Barrierefreier Luftverkehr - Chancen und Nutzen - Beauftragter der ...
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ILA 2008<br />
Fachkonferenz 29. Mai 2008<br />
<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong><br />
Dokumentation
vorne links: Johann Kreiter (Nationale Koordinationsstelle Tourismus für Alle),<br />
vorne rechts: Dr. Sigrid Arnade<br />
mitte links: Karin Evers-Meyer, MdB (Beauftragte <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für die Belange<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen)<br />
mitte mitte: Thomas Brandt (Delta Airlines),<br />
mitte rechts: Sabine Teller (B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Fluggesellschaften)<br />
hinten links: Christophe Dussart (Eurpäische Kommission)
Vorwort<br />
Um die an <strong>der</strong> zivilen Luftfahrt beteiligten Unternehmen, d. h. Fluggesellschaften,<br />
Kabinenausstatter, Flughäfen <strong>und</strong> Reiseunternehmen, für das Thema „Barrierefreiheit“ zu<br />
sensibilisieren, hat die Beauftragte <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
am 29. Mai 2008 im Rahmen des Konferenzprogramms <strong>der</strong> Internationalen Luft- <strong>und</strong><br />
Raumfahrtausstellung (ILA) 2008 zu einer Fachkonferenz mit dem Titel „<strong>Barrierefreier</strong><br />
<strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong>“ eingeladen. Dabei wurden alle Fragen <strong>der</strong> Barrierefreiheit<br />
im Flugverkehr, also die gesamte Reisekette von <strong>der</strong> Buchung, über Dienstleistungen am<br />
Flughafen, Gepäcklogistik, Boarding, Flugzeugaufenthalt bis hin zum Auschecken, thematisiert.<br />
Die Konferenz <strong>und</strong> ihre Themenstellung fanden große Resonanz. Mehr als 100 Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter von Flughäfen, Fluggesellschaften <strong>und</strong> Hersteller sowie von Verbänden<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen trafen sich in offener Atmosphäre zum gemeinsamen Diskutieren,<br />
Nachdenken <strong>und</strong> Planen.<br />
Die Beauftragte <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen bedankt sich bei<br />
allen Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmern, insbeson<strong>der</strong>e aber den Fachreferenten <strong>und</strong> den<br />
Mo<strong>der</strong>atoren <strong>der</strong> Workshops, für ihre konstruktiven <strong>und</strong> weiterführenden Beiträge. Beson<strong>der</strong>er<br />
Dank gilt aber vor allem auch <strong>der</strong> Messe Berlin GmbH, die die Konferenzräume kostenlos zur<br />
Verfügung gestellt hat <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Mitarbeiter bei Planung <strong>und</strong> Durchführung <strong>der</strong> Veranstaltung<br />
hilfreich zur Seite standen.<br />
Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie eine Tagungsdokumentation, die die Beiträge auf <strong>der</strong><br />
Fachkonferenz „<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong>“ zusammenfasst. Sie ist eine<br />
Arbeitsgr<strong>und</strong>lage, die zur Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>und</strong> zur Weiterarbeit einladen soll.<br />
1
Programm:<br />
10.00 Uhr<br />
Begrüßung<br />
Karin Evers-Meyer, Beauftragte <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
Grußwort<br />
Sabine Teller, B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Fluggesellschaften (BDF)<br />
10.15 Uhr<br />
Referate<br />
• Johann Kreiter, Nationale Koordinationsstellestelle Tourismus Für Alle (Natko), zu<br />
Barrieren, denen behin<strong>der</strong>te Menschen bei Flugreisen begegnen<br />
• Thomas Brandt, Delta Airlines, zu amerikanischen Antidiskriminierungsvorschriften <strong>und</strong><br />
Umsetzung durch die Fluggesellschaften<br />
• Dr. Sigrid Arnade über "Erfahrungen im internationalen Flugverkehr"<br />
• Christophe Dussart zur Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen Parlaments<br />
<strong>und</strong> des Rates vom 5. Juli 2006 über die Rechte von behin<strong>der</strong>ten Flugreisenden <strong>und</strong><br />
Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität<br />
12.00 Uhr<br />
Imbiss <strong>und</strong> Bildung von Workshops<br />
• Workshop I: Barrierefreie Kabine (z. B. Sitze, Sanitärbereiche, Stauräume, Assistenz)<br />
• Workshop II: Barrierefreie Buchung (z. B. Buchungssysteme, Anmeldefristen)<br />
• Workshop III: Barrierefreie Servicekette im Flughafenterminal (z. B. Assistenz zum / beim<br />
Check-In, Boarding <strong>und</strong> Gepäckausgabe, Sicherheitskontrolle)<br />
13.00 Uhr<br />
Arbeit in den Workshops<br />
16.00 Uhr<br />
Präsentation <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Workshops<br />
18.00 Uhr<br />
Schlusswort<br />
3
Grußwort<br />
<strong>der</strong> Beauftragten <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen,<br />
Karin Evers-Meyer,<br />
anlässlich <strong>der</strong> Fachkonferenz<br />
"<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong>"<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
herzlich willkommen im Konferenzzentrum des Flughafens Berlin-Schönefeld. Ich begrüße Sie<br />
zur Fachkonferenz "<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong>" <strong>und</strong> freue mich über ihr<br />
zahlreiches Erscheinen. Es ist uns gelungen, heute Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer aus den<br />
verschiedensten Bereichen zusammenzubringen. Ich begrüße die Vertreter von Fluglinien, von<br />
Flughäfen, Reisebüros, Vertreter <strong>der</strong> Zulieferindustrie <strong>und</strong> natürlich die Experten in eigener<br />
Sache, also Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> ihre Interessenvertretungen.<br />
Seit knapp 10 Jahren befindet sich die Behin<strong>der</strong>tenpolitik in Deutschland in einem<br />
gr<strong>und</strong>legenden Paradigmenwechsel.<br />
Wir bewegen uns weg vom reinen Fürsorgegedanken, hin zu umfassen<strong>der</strong> Teilhabe <strong>und</strong><br />
Selbstbestimmung behin<strong>der</strong>ter Menschen. Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sollen ihr Leben<br />
eigenverantwortlich gestalten <strong>und</strong> selbst entscheiden, wie sie leben wollen. Eigentlich eine<br />
Selbstverständlichkeit - für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen aber nach wie vor eine<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Eine <strong>der</strong> zentralen Voraussetzungen für ein Selbstbestimmtes Leben ist barrierefreie Mobilität.<br />
Der Begriff "Barrierefreiheit" <strong>und</strong> was sich dahinter verbirgt ist für viele nach wie vor ein vager<br />
Begriff. Und das trotz <strong>der</strong> einheitlichen <strong>und</strong> verbindlichen Regelung des Begriffs im<br />
Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetz. Meist wird Barrierefreiheit lediglich als "frei von<br />
Mobilitätshin<strong>der</strong>nissen" ausgelegt. Damit ist es aber nicht getan. Menschen mit<br />
Sinnesbehin<strong>der</strong>ungen haben beispielsweise ganz an<strong>der</strong>e Bedürfnisse als Menschen mit einer<br />
geistigen Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Menschen mit einer Körperbehin<strong>der</strong>ung. Es gilt, allen Bedürfnissen<br />
gerecht zu werden. In allen Lebensbereichen.<br />
Bewegungsfreiheit, unabhängig davon, ob man behin<strong>der</strong>t ist o<strong>der</strong> nicht, ist keine beson<strong>der</strong>e<br />
Fürsorgeangelegenheit, son<strong>der</strong>n ein Menschenrecht. Es ist daher sehr wichtig, die Gesellschaft<br />
noch mehr als bisher für Barrierefreiheit zu sensibilisieren. Immerhin reden wir heute über r<strong>und</strong><br />
8 Millionen behin<strong>der</strong>te Menschen allein in Deutschland – mit steigen<strong>der</strong> Tendenz, denn vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> einer älter werdenden Gesellschaft ist Barrierefreiheit ja längst kein exklusives<br />
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Thema für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Barrierefreiheit kommt vielen Menschen zugute.<br />
Familien mit kleinen Kin<strong>der</strong>n ebenso wie älteren Menschen.<br />
Damit birgt eine konsequenten Produktausrichtung am Kriterium Barrierefreiheit ein<br />
ökonomisches Potential, das weit über die r<strong>und</strong> 8 Millionen behin<strong>der</strong>ten Menschen in<br />
Deutschland hinausgeht. Im Tourismusbericht <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung, <strong>der</strong> kürzlich erschienen ist,<br />
wird ganz deutlich: Behin<strong>der</strong>te Menschen würden gern öfter verreisen.<br />
Es mangelt aber nach wie vor an barrierefreien Angeboten – vor Ort, ebenso wie beim<br />
Transport. Es ist also <strong>der</strong> glückliche Fall, in denen die Durchsetzung von Menschenrechten mit<br />
ökonomischen Interessen unmittelbar verknüpft ist.<br />
Der Gesetzgeber hat dies bereits vor einigen Jahren zum Anlass genommen, die Verpflichtung<br />
zur Barrierefreiheit gesetzlich zu verankern - auf deutscher wie auch auf internationaler Ebene.<br />
In Deutschland regelt das Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetz (BGG) den barrierefreien Zugang<br />
zu öffentlichen Einrichtungen <strong>und</strong> Informationen. Darüber hinaus wurden mit dem BGG<br />
Regelungen in an<strong>der</strong>en Gesetzen getroffen, beispielsweise auch im <strong>Luftverkehr</strong>sgesetz.<br />
Es wurden unter an<strong>der</strong>em Vorschriften in das <strong>Luftverkehr</strong>sgesetz eingefügt, die für Flughäfen<br />
wie <strong>Luftverkehr</strong>sunternehmen Barrierefreiheit als Aufgabe benennen <strong>und</strong> in diesem<br />
Zusammenhang auf das interessante Instrument <strong>der</strong> Zielvereinbarung verweisen.<br />
Zielvereinbarungen, meine Damen <strong>und</strong> Herren, sind <strong>der</strong>zeit das zentrale Instrument zur<br />
Durchsetzung barrierefreier Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen im Bereich <strong>der</strong> Privatwirtschaft. Sie<br />
sind ein Kompromiss, <strong>der</strong> einen zu weit, an<strong>der</strong>en nicht weit genug geht. Aus meiner Sicht sind<br />
sie jedoch nach wie vor ein tauglicher Kompromiss.<br />
Was ist also eine Zielvereinbarung? Behin<strong>der</strong>ten Menschen <strong>und</strong> ihre Interessenvertretungen<br />
können auf Unternehmen <strong>der</strong> Privatwirtschaft zugehen <strong>und</strong> Verhandlungen über den Abschluss<br />
einer Zielvereinbarung aufnehmen. In diesem Verhandlungen wird gemeinsam mit den<br />
Experten in eigener Sache festgestellt, wo im Unternehmen Fel<strong>der</strong> zu bearbeiten wären, um<br />
Barrierefreiheit anbieten zu können. Über die Umsetzung dieser Barrierefreiheit wird dann eine<br />
Zielvereinbarung geschlossen, die in einem zentralen Register beim B<strong>und</strong>esministerium für<br />
Arbeit <strong>und</strong> Soziales geführt wird.<br />
Bislang gibt es bedauerlicher Weise nur r<strong>und</strong> 12 solcher Zielvereinbarungen – deutlich weniger<br />
als man sich gewünscht hatte. Immerhin finden sich dort aber so illustre Namen wie <strong>der</strong><br />
Pharmakonzern Pfizer o<strong>der</strong> die Deutsche Bahn AG. Auch einige Flughäfen finden sich dort<br />
bereits.<br />
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Ein wesentlicher Gr<strong>und</strong> für die zurückhaltende Inanspruchnahme sind sicherlich die<br />
mangelnden Beratungsangebote für die verhandelnden Verbände aber natürlich auch<br />
mangelnde Kenntnis in den Unternehmen über <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong> einer solchen<br />
Zielvereinbarung.<br />
Derzeit arbeiten wir daran, ein b<strong>und</strong>esweites Kompetenzzentrum Barrierefreiheit einzurichten –<br />
nicht zuletzt, um dem Instrument <strong>der</strong> Zielvereinbarung auf die Sprünge zu helfen.<br />
Da wir, <strong>und</strong> das gilt natürlich erst Recht im Transportwesen, längst nicht mehr nur Gesetze für<br />
uns allein machen, wurden auch auf europäischer Ebene Schritte unternommen, um die Rechte<br />
mobilitätseingeschränkter Personen im Schienen- <strong>und</strong> <strong>Luftverkehr</strong> zu stärken.<br />
Im Juli vergangenen Jahres ist die Europäische Verordnung über die Rechte von behin<strong>der</strong>ten<br />
Flugreisenden <strong>und</strong> Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität in Kraft getreten. Mit dieser<br />
Verordnung soll für behin<strong>der</strong>te <strong>und</strong> in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen in Zukunft ein<br />
diskriminierungsfreier Zugang zum <strong>Luftverkehr</strong> sichergestellt werden.<br />
Ich freue mich, dass wir Herrn Dussart vom Europäischen Parlament gewinnen konnten, uns<br />
diese Verordnung <strong>und</strong> ihre Wirkungen näher zu bringen. Herr Dussart, ich darf Sie an dieser<br />
Stelle sehr herzlich begrüßen.<br />
Über den Bereich <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft hinausgehend, erhoffe ich mir heute nicht<br />
zuletzt auch Rückenwind von <strong>der</strong> UN-Konvention über die Rechte behin<strong>der</strong>ter Menschen, die<br />
Deutschland voraussichtlich noch in diesem Jahr ratifizieren wird. In diesem umfassenden<br />
menschenrechtlichen Übereinkommen wird einem barrierefreien Zugang in allen<br />
Lebensbereichen eine wesentliche Bedeutung eingeräumt – ausdrücklich auch in den<br />
Bereichen Reisen <strong>und</strong> Tourismus.<br />
Wir wollen heute über die rechtlichen Regelungen, Verordnungen <strong>und</strong> Zielvereinbarungen <strong>und</strong><br />
ihre Wirkung sprechen. Und wir wollen klären: Was bedeutet Barrierefreiheit im <strong>Luftverkehr</strong><br />
ganz konkret?<br />
Was bedeutet die physische Zugänglichkeit <strong>und</strong> Nutzbarkeit auf <strong>der</strong> einen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zugang zu<br />
Informationen sowie zu geschultem Personal, das für die Bedürfnisse behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
sensibilisiert ist, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Wie läuft die Buchung, wie werden Begleitpersonen<br />
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ehandelt, wie muss ein Sitzplatz für einen Rollstuhlfahrer aussehen <strong>und</strong> welche Fragen zum<br />
Ges<strong>und</strong>heitszustand sind erträglich.<br />
Ein erster Schritt in Richtung barrierefreier Flugverkehr, das will ich hier natürlich nicht<br />
unerwähnt lassen, ist seitens <strong>der</strong> Airlines <strong>und</strong> <strong>der</strong> Flughäfen bereits getan worden: Im Jahr<br />
2001 stimmten die europäischen Fluglinien <strong>und</strong> Flughäfen einer freiwilligen Selbstverpflichtung,<br />
dem «Airline Passenger Service Commitment» zu, mit <strong>der</strong> unter an<strong>der</strong>em die Rechte<br />
mobilitätseingeschränkter Fluggäste gestärkt werden. Es wurde vereinbart, dass behin<strong>der</strong>ten<br />
Fluggästen die größtmögliche Unabhängigkeit gewährt werden solle, ihre Würde zu wahren sei<br />
<strong>und</strong> die Mitarbeiter entsprechend weiterzubilden wären.<br />
Die Flughäfen <strong>und</strong> die <strong>Luftverkehr</strong>sgesellschaften in Deutschland präsentieren auf ihren<br />
Internetseiten überwiegend ein barrierefreies Angebot im Sinne dieser Vereinbarung. Das ist<br />
ein wichtiger erster Schritt. Es ist damit aber keinesfalls getan. Nach wie vor erreichen mich<br />
zahlreiche Schreiben behin<strong>der</strong>ter Menschen, die mir von Problemen an Flughäfen <strong>und</strong> mit<br />
Fluglinien berichten. Es ist sicherlich noch einiges zu tun, bis umfassende Barrierefreiheit eine<br />
Selbstverständlichkeit wird.<br />
Dass Sie heute an dieser Fachtagung teilnehmen zeigt, dass Sie die Zeichen <strong>der</strong> Zeit erkannt<br />
haben <strong>und</strong> bereit sind, sich dieser Herausfor<strong>der</strong>ung zu stellen. Ich darf an dieser Stelle Sabine<br />
Teller vom B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Fluggesellschaften sehr herzlich begrüßen. Frau<br />
Teller, ich danke Ihnen <strong>und</strong> Ihrem Verband dafür, dass Sie sich bereit erklärt haben, heute<br />
Flagge zu zeigen <strong>und</strong> ein Grußwort zu halten.<br />
Wir wollen heute alle Fragen <strong>der</strong> Barrierefreiheit im Flugverkehr diskutieren.<br />
Die gesamte Reisekette von <strong>der</strong> Buchung, über Dienstleistungen am Flughafen, Gepäcklogistik,<br />
Boarding, Flugzeugaufenthalt bis hin zum Auschecken soll im Hinblick auf Barrierefreiheit<br />
untersucht werden. Wir möchten gemeinsam überlegen, wie man Barrierefreiheit an Flughäfen<br />
<strong>und</strong> in Flugzeugen gewährleisten kann. Nur wenn dies gelingt, kann Integration behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen alltägliche Praxis werden. Ich freue mich auf eine erkenntnisreiche <strong>und</strong> interessante<br />
Veranstaltung <strong>und</strong> darf jetzt Frau Teller vom B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Fluggesellschaften<br />
um ihr Grußwort bitten.<br />
Vielen Dank.<br />
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Grußwort, 29.5.2008, <strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong><br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren, sehr geehrte Frau Evers-Meyer,<br />
wenn es ein Verkehrsmittel gibt, das sich in den letzten Jahren rasant verän<strong>der</strong>t hat, dann ist es<br />
das Flugzeug. Von einem vormals elitären Beför<strong>der</strong>ungsmittel hat sich <strong>der</strong> <strong>Luftverkehr</strong> für breite<br />
Kreise <strong>der</strong> Gesellschaft geöffnet. Nach <strong>der</strong> Liberalisierung durch die Politik ist es nicht zuletzt<br />
dem Geschäftsmodell <strong>der</strong> Low Cost Carrier o<strong>der</strong> deutsch ausgedrückt – <strong>der</strong> Billigflieger – zu<br />
verdanken, dass Fliegen ein demokratisches <strong>und</strong> bezahlbares Erlebnis geworden ist. Für<br />
Menschen mit viel <strong>und</strong> wenig Geld, große <strong>und</strong> kleine, junge <strong>und</strong> alte, behin<strong>der</strong>te <strong>und</strong> nicht<br />
behin<strong>der</strong>te.<br />
Seit 1990 haben sich die Passagierzahlen in Europa vervierfacht. Im letzten Jahr wurden<br />
europaweit über 750 Millionen Flugreisende gezählt. In Deutschland allein flogen 2007 über 170<br />
Millionen Passagiere, 70 Prozent davon mit deutschen Fluggesellschaften.<br />
Dass dadurch die Erwartungen an die Beför<strong>der</strong>ung steigen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umgang mit dem<br />
Verkehrsmittel ein an<strong>der</strong>er geworden ist, liegt in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache. Vielleicht erinnern Sie<br />
sich noch an die Zeit, wo man ein Telefonat beim Amt anmelden musste. Heute ist das an<strong>der</strong>s.<br />
Zeiten än<strong>der</strong>n sich <strong>und</strong> das zivile Leben auch.<br />
Nun hat die EU eine Verordnung erlassen, die zum 26. Juli endgültig in Kraft tritt. Dadurch<br />
sollen die Rechte von behin<strong>der</strong>ten Flugreisenden <strong>und</strong> Reisenden mit eingeschränkter Mobilität<br />
sichergestellt werden. Die B<strong>und</strong>esregierung hat dies umgesetzt in <strong>der</strong> 12. Verordnung zur<br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Luftverkehr</strong>s-Zulassungs-Ordnung. Darin finden sich weniger Ihre Rechte wi<strong>der</strong>,<br />
als die Sanktionen, die gegen die Fluggesellschaften erlassen werden, wenn sie <strong>der</strong><br />
Verordnung nicht gerecht werden. So heißt es in dem Papier, Zitat: „Die im nationalen Recht<br />
gegen Verstöße vorzunehmenden Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig <strong>und</strong><br />
abschreckend sein.“<br />
Meine sehr geehrten Damen <strong>und</strong> Herren, ich kann Ihnen sagen, die Maßnahmen sind<br />
abschreckend. Denn die Umsetzung lässt so viele Fragen offen, dass die Unternehmen ratlos<br />
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zurückbleiben. Wir wissen nicht, ob die Behin<strong>der</strong>tenverbände an <strong>der</strong> Ausarbeitung dieser<br />
Umsetzung beteiligt waren, die Fluggesellschaften waren es jedenfalls nicht. Und so bleibt es<br />
für uns unklar, warum die Verordnung in <strong>der</strong> Begrifflichkeit PRM – Persons with reduced<br />
Mobility alle Senioren, alle Familien mit Kin<strong>der</strong>n, alle Übergewichtigen <strong>und</strong> die Bequemen mit<br />
einschließt in eine Dienstleistung für wirklich bedürftige Menschen. Die Zuweisung ist ziemlich<br />
vage <strong>und</strong> die Inanspruchnahme wird schwer abzugrenzen sein, denn die Frage nach dem<br />
Behin<strong>der</strong>tenausweis ist unzulässig. Die Erfahrungen aus den USA zeigen, dass die Nutzung<br />
hier sehr weitläufig geschieht. Erfahrungsgemäß führt eine solche Ausweitung außerdem dazu,<br />
dass diejenigen, die wirklich davon profitieren sollen, sich am Ende hinten anstellen müssen.<br />
Hinzu kommt, dass die Kosten für die Dienstleistung auf alle Passagiere gleichmäßig verteilt<br />
werden müssen. Ich möchte dies hier ausdrücklich betonen: Alle Fluggäste zahlen über ihr<br />
Ticket einen Beitrag dafür, dass barrierefreier <strong>Luftverkehr</strong> funktionieren kann. Dies ist eine<br />
solidarische Umverteilungsleistung. Lei<strong>der</strong> wissen wir <strong>der</strong>zeit noch nicht, in welchem Umfang<br />
sie in Anspruch genommen wird. Gerade dort, wo das Transatlantikgeschäft stattfindet, haben<br />
wir die Erfahrung gemacht, dass mehr Passagiere als an<strong>der</strong>norts von diesem Service Gebrauch<br />
machen.<br />
Hier stehen die Fluggesellschaften vor einem neuen Kapitel wie auch die Flughäfen, die<br />
erstmals in die Verantwortlichkeit mit einbezogen werden. Ob dies operativ schlau ist, bleibt<br />
dahin gestellt. Denn immer wo zwei Parteien erscheinen, kann es verschiedene Ansichten<br />
geben, zwischen denen mancher K<strong>und</strong>e hängen bleiben kann. Das Luftfahrtb<strong>und</strong>esamt wird<br />
jedenfalls schlichten, wenn Reklamationen eingehen. Die Behörde hat erste Erfahrungen in <strong>der</strong><br />
K<strong>und</strong>enbetreuung durch die Umsetzung <strong>der</strong> Fluggastrechte erworben. Sie gilt als unabhängige<br />
<strong>und</strong> kompetente Beschwerdestelle, die durch ihren Sachverstand genau prüfen kann, wie<br />
Sicherheit <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enrechte in Einklang gebracht wurden. Denn dies ist die einzig sachliche<br />
Hürde für Passagierrechte: die Sicherheit. Von ihr ist das Verkehrsmittel abhängig. Ohne<br />
Sicherheit kein Vertrauen <strong>und</strong> ohne Vertrauen keine K<strong>und</strong>en.<br />
Gleichwohl: Die Voraussetzungen für mehr Rechte behin<strong>der</strong>ter Menschen sind geschaffen, die<br />
Ausgestaltung wird zu beobachten sein. Meine sehr geehrten Damen <strong>und</strong> Herren, <strong>der</strong><br />
barrierefreie <strong>Luftverkehr</strong> kann starten. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> unterschiedlichen Einschränkungen, die bei<br />
9
einzelnen Personen vorliegen, sollten Fluggäste ihre Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse so früh wie<br />
möglich <strong>der</strong> Fluggesellschaft mitteilen, bei <strong>der</strong> sie buchen. Nur mit dem entsprechenden Vorlauf<br />
kann ihre Reise korrekt vorbereitet <strong>und</strong> durchgeführt werden. Wenn dies geschehen ist, sollte<br />
dem Erlebnis am Himmel nichts im Wege stehen. Und dafür wünscht <strong>der</strong> BDF einen guten Flug!<br />
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Johann Kreiter, Nationale Koordinationsstelle Tourismus Für Alle (Natko):<br />
"Barrieren, denen behin<strong>der</strong>te Menschen bei Flugreisen begegnen"<br />
Buchung eines Fluges<br />
Verschiedene Fluggesellschaften ermöglichen Flugbuchungen auch für behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
über das Internet. Allerdings darf sich <strong>der</strong> Reisende nicht darauf verlassen, dass <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Buchung angegebene Assistenzbedarf auch an die maßgeblichen Stellen weitergeleitet wird.<br />
Hier verlangen die Fluggesellschaften zusätzlich zur Buchung noch einen gebührenpflichtigen<br />
Anruf des K<strong>und</strong>en, um die erfor<strong>der</strong>liche Assistenz sicher zu stellen. Lei<strong>der</strong> enthalten die<br />
Buchungssysteme im Internet keine offensichtlichen Hinweise, dass eine zusätzliche<br />
fernmündliche Absprache erwartet wird. Wird <strong>der</strong> Anruf aber unterlassen, kann dies zu<br />
unangenehmen Situationen bei Antritt <strong>der</strong> Reise führen. Und das, obwohl <strong>der</strong> Fluggast nach<br />
seiner Buchung eigentlich bei seiner Onlinebuchung seinen Assistenzbedarf mitgeteilt hat.<br />
Ankunft am Flughafen<br />
In <strong>der</strong> Regel beginnt eine Flugreise mit <strong>der</strong> Ankunft am Flughafen. Für Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung beginnen an dieser Stelle auch meistens die Probleme. Oftmals ist die<br />
Ausschil<strong>der</strong>ung schlecht <strong>und</strong> elementare Dinge wie z. B. die Behin<strong>der</strong>tenparkplätze können nur<br />
mit Mühe gef<strong>und</strong>en werden. Häufig befinden sich auch keine Dauerparkplätze in <strong>der</strong> Nähe des<br />
Terminals mit <strong>der</strong> Folge, dass <strong>der</strong> Zugang für mobilitätseingeschränkte Reisende erheblich<br />
erschwert wird.<br />
Ein weiteres Problem stellt sich den Fahrdiensten für behin<strong>der</strong>te Menschen. Die<br />
Kurzzeitparkmöglichkeiten erlauben es zeitlich häufig nicht, den Fahrgast aus dem Fahrzeug<br />
heraus <strong>und</strong> in den Terminal zum Counter o<strong>der</strong> zum Treffpunkt mit einer Assistenzperson des<br />
Flughafens zu begleiten.<br />
Auch eine schlechte Anbindung des öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) legt bereits an<br />
den Anfang einer Flugreise unnötige Barrieren.<br />
Sind vom öffentlichen Verkehrsmittel zum Terminal eine o<strong>der</strong> mehrere Etagen zu überwinden,<br />
führen zu kleine Aufzüge, die von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, aber auch mit Gepäck- o<strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>wagen gleichermaßen genutzt werden, teilweise zu erheblichen Wartezeiten <strong>und</strong> damit<br />
zu Stresssituationen bei den Reisenden.<br />
Im Terminal<br />
Die Infrastruktur auf dem Flughafen muss eine vollständige Erreichbarkeit <strong>und</strong> Nutzbarkeit für<br />
alle Besucher bieten. Beim Bau o<strong>der</strong>. bei baulichen Verän<strong>der</strong>ungen sollten daher behin<strong>der</strong>te<br />
Menschen bzw. ihre Interessenverbände als Experten in eigener Sache einbezogen werden.<br />
Das trifft weiterhin auf die Bereitstellung von Informationen zu speziellen Service- <strong>und</strong><br />
11
Dienstleistungen zu . Als positives Beispiel kann hier <strong>der</strong> Flughafen München genannt werden,<br />
<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Fluggästen auf seiner Internetseite ein umfassendes Informationsangebot<br />
anbietet.<br />
Die Flughäfen müssen feste Treffpunkte für Passagiere <strong>und</strong> Assistenzpersonen des Flughafens<br />
einrichten um den Service in kürzest möglicher Zeit anbieten zu können. Denkbar sind hier<br />
Rufsäulen im Eingangsbereich, die auch über ein Blindenleitsystem erreicht werden können.<br />
Die Rufsäulen müssen von allen Menschen gleichermaßen nutzbar sein. Sie sollten unter<br />
an<strong>der</strong>em über taktile Informationen verfügen.<br />
Im Flughafen sind klare Wegbeschreibungen im Flughafen durch kontrastreiche<br />
Ausschil<strong>der</strong>ungen mit Piktogrammen <strong>und</strong> durch ein Blindenleitsystem erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Von zentraler Bedeutung ist die Lage <strong>der</strong> Toiletten für Rollstuhlfahrer. Diese müssen in<br />
ausreichen<strong>der</strong> Zahl vorhanden, ausgeschil<strong>der</strong>t <strong>und</strong> gut erreichbar sein. Sind sie aber wie im<br />
Terminal D am Flughafen Berlin Tegel unzureichend ausgeschil<strong>der</strong>t <strong>und</strong> zudem hinter einem<br />
Ticketverkaufsschalter vorborgen, liegt hier eine echte Barriere vor.<br />
Weiterhin müssen sich auch innerhalb <strong>der</strong> Gates Rollstuhltoiletten befinden. Liegen sie wie in<br />
Berlin-Tegel ausschließlich außerhalb des Sicherheitsbereiches, müssen Rollstuhlfahrer, die<br />
kurz vor dem Abflug noch einmal die Toilette aufsuchen wollen, zurück in die Abfertigungshalle<br />
<strong>und</strong> anschließend die Sicherheitskontrollen erneut durchlaufen.<br />
Teil <strong>der</strong> Infrastruktur sind auch die Counter. In den meisten Fällen sind die Counter für<br />
Rollstuhlfahrer o<strong>der</strong> aber für Menschen mit Kleinwuchs zu hoch, sie verschwinden regelrecht<br />
dahinter.<br />
Die Counter sollten daher so gestaltet sein, dass man einen guten Sichtkontakt hat. Die ideale<br />
Höhe liegt bei 85 cm.<br />
Am Flughafen München wurden Counter eingerichtet, an denen Rollstuhlfahrer beste<br />
Kommunikationsmöglichkeiten vorfinden. Zudem haben mobilitätseingeschränkte Menschen die<br />
Möglichkeit, sich an diesen Countern zu setzen.<br />
Ein zentrales Thema ist <strong>der</strong> Umgang <strong>und</strong> die Kommunikation mit behin<strong>der</strong>ten Menschen. Diese<br />
erleben häufig, dass Assistenzpersonen am Flughafen sie behandeln, als seien sie selbst nicht<br />
in <strong>der</strong> Lage, bestimmte Situationen richtig einschätzen zu können. Es entsteht hier immer<br />
wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eindruck, dass <strong>der</strong> Mitarbeiter am Flughafen besser über die einzelnen<br />
Mobilitätsbeeinträchtigungen Bescheid wissen, als die Betroffenen selbst. Dabei ist das<br />
Informationsmaterial, dass den Assistenzpersonen an die Hand gegeben wird, mehr als<br />
fragwürdig. Ein Beispiel ist <strong>der</strong> "Betreuungshinweis kranker Fluggast". Kranke Menschen liegen<br />
im Bett o<strong>der</strong> im Krankenhaus – aber sie fliegen nicht! Und wenn in diesem Hinweis noch von<br />
12
einer "Geisteskrankheit" die Rede ist, erinnert mich das an eine Zeit, an die ich besser nicht<br />
erinnert werden möchte. Es wäre daher besser, einen "Hinweis zum Umgang mit Menschen mit<br />
Mobilitätseinschränkungen" herauszugeben.<br />
Weiterhin spielt <strong>der</strong> Service <strong>der</strong> Mitarbeiter am Flughafen eine große Rolle. So habe ich z. B.<br />
auf dem Flughafen Stuttgart einen Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht, dass die<br />
Rollstuhltoilette stark verschmutzt ist <strong>und</strong> als Antwort erhalten: "Dafür bin ich nicht zuständig"<br />
So etwas darf nicht passieren. Gerade hier wäre ein umgehendes Handeln erfor<strong>der</strong>lich, denn<br />
<strong>der</strong> Rollstuhlfahrer ist an<strong>der</strong>s als alle an<strong>der</strong>en Personen, für die in <strong>der</strong> Regel mehr Toiletten<br />
bereit stehen, auf die Benutzung genau dieser Toilette angewiesen. Zwar hat je<strong>der</strong> Mitarbeiter<br />
am Flughafen seine bestimmte Funktion, das entbindet ihn aber nicht davon, eine<br />
Dienstleistung zu erbringen, auch wenn er für eine bestimmte Aufgabe nicht <strong>der</strong> geeignete<br />
Ansprechpartner ist. Er sollte in diesem Fall nicht auf seine fehlende Zuständigkeit verweisen,<br />
son<strong>der</strong>n den Kontakt zu einem zuständigen Mitarbeiter herstellen.<br />
Insgesamt muss das Bodenpersonal in regelmäßigen Abständen im Umgang mit behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen geschult werden.<br />
Sicherheitskontrollen<br />
Vor nicht allzu langer Zeit mussten Rollstuhlfahrer sich in Berlin in einen Flughafenrollstuhl<br />
umsetzen <strong>und</strong> diesen bis zum Einsteigen ins Flugzeug nutzen. Aufgr<strong>und</strong> von Beschwerden <strong>und</strong><br />
eines Rechtsstreites wurde diese Vorgehensweise inzwischen abgeschafft.<br />
Aber <strong>der</strong> Umgang mit mobilitätseingeschränkten Reisenden bei <strong>der</strong> Sicherheitskontrolle lässt<br />
nach wie vor zu wünschen übrig. So werden zur Kontrolle des Sitzkissens Passagiere häufig<br />
ohne vorherige An- <strong>und</strong> Absprache einfach hochgehoben. So darf mit Fluggästen nicht<br />
umgegangen werden! Selbst Beschwerden beim B<strong>und</strong>esministerium des Innern (BMI) haben zu<br />
keiner Än<strong>der</strong>ung geführt. Die Antworten des Ministeriums waren zudem für die Betroffenen<br />
mehr als unbefriedigend.<br />
Hier sind Schulungen dringend geboten.<br />
Ein-/ Aussteigen<br />
Insgesamt variieren die Verfahrensabläufe an den einzelnen Flughäfen im Hinblick darauf, ob<br />
Rollstuhlfahrer vor o<strong>der</strong> nach allen an<strong>der</strong>en Passagieren ein- o<strong>der</strong> aussteigen. Zu beachten ist,<br />
dass es für den mobilitätseingeschränkten Reisenden, nicht angenehm ist, wenn alle an<strong>der</strong>en<br />
Passagiere ihm beim Einsteigen <strong>und</strong> Übersetzen auf den Flugzeugsitz (in <strong>der</strong> Regel ein<br />
Fensterplatz) zuschauen.<br />
Genauso unerfreulich ist es, wenn die Assistenzkräfte, die Beim Aussteigen Unterstützung<br />
leisten sollen, erst so spät erscheinen, dass bereits <strong>der</strong> Bus mich den nächsten Passagieren<br />
von dem Flugzeug steht.<br />
13
Kaum jemand, <strong>der</strong> es nicht selbst erlebt hat, wird sich vorstellen können, welches Gefühl<br />
fehlen<strong>der</strong> Sicherheit jemanden überkommt, <strong>der</strong> auf einen Bordrollstuhl gesetzt <strong>und</strong> die Treppe<br />
zum Flugzeug hoch getragen wird. Diese Art <strong>der</strong> Beför<strong>der</strong>ung ist auch keinesfalls sicher. Es<br />
besteht nämlich die Gefahr, von dem Bordrollstuhl herunter zu fallen; das ist mir auch bereits<br />
passiert <strong>und</strong> ich habe mir eine stark blutende W<strong>und</strong>e am Knie zugezogen. In einem an<strong>der</strong>en<br />
Fall ist jemand, <strong>der</strong> mich die Treppen hinaufgetragen hat, ausgerutscht <strong>und</strong> hingefallen. Auch<br />
wenn er mich trotzdem halten konnte, ist es schlimm genug, eine solche Situation zu erleben.<br />
Hier muss daher dringend Abhilfe geschaffen werden. Dass die technischen Möglichkeiten<br />
durchaus vorhanden sind, beweisen am Flughafen Stuttgart <strong>der</strong> Einsatz eines Busses mit<br />
Hebebühne o<strong>der</strong> einer Treppenraupe, mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Rollstuhlfahrer ins Flugzeug gelangt. Diese<br />
Geräte vermitteln dem Nutzer ein Gefühl von Sicherheit.<br />
Im Flugzeug<br />
Gerade Rollstuhlfahrer o<strong>der</strong> Menschen mit versteiften Beinen benötigen auf den Sitzplätzen im<br />
Flugzeug ausreichend Beinfreiheit. Diese ist in <strong>der</strong> Regel nur in <strong>der</strong> ersten Reihe <strong>und</strong> an den<br />
Notausgängen gegeben. An den Notausgängen dürfen behin<strong>der</strong>te Menschen jedoch nicht<br />
platziert werden. Diese Plätze sollen mit Passagieren besetzt werden, die aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
körperlichen Konstitution im Notfall bei einer Evakuierung mithelfen können.<br />
Die Enge <strong>der</strong> übrigen Sitzreihen bereitet den meisten Passagieren Probleme <strong>und</strong> mach das<br />
Fliegen für einen Teil behin<strong>der</strong>ter Menschen nahezu unmöglich. Auch Unfälle sind lei<strong>der</strong> nicht<br />
ausgeschlossen. So musste ich von einem sehr großen Fluggast mit Querschnittslähmung<br />
erfahren, <strong>der</strong> sich beim Hineinzwängen in die Sitzreihe eine Bruch des Unterschenkelknochens<br />
zugezogen hat. Aufgr<strong>und</strong> seiner Querschnittslähmung wurde das Ausmaß <strong>der</strong> Verletzung erst<br />
Tage später am Urlaubsort erkannt.<br />
Die Fluggesellschaften sind aufgefor<strong>der</strong>t, sich Lösungen einfallen zu lassen, um die<br />
Sitzplatzsituation für behin<strong>der</strong>te Menschen zu verbessern.<br />
Beför<strong>der</strong>ung von Hilfsmitteln<br />
Die Beför<strong>der</strong>ung von Elektrorollstühlen ist trotz auslaufsicherer Batterien oft problematisch. Hier<br />
werden die Batterien teils abgeklemmt o<strong>der</strong> sogar ausgebaut – <strong>und</strong> das nicht immer<br />
fachmännisch. Hier müssen Schulungen über die einzelnen Hilfsmittel (einschließlich Batterien)<br />
erfolgen.<br />
Aber auch Transportschäden an Hilfsmitteln passieren immer wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> haben oftmals zur<br />
Folge, dass <strong>der</strong> Inhaber diese Hilfsmittel am Zielort nicht mehr benutzen kann. Es müssen<br />
daher auch regelmäßige Schulungen zum sicheren Verladen von Hilfsmitteln wie z. B.<br />
Rollstühlen durchgeführt werden.<br />
14
1. Referat<br />
Thomas Brandt – Country Saleo Manager – Delta Airlines<br />
Guten Tag, mein Name ist Thomas Brandt, ich bin <strong>der</strong> Verkaufsleiter für Delta Airlines in<br />
Deutschland <strong>und</strong> ich freue mich, dass wir heute bei <strong>der</strong> Konferenz dabei sein dürfen <strong>und</strong><br />
Erfahrungen mitteilen können, die wir speziell in den USA in <strong>der</strong> Handhabung von<br />
Dienstleistungen für Passagiere mit Behin<strong>der</strong>ungen gemacht haben.<br />
Die Lösungen, die wir in den USA gef<strong>und</strong>en haben, werden sicher zu einem großen Teil auch<br />
für einen großen Teil an<strong>der</strong>er Fluggesellschaften in den USA stellvertretend sein. Ich werde<br />
heute für den Vortrag Beispiele anbringen, welche Lösungen Delta gef<strong>und</strong>en hat <strong>und</strong> welche<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen wir sehen. Konkret möchte ich auf vier Bereiche eingehen:<br />
• die Marktgröße in den USA von Personen mit Behin<strong>der</strong>ungen,<br />
• die wirtschaftliche Bedeutung für Fluggesellschaften, auch für den touristischen Bereich<br />
generell,<br />
• wie wir konkret die operative Umsetzung geleistet haben o<strong>der</strong> im Prozess sind, zu<br />
leisten. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass wir alles perfekt machen, alles<br />
perfekt gelöst haben. Aber wir haben die Herausfor<strong>der</strong>ungen glaube ich sehr gut erkannt<br />
<strong>und</strong> arbeiten sehr aktiv daran.<br />
• Schließen möchte ich dann mit einigen Herausfor<strong>der</strong>ungen, die wir von unserer Airline-<br />
Seite sehen <strong>und</strong> auch mit einem Appell zur Harmonisierung von Regulierungen über<br />
Grenzen hinaus, idealerweise globale Lösungen.<br />
Zur Demographie<br />
Einer Quelle <strong>der</strong> Open Doors Organisation in den USA zufolge sind 17 % <strong>der</strong> US-Bevölkerung<br />
im Jahr 2020 Personen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />
Im letzten Jahr sind in den USA geschätzte 13 Millionen Personen mit Behin<strong>der</strong>ungen geflogen.<br />
Geschätzte 13 Millionen insofern, als es relativ wenig genaue Statistiken gibt. Ein großer Teil<br />
<strong>der</strong> Department of Transportation-Regulierung besteht darin, dass wir Reisende mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen nicht nach ihrer Behin<strong>der</strong>ung fragen. Und von daher sind die Schätzungen von<br />
Organisationen wie <strong>der</strong> Open-Doors Organisation <strong>und</strong> konkret in diesem Fall durchgeführt von<br />
Harris Interaktive Marktforschungsinstitut vorgenommen worden.<br />
Das Konferenzthema lautet ja „<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong>“, <strong>und</strong> die 13 Millionen<br />
mobilitätseingeschränkten Personen, die allein in den USA geflogen sind, haben dafür fast 3<br />
Milliarden US-Dollar ausgegeben. Insofern liegt hier auch eine wirtschaftliche Bedeutung.<br />
15
Das gesamte geschätzte Einkommen dieser Gruppe wird auf 200 Milliarden US-Dollar<br />
geschätzt. Die Personengruppe <strong>der</strong> Reisenden mit Behin<strong>der</strong>ung ist also nicht nur ein enormer<br />
Wirtschaftsfaktor, son<strong>der</strong>n ist in den USA inzwischen auch die größte Min<strong>der</strong>heitengruppe, die<br />
Einfluss nehmen kann <strong>und</strong> auch Einfluss nimmt, auf das Ges<strong>und</strong>heitssystem, Bildung,<br />
Zivilrechte, Menschenrechte, aber natürlich auch auf den Prozess <strong>der</strong> Reisen.<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise wie Airlines <strong>und</strong> konkret Delta Airlines dies umzusetzen versuchen, fassen<br />
wir unter „Universellem Design“ zusammen. Uns geht es dabei nicht um Ausnahmen für<br />
bestimmte Gruppen von Personen mit Behin<strong>der</strong>ungen, son<strong>der</strong>n um ein universelles Design von<br />
<strong>der</strong> Buchung, vom Flughafenzugang, vom Boarding beginnend – Herr Kreiter hat sehr<br />
anschaulich dargelegt, was da für Herausfor<strong>der</strong>ungen existieren – das wollen wir Ganzheitlich<br />
angehen, wir haben dazu auch entsprechende Zusammenarbeit mit den entsprechenden<br />
Gruppen, Flughäfen, Flugzeugherstellern, den Reisebüros <strong>und</strong> auch Technologieherstellern.<br />
Die Mehrheit <strong>der</strong> Reisenden wird auch zunehmend bis ins hohe Alter Mobilität nachfragen <strong>und</strong><br />
das stellt natürlich ganz neue Herausfor<strong>der</strong>ungen an Flughäfen <strong>und</strong> an Fluggesellschaften. Um<br />
das zahlenmäßig ein klein bischen darzustellen:<br />
Allein <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> über 65-jährigen <strong>der</strong> US-Bevölkerung wird bis zum Jahr 2020 auf 17 %<br />
steigen, im Jahr 2000 waren es etwa 10 %, d. h., wir haben in 20 Jahren eine Steigerung von<br />
35 % an Menschen über 65 Jahren in den USA.<br />
Was damit Hand in Hand geht, sind bestimmte Behin<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Einschränkungen, die über<br />
65-jährige überproportional mehr haben als die Gesamtheit <strong>der</strong> Bevölkerung. Ganz spezifisch<br />
sensorische Behin<strong>der</strong>ungen, Kreislauf-/Mobilitätsbehin<strong>der</strong>ungen, <strong>und</strong> muskelskelettale <strong>und</strong><br />
hautbedingte Behin<strong>der</strong>ungen, die überproportional ansteigen im höheren Alter. Auch da <strong>der</strong><br />
Hinweis noch mal:<br />
Die Erwartungen an Mobilität <strong>und</strong> Zugang zu Reisedienstleistungen bestehen bis ins hohe Alter.<br />
Von daher ist es sehr wichtig, dass wir uns auf diese Bevölkerungskreise einstellen <strong>und</strong> für alle<br />
Bevölkerungskreise sicherstellen, dass Zugang zu diesen Dienstleistungen ermöglicht ist.<br />
In den USA ist dies auch gesetzlich geregelt; die sogenannte DOT (Department of<br />
Transportation) 14 CFR 382 ist seit 1986, also seit inzwischen 22 Jahren in Kraft. Im Jahr 2000<br />
ist diese mit dem Air 21-Document weiterentwickelt worden, das seit diesem Zeitpunkt auch<br />
ausländische Fluggesellschaften, die die USA anfliegen, beachten müssen.<br />
Die Herausfor<strong>der</strong>ungen, die wir zurzeit generell sehen, sind unterschiedliche Regeln <strong>und</strong> Umsetzungen<br />
in verschiedenen Län<strong>der</strong>n. Das ist in unserem Fall sehr interessant, wenn wir Transatlantik<br />
fliegen: Wir haben Regulierungen in den USA nach den DOT 14 <strong>und</strong> wir haben die<br />
Abwicklung in Deutschland z. B. für Dienstleistungen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, die von<br />
den Flughäfen durchgeführt werden, während in den USA diese Dienstleistungen alleine <strong>der</strong><br />
Fluggesellschaft obliegen. Das eine muss nicht besser sein als das an<strong>der</strong>e, aber die<br />
Problempunkte sind damit vorgezeichnet.<br />
16
Ein Beispiel, das mir meine Kollegen mitgeteilt haben: In China ist es nicht erlaubt, den eigenen<br />
Rollstuhl des Passagiers nach <strong>der</strong> Landung ans Gate zu bringen. Das heißt: Die Personen, die<br />
ihren eigenen Rollstuhl direkt am Gate wie<strong>der</strong> benötigen, haben dadurch einen Nachteil, <strong>der</strong> in<br />
den USA durch die DOT-Regulierung <strong>der</strong> Nicht-Diskriminierung nicht vorkommen kann. Dort ist<br />
<strong>der</strong> Zugang des eigenen Rollstuhls bis zum Gate immer sichergestellt. Das heißt, wir haben in<br />
Staaten mit an<strong>der</strong>en Regelungen eine nicht konsistente Anwendung unserer<br />
Servicedienstleistungen.<br />
Die schärfere Einhaltung <strong>der</strong> Regeln geht Hand in Hand auch mit <strong>der</strong> Veröffentlichung von<br />
neuen DOT-Regelungen, die im Mai 2008 veröffentlicht wurden, <strong>und</strong> die ab 2009 weltweit gültig<br />
sein werden. Die Herausfor<strong>der</strong>ung, die wir damit im Moment ganz konkret sehen ist, dass das<br />
für alle Flüge, die unter US-Airline-Flugnummern durchgeführt werden, gilt. Betroffen sind auch<br />
sogenannte Codeshared-Flüge. Wenn Sie z. B. von Atlanta nach Berlin fliegen wollen, können<br />
Sie mit Maschinen <strong>der</strong> Delta von Atlanta nach New York <strong>und</strong> von New York nach Berlin fliegen.<br />
Sie können aber auch von Atlanta nach Paris fliegen <strong>und</strong> mit unserem Partner Air France weiter<br />
von Paris nach Berlin. O<strong>der</strong> Sie fliegen in die eine Richtung nur Delta <strong>und</strong> in die an<strong>der</strong>e<br />
Richtung mit einer Partner-Airline - <strong>und</strong> das alles unter einer Delta-Flugnummer. Das hat dann<br />
ganz an<strong>der</strong>e operative Herausfor<strong>der</strong>ungen, denen wir uns stellen müssen.<br />
Es besteht auch eine hohe Erwartungshaltung, dass diese Dienstleistungen verbindlich<br />
angeboten werden. Und wenn beispielsweise durch einen verspätet angelieferten Rollstuhl ein<br />
Passagier mit einer Behin<strong>der</strong>ung den Anschlussflug verpasst, während alle an<strong>der</strong>en Passagiere<br />
diesen Anschlussflug erreicht haben, dann hat das natürlich Diskriminierungsauswirkungen. Der<br />
Service ist also zuverlässig <strong>und</strong> auch selbstverständlich anzubieten, dass ist eine<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung, <strong>der</strong> wir uns stellen.<br />
Wir haben nicht allzu viel Zeit auf die Paragraphen im Einzelnen einzugehen. Ich möchte nur<br />
drei Hauptsachen herausgreifen, die in den DOT-Regelungen festgehalten werden:<br />
• Fluggesellschaften sind dafür verantwortlich, Reisenden mit bestimmten Behin<strong>der</strong>ungen<br />
Hilfe beim Einsteigen <strong>und</strong> Verlassen des Flugzeuges bereitzustellen. Bei<br />
Umsteigeverbindungen ist die bringende Fluggesellschaft für die Hilfe beim Umsteigen<br />
verantwortlich.<br />
• Fluggesellschaften müssen ebenen Zugang zum Flugzeug für jeden Passagier zur<br />
Verfügung stellen, <strong>der</strong> diese Hilfe anfragt.<br />
• Fluggesellschaften sind dazu verpflichtet, K<strong>und</strong>en mit einer Behin<strong>der</strong>ung Informationen<br />
zugänglich zu machen, die den K<strong>und</strong>en eine informierte Entscheidung über ihre<br />
Reisepläne erlauben.<br />
Es gibt keine US-Firma ohne ein Misson Statement. Das hat den Vorteil, dass verschiedenste<br />
Angestelltengruppen o<strong>der</strong> Teilhaber hinter einer Idee zusammen gebracht werden können. Es<br />
17
ist Deltas Ziel, die bevorzugte Fluggesellschaft für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zu sein. In <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>aussage werden wir uns da nicht sehr viel von an<strong>der</strong>en Fluggesellschaften<br />
unterscheiden. Es ist uns allerdings wichtig, dass wir für alle Passagiere Fliegen zu einem<br />
angenehmen Erlebnis machen können <strong>und</strong> dafür haben wir drei Kernpunkte aufgestellt:<br />
• „Operational Excellence“, d. h. wir investieren in Quellen, die Reisen universell<br />
zugänglich machen. Also keine Ausnahmen, son<strong>der</strong>n generelles Design o<strong>der</strong> Prozesse<br />
schaffen. Die Prozesse müssen dafür transparent sein <strong>und</strong> alle Anpassungen müssen<br />
wie selbstverständlich wirken.<br />
• Den „Second Mile Service“ – also über das Normale hinaus zu gehen, um den K<strong>und</strong>en<br />
zum wahren Delta-Fan zu machen. Es ist also mehr als eine universelle<br />
K<strong>und</strong>endienstaussage. Es geht darum, zu identifizieren, was <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e braucht <strong>und</strong><br />
seine Erwartungen jedes Mal ein wenig mehr zu übertreffen, damit <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e auch<br />
wie<strong>der</strong>kommt.<br />
• Und „Gefühlsmäßige Verbindungen“ aufzubauen. Im Geschäftsleben geht es um<br />
Beziehungen. Es geht hier um Vertrauen <strong>und</strong> Vertrauen ist unser Geschäft. Nämlich<br />
dass wir Passagiere sicher <strong>und</strong> zuverlässig beför<strong>der</strong>n.<br />
Wir bauen Beziehungen mit K<strong>und</strong>en auf, damit die K<strong>und</strong>en wissen, dass sie uns Vertrauen<br />
können in <strong>der</strong> Art wie wir unser Geschäft mit unseren Angestellten, unseren K<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
unseren Partnern durchführen. Wir entwickeln Beziehungen mit <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen – <strong>und</strong> zwar nicht nur, weil es das Richtige ist, son<strong>der</strong>n auch um die Wichtigkeit<br />
zwischen einseitiger <strong>und</strong> wechselseitiger Abhängigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit zu unterstreichen.<br />
Das ist oberstes Gebot, damit sich alle operativen Abteilungen wirklich diese Ziele zu <strong>Nutzen</strong><br />
machen <strong>und</strong> eine konstante Entwicklung <strong>und</strong> konstanten Service bieten können.<br />
Ich möchte jetzt kurz darauf eingehen, wie wir in bestimmten Bereichen diese DOT-Regelung<br />
umgesetzt haben.<br />
Ich zeige Ihnen hier einen Ausschnitt unserer Internetseite www.delta.com, auf <strong>der</strong> wir in einer<br />
eigenen Abteilung Informationen für Reisende mit Behin<strong>der</strong>ung über unsere Dienstleistungen<br />
zur Verfügung stellen. Man kann die DOT-Regelungen als PDF-Datei herunterladen <strong>und</strong> es<br />
werden sämtliche Dienstleistungen <strong>und</strong> Services sowie auch Prozesse <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
aufgeführt für verschiedenste Behin<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Bedürfnisse. Delta.com gibt es auch für<br />
K<strong>und</strong>en mit Sehbehin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> mit speziellen Schwächen im Kontrastsehen in einer textonly-Version,<br />
d. h., es muss nicht mit Bildchen sein <strong>und</strong> schönem Design, son<strong>der</strong>n es ist reiner<br />
Text <strong>und</strong> den gibt es auch in Auswahl von verschiedenen Farben, blau/weiß o<strong>der</strong> schwarz/weiß<br />
ist die Normalversion, es gibt auch gelb auf schwarz o<strong>der</strong> schwarz auf cremefarbenem<br />
Hintergr<strong>und</strong>, um verschiedene Kontraststärken anzubieten. Auch die Schriftgröße kann variiert<br />
werden.<br />
18
Ganz wichtig – auch das hatte mein Vorredner schon angesprochen – ist Training für die<br />
Mitarbeiter. Training einmal in den Produkten <strong>und</strong> in den Dienstleistungen <strong>und</strong> Prozessen, die<br />
wir anbieten, aber auch im Umgang mit Passagieren mit den unterschiedlichsten<br />
Beeinträchtigungen: Bewegungs- aber auch Seh-, Sprach- <strong>und</strong> Hörbehin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Autismus<br />
beispielsweise. In <strong>der</strong> Vorbereitung für die Konferenz habe ich mit unseren Kollegen<br />
gesprochen, die sich mehr mit diesem Thema in <strong>der</strong> USA beschäftigen <strong>und</strong> sie sagen mir, dass<br />
nur r<strong>und</strong> 20 % aller Behin<strong>der</strong>ungen unmittelbar sichtbar sind. Das ist natürlich eine<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung für unser Personal, entsprechend mit diesen K<strong>und</strong>en korrekt <strong>und</strong> respektvoll<br />
umzugehen <strong>und</strong> das heißt, wir legen sehr viel Wert im Training auf diesen Umgang. vorhin<br />
wurde angesprochen, <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e müsse sich melden <strong>und</strong> angeben, welche Behin<strong>der</strong>ung er hat<br />
– Das ist nicht unser Stil, wir möchten bei generell darauf Acht geben, womit wir dem Passagier<br />
heute helfen können. Dazu haben wir sogenannte CRO’s (Complaint Resolution Official)<br />
eingeführt. Es gibt weltweit 2000 dieser ausgebildeten Mitarbeiter, die sich speziell mit den<br />
Regulierungen <strong>und</strong> auch den Dienstleistungen, die wir für behin<strong>der</strong>te Reisende anbieten,<br />
auskennen <strong>und</strong> die sofort Lösungen vor Ort zur Verfügung stellen können. Es ist immer einer<br />
dieser ausgebildeten Mitarbeiter pro Station/Flughafen <strong>und</strong> pro Schicht verfügbar. Sie sind<br />
erkennbar – allerdings nicht so gut erkennbar, denn sie tragen nur Anstecker, die sie aber<br />
zumindest für Kollegen sofort sichtbar machen, <strong>und</strong> dann entsprechend professionelle<br />
Auskünfte geben o<strong>der</strong> Probleme beseitigen können.<br />
Zum regelmäßigen Training gehören auch „Quick Reference“-Karten für alle<br />
Flughafenmitarbeiter. Auch das ist eine Vorschrift des Department of Transportation. Die Karten<br />
enthalten die wichtigsten Regelungen <strong>und</strong> Services für jeden Flughafenmitarbeiter. Es sind<br />
insgesamt acht o<strong>der</strong> neun Informationen darauf, wo man in unserem System intern Zugang für<br />
bestimmte Informationen findet. Das hat je<strong>der</strong> Flughafenangestellte immer bei sich, so dass<br />
auch jemand <strong>der</strong> nicht unbedingt trainiert ist, für diese Prozesse auch sofort Zugang hat <strong>und</strong><br />
herausfinden kann, was zu tun ist.<br />
Hinzu kommen Aufklärungskampagnen, Poster mit dem Inhalt „Wie spreche ich einen<br />
Passagier an?“, das behandelt an<strong>der</strong>s als das Formblatt, das <strong>der</strong> Herr Kreiler von einem<br />
Flughafen gezeigt hat, dass eben auch die Sensibilisierung unserer Mitarbeiter vorangetrieben<br />
wird, die richtige Aussageform, das richtige Ansprechen <strong>und</strong> die richtige Wortwahl.<br />
Weiterhin haben wir intensive Kooperationen mit den Flugzeugherstellern, Flughäfen <strong>und</strong><br />
Technologieanbietern, sie haben das Beispiel von <strong>der</strong> Website Delta.com gesehen. Alles steht<br />
unter dem Oberbegriff „universelles Design“.<br />
Wichtig ist für uns, dass die Prozesse, die wir anbieten, keine Ausnahme für bestimmte<br />
Personen bilden, son<strong>der</strong>n eine generelle Zugänglichkeit für jeden Passagier, unabhängig von<br />
einer Behin<strong>der</strong>ung.<br />
19
An Bord sollen sein:<br />
• ebener Zugang zum Flugzeug als eine <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>voraussetzungen,<br />
• Stauraum für einen klappbaren Rollstuhl in Flugzeugen mit mehr als 100 Sitzen,<br />
• klappbare Armlehnen an 50 % aller Gangplätze <strong>und</strong> diese Plätze sind auch im Voraus<br />
buchbar.<br />
Man kann generell 365 Tage vorher Plätze reservieren. Speziell für Passagiere mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
sind bestimmte Sitzreihen mit mehr Beinfreiheit o<strong>der</strong> Bewegungsfreiheit im<br />
Voraus zu reservieren, was für Passagiere ohne Behin<strong>der</strong>ung nicht möglich ist. Es gibt<br />
also Möglichkeiten, Reservierungen zu steuern.<br />
Die Informationen stehen natürlich auch den Reisebüros zur Verfügung. Das heißt, <strong>der</strong><br />
K<strong>und</strong>e ist nicht unbedingt darauf angewiesen, zu uns zu kommen, um diese<br />
Dienstleistungen zu buchen. Das Reisebüro kann sich ebenfalls über die Website<br />
informieren <strong>und</strong> entsprechende Dienstleistungen für den K<strong>und</strong>en anfragen, z. B. die<br />
Platzreservierung.<br />
Bei allen Flugzeugen, die zwei Gänge haben, ist mindestens eine Toilette so ausgelegt,<br />
dass <strong>der</strong> Gang vor <strong>der</strong> Toilette komplett abgeblockt werden kann, um einfach den<br />
Aktionsradius zu vergrößern.<br />
Tragbare Sauerstoffbehälter für verschiedenste Anwendungen sind regelmäßig an Bord<br />
o<strong>der</strong> können auch vom Passagier mitgebracht werden. Defibrilatoren stehen ebenfalls zur<br />
Verfügung.<br />
Das Kabinenpersonal wird regelmäßig im Umgang mit behin<strong>der</strong>ten Menschen geschult.<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen, die wir vor allem für die nächsten Jahre sehen, richten sich ein bischen<br />
auch nach unserer eigenen Entwicklung.<br />
Vor drei Jahren hat Delta Airlines 20 % seines Umsatzes auf internationalen Strecken<br />
erwirtschaftet. Durch eine enorme internationale Expansion werden es im nächsten Jahr<br />
etwa 50 % sein.<br />
Das heißt, wir fliegen zu wesentlich mehr Destinationen in <strong>der</strong> Welt. Wir haben<br />
beispielsweise im letzten Jahr Flüge von den USA nach Ghana, Lagos <strong>und</strong> Nigeria<br />
angeboten, auch nach Jordanien <strong>und</strong> die Herausfor<strong>der</strong>ungen die wir sehen, sind einfach die<br />
unterschiedlichen Regulierungen.<br />
Im US-Markt das Department of Transportation hat klare Voraussagen geschaffen, an die<br />
wir uns als US-Airline halten müssen. Es gibt jetzt die neue EU-Regulierung, die sehr zu<br />
begrüßen ist, aber in <strong>der</strong> Handhabung an<strong>der</strong>e Schwerpunkte setzt <strong>und</strong> auch auf an<strong>der</strong>e<br />
Durchführungen setzt, z. B. in Europa sind die Flughäfen betraut mit den Dienstleistungen<br />
für Passagiere mit Behin<strong>der</strong>ungen. In den USA ist es die Airline.<br />
Das ist nicht gut o<strong>der</strong> schlecht, aber es passt inhaltlich nicht zusammen.<br />
20
Wir uns wünschen, dass man die auf einem globalen Level weiter eine Harmonierung <strong>der</strong><br />
unterschiedlichen Regulierungen erreicht, damit ein Passagier, <strong>der</strong> mit uns von Atlanta nach<br />
Shanghai fliegt, an beiden Orten den gleichen Service von uns bekommen kann <strong>und</strong> sich<br />
auch darauf verlassen kann, dass das so ist. Und auch beim nächsten Flug, wenn er nach<br />
Aman fliegt, diesen Service wie<strong>der</strong> zuverlässig erhalten kann.<br />
Das sehen wir als eine Herausfor<strong>der</strong>ung, da ist sicher noch einiges zu tun.<br />
Wir sehen den Zugang zu Flugreisen als ein Recht aller K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wollen es auch genau<br />
so angehen, dass wir den Aufwand treiben im Vorfeld, um universelles Design zu kreieren.<br />
Der K<strong>und</strong>e soll von dem Aufwand, den wir betreiben, möglichst gar nichts mitbekommen, es<br />
muss ein selbstverständliches, angenehmes <strong>und</strong> zufriedenstellendes sicheres Erlebnis sein.<br />
Und wir würden uns wünschen, dass die Zusammenarbeit auf allen politischen <strong>und</strong><br />
wirtschaftlichen Ebenen entlang <strong>der</strong> gesamten Reisekette intensiviert wird <strong>und</strong> auf einem<br />
globalen o<strong>der</strong> zumindest multinationalen Niveau stattfindet.<br />
21
<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong><br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Entwicklungen in den USA<br />
Markt<br />
DOT<br />
Operative Umsetzung<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
Thomas Brandt<br />
Country Sales Manager - Delta Air Lines<br />
Berlin<br />
29.5.2008<br />
2 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
22
Reisende mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
- Demographie<br />
Bis 2020: 17% <strong>der</strong> US-, 20% <strong>der</strong> Weltbevölkerung werden Person mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen sein<br />
Geschätzte 13 Millionen Person mit Behin<strong>der</strong>ungen haben 2007 Flugreisen in<br />
Anspruch genommen.<br />
US-Konsum: Personen mit Behin<strong>der</strong>ungen geben $2.9 Milliarden für Reisen aus.<br />
$200 Milliarden gesamt verfügbares Einkommen<br />
Durch das Wachstum <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ten, repräsentieren sie die<br />
grösste Min<strong>der</strong>heitengruppe in den USA die Än<strong>der</strong>ungen im<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem, <strong>der</strong> Bildung, den Zivilrechten <strong>und</strong> beim Reisen<br />
beeinflussen wird.<br />
Universelles Design:<br />
• Eine Mehrheit wird bis ins hohe Alter mobil sein<br />
• Höhere Erwartungen an Fluggesellschaften <strong>und</strong> Flughäfen<br />
• Alle relevanten Prozesse, Einrichtungen <strong>und</strong> Dienstleistungen auf die<br />
Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen einrichten.<br />
Quelle: Open Doors Organization/ HarrisInteractive (April 2005)<br />
3 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
Demographische Trends in den USA<br />
Jahr<br />
1900<br />
1950<br />
2000<br />
2020<br />
Wachstum<br />
<strong>der</strong> US<br />
Bevölkerung<br />
Gesamt<br />
75,995,000<br />
150,697,000<br />
268,266,000<br />
294,364,000<br />
*<br />
Über 65<br />
Jahre<br />
3,080,000<br />
12,269,000<br />
34,362,000<br />
52,067,000<br />
*<br />
(35%<br />
Wachstum<br />
seit 2000)<br />
*Statistics for 1900-2000 1900 2000 are based on US Census reports. 2020<br />
is an projection<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
4 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
0<br />
23<br />
All Ages 65+<br />
Source: National Center for Health Statistics<br />
Sensorisch<br />
Kreislauf/Mobilitaet<br />
Atemwege<br />
Muscoloskeletal &<br />
Haut<br />
An<strong>der</strong>e (z.B Diabetes)
DOT Regulation<br />
1. Heute<br />
• DOT 14 CFR 382 - Mandat seit 1986<br />
• 2000 – Air 21 document <strong>der</strong> US Regierung<br />
o DOT 14 CFR 382 trifft auch auf ausländische Fluggesellschaften zu<br />
2. Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
• Unterschiedliche Regeln <strong>und</strong> Umsetzungen in den verschiedenen Län<strong>der</strong>n<br />
• In den USA wickeln die Fluggesellschaften alle Dienstleistungen für Reisende<br />
mit Behin<strong>der</strong>ungen ab<br />
• In Deutschland wickeln die Flughäfen alle Serviceleistungen ab<br />
• China erlaubt keine eigenen Rollstühle am Gate<br />
• Schärfere Einhaltung <strong>der</strong> Regeln über nicht-diskriminierten Zugang<br />
• Potenzial für mehr K<strong>und</strong>enbeschwerden – z.B. verspäteter Rollstuhl bei einer<br />
Umsteigeverbindung<br />
3. In <strong>der</strong> Zukunft<br />
• Neue DOT Regeln am 13. Mai 2008 veröffentlicht – gültig ab 2009<br />
• Weltweite Gültigkeit für jede US Flugnummer (inklusive Codeshare)<br />
5 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
DOT 14 CFR 382<br />
14 CFR 382.21 – Fluggesellschaften sind für Bereitstellung bestimmter<br />
Zugangserleichterungen, wie klappbare Armlehnen, Stauraum für Rollstühle,<br />
verantwortlich.<br />
14 CFR 382.39 – Fluggesellschaften sind dafür verantwortlich Reisenden mit<br />
bestimmten Behin<strong>der</strong>ungen Hilfe beim Einsteigen <strong>und</strong> Verlassen des Flugzeugs<br />
bereitzustellen. Bei Umsteigeverbindungen ist die bringende Fluggesellschaft für<br />
Hilfe beim Umsteigen verantwortlich.<br />
14 CFR 382.40/40A – Fluggesellschaften müssen ebenen Zugang zum Flugzeug für<br />
jeden Passagier zur Verfügung stellen <strong>der</strong> diese Hilfe anfragt.<br />
14 CFR 382.41 – Fluggesellschaften müssen K<strong>und</strong>enrollstühle zügig <strong>und</strong> im gleichen<br />
Zustand wie bei <strong>der</strong> Abgabe wie<strong>der</strong> an den K<strong>und</strong>en zurückgeben<br />
14 CFR 382.45 – Fluggesellschaften sind dazu verpflichtet, K<strong>und</strong>en mit einer<br />
Behin<strong>der</strong>ung Informationen zugänglich zu machen, die den K<strong>und</strong>en eine<br />
informierte Entscheidung über Ihre Reisepläne erlauben.<br />
14 CFR 382.55 – Fluggesellschaften dürfen von K<strong>und</strong>en mit Behin<strong>der</strong>ungen keinen<br />
Haftungsausschluss für beschädigte Rollstühle o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Hilfen verlangen.<br />
6 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
24
Delta’s Ziel<br />
“Bevorzugte Flugesellschaft für Reisende mit Behin<strong>der</strong>ungen zu sein”<br />
ES IST DELTA’S ZIEL DAS FLIEGEN FÜR ALLE PASSAGIERE ZU EINEM ANGENEHMEN<br />
ERLEBNIS ZU MACHEN, DAHER BIETEN WIR:<br />
“Operational Operational Excellence” Excellence – Investitionen in Resourcen die Reisen nicht nur zugänglich,<br />
son<strong>der</strong>n universell zugänglich machen. Unsere Prozesse dafür müssen transparent sein <strong>und</strong><br />
alle Anpassungen müssen wie selbstverständlich wirken.<br />
“Second Second Mile Service” Service Mache was nötig ist um den K<strong>und</strong>en zum “wahren Delta Fan” zu<br />
machen! Identifiziere was <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e braucht <strong>und</strong> versuche seine Erwartungen jedes Mal um<br />
1% zu übertreffen, sodass <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zu Delta zurückkommt.<br />
Gefühlsm Gef hlsmässige ssige Verbindungen – Im Geschäftsleben geht es um Beziehungen, In<br />
Beziehungen geht es um Vertrauen, Vertrauen ist unser Geschäft. Wir bauen Beziehungen mit<br />
K<strong>und</strong>en auf, damit die K<strong>und</strong>en wissen, dass sie uns vertrauen können in <strong>der</strong> Art wie wir unser<br />
Geschäft mit unseren Angestellten, unseren K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unseren Partnern durchführen. Wir<br />
entwickeln Beziehungen mit <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ten, nicht nur weil es das Richtige ist,<br />
son<strong>der</strong>n auch um die Wichtigkeit <strong>der</strong> Balance zwischen einseitiger <strong>und</strong> wechselseitiger<br />
Abhängigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit zu unterstreichen.<br />
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29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
Operative Umsetzung<br />
Information / Buchung<br />
8 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
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Operative Umsetzung<br />
Information / Buchung<br />
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Operative Umsetzung<br />
Training / Flughafen<br />
1. Training im Umgang mit allen Formen von Behin<strong>der</strong>ungen<br />
• Bewegungsbehin<strong>der</strong>ungen, Sprach- <strong>und</strong> Gehörbehin<strong>der</strong>ungen,<br />
Sehbehin<strong>der</strong>ungen, Autismus<br />
• Nur 20% aller Behin<strong>der</strong>ungen sind sofort sichtbar<br />
• Vorbereitung auf den Umgang mit Behin<strong>der</strong>ungen aller Art.<br />
• “Womit können wir Ihnen heute behilflich sein”<br />
2. CRO – Complaint Resolution Official<br />
• 2,000 ausgebildete Mitarbeiter, immer mindestens 1 pro Station/Schicht<br />
• Regelmässige Trainings, Updates, Conference Calls<br />
3. “Quick Reference” Karten für alle Flughafenmitarbeiter<br />
4. Aufklärungskampanien, Poster<br />
5. Kooperation mit Flugzeugherstellern, Flughäfen, Technologieanbietern<br />
• Universelles Design<br />
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Operative Umsetzung<br />
An Bord<br />
1. Zugang – universelles Design<br />
• Ebener Zugang zum Flugzeug<br />
• Stauraum für einen klappbaren Rollstuhl auf allen Flugzeugen über 100<br />
Sitzplätzen.<br />
• Klassbare Armlehnen an 50% all Gangplätze. Im Vorraus buchbar.<br />
• Bulkhead Sitze im Vorraus buchbar für Passagiere mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
• Gang vor mindestens einer Toilette abtrennbar auf allen Flugzeugen mit<br />
2 Mittelgängen.<br />
1. Tragbare Sauerstoffbehälter.<br />
2. Defibrilatoren<br />
3. Regelmässiges Training <strong>der</strong> Flugbegleiter<br />
11 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
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Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
2005 20% Umsatz von internationalen Strecken<br />
2009 50% Umsatz von internationalen Strecken<br />
1. Unterschiedliche Standards <strong>und</strong> Regulierungen weltweit<br />
2. Harmonisierung<br />
3. Zugang zu Flugreisen ist sehen wir als ein Recht für alle K<strong>und</strong>en.<br />
4. Der K<strong>und</strong>e braucht den Aufwand nicht zu verstehen den wir treiben – er soll nur das<br />
Ergebnis sehen.<br />
5. Zusammenarbeit auf allen Ebenen, über politische <strong>und</strong> Wirtschaftsräume hinaus,<br />
entlang <strong>der</strong> gesamten Reisekette, ist nötig, um dieses Ziel zu erreichen.<br />
12 BARRIEREFREIER LUFTVERKEHR<br />
29. Mai 2008<br />
DELTA AIR LINES, INC.<br />
27
VIELEN DANK!<br />
FRAGEN?<br />
28
Referat Dr. Arnade<br />
Ich bin sehr froh, dass die Veranstaltung zustande gekommen ist. Wie Herr Kreiter bereits<br />
sagte, tritt die EU-Verordnung 1107/2006 im Sommer endgültig in Kraft, zum Teil gilt sie schon<br />
seit letztem Sommer 2007 <strong>und</strong> bisher – Frau Teller sagte, dass die Fluggesellschaften nicht<br />
einbezogen wurden – sind behin<strong>der</strong>te Menschen <strong>und</strong> ihre Verbände überhaupt nicht in die<br />
Umsetzung einbezogen worden. Ich hätte mir einen r<strong>und</strong>en Tisch mit allen Beteiligten<br />
gewünscht, wo man überlegt, was die Knackpunkte sind <strong>und</strong> wie kann man sie lösen. Und<br />
wenn von <strong>der</strong> heutigen Veranstaltung ein Impuls in diese Richtung ausgeht, denke ich, war es<br />
eine gute Veranstaltung <strong>und</strong> wir sind ein Stück weiter.<br />
Nun werde ich Ihnen erst einmal sagen, was Sie erwartet. Zunächst werde ich mich noch<br />
einmal vorstellen, dann etwas zum Umgang mit behin<strong>der</strong>ten Passagieren sagen, wobei ich<br />
versuchen werde, Doppelungen, von dem was Herr Kreiter schon sagte, zu vermeiden. Über<br />
technische <strong>und</strong> personelle Ausstattungen werde ich sprechen, weitere Problemfel<strong>der</strong><br />
ansprechen <strong>und</strong> ich werde auch auf die Perspektiven <strong>der</strong> EU-Verordnung eingehen.<br />
Zur Vorstellung:<br />
Ich arbeite als freie Journalistin, Mo<strong>der</strong>atorin <strong>und</strong> Projektmanagerin. Außerdem bin ich vom<br />
Deutschen Behin<strong>der</strong>tenrat benannt worden als Kontaktperson für die Umsetzung <strong>der</strong> EU-<br />
Flugverordnung 1107/2006. Und privat <strong>und</strong> beruflich bin ich Vielreisende <strong>und</strong> Vielfliegerin.<br />
Nun zu dem Teil „Umgang mit behin<strong>der</strong>ten Passagieren“:<br />
Hier habe ich ein Bild mitgebracht, ich werde dies jetzt audiodeskriptieren, um den Vortrag ein<br />
bisschen barrierefreier zu machen für diejenigen unter Ihnen, die nicht so gut sehen können:<br />
Dort ist eine Frau im Rollstuhl <strong>und</strong> eine an<strong>der</strong>e Betreuungsperson steht über ihr <strong>und</strong> guckt auf<br />
sie herab; die im Rollstuhl blickt zu ihr herauf. Sie lächeln sich zwar fre<strong>und</strong>lich an, aber so<br />
richtig ist es auch nicht. Sie ist zwar sicher ein willkommener Fluggast, was auch so sein sollte.<br />
Besser ist es, ein willkommener Fluggast mit speziellen Bedürfnissen zu sein <strong>und</strong> nicht als<br />
lästiger Problemfall gesehen zu werden. Allerdings von gleichberechtigter Kommunikation kann<br />
hier lei<strong>der</strong> keine Rede sein. Es ist keine Kommunikation auf gleicher Augenhöhe. Es ist eher<br />
eine Bevorm<strong>und</strong>ung, Entmündigung, im besten Falle eine gut gemeinte Fürsorge, aber eben<br />
keine Kommunikation auf einer Augenhöhe, wie es doch besser sein sollte.<br />
Nun, ich sollte ja über Erfahrungen sprechen. Ich werde nicht nur über meine Erfahrungen<br />
sprechen, son<strong>der</strong>n über diejenigen an<strong>der</strong>er Leute; was mir so alles zu Ohren gekommen ist.<br />
Erst einmal ein Beispiel zum Sicherheitscheck in angloamerikanischen Staaten (USA, Canada,<br />
Australien, Neuseeland). Das ist eine eigene Erfahrung: Als ich nach langer Zeit im<br />
europäischen Flugverkehr mal wie<strong>der</strong> auf den nordamerikanischen Kontinent flog <strong>und</strong> ausstieg<br />
29
<strong>und</strong> ein Sicherheitscheck gemacht wurde, sprach die Mitarbeiterin mich an <strong>und</strong> redete mit mir.<br />
Und ich dachte: „Was will sie?“. Und es lag nicht daran, dass sie englisch sprach, aber ich war<br />
es nicht gewöhnt, dass mit mir gesprochen wird. Ich war fast richtig erschrocken; „Huch, da<br />
redet jemand mit mir!“. Sie hat also einfach gesagt, was sie jetzt vor hat. Sie hat erklärt, sie<br />
müsse einen Sicherheitscheck machen. Sie hat gefragt: „Tut es Ihnen irgendwo weh? Muss ich<br />
etwas beson<strong>der</strong>es beachten? Wie ist das bei Ihnen?“ Es war ein w<strong>und</strong>erbarer, eigentlich ganz<br />
normaler Umgang <strong>und</strong> so etwas war ich von deutschen o<strong>der</strong> europäischen Sicherheitschecks<br />
nicht gewohnt. Hier wird man meistens eher wie ein Gepäckstück behandelt. Bei deutschen<br />
Hilfsdiensten wird geschoben statt gesprochen. Ich versuche immer alle Antennen auszufahren,<br />
wann nähert sich die Person, die dann meinen Rollstuhl greift (ich sitze ja drin) <strong>und</strong> mich<br />
irgendwo hinschiebt <strong>und</strong> dann muss ich erstmal sagen: „Stopp, reden Sie mit mir!“. Und das ist<br />
eben lei<strong>der</strong> nicht selbstverständlich o<strong>der</strong> eher die Ausnahme.<br />
Ich war vorgestern in Brüssel <strong>und</strong> da ist es mir beim Sicherheitscheck so ergangen:<br />
Es kam eine Begleitperson vom Flughafen, die mich dann zum Flugzeug bringen wollte. Wir<br />
gingen durch den Sicherheitscheck <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter vom Sicherheitscheck fragte diese<br />
Begleitperson: „Kann sie aufstehen?“! Eine vollkommen bescheuerte Frage, ich habe auch<br />
entsprechend unwirsch reagiert: „Wieso fragen Sie den? Wie soll er es denn wissen? Fragen<br />
Sie mich doch! Wenn jemand über mich Bescheid weiß, dann bin ich das selber!“. Er hat dann<br />
sofort eingelenkt, ich habe mich auch entschuldigt für meinen Ton, aber das ist eigentlich das<br />
normale, die Begleitperson wird gefragt, statt dass man die Menschen selber fragt.<br />
Ein an<strong>der</strong>es Beispiel hier vom Hilfsdienst in Schönefeld. Wir waren kürzlich in Spanien, sind mit<br />
EasyJet geflogen. Auf dem Hinflug konnte ich vom Gate die 50 m zum Flugzeug rollen, auf dem<br />
Rückflug wurde ich aus dem Flugzeug über die Treppe rausgetragen <strong>und</strong> dann sollte ich in ein<br />
Auto gesetzt werden. Das Flughafengebäude war aber wie<strong>der</strong> nur 50 m entfernt. Alle an<strong>der</strong>en<br />
Passagiere sind den Weg gelaufen <strong>und</strong> ich habe gesagt, die 50 m könne ich auch rollen, dazu<br />
brauchen wir jetzt kein Auto.<br />
„Nein, dass muss jetzt mit Auto sein.“<br />
„Aber warum?“<br />
„Ja, die Sicherheit….“<br />
„Aber auf dem Hinflug vor 4 Tagen ging es doch auch an<strong>der</strong>s!“<br />
„Das war <strong>der</strong> Hinflug, dies ist <strong>der</strong> Rückflug!“<br />
„Die Sicherheitsbestimmungen möchte ich sehen!“<br />
Die konnte er mir nun auch nicht zeigen. Schließlich stellte sich heraus, dass die Fußgänger,<br />
die die 50 m gegangen waren, im Flughafengebäude noch Treppen überwinden mussten, um<br />
zur Gepäckausgabestelle zu kommen. Um das zu vermeiden, wurde ich also direkt mit dem<br />
Auto zur Gepäckausgabestelle gefahren. Nur das hätte man mir auch sagen können.<br />
30
Zur technischen <strong>und</strong> personellen Ausstattung:<br />
Hier habe ich ein Bild von einem Menschen, <strong>der</strong> nicht so gut zu Fuß ist <strong>und</strong> <strong>der</strong> bei einer<br />
Außenposition des Flugzeuges versucht, die Treppe des Flugzeuges herunter zu steigen. Die<br />
Problemfel<strong>der</strong> sind eben: Wie werden Höhendifferenzen beim Einsteigen überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> gibt<br />
es einen Boardrollstuhl? Und die personelle Ausstattung <strong>der</strong> Hilfsdienste an den Flughäfen ist<br />
ein weiteres Problem.<br />
Zu den Erfahrungen mit <strong>der</strong> Ausstattung:<br />
Ein Bordrollstuhl am Boden, damit Rollstuhlfahrer ins Flugzeug hereingebracht werden können,<br />
ist auf den Flughäfen in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik eigentlich immer vorhanden ist. Im Ausland ist das<br />
nicht immer <strong>der</strong> Fall. Da besteht erstmal ein großes Problem: „Oh Gott! Wie kriegen wir sie<br />
denn jetzt hier raus o<strong>der</strong> rein?“ <strong>und</strong> es müssen dann Bordrollstühle aus den Maschinen<br />
genommen werden. Das ist eigentlich ein Plus für Deutschland, dass das hier ganz gut<br />
funktioniert.<br />
Dann aber <strong>der</strong> Bordrollstuhl in <strong>der</strong> Luft. Auf Kurzstreckenflügen gibt es keinen <strong>und</strong> auf<br />
Mittelstrecken gibt es eher selten einen. Und die Lufthansa hat auch auf eine Anfrage eines<br />
betroffenen Menschen reagiert <strong>und</strong> gesagt, das sei nicht vorgesehen <strong>und</strong> das müsse auch nicht<br />
sein. Auf Langstreckenflügen ist normalerweise einer vorgesehen, <strong>der</strong> dann aber auch nicht<br />
immer da ist. O<strong>der</strong> wenn er da ist, weiß niemand, wo er ist <strong>und</strong> wenn man ihn gef<strong>und</strong>en hat,<br />
weiß niemand wie man ihn auseinan<strong>der</strong>klappt, damit man ihn auch benutzen kann.<br />
Zur Überwindung <strong>der</strong> Höhendifferenz hat <strong>der</strong> Hans Kreiter schon was gesagt. Mir ist<br />
aufgefallen, dass man an den großen Flughäfen wie Düsseldorf, Frankfurt o<strong>der</strong> Berlin immer<br />
noch von Hand getragen wird, während es an kleinen Flughäfen wie Treviso/ Venedig o<strong>der</strong><br />
Adelaide ganz selbstverständlich ist, dass Hubwagen eingesetzt werden, um diese<br />
Höhendifferenzen zu überwinden, wenn die Maschinen in einer Außenposition stehen.<br />
Die personelle Ausstattung ist überall ein Problem. In Deutschland sind zwar Hilfsdienste<br />
vorgesehen, die sind aber meist unterbesetzt. Im Ausland gibt es manchmal gar keine<br />
Hilfsdienste.<br />
Weitere Problemfel<strong>der</strong>:<br />
Hier habe ich ein Bild, auf dem jemand ein Schild auf dem Rücken trägt mit <strong>der</strong> Aufschrift: „Ich<br />
will doch nur fliegen“. Ein Problemfeld ist <strong>der</strong> Zwang zu medizinischen Informationen. Was<br />
immer noch abgefragt wird, das ist, dass einem bei <strong>der</strong> Buchung gesagt wird: „Sie müssen aber<br />
Ihrem behandelnden Arzt von <strong>der</strong> Schweigepflicht entbinden <strong>und</strong> ein Formblatt ausfüllen, ob Sie<br />
überhaupt flugtauglich sind“. Das ist mit <strong>der</strong> neuen EU-Verordnung nicht mehr zulässig. Es war<br />
auch schon vorher nicht wirklich zulässig. Es wird immer wie<strong>der</strong> versucht <strong>und</strong> es ist wichtig, sich<br />
dagegen zu wehren <strong>und</strong> sich das nicht gefallen zu lassen. Es darf auch niemanden<br />
31
interessieren, was man hat. Mir ist das öfter so gegangen, dass ich dann gefragt werde beim<br />
Einchecken: „Ja was haben Sie denn?“. Und ich sage: „Ich kann nicht laufen!“. „Ja, aber warum<br />
nicht?“. Und das geht niemanden etwas an, warum ich nicht laufen kann. Es reicht: ich kann<br />
nicht laufen <strong>und</strong> ich brauche die <strong>und</strong> die Hilfestellung.<br />
Ein weiteres Problem ist <strong>der</strong> Zwang zur Benutzung eines Flughafenrollstuhls anstelle des<br />
eigenen.<br />
Zur Flugverweigerung werde ich gleich noch etwas sagen. Ebenso <strong>der</strong> Zwang, eine volljährige<br />
Begleitperson mitzunehmen sowie zum Thema Begleith<strong>und</strong> <strong>und</strong> zu <strong>der</strong> Toilettensituation.<br />
Flugverweigerung:<br />
Die letztendliche Entscheidung, ob jemand mit Behin<strong>der</strong>ung mitfliegen darf o<strong>der</strong> nicht, trifft <strong>der</strong><br />
Flugkapitän o<strong>der</strong> die Flugkapitänin <strong>und</strong> das ist ein Schwachpunkt, wenn die keine Ahnung<br />
haben <strong>und</strong> den Flug verweigern. Es passiert manchmal, dass gesagt wird: „Mehr als 2 o<strong>der</strong> 3<br />
behin<strong>der</strong>te Passagiere nehmen wir nicht mit“. Und da wäre es auch wichtig, dass die<br />
Flugkapitäne geschult werden. Eben diese Pilotenentscheidung Selbst nach <strong>der</strong> EU-<br />
Verordnung, die ja in weiten Teilen ganz gut ist, besteht weiterhin das Problem, dass Flüge<br />
nach <strong>der</strong> Ausnahmeregelung in Artikel 4 verweigert werden dürfen, wenn die<br />
Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen nach nationalem Recht entsprechendes vorgeben. Wenn im<br />
nationalen Recht Probleme gesehen werden, behin<strong>der</strong>te Menschen zu transportieren, dann<br />
dürfen Flüge verweigert werden. Und hier wären eben auch durchaus zu prüfen, ob: die<br />
einzelnen nationalen Rechtssysteme überhaupt noch dem Geist <strong>der</strong> Flugverordnung o<strong>der</strong> auch<br />
dem Geist <strong>der</strong> UN-Konvention entsprechen? Ansonsten müsste die nationale Gesetzgebung<br />
angepasst werden.<br />
Zwang zur Begleitperson:<br />
Auch das ist eine Ausnahmeregelung in <strong>der</strong> EU-VO, dass behin<strong>der</strong>te Menschen gezwungen<br />
werden können, eine Begleitperson mitzunehmen. Es passiert hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>, dass eine<br />
Buchung verweigert wird, wenn ein behin<strong>der</strong>ter Mensch alleine fliegen möchte - ohne<br />
Begleitperson. Einer Frau, die beruflich öfter nach Asien fliegen muss, ist es passiert, dass sie<br />
zwar hingekommen ist, aber auf dem Rückflug nicht mehr mitgenommen wurde, weil sie ohne<br />
Begleitperson unterwegs war. Um eine Begleitperson mitzunehmen, müsste sie den doppelten<br />
Flugpreis zahlen, was eben auch finanziell nicht leistbar ist. Die Dame war nach Indien<br />
hingekommen, hatte dort eine Weile gearbeitet. Als sie dann zurück wollte, hat Cathay Airways<br />
sich geweigert, sie wie<strong>der</strong> mit zurück zu nehmen. Bei teuren innerdeutschen Flügen ist die<br />
Begleitperson umsonst, also bei einem regulären Flug mit Lufthansa hat man die Begleitperson<br />
umsonst. Die Billigflieger sind natürlich preiswerter, auch zwei Flüge mit einem Billigflieger sind<br />
preiswerter als ein teurer Lufthansaflug, insofern hilft das dann auch nicht viel, dass man da die<br />
Begleitperson umsonst mitnehmen kann.<br />
32
Bei kanadischen Fluggesellschaften ist die Begleitperson seit 2008 kostenlos, natürlich nur,<br />
wenn sie nötig ist, also nicht je<strong>der</strong> kann da mit einer kostenlosen Begleitperson fliegen. Aber<br />
wenn es eben behin<strong>der</strong>ungsbedingt notwendig ist, ist bei kanadischen Fluggesellschaften die<br />
Begleitperson umsonst <strong>und</strong> daran sollten sich deutsche Fluglinien ein Beispiel nehmen.<br />
Ein an<strong>der</strong>es Problemfeld: die Begleith<strong>und</strong>e blin<strong>der</strong> <strong>und</strong> sehbehin<strong>der</strong>ter Menschen, aber auch<br />
mancher Rollstuhlfahrer(innen). Hier stellt sich die Frage, ob für den H<strong>und</strong> extra Kosten anfallen<br />
<strong>und</strong> ob <strong>der</strong> H<strong>und</strong> mit in die Kabine darf. In den angloamerikanischen Staaten dürfen<br />
Begleith<strong>und</strong>e mit in die Kabine <strong>und</strong> sie kosten auch nichts. Bei an<strong>der</strong>en Fluggesellschaften ist<br />
das aber oft ein Problem. Man sollte es vorher abklären, manchmal funktioniert es, manchmal<br />
nicht. Mit viel Kampfgeist kann man einiges erreichen.<br />
Toilette – ein großes Problem:<br />
Hans Kreiter sagte eben schon, dass die Toiletten im Abfertigungsbereich des Flughafens sind<br />
<strong>und</strong> nicht innerhalb des Sicherheitsbereiches. Das ist ein Problem, ich werde jetzt über weitere<br />
sprechen.<br />
Ich habe hier ein Bild, wo es so aussieht, als sei die Rollstuhltoilette nur über eine Treppe zu<br />
erreichen. Aber das wäre noch ein leichtes Problem im Vergleich zu dem, was rollstuhlfahrende<br />
Menschen im Flugzeug erwartet. Ein Kollege von mir hat Ende 2007 recherchiert, dass von den<br />
600 Maschinen <strong>der</strong> acht führenden deutschen Fluglinien keine einzige über eine<br />
Rollstuhltoilette verfügt.<br />
Delta Airlines – das letzte Mal bin ich mit Delta Airlines im Sommer 2006 geflogen - <strong>und</strong> es war<br />
keine Rollitoilette vorhanden. Sie, Herr Brandt, sagten eben, die Gänge seien abtrennbar. Ich<br />
bin insgesamt 6x mit Delta Airlines geflogen in den letzten Jahren, das wusste kein(e) einzige(r)<br />
<strong>der</strong> Flugbegleiter(innen). Also es war jedes Mal wie in jedem an<strong>der</strong>en Flugzeug auch: acht<br />
St<strong>und</strong>en Flug von Berlin nach New York <strong>und</strong> nur die kleine enge Toilettenkabine. Eine St<strong>und</strong>e<br />
vor Abflug kann man das letzte Mal zur Toilette gehen, dann muss man in den<br />
Sicherheitsbereich. Dann acht St<strong>und</strong>en Flug <strong>und</strong> anschließend warten, bis alle an<strong>der</strong>en<br />
Passagiere das Flugzeug verlassen haben, man selbst herausgeholt wird <strong>und</strong> anschließend<br />
sein Gepäck abgeholt hat. Erst dann kommt man irgendwie mal wie<strong>der</strong> zu einer<br />
Rollstuhltoilette. Also 10 St<strong>und</strong>en ohne Toilette, das ist nicht wirklich lustig.<br />
Bei Quantas wurde die Geschichte mit einem Vorhang geregelt <strong>und</strong> ich habe das Gefühl –<br />
wenn ich das richtig verstanden habe – sollte das bei Delta Airlines auch so sein. Erstmal war<br />
ich ja froh, als ich das hörte, denn ein Flug nach Australien ist ja noch länger als ein Flug nach<br />
New York. Das Problem ist nur, man hat nicht wirklich eine Privatsphäre. Irgendwelche<br />
hilfreichen Stewardessen kommen dann doch mal des Weges, lüften den Vorhang <strong>und</strong> fragen,<br />
ob sie nicht helfen können. O<strong>der</strong> ein Passagier kommt zufällig vorbei, streift den Vorhang <strong>und</strong><br />
dann steht man auch schon wie<strong>der</strong> im Freien. Bei Canada Air konnte man zwei Kabinen zu<br />
einer zusammenschließen, das war schon mal gut, man hatte einen geschlossenen Raum, <strong>der</strong><br />
33
nicht wirklich rolligerecht war, aber immerhin……. Das Problem war, man musste jedes Mal<br />
jemandem Bescheid sagen, dann mussten erstmal die Toiletten gesperrt werden, die an<strong>der</strong>en<br />
Passagiere verdrängt werden, dann einige Umräumarbeiten, aber dann war es eben möglich.<br />
Eine Maschine des gleichen Typs wurde bei Emirates eingesetzt, allerdings weigerten sich da<br />
die Flugbegleiter, diesen Zusammenschluss zu machen <strong>und</strong> ich hatte lei<strong>der</strong> kein<br />
entsprechendes Werkzeug mit, um es selbst zu bewerkstelligen <strong>und</strong> würde das beim nächsten<br />
mal dann besser einpacken. Das waren die Toiletten zum Ersten.<br />
Die Toiletten zum Zweiten:<br />
Zunächst ein Positivbeispiel: Singapore Airlines. Als wir das letzte Mal nach Australien flogen<br />
mit Singapore Airlines, haben wir durch Zufall entdeckt, dass da eine größere Rollstuhltoilette<br />
war, in die ich sogar mit Boardrollstuhl reinpasste <strong>und</strong> die sogar noch zu schließen war. Also<br />
ganz hervorragend. Das Problem war, keiner wusste was davon. Also we<strong>der</strong> beim Einchecken,<br />
noch die Flugbegleiter wussten es vorher. Wir haben dann erreicht, dass wir die Plätze<br />
tauschen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Nähe sitzen konnten. Das waren eigentlich die Toiletten für die Business-<br />
Class, die wir aber mitbenutzen durften. Das heißt vielleicht nicht, dass das bei allen Maschinen<br />
von Singapore Airlines so ist, aber auf meinem Flug von Frankfurt nach Singapur, 12 St<strong>und</strong>en +<br />
2, also 14 St<strong>und</strong>en. Und man soll ja auch bei Flügen viel trinken, um <strong>der</strong> Thrombosegefahr<br />
vorzubeugen, insofern war das schon sehr hilfreich. Das Problem: vorher rein, hinterher raus –<br />
hatte ich eben schon angesprochen <strong>und</strong> auch das Drama, dass sich die Rollstuhltoiletten nur<br />
außerhalb des Sicherheitsbereiches befinden.<br />
Toiletten zum Dritten:<br />
Die UN hat das Jahr 2008 zum internationalen Jahr <strong>der</strong> sanitären Anlagen erklärt. Nicht mit<br />
Blick auf behin<strong>der</strong>te Flugpassagiere – aber ich denke, wir könnten uns diese Tatsache sicher<br />
auch zu <strong>Nutzen</strong> machen, eben in diesem Jahr dafür zu plädieren, dass mehr barrierefreie<br />
Toiletten in Flugzeugen angeboten werden. Denn in den Schriften zum internationalen Jahr <strong>der</strong><br />
sanitären Anlagen heißt es auch: „Der Zugang zu Toiletten ist ein elementares<br />
Menschenrecht!“. Das gilt eben auch für behin<strong>der</strong>te Menschen <strong>und</strong> auch in Flugzeugen.<br />
Toiletten zum Vierten:<br />
Da es nun ein leidiges Thema ist <strong>und</strong> auch oft angesprochen, nichts hat sich geän<strong>der</strong>t. Frau<br />
Teller sagte vorhin, es habe sich im Flugverkehr so viel geän<strong>der</strong>t. In dieser Frage hat sich<br />
überhaupt nichts geän<strong>der</strong>t, obwohl das Problem ja nicht neu ist. Aber ich habe nun einen<br />
Vorschlag zu einer Win-Win-Situation, dass wirklich alle Beteiligten damit zu frieden sein<br />
können: Nämlich in Zukunft alle Flugzeuge ohne Toiletten zu bauen. Ich denke allen<br />
Bedürfnissen könnte damit gedient werden, denn das hat nur Vorteile: Es wäre mehr Platz in<br />
den Flugzeugen, es können mehr Passagiere untergebracht werden, die Fluggesellschaften<br />
profitieren davon, sie sparen auch die Reinigungskosten. Für die Betroffenen hat es den Vorteil,<br />
34
dass sie endlich gleich gestellt werden mit allen an<strong>der</strong>en Passagieren <strong>und</strong> nicht mehr<br />
diskriminiert werden. Und für die Nicht-Behin<strong>der</strong>ten hat es den Vorteil, dass sie die Möglichkeit<br />
haben, ganz neue Erfahrungen zu machen, was sie sich bisher noch nicht vorstellen konnten.<br />
Und beim Einchecken gibt es dann Pampers für alle, wahlweise wie auf dem Bild mit Bärchen,<br />
Häschen o<strong>der</strong> ähnlichem. Ich denke dieser Vorschlag ist doch wirklich überlegenswert. Es<br />
würde zu mehr Gerechtigkeit beitragen.<br />
Nun zum letzten Punkt – den Perspektiven mit <strong>der</strong> EU-Verordnung 1107/2006:<br />
Es gibt in dieser EU-VO Verpflichtungen für die Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> es gibt Verpflichtungen für<br />
die Flughäfen <strong>und</strong> für die Fluggesellschaften. Die Verpflichtungen für Deutschland bestehen<br />
darin, eine Umsetzungsstelle zu benennen – das wird das Luftfahrtsb<strong>und</strong>esamt sein –<br />
Sanktionen festzulegen <strong>und</strong> die Betroffenen über ihre Rechte <strong>und</strong> ihre<br />
Beschwerdemöglichkeiten zu informieren. Damit sieht es im Moment nicht so gut aus, da<br />
scheint das Verkehrsministerium nicht so gewillt zu sein. Mir wurde gesagt, dass auf <strong>der</strong><br />
Website des Luftfahrtb<strong>und</strong>esamtes eine Information sein soll. Ich denke, das ist nicht im Sinne<br />
<strong>der</strong> EU-VO, es müsste schon ein bisschen mehr an Information gemacht werden.<br />
Die Verpflichtungen für die Flughäfen <strong>und</strong> Fluggesellschaften:<br />
Die Flughäfen müssen Ankunfts- <strong>und</strong> Abfahrtsorte bestimmen, zu denen behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
hinkommen können, von denen aus sie begleitet werden o<strong>der</strong> wo sie nach einem Flug wie<strong>der</strong><br />
hingebracht werden! Die Flughäfen sollen Qualitätsstandards festlegen <strong>und</strong> die Beschäftigten<br />
müssen geschult werden. Und dieses alles soll lt. EU-Verordnung in Zusammenarbeit mit den<br />
Betroffenenverbänden geschehen. Lei<strong>der</strong> geschieht dies aber nicht o<strong>der</strong> nur selten.<br />
Und ein großes Problem <strong>der</strong> unterschiedlichen Handhabung ist auch diese Geschichte mit den<br />
Schulungen. Es gibt Flughäfen, die verteilen zur Schulung ein DIN A4-Blatt während es in<br />
an<strong>der</strong>en Staaten – ich glaube in Frankreich <strong>und</strong> in Spanien – 5-Tages-Schulungen gibt. Also<br />
das ist doch ein ganz erheblicher Unterschied! Es müssten gleiche Standards dafür festgelegt<br />
werden <strong>und</strong> ich plädiere dafür, erst einmal ein Curriculum zu entwickeln:<br />
• wer soll geschult werden?<br />
• wer muss wie intensiv geschult werden?<br />
• welche Qualifikationen sollten die Trainer(innen) haben?<br />
• was sollte Schulungsinhalt sein?<br />
Solch ein Curriculum muss mit allen Beteiligten entwickelt, dann getestet <strong>und</strong> ggf. überarbeitet<br />
werden, bevor es dann flächendeckend eingesetzt wird. Nicht, dass je<strong>der</strong> kleine Flughafen<br />
irgendwie vor sich hin wurschtelt <strong>und</strong> es keine gleichen Standards gibt. Und wenn das nicht auf<br />
EU-Ebene machbar ist, sollte man es wenigstens in Deutschland umsetzen.<br />
Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit, wünsche Ihnen einen guten Flug <strong>und</strong> schönen Urlaub.<br />
35
Christophe Dussart, Europäische Kommission:<br />
Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 5. Juli<br />
2006 über die Rechte von behin<strong>der</strong>ten Flugreisenden <strong>und</strong> Flugreisenden mit<br />
eingeschränkter Mobilität<br />
(aus dem Englischen frei ins Deutsche übersetzt)<br />
Zunächst einmal möchte ich mich bei Frau Evers-Meyer für das herzliche Willkommen auf<br />
dieser Veranstaltung bedanken.<br />
Nachdem die Zeit bereits weit voran geschritten ist, möchte ich mich mit meinem Vortrag<br />
möglichst kurz fassen – ich stehe Ihnen im Anschluss aber gerne für Fragen zur Verfügung.<br />
Ich möchte insbeson<strong>der</strong>e die problematischen Punkte, die die Kommission beschäftigen <strong>und</strong><br />
die sicher auch für Sie von Interesse sind, ansprechen.<br />
Wie Ihnen sicher bekannt ist, wurde die Verordnung 1107/2006 am 5. Juli 2006 verabschiedet.<br />
Die Verordnung basiert auf vier Prinzipien: Die ersten beiden Prinzipien<br />
- "Zugänglichkeit" <strong>und</strong> das<br />
- "Diskriminierungsverbot"<br />
sind bereits am 26. Juli 2007 in Kraft getreten, während die Artikel, die sich mit<br />
- "Information" <strong>und</strong><br />
- "Assistenz"<br />
befassen, am 26. Juli 2008 in Kraft treten werden.<br />
In dieser sehr entscheidenden Phase vor dem vollständigen Inkrafttreten <strong>der</strong> Verordnung hat<br />
die Kommission gr<strong>und</strong>sätzlich Einverständnis mit den dort getroffenen Regelungen, aber auch<br />
Probleme, für die es Lösungen zu finden gilt, registriert. Wenn Sie Lösungswege kennen o<strong>der</strong><br />
aber auf an<strong>der</strong>e Problembereiche aufmerksam machen möchten, kann dies für unsere Arbeit<br />
von hohem Wert sein.<br />
Der erste strittige Punkte von Bedeutung ist – wie auch bereits von meinen Vorrednern<br />
angesprochen – dass die Verordnung für alle Flughäfen, selbst für die kleinsten, in allen<br />
Mitgliedsstaaten gilt. Selbstverständlich sind wir uns darüber im Klaren, dass nicht alle<br />
Flughäfen über die Kapazitäten verfügen um festzustellen, worin ihre Verpflichtungen im<br />
Einzelnen bestehen. Hinzu kommt, dass eine Zahl kleinerer Flughäfen <strong>der</strong> Auffassung ist, dass<br />
die Verordnung sie nicht betreffe.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> haben wir mit Airport Conference International Europe (ACI Europe),<br />
das ist ein Zusammenschluss von mehr als 400 Flughäfen in Staaten mit europäischem<br />
Territorium, jede Menge Aufklärungsarbeit geleistet <strong>und</strong> konnten hier gute Erfolge erzielen.<br />
Lei<strong>der</strong> sind aber nicht alle Flughäfen in Europa Mitglied des ACI, <strong>und</strong> so konnten wir einen Teil<br />
<strong>der</strong> Flughäfen mit unseren Informationen nicht erreichen.<br />
36
Diesen Flughäfen ist zum Teil noch nicht in vollem Umfang bewusst, dass sie die Regelungen<br />
<strong>der</strong> Verordnung ebenfalls umsetzen müssen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ziehen wir in Betracht,<br />
diese Aufgabe den nationalen Durchsetzungsbehörden, die jedes Land einrichten musste,<br />
diese Aufgabe zu übertragen, zumal diese die Flughäfen in ihrem Land am besten können <strong>und</strong><br />
sie auf ihre aus <strong>der</strong> Verordnung resultierenden Pflichten hinweisen können.<br />
Der zweite Problempunkt, den wir feststellen mussten, ist, dass Artikel 9 <strong>der</strong> Verordnung die<br />
Flughäfen bittet – o<strong>der</strong> korrekt gesprochen auffor<strong>der</strong>t – Qualitätsstandards für die zu leistende<br />
Assistenz festzulegen. Wir vertreten die Auffassung, dass diese Maßnahme von gr<strong>und</strong>sätzlicher<br />
Bedeutung ist, denn diese Qualitätsstandards werden <strong>der</strong> Maßstab sein, an dem je<strong>der</strong>,<br />
insbeson<strong>der</strong>e aber Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, die Qualität <strong>der</strong> angebotenen<br />
Assistenzleistungen messen kann. Diese Qualitätsstandards sollen in enger Zusammenarbeit<br />
mit Flughafennutzern, zu denen insbeson<strong>der</strong>e die Fluggesellschaften gehören, <strong>und</strong> mit den<br />
Verbänden behin<strong>der</strong>ter Menschen festgelegt werden.<br />
Wir wurden von einer Reihe von Flughäfen angesprochen, die Probleme hatten, hier geeignete<br />
Ansprechpartner zu finden. Darüber haben wir auch mit den European Disability Forum<br />
(Dachorganisation behin<strong>der</strong>ter Menschen in Europa) gesprochen <strong>und</strong> als Maßnahme<br />
Werkstattgespräche mit dem Titel "Train the Trainers" ("bilde die Ausbil<strong>der</strong> aus") für Vertreter<br />
von Behin<strong>der</strong>tenorganisationen in ganz Europa beschlossen. Diese wurden am 31. März <strong>und</strong> 1.<br />
April 2008 auch bereits durchgeführt. Mein Nachbar an diesem Tisch hat ebenfalls an diesen<br />
Workshops teilgenommen.<br />
Es ist uns gelungen, über den Inhalt <strong>der</strong> Verordnung <strong>und</strong> die sich daraus ergebenden Pflichten<br />
zu informieren, <strong>und</strong> wir haben den Vertretern behin<strong>der</strong>ter Menschen Wege <strong>der</strong> Einflussnahme<br />
auf die Qualitätsstandards <strong>der</strong> Flughäfen aufgezeigt.<br />
Wir verfolgen nun die tatsächlich Umsetzung <strong>der</strong> Verordnung mit großer Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
wir glauben, dass dies ganz entscheidend ist.<br />
Der dritte kritische Punkt ist die vorherige Anmeldung des Assistenzbedarfs. Die Verordnung<br />
verpflichtet nicht zur vorherigen Anmeldung, empfiehlt Reisenden mit eingeschränkter Mobilität<br />
aber, wenigstens 48 St<strong>und</strong>en vor Antritt des Fluges ihren Assistenzbedarf anzumelden.<br />
Allerdings kann die Voranmeldung nur von Erfolg gekrönt sein, wenn ein Informationsaustausch<br />
zwischen dem Reisebüro, dem Reiseveranstalter, <strong>der</strong> Fluggesellschaft <strong>und</strong> dem Flughafen<br />
stattfindet, so dass alle, die für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich sind, über alle<br />
erfor<strong>der</strong>lichen Informationen verfügen – <strong>und</strong> zwar das Boden- <strong>und</strong> das Kabinenpersonal<br />
gleichermaßen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Kommission glücklich über das von <strong>der</strong> Association of European<br />
Airlines (AEA) <strong>und</strong> <strong>der</strong> International Association for Air Transport ausgearbeitete Konzept, das<br />
von allen Flughäfen <strong>und</strong> Fluggesellschaften in <strong>der</strong> EU angewendet werden soll, um einen<br />
schnellen <strong>und</strong> effizienten Informationsfluss sicher zu stellen. Trotz dieses Konzepts konnten<br />
37
aber noch nicht alle Probleme ausgeräumt werden. Deshalb richten wir hier ein beson<strong>der</strong>es<br />
Augenmerk darauf, dass die Kommunikation zwischen allen Verantwortlichen funktioniert.<br />
Wenn kein ausreichen<strong>der</strong> Informationsfluss stattfindet, wird es auch nach dem vollständigen<br />
Inkrafttreten <strong>der</strong> Verordnung am 26. Juli 2008 Probleme geben. Wir müssen daher zwingend<br />
darauf achten, dass die Probleme vorher aus <strong>der</strong> Welt geschafft werden.<br />
Der vierte kritische Punkt, den wir feststellen mussten, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ihnen auch bereits zuvor im<br />
Detail geschil<strong>der</strong>t wurde, sind die neuen, am 13. Mai 2008 in Kraft getretenen Bestimmungen<br />
<strong>der</strong> USA. Auf die Schwierigkeit, die sich bei <strong>der</strong> Kollision <strong>der</strong> voneinan<strong>der</strong> abweichenden<br />
Regelungen ergeben, ist Herr Brandt in seinem Vortrag bereits eingegangen.<br />
Was ich dazu noch ergänzen kann ist, dass es hier zwei unterschiedliche Zielvorstellungen gibt,<br />
von <strong>der</strong> aber nur eine umgesetzt werden kann.<br />
Es ist keine Frage, dass die Passagiere mit darunter zu leiden haben, wenn bei Flügen sowohl<br />
die Regelungen <strong>der</strong> USA als auch <strong>der</strong> EU beachtet werden müssen. Zielsetzung <strong>der</strong><br />
Europäischen Kommission ist es zum einen, dass ein möglicher Konflikt zwischen den<br />
Bestimmungen <strong>der</strong> EU <strong>und</strong> den USA nicht auf dem Rücken <strong>der</strong> Passagiere – vor allem nicht<br />
<strong>der</strong> in ihrer Mobilität eingeschränkten Passagiere – ausgetragen wird.<br />
Zum an<strong>der</strong>en besteht unsere Zielsetzung, die wir auch als sehr wichtig betrachten, - <strong>und</strong> das ist<br />
auch <strong>der</strong> Anspruch <strong>der</strong> Verantwortlichen in den USA – darin, das wir einen Rechtskonflikt o<strong>der</strong><br />
unerfüllbare Verpflichtungen für Fluggesellschaften <strong>und</strong> Flughäfen auf beiden Seiten des<br />
Atlantiks vermeiden wollen.<br />
Wenn zwingend vorgeschriebene Regelungen mit an<strong>der</strong>en Bestimmungen kollidieren, so kann<br />
dies dem Umstand geschuldet sein, dass wir in <strong>der</strong> Europäischen Kommission in Brüssel recht<br />
isoliert <strong>und</strong> abseits vom tatsächlichen Geschehen in <strong>der</strong> Welt draußen in unseren Büros sitzen,<br />
<strong>und</strong> auch wenn wir eigene Ansichten <strong>und</strong> Meinungen zu bestimmten Problemen <strong>und</strong> auch die<br />
dazu gehörenden Lösungen dazu haben, benötigen wir Hinweise auf dem betreffenden<br />
Fachgebiet – <strong>und</strong> zwar hier ganz konkret von den Fluggesellschaften, den Flughäfen <strong>und</strong> nicht<br />
zuletzt von den Verbänden behin<strong>der</strong>ter Menschen. Je<strong>der</strong> einzelne Hinweis ist für uns von<br />
Bedeutung, um tatsächlich bestehende Probleme o<strong>der</strong> Streifragen, die im täglichen Geschäft<br />
auftreten können, festzustellen.<br />
Der fünfte kritische Punkt ist ein Thema, auf das heute noch nicht eingegangen wurde, nämlich<br />
die "Durchsetzung". Die Zuständigkeit für die im Vorfeld viel diskutierte Durchsetzung <strong>der</strong><br />
Regelungen <strong>der</strong> Verordnung liegt in <strong>der</strong> Zuständigkeit jedes einzelnen EU-Staates. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> bind ich glücklich darüber, Ihnen mitteilen zu können, dass die meisten Statten ihre<br />
nationale Durchsetzungsstelle bereits benannt haben; so weit ich mich erinnere, fehlen lediglich<br />
noch Estland, Rumänien, Irland, die Nie<strong>der</strong>lande <strong>und</strong> Deutschland, von denen wir hoffen, dass<br />
eine Benennung schnellstmöglich erfolgt.<br />
38
Wir stehen selbstverständlich mit den Regierungen in engem Kontakt <strong>und</strong> möchten auf diese<br />
Weise sicher stellen, dass die Bestimmungen <strong>der</strong> Verordnung nach ihrem vollständigen<br />
Inkrafttreten am 26. Juli 2008 auch eingehalten werden. Das ist das Ziel, dass wir uns gesetzt<br />
haben.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
39
Verordnung 1107/2006<br />
über die Rechte von behin<strong>der</strong>ten<br />
Flugreisenden<br />
<strong>und</strong><br />
Flugreisenden mit<br />
eingeschränkter Mobilität<br />
5 Juli 2006<br />
1.Natur<br />
2.Zweck<br />
3.Geltungsbereich<br />
Christophe DUSSART –Europäische<br />
Kommission<br />
EUROPEAN<br />
COMMISSION<br />
Verordnung 1107/2006<br />
4.Begriffsbestimmungen<br />
5.Ziele<br />
6.Hilfeleistung – Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Einzelheiten<br />
7.Durchsetzung<br />
8.Offene Punkte<br />
40
Natur <strong>der</strong> VO 1107/2006<br />
1.Angenommen am 5. Juli 2006<br />
2.Als EU Verordnung:<br />
• gilt sie unmittelbar<br />
• ist sie ab ihrem Inkrafttreten direkt einklagbar<br />
3.Voll anwendbar: 26 July 2008<br />
Z w e c k<br />
1.Personen mit eingeschränkter Mobilität (PEM)<br />
die gleichen Flugreisemöglichkeiten geben wie<br />
an<strong>der</strong>en Bürgern<br />
2.Vier Gr<strong>und</strong>sätze:<br />
• BARRIEREFREIHEIT<br />
• NICHT-DISKRIMINIERUNG<br />
• HILFELEISTUNG<br />
• INFORMATION<br />
41
P E M D e f i n i t i o n<br />
Eine Person, <strong>der</strong>en Mobilität bei <strong>der</strong> Benutzung von<br />
Beför<strong>der</strong>ungsmitteln eingeschränkt ist wegen<br />
1.einer körperlichen (sensorischen o<strong>der</strong> motorischen,<br />
dauerhaften o<strong>der</strong> zeitweiligen) Behin<strong>der</strong>ung, einer<br />
geistigen Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Beeinträchtigung, wegen<br />
an<strong>der</strong>er Behin<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> des Alters,<br />
2.<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Zustand angemessene Unterstützung <strong>und</strong><br />
eine Anpassung <strong>der</strong> für alle Fluggäste bereitgestellten<br />
Dienstleistungen an die beson<strong>der</strong>en Bedürfnisse<br />
dieser Person erfor<strong>der</strong>t.<br />
G e l t u n g s b e r e i c h<br />
1. Alle PEM, die gewerbliche Passagierflugdienste nutzen<br />
<strong>und</strong> von einem Flughafen in <strong>der</strong> EU abfliegen, dort<br />
ankommen o<strong>der</strong> einen solchen Flughafen im Transit<br />
benutzen.<br />
• Hilfeleistungen am Flughafen - Anhang I (Artikel 7).<br />
2. Alle Luftfahrtunternehmen, die von einem EU-<br />
Flughafen abfliegen sowie Luftfahrtunternehmen <strong>der</strong><br />
EU, die in die EU fliegen, hinsichtlich:<br />
• Beför<strong>der</strong>ungspflicht (Artikel 3),<br />
• Abweichungen wegen Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
(Artikel 4),<br />
• Hilfeleistung des Luftfahrtunternehmens während des<br />
Fluges entsprechend den Bestimmungen von Anhang II<br />
(Artikel 10).<br />
42
Z i e l e<br />
1. PEM gegen Diskriminierung schützen<br />
PEM darf aus Gründen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung die<br />
Flugbuchung o<strong>der</strong> die Anbordnahme nicht verweigert<br />
werden;<br />
Abweichungen sind nur möglich, um den<br />
gesetzlichen o<strong>der</strong> von einer Behörde festgelegten<br />
Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen nachzukommen – wenn wegen <strong>der</strong><br />
Größe des Flugzeugs o<strong>der</strong> seiner Türen <strong>der</strong> Einstieg physisch<br />
unmöglich ist.<br />
2. Sicherstellen, dass die Hilfeleistung für PEM<br />
nahtlos ineinan<strong>der</strong> greifen<br />
Hilfeleistung -Gr<strong>und</strong>sätze<br />
1. Das Leitungsorgan des<br />
Flughafens ist zuständig für<br />
die Leistung <strong>der</strong> in Anhang I<br />
genannten Hilfe.<br />
2. Kein Opt-out für<br />
Fluggesellschaften – aber<br />
<strong>der</strong> Flughafen kann Dritte<br />
beauftragen, diese Hilfe zu<br />
leisten.<br />
3. Die Hilfe wird PEM ohne<br />
zusätzliche Kosten gewährt.<br />
43
Hilfeleistung -Gr<strong>und</strong>sätze<br />
4. Der Flughafen kann von den<br />
Flughafenbenutzern eine<br />
beson<strong>der</strong>e Umlage erheben im<br />
Verhältnis zur Gesamtzahl <strong>der</strong><br />
Fluggäste <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Fluggesellschaft.<br />
5. Die Umlage muss angemessen,<br />
kostenabhängig, transparent <strong>und</strong> in<br />
Zusammenarbeit mit den<br />
Flughafennutzern festgesetzt sein.<br />
6. Geprüfter Jahresbericht über die<br />
eingegangenen Umlagen <strong>und</strong> die<br />
entstandenen Kosten.<br />
Hilfeleistung –ImEinzelnen1<br />
1. PEM melden ihren Hilfebedarf dem<br />
betreffenden Luftfahrtunternehmen, seinem<br />
Erfüllungsgehilfen o<strong>der</strong> dem Reiseunternehmen<br />
[fehlt die vorherige Meldung: bestmögliche Lösung finden].<br />
2. Luftfahrtunternehmen etc. erhalten die<br />
Meldung spätestens 48 St<strong>und</strong>en vor <strong>der</strong><br />
Abflugzeit <strong>und</strong> leiten sie spätestens 36 vor<br />
Abflugzeit an das Leitungsorgan weiter.<br />
3. Unterbringung von anerkannten Begleith<strong>und</strong>en<br />
entsprechend den innerstaatlichen Vorschriften.<br />
44
Hilfeleistung –ImEinzelnen2<br />
4. Das Leitungsorgan des Flughafens weist für Ankunft <strong>und</strong> Abflug<br />
Orte für den Beginn <strong>und</strong> das Ende <strong>der</strong> Hilfeleistung aus.<br />
5. PEM begibt sich an den ausgewiesenen Ankunftsort:<br />
- zu dem von <strong>der</strong> Fluggesellschaft festgesetzten Zeitpunkt,<br />
bzw.<br />
- spätestens zwei St<strong>und</strong>en vor <strong>der</strong> Abflugzeit.<br />
6. PEM begibt sich zur Abfertigung:<br />
- zu dem von <strong>der</strong> Fluggesellschaft festgesetzten Zeitpunkt,<br />
bzw.<br />
- spätestens eine St<strong>und</strong>e vor <strong>der</strong> Abflugzeit.<br />
7. Der Flughafen legt Qualitätsstandards für die Hilfeleistung fest<br />
– ECAC DOC 30 IST WESENTLICH.<br />
D u r c h s e t z u n g<br />
Verpflichtungen gegenüber PEM dürfen nicht<br />
eingeschränkt o<strong>der</strong> ausgeschlossen werden.<br />
Die Mitgliedstaaten benennen nationale<br />
Durchsetzungsstellen<br />
Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße Vorschriften<br />
über Sanktionen fest<br />
Beschwerdeverfahren werden festgelegt, um<br />
sicherzustellen, dass Beschwerden bei den<br />
nationalen Beschwerdestellen ankommen<br />
45
O f f e n e P u n k t e<br />
Kleinere regionale Flughäfen sind ebenfalls<br />
betroffen<br />
Verbände <strong>der</strong> PEM müssen bei den<br />
Qualitätsstandards eingeb<strong>und</strong>en werden<br />
Informationsfluss bei <strong>der</strong> Meldung des Hilfebedarfs<br />
Neue Vorschriften in den USA (7. Mai 2008)<br />
http://apr.europa.eu<br />
46
DG Energy and Transport<br />
1049 BRUSSELS<br />
christophe.dussart@ec.europa.eu<br />
47
Fachkonferenz<br />
<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong><br />
auf <strong>der</strong> ILA, 29. Mai 2008<br />
Ergebnis des Workshops I: Barrierefreie Kabine<br />
Vorstellung des Workshop-Leiters, Herrn Norbert Thomas, von <strong>der</strong> Fa. Dasell (Marktführer bei<br />
Lavatories - Waschräumen - , Hauptk<strong>und</strong>e Airbus)<br />
Einführung<br />
1. Zunächst erfolgte eine kurze Präsentation einiger Produkte <strong>der</strong> Firma Dasell sowie eine<br />
Präsentation zu Toilettenkabinen in Flugzeugen. Hervorgehoben wurde hier eine<br />
Doppelkabine, die durch eine faltbare Trennwand zu einer großen Toilettenkabine erweitert<br />
werden kann. Um barrierefrei zu sein, muss aber auch dieser Toilettentyp mit dem Rollstuhl<br />
anfahrbar sein <strong>und</strong> eine Ausstattung für die Nutzung durch Rollstuhlfahrer aufweisen. Hinzu<br />
kommt eine kontrastreiche Gestaltung gute Beleuchtung <strong>und</strong> ein einheitliches Design<br />
(Anordnung von Bedienelementen), um blinden <strong>und</strong> sehbehin<strong>der</strong>ten Menschen die Nutzung<br />
zu erleichtern.<br />
2. Es wurde die Frage erörtert, welche Verfahrensabläufe die Inneneinrichtung einer<br />
Flugzeugkabine bestimmen:<br />
Eine Fluggesellschaft beauftragt einen Hersteller (z. B. Airbus) mit <strong>der</strong> Lieferung einer<br />
bestimmten Anzahl von Flugzeugen. Bei <strong>der</strong> Auslieferung des Produktes wird anschließend<br />
mit den Systemlieferanten die Inneneinrichtung abgestimmt. Die Hersteller legen die<br />
Produkte entsprechend <strong>der</strong> vom K<strong>und</strong>en bestimmten Anfor<strong>der</strong>ungen fest. Für die<br />
Fluggesellschaften sind bei den Elementen <strong>der</strong> Inneneinrichtung vor allem Betriebskosten<br />
<strong>und</strong> Gewicht von Bedeutung.<br />
Fraglich ist, ob die Fluggesellschaften von sich aus die Inneneinrichtung unter dem Aspekt<br />
eines "universal design" bestellen würde. Dafür müssten sie zunächst Kenntnis von den<br />
entsprechenden Produkten haben. Es ist also vorrangige Aufgabe <strong>der</strong> Kabinenausstatter,<br />
barrierefreie Ausstattungselemente zu entwickeln <strong>und</strong> den für die Inneneinrichtung<br />
Verantwortlichen wirksam zu präsentieren.<br />
3. Die Besteller entwickeln ein Lastenheft, in dem sie die Anfor<strong>der</strong>ungen spezifizieren, die <strong>der</strong><br />
Hersteller liefern muss. Eine zentrale For<strong>der</strong>ung besteht darin, Vertreter <strong>der</strong> Verbände<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen bei <strong>der</strong> Erstellung des Lastenheftes einzubeziehen. Nur so können<br />
für sachgerechte Lösungen für Alle gef<strong>und</strong>en werden. Ein gutes <strong>und</strong> auch vergleichbares<br />
Beispiel ist das Programm <strong>der</strong> Deutschen Bahn AG (DB) zur Herstellung von<br />
Barrierefreiheit.<br />
4. In Großbritannien wurden vom Disabled Persons Transport Advisory Committee (DPTAC)<br />
Zugangsspezifikationen für Flugzeugtoiletten erstellt, diese können im Internet unter<br />
http://www.dptac.gov.uk/pubs/aviation/consult/index.htm eingesehen werden. Die Firma<br />
48
Dasell hat auch bereits gemeinsam mit dem Hersteller Airbus alle Details dieses Dokuments<br />
besprochen <strong>und</strong> es wurde überlegt, in welchem Maße die Anfor<strong>der</strong>ungen bis heute realisiert<br />
wurden. Fest steht, dass an vielen Stellen noch Verbesserungen nötig sind.<br />
5. Vortrag von Herr Dr. Andreas Kuhlmann vom Bauhaus Luftfahrt zum Thema "Senioren"<br />
Das Bauhaus Luftfahrt ist ein gemeinnütziger Verein, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> vom<br />
Freistaat Bayern als Ideenschmiede für die Industrie gegründet wurde. Dort werden<br />
visionäre Ideen entwickelt, wie das Reisen in <strong>der</strong> Zukunft aussehen könnte.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen Wandels <strong>und</strong> einer zunehmenden Zahl älterer<br />
reisen<strong>der</strong>, bei den häufig auch Mobilitätseinschränkungen vorliegen, gewinnt ein<br />
universelles Design auch in <strong>der</strong> Luftfahrt zunehmend an Bedeutung, es ist ein<br />
ernstzunehmen<strong>der</strong> Wirtschaftsfaktor <strong>und</strong> keineswegs ein Wettbewerbsnachteil. Was heute<br />
noch als "Spinnerei" abgetan wird, kann in <strong>der</strong> Zukunft serienmäßig produziert werden <strong>und</strong><br />
selbstverständlich sein.<br />
Es ist aber von zentraler Bedeutung, dass hier keine Son<strong>der</strong>lösungen für Randgruppen<br />
entwickelt werden, son<strong>der</strong>n Produkte für Alle.<br />
Erwartungen an eine barrierefreie Kabine<br />
- barrierefreie Toiletten<br />
- mehr Beinfreiheit<br />
- leichter Platz nehmen können<br />
- klappbare Armlehnen (auch am Gang)<br />
- Fußstützen<br />
- kontrastreiche Gestaltung<br />
- taktile Informationen<br />
- gute Beleuchtung<br />
- Sicherheitsinformationen akustisch, visuell <strong>und</strong> mittels Gebärdenvideo<br />
- Bordbuch für blinde <strong>und</strong> sehbehin<strong>der</strong>te Menschen<br />
- Design für Alle (universal design)<br />
- Staufach für den eigenen Rollstuhl (Faltrollstuhl an Bord)<br />
- geschultes, fre<strong>und</strong>liches Kabinenpersonal<br />
Lösungsansätze<br />
- XXL-Reihe (mit viel Beinfreiheit), die nicht am Notausgang liegt. Denkbar wäre hier die<br />
Möglichkeit, mit wenigen Handgriffen<br />
- die Sitze <strong>der</strong> Reihe davor herauszunehmen o<strong>der</strong><br />
- die Sitze <strong>der</strong> Reihe davor nach vorne schieben o<strong>der</strong> schmal zusammenklappen zu<br />
können, um z. B. eine bequemes Umsetzen vom Bordrollstuhl auf den Sitz zu<br />
ermöglichen<br />
49
- akustische Informationen, z. B. Inhalt des Bordbuches, als Audio-Version über das<br />
Entertainmentelement in <strong>der</strong> Armlehne ermöglichen<br />
- Sensibilisierung des Kabinenpersonals durch regelmäßige Schulungen, auch<br />
Kommunikationstraining<br />
Wie können die Lösungsansätze umgesetzt werden?<br />
- Verbände behin<strong>der</strong>ter Menschen in die Planungen einbeziehen<br />
- bestehende Normen, Standards <strong>und</strong> Forschungsergebnisse (auch international) nutzen<br />
- UN-Konvention zum Schutz <strong>der</strong> Rechte von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen beachten<br />
- Lastenheft vergleichbar <strong>der</strong> Anlage 1 zum Mobilitätsprogramm <strong>der</strong> Deutschen Bahn AG<br />
http://www.bahn.de/p/view_nav4/mdb/pv/dbregio/behin<strong>der</strong>te/MDB14239-publikation_neu.pdf<br />
- Zeitrahmen für die Umsetzung<br />
- Zielvereinbarungen gem. § 5 Gesetz zur Gleichstellung behin<strong>der</strong>ter Menschen (BGG); diese<br />
greifen aber nur auf nationaler Ebene<br />
- Regelungen auf EU-Ebene, um einen diskriminierungsfreien Zugang zu Flugzeugen <strong>und</strong><br />
Nutzung <strong>der</strong> Einrichtungen an Bord zu ermöglichen (vergleichbar <strong>der</strong> "Bus-Richtlinie"<br />
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2001L0085:20070101:DE:PDF<br />
)<br />
Abschließend wurde noch einmal deutlich gemacht, dass die Herstellung von Barrierefreiheit<br />
entgegen <strong>der</strong> Bedenken <strong>der</strong> Fluggesellschaften keinen Wettbewerbsnachteil darstellt. Sie<br />
erhöht die Attraktivität einer Fluggesellschaft für eine höhere Anzahl an Fluggästen.<br />
Umfrageergebnisse <strong>und</strong> Studien belegen, dass bedeutend mehr ältere Menschen <strong>und</strong><br />
Menschen mit Mobilitätseinschränkungen (dazu gehören auch Familien mit Kleinkin<strong>der</strong>n)<br />
fliegen würden, wenn die Kabineneinrichtung auf ihre Bedürfnisse ausgelegt ist.<br />
50
Fachkonferenz<br />
<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong><br />
auf <strong>der</strong> ILA, 29. Mai 2008<br />
Ergebnis des Workshops II: Barrierefreie Buchung<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
Behandelt wurde <strong>der</strong> Ablauf einer Buchung von <strong>der</strong> Information bis zur Bereitstellung <strong>der</strong> ggf.<br />
angefor<strong>der</strong>ten Dienstleistungen. Der Ablauf wurde in drei Themenkomplexe aufgeteilt:<br />
1. Barrierefreiheit <strong>der</strong> Buchung selbst<br />
a. Das mit <strong>der</strong> Buchung <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbetreuung betraute Personal muss über die Rechte<br />
<strong>und</strong> Bedarfe behin<strong>der</strong>ter Fluggäste informiert sein. Dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e auch die<br />
technischen Eigenschaften von Elektro-Rollstühlen.<br />
b. Die Online-Buchung über das Internet muss den Anfor<strong>der</strong>ungen an ein barrierefreies<br />
Webdesign, insbeson<strong>der</strong>e hinsichtlich <strong>der</strong> Gestaltung von Eingabeformularen, genügen.<br />
Maßstab hierfür ist in Deutschland die BITV in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit (2008) gültigen Fassung. Adressat:<br />
Fluglinien, Online-Reisebüros <strong>und</strong> Flugbuchungsplattformen.<br />
c. Zusätzlich sind wesentliche Informationen, soweit möglich, auch in Leichter Sprache <strong>und</strong><br />
Gebärdensprachvideos anzubieten - dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e die Information über Buchungsbedingungen<br />
(AGB etc.) [Anmerkung: die Weiterentwicklung solcher Angebote ist<br />
auch Gegenstand <strong>der</strong> laufenden Überarbeitung <strong>der</strong> BITV]<br />
d. An<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Flugbuchung (Reisebüro, Schalter am Flughafen, Telefon) müssen<br />
weiter bestehen <strong>und</strong> ohne Mehrkosten im Vergleich zum Internet nutzbar sein.<br />
e. Der vom K<strong>und</strong>en gewählte Informationskanal (E-Mail, Telefon etc.) soll beibehalten bzw.<br />
nur in Absprache verlassen werden.<br />
f. Check-In-Automaten in Flughäfen (sog. Boarding-Kiosk) müssen den Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
die barrierefreie Gestaltung von Automaten entsprechen. Ein Check-In bei Schalterpersonal<br />
muss weiter möglich bleiben.<br />
2. Informationsmanagement<br />
a. Bei <strong>der</strong> Buchung muss über die Rechte behin<strong>der</strong>ter Fluggäste sowie über die Assistenzangebote<br />
<strong>und</strong> die vorhandene Infrastruktur informiert werden.<br />
b. Die Anmeldung von Assistenzbedarf muss im Buchungsverfahren bereits vor, spätestens<br />
während <strong>der</strong> eigentlichen Buchung möglich sein.<br />
51
c. Assistenzleistungen müssen individuell wählbar <strong>und</strong> auch abwählbar sein, ein Zwang<br />
zur Inanspruchnahme von Assistenz besteht in <strong>der</strong> Regel nicht.<br />
d. Der Fluggast erhält nach <strong>der</strong> Buchung eine verbindliche Bestätigung über die von ihm<br />
gemachten Angaben zum Assistenzbedarf <strong>und</strong> die zu erbringenden Assistenzleistungen.<br />
e. Beschränkungen <strong>der</strong> Anzahl behin<strong>der</strong>ter Passagiere pro Flug (alle o<strong>der</strong> spezielle Behin<strong>der</strong>ungen)<br />
sind nur dann akzeptabel, wenn sie auf zwingenden Erfor<strong>der</strong>nissen beruhen,<br />
<strong>der</strong> allgemeine Hinweis auf „Sicherheit“ o<strong>der</strong> „Haftung“ genügt dafür nicht.<br />
f. Sind solche Beschränkungen vorhanden, so muss das Buchungssystem für Anbieter<br />
<strong>und</strong> für K<strong>und</strong>en transparent ausweisen, ob <strong>und</strong> in welcher Anzahl die entsprechenden<br />
Plätze noch frei sind.<br />
g. Hierdurch <strong>und</strong> durch Aufklärung <strong>und</strong> Schulung des fliegenden Personals werden Fälle,<br />
in denen <strong>der</strong> Flugkapitän kurz vor dem Abflug die Mitnahme verweigert, möglichst ausgeschlossen.<br />
3. Bereitstellung <strong>der</strong> Leistungen<br />
a. Die Flughafenlogistik ist so zu gestalten, dass Voranmeldefristen für behin<strong>der</strong>te Fluggäste<br />
im allgemeinen <strong>und</strong> Assistenzbedarfe im Beson<strong>der</strong>en möglichst gar nicht erfor<strong>der</strong>lich<br />
werden <strong>und</strong> wenn, dann nur für konkrete Leistungen aus zwingenden Gründen.<br />
b. Die von <strong>der</strong> Richtlinie zugelassenen Verzögerungszeiten bei <strong>der</strong> Nichteinhaltung <strong>der</strong><br />
dort nie<strong>der</strong>gelegten Voranmeldefristen dürfen nicht dazu führen, dass diese Verzögerungszeiten<br />
zur Regel werden.<br />
c. In Zielvereinbarungen o<strong>der</strong> Selbstverpflichtungen <strong>der</strong> Flughäfen sollen hierfür k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lichere<br />
Regelungen getroffen werden.<br />
d. Die Informationen über Assistenz- <strong>und</strong> technische Anfor<strong>der</strong>ungen müssen nicht nur an<br />
das Assistenzpersonal, son<strong>der</strong>n auch an mittelbar betroffene Dritte (z. B. Sicherheitspersonal,<br />
Verladepersonal) weitergegeben werden.<br />
e. Die Einrichtung <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Richtlinie vorgesehenen Infrastruktur (z. B. spezieller Anlaufpunkt)<br />
darf nicht zum Ausschluss alternativer Assistenzformen (z. B. Hilfe direkt beim<br />
Check-In ohne Umweg über den Anlaufpunkt) führen.<br />
52
Fachkonferenz<br />
<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzen</strong><br />
auf <strong>der</strong> ILA, 29. Mai 2008<br />
Ergebnis des Workshops III: Barrierefreie Servicekette im Flughafen Terminal<br />
Behin<strong>der</strong>te Menschen wollen nichts beson<strong>der</strong>es, sie erwarten eine gleichberechtigte Teilhabe in<br />
allen Lebensbereichen, also auch bei Flugreisen. Der Begriff "Servicekette" darf daher nicht so<br />
verstanden werden, dass man in einem nicht barrierefreien Flughafen Assistenz erhält, um sich<br />
durch den Terminal zu bewegen, die Formalitäten zu erledigen <strong>und</strong> ins Flugzeug zu gelangen.<br />
Vielmehr muss eine größtmögliche selbständige Nutzung des Flughafen durch alle Menschen<br />
sicher gestellt sein. Nur wenn eine Assistenz eines Mitarbeiters am Flughafen ausdrücklich<br />
angefor<strong>der</strong>t wird, sollte dieser auch am verabredeten Treffpunkt bereit stehen <strong>und</strong> die<br />
erfor<strong>der</strong>liche Unterstützung leisten. Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter am Flughafen im<br />
Umgang mit behin<strong>der</strong>ten Menschen durch regelmäßige Schulungen sensibilisiert werden. Die<br />
Mitarbeiter müssen mit dem K<strong>und</strong>en einen respektvollen Umgang pflegen.<br />
Schulungen bildeten somit ein zentrales Thema dieses Workshops:<br />
Tatsächlich sind auf verschiedenen Flughäfen bereits Mitarbeiterschulungen im Umgang mit<br />
mobilitätseingeschränkten Menschen erfolgt. Kritik wurde aber dahingehend geäußert, dass<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen bzw. ihre Verbände in die Erarbeitung <strong>der</strong> Schulungskonzepte zum Teil<br />
nicht einbezogen wurden.<br />
Die For<strong>der</strong>ung zu Schulungen lautet daher:<br />
- Schulungskonzepte müssen gemeinsam von Vertretern <strong>der</strong> Flughäfen, <strong>der</strong><br />
Fluggesellschaften, <strong>der</strong> B<strong>und</strong>espolizei <strong>und</strong> des Sicherheitspersonals, ggf. weiterer<br />
Dienstleister am Flughafen <strong>und</strong> mit den Verbänden behin<strong>der</strong>ter Menschen erarbeitet werden.<br />
Hier muss beachtet werden, dass im Umgang mit allen mobilitätseingeschränkten Personen,<br />
also auch Menschen mit Hörbehin<strong>der</strong>ungen, Sehbehin<strong>der</strong>ungen, mit<br />
Kommunikationseinschränkungen u. s. w. geschult wird.<br />
- Schulungskonzepte müssen b<strong>und</strong>eseinheitlich sein. Die Passagiere müssen sich b<strong>und</strong>esweit<br />
auf gleiche Standards einstellen können.<br />
- Die Schulungen müssen je nach Aufgabengebiet <strong>der</strong> Mitarbeiter unterschiedlich intensiv sein.<br />
- Der Mensch muss im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen – daher werden Schulungen über CD's abgelehnt.<br />
- Schulungen müssen auch den Umgang mit Hilfsmitteln, insbeson<strong>der</strong>e auch technische Details<br />
bei Elektrorollstühlen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Batterien sowie sicheres Verladen einschließen; Schäden an<br />
Hilfsmitteln bedeuten für den Inhaber erhebliche Einschränkungen<br />
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Assistenz<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich sollten Flughafengebäude <strong>und</strong> Flugzeuge so gestaltet sein, dass sie von allen<br />
Menschen selbständig genutzt werden können. Dennoch wird es sich nicht vermeiden lassen,<br />
dass am Flughafen <strong>und</strong> im Flugzeug auch Assistenz benötigt wird.<br />
Auf diese Assistenz besteht nach <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen<br />
Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 5. Juli 2006 über die Rechte von behin<strong>der</strong>ten Flugreisenden<br />
<strong>und</strong> Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität auch ein Recht.<br />
Die Servicekette beginnt in <strong>der</strong> Regel bereits bei <strong>der</strong> Buchung. Egal auf welchem Wege die<br />
Buchung erfolgt, muss die Anmeldung von Assistenzbedarf bereits hier ermöglicht <strong>und</strong> an den<br />
entsprechenden Dienstleister im Flughafen kommuniziert werden.<br />
Wünschenswert wäre, wenn man auch am Flughafen über Rufsäulen spontan um Hilfe bitten<br />
kann. Diese Rufsäulen müssten aber auch von blinden <strong>und</strong> sehbehin<strong>der</strong>ten Menschen<br />
gef<strong>und</strong>en (Leitsystem) <strong>und</strong> genutzt werden können. Für Menschen mit Hörbehin<strong>der</strong>ungen sollte<br />
eine Induktionsschleife <strong>und</strong> eine Kommunikation via Gebärdenspracheermöglicht werden.<br />
Flughafengebäude<br />
Alle Punkte, die einen Flughafen barrierefrei werden lassen, können an dieser Stelle nicht<br />
genannt werden.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist anzumerken, dass Flughafenbauplanungen lange Vorlaufzeiten haben. Um<br />
Zeit <strong>und</strong> Kosten zu sparen, sollten neben <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> einschlägigen Bauvorschriften<br />
<strong>und</strong> DIN-Normen in die Planungen die Verbände behin<strong>der</strong>ter Menschen einbezogen werden.<br />
Sie können Tipps geben, damit nicht allen Regelungen zum Trotz ein Bauwerk entsteht, dass<br />
zwar auf den ersten Blick barrierefrei erscheint, dann aber im Sicherheitsbereich beispielweise<br />
keine Toiletten für Rollstuhlfahrer aufweist.<br />
Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung sind:<br />
- gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)<br />
- gut ausgeschil<strong>der</strong>te Behin<strong>der</strong>tenparkplätze <strong>und</strong> von dort kurze Wege ins Terminal<br />
- Treffpunkte, ggf. mit Rufsäulen<br />
- stufenlose Erreichbarkeit<br />
- kontrastreiche Gestaltung<br />
- gute kontrastreiche Ausschil<strong>der</strong>ung mit Schrift <strong>und</strong> Piktogrammen<br />
- Blindenleitsystem<br />
- abgesenkte Counter mit Sitzmöglichkeit, die auch mit Menschen im Rollstuhl <strong>und</strong><br />
kleinwüchsigen Menschen Blickkontakt ermöglichen<br />
- Rollstuhltoiletten nicht nur im Abfertigungs- son<strong>der</strong>n auch im Sicherheitsbereich<br />
- Einsatz technischer Hilfen (z. B. Bus mit Hebeplattform o<strong>der</strong> Treppenraupe) beim Boarding<br />
von Passagieren im Rollstuhl<br />
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Fazit:<br />
Mehr als 100 Vertreter von Flughäfen, Fluggesellschaften <strong>und</strong> Hersteller sowie von Verbänden<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen haben auf <strong>der</strong> Fachkonferenz "<strong>Barrierefreier</strong> <strong>Luftverkehr</strong> – <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Nutzen</strong>" die Gelegenheit genutzt, gemeinsam die Anfor<strong>der</strong>ungen an Barrierefreiheit im<br />
<strong>Luftverkehr</strong> zu diskutieren. Thematisiert wurde die gesamte Reisekette: von <strong>der</strong> Buchung, über<br />
Dienstleistungen am Flughafen, Gepäcklogistik, Boarding, Flugzeugaufenthalt bis hin zum<br />
Auschecken.<br />
Hervorzuheben ist, dass hier Menschen zusammen kamen, die sonst in <strong>der</strong> beruflichen Praxis<br />
selten aufeinan<strong>der</strong> treffen.<br />
Wir haben im Verlauf <strong>der</strong> Konferenz zwar die bestehenden Probleme nicht gelöst, sie aber<br />
benannt <strong>und</strong> über Lösungsmöglichkeiten nachgedacht.<br />
Damit die Fachkonferenz nachhaltig wirkt, beabsichtigt die Beauftragte <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung für<br />
die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen, den hier begonnenen Dialog im Rahmen kleinerer<br />
R<strong>und</strong>tischgespräche fortzusetzen. Hier setzt sie auf das Instrument <strong>der</strong> Zielvereinbarung nach<br />
dem Gesetz zur Gleichstellung behin<strong>der</strong>ter Menschen (BGG) <strong>und</strong> for<strong>der</strong>t alle am <strong>Luftverkehr</strong><br />
beteiligten auf, die Chance <strong>der</strong> sich daraus ergebenden Perspektiven zu nutzen.<br />
Vielleicht haben wir die Chance, im Rahmen <strong>der</strong> ILA 2010 über die bis dahin erzielten Erfolge<br />
zu berichten.<br />
Wir sollten also keine Zeit verlieren…<br />
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Herausgegeben von <strong>der</strong><br />
Beauftragten <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />
für die Belange behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
Mauerstr. 53<br />
10117 Berlin<br />
Telefon: 030 18 527 2944<br />
Fax: 030 18 527 1871<br />
E-Mail: info@behin<strong>der</strong>tenbeauftragte.de<br />
Internet: www.behin<strong>der</strong>tenbeauftragte.de<br />
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