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Die Sehnsucht nach Berührung - Veranstaltungskalender für Körper ...

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ren Ich (Selbst) gehören. Das führt auf lange Sicht zu<br />

Konflikten, weil sehr viel Energie darauf verwendet<br />

wird, diese künstlich angenommenen Persönlichkeitsmerkmale<br />

zu sichern und auszubauen. Sie haben die<br />

Funktion übernommen, die Person vor weiteren Verletzungen<br />

zu schützen.<br />

Dadurch entsteht ein erhöhtes Schutzbedürfnis dieser<br />

Persönlichkeitsmerkmale. Kommt es in einer Beziehung<br />

oder im sozialen Umfeld zu Angriffen auf diese<br />

Merkmale, reagiert der Mensch mit Abwehr. Vor diesem<br />

Hintergrund spielen sich die meisten Konflikte und<br />

Beziehungstragödien ab.<br />

Wichtig ist die Tatsache, dass sich diese Umständen<br />

zwar ändern lassen, aber nur langfristig. Das süchtige<br />

Sehnen versteht sich aus diesem Blickwinkel als<br />

wiederkehrender Versuch, wenigstens ein bisschen in<br />

die Nähe einer Überwindung der falschen Identitäten<br />

zu gelangen. <strong>Die</strong>se Nähe zum Vorhang, hinter dem<br />

sich die Auflösung der Trennung verbergen könnte, ist<br />

verlockend, was wohl auch das Besondere des Gefühls<br />

der <strong>Sehnsucht</strong> ausmacht.<br />

<strong>Die</strong> Komponente der Schwermut basiert auf dem<br />

Grund, dass der Mensch sein Selbst nicht voll erkennen<br />

kann, sich fremd bleiben wird, nie perfekt und ganz<br />

sein kann. <strong>Die</strong>ses fortwährend Unerreichbare in ihm<br />

selbst besitzt magische Anziehungskräfte. Es möchte<br />

gesucht werden. Das Sehnen erfährt so den Anstrich<br />

des Suchthaften – kein Ende in Sicht und immer wieder<br />

kommt das Verlangen.<br />

Der Traum vom Glück<br />

Menschen empfinden <strong>Sehnsucht</strong>, ohne dabei etwas Bestimmtes<br />

im Sinn zu haben. <strong>Die</strong>ses scheinbar ziellose<br />

Sehnen kann als melancholisches Erdulden der inneren<br />

Trennung verstanden werden. Trotz der Unerreichbarkeit<br />

liegt das Ziel so nah und nur das Sehnen reicht als<br />

Gefühl in diese verborgene innere Welt, die man immer<br />

wieder spüren möchte.<br />

Dass der Mensch nicht konfliktfrei mit sich und der<br />

Welt leben kann, hat auch Konsequenzen <strong>für</strong> die Liebe,<br />

die ihm deshalb nicht voll und ganz zur Verfügung steht.<br />

Er spürt, dass es diese grandiose Liebe gibt und auch<br />

das Glück, <strong>nach</strong> dem er sich immer sehnt. Beide sind<br />

in ihm, aber scheinbar nicht greifbar<br />

Dass es kurzfristig keine konfliktfreie Liebe zwischen<br />

den Menschen geben kann, kommt einem Fluch gleich.<br />

Das intensive Gefühl des Sehnens nimmt den Fluch hin,<br />

sieht aber gleichzeitig - wie in einem fernen Traum - die<br />

Schönheit eines ganzheitlichen und friedlichen Lebens.<br />

Alle Sorgenlast zu verlieren, das Fremde an der eigenen<br />

Persönlichkeit abzuschütteln und konfliktfrei lieben zu<br />

können, entspricht dem tief im Menschen verwurzelten<br />

Sehnen <strong>nach</strong> Ganzheit, in der alle Trennungen aufgehoben<br />

sind. <strong>Die</strong>ser Zustand entspricht der Bedeutung<br />

des Wortes Liebe, die sich tief im Sehnen verbirgt. Sie<br />

ist das geheimnisvolle Positive.<br />

Das sehnsüchtige Einfühlen in den inneren Trennungszustand<br />

hat etwas Bittersüßes, wobei in der Süße<br />

die gesuchte positive Note der Liebe liegt. Dort tief<br />

innen verbirgt sich die Liebe, eine Liebe, die vorhanden<br />

ist, nur eben unerreichbar, aber doch da ist. <strong>Die</strong><br />

Trennung von dieser Liebe ist gleichbedeutend mit<br />

der Trennung vom Selbst, dem eigentlichen wahren<br />

Zuhause des Menschen. Das künstliche Ich und das unerreichbare<br />

Selbst können nur durch die Liebe versöhnt<br />

werden. Sehnen ist die bittersüße Sucht, sein Selbst, das<br />

so nah und doch so fern ist, endlich uneingeschränkt<br />

lieben zu dürfen.<br />

Der Autor Wolfgang Wiesmann,<br />

Jahrgang 53, Dipl. Ing. und später<br />

Lehrer wanderte 2000 mit seiner<br />

Familie <strong>nach</strong> Irland aus. Nach dem<br />

Studium der traditionellen chinesischen<br />

Medizin arbeitet er als<br />

holistischer Therapeut und schreibt<br />

auch Bücher (Hansi und Lilo, eine<br />

Parabel).<br />

KGSBerlin 03/2013

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