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20 Frauenleben 3/ 2009 Frauenleben Frauen in der Vereinten Evangelischen Mission 3/2009 »Devisen-Heldinnen« — zwischen Wunsch und Wirklichkeit Apriana Chrisnawati im Gespräch mit Irene Girsang über indonesische Haushaltshilfen in Hongkong Apriana Chrisnawati gehört der Christlichen Kirche in Nordmitteljava (GKJTU) an. Seit 2004 betreut die 32-Jährige im Rahmen des »Programms für ausländische Haushilfen« indonesische Haushaltshilfen in Hongkong. Das Programm hat die dortige Chinesisch-Rheinische Kirche (CRC) initiiert. Die beiden Kirchen — GKJTU und CRC — sind Mitgliedskirchen der VEM. Mehr als 125 000 Migrantinnen aus Indonesien leben und arbeiten als Haushilfen in Hongkong. Wenn sie wählen dürften, würden sie ihren Lebensunterhalt viel lieber in ihrer Heimat verdienen – mit einem angemessenen Gehalt und unter guten Arbeitsbedingungen. Doch die drängende Wirtschaftslage und die Schwierigkeit, in der Heimat eine Arbeitsstelle zu finden, zwingen sie, im Ausland zu arbeiten. In der Regel erhalten sie einen Arbeitsvertrag über zwei Jahre. Sie haben die Hoffnung, in dieser Zeit etwas mehr zu verdienen und Geld anzusparen, um ihren Familien daheim helfen zu können. So wagen immer mehr Frauen, ihre Familien, ihren Freundeskreis und ihr Land zu verlassen. Doch dieser Wunsch geht nicht immer in Erfüllung, nicht immer haben sie im Ausland Glück. Einige haben Erfolg, aber viele sind unglücklich. Sie werden gequält und zahllose Migrantinnen kommen auch im Ausland zu Tode. Wie sind die Arbeitsbedingungen für indonesische Frauen in Hongkong? Die Arbeitsbedingungen für ausländische, indonesische Haushilfen sind eigentlich nicht alle schlecht, und trotzdem leiden viele von ihnen unter Ungerechtigkeiten. Beispielsweise erhalten sie oft nicht den vollen Lohn in der Höhe, wie er den gesetzlichen Regeln in Hongkong entspricht. Oft bekommen sie auch nicht den einen freien Tag pro Woche, der ihnen zusteht. Manche haben keine angemessene Unterkunft und werden nicht gut verpflegt. Häufig kommt es vor, dass sie geschlagen oder sogar sexuell belästigt werden. Wie hoch ist der Lohn, der von der Regierung Hongkongs für solche Kräfte festgelegt ist? Im Juli 2008 hat die Regierung Hongkongs für ausländische Haushilfen einen Mindestlohn von 3580 Hongkong Dollar – etwa 355 Euro – festgelegt, davor waren es umgerechnet 345 Euro. Doch viele Haushilfen erhalten diesen Lohn nicht. Nur etwa die Hälfte der indonesischen Haushilfen in Hongkong werden entsprechend dieser Regelung bezahlt. Die andern erhalten nur 1500 bis 2000 Hongkong Dollar – 149 bis 199 Euro – monatlich. Wie werden die Frauen damit fertig, dass sie nur so wenig Lohn erhalten? Es ist nicht einfach für sie. In den ersten fünf bis sieben Monaten müssen die indonesischen Haushilfen einen großen Teil ihres Verdienstes an die Agenten in Hongkong und Indonesien abgeben, die die indonesischen Hilfskräfte vermitteln. Die Gebühr für die Agenten beträgt etwa 18 000 bis 21 000 Hongkong Dollar, umgerechnet 1787 bis 2086 Euro. Das bedeutet, dass die Frauen in den ersten sieben Monaten nichts übrig haben, denn jeden Monat müssen sie dem Agenten 3000 Hongkong Dollar geben. Die indonesische Regierung verlangt von ihnen, dass sie die Vermittlung der Agenten in Anspruch nehmen.
Sie betreuen die Haushilfen seit fast fünf Jahren. Welche Aufklärungsprogramme bieten Sie an, um die Frauen zu unterstützen und auch zu schützen? Wir klären die Betroffenen zunächst über ihre Rechte als Haushilfen auf. Darüber hinaus bieten wir Beratung sowohl für Einzelne wie für Gruppen an. Wir bilden auch Gemeinschaften, in denen geistliche Betreuung geschieht. Ausbildung ist eigentlich der Schlüssel, dass sie stärker und selbstbewusster werden. Wir organisieren Sprachkurse für Englisch und Kantonesisch, die Umgangssprache in Hongkong. Dann gibt es Computerkurse, Gitarrenunterricht, Gruppen, die miteinander Kuchen backen, nähen oder sticken, und ähnliches. Das sind unsere wöchentlichen Angebote. Wir organisieren auch Kurse, in denen die Haushilfen sich für ihre Arbeit besser qualifizieren können, wie Babypflege, Kinderbetreuung und Umgang mit Alten. Gelegentlich bieten wir auch Seminare an zu Themen wie Kommunikation, Stressbewältigung, Gesundheit, HIV und Aids, Buchführung, Planung des Haushaltsgeldes, und manches andere. Auch zu den großen kirchlichen Festtagen wie Weihnachten und Ostern laden wir zu einer gemeinsamen Feier ein. Wir organisieren auch kleine Ausflüge, meistens Wanderungen, zu touristischen Attraktionen oder in die Natur, damit die Frauen die Umgebung von Hongkong kennen lernen und sich ein wenig vom täglichen Stress erholen können. Was geschieht, wenn Haushilfen entlassen oder aus dem Haus gejagt werden, weil sie ihr Recht einfordern? Und wie sieht es aus mit solchen, die sexuell belästigt, missbraucht oder vergewaltigt werden? Foto: VEM-Bildarchiv Indonesische Haushaltshilfen beim Gitarrenunterricht Solche Fälle können wir selbst nicht allein lösen. Darum arbeiten wir zusammen mit anderen Nichtregierungsorganisationen, die Notunterkünfte oder auch Rechtshilfe anbieten. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass eine Person, bei der ein Gerichtsverfahren läuft, keine neue Arbeitsstelle antreten darf. Sie darf aber Hongkong auch nicht verlassen. Diese Frauen bringen für ihr Heimatland sehr viele Devisen ein. Man nennt sie auch »Devisen-Heldinnen«. Kümmert sich die indonesische Regierung um die Rechte dieser Frauen, die dem Land so viele Devisen einbringen? Nach den Deviseneinkünften für Erdöl und Erdgas steht in Indonesien das Deviseneinkommen durch diese Migrantinnen an zweiter Stelle. Daher bemüht sich die Regierung, möglichst viele Migrantinnen als Arbeitskräfte ins Ausland zu schicken. Das Ziel ist eine Million jährlich. Leider tut die Regierung aber nichts zu ihrem rechtlichen Schutz. Eine Art Rechtshilfe im Ausland seitens des Staates gibt es nicht. Was erhoffen Sie persönlich, damit die Wunschträume dieser »Devisen-Heldinnen« erfüllt werden? Wir als Kirche hoffen, dass wir die Migrantinnen noch besser begleiten und ihnen soziale und geistliche Hilfe geben können. Wir wollen das ganz praktisch tun. Wir richten uns dabei nach Matthäus 25,40: Die Liebe Jesu Christi drängt uns, unseren Nächsten zu helfen, das sind die Migrantinnen. Was Matthäus in diesen Versen schreibt, kann für uns alle ein Leitsatz sein. Interview: Irene Girsang i Irene Girsang ist Leiterin für internationale Frauenprogramme der VEM. Frauenleben 3/ 2009 21
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