Die Sehnsucht nach Berührung - Veranstaltungskalender für Körper ...
Die Sehnsucht nach Berührung - Veranstaltungskalender für Körper ...
Die Sehnsucht nach Berührung - Veranstaltungskalender für Körper ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24<br />
Ich breite meine<br />
Schwingen aus...<br />
Von Johanne Göttertz<br />
Ich saß an den Homöopathie-Tagen in der Samuel-<br />
Hahnemann-Schule in einem Vortrag meines Schamanenlehrers<br />
Andreas Krüger. Er referierte über homöopathisches<br />
Heroin. Leitsymptom: Weint um einen<br />
Engel. Ich fühlte mich unendlich tief angesprochen<br />
und berührt. Ich wusste mit meinem Herzenswissen,<br />
hier erzählt einer eine Wahrheit, die auch die meine<br />
ist und von der ich bis zu dieser Stunde nicht wusste,<br />
dass es sie gab.<br />
Mir wurde gewahr, dass ich bereits mein ganzes<br />
Leben lang um meinen Engel geweint hatte. Ich wurde<br />
verzehrt von der <strong>Sehnsucht</strong> <strong>nach</strong> dem Licht des Engels.<br />
Eine unendliche <strong>Sehnsucht</strong>, die mich verbrannte. Ich<br />
hörte auch: „Gesegnet ist der Mensch, der Engel hat,<br />
um die er weinen kann.“ <strong>Die</strong> Sätze „Unter Wunden<br />
wirst du Wunder sehen“, und, auf das homöopathische<br />
Heroin bezogen, „nur die Sache, die die Wunde schlug,<br />
kann die Wunde heilen“, schienen mir zu verheißen,<br />
dass Heilung endlich greifbar war. Heilung von der<br />
Qual der <strong>Sehnsucht</strong>.<br />
<strong>Sehnsucht</strong> <strong>nach</strong> der inneren Heimat<br />
Schon als Kind litt ich unter dieser <strong>Sehnsucht</strong>, die sich<br />
wie Heimweh anfühlte und mich innerlich einsam und<br />
ungeborgen zurück ließ. Sie schien meinem innersten<br />
Kern zu entspringen und hinterließ eine bohrende<br />
Leere in mir. Ich hatte keine Worte da<strong>für</strong> und da ich in<br />
einer Familie aufwuchs, in der Gefühle nicht gezeigt<br />
oder thematisiert wurden, blieb ich damit allein und litt<br />
schweigend. Ich fühlte mich „nicht richtig“, anders als<br />
alle anderen um mich herum, die scheinbar problemlos<br />
funktionierten, weil sie keine so dummen Gefühle<br />
hatten wie ich. Und so habe ich meine <strong>Sehnsucht</strong>, die<br />
an die Tür meines Herzens klopfte, zurückgewiesen<br />
und mich <strong>für</strong> mich selber, <strong>für</strong> das Drängen in mir verschlossen.<br />
Lange Jahre fühlte ich mich unvollständig und<br />
suchte unbewusst dringend etwas, das mich vollständig<br />
machte. In Beziehungen und mit Substanzen wie Heroin<br />
suchte ich im Außen einen Ersatz, um mich selber in<br />
mir ganz zu fühlen. In den Anfangsphasen meiner Ab-<br />
hängigkeiten eröffnete sich mir jeweils etwas, das ich<br />
in meinem Leben bis dahin immer vermisst hatte: <strong>Die</strong><br />
inneren Begrenzungen schmolzen dahin, der Schmerz<br />
verschwand und ich fühlte mich erstmals in meinem<br />
Leben vollständig, wohl und richtig in meiner Haut.<br />
Ein überaus wohltuendes Seinsgefühl schaffte – vorübergehende<br />
– Erleichterung. So versuchte ich mich,<br />
meine Seele, zu heilen.<br />
Heute weiß ich, dass ich unter meinem tiefen Verlangen<br />
<strong>nach</strong> meiner eigenen Ganzheit litt, <strong>nach</strong> meiner<br />
– spirituellen – Identität. <strong>Die</strong>ses tiefe Verlangen ist in<br />
jedem Menschen angelegt als die <strong>Sehnsucht</strong>, sich selbst<br />
zu verwirklichen. In unserem Inneren gibt es auf der<br />
geistig-seelischen Ebene einen Keim, der unser gesamtes<br />
Potential enthält. Ähnlich wie in dem Embryo, der<br />
einst unser <strong>Körper</strong> war, alle notwendigen Informationen<br />
gespeichert waren, die zu diesem ausgewachsenen<br />
<strong>Körper</strong> heranwuchsen, mit dem wir heute in der Welt<br />
sind. Wir fühlen dieses Verlangen als <strong>Sehnsucht</strong>. Sie<br />
ist die drängende Kraft in uns, die uns antreibt, unser<br />
Potential zu verwirklichen und zu leben.<br />
Unsere <strong>Sehnsucht</strong> fühlen wir oft als Mangel und<br />
als Vakuum. Wir erleben sie als Leid, als Unruhe und<br />
Unzufriedenheit. Etwas scheint in unserem Leben zu<br />
fehlen und wir suchen es dort draußen in der Hoffnung,<br />
mit dem Objekt unserer Begierde auch die ersehnten<br />
guten Gefühle zu erhalten.<br />
Als ich meinen Behandler damals um das homöopathische<br />
Heroin bat, wusste ich nicht, dass ich die Natur<br />
der <strong>Sehnsucht</strong> noch nicht begriffen hatte. Ich wusste<br />
nicht, wie <strong>Sehnsucht</strong> mich, als mein innerster Antrieb,<br />
zu mir <strong>nach</strong> Hause führen kann.<br />
Der Weg <strong>nach</strong> Hause<br />
<strong>Sehnsucht</strong> verbindet uns dann – und nur dann – mit<br />
uns selber, mit unserem göttlichen Kern, wenn wir<br />
uns erlauben, sie zur Gänze zu fühlen, uns ganz von<br />
ihr erfüllen zu lassen. Wenn wir unsere <strong>Sehnsucht</strong> unterdrücken,<br />
um nicht zu leiden oder weil wir nicht an<br />
ihre Erfüllung glauben, erhöht sich der Leidensdruck<br />
immer mehr und wir finden keinen Frieden.<br />
KGSBerlin 03/2013<br />
Foto: © evgenyatamanenko - Fotolia.com