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Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ... - MgFa

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krieg von 1808 bis 18<strong>13</strong> – hier in Verbindung<br />

mit einer neuartigen Form des<br />

Volkskrieges – zum Tragen und beeinflusste<br />

letztlich auch die Kriegführung<br />

in den Befreiungskriegen (siehe Martin<br />

Rink, Die Erfindung des Guerillakrieges,<br />

in: Militärgeschichte, Heft<br />

1/2008, S.4–9).<br />

Durch den Frieden von Tilsit waren<br />

die preußische Armee auf eine Stärke<br />

von 42 000 Mann reduziert und der<br />

Staat Preußen auf den Status einer Mittelmacht<br />

zurechtgestutzt worden, was<br />

eine Aufrüstung verhinderte. Dieses<br />

Problem suchten die Reformer mit der<br />

Einführung des »Krümpersystems«,<br />

der Schaffung einer »verborgenen« militärischen<br />

Reserve, zu umgehen. Dabei<br />

wurden in jeder Kompanie einige<br />

Soldaten mehr als üblich beurlaubt<br />

und dafür neue Rekruten eingezogen,<br />

die dann nach einer kurzen Ausbildung<br />

wieder entlassen wurden. Dieses<br />

System erlaubte die Ausbildung von<br />

deutlich mehr jungen Männern (den<br />

»Krümpern«) als die zuvor getroffenen<br />

Regelungen und schuf so eine zahlenmäßig<br />

starke Reserve.<br />

Die Reformer lösten nun endgültig<br />

die Autonomie der Regimenter auf, die<br />

zuvor durch ihre Obersten verwaltet<br />

und weitgehend selbstständig geführt<br />

worden waren. Zu<strong>dem</strong> schufen sie ein<br />

übergeordnetes Kriegsministerium,<br />

das die in den übrigen Verwaltungen<br />

verstreuten Zuständigkeitsbereiche für<br />

das Militär bündelte und nun als neue<br />

Zentrale für eine einheitliche Organisation<br />

der Streitkräfte Sorge trug. Die<br />

Neuerungen im taktischen Bereich taten<br />

ein Übriges, um die traditionelle<br />

Armee für künftige Kriege vorzubereiten:<br />

Die neu eingerichteten Jägerregimenter<br />

und die leichten Truppen erhielten<br />

größere Bedeutung für die<br />

Kriegführung, die Kampfeinheiten<br />

wurden nun in kleineren Brigaden formiert.<br />

Auch dies bedingte eine Veränderung<br />

der Anforderungen an die Soldaten<br />

und somit eine andere Form der<br />

Rekrutierung.<br />

Der Wandel der ständischen<br />

Struktur<br />

Den Männern um Scharnhorst galten<br />

die schwierige soziale Herkunft der<br />

meisten angeworbenen Soldaten und<br />

deren prekäre Familienverhältnisse als<br />

Faktoren für das schlechte Ansehen<br />

der Armee. Hatten die Soldatenfrauen<br />

als Versorgerinnen und Unterstützung<br />

für ihre Männer in den Garnisonen<br />

und besonders im Feldzug lange Zeit<br />

eine wesentliche Rolle gespielt, sollten<br />

die Reformen nun endlich die Trossgesellschaft<br />

verkleinern und Soldatenfrauen<br />

und ­kinder aus der Militärgesellschaft<br />

entfernen. Diese Maßnahmen<br />

dienten nach Gneisenaus Ansicht der<br />

Stärkung des Kampfwillens, denn ein<br />

alleinstehender Soldat ohne Familie sei<br />

eher bereit, Leib und Leben zu riskieren,<br />

als ein sorgender Familienvater,<br />

der seine Liebsten nahe bei sich hatte.<br />

Daneben hatten die preußische sowie<br />

die kaiserlich­österreichische Armee<br />

aber vor allem ein Problem mit den<br />

Aufstiegsmöglichkeiten für verdiente<br />

Soldaten und Offiziere bürgerlicher<br />

Herkunft. Das Offizierkorps in den beiden<br />

Monarchien bewahrte sich lange<br />

Zeit einen konservativ ständischen<br />

Charakter und reservierte einen Großteil<br />

der Offizierstellen für den einheimischen<br />

Adel. Lediglich die eher »technischen«<br />

Einheiten der Artillerie sowie<br />

der Pioniere, die neu aufgestellten Jägerkorps<br />

und einige Regimenter der leichten<br />

Reiterei nahmen in ihren Reihen<br />

immer öfter auch bürgerliche Offiziere<br />

auf, galten diese Einheiten doch beim<br />

Adel als nicht nobel genug. Daher besaßen<br />

dort die bürgerlichen Offiziere<br />

auch vergleichsweise gute Aufstiegsmöglichkeiten.<br />

Die preußischen Reformer<br />

wollten nun mit der Abschaffung<br />

des Anciennitätsprinzips, das die Beförderung<br />

der Offiziere nach Dienstjahren<br />

vorsah, und über ein neu geschaffenes<br />

Leistungsprinzip für die Stabsoffiziere<br />

und Generale eine Durchlässigkeit der<br />

Standesschranken in der gesamten Armee<br />

erreichen.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung wurden<br />

nun auch die Mannschaften und Unteroffiziere<br />

rechtlich besser gestellt und<br />

als wichtige Basis der Streitkräfte anerkannt.<br />

Der Dienst an der Waffe sollte<br />

nach <strong>dem</strong> Willen der Reformer nicht<br />

länger als Zwangsdienst begriffen werden,<br />

sondern vielmehr einer inneren<br />

Verpflichtung entspringen, womit auch<br />

der Willkür und der Brutalität gegenüber<br />

Untergebenen eine Absage erteilt<br />

wurde. Um diesen Dienst aber zum einen<br />

berechenbar und zum anderen<br />

auch anspruchsvoll zu gestalten,<br />

musste ein verlässliches Militärrecht<br />

für alle Dienstgrade erarbeitet werden.<br />

Dazu gehörten unter anderem die<br />

Vereinheitlichung und Kodifizierung<br />

der Militärjustiz. Dieser Bereich war<br />

bisher weitgehend innerhalb der Regimenter<br />

durch Militärangehörige als<br />

Laienrichter geregelt worden. Die Standardisierung<br />

des Strafmaßes und die<br />

Schaffung eines »Corpus Iuris Militaris«<br />

beförderte die Ablösung traditioneller<br />

Körper­ und Ehrenstrafen zugunsten<br />

einer einheitlichen Ahndung<br />

von Delikten im Militär.<br />

Der Umbau der Armee hatte in den<br />

Zwischenkriegsjahren einen erheblichen<br />

sozialen und rechtlichen Wandel<br />

zur Folge: 1808 traten die »Kriegsartikel<br />

für Soldaten und Unteroffiziere« in<br />

Kraft, flankiert von neuen Bestimmungen<br />

zu den Militärstrafen für die<br />

Mannschaften sowie für die Offiziere.<br />

Die neuen <strong>Vor</strong>schriften sprachen den<br />

Soldaten nun eine persönliche Ehre zu<br />

und schafften die schweren Körperstrafen<br />

ab. Gleichzeitig schrieben sie<br />

auch für die militärischen Eliten Delikte<br />

im Militärdienst fest, denn diese<br />

sollten nun unabhängig vom Dienstgrad<br />

geahndet werden.<br />

Mit der Aufhebung des ständischen<br />

Militärrechts im folgenden Jahr wurden<br />

Frauen und Kinder der Soldaten<br />

endgültig der zivilen Gerichtsbarkeit<br />

unterstellt, die militärische Rechtsprechung<br />

allein auf die aktiv dienenden<br />

und in Reserve stehenden Militärpersonen<br />

beschränkt und die Militärgesellschaft<br />

damit grundlegend umgewandelt.<br />

Nach Bekunden der Reformer<br />

diente die Reorganisation der Armee<br />

nicht nur <strong>dem</strong> Zweck, das preußische<br />

Militär wieder effizienter zu gestalten,<br />

sondern sie sollte darüber hinaus die<br />

Bevölkerung für einen Krieg gegen Napoleon<br />

motivieren. Die Notwendigkeit<br />

einer stehenden Armee in Friedenszeiten<br />

war in den Debatten zwischen<br />

Gesellschaftskritikern und Militärreformern<br />

allerdings stark umstritten. Nur<br />

in Bezug auf die Steigerung der »Wehrbereitschaft«<br />

der Bevölkerung, die es<br />

durch die Reformen und ein engagiertes<br />

politisches <strong>Vor</strong>gehen der preußischen<br />

Regierung zu stärken galt, war<br />

man sich in weiten Kreisen der Gesellschaft<br />

in den deutschen Staaten bereits<br />

einig. Doch die <strong>Vor</strong>behalte aus <strong>dem</strong><br />

Bürgertum und von Seiten des besitzenden<br />

Adels bestanden weiterhin, so dass<br />

es der politischen Erschütterungen<br />

durch die Feldzüge Napoleons der<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012

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