gilt es, zw<strong>in</strong>gend<br />

sicherzustellen. Beson<strong>der</strong>s wichtig ist<br />

<strong>bei</strong> Unternehmensbewertungen die Abstimmung<br />

<strong>der</strong> Bewertungselemente <strong>Kapitalkosten</strong>,<br />

Cashflow-Modell und Term<strong>in</strong>al-Value-Modell.<br />

Durch e<strong>in</strong>e konsis-<br />

tente <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong> im<br />

gesamten Akquisitionsprozess kann zudem<br />

das Risiko e<strong>in</strong>es allenfalls später<br />

notwendig werdenden Impairments reduziert<br />

werden.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kapitalkosten</strong><br />

ist auf e<strong>in</strong>e fundierte und aktuelle Datenbasis<br />

zu achten. E<strong>in</strong> standardisierter Ak-<br />

tualisierungsmechanismus unterstützt<br />

da<strong>bei</strong> die im Standard gefor<strong>der</strong>te Aktualität<br />

des Diskontierungssatzes.<br />

IRZ<br />

28 280 / (10,0 % – 5,0 %) × 1 / (1 + 10,0 %) 3 =<br />

4.207<br />

29 Der WACC vor Steuern stellt die Internal<br />

Rate of Return (IRR) bezogen auf die Cashflows<br />

vor Steuern und die Summe <strong>der</strong> Barwerte<br />

von 4.811 dar.<br />

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