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Material für den Konfirmanden unterricht - mission.de

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.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

<strong>Material</strong> <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>unterricht</strong><br />

Aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>für</strong> die Praxis<br />

<strong>Material</strong>heft 5


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Didaktische Vorbemerkungen 4<br />

1.1 Allgemeine Vorüberlegungen<br />

1.2 Warum beschäftigt sich die Kampagne<br />

<strong>mission</strong>.<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Themen Armut, Kin<strong>de</strong>rarbeit,<br />

4<br />

Straßen kin<strong>de</strong>r und Bildung? 6<br />

2 Allgemeine Sachinformationen 8<br />

2.1 Mission 8<br />

2.2 Grundbedürfnisse 10<br />

2.3 Armut 11<br />

2.4 Kin<strong>de</strong>rarbeit 12<br />

2.5 Straßenkin<strong>de</strong>r 14<br />

2.6 Bildung 15<br />

2.7 Exkurs Entwicklung 17<br />

3 Methodische Hinweise 20<br />

4 Themeneinheiten 22<br />

4.1 Mission 22<br />

4.1.0 Lernziele 22<br />

4.1.1 M1 Mission: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe 23<br />

4.1.1.1 M1M2 Kartenset mit Aussagen zum Thema Mission 22<br />

4.1.2 M2 Mission damals – heute 24<br />

4.1.2.1 M2M1 Mission damals<br />

4.1.3 M3 Mission heute: begeistern, begegnen,<br />

25<br />

stärken, engagieren 27<br />

4.1.3.1 M3M1 Plakate <strong>mission</strong>.<strong>de</strong> / Missionarssteckbriefe 28<br />

4.1.4 Angedacht 39<br />

4.2 Grundbedürfnisse 40<br />

4.2.0 Lernziele 40<br />

4.2.1 GB1 Was brauche ich zum Leben? 41<br />

4.2.2 GB2 Grundbedürfnisse weltweit – Balljungs 42<br />

4.2.2.1 GB2M1 Informationen Balljungs 43<br />

4.2.3 Angedacht 45<br />

4.3 Armut 46<br />

4.3.0 Lernziele 46<br />

4.3.1 A1 Den Menschen ein Ärgernis! 47<br />

4.3.1.1 A1M1 Spielanleitung 48<br />

4.3.1.2 A1M2 Spielfeld 49<br />

4.3.1.3 A1M3 Ereigniskarten 50<br />

4.3.2 A2 Wenn ich einmal reich wär … 52<br />

4.3.2.1 A2M1 Überlege mal … 53<br />

4.3.2.2 A2M2 Mein Taschengeld – immer zu wenig? 53<br />

4.3.3 A3 Was ist Armut? 54<br />

4.3.3.1 A3M1 Armuts-ABC 56<br />

4.3.3.2 A3M2 Dimensionen von Armut 57<br />

4.3.4 Angedacht 58<br />

4.4 Kin<strong>de</strong>rarbeit 60<br />

4.4.0 Lernziele 60<br />

4.4.1 K1 Kin<strong>de</strong>rarbeit in Deutschland und in Indien 61<br />

4.4.1.1 K1M1 Arbeitest du mit? 62<br />

4.4.1.2 K1M2 Welche Aufgaben verrichtet ihr? 63<br />

4.4.1.3 K1M3 Hallo, mein Name ist Assan 64<br />

4.4.1.4 K1M4 Hintergrundinformationen Assan 66<br />

4.4.1.5 K1M5 ILO-Konventionen 138 und 182 67<br />

4.4.2 K2 Arbeiten zum Überleben 68<br />

4.4.2.1 K2M1 Allgemeine Information, Geschichte von Israr 70<br />

4.4.2.2 K2M2 Papiertütenfabrikation 71<br />

4.4.2.3 K2M3 Ereigniskarten Papiertütenfabrikation 72<br />

4.4.2.4 K2M4 Auswertungsbogen Papiertütenfabrikation 73<br />

4.4.2.5 K2M5 Papiertütenfabrikation – Warenpreise in Rupien 74<br />

4.4.3 Angedacht 75<br />

4.5 Straßenkin<strong>de</strong>r 76<br />

4.5.0 Lernziele 76<br />

4.5.1 S1 „So lebe ich“ 77<br />

4.5.1.1 S1M1 So sieht mein Tag aus 79<br />

4.5.1.2 S1M2 Bil<strong>de</strong>rset Straßenkin<strong>de</strong>r 80<br />

4.5.1.3 S1M3 Straßenkin<strong>de</strong>r 81<br />

4.5.2 S2 „Hillbrow Kids“ 82<br />

4.5.2.1 S2M1 Porträt eines Straßenkin<strong>de</strong>s 83<br />

4.5.2.2 S2M2 Informationen zum Film: „Hillbrow Kids“ 84<br />

4.5.2.3 S2M3 Jugendzentrum bringt Hoffnung nach Hillbrow 86<br />

4.5.3 S3 „Mit <strong>de</strong>r Schuhputzkiste auf <strong>de</strong>r Straße“ 88<br />

4.5.3.1 S3M1 Hallo, mein Name ist José 90<br />

4.5.3.2 S3M2 Bauanleitung <strong>für</strong> eine Schuhputzkiste 91<br />

4.5.3.3 S3M3 Autorisierungsschreiben Schuhputzprojekt 92<br />

4.5.4 Angedacht 93<br />

4.6 Bildung 94<br />

4.6.0 Lernziele 94<br />

4.6.1 B1 Bild – bil<strong><strong>de</strong>n</strong> – Bildung 96<br />

4.6.1.1 B1M1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s flämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. 98<br />

4.6.2 B2 Bildung bei uns 104<br />

4.6.2.1 B2M1 Ist-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan 106<br />

4.6.2.2 B2M2 Wunsch-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan 107<br />

4.6.2.3 B2M3 Berufswunschkarten 108<br />

4.6.2.4 B2M4 Etiketten mit Fähigkeiten/Eigenschaften 109<br />

4.6.3 B3 Bildung in einer traditionellen Gesellschaft –<br />

die Honigsammler in Indien 110<br />

4.6.3.1 B3M1 Vertrauensspiele 111<br />

4.6.4 B4 Gesellschaften im Umbruch – die Kulina 112<br />

4.6.4.1 B4M1 Präsentation: Ein Tag im Leben <strong>de</strong>s Kulina Borai 114<br />

4.6.4.2 B4M2 Begriffsbeschreibungen 117<br />

4.6.4.3 B4M3 Kleiner Sprachführer <strong>de</strong>r Kulina 118<br />

4.6.5 B5 Universelle Werte 119<br />

4.6.5.1 B5M1 Kopiervorlage: Insel im Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten 122<br />

4.6.5.2 B5M2 Ereigniskarten im Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten 123<br />

4.6.5.3 B5M3 Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen 124<br />

4.6.5.4 B5M4 Ubuntu, Manako, Gol<strong><strong>de</strong>n</strong>e Regel 126<br />

4.6.5.5 B5M5 Kurzgeschichten 127<br />

4.6.6 Angedacht 129<br />

5 Medien, <strong>Material</strong>hinweise, Links 130


Grußwort<br />

Liebe Mitarbeiten<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong>arbeit,<br />

passend zu <strong>de</strong>m Kampagnenthema „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um<br />

Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ hat das Evangelischlutherische<br />

Missi onswerk in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM) eine<br />

Arbeits mappe erstellt.<br />

Das Missionswerk lädt Sie mit dieser Arbeitshilfe ein,<br />

Impulse aus unseren Partnerkirchen aufzunehmen und<br />

mit Ihren Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> und Konfi rmandinnen weltweite<br />

Gemeinschaft zu ent<strong>de</strong>cken:<br />

Wir leben in Einer Welt, in <strong>de</strong>r wir Verantwortung<br />

<strong>für</strong> einan<strong>de</strong>r tragen um Gutes Leben <strong>für</strong> alle zu ermöglichen.<br />

„Gestaltet die Er<strong>de</strong> und pfl egt das Leben!“ ruft<br />

Gott <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen zu.<br />

Wir alle haben auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> nur Gastrecht auf Zeit.<br />

Keine Welt sollte entstehen, in <strong>de</strong>r das Gesetz <strong>de</strong>s<br />

Stärke ren herrscht, keine Welt nach <strong>de</strong>m Motto „Fressen<br />

und Gefressen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>!“, son<strong>de</strong>rn eine Welt, die auf<br />

Gemeinschaft zwischen allem, was lebt, angelegt ist und<br />

in <strong>de</strong>r Entfaltung möglich ist.<br />

Wer jedoch durch die Großstädte Indiens, Äthiopien<br />

o<strong>de</strong>r Lateinamerika reist, weiß: Kin<strong>de</strong>rarbeit und<br />

Straßen kin<strong>de</strong>r sind hier bitterste Wirklichkeit, Schulbildung<br />

wird zum unerschwinglichen Luxusgut <strong>für</strong><br />

Wenige und Armut ist eine Realität, die die Hoffnung<br />

auf ein besseres Morgen o<strong>de</strong>r gar ein gutes Leben versiegen<br />

lässt. Die Last, die diese Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />

tragen, ist ihnen nicht zufällig aufgelegt.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Evangelisches Missionswerk<br />

in Deutschland (EMW) <strong>für</strong> die Träger von <strong>mission</strong>.<strong>de</strong><br />

Redaktion: Erich Fiebig (ELM) verantwortlich, Lars<br />

De<strong>de</strong>kind (ELM), Ingrid Höse (ELM), Niels von Türk (ELM)<br />

Design: Buttgereit und Hei<strong><strong>de</strong>n</strong>reich, Haltern am See,<br />

www.gute-botschafter.<strong>de</strong><br />

Bildnachweis: Alle Fotos, soweit nicht an<strong>de</strong>rs angegeben,<br />

aus <strong>de</strong>m Bildarchiv <strong>de</strong>s ELM.<br />

Schreibschrift: Jens Kutilek, www.netzallee.<strong>de</strong><br />

Druck: MHD Druck und Service, Hermannsburg<br />

Hamburg, November 2010<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Unsere Mitarbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong> haben Hintergrundinformationen<br />

zu diesen Themen zusammengetragen, um sie<br />

Ihnen und so auch vielen Jugendlichen in Ihren Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

nahe zu bringen. Wir glauben, dass es wichtig ist,<br />

in einer globalen Welt <strong><strong>de</strong>n</strong> Blick <strong>für</strong> die an<strong>de</strong>ren offen<br />

zu halten, weil wir eine weltweite Gemeinschaft von<br />

Schwestern und Brü<strong>de</strong>rn sind.<br />

Wir bieten Ihnen dazu themenbezogene Unterrichtseinheiten,<br />

Spiele und Andachten, die von unseren Mitarbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

bereits erprobt wur<strong><strong>de</strong>n</strong> und z. B. <strong>für</strong> einen<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong>tag, ein Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong>wochenen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />

eine Schulung <strong>für</strong> Mitarbeiten<strong>de</strong> gut verwandt wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

können.<br />

Ein herzlicher Dank an dieser Stelle geht an das<br />

Autorenteam mit Lars De<strong>de</strong>kind, Erich Fiebig, Ingrid<br />

Höse und Niels von Türk. Sie haben nicht nur eine<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> mappe erstellt, son<strong>de</strong>rn einen wichtigen<br />

<strong>Material</strong> baustein <strong>für</strong> die Werkstatt: Ökumenisches<br />

Lernen in Hermannsburg gelegt!<br />

Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen mit unseren<br />

Arbeitsmappen und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen!<br />

Wir wünschen Ihnen gute Gespräche und erfüllte<br />

Begegnungen, wenn Sie sich mit auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg machen<br />

um nach „Gutem Leben“ <strong>für</strong> alle zu suchen!<br />

Herzlichst,<br />

Ihre Martina Helmer-Pham Xuan<br />

Direktorin <strong>de</strong>s ELM<br />

Grußwort<br />

3


4<br />

1 Didaktische Vorbemerkungen<br />

1.1 Allgemeine Vorüberlegungen<br />

„Einer trage <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Last, so wer<strong>de</strong>t ihr das<br />

Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,2)<br />

Die Welt im 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt verän<strong>de</strong>rt sich stetig und<br />

rückt, beson<strong>de</strong>rs virtuell, immer näher zusammen.<br />

Neuig keiten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in Sekun<strong><strong>de</strong>n</strong>schnelle ausgetauscht.<br />

Per Mausklick ist es möglich, aktuelle Informationen<br />

über die entlegensten Winkel <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu bekommen<br />

sowie schnell und relativ einfach Kontakt zu Menschen<br />

in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn zu halten. Politische, soziale, kulturelle<br />

und religiöse Grenzen verwischen und stellen uns<br />

vor neue Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />

Von Beginn an ist auch die christliche Botschaft<br />

grenzüberschreitend und hat <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren Menschen<br />

im Blick. Gottes Liebe, die in Jesus Christus menschliche<br />

Gestalt angenommen hat, verbin<strong>de</strong>t eine weltweite<br />

christliche Gemeinschaft. Kirche existiert nicht nur lokal<br />

begrenzt, son<strong>de</strong>rn im globalen Kontext. Daher sind<br />

wir aufgefor<strong>de</strong>rt, über <strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen Kirchturm hinaus<br />

zu schauen und als Teil einer größeren Gemeinschaft<br />

Verantwortung zu übernehmen (um Gottes willen –<br />

<strong>de</strong>r Welt zuliebe).<br />

Im politisch-ethischen Kontext be<strong>de</strong>utet dieses unter<br />

an<strong>de</strong>rem: Es ist unsere Aufgabe als Christen zu hinterfragen,<br />

welche Zusammenhänge es zwischen unserem<br />

Lebensstil und weltweiter Ungerechtigkeit gibt.<br />

Welchen Beitrag können bzw. müssen wir leisten, um<br />

Menschen auch an<strong>de</strong>rswo in Lateinamerika, Afrika o<strong>de</strong>r<br />

Asien ein gutes, erfülltes Leben zu ermöglichen?<br />

Was heißt nun überhaupt gutes Leben? Auf einen<br />

philosophischen Begriff lässt es sich wahrscheinlich<br />

nur schwer bringen. Vielmehr muss man es wohl eher<br />

als Patchwork verstehen, zu <strong>de</strong>m so unterschiedliche<br />

Bausteine wie Konsum, Wohnen, Geselligkeit, Muße und<br />

Genuss, aber auch Liebe, Familie, Arbeit, Freundschaft,<br />

Gesundheit und Lebenssinn gehören. Im Einzelnen sieht<br />

ein erfülltes Leben <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen an<strong>de</strong>rs aus. Und<br />

alles, was als gutes Leben empfun<strong><strong>de</strong>n</strong> wird, kann sich im<br />

Laufe eines Lebens immer wie<strong>de</strong>r än<strong>de</strong>rn. Die meisten<br />

Menschen wollen aber ein gutes und sinnvolles Leben<br />

führen: Sie wollen in ihrer Einzigartigkeit anerkannt und<br />

geliebt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, nicht Not lei<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen und das Dasein<br />

genießen. Und sie wollen etwas tun, das <strong>für</strong> an<strong>de</strong>re und<br />

<strong>für</strong> sie selbst Be<strong>de</strong>utung hat. An dieser Stelle gibt das<br />

Evangelium eine Antwort, die mehr ist als die Bestätigung<br />

sozialer, kultureller und ökonomischer For<strong>de</strong>run-<br />

Didaktische Vorbemerkungen<br />

gen. Es antwortet auf die menschlichen Grundbedürfnisse<br />

nach Anerkennung <strong>de</strong>r eigenen Wür<strong>de</strong>, nach Zugehörigkeit<br />

und nach Zukunft 1 .<br />

Als europäische Christinnen und Christen sind wir<br />

spätestens durch die Globalisierung angefragt, unsere<br />

eigenen religiösen und kirchlichen Gewohnheiten zu<br />

relativieren und zu über<strong><strong>de</strong>n</strong>ken. Denn in Europa ist die<br />

Distanz gegenüber <strong><strong>de</strong>n</strong> traditionellen religiösen Institutionen<br />

unübersehbar. Der Glaube spielt nur noch eine<br />

untergeordnete Rolle in unserem Leben. Die Aufklärung,<br />

die wissenschaftliche und technische Entwicklung sowie<br />

die materielle Sicherheit scheinen <strong>für</strong> viele einen Gott<br />

überflüssig zu machen.<br />

Dennoch, trotz Säkularisierung, ist die Religion nicht<br />

verschwun<strong><strong>de</strong>n</strong>. Vielmehr ist Religion eine wichtige<br />

Dimension im Leben vieler mo<strong>de</strong>rner Menschen. Was<br />

unter Religion verstan<strong><strong>de</strong>n</strong> wird, ist jedoch nicht ohne<br />

weiteres i<strong><strong>de</strong>n</strong>tisch mit <strong>de</strong>m Christentum, das die großen<br />

Kirchen repräsentieren. 2 Ein Blick über <strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen<br />

Tellerrand in die weltweite Kirche hinein kann dabei<br />

helfen, <strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen Glauben bewusster wahrzunehmen<br />

und eigene ethische Einstellungen und Wertmaßstäbe<br />

zu überprüfen.<br />

Mit diesem Unterrichtsmaterial möchten wir einen<br />

Beitrag dazu leisten, die weltweite Ökumene als einen<br />

integralen Bestandteil von Kirche <strong>für</strong> Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> anschaulich und begreifbar zu<br />

machen. Dabei geht es nicht nur darum, kognitiv Wissen<br />

über das Thema Mission und die Eine Welt zu vermitteln,<br />

son<strong>de</strong>rn Bezüge zu <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen dort und ihrem Leben<br />

zu schaffen. 3 Durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Perspektivwechsel sollen die<br />

Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> ermutigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

einen Zusammenhang zwischen frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Lebenssituationen<br />

und Normen mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit<br />

und ihren Wertvorstellungen herzustellen. So wird es<br />

möglich, dass scheinbar Selbstverständliches hinterfragt<br />

wird und nach neuen Antworten gesucht wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann.<br />

1 Vgl. Ahrens, Theodor, Warum Mission? Thesen und Anstöße, in:<br />

<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe, <strong>Material</strong>heft 1,<br />

Studientexte, Reportagen, Hintergrün<strong>de</strong>, Hamburg 2008, S. 9.<br />

2 Vgl. Ziebertz, Hans-Georg, Warum die religiöse Dimension<br />

<strong>de</strong>r Wirklichkeit erschließen?, in: TheoWeb – Zeitschrift <strong>für</strong><br />

Religionspädagogik,www.theo-web.<strong>de</strong>/zeitschrift/<br />

ausgabe-2002-01/ziebertz02-1.pdf, S. 46 (04.11.2009).<br />

3 Vgl. Karibuni Gott heißt uns willkommen – Leben als Christinnen<br />

und Christen hier und in Afrika, Eine Arbeitsmappe <strong>für</strong> ein<br />

Wochenen<strong>de</strong> mit Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> und Konfirmandinnen, ems,<br />

Stuttgart 1998, S. 4.


Bei <strong>de</strong>m Begriff Kin<strong>de</strong>rarbeit assoziieren Deutsche<br />

meistens Bil<strong>de</strong>r von ausgebeuteten Kin<strong>de</strong>rn, die hart<br />

arbeiten müssen, um das Überleben <strong>de</strong>r eigenen Familie<br />

zu sichern, und die kaum eine Chance auf eine angemessene<br />

Ausbildung haben. Dabei ist aber Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

auch in Deutschland durchaus nicht unbekannt. Viele<br />

Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche suchen sich einen Job (Zeitungen<br />

austragen, babysitten etc.), um eigenes Geld<br />

zu verdienen, über welches sie frei verfügen können.<br />

Weitere Motive können das Sammeln von Erfahrungen<br />

o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re Anerkennung sein. Der wesentliche<br />

Unterschied zur Kin<strong>de</strong>rarbeit in weniger entwickelten<br />

Län<strong>de</strong>rn besteht jedoch darin, dass <strong>de</strong>utsche Kin<strong>de</strong>r und<br />

Jugendliche in <strong>de</strong>r Regel nicht auf Arbeit zur Existenzsicherung<br />

angewiesen sind. Normalerweise entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

sie selbst, ob sie arbeiten wollen und wann sie aufhören<br />

möchten.<br />

Gleichzeitig möchten wir Sympathie und Neugier <strong>für</strong><br />

das Frem<strong>de</strong> wecken. Die Fähigkeit und die Bereitschaft,<br />

Misstrauen gegenüber Menschen an<strong>de</strong>rer kultureller,<br />

religiöser o<strong>de</strong>r nationaler Herkunft zu korrigieren und<br />

eigene Vorurteile zu überwin<strong><strong>de</strong>n</strong>, soll gestärkt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. 4<br />

Wir möchten Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

ermutigen, Problemen an<strong>de</strong>rer Menschen gegenüber<br />

offen zu sein sowie sich <strong>für</strong> Gerechtigkeit, Frie<strong><strong>de</strong>n</strong>, die<br />

Bewahrung <strong>de</strong>r Schöpfung und die Verwirklichung <strong>de</strong>r<br />

Menschenrechte weltweit einzusetzen.<br />

Das didaktische Mo<strong>de</strong>ll, an <strong>de</strong>m sich das vorliegen<strong>de</strong><br />

<strong>Material</strong> orientiert, ist das vom „Sehen – Urteilen<br />

– Han<strong>de</strong>ln“. Ausgangspunkt ist dabei das Sehen,<br />

die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> sollen sich<br />

und ihre Umwelt im Spannungsfeld von sozialen,<br />

wirtschaftlichen, politischen und religiösen Strukturen<br />

wahrnehmen. Im Urteilen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> dann Fragen gestellt,<br />

die sie, gemessen am Maßstab <strong>de</strong>s Evangeliums, <strong>für</strong><br />

Gerechtigkeit, Menschenwür<strong>de</strong>, Freiheit, Solidarität und<br />

Bewahrung <strong>de</strong>r Schöpfung sensibilisieren sollen. Beim<br />

Han<strong>de</strong>ln soll dann gemeinsam überlegt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, welche<br />

konkreten Schritte im eigenen Umfeld getan wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

können 5 .<br />

Um die Thematik <strong>für</strong> Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

greifbar zu machen, ist es wichtig, konkrete und<br />

anschauliche Beispiele zu wählen. In diesem Zusammenhang<br />

wird das Thema MISSION durch die Bausteine<br />

4 Vgl. Afrikanissimo macht Schule!, Aktion Afrikanissimo (Hg.),<br />

Bönen/Westfalen 2000, S. 11.<br />

5 Vgl. Landgraf, Michael, Eine Welt – unterwegs zu mehr Gerechtigkeit,<br />

Reli Bausteine 5, Stuttgart 2008, S. 13 bis 15.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Armut, Kin<strong>de</strong>rarbeit, Straßenkin<strong>de</strong>r und Bildung entfaltet.<br />

Diese vier Inhalte knüpfen in beson<strong>de</strong>rer Weise an<br />

die Erfahrungswelt und Lebenswirklichkeit <strong>de</strong>utscher<br />

Jugendlicher an:<br />

Denn Armut von Kin<strong>de</strong>rn ist auch in Deutschland<br />

lei<strong>de</strong>r keine Seltenheit mehr. Sie ist vielfach eine<br />

Folge gemin<strong>de</strong>rter Erwerbs- und Einkommenschancen<br />

<strong>de</strong>r Eltern. Für die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen be<strong>de</strong>utet<br />

sie oft eine starke Einschränkung ihrer Erfahrungs-,<br />

Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten. 6<br />

„Nach Expertenschätzungen verbringen in Deutschland<br />

ca. 7.000 Jugendliche einen erheblichen Teil<br />

ihres Lebens auf <strong>de</strong>r Straße. Sie wer<strong><strong>de</strong>n</strong> von ihren<br />

Sorgepfl ichtigen vernachlässigt o<strong>de</strong>r entziehen sich<br />

<strong>de</strong>ren Aufsicht. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie<br />

oftmals durch Bettelei, Diebstahl, Prostitution o<strong>de</strong>r<br />

Drogenhan<strong>de</strong>l.“ 7<br />

Wenn Jugendliche die Schule verlassen, erleben sie<br />

hautnah, wie wichtig qualifi zierte Schulabschlüsse<br />

<strong>für</strong> ihre weitere Entwicklung und Lebensperspektiven<br />

sind. Ohne gute Bildung ist es schwer, eine geeignete<br />

Lehrstelle zu fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>. Es drohen Arbeitslosigkeit und<br />

sozialer Abstieg.<br />

Eine Annäherung über frem<strong>de</strong> Lebenssituationen<br />

erleichtert <strong><strong>de</strong>n</strong> Einstieg in die Thematik, weil die<br />

Jugendlichen so zunächst etwas distanzierter bleiben<br />

können. Gleichzeitig bieten sich so viele Anknüpfungspunkte,<br />

dass die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

schnell die entsprechen<strong><strong>de</strong>n</strong> Bezüge zu ihrem eigenen<br />

Erfahrungshorizont herstellen können. Wichtig ist, dass<br />

die Jugendlichen nicht nur isoliert ihre eigene Lebenssituation<br />

betrachten, son<strong>de</strong>rn dass sie sich als Teil einer<br />

globalisierten Welt wahrnehmen, in <strong>de</strong>r alles miteinan<strong>de</strong>r<br />

vernetzt ist und in <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>r eine Mitverantwortung<br />

<strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren trägt.<br />

Das vorliegen<strong>de</strong> <strong>Material</strong>paket beruht inhaltlich auf<br />

Angeboten <strong>de</strong>r Werkstatt: Ökumenisches Lernen in<br />

Hermannsburg.<br />

6 Siehe dazu auch Dr. Margot Käßmann, „Zukunft(s)gestalten –<br />

allen Kin<strong>de</strong>rn eine Chance“, Pressekonferenz zum Thema Kin<strong>de</strong>rarmut<br />

07.07.2008.<br />

7 Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht<br />

<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung 2001, S. 116.<br />

Didaktische Vorbemerkungen<br />

5


1.2 Warum beschäftigt sich die Kampagne<br />

„<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“<br />

mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Themen Armut, Kin<strong>de</strong>rarbeit,<br />

Straßenkin<strong>de</strong>r, Bildung?<br />

Das Evangelium hat alle Dimensionen <strong>de</strong>s Lebens im<br />

Blick. Deshalb sehen die evangelischen Missionswerke<br />

einen beson<strong>de</strong>ren Auftrag darin, sich neben <strong>de</strong>r Verkündigung<br />

<strong>für</strong> das Recht auf ein menschenwürdiges<br />

Leben einzusetzen. Gottes Liebe gilt Je<strong>de</strong>m und Je<strong>de</strong>r,<br />

egal wer wir sind, wie wir sind und wo wir leben. („Und<br />

wenn ein Glied lei<strong>de</strong>t, so lei<strong><strong>de</strong>n</strong> alle Glie<strong>de</strong>r mit, und<br />

wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glie<strong>de</strong>r<br />

mit. Ihr aber seid <strong>de</strong>r Leib Christi und je<strong>de</strong>r von euch ein<br />

Glied.“ [1. Korinther 12,26f.])<br />

Die Missionswerke verstehen sich als Teil <strong>de</strong>r<br />

Christen heit in <strong>de</strong>r Einen Welt und versuchen im Vertrauen<br />

auf das Evangelium, die Welt verantwortungsvoll<br />

mit zu gestalten. Deshalb setzt sich die Kampagne<br />

„<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ aktiv<br />

<strong>für</strong> die Menschen in ihren Partnerkirchen und <strong>für</strong> ihre<br />

Belange ein und engagiert sich <strong>für</strong> bessere Lebensbedingungen<br />

<strong>de</strong>r Menschen weltweit. Die Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Kampagne unterstützen in ihrem Vorhaben die<br />

Verwirklichung <strong>de</strong>r acht Millenniums-Entwicklungsziele<br />

<strong>de</strong>r Vereinten Nationen. 8 So beraten sie ihre Partner in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Bereichen Gesundheit und Bildung und begleiten<br />

notwendige Verän<strong>de</strong>rungsprozesse.<br />

In vielen Partnerkirchen <strong>de</strong>r evangelischen Missionswerke<br />

gehören vor allem Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche zu<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> schwächsten Glie<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Gesellschaft. Deshalb<br />

betrachten es evangelische Missionswerke als eine<br />

ihrer Aufgaben, auf die unsozialen und ungerechten<br />

Lebensbedingungen von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

hinzuweisen und <strong>für</strong> ihre Interessen und Rechte einzutreten<br />

(advocacy). Armut ist weltweit eines <strong>de</strong>r größten<br />

Probleme, das Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche daran hin<strong>de</strong>rt,<br />

kindgerecht aufzuwachsen. Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

müssen arbeiten, weil ihre Familien arm sind und oft<br />

ohne das Geld ihrer Kin<strong>de</strong>r nicht überleben könnten.<br />

Sie haben keine Zeit zum Spielen o<strong>de</strong>r können nicht<br />

zur Schule gehen. Gera<strong>de</strong> Bildung ist aber eine wesentliche<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong>, <strong><strong>de</strong>n</strong> Teufelskreis <strong>de</strong>r Armut<br />

zu durchbrechen. Entwurzelt von ihren Familien,<br />

verbringen in <strong><strong>de</strong>n</strong> ärmeren Län<strong>de</strong>rn tausen<strong>de</strong> von<br />

Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen ihr Leben auf <strong>de</strong>r Straße.<br />

Obdachlos, oft von zuhause weggelaufen o<strong>de</strong>r ohne<br />

Angehörige, müssen sie <strong>für</strong> sich selbst sorgen.<br />

8 Siehe dazu 2.7 Exkurs Entwicklung, Seite 17.<br />

6 Didaktische Vorbemerkungen<br />

Armut<br />

Zwar gibt es auch eine<br />

aus religiösen, ethischen<br />

o<strong>de</strong>r philosophischen<br />

Grün<strong><strong>de</strong>n</strong> gewählte<br />

freiwillige Armut, um<br />

einen einfachen Lebensstil<br />

zu verwirklichen.<br />

Primär bezeichnet man<br />

jedoch <strong><strong>de</strong>n</strong> Mangel an<br />

Waschtag in einem Squatter-<br />

lebenswichtigen Gütern<br />

camp bei Durban. Foto: v. Butler<br />

(beispielsweise Essen,<br />

Obdach, Kleidung) als<br />

Armut. Diese Armut lässt Menschen verelen<strong><strong>de</strong>n</strong> und<br />

nimmt ihnen die elementaren Lebensgrundlagen:<br />

We<strong>de</strong>r haben sie ausreichend zu essen noch eine vernünftige<br />

Krankenvorsorge o<strong>de</strong>r eine or<strong><strong>de</strong>n</strong>tliche Arbeit.<br />

Oft geraten sie in eine Armutsspirale von Schul<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

Abhängigkeit und Kriminalität.<br />

In Zusammenarbeit mit ihren Partnerkirchen versuchen<br />

die Träger <strong>de</strong>r Kampagne „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um<br />

Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ Projekte zu verwirklichen,<br />

in <strong><strong>de</strong>n</strong>en Menschen Zugang zu einer Arbeit mit<br />

einem geregelten Einkommen fin<strong><strong>de</strong>n</strong>, Möglichkeiten<br />

einer einfachen Ausbildung ergreifen o<strong>de</strong>r Kleinkredite<br />

zum Aufbau eines eigenen Geschäfts wahrnehmen<br />

können. So soll <strong>de</strong>r Teufelskreis <strong>de</strong>r Armut durchbrochen<br />

und Möglichkeiten eines menschenwürdigen Daseins<br />

geschaffen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Brasilianischer Junge in <strong>de</strong>r<br />

Ziegelproduktion. Foto: Heine<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

Der Begriff <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

bezeichnet (in <strong>de</strong>r<br />

Regel gewerbliche) Tätigkeiten,<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r unter<br />

14 Jahren nachgehen<br />

bzw. nachgehen müssen.<br />

Die Kin<strong>de</strong>rarbeit gibt<br />

es bereits seit Menschenge<strong><strong>de</strong>n</strong>ken.<br />

So gehört in<br />

<strong>de</strong>r Agrargesellschaft die<br />

Mitarbeit von Kin<strong>de</strong>rn<br />

beim Treiben <strong>de</strong>s Viehs<br />

o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Ernte seit je her als selbstverständlich dazu.<br />

Mit <strong>de</strong>r Industriali sierung im 18. und 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

nahm die Kin<strong>de</strong>rarbeit in Europa und <strong><strong>de</strong>n</strong> USA Ausmaße<br />

an, die die Gesundheit und Bildung <strong>de</strong>r Bevölkerung


massiv beeinträchtigten. Die schamlose und rücksichtslose<br />

Ausbeutung von Kin<strong>de</strong>rn unter auch <strong>für</strong> Erwachsene<br />

unzumutbaren Arbeitsbedingungen wur<strong>de</strong> so zu<br />

einem <strong>de</strong>rartigen sozialen Problem, dass sich hier die<br />

Erkenntnis durchsetzte: Kin<strong>de</strong>rarbeit muss verboten<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>!<br />

An<strong>de</strong>rs sieht die Situation aber noch in <strong><strong>de</strong>n</strong> Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

Asiens, Afrikas und Lateinamerikas aus,<br />

wo nach Angaben von UNICEF über 190 Mio. Kin<strong>de</strong>r im<br />

Alter von 5 bis 14 Jahren als billige Arbeitskräfte ihren<br />

Beitrag zum Familieneinkommen beisteuern müssen. 9<br />

Da evangelische Missionswerke sich <strong>de</strong>r Problematik<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit bewusst sind, treten sie <strong>für</strong> die Rechte<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen ein und beteiligen sich an<br />

Bündnissen gegen unzumutbare Kin<strong>de</strong>rarbeit.<br />

Eine Gruppe von Jungen teilt<br />

sich <strong><strong>de</strong>n</strong> Schlafplatz in einem<br />

Abbruchhaus. Die Gruppe<br />

bietet ihnen relative Sicherheit.<br />

Foto: Fiebig<br />

Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

Weltweit sind in vielen<br />

Groß- und Megastädten<br />

nicht nur die Wohnverhältnisse,<br />

son<strong>de</strong>rn auch<br />

die Familien verhältnisse<br />

so unerträglich, dass Kin<strong>de</strong>r<br />

– ab vier Jahren im<br />

Nestfl üchteralter – aus<br />

diesen Verhältnissen fl iehen<br />

und das raue Leben<br />

auf <strong>de</strong>r Straße <strong>de</strong>m Leben<br />

zuhause vorziehen.<br />

Aber <strong>de</strong>r Weg aus <strong>de</strong>r<br />

ersten Hölle führt in <strong>de</strong>r<br />

Regel nicht in die erhoffte Freiheit, son<strong>de</strong>rn in eine<br />

zweite Hölle. Diebstahl und Gewalt, Drogen und sexueller<br />

Missbrauch, Krankheiten, Straßenelend und Mord<br />

gehören zum Alltag dieser Kin<strong>de</strong>r, <strong><strong>de</strong>n</strong>en ihre Kindheit<br />

geraubt wor<strong><strong>de</strong>n</strong> ist. Wenn Kin<strong>de</strong>r unsere Zukunft sind,<br />

wie sieht dann unsere globale Zukunft aus?<br />

Evangelische Missionswerke unterstützen Projekte,<br />

die Straßenkin<strong>de</strong>r befähigen sollen, aus ihrer Isolierung<br />

herauszukommen und sich in soziale Strukturen<br />

einzuglie<strong>de</strong>rn. Dabei sollen sie nicht nur satt, son<strong>de</strong>rn<br />

als Personen anerkannt und in ihren Gaben geför<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, damit sie eines Tages selbstständige und verantwortungsvolle<br />

Glie<strong>de</strong>r in ihrer Gesellschaft wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

können.<br />

9 Vgl. Wikipedia, die freie Enzyklopädie, Artikel Kin<strong>de</strong>rarbeit,<br />

Situation heute (04.11.2009) und www.unicef.<strong>de</strong>.<br />

Die Deni lernen Lesen und<br />

Schreiben, um kommunikationsfähig<br />

zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Foto: Sass<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Bildung<br />

Evangelische Missionswerke<br />

haben seit ihren<br />

ersten Anfängen Bildung<br />

geför<strong>de</strong>rt, um Menschen<br />

einen freien und selbstständigen<br />

Zugang zur<br />

Heiligen Schrift als Quelle<br />

<strong>de</strong>s Glaubens zu ermöglichen.<br />

Diese Bildungsarbeit<br />

zielt vor allem auf<br />

spirituelles Wachstum.<br />

Gleichzeitig sind sich<br />

die Missionswerke aber<br />

bewusst, dass Bildung eine wesentliche Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong> ist, <strong>de</strong>m Teufelskreis <strong>de</strong>r Armut zu entkommen.<br />

Da sich die mo<strong>de</strong>rne Industriegesellschaft auch global<br />

immer mehr zu einer Wissensgesellschaft entwickelt,<br />

brauchen Kin<strong>de</strong>r weltweit ausreichen<strong>de</strong> Bildungschancen.<br />

Um zu lernen und zur Schule gehen zu können,<br />

müssen Kin<strong>de</strong>r weitgehend von Arbeitspfl ichten befreit<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Nur so entsteht ein Raum, in <strong>de</strong>m sich Selbstständigkeit,<br />

Kreativität und notwendiges Wissen entwickeln<br />

kann. Deshalb bemühen sich Missionswerke<br />

zusammen mit ihren Partnerkirchen, die Bildungschancen<br />

von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen durch Kin<strong>de</strong>rgärten,<br />

Schulen und Ausbildungsstätten zu verbessern.<br />

Ebenso wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Fachkräfte wie Ehrenamtliche befähigt,<br />

als Multiplikatoren <strong>für</strong> notwendige Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />

einzutreten (empowerment).<br />

Bildung ist eine wesentliche<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong>, <strong>de</strong>m Teufelskreis<br />

<strong>de</strong>r Armut zu entkommen.<br />

Didaktische Vorbemerkungen<br />

7


2 Allgemeine Sachinformationen<br />

2.1 Mission<br />

Ein großer französischer Autokonzern hat kein Problem<br />

damit, in seinem <strong>de</strong>utschen Fernsehspot mit folgen<strong>de</strong>m<br />

Slogan zu werben: „Dieses Design hat eine Mission.<br />

Dieser Antrieb hat eine Mission. Unsere Mission –<br />

weniger E<strong>mission</strong>.“ 10 Auch spricht man z. B. von einer<br />

Weltraum<strong>mission</strong> o<strong>de</strong>r davon, dass ein Diplomat in einer<br />

schwierigen Mission unterwegs ist. Die ursprüngliche<br />

Be<strong>de</strong>utung von Mission 11 ist Auftrag, Sendung, Ziel.<br />

Diese Be<strong>de</strong>utungsspektrum hat sich das Wort Mission<br />

im Englischen erhalten und in diesem Sinne wird es<br />

auch in unserer Alltagssprache verwandt.<br />

Dialog und Mission sind keine Wi<strong>de</strong>rsprüche,<br />

weil ein christliches Missionsverständnis<br />

sich immer am Maßstab <strong>de</strong>r Liebe messen<br />

lassen wird.<br />

Während <strong>de</strong>r Begriff Mission im säkularen Umfeld<br />

sehr unbefangen gebraucht wird, löst er gera<strong>de</strong> im<br />

kirchlich sozialisierten Milieu immer noch kontroverse<br />

Debatten aus. 12 Sehen die Einen in <strong>de</strong>r Mission nichts<br />

an<strong>de</strong>res als <strong><strong>de</strong>n</strong> Ausdruck westlicher Arroganz mit verheeren<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Folgen <strong>für</strong> frem<strong>de</strong> Völker und Kulturen, sind<br />

die An<strong>de</strong>ren <strong>für</strong> die Ausbreitung <strong>de</strong>s Christentums und<br />

das Entstehen einer weltweiten christlichen Gemeinschaft<br />

dankbar. 13 Historisch gesehen ist die Missionsgeschichte<br />

eine ambivalente Geschichte <strong>de</strong>r Wege und<br />

Irrwege: In Verbindung mit <strong>de</strong>m Kolonialismus gab es<br />

einerseits Unterwerfung, wirtschaftliche Ausbeutung<br />

und die Zerstörung eigenständiger Kulturen, an<strong>de</strong>rseits<br />

haben aber die Missionskirchen unbestrittene Verdienste<br />

in <strong><strong>de</strong>n</strong> Bereichen Krankenpflege und Bildung erwor-<br />

10 Werbespot Peugeot 308 – August 2009.<br />

11 Abgeleitet von <strong>de</strong>m Lateinischen mittere = sen<strong><strong>de</strong>n</strong>, schicken.<br />

12 „Wer das M-Wort in unseren Kirchen in <strong><strong>de</strong>n</strong> Mund nimmt, wird<br />

häufig schief angesehen: Mission – das war doch mal früher?<br />

Mission – gibt’s die überhaupt noch? Mission – da ist doch viel<br />

Schlimmes angerichtet wor<strong><strong>de</strong>n</strong>?“ Martin Keiper in: <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>:<br />

um Gottes Willen - <strong>de</strong>r Welt zuliebe, Studientexte, Reportagen,<br />

Hintergrün<strong>de</strong>, <strong>Material</strong>heft 1, Hamburg 2008, S. 3.<br />

13 Vgl. Wietzke, Joachim, ebenda S. 6.<br />

8 Allgemeine Sachinformationen · Mission<br />

ben. Damit haben sie zu einem nicht unerheblichen<br />

Maße zum Erwachen eines eigenen Bewusstseins gegen<br />

die europäische Überfremdung beigetragen. 14 Aus <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Missionskirchen haben sich eigenständige Kirchen mit<br />

einem eigenen Selbstbewusstsein entwickelt.<br />

Tatsache ist, dass alle Religionen mit universalem<br />

Anspruch (d. h. ihre Botschaft gilt allen Menschen) per<br />

se <strong>mission</strong>arisch sind. 15 „Mission ist Antwort auf <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

universalen Charakter <strong>de</strong>s christlichen Glaubens … Der<br />

christliche Monotheismus ist von sich aus auf Universalisierung<br />

angelegt, er fragt immer über seine eigene<br />

regionale Kultur hinaus – um Gottes willen.“ 16 Das<br />

Christentum beruft sich ausdrücklich auf einen Missionsbefehl<br />

<strong>de</strong>s auferstan<strong><strong>de</strong>n</strong> Christus: „Darum geht zu allen<br />

Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern;<br />

tauft sie auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Namen <strong>de</strong>s Vaters, <strong>de</strong>s Sohnes und <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Geistes, und lehrt das zu befolgen, was ich euch<br />

geboten habe. Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis<br />

an das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt.“ (Mt. 28,19 f.). Mission ist also<br />

die Fortsetzung <strong>de</strong>r göttlichen Sendung Jesu in die Welt<br />

o<strong>de</strong>r, an<strong>de</strong>rs ausgedrückt, Zeugnis von Gottes Liebe in<br />

Christus in Wort und Tat (missio <strong>de</strong>i). Christinnen und<br />

Christen sind in die Welt gesandt, die Frohe Botschaft<br />

Jesu Christi in Worten und Taten bekannt zu machen. 17<br />

Deshalb ist es von Anfang an <strong>de</strong>r Kernauftrag <strong>de</strong>r<br />

Kirche, das Evangelium nach innen und außen zu verkündigen.<br />

Dabei hat sich das Missionsverständnis weiter entwickelt,<br />

weg von einem einseitig geprägten europäischen<br />

hin zu einem dialogischen. „Dialog und Mission<br />

sind keine Wi<strong>de</strong>rsprüche, weil ein christliches Missionsverständnis<br />

sich immer am Maßstab <strong>de</strong>r Liebe (Agapé)<br />

messen lassen wird, welches Jesus vorgelebt hat – <strong>de</strong>r<br />

Welt zuliebe“. 18<br />

Verkündigung ist dabei integraler Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

interreligiösen und interkulturellen Dialogs. „Die<br />

Kenntnis <strong>de</strong>r eigenen Religion und Aufrichtigkeit im<br />

Re<strong><strong>de</strong>n</strong> über eigene Überzeugungen sind <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Dialog<br />

unerlässlich. Darum darf Mission als Lebensmoment<br />

14 Vgl. Schmidt-Kortenbusch, Martin, Abiturwissen Mission,<br />

Ökumene, Eine Welt, Stuttgart 1996, S. 6 f.<br />

15 Vgl. ebenda S. 8.<br />

16 Knuth, Anton, in: <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes Willen – <strong>de</strong>r Welt<br />

zuliebe, a. a. O., S. 11.<br />

17 Vgl. An<strong>de</strong>rs, Christoph, Begleitbrief zur Kampagne <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>,<br />

Hamburg 2009.<br />

18 Knuth, Anton, a. a. O., S. 12.


Gemein<strong>de</strong>aufbau am Stadtrand von Trujillo/Peru. Gottesdienst<br />

mit Missionar Garras. Foto: Becker<br />

<strong>de</strong>r christlichen Religion im interreligiösen Dialog nicht<br />

verschwiegen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> o<strong>de</strong>r aus Schamempfi n<strong><strong>de</strong>n</strong> wegen<br />

geschichtlicher Missbräuche <strong>de</strong>r Mission ausgespart<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>:“ 19<br />

Mission heute behält die Absicht, an<strong>de</strong>re Menschen<br />

zu überzeugen. Sie möchte Menschen auf einen Weg<br />

mitnehmen, auf <strong>de</strong>m die Gewissheit <strong>de</strong>s christlichen<br />

Glaubens ihre eigene Gewissheit wird. Aber sie tut<br />

dieses im Respekt vor <strong><strong>de</strong>n</strong> Überzeugungen <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>ren<br />

in Demut und Lernbereitschaft in Form von Begegnung<br />

und Dialog. 20<br />

Lange bevor es <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff Globalisierung gab, hat<br />

die Kirche schon global gedacht und die Vision einer<br />

die gesamte Welt umfassen<strong><strong>de</strong>n</strong>, christlichen Ökumene<br />

entwickelt. Der an<strong>de</strong>re Mensch ist von Beginn an Ziel<br />

<strong>de</strong>r missio <strong>de</strong>i. Deshalb vollzieht sich Mission beson<strong>de</strong>rs<br />

darin, dass Menschen miteinan<strong>de</strong>r Gemeinschaft haben.<br />

Deshalb leben auch Kirchen nicht nur <strong>für</strong> sich allein<br />

son<strong>de</strong>rn sind darauf angewiesen, ihre Gaben in einer<br />

weltweiten christlichen Gemeinschaft miteinan<strong>de</strong>r zu<br />

teilen. Viele Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> und Kirchenkreise pfl egen<br />

daher partnerschaftliche Beziehungen zu Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und Kirchen nach Übersee, was z. B. durch Austausch<br />

von Briefen, gegenseitige Besuche, Fürbitte und durch<br />

Unterstützung von Projekten geschieht. Partnerschaft<br />

be<strong>de</strong>utet, voneinan<strong>de</strong>r zu lernen, sich gegenseitig zu<br />

unterstützen, zu stärken, aber auch kritische Fragen zu<br />

stellen, was nicht immer konfl iktfrei ist. Die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Partner lernen so, religiöse, kulturelle und politische<br />

19 Richebächer, Wilhelm, in: <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes Willen –<br />

<strong>de</strong>r Welt zuliebe, a a. O., S. 16.<br />

20 Vgl. Hanfstängl, Michael, ebenda S. 18.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Grenzen zu überwin<strong><strong>de</strong>n</strong> und sich in ihrer An<strong>de</strong>rsartigkeit<br />

zu respektieren und vertrauensvoll anzunehmen. So<br />

wird <strong>de</strong>r eigene Horizont geweitet.<br />

Das Evangelium richtet sich an alle Dimensionen<br />

<strong>de</strong>s Lebens. Mission hat <strong><strong>de</strong>n</strong> ganzen Menschen im<br />

Blick, d. h. Glaube und Leben bil<strong><strong>de</strong>n</strong> eine untrennbare<br />

Einheit. Deshalb gehören Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums,<br />

Diakonie sowie <strong>de</strong>r Einsatz <strong>für</strong> Gerechtigkeit,<br />

Frie<strong><strong>de</strong>n</strong>, Versöhnung und Bewahrung <strong>de</strong>r Schöpfung<br />

<strong>für</strong> die <strong>mission</strong>arische Arbeit unlösbar zusammen. 21<br />

Mit Hilfe von Missionswerken versuchen die evangelischen<br />

Kirchen in Deutschland ihr <strong>mission</strong>arisches<br />

Han<strong>de</strong>ln konkret wer<strong><strong>de</strong>n</strong> zu lassen. „Missionswerke<br />

sind Einrichtungen, die im Auftrag <strong>de</strong>r Kirchen <strong>für</strong> die<br />

Verbindungen zwischen <strong><strong>de</strong>n</strong> Christinnen und Christen<br />

in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn da sind. Sie sind Netzwerke von<br />

Menschen und Kirchen aus aller Welt, die in ihrem<br />

Glauben und Engagement miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> sind.<br />

Sie bieten Informationen, Begegnungen, Einsätze von<br />

jungen Freiwilligen o<strong>de</strong>r Menschen, die mehrere Jahre<br />

in einer Partnerkirche mitarbeiten. Sie [...] unterstützen<br />

Projekte in Partnerlän<strong>de</strong>rn.“ 22 Die Missionswerke wollen<br />

Menschen befähigen, sich selber zu helfen, ihre Rechte<br />

zu kennen und sie einzufor<strong>de</strong>rn. Sie unterstützen daher<br />

Das Evangelium richtet sich<br />

an alle Dimensionen <strong>de</strong>s Lebens.<br />

z. B. Bildungsprogramme <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche und<br />

Erwachsene, för<strong>de</strong>rn <strong><strong>de</strong>n</strong> Bedingungen <strong>de</strong>s jeweiligen<br />

Lan<strong>de</strong>s angepasste Entwicklungsprogramme und<br />

Projekte zur Gesundheitsversorgung und setzen sich<br />

weltweit <strong>für</strong> die Rechte von Frauen, Flüchtlingen und<br />

Straßenkin<strong>de</strong>rn sowie bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

ein.<br />

21 Vgl. Landgraf, Michael, Eine Welt – unterwegs zu mehr<br />

Gerechtigkeit, Reli Bausteine 5, Stuttgart 2008, S. 126.<br />

Siehe dazu auch Lk 4,18 f.<br />

22 Interview mit Bernhard Dinkelaker, Generalsekretär <strong>de</strong>s<br />

Ev. Missionswerks in Südwest<strong>de</strong>utschland, in: ebenda S. 128.<br />

Allgemeine Sachinformationen · Mission<br />

9


2.2 Grundbedürfnisse<br />

„Was sind meine Grundbedürfnisse?“ Auf diese Frage<br />

hat je<strong>de</strong>r Mensch wohl seine eigene Antwort. Im Allgemeinen<br />

wird aber das, was Menschen unbedingt zu<br />

Leben brauchen (Wasser, Luft, Nahrung, ein Dach über<br />

<strong>de</strong>m Kopf, Kleidung, aber auch menschliche Zuwendung)<br />

als Basic Needs, menschliche Grundbedürfnisse,<br />

bezeichnet. 23<br />

Auf <strong>de</strong>r Weltbeschäftigungskonferenz <strong>de</strong>r Interna<br />

tionalen Arbeitsorganisation (ILO) 1976 wur<strong>de</strong><br />

erstmalig eine bis heute gültige Begriffsbestimmung<br />

festgelegt. Danach gilt ein Min<strong>de</strong>stlebensstandard,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> eine Gesellschaft <strong>für</strong> Ihre ärmste Gruppe festlegen<br />

sollte, als Grundbedarf.<br />

Kin<strong>de</strong>r versorgen sich auf einem Markt in Sao Paulo mit Abfallobst.<br />

Foto: Krüper<br />

23 Vgl. Eppler, Erhard, Was tun wir <strong>für</strong> unsere Grundbedürfnisse –<br />

zwölf Thesen, in: Global Lernen 3/2002, S. 7.<br />

10 Allgemeine Sachinformationen · Grundbedürfnisse<br />

„Die Erfüllung <strong>de</strong>r Grundbedürfnisse be<strong>de</strong>utet die<br />

Deckung <strong>de</strong>s privaten Min<strong>de</strong>stbedarfs einer Familie an<br />

Ernährung, Unterkunft, Bekleidung. Sie umfasst ferner<br />

die Inanspruchnahme lebenswichtiger Dienste, wie die<br />

Bereitstellung von gesun<strong>de</strong>m Trinkwasser, sanitären<br />

Einrichtungen, Transportmitteln, Gesundheits- und<br />

Bildungseinrichtungen, und das Erfor<strong>de</strong>rnis, dass <strong>für</strong><br />

je<strong>de</strong> arbeitsfähige und arbeitswillige Person eine angemessen<br />

entlohnte Arbeit zur Verfügung steht.<br />

Schließlich sollte sie auch die Erfüllung mehr qualitativer<br />

Bedürfnisse erfassen: Eine gesun<strong>de</strong>, humane<br />

und befriedigen<strong>de</strong> Umwelt, sowie eine Beteiligung <strong>de</strong>s<br />

Volkes an Entscheidungen, die sein Leben und seinen<br />

Lebens unterhalt sowie seine individuellen Freiheiten<br />

betreffen.“ 24<br />

Neben <strong><strong>de</strong>n</strong> rein materiellen gibt es auch immaterielle<br />

Grundbedürfnisse, die nicht durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Markt o<strong>de</strong>r die<br />

Wirtschaft, son<strong>de</strong>rn durch die Natur, Familie, Zivilgesellschaft,<br />

Stadt und Staat abge<strong>de</strong>ckt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> 25 . Immaterielle<br />

Bedürfnisse können dabei körperlicher, sozialer o<strong>de</strong>r<br />

geistiger Natur sein. Auch sind sie oft abhängig von <strong>de</strong>r<br />

Lebenssituation o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Lebensalter.<br />

Im Bereich von Entwicklung und Entwicklungspolitik<br />

erfor<strong>de</strong>rn an <strong><strong>de</strong>n</strong> Grundbedürfnissen orientierte Strategien<br />

eine möglichst weitgehen<strong>de</strong> Beteiligung <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

an Entscheidungen, die die eigenen Lebens- und<br />

Arbeitsbedingungen betreffen. 26<br />

24 Employment, Growth and Basic Needs: A One World Problem:<br />

Report of the Director General of the International Labour<br />

Office to the Tripartite World Conference on Employment,<br />

Income Distribution and Social Progress, and the International<br />

Division of Labour. Geneva: ILO, 1976. (1976) S. 7, zitiert<br />

nach: Armut bekämpfen, Gerechtigkeit schaffen, VENRO (Hg.),<br />

Bonn 2001, S. 7.<br />

25 Vgl. Eppler, Erhard, a. a. O., S. 7.<br />

26 Vgl. Nohlen, Dieter, Das „Grundbedürfniskonzept“,<br />

in: Global lernen 3/2002, S. 6.


2.3 Armut<br />

Armut kann viele Ursachen haben, etwa Arbeitslosigkeit,<br />

Krankheit, Kriege o<strong>de</strong>r Migration. „Als Ursachen<br />

<strong>für</strong> Armut sind in Deutschland vor allem Arbeitslosigkeit<br />

und Kin<strong>de</strong>rreichtum (<strong>für</strong> allein erziehen<strong>de</strong> Mütter, <strong>für</strong><br />

Familien mit mehren Kin<strong>de</strong>rn und <strong>für</strong> Migrantenfamilien)<br />

zu nennen. Berücksichtigt man zusätzlich, dass<br />

Menschen mit geringeren Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen<br />

überproportional von Arbeitslosigkeit<br />

betroffen sind, muss man zu <strong>de</strong>m Schluss kommen, dass<br />

ein geringes Bildungsniveau, die Staatsangehörigkeit<br />

und Kin<strong>de</strong>r im heutigen Deutschland ein hohes Armutsrisiko<br />

darstellen.“ 27 Arme Kin<strong>de</strong>r sind körperlich, seelisch<br />

und geistig weniger gesund als ihre besser situierten<br />

Altersgenossen. Sie erreichen in <strong>de</strong>r Regel schlechtere<br />

Schulabschlüsse und sind von einer Vielzahl sozialer<br />

Probleme stärker betroffen.<br />

Armen mangelt es an <strong>de</strong>r materiellen Grundversorgung.<br />

Sie wohnen, ernähren und klei<strong><strong>de</strong>n</strong> sich schlechter<br />

als <strong>de</strong>r Durchschnitt. Wie an<strong>de</strong>re Leistungsschwache<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie oft an <strong><strong>de</strong>n</strong> Rand <strong>de</strong>r Gesellschaft gedrängt,<br />

weil sie <strong><strong>de</strong>n</strong> Normen <strong>de</strong>r Leistungsgesellschaft nicht<br />

mehr genügen. Dabei i<strong><strong>de</strong>n</strong>tifi zieren sich die von Ausgrenzung<br />

betroffenen Menschen oft mit <strong><strong>de</strong>n</strong> gesellschaftlichen<br />

Werten von Reichtum, Wohlstand und<br />

körperlicher Attraktivität und empfi n<strong><strong>de</strong>n</strong> sich selbst als<br />

Versager und min<strong>de</strong>rwertig. Der sozialen Ausgrenzung<br />

folgt häufi g eine räumliche Ausgrenzung in die Randlagen<br />

<strong>de</strong>r Wohngebiete, die nicht selten von einer selbst<br />

gewählten sozialen Isolierung begleitet wird. 28<br />

Per Defi nition wird Armut als ein gravieren<strong>de</strong>r<br />

Mangel in Bezug auf die Chance verstan<strong><strong>de</strong>n</strong>, ein Leben,<br />

das gewissen Minimalstandards entspricht, zu führen.<br />

Dabei sind die gesellschaftlich anerkannten Maßstäbe,<br />

die <strong>de</strong>r Defi nition dieser Minimalstandards <strong>de</strong>r Lebensführung<br />

zugrun<strong>de</strong> liegen, sowie die maßgeblichen Vorstellungen<br />

über die Ursachen von Armut sowohl zeitlich<br />

als auch örtlich gebun<strong><strong>de</strong>n</strong> 29 .<br />

27 Dreyer, Manfred, Unterrichtseinheit: „Reiches Land – arme<br />

Kin<strong>de</strong>r, Armut und soziale Ausgrenzung in Deutschland“ ,<br />

Berlin 2004, S. 4.<br />

28 Vgl. ebenda.<br />

29 Vgl. Hei<strong>de</strong>lberger Online Lexikon <strong>de</strong>r Politik (Projekt C. H. Beck-<br />

Verlag), www.politikwissen.<strong>de</strong>/lexikon/armut.html, Artikel<br />

Armut (17.07.2008).<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Fassa<strong>de</strong> eines Wohnblocks in Hillbrow (Johannesburg/Südafrika). Foto: Lüttich<br />

„Die Europäische Union <strong>de</strong>fi niert als ‚arm‘, wer weniger<br />

als 60% <strong>de</strong>s Medianeinkommens seines Heimatlan<strong>de</strong>s<br />

zur Verfügung hat. An<strong>de</strong>re, z. B. die Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO legen die Grenze bei 50%. Während<br />

<strong>de</strong>r Ressourcenansatz nur auf monetäre Aspekte eingeht,<br />

berücksichtigt <strong>de</strong>r Lebenslagenansatz die tatsächliche<br />

Versorgungslage in zentralen Lebensbereichen wie<br />

Ernährung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit, Bildung,<br />

Transport und Kommunikationsmöglichkeiten sowie<br />

soziale Sicherheit und Rechtsschutz unabhängig von<br />

<strong>de</strong>r allgemeinen Verfügbarkeit. Bei <strong><strong>de</strong>n</strong> ökonomischen<br />

Armutskonzepten wird zu<strong>de</strong>m zwischen relativer Armut<br />

und absoluter Armut sowie objektiver und subjektiver<br />

Armut unterschie<strong><strong>de</strong>n</strong>.“ 30<br />

Während sich <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r relativen Armut am<br />

jeweiligen sozialen Umfeld eines Menschen orientiert,<br />

bestimmt sich die absolute Armutsgrenze als Einkommens-<br />

o<strong>de</strong>r Ausgabenniveau, unter <strong>de</strong>m sich die Menschen die<br />

<strong>für</strong> sie erfor<strong>de</strong>rliche Ernährung sowie lebenswichtige<br />

Bedarfsartikel <strong>de</strong>s täglichen Lebens nicht mehr leisten<br />

können. Die Weltbank betrachtet Menschen, die weniger<br />

als einem US-Dollar pro Tag <strong>für</strong> ihren Lebensunterhalt<br />

zur Verfügung haben, als arm 31 .<br />

30 www.<strong>de</strong>utschland-<strong>de</strong>batte.<strong>de</strong>/2008/07/03/ (Archiv),<br />

(23.07.2008).<br />

31 Vgl. Wikipedia, die freie Enzyklopädie, <strong>de</strong>.wikipedia.org,<br />

Artikel Armut. Der Artikel bietet eine gute erste thematische<br />

Orien tierung (23.07.2008).<br />

Allgemeine Sachinformationen · Armut<br />

11


2.4 Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

Nicht wenige Jugendliche in Deutschland jobben regelmäßig,<br />

um sich ihre Freizeit und ihre Konsumwünsche<br />

zu finanzieren. Kin<strong>de</strong>r arbeiten in allen Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong>. Ob Kin<strong>de</strong>rarbeit jedoch schädlich ist o<strong>de</strong>r nicht,<br />

hängt von ihren Umstän<strong><strong>de</strong>n</strong> ab. In vielen Kulturen und<br />

Län<strong>de</strong>rn wird die Mithilfe <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r als sehr positiv<br />

gesehen. Die Kin<strong>de</strong>r lernen so, langsam in ihre spätere<br />

Rolle als Erwachsene hineinzuwachsen und allmählich<br />

immer mehr Verantwortung zu übernehmen. Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

kann also unter bestimmten Umstän<strong><strong>de</strong>n</strong> sogar<br />

die Entwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r för<strong>de</strong>rn. Deshalb sollte<br />

die Arbeit von Kin<strong>de</strong>rn, wenn sie angemessen ist und<br />

bestimmte Standards erfüllt, nicht generell verurteilt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Aufklärungsarbeit ist wichtig.<br />

Denn Kin<strong>de</strong>r können an <strong>de</strong>r Herstellung<br />

von Markenartikeln o<strong>de</strong>r Designerprodukten<br />

ebenso beteiligt sein wie an<br />

<strong>de</strong>r Produktion von Billigartikeln.<br />

Bekämpft wer<strong><strong>de</strong>n</strong> muss sie aber, wenn Kin<strong>de</strong>r, nur<br />

um Gewinne zu maximieren, unter unzumutbaren<br />

Bedingungen schamlos ausgebeutet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. „Teppiche<br />

knüpfen, Steine hauen, als Haussklaven schuften, auf<br />

Plantagen ackern – weltweit arbeiten gut 218 Millionen<br />

Kin<strong>de</strong>r regelmäßig mehrere Stun<strong><strong>de</strong>n</strong> am Tag.<br />

126 Millionen von ihnen schuften unter gefährlichen<br />

und ausbeute rischen Bedingungen. Die oft viel zu schwere<br />

Arbeit und Misshandlungen verursachen bei vielen<br />

Kin<strong>de</strong>rn bleiben<strong>de</strong> Schä<strong><strong>de</strong>n</strong> an Körper und Seele. Für<br />

Kin<strong>de</strong>rhändler, Fabrikbesitzer und ganze Industrien ist<br />

das Geschäft mit Kin<strong>de</strong>rarbeitern … sehr lukrativ. Kin<strong>de</strong>r<br />

lassen sich leicht ausbeuten, können sich nicht wehren<br />

und sind fast nie gewerkschaftlich organisiert. Und sie<br />

12 Allgemeine Sachinformationen · Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

Indisches Mädchen beim Drehen von Hanfseilen. Foto: Heine<br />

sind wesentlich billiger als erwachsene Arbeiter.“ 32 Viele<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, die unter diesen schrecklichen Bedingungen<br />

arbeiten müssen, sind in einem Alter von 5 bis 14 Jahren.<br />

Weil die Eltern arm, die Bezahlung miserabel und ihre<br />

Arbeitstage extrem lang sind, haben die meisten von<br />

ihnen kaum eine Chance, je eine Schule zu besuchen<br />

o<strong>de</strong>r gar eine soli<strong>de</strong> Berufsausbildung zu erhalten.<br />

„Krasse Ausbeutung von Kin<strong>de</strong>rn und Erwachsenen<br />

gibt es schon lange – und in immer neuen Facetten und<br />

Ausprägungen. Ziemlich neu aber ist, dass massenhafter<br />

Wohlstand neben erbärmlichster Armut steht und dass<br />

die einen von <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren wissen.“ 33 In vielen Produkten,<br />

die in Europa käuflich zu erwerben sind, steckt<br />

Arbeit von Kin<strong>de</strong>rn. Wir partizipieren also bewusst o<strong>de</strong>r<br />

unbewusst an <strong>de</strong>r weltweiten Ausbeutung von Kin<strong>de</strong>rn.<br />

Oft wissen wir gar nichts über die genauen Umstän<strong>de</strong>,<br />

unter <strong><strong>de</strong>n</strong>en ein bestimmtes Produkt hergestellt wor<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

ist. Denn die Angabe <strong>de</strong>s Herkunftslan<strong>de</strong>s sagt genauso<br />

wenig wie <strong>de</strong>r Preis etwas über die konkreten Bedingungen<br />

aus, zu <strong><strong>de</strong>n</strong>en sie produziert wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind. So können<br />

Kin<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Herstellung von Markenartikeln o<strong>de</strong>r<br />

Designerprodukten genauso beteiligt gewesen sein wie<br />

an <strong>de</strong>r Produktion von Billigartikeln. An dieser Stelle ist<br />

Aufklärungsarbeit beson<strong>de</strong>rs wichtig. Nur wenn die Verbraucher<br />

informiert sind, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie nach Alternativen<br />

fragen. Nur wenn die entsprechen<strong>de</strong> Nachfrage da<br />

ist, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Han<strong>de</strong>l und Produzenten sich verpflichten,<br />

bestimmte Arbeitsstandards einzuhalten und entsprechen<strong>de</strong><br />

Warenzeichen, wie z. B. Rugmark, <strong>für</strong> Produkte<br />

ohne Kin<strong>de</strong>rarbeit zu etablieren. 34<br />

32 Rehbein, Ulla, Planet Wissen, Artikel Kin<strong>de</strong>rarbeit, in:<br />

www.planet-wissen.<strong>de</strong> (14.11.2009).<br />

33 www.tdh.<strong>de</strong>/content/themen/schwerpunkte/kin<strong>de</strong>rarbeit/<br />

ueberblick.htm (14.11.2009).<br />

34 Vgl. www.forum-kin<strong>de</strong>rarbeit.<strong>de</strong> Hintergrundinformationen<br />

(14.11.2009).


Mit <strong>de</strong>r Unterzeichnung <strong>de</strong>r UN-Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention<br />

haben sich bis heute 191 Staaten, u. a. Deutschland,<br />

verpfl ichtet, die ausbeuterische Kin<strong>de</strong>rarbeit zu<br />

verbieten.<br />

Die Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention <strong>de</strong>r Vereinten Nationen<br />

<strong>de</strong>fi niert Kin<strong>de</strong>rarbeit in Artikel 32 folgen<strong>de</strong>rmaßen:<br />

Artikel 32<br />

[Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung]<br />

Die Vertragsstaaten erkennen das Recht <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und<br />

nicht zu einer Arbeit herangezogen zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, die<br />

Gefahren mit sich bringen, die Erziehung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

behin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r die Gesundheit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r seine<br />

körperliche, geistige, seelische, sittliche o<strong>de</strong>r soziale<br />

Entwicklung schädigen könnte.<br />

Die Vertragsstaaten treffen Gesetzgebungs-, Verwaltungs-,<br />

Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um die<br />

Durchführung dieses Artikels sicherzustellen. Zu diesem<br />

Zweck und unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r einschlägigen<br />

Bestimmungen an<strong>de</strong>rer internationaler Übereinkünfte<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Vertragsstaaten insbeson<strong>de</strong>re<br />

ein o<strong>de</strong>r mehrere Min<strong>de</strong>stalter <strong>für</strong> die Zulassung zur<br />

Arbeit festlegen;<br />

eine angemessene Regelung <strong>de</strong>r Arbeitszeit und <strong>de</strong>r<br />

Arbeitsbedingungen vorsehen;<br />

angemessene Strafen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Sanktionen zur<br />

wirksamen Durchsetzung dieses Artikels vor sehen. 35<br />

35 Übereinkommen über die Rechte <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s, UN-Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention<br />

im Wortlaut mit <strong>Material</strong>ien, Bun<strong>de</strong>sministerium<br />

<strong>für</strong> Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.), Berlin 2007,<br />

S. 21 f., www.bmfsfj.<strong>de</strong> . Weitere Informationen gibt es auf <strong>de</strong>r<br />

Homepage <strong>de</strong>s Auswärtigen Amtes: www.auswaertiges-amt.<br />

<strong>de</strong>/diplo/<strong>de</strong>/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/<br />

Kin<strong>de</strong>rrechteVN.html (17.11.2009).<br />

Verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Konventionen legen Altersgrenzen fest:<br />

International Labour Organisation (ILO), Konvention Nr. 138,<br />

1973: Min<strong>de</strong>stalter: 15 Jahre (<strong>für</strong> Industriestaaten), o<strong>de</strong>r En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r allgemeinen Schulpfl icht. Min<strong>de</strong>stalter: 13 bis 14 Jahre <strong>für</strong><br />

so genannte leichte Arbeit, die keine Gefährdung birgt.<br />

UN-Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention von 1989: generelle Altersschutzgrenze<br />

18 Jahre.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Nur wenn Eltern so viel verdienen,<br />

dass sie nicht mehr auf das<br />

Zusatzeinkommen durch ihre Kin<strong>de</strong>r<br />

angewiesen sind, kann Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

been<strong>de</strong>t wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Weltweit arbeiten über 25% aller Kin<strong>de</strong>r zwischen<br />

5 und 14 Jahren unter Bedingungen, die ihrer Entwicklung<br />

und Gesundheit scha<strong><strong>de</strong>n</strong>, die meisten in Asien<br />

(ca. 120 Mio.), Afrika (50 Mio.) und Lateinamerika<br />

(10,9 Mio.). 36<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit, die Kin<strong>de</strong>r zur Arbeit und zum Mitverdienen<br />

verpfl ichtet, kann nur been<strong>de</strong>t wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, wenn<br />

die Eltern soviel verdienen, dass sie nicht mehr auf das<br />

Zusatzeinkommen angewiesen sind. Hierzu müssen in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> jeweiligen Staaten die entsprechen<strong><strong>de</strong>n</strong> politischen<br />

und wirtschaftlichen Initiativen entwickelt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, die<br />

die unmenschlichen, kin<strong>de</strong>rfeindlichen Auswirkungen<br />

<strong>de</strong>r neoliberalen Strukturanpassung zurücknehmen.<br />

Der Einsatz <strong>für</strong> die Abschaffung jener Formen von<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit, die ohne Zweifel extrem schädlich <strong>für</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r sind und grundlegen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>rrechte, wie sie<br />

in <strong>de</strong>r UN-Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention festgehalten sind,<br />

verletzen, ist dringend geboten. Dabei gibt es jedoch<br />

we<strong>de</strong>r Globallösungen zur Durchsetzung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rrechte,<br />

noch „Königswege“ zur raschen Abschaffung <strong>de</strong>r<br />

unerträglichsten Formen von Kin<strong>de</strong>rarbeit. Wohl aber<br />

gibt es vielfältige Handlungsansätze, die sich ergänzen<br />

können. 37<br />

36 Zahlen nach Angaben von <strong>de</strong>r Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO) in Genf. Danach arbeitet in Afrika je<strong>de</strong>s 4. und in<br />

Lateinamerika je<strong>de</strong>s 5. Kind regelmäßig.<br />

37 Siehe dazu www.forum-kin<strong>de</strong>rarbeit.<strong>de</strong> Hintergrundinformationen<br />

(17.11.2009).<br />

Allgemeine Sachinformationen · Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

13


2.5 Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

Ein Leben auf <strong>de</strong>r Straße – <strong>für</strong> Millionen Kin<strong>de</strong>r ist das<br />

die tägliche Realität. Ein Phänomen, das alle Län<strong>de</strong>r<br />

kennen, egal ob Industrienation, Schwellen- o<strong>de</strong>r<br />

Entwicklungsland. Ca. 33 Millionen Kin<strong>de</strong>r leben nach<br />

Schätzungen <strong>de</strong>r Weltgesundheitsorganisation WHO<br />

weltweit auf <strong>de</strong>r Straße. An<strong>de</strong>re Quellen nennen bis<br />

zu 100 Millionen Straßenkin<strong>de</strong>r. 38 Sie sammeln sich in<br />

<strong>de</strong>r Regel in <strong><strong>de</strong>n</strong> Städten und in <strong><strong>de</strong>n</strong> großen Ballungsgebieten,<br />

in ländlichen Regionen sind sie seltener<br />

anzutreffen.<br />

Die Grün<strong>de</strong>, warum Kin<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Straße leben, sind<br />

individuell und regional sehr verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>. Oft stammen<br />

sie aus <strong><strong>de</strong>n</strong> Elendsvierteln am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Metropolen,<br />

wo es we<strong>de</strong>r Wasser, Strom, Zugang zu Bildung o<strong>de</strong>r<br />

Gesundheitsvorsorge gibt. 39 Meist sind es die Kin<strong>de</strong>r<br />

selber, die als Reaktion auf Konflikte, Gewalt o<strong>de</strong>r<br />

Missbrauch <strong><strong>de</strong>n</strong> Kontakt zu ihren Familien abbrechen.<br />

An<strong>de</strong>re Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> ein Leben auf <strong>de</strong>r Straße können<br />

Kriegswirren, Katastrophen, extreme Armut und HIV/<br />

Aids o<strong>de</strong>r Tod <strong>de</strong>r Eltern sein. Während in Deutschland<br />

<strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>r Straßenkin<strong>de</strong>r zwischen 14 und<br />

18 Jahren alt ist, sind in <strong><strong>de</strong>n</strong> Entwicklungslän<strong>de</strong>rn viele<br />

Kin<strong>de</strong>r noch unter 10 Jahren, teilweise schon mit 5 auf<br />

<strong>de</strong>r Straße zu fin<strong><strong>de</strong>n</strong>. In <strong><strong>de</strong>n</strong> ärmeren Län<strong>de</strong>rn gehören<br />

ökonomische Faktoren zu <strong><strong>de</strong>n</strong> Hauptursachen, warum<br />

Kin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Jugendliche auf <strong>de</strong>r Straße leben. Dagegen<br />

spielt in Deutschland die Suche nach Orientierung und<br />

Bindung oft eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>re Rolle.<br />

Die Grün<strong>de</strong>, warum<br />

Kin<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Straße leben,<br />

sind individuell und<br />

regional sehr verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

38 Vgl. terre <strong>de</strong>s hommes: www.tdh.<strong>de</strong>/content/themen/<br />

schwerpunkte/strassenkin<strong>de</strong>r/phaenomen.htm.<br />

(30.07.2008).<br />

39 Vgl. Infomappe Straßenkin<strong>de</strong>r, Kin<strong>de</strong>rnothilfe Duisburg, S. 10.<br />

14 Allgemeine Sachinformationen · Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

In Deutschland wer<strong><strong>de</strong>n</strong> »min<strong>de</strong>rjährige Jugendliche«<br />

als Straßenkin<strong>de</strong>r bezeichnet, „ »die sich weitgehend und<br />

dauerhaft abgewen<strong>de</strong>t haben von gesellschaftlich vorgesehenen<br />

Sozialisationsinstanzen, sich im Wesentlichen,<br />

meist zusammen mit an<strong>de</strong>ren Jugendlichen, am Lebensmittelpunkt<br />

öffentlicher Raum als einzigem aktuellen<br />

Sozialisationsort orientieren und mit ihrem Han<strong>de</strong>ln<br />

gegen gesellschaftlich anerkannte Normalzustän<strong>de</strong><br />

verstoßen.« (Fachlexikon <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit)<br />

In internationalen Fachkreisen ist es üblich gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

drei Gruppen zu unterschei<strong><strong>de</strong>n</strong>:<br />

1. Obdachlose Kin<strong>de</strong>r, die jeglichen Kontakt zur Herkunftsfamilie<br />

abgebrochen haben (Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Straße).<br />

2. Kin<strong>de</strong>r, <strong>für</strong> die die Straße <strong>de</strong>r Lebensmittelpunkt ist,<br />

auf <strong>de</strong>m sie die meiste Zeit <strong>de</strong>s Tages – in <strong>de</strong>r Regel<br />

zum Geldverdienen, aber auch in Ban<strong><strong>de</strong>n</strong> o<strong>de</strong>r<br />

Cliquen – verbringen.<br />

3. Kin<strong>de</strong>r, die gemeinsam mit ihrer ebenfalls obdachlosen<br />

Familie auf <strong>de</strong>r Straße leben.“ 40<br />

Das Leben auf <strong>de</strong>r Straße be<strong>de</strong>utet Überlebenskampf<br />

pur. Während Kin<strong>de</strong>r üblicherweise verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />

Statio nen <strong>de</strong>r Sozialisation durchlaufen (Familie,<br />

Kin<strong>de</strong>rgarten , Schule, Freun<strong>de</strong>skreis, Berufsausbildung),<br />

haben Straßenkin<strong>de</strong>r oft nur gescheiterte Erfahrungen<br />

in <strong>de</strong>r Familie hinter sich und die Straße wird <strong>für</strong> sie zum<br />

Ort <strong>de</strong>r Sozialisation. Sie sind <strong>de</strong>r Gewalt, <strong>de</strong>m sexuellen<br />

Missbrauch, Drogen, Kriminalität und <strong>de</strong>r Willkür von<br />

Erwachsenen ausgesetzt. Sie haben keinen geschützten<br />

Raum, in <strong><strong>de</strong>n</strong> sie sich zurückziehen können. Um überleben<br />

zu können, organisieren sie sich oft in hierarchischen<br />

Gruppen, die ihnen Schutz bieten und die Familie<br />

ersetzen sollen. Dabei übernehmen sie Verhaltensweisen<br />

von Erwachsenen aus <strong>de</strong>m Straßenmilieu und<br />

versuchen sich mit legalen und illegalen Tätigkeiten<br />

über Wasser zu halten. 41<br />

40 www.tdh.<strong>de</strong>/content/themen/schwerpunkte/<br />

strassenkin<strong>de</strong>r/daten.htm. (30.07.2008).<br />

41 Vgl. ebenda.


2.6 Bildung<br />

Bildung kommt von „Bild“, genauer von „Ebenbild“,<br />

<strong>de</strong>r Mensch als „Ebenbild Gottes“:<br />

In diesem Sinne hat <strong>de</strong>r mittelalterliche Mystiker<br />

Meister Eckhart (1260–1327) <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff vermutlich<br />

erstmals gebraucht. Für ihn war Bildung das mystische<br />

Bestreben, das wahre Bild Gottes, Jesus Christus, in <strong>de</strong>r<br />

eigenen Seele abzubil<strong><strong>de</strong>n</strong>. Sie erfolgt durch das Studium<br />

<strong>de</strong>r Heiligen Schrift, durch Meditation und Gebet und<br />

ist somit ihrem Ursprung nach eine geistliche, spirituelle<br />

Übung. 42<br />

Im Mittelpunkt <strong>de</strong>s reformatorischen Bildungsbegriffs<br />

steht die Erfahrung. Durch eigenes Lesen und Hören<br />

sollte je<strong>de</strong>r Mensch selbst in <strong>de</strong>r Lage sein, die Grundlagen<br />

<strong>de</strong>s Glaubens zu erkennen und auf das eigene<br />

Leben anzuwen<strong><strong>de</strong>n</strong>, wodurch gleichzeitig neue Erfahrungen<br />

eröffnet wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sollten. Auch <strong>für</strong> Martin Luther<br />

war das Ziel <strong>de</strong>r Bildung letztendlich die Erkenntnis<br />

Gottes. 43<br />

In Zeiten <strong>de</strong>r Globalisierung und <strong>de</strong>s technologischen<br />

und soziokulturellem Wan<strong>de</strong>ls geht es heute bei <strong>de</strong>r<br />

Bildung oft nur um die Effi zienz, das „Fitmachen“, <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

raschen Erwerb verwertbaren Wissens, um vor allem <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

berufl ichen Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Leistungs-<br />

und Wissensgesellschaft schnellst möglich genügen zu<br />

können.<br />

Bildung ist aber mehr: Sie ist die Formung eines<br />

Menschen in Hinblick auf seine geistigen, seelischen,<br />

kulturellen und sozialen Fähigkeiten! 44 Während<br />

Erziehung in <strong>de</strong>r Pädagogik primär die Hilfen bezeichnet,<br />

die einem Heranwachsen<strong><strong>de</strong>n</strong> auf seinem Weg zur<br />

Lebenstüchtigkeit und Mündigkeit durch an<strong>de</strong>re (Eltern,<br />

Schule etc.) zuteil wird, wird Bildung als ein lebenslanger<br />

Prozess betrachtet, <strong>de</strong>r nicht mit <strong>de</strong>r Erreichung eines<br />

bestimmten Lebensalters o<strong>de</strong>r einer beson<strong>de</strong>ren<br />

Entwicklungsstufe abgeschlossen ist. 45 Ziel von Bildung<br />

ist es, einen Menschen zu einer autonom <strong><strong>de</strong>n</strong>ken<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und han<strong>de</strong>ln<strong><strong>de</strong>n</strong> Persönlichkeit zu entwickeln, die in <strong>de</strong>r<br />

Lage ist, selbstständig Probleme zu lösen. 46 Bildung ist<br />

42 Siehe Gäfgen-Track, Kerstin, PISA und <strong>de</strong>r Religions<strong>unterricht</strong><br />

o<strong>de</strong>r neue Chancen <strong>für</strong> einen protestantischen Bildungsbegriff ,<br />

Karl Friedrich Haag zum 60. Geburtstag, rpi Loccum, www.rpiloccum.<strong>de</strong>/pisagae.html<br />

(28.09.2009).<br />

43 Siehe ebenda.<br />

44 Vgl. Meyers Online Lexikon, Artikel Bildung, lexikon.meyers.<br />

<strong>de</strong>/meyers/Bildung (25.7.2008) (Das Lexikonportal Meyers<br />

Lexikon online wur<strong>de</strong> zum 23.3.2009 abgeschaltet.)<br />

45 Vgl. ebenda.<br />

46 Siehe Wilhelm, Theodor, Funktionswan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Schule. Das<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

also mehr als nur die Aneignung von Wissen. Deshalb<br />

ist <strong>für</strong> sie die Entwicklung eigenen Urteilsvermögens,<br />

von Refl exionsfähigkeit sowie einer kritischen Distanz<br />

gegenüber <strong><strong>de</strong>n</strong> Bildungsinhalten unverzichtbar. Bildung<br />

ist die Fähigkeit <strong>de</strong>s Menschen, sich über die Aneignung<br />

<strong>de</strong>r Welt eigenständig zu entfalten.<br />

Bildung ist mehr als Schul- und Ausbildung, <strong>de</strong>ren<br />

gemeinsame Aufgabe es ist, junge Menschen in einem<br />

festgelegten gesellschaftlichen Kontext <strong>für</strong> ihre späte-<br />

Afrikanische Klassenräume sind oft überfüllt.<br />

Foto: Partnerschaftsgruppe<br />

Fundament schulischen Lernens im Zeitalter wachsen<strong>de</strong>r Informationsdichte.<br />

Essen 1984, S. 61:<br />

»Allgemeinbildung setzt voraus,<br />

dass man nicht alles zu wissen braucht, aber ein weiter Gesichtskreis<br />

zur Verfügung steht;<br />

dass dieser Gesichtskreis auch die Zukunft umfasst und dass<br />

man sich <strong>für</strong> diese Zukunft verantwortlich weiß;<br />

dass hochrangige berufl iche Spezialisierung die Empfänglichkeit<br />

<strong>für</strong> an<strong>de</strong>res nicht verschließt;<br />

dass das Bedürfnis, alles immer noch einmal zu über<strong><strong>de</strong>n</strong>ken,<br />

nicht erloschen ist, und dass man sich dazu die nötige Zeit<br />

nimmt;<br />

dass man in <strong>de</strong>r Lage ist, das Einzelne in <strong><strong>de</strong>n</strong> Zusammenhang<br />

<strong>de</strong>s Ganzen zu stellen;<br />

dass man über <strong>de</strong>m Sehen und Hören das Fragen nicht vergisst;<br />

dass man sich nicht geniert, Nichtwissen zuzugeben;<br />

dass man sich nicht zu gut ist, immer wie<strong>de</strong>r zu <strong><strong>de</strong>n</strong> elementaren<br />

Fragen zurückzukehren;<br />

dass man tolerant ist gegenüber <strong>de</strong>r Meinung an<strong>de</strong>rer, daher<br />

auch neugierig, sie zu erfahren;<br />

und dass man sich we<strong>de</strong>r durch intellektuelle Spiegelgefechte<br />

noch durch Vielwisserei (o<strong>de</strong>r alles besser zu wissen) imponieren<br />

lässt.“<br />

Allgemeine Sachinformationen · Bildung<br />

15


Bildung ist die Formung eines<br />

Menschen in Hinblick auf seine<br />

geistigen, seelischen, kulturellen<br />

und sozialen Fähigkeiten!<br />

ren Aufgaben in Leben und Beruf zu qualifizieren.<br />

Während die Schulbildung vor allem bestimmte Kulturtechniken<br />

wie Lesen, Schreiben, Rechnen und ein von<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft festgelegten Standard an Allgemeinbildung<br />

und ethischen Wertmaßstäben vermitteln soll,<br />

hat die Ausbildung im Allgemeinen die Vermittlung von<br />

Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die <strong>für</strong> die<br />

Berufsausübung in einer sich wan<strong>de</strong>ln<strong><strong>de</strong>n</strong> Arbeitswelt<br />

erfor<strong>de</strong>rlich sind, 47 zum Inhalt.<br />

Bildung ist immer kontextbezogen. Sie unterschei<strong>de</strong>t<br />

sich von Kultur zu Kultur und von Gesellschaft zu Gesell-<br />

schaft. Damit Angehörige eines indigenen Volkes im<br />

brasilianischen Urwald<br />

ihr Leben selber gestalten<br />

können, müssen sie<br />

an<strong>de</strong>re Dinge lernen<br />

als z. B. Jugendliche in<br />

Deutschland. Tatsache<br />

ist jedoch, dass die Welt<br />

immer enger zusammenwächst<br />

und vor allem<br />

die wirtschaftlichen und<br />

ökologischen Folgen<br />

<strong>de</strong>r Globalisierung die<br />

Lebensverhältnisse<br />

weltweit verän<strong>de</strong>rn.<br />

Verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> mit viel Geld<br />

und Macht geht mit <strong>de</strong>r<br />

wirtschaftlichen Globalisierung<br />

auch eine kulturelle Globalisierung einher, in<br />

<strong>de</strong>ren Folge oft kulturbezoge nes Wissen, Lebensweisheiten<br />

und traditionelle Ausdrucksformen verloren gehen.<br />

Dieses alles hat auch Konsequenzen <strong>für</strong> die Bildung,<br />

die Teil <strong>de</strong>r kulturellen Globalisierung ist. Traditionelle<br />

Kulturtechniken gehen verloren, neue Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten müssen erlernt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, um in <strong>de</strong>r Einen<br />

Welt überleben zu können.<br />

Traditionelles Lernen. Kin<strong>de</strong>r beim<br />

Feuermachen <strong>für</strong> die Essens zubereitung.<br />

Foto: Heine<br />

47 Vgl. Meyers Online Lexikon, Artikel Ausbildung (25.07.2008).<br />

16 Allgemeine Sachinformationen · Bildung<br />

Viele Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien können<br />

ihr Überleben nur im Armutssektor <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />

(Klein- und Kleinstbetriebe) sichern. Diese Menschen<br />

und ihre Kin<strong>de</strong>r haben oft nur einen sehr begrenzten<br />

Zugang zur formalen Bildung. In vielen Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

gibt es keine allgemeine Schulpflicht und keine Berufsausbildung,<br />

wie wir sie kennen. Alles, was sie wissen und<br />

können, lernen Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche von ihren Eltern<br />

o<strong>de</strong>r Verwandten. Diese Form <strong>de</strong>r Bildung genügt nicht<br />

mehr <strong><strong>de</strong>n</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r globalen Leistungs- und<br />

Wissensgesellschaft und ermöglicht nicht <strong><strong>de</strong>n</strong> Zugang<br />

zu qualifizierten Arbeitsmöglichkeiten.<br />

Bildung und Ausbildung sind die nachhaltigsten<br />

Instrumente, um Menschen aus Not und Armut zu<br />

befreien und ihnen langfristig eine bessere, selbstbestimmte<br />

Zukunft zu ermöglichen. Da<strong>für</strong> sind <strong>de</strong>r<br />

Bau und die Einrichtung von Schulen, die För<strong>de</strong>rung<br />

von Ausbildungs- und Handwerkszentren sowie die<br />

Durchführung von Alphabetisierungs- und Schulungsprogrammen<br />

unabdingbar. Von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung<br />

ist die Qualität <strong>de</strong>r Bildung, die vermittelt wird. Es reicht<br />

nicht, nur stupi<strong>de</strong> etwas auswendig zu lernen, son<strong>de</strong>rn<br />

Menschen müssen befähigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, eigenständig neue<br />

Fragestellungen zu bearbeiten und Probleme zu lösen.<br />

Nur gebil<strong>de</strong>te Menschen lernen, ihre Sprachlosigkeit zu<br />

überwin<strong><strong>de</strong>n</strong> und <strong>für</strong> ihre Interessen selbst einzutreten.<br />

Somit leistet Bildung einen wesentlichen Beitrag zur<br />

Überwindung <strong>de</strong>r weltweiten Ungerechtigkeit, vor allem<br />

aber ist Bildung eine Überlebenstechnik.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Mensch das Ebenbild Gottes ist, muss Bildung<br />

immer <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen in <strong><strong>de</strong>n</strong> Mittelpunkt stellen 48<br />

und hat sich nicht <strong><strong>de</strong>n</strong> Interessen eines wie auch immer<br />

gearteten Marktes unterzuordnen. Zwar resultiert<br />

aus <strong>de</strong>r Gottesebenbildlichkeit auch die Freiheit <strong>de</strong>s<br />

Denkens und Han<strong>de</strong>lns, jedoch darf diese nicht grenzenlos<br />

sein. „Der Mensch soll lernen, mit <strong>de</strong>r von Gott<br />

geschenkten Freiheit umzugehen, sie zu gebrauchen und<br />

nicht zu missbrauchen bzw. auch die Freiheit haben,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen Missbrauch zu erkennen und damit neu<br />

verantwortlich umzugehen.“ 49 Deshalb muss Bildung<br />

das Ziel haben, ethische Maßstäbe zu entwickeln und<br />

Verantwortung <strong>für</strong> die Mitmenschen und die Schöpfung<br />

zu übernehmen.<br />

48 „Wenn das Menschsein vom Gedanken <strong>de</strong>r Gottesebenbildlichkeit<br />

her gedacht wird, be<strong>de</strong>utet dies, von <strong>de</strong>r Gottesebenbildlichkeit<br />

her gewinnt <strong>de</strong>r Mensch seine I<strong><strong>de</strong>n</strong>tität, seine Wür<strong>de</strong><br />

und seine Unantastbarkeit.“ Gäfgen-Track, Kerstin, a. a. O.<br />

49 Ebenda.


2.7 Exkurs Entwicklung<br />

Was ist Entwicklung?<br />

Einen allgemein gültigen Entwicklungsbegriff zu<br />

bestimmen ist schwierig. Unter Entwicklung versteht<br />

man zunächst einmal die Entfaltung eines Potenzials 50 .<br />

Diese „Entfaltung“ ist von mehreren Faktoren abhängig.<br />

So z. B. vom Standort (schaue ich beispielsweise<br />

aus einem afrikanischen o<strong>de</strong>r einem europäischen<br />

Blickwinkel), von <strong>de</strong>r Zeit (heute o<strong>de</strong>r vor 100 Jahren),<br />

von nationalen Rahmenbedingungen (lebe ich in einer<br />

Demokratie o<strong>de</strong>r in einem Militärstaat), aber auch von<br />

subjektiven Erfahrungen <strong>de</strong>s Betrachters. Unterschiedliche<br />

Einstellungen entstehen beispielsweise durch<br />

spezifi sche Interessen, verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e natürliche Umwelten,<br />

soziale Unterschie<strong>de</strong> und historische Prägungen. So ist<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungsbegriff naturgemäß wertbesetzt.<br />

Freiwillige im indischen Mayiladuthurai.<br />

Foto: S. Müller<br />

50 Vgl. Wolfgang, Hein, Was heißt „Entwicklung“?, S. 142–152,<br />

in <strong>de</strong>rs.: Unterentwicklung – Krise <strong>de</strong>r Peripherie. Phänomene –<br />

Theorien – Strategien, Opla<strong><strong>de</strong>n</strong> 1998, S. 147.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Folgen<strong>de</strong> Defi nition versucht, diese unterschiedlichen<br />

Facetten zu berücksichtigen: Entwicklung kann man<br />

verstehen als: „… einen Prozess <strong>de</strong>r Verbesserung<br />

<strong>de</strong>r Bedürfnisbefriedigung praktisch aller Menschen<br />

innerhalb einer sozialen Einheit (Dorf, Region, nationale<br />

Gesellschaft) sowie <strong>de</strong>r Schaffung (bzw. Erhaltung)<br />

<strong>de</strong>r sozio-kulturellen, politischen, ökonomischen und<br />

öko logischen Voraussetzungen <strong>für</strong> ein langfristiges<br />

Fortschreiten dieses Prozesses.“ 51<br />

Konkret be<strong>de</strong>utet das, dass auch Bedürfnisse, die über<br />

Grundbedürfnisse hinausgehen, berücksichtigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

(so z. B. <strong>de</strong>r Einbezug von psychosozialen Bedürfnissen<br />

o<strong>de</strong>r einer intakten ökologischen Umwelt). Ferner<br />

ist <strong>de</strong>r Einbezug <strong>de</strong>s jeweiligen sozio-ökonomischen<br />

Zusammen hangs wichtig (also z. B. <strong>de</strong>r Zugang zu<br />

Ressourcen wie Wasser o<strong>de</strong>r Land).<br />

An diesem Beispiel wird <strong>de</strong>utlich, dass Aspekte wie<br />

Gleichheit, Gerechtigkeit und Partizipation (Teilhabe)<br />

mit einbezogen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen, um eine Aussage über<br />

Entwicklungsprozesse machen zu können.<br />

Ziel von Entwicklung ist folglich die Schaffung <strong>de</strong>r<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> die bessere Bedürfnisbefriedigung. 52<br />

Das be<strong>de</strong>utet, dass nicht nur Wachstum o<strong>de</strong>r Industrialisierung<br />

an sich von Be<strong>de</strong>utung sind, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />

sollte die Gesellschaft in <strong>de</strong>r Lage sein, aktiv auf bestehen<strong>de</strong><br />

Probleme zu reagieren.<br />

51 Ders., S. 155.<br />

52 Vgl. <strong>de</strong>rs. S. 156 ff.<br />

Ziel von Entwicklung ist die<br />

Schaffung von Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

die bessere Bedürfnisbefriedigung.<br />

Allgemeine Sachinformationen · Exkurs Entwicklung<br />

17


Was ist Entwicklungspolitik?<br />

Entwicklungspolitik ist ein übergeordneter Begriff <strong>für</strong><br />

alles, was auf staatlicher Ebene o<strong>de</strong>r seitens internationaler<br />

Organisationen getan wird, um globale Ziele<br />

<strong>für</strong> Entwicklung festzulegen, Strategien hier<strong>für</strong> zu entwickeln<br />

und diese umzusetzen. 53<br />

Am Beispiel <strong>de</strong>r Millenniumsentwicklungsziele kann<br />

man dies ver<strong>de</strong>utlichen: Im Jahre 2000 wur<strong><strong>de</strong>n</strong> von 189<br />

Staaten die Milleniumsentwicklungsziele formuliert, in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>en das Kernziel darin besteht, die extreme Armut bis<br />

2015 zu halbieren.<br />

Fremdsprachen sind <strong>de</strong>r Schlüssel zu<br />

unserer globalen Welt. Englisch<strong>unterricht</strong><br />

<strong>für</strong> Grundschulkin<strong>de</strong>r in einer kleinen<br />

äthiopischen Behelfsschule. Foto: J. Klein<br />

53 Vgl. Nuscheler, Franz, Entwicklungspolitik. Eine grundlegen<strong>de</strong><br />

Einführung in die zentralen entwicklungspolitischen Themenfel<strong>de</strong>r<br />

Globalisierung. Staatsversagen, Hunger, Bevölkerung,<br />

Wirtschaft und Umwelt. Bonn 2005, S. 76ff.<br />

18 Allgemeine Sachinformationen · Exkurs Entwicklung<br />

Die Millenniumsentwicklungsziele 54<br />

1. Die Beseitigung von extremer Armut und Hunger<br />

2. Die Einführung von universaler Grundschulausbildung<br />

3. Gleichstellung und För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Frau<br />

4. Senkung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rsterblichkeit<br />

5. Die Verbesserung <strong>de</strong>r Gesundheit <strong>de</strong>r Mütter<br />

6. Die Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und<br />

an<strong>de</strong>ren Krankheiten<br />

7. Die Implementierung von nachhaltigem Umweltschutz<br />

8. Die Schaffung einer globalen Partnerschaft <strong>für</strong><br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

Mit Ziel 5 möchte man zwischen 1990 und 2015 die<br />

Kin<strong>de</strong>rsterblichkeit von unter Fünfjährigen um zwei Drittel<br />

senken. Dies kann an zurückgehen<strong><strong>de</strong>n</strong> Sterblichkeitsraten<br />

von Kin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r aber am Anteil <strong>de</strong>r Einjährigen,<br />

die gegen Masern geimpft wur<strong><strong>de</strong>n</strong>, gemessen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Zu je<strong>de</strong>m dieser Ziele wur<strong><strong>de</strong>n</strong> Strategien entwickelt,<br />

wie man das Kernziel bis 2015 am besten erreichen<br />

kann. Das kann <strong>de</strong>r Bau von Krankenstationen und <strong>de</strong>r<br />

einfachere Zugang zur Gesundheitsversorgung sein,<br />

o<strong>de</strong>r aber die Beratung <strong>de</strong>r Eltern hinsichtlich gesün<strong>de</strong>rer<br />

Ernährung und Hygiene. Diese Maßnahmen wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt.<br />

Die sich immer weiter verschärfen<strong>de</strong> Armut ist zum<br />

Schlüsselproblem <strong>de</strong>r Weltgemeinschaft gewor<strong><strong>de</strong>n</strong> und<br />

zu<strong>de</strong>m immer enger verwoben mit globalen Sicherheitsfragen.<br />

An dieser Stelle soll Entwicklungspolitik ansetzen.<br />

Armut wird nicht mehr nur als „Einkommensarmut“<br />

verstan<strong><strong>de</strong>n</strong>, son<strong>de</strong>rn auch als Mangel an Chancen und<br />

Alternativen. Daher zielt das zentrale Entwicklungsanliegen<br />

<strong>de</strong>r Vereinten Nationen in diesem Zusammenhang<br />

darauf ab, die Wahlmöglichkeiten <strong>de</strong>r Menschen<br />

zu erhöhen und sie zu mehr Anteilhabe zu bevollmächtigen<br />

(„enlarging people’s choices“ UNDP 2004;<br />

„empowering people and institutions“ UNDP 2008).<br />

54 Siehe hierzu ausführlich www.millenniumcampaign.<strong>de</strong>.


Was ist Entwicklungszusammenarbeit?<br />

Entwicklungszusammenarbeit ist <strong>de</strong>r praktische Teil<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungspolitik.<br />

Die Regierungen einzelner Län<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r aber internationale<br />

Organisationen (wie z. B. die Vereinten<br />

Nationen) vereinbaren konkrete Maßnahmen, um die<br />

von <strong>de</strong>r Politik gesetzten Entwicklungsziele umzusetzen.<br />

Han<strong>de</strong>lt es sich um zwei Län<strong>de</strong>r, die solche Maßnahmen<br />

vereinbaren, spricht man von bilateraler Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Han<strong>de</strong>lt es sich dagegen um eine<br />

Gruppe von Län<strong>de</strong>rn, die mit einem Entwicklungsland<br />

entsprechen<strong>de</strong> Maßnahmen vereinbart, spricht man von<br />

multilateraler Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Beschriftung auf <strong><strong>de</strong>n</strong> T-Shirts <strong>de</strong>r<br />

Freiwilligen, die das Ev.-luth. Missionswerk<br />

in Nie<strong>de</strong>rsachsen 2009 ausgesandt hat.<br />

Foto: Miller<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Des Weiteren wird zwischen staatlicher und nichtstaatlicher<br />

Entwicklungszusammenarbeit unterschie<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

die einan<strong>de</strong>r ergänzen: Auf staatlicher Ebene gibt es<br />

die fi nanzielle und die technische Zusammenarbeit. So<br />

ist in Deutschland die Kreditanstalt <strong>für</strong> Wie<strong>de</strong>raufbau<br />

(KFW) 55 beispielsweise damit betraut, vergünstigte Darlehen<br />

zu vergeben. Die die Gesellschaft <strong>für</strong> Technische<br />

Zusammenarbeit (GTZ) 56 engagiert sich hingegen <strong>für</strong><br />

die Bereitstellung von <strong>Material</strong>ien, Know-how und die<br />

Ausbildung von einheimischem Personal.<br />

Nichtstaatliche Organisationen (man nennt diese<br />

auch Nicht-Regierungs-Organisationen, NRO), Kirchen<br />

und politische Stiftungen sind ein weiteres wesentliches<br />

Element <strong>de</strong>r Entwicklungszusammenarbeit. Diese Organisationen<br />

engagieren sich <strong>für</strong> unterschiedlichste gesellschaftliche<br />

Anliegen, wie Umwelt, Menschenrechte,<br />

Geschlechtergerechtigkeit o<strong>de</strong>r Korruptionsbekämpfung.<br />

NRO haben meist eine größere Nähe zu armen<br />

Bevölkerungsgruppen. Mit Mottos wie „Hilfe zur Selbsthilfe“<br />

haben NRO <strong>de</strong>utlich gemacht, wie wichtig Bevollmächtigung<br />

und Eigeninitiative <strong>für</strong> das Voranschreiten<br />

von Entwicklung sind. Der Großteil <strong>de</strong>r Organisationen<br />

aus diesem Bereich hat sich in Deutschland im „Verband<br />

Entwicklungspolitik <strong>de</strong>utscher Nichtregierungsorganisationen“<br />

(VENRO) zusammengeschlossen. 57<br />

55 www.kfw.<strong>de</strong>.<br />

56 Im Rahmen einer Strukturreform wer<strong><strong>de</strong>n</strong> drei Organisationen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Technische Zusammenarbeit (GTZ),<br />

Internatio nale Weiterbildung und Entwicklung (InWEnt) und<br />

Deutscher Entwicklungsdienst (DED) zur einer fusionieren.<br />

Die neue Organisation wird 'Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale<br />

Zusammenarbeit' heißen. Siehe http://www.bmz.<strong>de</strong>/<br />

<strong>de</strong>/presse/aktuelleMeldungen/2010/juli/20100707_reform/<br />

in<strong>de</strong>x.html.<br />

57 www.venro.org.<br />

Allgemeine Sachinformationen · Exkurs Entwicklung<br />

19


3 Methodische Hinweise<br />

Die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Themeneinheiten bestehen aus<br />

unterschiedlichen Einzelbausteinen, <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren praktische<br />

Umsetzung in <strong>de</strong>r Regel 60 bis 90 Minuten<br />

erfor<strong>de</strong>r lich sind. Je nach<strong>de</strong>m wie intensiv die Unterrichten<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

in die jeweilige Thematik einsteigen möchten<br />

und ob sie nur einen Baustein o<strong>de</strong>r eine komplette<br />

Themeneinheit durchführen, bieten die Entwürfe genug<br />

Stoff und Metho<strong><strong>de</strong>n</strong>vielfalt, um damit sowohl einzelne<br />

Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>stun<strong><strong>de</strong>n</strong>, aber auch einen Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>tag<br />

o<strong>de</strong>r ein Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>wochenen<strong>de</strong> zu gestalten.<br />

Unter <strong>de</strong>r Rubrik „Angedacht“ enthält je<strong>de</strong> Einheit<br />

zu<strong>de</strong>m einen kurzen geistlichen Impuls.<br />

Verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Bausteine lassen sich auch in einen<br />

an<strong>de</strong>ren Themenkomplex integrieren. Dadurch können<br />

die Unterrichten<strong><strong>de</strong>n</strong> je nach Interessenlage und Vorkenntnissen<br />

<strong>de</strong>r Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

eigene Schwerpunkte setzen.<br />

20 Methodische Hinweise<br />

Die einzelnen Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>entwürfe und dazugehörigen<br />

<strong>Material</strong>bausteine fin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich in <strong>de</strong>m vorliegen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Textheft. Die beigefügte DVD enthält die Arbeitsblätter<br />

und Bil<strong>de</strong>r als Kopier- und Druckvorlagen sowie die in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Einheiten erwähnten Präsentationen und Filmsequenzen.<br />

Die <strong>Material</strong>ien können als Ganzes o<strong>de</strong>r<br />

in Auszügen Verwendung fin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Auf alternative und<br />

zur Vertiefung geeignete <strong>Material</strong>ien und Medien und<br />

weiterführen<strong>de</strong> Links wird in <strong><strong>de</strong>n</strong> Medien- und <strong>Material</strong>hinweisen<br />

hin gewiesen.


Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

machen in <strong>de</strong>r Werkstatt: Ökumenisches Lernen<br />

beim Spiel „Den Menschen ein Ärgernis“<br />

Erfahrungen mit ungerechten Wirtschaftsstrukturen.<br />

Foto: Frost<br />

Collagearbeiten in <strong>de</strong>r Werkstatt:<br />

Ökumenisches Lernen in Hermannsburg.<br />

Foto: Lüttich<br />

Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

präsentieren ihre Arbeiten.<br />

Foto: Lüttich<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Methodische Hinweise<br />

21


4 Themeneinheiten<br />

4.1 Mission 4.1.0 Lernziele<br />

Gut besuchte Jugendveranstaltung<br />

in West-Äthiopien.<br />

Foto: Gomlich<br />

22 Themeneinheit Mission<br />

Mission<br />

Die Themeneinheit Mission führt in die Kampagne<br />

„<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>“ ein und setzt sich mit unterschiedlichen<br />

Missionsverständnissen auseinan<strong>de</strong>r. Sie fragt vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />

Assoziationen ab und elementarisiert die<br />

Be<strong>de</strong>utung von Mission in <strong>de</strong>r Welt.<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rmandinnen<br />

sollen um die Kampagne <strong>mission</strong>.<strong>de</strong> und ihre Inhalte<br />

wissen und ihr Anliegen verstehen.<br />

erhalten über ausgewählte Metho<strong><strong>de</strong>n</strong> einen kreativen<br />

Zugang zum Thema Mission.<br />

lernen unterschiedliche <strong>mission</strong>arische Projekte und<br />

Personen kennen.<br />

sollen dadurch eventuelle Vorurteile gegen Mission<br />

abbauen.<br />

sollen einen positiven Zugang zu heutiger Missionsarbeit<br />

bekommen.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


Funktion: Dieser Baustein dient zur Einführung ins<br />

Thema und zur Klärung <strong>de</strong>s Begriffs „Mission“.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

sollen <strong><strong>de</strong>n</strong> Slogan <strong>de</strong>r Kampagne „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>:<br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ kennen und<br />

ihn erklären können.<br />

sollen das Kommunikationsmo<strong>de</strong>ll nach Schulz von<br />

Thun kennen lernen und mit <strong>de</strong>m Slogan von <strong>mission</strong>.<br />

<strong>de</strong> in Verbindung bringen.<br />

sollen sich mit unterschiedlichen Aussagen zum<br />

Thema „Mission“ auseinan<strong>de</strong>rsetzen und diese<br />

differenziert bewerten.<br />

sollen ihre eigene Defi nition <strong>de</strong>s Begriffs Mission<br />

erarbeiten.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Begrüßung und Lied (5 min)<br />

Lied: Lobet und Preiset Ihr Völker <strong><strong>de</strong>n</strong> Herrn (EG 337),<br />

evtl. Gitarre<br />

Hinführung zum Thema (15 min)<br />

Vi<strong>de</strong>o-Clip „Mission“ (2 min). 58 Der Slogan „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>:<br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ bleibt als Standbild<br />

aus <strong>de</strong>m Vi<strong>de</strong>o-Clip <strong>für</strong> die Konfi rmandinnen und Konfi<br />

rman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> weiteren Verlauf sichtbar.<br />

Impulsfragen:<br />

Was ist Mission?<br />

Wo kam in <strong>de</strong>m Vi<strong>de</strong>o-Clip Mission vor?<br />

Vi<strong>de</strong>o-Clip, Beamer, Laptop, Leinwand, (PowerPoint)<br />

Input (5 min)<br />

Erklärung <strong>de</strong>s Kommunikationsmo<strong>de</strong>lls nach Schulz von<br />

Thun (Sen<strong>de</strong>r – Empfänger – Botschaft) durch die/<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Unterichten<strong>de</strong>/n<br />

Flipchart + Stift o<strong>de</strong>r Tafel + Krei<strong>de</strong><br />

Erarbeitung (10 min)<br />

Der Slogan „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt<br />

zuliebe“ wird als Powerpoint-Präsentation an die Wand<br />

projiziert. Folgen<strong>de</strong> Fragen schließen sich an: Wer ist <strong>de</strong>r<br />

Sen<strong>de</strong>r, wer <strong>de</strong>r Empfänger und was die Botschaft dieses<br />

Slogans?<br />

(Sen<strong>de</strong>r = Gott; Empfänger = Welt; Botschaft = Liebe)<br />

58 Alternativ zum Vi<strong>de</strong>o-Clip kann eine an<strong>de</strong>re Präsentation zum<br />

Thema Mission gezeigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.1.1 Baustein M1: Mission: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Die entsprechen<strong><strong>de</strong>n</strong> Worte wer<strong><strong>de</strong>n</strong> beim Weiter klicken<br />

durch die Powerpoint-Präsentation zunächst hervorgehoben.<br />

Dann blen<strong><strong>de</strong>n</strong> sich Zwischenworte aus und<br />

Gleichheits- und Pluszeichen ein, so dass am En<strong>de</strong><br />

folgen<strong>de</strong> Formel steht: Mission = Gott + Welt + Liebe<br />

PowerPoint <strong>de</strong>s <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>-Slogans, Beamer, Laptop,<br />

Leinwand<br />

Zur Ergebnissicherung wird die Karte „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>:<br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ an die Konfi rmandinnen<br />

und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> verteilt.<br />

Karte „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong> um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt<br />

zuliebe“ (M1M1, unbeschriftet)<br />

Vertiefung (25 min)<br />

Gruppenarbeit:<br />

Es wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Gruppen von je 4 Personen gebil<strong>de</strong>t. Je<strong>de</strong><br />

Gruppe erhält 8 Karten mit Aussagen zum Thema<br />

„Mission“. Die Gruppen erhalten folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Auftrag:<br />

Eine/r aus <strong>de</strong>r Gruppe nimmt sich die oberste Karte <strong>de</strong>s<br />

Stapels und liest sie ihrer/seiner Gruppe vor. Je<strong>de</strong>/r<br />

Gruppenteilnehmer/in erwägt <strong>für</strong> sich die Aussage <strong>de</strong>r<br />

vorgelesenen Karte, stimmt ihr zu o<strong>de</strong>r lehnt sie ab und<br />

begrün<strong>de</strong>t ihre/seine Meinung. Wenn alle Meinungen<br />

gehört wur<strong><strong>de</strong>n</strong>, wird die Karte offen neben <strong>de</strong>m Stapel<br />

abgelegt. Die/<strong>de</strong>r Zweite nimmt sich die nächste Karte<br />

vom Stapel und <strong>de</strong>r Vorgang wie<strong>de</strong>rholt sich, bis alle<br />

Karten aufgebraucht sind und offen in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>r<br />

Gruppe liegen.<br />

Karten mit Aussagen zum Thema „Mission“ 59<br />

(M1M1, beschriftet)<br />

Ergebnissicherung durch Einzelarbeit:<br />

Je<strong>de</strong>/r schreibt auf seine/r Karte „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes<br />

willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe“ ihre/seine Defi nition von<br />

„Mission“ („Mission ist …“)<br />

Stifte, Karte „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>: um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt<br />

zuliebe“ (M1M1, unbeschriftet)<br />

59 Auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Karten sollten verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Statements zum Thema<br />

Mission stehen, wie sie auf <strong>de</strong>m DEKT 2009 in Bremen am<br />

Stand <strong>mission</strong>.<strong>de</strong> gesammelt wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind, z. B.: „Mission führt<br />

Menschen zueinan<strong>de</strong>r“, „Mission ist ein Mittel <strong>de</strong>r Unterdrückung“,<br />

„Mission zerstört an<strong>de</strong>re Religionen“,<br />

„Mission stärkt Glauben“, „Mission hilft Menschen“ etc.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M1<br />

23


4.1.2 Baustein M2: Mission damals – heute<br />

Funktion: In diesem Baustein setzen sich die Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> mit <strong>de</strong>m sich wan<strong>de</strong>ln<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Verständnis <strong>de</strong>s Missionsbegriffes auseinan<strong>de</strong>r.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erkennen, dass es unterschiedliche Missionsverständnisse<br />

gibt.<br />

stellen ihr erarbeitetes Missionsverständnis kreativ<br />

dar.<br />

erleben ihr eigenes Kommunikationsverhalten und<br />

überprüfen es kritisch.<br />

reflektieren ihr Bild von „Mission“.<br />

Zeit: 45 Minuten<br />

24 Themeneinheit Mission · Baustein M2<br />

Bildbetrachtung (15 min)<br />

Das Bild von Théodore <strong>de</strong> Bry „Columbus lan<strong>de</strong>t in<br />

seinem ‚Hinterindien‘ “ wird auf die Leinwand projiziert.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> beschreiben<br />

das Bild unter Beantwortung <strong>de</strong>r folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Fragen:<br />

Was zeigt das Bild?<br />

Wer ist auf <strong>de</strong>m Bild zu sehen?<br />

Wie verhalten sich die zwei dargestellten Gruppen<br />

zueinan<strong>de</strong>r?<br />

Was bringen die zwei dargestellten Gruppen mit?<br />

Wo<strong>für</strong> steht das Mitgebrachte?<br />

Bild (M2M1): „Columbus lan<strong>de</strong>t in seinem ‚Hinterindien‘<br />

“, Ausschnitt aus einem Stich von Théodore <strong>de</strong><br />

Bry, 1594, Beamer, Laptop, Leinwand<br />

Vertiefung I (15 min)<br />

Theaterpädagogischer Prozess: Standbild<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> erhalten<br />

die Aufgabe: Bil<strong>de</strong>t die dargestellte Szene als Standbild<br />

nach!<br />

Alle sind im Prozess beteiligt, einige als Akteure im<br />

Standbild, die an<strong>de</strong>ren als die, die das Standbild formen.<br />

Der/die Gruppenleiter/in kann einzelne Akteure <strong>de</strong>s<br />

Standbil<strong>de</strong>s nach ihren Gefühlen befragen, z. B.: die<br />

Eroberer in stolzgeschwellter Haltung o<strong>de</strong>r die Indianer,<br />

die mit ausgestreckten Hän<strong><strong>de</strong>n</strong> Geschenke darbieten.<br />

Nach<strong>de</strong>m das Standbild fertig erstellt ist, stellt <strong>de</strong>r<br />

Unterrichten<strong>de</strong> folgen<strong>de</strong> Impulsfragen an alle:<br />

Ist dies ein zeitgemäßes Bild von Mission?<br />

Wie wür<strong>de</strong> Mission heute aussehen?<br />

Vertiefung II (10 min)<br />

Aufgabe <strong>für</strong> die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>:<br />

Verän<strong>de</strong>rt das Standbild so, dass es euer heutiges<br />

Verständnis von Mission zum Ausdruck bringt!<br />

Reflexion (5 min)<br />

Reflexion <strong>de</strong>s Standbil<strong>de</strong>s mit allen Beteiligten.<br />

Impulsfragen:<br />

Was habt ihr am Standbild verän<strong>de</strong>rt?<br />

Wie wirkt sich diese Verän<strong>de</strong>rung auf euer Bild von<br />

„Mission“ aus?<br />

Die Ergebnisse wer<strong><strong>de</strong>n</strong> festgehalten.<br />

Flipchart/Tafel


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.1.2.1 Mission damals M2M1<br />

Columbus lan<strong>de</strong>t in seinem „Hinterindien“. Stich von Théodore <strong>de</strong> Bry, 1594. 60<br />

60 „Columbus lan<strong>de</strong>t in seinem ‚Hinterindien‘ “. Ausschnitt aus einem Stich von Théodore <strong>de</strong> Bry, 1594.“ –<br />

Arbeitsheft Welt<strong>mission</strong> ’92: 1492–1992 Was gibt es da zu feiern, EMW Hamburg 1992, S. 22.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M2<br />

25


Erläuterungen zum Bild<br />

„Columbus lan<strong>de</strong>t in seinem ‚Hinterindien‘ “ M2M1 (Rückseite)<br />

a) Aus <strong>de</strong>m Reisebericht <strong>de</strong>s Mailän<strong>de</strong>rs<br />

G. Benzoni (1565):<br />

„Da Columbus in seiner ersten Schiffahrt an Land gefahren,<br />

hat er an <strong><strong>de</strong>n</strong> Gesta<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>de</strong>s Meeres ein hölzernes<br />

Cruzifix aufrichten lassen. Danach ist er zu <strong>de</strong>r Insel<br />

Haiti, welche er Hispaniola nannte, gekommen und mit<br />

vielen Spaniern auf das Land gestiegen. An <strong>de</strong>m selbigen<br />

Ort ward er von <strong>de</strong>m Kaziken (also nennen sie die Könige<br />

in ihrer Sprache), welcher Guacanarillus mit Namen hieß,<br />

ganz freundlich aufgenommen und als sie bei<strong>de</strong> einan<strong>de</strong>r<br />

mit Geschenken und Gaben verehrt hatten, haben sie ein<br />

Bündnis zukünftiger Freundschaft zueinan<strong>de</strong>r gemacht<br />

und bestätigt; Es verehrte und begabte Columbus <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

König mit Hem<strong><strong>de</strong>n</strong>, Hüten, Messern, Spiegeln und <strong>de</strong>rgleichen.<br />

Hergegen verehrte <strong>de</strong>r Kazike <strong>de</strong>m Columbus<br />

einen großen und schweren Klotz Gold.“ 61<br />

Der Reisebericht diente als Vorlage <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Kupferstich<br />

<strong>de</strong> Brys.<br />

b) Zum Bild<br />

„Die Fahrt <strong>de</strong>s Christoph Kolumbus war durchaus nicht<br />

die erste ihrer Art. Auch frühere zum Beispiel portugiesi<br />

sche ‚Ent<strong>de</strong>ckungs‘-Fahrten an die Westküste Afrikas<br />

verfolgten gleiche Ziele:<br />

neue Han<strong>de</strong>lswege zu fin<strong><strong>de</strong>n</strong>, um Reichtümer und Kostbarkeiten<br />

aus sagenumwobenen Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Ostens in<br />

die europäischen Heimat län<strong>de</strong>r zu verfrachten;<br />

Herrschaft aufzubauen, wo die Machtverhältnisse es<br />

zuließen;<br />

bei systematischer Erschließung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s durch<br />

Besie<strong>de</strong>lung: Ver breitung <strong>de</strong>s christlichen Glaubens<br />

unter ‚heidnischen‘ Völkern.<br />

‚Ent<strong>de</strong>cken‘ war also selten Selbst zweck, son<strong>de</strong>rn nötige<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> Eroberung, Ausbeutung und Mis sion.<br />

Möglich wur<strong>de</strong> ein solches Vor gehen aus verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Grün<strong><strong>de</strong>n</strong>:<br />

Von Be<strong>de</strong>utung war zunächst ein christliches Sendungsbewusstsein<br />

<strong>de</strong>r meisten Eroberer, das in einer<br />

Geschichte <strong>de</strong>r Verfolgung An<strong>de</strong>rs <strong><strong>de</strong>n</strong>ken<strong>de</strong>r und<br />

An<strong>de</strong>rs gläubiger (Kreuzzüge, Inquisition, Reconquista<br />

<strong>de</strong>r Iberischen Halbinsel) eine seiner Grundlagen hatte.<br />

Dieses Bewusstsein hatte jedoch vor allem eine entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>de</strong><br />

rechtliche Komponente: <strong>de</strong>r Anspruch, sich<br />

frem<strong>de</strong> Län<strong>de</strong>r (und ihre Bewohne rInnen!) aneignen<br />

zu können, war‚ kraft weltumspannen<strong><strong>de</strong>n</strong> päpstlichkirchlichen<br />

Machtanspruchs in Westeuropa prinzipiell<br />

nicht umstritten. Das än<strong>de</strong>rte sich mit <strong>de</strong>r Reformation,<br />

als weitgehend protestantische Län <strong>de</strong>r (zum Beispiel<br />

Holland) eigene koloniale Ansprüche anmel<strong>de</strong>ten.<br />

61 Ebenda.<br />

26 Themeneinheit Mission · Baustein M2<br />

Auf dieser rechtlichen Grundlage war <strong>de</strong>r Schritt vom<br />

‚Ent<strong>de</strong>cken‘ zum Erobern ausschließlich eine Frage <strong>de</strong>r<br />

jeweiligen Machtkonstellation. Zum Erfolg kam es immer<br />

dort, wo ein Machtungleichgewicht durch europäische<br />

Überlegenheit in entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> Bereichen (Navigationstechnik,<br />

Waffen, Kommunikationssysteme) vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

war.<br />

Der … Kupferstich <strong>de</strong> Brys aus <strong>de</strong>m Jahr 1594 hat<br />

wohl wie kein an<strong>de</strong>rer epochalen Charakter; bis heute<br />

fin<strong>de</strong>t er sich – nicht selten auf <strong>de</strong>r Titelseite – in vielen<br />

Veröffentlichungen zum Thema ‚Conquista‘. Tatsächlich<br />

enthält er eine klare Botschaft, wenn die Entwicklung<br />

vom Bildhintergrund zum -vor<strong>de</strong>rgrund als zeitliche<br />

Abfolge gesehen wird: drei festungsartige Schiffe – eindrucksvolle<br />

Zeugnisse technologi schen Fortschritts auf<br />

<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Seefahrt – lan<strong><strong>de</strong>n</strong>, und die Bewohner<br />

ergreifen die Flucht. Eine kleine Gruppe geht an Land,<br />

danach kommt es zur ersten ‚Begegnung‘: Bewaff nete,<br />

eher bedrohlich dreinblicken<strong>de</strong> Eroberer ohne Geschenke,<br />

im Zen trum <strong>de</strong>r Feldherr mit <strong>de</strong>r Geste <strong>de</strong>s sen, <strong>de</strong>r etwas<br />

in seinen Besitz genom men hat, durch Kleidung und<br />

Insignien <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>utlich unterschie <strong><strong>de</strong>n</strong> von seinen<br />

Begleitern. Deren Gewehre zeigen schützend auf das<br />

Kreuz, das am Bildrand aufgerichtet wird.<br />

Der Gegensatz ist über<strong>de</strong>utlich: Die an<strong>de</strong>re Bildhälfte<br />

zeigt unbewaffnete Einwohner, die nackt und ohne erkennbare<br />

Rangordnung <strong><strong>de</strong>n</strong> Frem <strong><strong>de</strong>n</strong> freundlich und mit<br />

vielen Geschenken entgegentreten. Der Positionstausch<br />

ist perfekt: Der Feld herr und die seinen stehen fest, lassen<br />

bitten. Die Bewohner kommen dazu, sind bereits enteignet,<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> zu Gästen im eigenen Land.<br />

Didaktische Überlegungen<br />

Das Bild ist als Einstieg ins Thema gut geeignet, weil es<br />

entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>de</strong> Aspekte <strong>de</strong>r Conquista darstellt: Schiffe,<br />

die <strong>für</strong> große Fahrt tauglich sind, Feuer- und an<strong>de</strong>re<br />

überlegene Waffen, die enge Verbindung von Reli gion<br />

(Kreuz) und Machtergreifung, das Auftreten von Männern,<br />

die erobern wollen, die Vermehrung von Reichtum (erst<br />

Geschenke, später Raub und Ausbeutung). Vor allem<br />

lädt die dargestellte Form <strong>de</strong>r ersten Begegnung zwischen<br />

Frem<strong><strong>de</strong>n</strong> zum Nach<strong><strong>de</strong>n</strong>ken ein.“ 62<br />

Der Künstler Théodore <strong>de</strong> Bry (1528 –1598) war nie<br />

selbst in Amerika. Er hat, wie die Quelle oben zeigt, auf<br />

die Informationen an<strong>de</strong>rer zurückgegriffen und diese<br />

mit seinen eigenen Phantasien und Vorstellungen verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Die <strong>de</strong>tailreiche Darstellung lädt zum Suchen<br />

und ausgiebiger Betrachtung ein. An ihr lässt sich die<br />

Frage nach Phantasie und Realität thematisieren.<br />

62 Ebenda, S. 23.


Funktion: Dieser Baustein entfaltet mo<strong>de</strong>rne Missionsarbeit,<br />

wobei in beson<strong>de</strong>rer Weise <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r<br />

Alltags- und Glaubensbegegnung berücksichtigt wird.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wissen, dass die Kampagne <strong>mission</strong>.<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff<br />

„Mission“ in <strong><strong>de</strong>n</strong> Schlagworten „begegnen“,<br />

„begeistern“, „stärken“, „engagieren“ entfaltet.<br />

füllen die vier Schlagworte mit eigenen Inhalten.<br />

lernen <strong>mission</strong>arische Arbeit anhand von aktuellen<br />

Projekten und verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Personen kennen.<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.1.3 Baustein M3:<br />

Mission heute: begeistern, begegnen, stärken, engagieren<br />

Einstieg (5 min)<br />

„Galerie <strong>de</strong>r Köpfe“<br />

Min<strong>de</strong>stens vier „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>-Plakate“ wer<strong><strong>de</strong>n</strong> wie<br />

Wahlplakate im Raum aufgebaut (je nach Gruppengröße<br />

können es auch mehr sein). Je<strong>de</strong>r Unterbegriff<br />

(begegnen; begeistern; stärken; engagieren) muss<br />

zumin<strong>de</strong>st einmal vorkommen.<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

sich die Plakate anzuschauen und sich <strong>de</strong>m<br />

Plakat zuzuordnen, das ihnen am sympathischsten ist.<br />

Frage:<br />

Warum hast du dich zu diesem Plakat gestellt?<br />

„<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>-Plakate“ (M3M1a) mit Aussagen von<br />

Missionsmitarbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong>, die die vier Unterbegriffe <strong>de</strong>r<br />

Kampagne „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>“ „begegnen; begeistern; stärken;<br />

engagieren“ entfalten<br />

Erarbeitung in Gruppenarbeit (60 min)<br />

Je<strong>de</strong> Gruppe erhält zu <strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong>de</strong>m Plakat abgebil<strong>de</strong>ten<br />

Mitarbeiter/innen Informationen, die sie sich anschauen<br />

bzw. durchlesen sollen.<br />

Fragen:<br />

Welche Informationen unterstreichen <strong><strong>de</strong>n</strong> Aspekt <strong>de</strong>s<br />

auf <strong>de</strong>m Plakat benannten Unterbegriffes?<br />

Welche Informationen lassen sich <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren Unterbegriffen<br />

zuordnen?<br />

Aufgabe: Gestaltet ein Poster, auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r/die Mitarbeiter/in<br />

und ihre/seine Arbeit unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterbegriffen<br />

<strong>de</strong>r Kampagne vorgestellt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>!<br />

Informationen über die auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Plakaten abgebil<strong>de</strong>ten<br />

Personen (M3M1b), Posterpapier DIN A2, Scheren,<br />

Kleber, Stifte<br />

Ergebnissicherung durch Präsentation (25 min)<br />

Im Plenum stellen die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

die Poster und die auf ihnen abgebil<strong>de</strong>ten Person<br />

mit ihrer Tätigkeit vor.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

27


4.1.3.1 Plakate <strong>mission</strong>.<strong>de</strong> M3M1a<br />

<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>:<br />

begeistern,<br />

begegnen,<br />

stärken,<br />

engagieren<br />

be<br />

geist<br />

ern:<br />

Thomas Graf Grote<br />

Irkutsk, Russland<br />

Missionar<br />

„Menschen erfahren,<br />

dass sie angenommen wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und <strong>für</strong> Gott wertvoll sind.“<br />

be<br />

geist<br />

ern:<br />

28 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes w llen <strong>de</strong>r We t zul ebe<br />

Morwaeng Motswasele<br />

Hermannsburg, Deutschland<br />

Missionar<br />

„Der Mensch muss zur Begeisterung fähig sein,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>n in <strong>de</strong>r Begeisterung liegt Lebensfreu<strong>de</strong>,<br />

Hoffnung und Glaube … und das je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag.“<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes willen <strong>de</strong>r We t zul ebe<br />

be<br />

geg<br />

nen:<br />

John Förster<br />

George, Südafrika<br />

Missionar<br />

„Gemeinsam<br />

eine farbenfrohe Kirche<br />

bauen und wer<strong><strong>de</strong>n</strong>!“<br />

be<br />

geg<br />

nen:<br />

Sunnive Förster<br />

George, Südafrika<br />

Missionarin<br />

„Begegnung schafft Vertrauen<br />

und öffnet Menschen da<strong>für</strong>,<br />

einan<strong>de</strong>r neu kennen zu lernen.“<br />

be<br />

geg<br />

nen:<br />

Lisa Kranz<br />

Pandur, Indien<br />

Freiwillige<br />

„Zeit mit Menschen teilen,<br />

die an<strong>de</strong>rs leben.“<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes w llen <strong>de</strong>r Welt zul ebe<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes w llen <strong>de</strong>r Welt zul ebe<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes willen <strong>de</strong>r Welt zul ebe<br />

stär<br />

ken:<br />

Stefan Ritter<br />

Homatcho, Äthiopien<br />

Missionar<br />

„Das höchste <strong>de</strong>r Gefühle:<br />

Gottes Wort in <strong>de</strong>r<br />

Sprache <strong>de</strong>s Herzens.“<br />

stär<br />

ken:<br />

Frank Tiss<br />

Eirunepé-Amazonas, Brasilien<br />

Missionar<br />

„Sich das Leben nicht aus <strong>de</strong>r<br />

Hand nehmen lassen,<br />

son<strong>de</strong>rn selbst zufassen.“<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes wi len <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes wi len <strong>de</strong>r Welt zuliebe


enga<br />

gie<br />

ren:<br />

Hermann Kruse<br />

Tschallia, Äthiopien<br />

Handwerker<strong>mission</strong>ar<br />

„Menschen können eine Menge selber tun,<br />

<strong>für</strong> sich und ihre Umwelt,<br />

<strong>für</strong> die alle mitverantwortlich sind.“<br />

enga<br />

gie<br />

ren:<br />

Christa von Oertzen<br />

Baboua, Zentralafrikanische Republik<br />

Missionsärztin<br />

„Menschen gesün<strong>de</strong>r machen<br />

ist meist eine<br />

wun<strong>de</strong>rschöne Aufgabe.“<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes wi len <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

<strong>de</strong><br />

um Gottes wi len <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.1.3.1 Steckbriefe von<br />

Missionarinnen und Missionaren M3M1b<br />

Auf <strong><strong>de</strong>n</strong> folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Seiten fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> Sie Steckbriefe zu <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Plakaten (M3M1a) abgebil<strong>de</strong>ten Missionarinnen<br />

und Missionaren. Sie sind zwecks Lesbarkeit in<br />

voller Größe abgebil<strong>de</strong>t.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3 29


egeistern<br />

Thomas Graf Grote<br />

Irkutsk, Russland<br />

Missionar<br />

Ein Leben als Missionar – nie!<br />

Ich bin Thomas Graf Grote. Eigentlich wollte ich ja Förster wer<strong><strong>de</strong>n</strong> und hätte es auch fast<br />

geschafft. Aber dann kam es alles ganz an<strong>de</strong>rs.<br />

Nach meinem Forststudium an <strong>de</strong>r Fachhochschule nahm ich die Anfrage einer Holzhan<strong>de</strong>lsfirma<br />

an, die eine Vertrauensperson in <strong>de</strong>r Ukraine suchte, eigentlich nur, um nicht arbeitslos zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Dort<br />

ergab es sich, dass ich weiter in <strong><strong>de</strong>n</strong> Osten kam, bis nach Irkutsk am Baikalsee in Ostsibirien. Meine Freizeit verbrachte<br />

ich mit Jugendlichen aus <strong>de</strong>r dortigen Kirche, da ich vor <strong><strong>de</strong>n</strong>en keine Angst zu haben brauchte. Denn ich war in Sibirien<br />

ja ganz allein und in <strong><strong>de</strong>n</strong> Umbruchjahren ging es in Russland teilweise schon recht wild zu.<br />

Erste Kontakte mit Pfadfin<strong>de</strong>rn<br />

Durch diese Jugendlichen bekam ich dann Kontakt zu einer jungen Pfadfin<strong>de</strong>rgruppe. Da auch ich in meiner Jugend<br />

in unserer Kirchengemein<strong>de</strong> Pfadfin<strong>de</strong>r war, ent<strong>de</strong>ckten wir gleich gemeinsame Interessen. Die meisten Jugendlichen<br />

<strong>de</strong>r sibirischen Pfadfin<strong>de</strong>rgruppe lebten in einer Armut und unter Verhältnissen, die mir völlig neu waren. Aus einem<br />

Selbstverständnis heraus half ich mit Zeit und Geld das Ärgste zu lin<strong>de</strong>rn. Daraus entstand ein größeres Projekt auf<br />

einem Bauernhof und ca. 200 Jugendlichen, die sich als Pfadfin<strong>de</strong>r einen Weg <strong>für</strong> ihr Leben durch die Wirren <strong>de</strong>s<br />

russischen Alltages suchten.<br />

Als ich dann eine <strong>de</strong>r Helferinnen bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Pfadfin<strong>de</strong>rn heiratete, merkten wir als junge Familie schnell, dass man<br />

Familie nicht einfach nur so nebenher haben kann. Wir beschlossen, unser Lebensziel neu zu <strong>de</strong>finieren. Heraus<br />

kam dabei, dass wir an<strong>de</strong>ren Menschen helfen wollten, ihr Leben zu meistern. Dazu kündigte ich meinen Beruf als<br />

Holzhändler. Unseren Lebensunterhalt finanzierten wir inzwischen aus Spen<strong><strong>de</strong>n</strong> von Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> und Verwandten aus<br />

Deutschland. Im Vergleich zu <strong><strong>de</strong>n</strong> meisten Russen ist allein das schon eine unglaubliche Lebenssicherheit.<br />

Ein Leben <strong>für</strong> mehr Gerechtigkeit<br />

Sehr viele Menschen leben hier in ständiger Angst, ohne soziale Absicherungen, ohne Möglichkeiten sich gegen Ungerechtigkeiten<br />

zu wehren. Die Reichen beuten die Arbeiter bis ins unmenschliche aus. Die Arbeitsbedingungen in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Fabriken sind schlichtweg brutal. Das Durchschnittsalter in Russland liegt fast 20 Jahre unter <strong>de</strong>m in Deutschland! Mit<br />

<strong>de</strong>r Zeit hat sich die wirtschaftliche Situation etwas gebessert. Es sind nicht mehr so viele Kin<strong>de</strong>r wie früher, die wegen<br />

Hungers o<strong>de</strong>r mangeln<strong><strong>de</strong>n</strong> Heften etc. nicht zur Schule gehen. Doch nach wie vor funktioniert das hiesige Leben nach<br />

<strong>de</strong>m sowjetischen Prinzip. Die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> nicht zur Selbstständigkeit und verantwortlichen<br />

Han<strong>de</strong>ln erzogen. Wenn die Menschen nicht „funktionieren“, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie aus <strong>de</strong>r Gesellschaft ausgeschlossen. In <strong>de</strong>r<br />

Praxis be<strong>de</strong>utet das, dass du als „menschlicher Müll“ im wahrsten Sinne <strong>de</strong>s Wortes entsorgt wirst!<br />

Das fin<strong>de</strong> ich ungerecht und dagegen möchte ich etwas unternehmen! Inzwischen sind es 15 Jahre die ich hier in<br />

Irkutsk lebe. Viele von <strong><strong>de</strong>n</strong> Jugendlichen, mit <strong><strong>de</strong>n</strong>en wir damals das erste Mal auf Wan<strong>de</strong>rung gingen, sind inzwischen<br />

erwachsen und haben eigene Kin<strong>de</strong>r. Fast 40 von ihnen haben sich zu einer kleinen Gemein<strong>de</strong> zusammengeschlossen<br />

und so einen Raum gefun<strong><strong>de</strong>n</strong>, wo sie als Menschen geachtet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Unsere kleine Gemein<strong>de</strong> ist wie eine Insel, wo<br />

Menschen erfahren dürfen, dass sie angenommen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> und <strong>für</strong> Gott wertvoll sind. Ein Ort, wo die Ungerechtigkeiten<br />

aufgehoben sind und man lernen kann, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Ein Leben, in <strong>de</strong>m man sich<br />

nicht nur um sich selbst, son<strong>de</strong>rn auch um an<strong>de</strong>re kümmert.<br />

Vertrauen auf Gottes Hilfe<br />

Das alles hatte ich nicht geplant. Es waren immer wie<strong>de</strong>r irgendwelche offenstehen<strong>de</strong> Türen, durch die ich im Vertrauen<br />

auf Gottes Hilfe einfach durchgegangen bin. Vielleicht öffnet sich in Eurem Leben ja auch einmal plötzlich eine<br />

ungeahnte Tür und Ihr ent<strong>de</strong>ckt, dass auf Euch ganz an<strong>de</strong>re Aufgaben warten, als Ihr es eigentlich geplant hattet!<br />

Ich wünsche Euch, dass Euch keine Angst hin<strong>de</strong>rt, hindurchzugehen, son<strong>de</strong>rn Ihr dabei einfach auf Gott vertraut.<br />

30 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


egeistern<br />

Morwaeng Motswasele<br />

Hermannsburg, Deutschland<br />

Missionar<br />

Kindheit in einem frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Land<br />

Ich heiße Morwaeng Motswasele, bin <strong>de</strong>r zweite Sohn meiner Eltern und habe drei jüngere<br />

Geschwister. Mein Vater war fünf Jahre Missionar in Kassel, wo wir als Kin<strong>de</strong>r die Grundschule<br />

besuchten. Zurück in Südafrika habe ich meinen Schulabschluss an <strong>de</strong>r Deutschen Schule in<br />

Pretoria absolviert. Anschließend studierte ich an <strong>de</strong>r Universität Pieter maritzburg Theologie. 1995 wur<strong>de</strong> ich in <strong>de</strong>r<br />

Evangelical Lutheran Church in Southern Africa – Western Diocese (ELCSA-WD) zum Pastor ordiniert. Von 2006 bis<br />

2009 Juni arbeitete ich in Johannesburg, im Stadtteil Hillbrow. Ich bin mit Boitumelo verheiratet, inzwischen haben<br />

wir einen Sohn, <strong>de</strong>r Resegofaditswe (das be<strong>de</strong>utet: „Gott hat uns gesegnet“) heißt.<br />

Als Partnerschaftsreferent wie<strong>de</strong>r in Deutschland<br />

Seit August 2009 bin ich wie<strong>de</strong>r in Deutschland und arbeite <strong>für</strong> das Ev.-luth. Missionswerk in Hermannsburg (ELM)<br />

als Referent <strong>für</strong> Partnerschaften. Nach meinem Leben in <strong>de</strong>r Großstadt Johannesburg, ist Hermannsburg <strong>für</strong> mich<br />

eine willkommene Oase <strong>de</strong>r Ruhe. Die Missionszentrale in Hermannsburg ist eine wichtige berufliche Station. Denn<br />

zusammen mit Hermannsburg teilen wir in Südafrika, vor allem die Gemein<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r ELCSA-WD, eine gemeinsame<br />

Geschichte mit vielen Erfolgen.<br />

Als Partnerschaftsreferent arbeite ich mit unterschiedlichen Län<strong>de</strong>rreferenten, die <strong>für</strong> Kirchen im Südlichen Afrika<br />

o<strong>de</strong>r Lateinamerika zuständig sind, zusammen. Durch die Gemein<strong>de</strong>kontakte <strong>de</strong>s ELM wer<strong>de</strong> ich oft eingela<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

über Südafrika zu sprechen. Mein eigentlicher Arbeitsbereich erfor<strong>de</strong>rt jedoch, dass ich verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Partnerschaftsausschüsse<br />

begleite und besuche. Das be<strong>de</strong>utet: Ich unterstütze die <strong>de</strong>m ELM verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>en Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong>, die<br />

Partnerschaften zu an<strong>de</strong>ren Kirchengemein<strong><strong>de</strong>n</strong> in Afrika, Lateinamerika, Indien, Russland usw. haben, und begleite<br />

sie in ihrer Arbeit.<br />

Wenn ich mir die Frage stelle, warum bin ich wie<strong>de</strong>r nach Deutschland gegangen bin, kann ich sie eigentlich nur mit<br />

meiner festen Überzeugung <strong>de</strong>r Berufung beantworten. Einige nennen diese „Berufung“ Schicksal o<strong>de</strong>r auch Zielstrebigkeit.<br />

Ich bin jedoch überzeugt, dass es ein von Gott gewollter Weg ist. Gott ruft uns, und wenn wir diesem Rufen<br />

folgen, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> wir Akteure in Gottes Wirken.<br />

Die Kirche kann in unserem globalen Zeitalter nur bestehen, wenn sie auch global <strong><strong>de</strong>n</strong>kt, han<strong>de</strong>lt und sich von<br />

globalen Gedanken beeinflussen lässt. Das Missionswerk, als eine über 160-jährige Einrichtung hat diesen globalen<br />

Blick, nicht nur als agieren<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn auch als empfangen<strong>de</strong> Einrichtung. Meine Kirche in Südafrika braucht diese<br />

Erfahrung, um über ihren eigenen Tellerrand blicken zu können. Es geht <strong>für</strong> mich letztendlich darum, die Möglichkeit<br />

einer Perspektivän<strong>de</strong>rung in meiner Kirche anzuregen.<br />

Ein an<strong>de</strong>rer Grund ist ein rein auf mich selbst bezogener, nun als Erwachsener mein Leben als Kind eines Missionars<br />

in Deutschland, also meine eigene Kindheit, zu verarbeiten: Wie ist Deutschland? Wie sind hier Kin<strong>de</strong>r und die<br />

Erwachsenen? Wie ist <strong>de</strong>r Arbeitsalltag in Deutschland? Wie geht Deutschland mit frem<strong><strong>de</strong>n</strong> ausländischen Kulturen im<br />

eigenen Land um? Fragen, die sich bestimmt viele Menschen stellen, die zwischen zwei Kulturen auf wachsen.<br />

Die Menschen begeistern?<br />

Durch Einladungen in die Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> spreche ich oft über Südafrika, seine Herausfor<strong>de</strong>rungen und Erfolge. Das ist erst<br />

einmal begeisternd, aber über das reine „Entertainment“ hinaus ich möchte auch nachhaltiges Interesse wecken. Für<br />

meine Arbeit in Deutschland be<strong>de</strong>utet das <strong>de</strong>shalb, gute Angebote zu entwickeln, um die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Ausschüsse<br />

in ihrer Arbeit noch besser zu qualifizieren. Es ist ganz wichtig, dass Menschen, die Partnerschaftsarbeit in <strong><strong>de</strong>n</strong> Kirchengemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und Kirchenkreisen leisten, sich im Sinne <strong>de</strong>r vier Schlagworte von „<strong>mission</strong>.<strong>de</strong>“ (begeistern, begegnen,<br />

stärken, engagieren) als Botschafter <strong>de</strong>r Mission verstehen.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

31


stärken<br />

Stefan Ritter<br />

Homatcho, Äthiopien<br />

Missionar<br />

Das höchste <strong>de</strong>r Gefühle: Gottes Wort in <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>s Herzens<br />

Ich heiße Stefan Ritter und wer<strong>de</strong> bald 40 Jahre alt. Aufgewachsen bin ich in Südamerika.<br />

Nach <strong>de</strong>r Schule habe ich in Deutschland und Kalifornien Theologie und Sprachwissenschaft<br />

studiert. Im Jahr 2005 wur<strong>de</strong> ich in Göttingen zum Pastor ordiniert. Meine Frau und ich haben<br />

zwei Jungs, Jan und Tobias.<br />

Wie kommt’s, dass die Ritters nach Äthiopien gegangen sind? Als Teenager habe ich in einem Schülerbibelkreis<br />

mitgearbeitet. Jemand sprach mich an, ob ich mir vorstellen könnte, Theologie zu studieren. Ich habe schon damals<br />

viel gebetet und mit Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> über meine Absicht gesprochen und kam zu <strong>de</strong>r Überzeugung, dass Theologie das<br />

Richtige <strong>für</strong> mich ist. Durch mein Interesse an Sprachen zeichnete sich bald <strong>de</strong>r Weg in die Bibelübersetzung ab. In<br />

Äthiopien sind wir gelan<strong>de</strong>t, weil die Kirchen hier Hilfe beim Übersetzen <strong>de</strong>r Bibel wünschen und es hier in weiten<br />

Teilen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s keine Malaria gibt.<br />

Wenn man uns besuchen will, lan<strong>de</strong>t man nach gut sieben Stun<strong><strong>de</strong>n</strong> Flug in Addis Abeba, <strong>de</strong>r Hauptstadt Äthiopiens.<br />

Vom Flughafen geht’s mit einem Gelän<strong>de</strong>wagen weiter. Wir wohnen vier Stun<strong><strong>de</strong>n</strong> Autofahrt weiter südlich im Gebiet<br />

<strong>de</strong>r Hadiyya-Volksgruppe. Asphaltiert ist nur die große Überlandstraße. Deshalb kann in <strong>de</strong>r Regenzeit das Autofahren<br />

in Äthiopien schon mal abenteuerlich wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Was macht ein Ritter in Äthiopien<br />

In <strong><strong>de</strong>n</strong> ersten bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Jahren haben wir die Sprache und Kultur <strong>de</strong>r Hadiyya gelernt. Sobald wie möglich half ich<br />

außer<strong>de</strong>m als Pastor in einem Kirchenkreis aus. Seit drei Jahren berate ich vier Hadiyyas, die die Bibel in ihre Muttersprache<br />

übersetzen wollen. Wir erstellen auch an<strong>de</strong>re Bücher in <strong>de</strong>r Hadiyyasprache, so zum Beispiel eine Sammlung<br />

christlicher Songs o<strong>de</strong>r ein Buch gegen die weibliche Genitalbeschneidung. Mit dieser Veröffentlichung unterstütze<br />

ich meine Frau. Sie ist Pastorin einer taiwanesischen Kirche und hat durch ihre Aufklärungskurse bewirkt, dass einige<br />

tausend Mädchen und junge Frauen dieser tief verletzen<strong><strong>de</strong>n</strong> Tradition entkommen sind.<br />

Gott spricht in je<strong>de</strong>r Sprache<br />

Dass Gott auch in ihrer eigenen Sprache spricht, verleiht <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen hier Klarheit. Dass er wie in 1. Mose 17 nur die<br />

Beschneidung <strong>de</strong>r männlichen Nachkommen, nicht aber <strong>de</strong>r Mädchen und Frauen angeordnet hat, ist sogar manchen<br />

Pastoren hier nicht bewusst. Viele <strong>de</strong>r 1,5 Millionen Hadiyya haben Schwierigkeiten, die Lan<strong>de</strong>ssprache Amharisch zu<br />

verstehen. Die Bibel in <strong>de</strong>r Sprache ihres Herzens ermöglicht ihnen jetzt, sich selbst eine Meinung zu bil<strong><strong>de</strong>n</strong>. Das macht<br />

sie frei und festigt ihr Selbstwertgefühl. Meine Arbeit bestärkt das Volk <strong>de</strong>r Hadiyya, im Leben und Glauben einen<br />

Schritt nach vorne zu tun.<br />

Gelernt haben auch wir<br />

Die Hadiyya lassen einen Menschen in Schwierigkeiten nicht allein. Nach einem To<strong>de</strong>sfall in <strong>de</strong>r Familie erhalten die<br />

Hinterbliebenen <strong>für</strong> min<strong>de</strong>stens eine Woche pausenlos Besuch. Die erwarteten Hausbesuche stellen uns bei gefüllten<br />

Terminkalen<strong>de</strong>rn manchmal vor großen Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />

Aber: Geteiltes Leben macht das Herz leichter. Ist das nicht ein schöner Grund, weshalb wir als Missionare immer<br />

noch hier sind?<br />

32 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


stärken<br />

Frank Tiss<br />

Eirunepé-Amazonas, Brasilien<br />

Missionar<br />

Missionar im Regenwald<br />

Ich bin Frank Tiss. Nach <strong>de</strong>m Abitur habe ich am Missionsseminar in Hermannsburg Theologie<br />

studiert. Während <strong>de</strong>s Studiums machte ich bereits ein Praktikum beim Volk <strong>de</strong>r Kulina im<br />

brasilianischen Regenwald. Von 1994 bis 2009 habe ich dann bei ihnen gearbeitet und mit<br />

ihnen gelebt. 1999 kam auch meine Frau Christiane nach Brasilien. Sie ist Ärztin.<br />

Seit über 160 Jahren haben die Kulina Berührung mit <strong>de</strong>r nicht-indianischen Bevölkerung. Sie wur<strong><strong>de</strong>n</strong> verfolgt,<br />

mussten wie Sklaven arbeiten, viele verstarben an <strong><strong>de</strong>n</strong> eingeschleppten Krankheiten aus <strong>de</strong>r „Zivilisation“. Trotz allem<br />

setzen die Indianer bis heute ihre ganz eigene Lebensweise fort. In ihren Dorfgemeinschaften teilen sie ihr Leben miteinan<strong>de</strong>r,<br />

gemeinsam gehen sie fischen, jagen, arbeiten und feiern. Sie haben eine eigene Religion, <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren Rituale<br />

ihre Priester und die Frauen verantwortlich sind.<br />

Das Leben verlangt heute mehr von <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina als früher. Sie müssen ihr Land vor Eindringlingen, wie Holzfirmen<br />

und Großfischern, schützen. Sie wollen Schulen, um Rechnen und Portugiesisch, Brasiliens Lan<strong>de</strong>ssprache, zu lernen.<br />

Sie möchten mit neuen und manchmal lebensgefährlichen Krankheiten wie Malaria o<strong>de</strong>r Cholera umgehen können.<br />

Gott ist <strong>für</strong> alle da<br />

Dass Gott <strong>für</strong> alle Leben will, beson<strong>de</strong>rs aber <strong>für</strong> an <strong><strong>de</strong>n</strong> Rand gedrängte und wenig geachtete Menschen, wollte ich<br />

solchen Menschengruppen gern vermitteln. Das wollte ich nicht allein mit Worten tun, son<strong>de</strong>rn durch Wort und Tat im<br />

gemeinsamen Leben. Die brasilianische lutherische Kirche beauftragte meine Frau und mich, <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina zur Seite zu<br />

stehen, beson<strong>de</strong>rs bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Schwierigkeiten, die sie von früher her gar nicht kannten.<br />

Aber wir wollten nicht einfach <strong>für</strong> sie ihre Probleme lösen. Das hätte immer nur <strong>für</strong> kurze Zeit etwas gebracht. Wir<br />

wollten ihnen statt<strong>de</strong>ssen helfen, selbstständig Lösungen <strong>für</strong> ihre Probleme zu fin<strong><strong>de</strong>n</strong> und auch umzusetzen. So haben<br />

wir sie dabei unterstützt, ihr Land zu umgrenzen und diese von <strong>de</strong>r Regierung anerkannt zu bekommen. Wir haben<br />

mitgeholfen Kulina-Lehrer auszubil<strong><strong>de</strong>n</strong>, damit sie in ihren Dörfern in ihrer eigenen Sprache die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />

<strong>unterricht</strong>en können. Um sauberes Trinkwasser zu bekommen, hat meine Frau mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Dorfbewohnern Wasserfilteranlagen<br />

gebaut, die sie mit Naturmaterialien selbst weiter betreiben können.<br />

Christlicher Glaube <strong>de</strong>r „Weißen“<br />

Mit <strong><strong>de</strong>n</strong> „Weißen“ begegneten die Kulina auch <strong>de</strong>m Christentum. Von einfachen Leuten wie auch von Priestern,<br />

Pastoren und Missionaren hörten sie von <strong>de</strong>ren Glauben. Bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina kam vor allem rüber, dass es eigentlich primitiv<br />

und verkehrt ist, als Kulina zu leben. Wer Christ sein will, müsste so wie die „Weißen“ sein. Anstatt <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina Mut<br />

zu machen, war <strong>de</strong>r christliche Glaube zu etwas gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>, das ihr Leben als Kulina in Frage stellt.<br />

Deshalb haben wir uns gemeinsam in <strong>de</strong>r Bibel angesehen, wie Jesus mit <strong><strong>de</strong>n</strong> an <strong><strong>de</strong>n</strong> Rand gedrängten Menschen<br />

seiner Zeit umging: Menschen, die eigentlich nicht <strong><strong>de</strong>n</strong> richtigen Glauben hatten wie Hei<strong><strong>de</strong>n</strong> o<strong>de</strong>r Samariter, o<strong>de</strong>r<br />

auch Behin<strong>de</strong>rte, schwer Kranke und selbst Gauner. Auf sie alle ging Jesus nicht nur zu, er lobte manchmal sogar noch<br />

ihre eigene Art zu glauben. Das fan<strong><strong>de</strong>n</strong> viele Kulina erstaunlich: Jesus stellte sich an die Seite von Leuten – wie sie! Als<br />

sie dann sahen, dass Jesus sich gegen unnötigen Besitz aussprach, dass er statt<strong>de</strong>ssen zum Teilen und gemeinsamen<br />

Leben in geschwisterlicher Gleichheit aufrief, da bemerkten die Kulina überrascht: so leben die „Weißen“ ja gar nicht –<br />

aber so leben wir!<br />

Stark und selbstbewusst<br />

Noch lange sind nicht alle Schwierigkeiten überwun<strong><strong>de</strong>n</strong>, und neue sind dazugekommen. Aber viele Kulina sind selbstbewusster<br />

gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>. „Wir haben starke Arme und Beine, wir können zusammenhalten und gemeinsam überlegen.<br />

Wir müssen nicht mehr warten, bis Menschen von außerhalb kommen, um uns zu helfen“, sagte bei einer Versammlung<br />

<strong>de</strong>r Dorfvorsteher Zobái.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

33


engagieren<br />

Hermann Kruse<br />

Tschallia, Äthiopien<br />

Handwerker<strong>mission</strong>ar<br />

Liebe Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>geschwister!<br />

Warum ich euch Geschwister nenne? Ja, weil ich fin<strong>de</strong>, das wir beson<strong>de</strong>rs als Gemein<strong>de</strong>mitglie<strong>de</strong>r<br />

unserer Kirche, aber auch ganz schlicht als Menschen einiges gemeinsam haben: Wir<br />

brauchen einan<strong>de</strong>r und sind aufeinan<strong>de</strong>r angewiesen! So sind wir veranlagt. Geschwisterlich<br />

soll es zugehen unter uns, nicht nur in unseren Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong>, son<strong>de</strong>rn eigentlich überall, in unseren Familien, in unserem<br />

Dorf o<strong>de</strong>r Stadtteil, in unserem Land und wünschenswerter weise auch in dieser ganzen Welt! Natürlich ist mir klar,<br />

dass sich das leichter sagen lässt als es getan ist!<br />

Ich bin Hermann Kruse und in Hermannsburg in <strong>de</strong>r Lüneburger Hei<strong>de</strong> aufgewachsen und zur Schule gegangen.<br />

Nach <strong>de</strong>r mittleren Reife habe ich <strong><strong>de</strong>n</strong> Beruf Tischler erlernt und zwei Jahre als Geselle gearbeitet. Anstelle zur<br />

Bun<strong>de</strong>swehr zu gehen, wollte ich lieber Zivildienst leisten. Diesen Dienst wollte ich ganz gezielt in Äthiopien an einer<br />

Handwerkerausbildungsstätte tun, von <strong>de</strong>r ich durch die Hermannsburger Mission gehört hatte. Ich stamme aus<br />

Hermannsburg und bin sozusagen mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Geschichten und <strong><strong>de</strong>n</strong> vielen Informationen aus <strong>de</strong>r Mission aufgewachsen.<br />

Ich war einfach neugierig zu sehen, wie es da draußen ist.<br />

Als Tischler in Äthiopien<br />

Von 1972 an war ich dann tatsächlich <strong>für</strong> drei Jahre in Äthiopien und habe die Arbeit dort kennengelernt. Diese Zeit<br />

hat mich, wie ich später erst erkennen sollte, nachhaltig beeinflusst. Anschließend war ich dann wie<strong>de</strong>r in Deutschland,<br />

wo ich zunächst die Meisterschule besuchte, um im elterlichen Betrieb zu arbeiten und Lehrlinge auszubil<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Seit 1981 bin ich wie<strong>de</strong>r in Äthiopien, bis heute. Mich zog es einfach dorthin zurück. Ich hatte gemerkt, dass ich<br />

mich dort besser einbringen kann als zu Hause in Deutschland. Außer<strong>de</strong>m fühlte auch eine Mitverantwortung <strong>für</strong><br />

die Arbeit dort. Die Handwerkerschule in Tschallia gehört zur Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus.<br />

Diese Kirche arbeitet nach <strong>de</strong>m Motto „Dienst am ganzen Menschen“ <strong><strong>de</strong>n</strong>n sie geht auf die geistlichen und auf die<br />

ganz praktischen Bedürfnisse <strong>de</strong>r Menschen ein. In Tschallia bil<strong><strong>de</strong>n</strong> wir Lehrlinge im Bauhandwerk aus und führen<br />

Aufbaukurse durch <strong>für</strong> Handwerker wie Dorftischler, Schmie<strong>de</strong>, Töpferinnen. Auch bieten wir Kurse <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Hausbau<br />

aus Lehmblocks an. Wir betreiben eine Tischlerei, eine Metallwerkstatt, eine kleine Ziegelei und sind quasi auch eine<br />

kleine Baufirma. Wir bauen Brücken, Kirchen und alles was so kommt.<br />

Einsatz <strong>für</strong> unsere gemeinsame Welt<br />

Seit 1986 befassen wir uns auch mit Aufforstung. In Äthiopien gibt es viele kahle Landstriche ohne jegliche Vegetation.<br />

Bäume zu pflanzen wur<strong>de</strong> zu meinem Hauptanliegen, <strong><strong>de</strong>n</strong>n hier gibt es kaum noch Wald (weniger als 3%<br />

<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sfläche). Es war immer schwieriger gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>, gutes Schnittholz <strong>für</strong> die Handwerkerschule zu bekommen.<br />

Inzwischen importiert Äthiopien viel Holz aus Übersee. Jetzt, nach mehr als 20 Jahren, ernten wir bereits wie<strong>de</strong>r Holz<br />

aus unseren aufgeforsteten Wäl<strong>de</strong>rn. Das liegt daran, das im Vergleich zu Europa die Bäume in Äthiopien schneller<br />

wachsen und bereits nach so kurzer Zeit Erträge bringen.<br />

In <strong><strong>de</strong>n</strong> vergangenen Jahren haben wir begonnen, einige Schulen, Kirchgemein<strong><strong>de</strong>n</strong> und interessierte Leute mit<br />

Setzlingen aus unserer Baumschule zu beliefern, die sie dann in Eigeninitiative pflanzen. Das freut uns natürlich sehr.<br />

Es ist unser Ziel, viele Leute einzubin<strong><strong>de</strong>n</strong> in das Bemühen, <strong><strong>de</strong>n</strong> Waldanbau in Äthiopien zu för<strong>de</strong>rn. Wir wissen ja alle,<br />

das Wald ganz wichtig ist <strong>für</strong> das ökologische Gleichgewicht und zur Versorgung von Mensch und Tier mit Sauerstoff,<br />

ohne <strong><strong>de</strong>n</strong> wir nicht leben können.<br />

Wir können also eine ganze Menge selber tun <strong>für</strong> unsere Umwelt, <strong>für</strong> die wir ja auch mit verantwortlich sind, je mehr,<br />

<strong>de</strong>sto besser! Das gilt natürlich gleichermaßen überall auf <strong>de</strong>r Welt. Aber wem erzähle ich das, das weiß heute ja fast<br />

je<strong>de</strong>r! Umso mehr sind wir alle herausgefor<strong>de</strong>rt uns anzustrengen, das wir die Schöpfung, unsere Lebensgrundlage<br />

beson<strong>de</strong>rs schätzen und versuchen, sie zu erhalten, damit sie uns auch in Zukunft ein gutes Leben ermöglicht.<br />

34 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


engagieren<br />

Christa von Oertzen<br />

Baboua, Zentralafrikanische Republik<br />

Missionsärztin<br />

Ärztin mit „Ach und Krach“<br />

Ich heiße Christa von Oertzen und bin nun schon fast 55 Jahre alt. In Celle in Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />

bin ich aufgewachsen und bis zum Abitur zur Schule gegangen. Da meine Abi-Noten nicht so<br />

toll waren, habe ich erst einmal Krankenschwester gelernt, <strong><strong>de</strong>n</strong>n bei einem Schul-Praktikum<br />

im Celler Krankenhaus habe ich gemerkt, die Arbeit dort will ich richtig lernen. Dann endlich nach dreieinhalb Jahren<br />

habe ich einen Studienplatz <strong>für</strong> Medizin erhalten, und dieses Studium in Marburg und Göttingen mit viel Ach und<br />

Krach durchgezogen. So viele Fakten, Namen und Wissen in meinen Kopf zu pressen, war harte Arbeit und hat ein<br />

bisschen länger gedauert. Seit 1985 bin ich aber nun Ärztin.<br />

Erst Berufserfahrung, dann Auslandseinsatz<br />

Schon während <strong>de</strong>r Schulzeit aber beson<strong>de</strong>rs während <strong>de</strong>s Studiums habe ich mich da<strong>für</strong> interessiert, mal eine zeitlang<br />

in Afrika zu arbeiten, um dort zu helfen. Die Bil<strong>de</strong>r im Fernsehen von hungrigen kranken afrikanischen Kin<strong>de</strong>rn<br />

machten mich stark betroffen. Deshalb habe ich mich beim <strong>de</strong>utschen Entwicklungsdienst informiert und wusste, mit<br />

min<strong>de</strong>stens zwei Jahren Berufserfahrung ist ein solcher Einsatz gut möglich. Also habe ich vier Jahre erst in Deutschland<br />

in <strong>de</strong>r Chirurgie, Gynäkologie und ein bisschen in <strong>de</strong>r Pädiatrie gearbeitet. Nach einer Vorbereitung konnte ich<br />

dann nach Burkina Faso ausreisen. Die ganze Vorbereitungszeit war toll spannend und aufregend, bloß das Französisch<br />

lernen war eine Tortur <strong>für</strong> mich.<br />

Wo liegt dieses Burkina Faso? Auch ich habe es erst auf einer Afrikakarte gesucht, es ist fast so groß wie das<br />

Deutschland von heute, aber sehr arm, trocken und unbekannt. Die ersten Wochen in Burkina waren <strong>für</strong> mich sehr<br />

anstrengend. Die Armut, <strong>de</strong>r Dreck, <strong>de</strong>r Staub, die Hitze und die Menschen, die ich nicht verstehen konnte, und die<br />

vielen Insekten einschließlich <strong>de</strong>r Wanzen in <strong>de</strong>r Matratze haben mich fast geschafft. Je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag habe ich mir<br />

überlegt, packst du jetzt o<strong>de</strong>r morgen <strong>de</strong>ine Koffer. Aber gesagt habe ich es nicht, son<strong>de</strong>rn eisern durchgehalten!<br />

Viel besser habe ich mich dann gefühlt, als ich an meinem eigentlichen Arbeitsort war und merkte, mit meinen<br />

Kenntnissen kann ich wirklich <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen hier helfen und einige gesün<strong>de</strong>r, manche auch wie<strong>de</strong>r ganz gesund aus<br />

<strong>de</strong>m afrikanischen Krankenhaus nach Hause gehen lassen. Natürlich fehlte viel und einigen Patienten konnte ich auch<br />

nicht helfen, vor allem, wenn sie erst sehr spät ins Krankenhaus kamen.<br />

Fünfeinhalb Jahre – mit Unterbrechung – habe ich in Burkina Faso gearbeitet. Dann habe ich in Deutschland meinen<br />

Facharzt <strong>für</strong> Gynäkologie und Geburtshilfe gemacht und bin wie<strong>de</strong>r nach Afrika ausgereist, um dort zu arbeiten.<br />

Nach Fortbildung zurück im Ausland<br />

Inzwischen bin ich schon im vierten afrikanischen Land, heute in <strong>de</strong>r Zentralafrikanischen Republik und fin<strong>de</strong> es sehr<br />

spannend die Unterschie<strong>de</strong> und Gemeinsamkeiten ihrer Kulturen, Landschaften und <strong>de</strong>r Menschen zu ent<strong>de</strong>cken.<br />

Spanier und Finnen haben ja auch Gemeinsamkeiten, trotz<strong>de</strong>m auch Unterschie<strong>de</strong>. Hier in Zentralafrika liegt mein<br />

Schwerpunkt <strong>de</strong>r Arbeit in <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>r Mitarbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong> im Krankenhaus, <strong><strong>de</strong>n</strong>n die allermeisten haben keine<br />

Krankenpflegeausbildung, son<strong>de</strong>rn kommen direkt von <strong>de</strong>r Schule ins Krankenhaus um hier zu lernen und Geld zu<br />

verdienen.<br />

In Zentralafrika ist von allen mir bekannten afrikanischen Län<strong>de</strong>rn die Armut am schlimmsten und es bedrückt mich<br />

schon sehr, wenn die Patienten die Medikamente o<strong>de</strong>r notwendigen Operationen nicht zahlen können. Aber oft kann<br />

ich auch mit einfachen, preiswerten Medikamenten helfen o<strong>de</strong>r mit kleinen Handgriffen einem gesun<strong><strong>de</strong>n</strong> Baby auf die<br />

Welt helfen, dann habe ich wie<strong>de</strong>r ein tolles Glücksgefühl!<br />

Ebenso ist es mit <strong>de</strong>r Fortbildung, manchmal sehe ich Fortschritte und einer hat was kapiert und wen<strong>de</strong>t dieses<br />

Wissen dann auch an, manchmal aber ist alles Unterrichten <strong>für</strong> die Katz und selbst medizinisches Hilfspersonal geht<br />

lieber zum Wun<strong>de</strong>rheiler als zu mir.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

35


egegnen<br />

John Förster<br />

George, Südafrika<br />

Missionar<br />

Ein ostfriesischer Junge<br />

Ich bin John Förster und bin in <strong>de</strong>r ostfriesischen Seehafenstadt Em<strong><strong>de</strong>n</strong> aufgewachsen. Hier<br />

habe ich in einer leben digen, christlichen Jugendarbeit mitgemacht. Nach <strong>de</strong>m Abi habe ich<br />

zwei Jahre als Zivi in <strong>de</strong>r Seemanns<strong>mission</strong> gearbeitet. Dort bin ich zum ersten Mal bewusst<br />

Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen begegnet. Eine Frage beschäftigte mich sehr: Was ist uns Menschen<br />

in unserem Leben wichtig und wo holen wir die Kraft und Moti vation zum Leben? Ein Jahr bin ich durch Australien<br />

gereist, bevor ich in Hermannsburg mein Theologiestudium begann, das mich zu einem Studienaufenthalt nach Indien<br />

geführt hat. Danach folgten einjährige Aufenthalte in Arizona/USA und Frankreich.<br />

Als Pastor in Afrika<br />

Nach meinem Abschluss <strong>unterricht</strong>ete ich Theologiestu<strong><strong>de</strong>n</strong>ten an <strong>de</strong>r Pastorenschule in <strong>de</strong>r Zentralafrikanischen<br />

Republik. Inzwischen arbeite und lebe ich gemeinsam mit meiner Frau Sunnive und unseren bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn schon fast<br />

sechs Jahre in Südafrika an <strong>de</strong>r sogenannten „Gar<strong><strong>de</strong>n</strong> Route“ an <strong>de</strong>r Südküste. Hier beobachteten wir etwas Ungewohntes:<br />

Eine ständig präsente Spannungen zwischen Menschen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>er Hautfarben. Auch nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Apartheid leben hier die Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Kulturen und Sprachen immer noch eher getrennt<br />

voneinan<strong>de</strong>r als miteinan<strong>de</strong>r. Die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen gehen – vor allem in <strong><strong>de</strong>n</strong> Städten – zwar immer öfter in<br />

gemeinsame Kin<strong>de</strong>rgärten und Schulen, auch Erwachsene arbeiten im Berufsleben zusammen, doch privat gibt es<br />

wenig „Miteinan<strong>de</strong>r“. Man fühlt sich privat nicht wohl mit <strong><strong>de</strong>n</strong> „An<strong>de</strong>ren“.<br />

Menschen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>er Hautfarben und Kulturen<br />

Die Lebensgeschichten unserer farbigen, weißen und schwarzen Mitmenschen sind vielfältig und spannend und<br />

sie zeigen uns immer aufs Neue, das je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>r ein Recht auf Menschenwür<strong>de</strong> hat und so wie er ist, respektiert<br />

und angenommen zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Wir freuen uns, wenn es gelingt, <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen aus <strong><strong>de</strong>n</strong> kulturell unterschiedlichen<br />

luthe rischen Kirchengemein<strong><strong>de</strong>n</strong> einen Weg zu bereiten, um sich einan<strong>de</strong>r neu kennenzulernen. Denn wenn sie sich<br />

mit neuen Augen sehen, gegenseitige Vorurteile abbauen und sich <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r interessieren und einsetzen, dann<br />

schließlich kann eine christliche Gemeinschaft entstehen.<br />

Gemeinsam statt einsam<br />

Unsere alltägliche Aufgabe hier an <strong>de</strong>r Gar<strong><strong>de</strong>n</strong> Route sehen wir darin, gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>n</strong> unterschiedlichen Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

viele Möglichkeiten <strong>für</strong> Begegnungen zu schaffen. Wir haben erreicht, dass mehrsprachige Gottesdienste gestaltet<br />

und gefeiert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, dass Begegnungen <strong>de</strong>r Jugendlichen stattfin<strong><strong>de</strong>n</strong> und sich die Frauen aus verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

treffen. Inzwischen gibt es gemeinsame Gebets- und Gesprächskreise, einen gemeinsamen Chor und vieles mehr.<br />

Wir erleben, dass Familien verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>er Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> sich inzwischen nicht nur kennengelernt, son<strong>de</strong>r auch persönlich<br />

Anteil aneinan<strong>de</strong>r haben, miteinan<strong>de</strong>r und <strong>für</strong>einan<strong>de</strong>r beten, einan<strong>de</strong>r helfen und unterstützen, einan<strong>de</strong>r besuchen<br />

und Fröhliches wie Schweres miteinan<strong>de</strong>r teilen.<br />

Ganz <strong>de</strong>utlich wird dieses wachsen<strong>de</strong> Miteinan<strong>de</strong>r zwischen unseren weißen und farbigen lutherischen Familien<br />

auch darin, dass alle mithelfen, gemeinsam eine Kirche <strong>für</strong> unsere „farbige“ Gemein<strong>de</strong> zu bauen. Eine Kirche, die<br />

sowohl <strong>für</strong> gemeinsame, als auch eigene Gottesdienste und Veranstaltungen genutzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann. Eine Kirche, in <strong>de</strong>r<br />

es Räume <strong>für</strong> die vielen Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen <strong>de</strong>r Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> gibt; eine Kirche, in <strong>de</strong>r Chöre und an<strong>de</strong>re Gruppen<br />

einen Platz fin<strong><strong>de</strong>n</strong> und wir gemeinsam unseren Schöpfer loben können.<br />

Wenn wir eines Tages zurück nach Deutschland zurückkehren, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> wir die von diesem bunten, manchmal<br />

frem<strong><strong>de</strong>n</strong>, oft schwierigen, aber immer spannen<strong><strong>de</strong>n</strong>, lebensfrohen und gesegneten christliche Miteinan<strong>de</strong>r geprägt<br />

und unendlich bereichert sein. Wir fühlen uns reich beschenkt und sind sehr dankbar da<strong>für</strong>, dass Gott uns hierher nach<br />

Südafrika geführt hat, um hier an seiner Kirche mitzubauen, die eine Kirche <strong>für</strong> alle sein soll.<br />

36 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


egegnen<br />

Sunnive Förster<br />

George, Südafrika<br />

Missionarin<br />

Eine <strong>de</strong>r ersten Theologinnen<br />

Ich bin Sunnive Förster und stamme aus Österreich. Dort arbeitete ich als Sozialarbeiterin, bevor<br />

ich nach Deutschland ging, um in Hermannsburg als eine <strong>de</strong>r ersten drei Frauen Theologie<br />

zu studieren. Zeiten meiner Ausbildung verbrachte ich in Wien und Tansania. In Tansania<br />

war ich fasziniert, wie selbstverständlich <strong>für</strong> die Menschen ihr tiefer Glaube und ihre Musik mit ihrem alltäglichen,<br />

oft so mühseligen Leben und Arbeiten verflochten sind. Damals hatte ich noch nicht gedacht, dass mein Weg mich,<br />

gemeinsam mit meinem Mann John und <strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn, über Zentralafrika und Kamerun nach Südafrika führen wür<strong>de</strong>.<br />

Vertrauensperson <strong>für</strong> afrikanische Frauen<br />

Es gibt immer noch viele gegenseitige Vorurteile und Klischees, aber auch persönliche Verletzungen aus <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

und Angst voreinan<strong>de</strong>r. An <strong>de</strong>r Gar<strong><strong>de</strong>n</strong> Route leben von <strong>de</strong>r Geschichte her vorwiegend farbige und weiße<br />

Menschen, aber auch immer mehr schwarze Menschen ziehen auf <strong>de</strong>r Suche nach Arbeit hierher, die sie aber meist<br />

nicht fin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Dadurch haben sich in <strong><strong>de</strong>n</strong> vergangenen Jahren viele Probleme vergrößert: es gibt zu wenige Häuser,<br />

Schul- und Arbeitsplätze, Krankenhäuser bzw. ungenügen<strong>de</strong> medizinische Versorgung, aber da<strong>für</strong> mehr Gewalt,<br />

Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Jugendprostitution und Verwahrlosung. Diese Probleme betreffen Menschen aller<br />

Hautfarben.<br />

Das Zusammenleben <strong>de</strong>r Menschen an <strong>de</strong>r Gar<strong><strong>de</strong>n</strong> Route mit all seinen Schwierigkeiten und Chancen ist spannend<br />

und for<strong>de</strong>rt uns heraus: zunächst uns selbst als Christen zu hinterfragen, aber dann Begegnungen und ein neues<br />

Miteinan<strong>de</strong>r möglich zu machen. Wir möchten Menschen aus <strong><strong>de</strong>n</strong> kulturell unterschiedlichen lutherischen Kirchengemein<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

auf <strong>de</strong>m Weg begleiten, einan<strong>de</strong>r neu kennenzulernen.<br />

So ist es möglich gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>, dass unsere Gebetsfrau Nella sich mir gegenüber vertrauensvoll öffnete. Noch vor<br />

einiger Zeit hätte sie sich da<strong>für</strong> geschämt, dass ihr Sohn Drogen nimmt und dadurch gewalttätig ist. Erst zog sie sich in<br />

ihrer Angst zurück. Nach einfühlsamen Gesprächen hat sie sich mir als ihrer Pastorin davon erzählt. Den Männerbund<br />

um Hilfe zu bitten, dass sie ihren Sohn besuchen und mit ihm re<strong><strong>de</strong>n</strong>, hätte sie nicht gewagt.<br />

Scham spielt hier eine große Rolle, wenn es darum geht, Leid, Not und Angst in <strong>de</strong>r Kirche vor an<strong>de</strong>ren zu verbergen,<br />

weil bestimmte traditionell kirchliche, moralische Werte einen selbst schnell als Versager vor Gott und <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

abstempeln. Viele Kirchen hier erwarten <strong>de</strong>shalb, dass Frauen ihr Leid aushalten und <strong>für</strong> ihren familiären Peiniger<br />

beten. Ein Ausbruch aus dieser Situation wird heute noch von vielen Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> scharf verurteilt und lässt damit die<br />

Notlei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> allein.<br />

Auch Nella spürte <strong><strong>de</strong>n</strong> Vorwurf ihrer Umgebung, dass sie, Nella, wohl etwas in <strong>de</strong>r christlichen Erziehung ihres Sohnes<br />

falsch gemacht hat, wenn er nun zu Drogen greift und gewalttätig wird. Diese Vorwürfe macht sich Nella heute<br />

zwar immer noch, aber sie steht nun nicht mehr allein da mit ihrer Sorge. Wir, gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>n</strong> „Susters“ (Gebetsfrauen)<br />

und <strong><strong>de</strong>n</strong> Männern vom Männerbund stehen ihr zur jetzt Seite. Durch das gewonnene Vertrauen zu uns kann<br />

sie in ihrer kirchlichen Familie Trost erfahren und wird nicht mehr verurteilt, son<strong>de</strong>rn erlebt, dass ihr geholfen wird.<br />

Häusliche Gewalt, Drogen- und Alkoholmissbrauch sind lei<strong>de</strong>r Erfahrungen, die in <strong><strong>de</strong>n</strong> Familien unserer Gemein<strong>de</strong><br />

stark zunehmen. Daher besuchen Gemein<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r und wir die Jugendlichen die Drogen nehmen und als Folge daraus<br />

große Probleme in <strong>de</strong>r Familie, Schule o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Arbeit haben. Wir versuchen, unsere betroffenen Familien zu<br />

begleiten und zu unterstützen.<br />

Verständnisvolles Miteinan<strong>de</strong>r<br />

So bemühen wir uns als kleine lutherische Kirche, uns mit unseren Möglichkeiten aktiv einzubringen, aber auch mit<br />

an<strong>de</strong>ren Kirchen zusammenzuarbeiten, um <strong>de</strong>r zunehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> Gewalt in unserer Gesellschaft auf größerer Ebene zu<br />

begegnen und Hilfe <strong>für</strong> Betroffene ermöglichen zu können.<br />

Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

37


egegnen<br />

Lisa Kranz<br />

Pandur, Indien<br />

Freiwillige<br />

Wunsch nach Blick in eine frem<strong>de</strong> Kultur<br />

Mein Name ist Lisa Kranz, ich bin 21 Jahre alt und habe nach meinem Abitur im Frühjahr<br />

2008 einen sechsmonatigen Freiwilligendienst in einem Kin<strong>de</strong>rheim in Indien absolviert.<br />

Zurzeit wohne ich in Ol<strong><strong>de</strong>n</strong>burg, wo ich Germanistik und Theologie studiere.<br />

Während meiner Schulzeit kristallisierte sich bei mir <strong>de</strong>r Wunsch heraus, nach meinem Schulabschluss <strong>für</strong> eine<br />

gewisse Zeit ins Ausland zu gehen. Weg von <strong>de</strong>r Schule, weg von zu Hause; raus aus gewohnten Strukturen. Etwas<br />

Sinnvolles wollte ich tun. Meine Zeit mit Menschen teilen, die an<strong>de</strong>rs leben. Eine frem<strong>de</strong> Kultur kennen lernen. Etwas<br />

einbringen von <strong>de</strong>m, was ich an Fähigkeiten und Fertigkeiten besitze, und zwar in einem Land, wo nicht die Standards<br />

unserer Konsumgesellschaft herrschen. Die Welt ein bisschen besser machen.<br />

Freiwilligendienst im Ausland<br />

Beim Ev.-luth. Missionswerk in Hermannsburg (ELM) bewarb ich mich <strong>für</strong> das Kin<strong>de</strong>rheim-Projekt in Indien, da mich<br />

dieses Land sehr faszinierte. Ein Land voller Vielfalt, Farben und Kultur, jedoch auch voller Armut und greifbarer<br />

Ungerechtigkeit. In einem solchen Land in einem Projekt mitzuarbeiten, in <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>r geför<strong>de</strong>rt und unterstützt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, hielt ich <strong>für</strong> sehr unterstützungswürdig.<br />

Von September 2008 bis März 2010 lebte ich in <strong>de</strong>m kleinen Dorf Pandur, das in <strong>de</strong>m südindischen Bun<strong>de</strong>sstaat<br />

Tamil Nadu liegt. Ich wohnte und arbeitete im Mädchenheim <strong>de</strong>s „Frolic Home for Children“, in <strong>de</strong>m etwa 80 Mädchen<br />

und 50 Jungen ein Zuhause fin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Alle Kin<strong>de</strong>r kommen aus sehr armen Familien und leben hier, weil ihre Eltern ihren<br />

Unterhalt sowie ihre Schulausbildung nicht finanzieren können.<br />

Im Heim erhalten die Kin<strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong> und regelmäßige Mahlzeiten. Sie können eine Schule besuchen und einen<br />

Schulabschluss machen. Dieser ermöglicht ihnen einen Beruf zu erlernen und finanziell unabhängig zu sein.<br />

Im Kin<strong>de</strong>rheim wur<strong>de</strong> ich vor allem in <strong>de</strong>r Betreuung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgartenkin<strong>de</strong>r eingesetzt. Zu<strong>de</strong>m verrichtete ich Aufgaben<br />

im Büro <strong>de</strong>s Heims, wo beson<strong>de</strong>rs meine Hilfe am Computer dankbar angenommen wur<strong>de</strong>. Auch konnte ich zur<br />

musikalischen Erziehung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r beitragen, in<strong>de</strong>m ich Flöten<strong>unterricht</strong> erteilte.<br />

Interkultureller Austausch<br />

Während meines Freiwilligendienstes in Indien konnte ich interkulturellen Austausch hautnah erleben. Ich habe Einblicke<br />

erhalten in eine ganz an<strong>de</strong>re Kultur, in ein an<strong>de</strong>res Leben mit an<strong>de</strong>ren Werten und Prioritäten. Auch konnte ich<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen, mit <strong><strong>de</strong>n</strong>en ich ein halbes Jahr zusammenlebte, ein Fenster zu meinem Leben und meiner Kultur öffnen.<br />

Ich habe versucht mich mit meinen Fähigkeiten so gut wie möglich im Kin<strong>de</strong>rheim einzubringen. Durch meine<br />

Mitarbeit konnte ich die Heimleiterin in ihren Computerkenntnissen schulen. Ich hatte mich <strong>für</strong> eine verbesserte<br />

Gesundheitsprävention im Kin<strong>de</strong>rgarten eingesetzt, in<strong>de</strong>m ich ein „gemeinsames Zähneputzen“ nach <strong><strong>de</strong>n</strong> Mahlzeiten<br />

anregte. Und ich konnte <strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn Aufmerksamkeit, Zuneigung und Liebe schenken.<br />

Eindrücke<br />

Doch am prägendsten und be<strong>de</strong>utsamsten bleiben <strong>für</strong> mich die Begegnungen, die Gespräche und <strong>de</strong>r gemeinsame<br />

Alltag mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn und <strong><strong>de</strong>n</strong> Mitarbeiterinnen im Heim. Es hat sich ein gegenseitiges Verständnis <strong>für</strong> einan<strong>de</strong>r<br />

entwickelt und ich habe gelernt Menschen mit an<strong>de</strong>ren Ansichten und an<strong>de</strong>ren Philosophien wertzuschätzen.<br />

38 Themeneinheit Mission · Baustein M3<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe


4.1.4 Angedacht<br />

Weitersagen!<br />

So manches Mal kamen unsere Kin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Schule<br />

und erzählten ohne aufzuhören – über Lehrer o<strong>de</strong>r ungerechte<br />

Noten o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re Ereignisse. Das musste<br />

einfach gesagt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> und spru<strong>de</strong>lte aus ihnen heraus.<br />

Wenn uns etwas völlig in <strong><strong>de</strong>n</strong> Bann nimmt, dann<br />

müssen wir einfach darüber re<strong><strong>de</strong>n</strong>. Wir erzählen dann,<br />

was uns bewegt und lassen <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren daran teilhaben,<br />

was unser Denken und Fühlen bestimmt – und<br />

die an<strong>de</strong>ren hören uns zu und sehen an Augen, Stirnrunzeln<br />

o<strong>de</strong>r an unserer Körperhaltung, wie es uns geht.<br />

So geht es auch Menschen, die sich <strong>für</strong> die Mission<br />

einsetzen. Die Bibel beschreibt es so: „Wir können’s ja<br />

nicht lassen, von <strong>de</strong>m zu re<strong><strong>de</strong>n</strong>, was wir gesehen und<br />

gehört haben.“ (Apostelgeschichte 4,20)<br />

Wir haben als Christen etwas erlebt, über das wir unbedingt<br />

mit an<strong>de</strong>ren Menschen, mit unseren Verwandten<br />

und Freun<strong><strong>de</strong>n</strong>, unseren Bekannten re<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen.<br />

Denn es haben sich Dinge ereignet, die einfach unglaublich<br />

sind und immer noch nicht so richtig verstan<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>: Da wur<strong>de</strong> ein Kind geboren und Menschen<br />

begannen sich zu erzählen, dass da Gott gekommen sei.<br />

Da wur<strong>de</strong> ein Mensch auf grausamste Weise getötet<br />

und lebte trotz<strong>de</strong>m weiter, nur ganz an<strong>de</strong>rs. Da gab es<br />

auf einmal eine Geisteskraft, die Menschen plötzlich als<br />

wirkliche Freun<strong>de</strong> erlebten und das nicht nur <strong>für</strong> einen<br />

Tag, son<strong>de</strong>rn seit 2000 Jahren immer wie<strong>de</strong>r.<br />

Einfach zu verstehen ist das <strong>für</strong> uns mo<strong>de</strong>rne Menschen<br />

nicht. Wir müssen uns schon ganz schön anstrengen<br />

um zu begreifen, dass alle diese Ereignisse lange vor<br />

unserer Zeit heute mit uns zu tun haben. Und nicht nur<br />

mit uns, son<strong>de</strong>rn sie gelten <strong>für</strong> alle Menschen auf <strong>de</strong>r<br />

ganzen Welt. Die Geschichten <strong>de</strong>r Bibel erzählen darüber<br />

und erklären uns, wie Gott ist, wer Jesus Christus war<br />

und vieles mehr.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Jesus Christus hat seinen Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> einmal gesagt:<br />

„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Er<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Darum geht hin und machet zu Jüngern alle Völker.<br />

Taufet sie im Namen <strong>de</strong>s Vaters und <strong>de</strong>s Sohnes und <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles was ich euch<br />

befohlen habe. Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis<br />

ans En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt! (Matthäus 28,18)<br />

Jesus hat seine Freun<strong>de</strong> gesen<strong>de</strong>t – mit einem ganz<br />

beson<strong>de</strong>ren Auftrag. Sie sollten von ihm erzählen und<br />

davon berichten, dass es jemand gibt, <strong>de</strong>m alles auf<br />

<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und im Himmel gehört. Davon sollten sie allen<br />

an<strong>de</strong>ren Menschen sagen: „Du brauchst keine Angst<br />

zu haben!“ Sie sollten <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen Mut machen:<br />

„Gott ist da – und es ist ihm nicht egal, wie es Dir geht!“<br />

Denn dieser Gott nimmt dich in <strong>de</strong>r Taufe an als sein<br />

einmaliges Wunschkind. Und er behütet und bewahrt<br />

Dich! Und das gilt nicht nur <strong>für</strong> Dich, son<strong>de</strong>rn <strong>für</strong> alle<br />

Menschen.<br />

Und das, fi n<strong>de</strong> ich, müssen wir unbedingt weitersagen<br />

– und damit beginnt Mission.<br />

Gebet<br />

Du unser gütiger Gott, bist wie Vater und Mutter.<br />

In so vielen Geschichten kann ich von Dir erfahren.<br />

Und verstehe doch immer noch nicht,<br />

wie Du, Gott, alles in meinem Leben sein willst.<br />

Hilf mir, Dich immer besser zu verstehen!<br />

Du meinst es gut mit allen Menschen – auch mit mir.<br />

Das will ich heute <strong>für</strong> mich und mein Leben annehmen.<br />

Amen.<br />

Liedvorschlag<br />

„Du bist da“ (Lebensweisen Nr. 53) 63<br />

Martina Helmer-Pham Xuan<br />

Direktorin <strong>de</strong>s ELM<br />

63 LebensWeisen<br />

Beiheft 05 zum Evangelischen Gesangbuch (Ausgabe Nie<strong>de</strong>rsachsen-Bremen)<br />

Herausgegeben zum Ev. Kirchentag 2005<br />

Lutherisches Verlagshaus, 2005, 100 Seiten.<br />

Themeneinheit Mission· Angedacht<br />

39


4.2 Grundbedürfnisse 4.2.0 Lernziele<br />

Die Kin<strong>de</strong>r eines arbeitslosen<br />

Landarbeiters mit ihrer täglichen<br />

Portion Maisbrei. Foto: Heine<br />

40 Themeneinheit Grundbedürfnisse<br />

Diese Themeneinheit beschäftigt sich mit <strong><strong>de</strong>n</strong> menschlichen<br />

Grundbedürfnissen. Sie geht zunächst <strong>de</strong>r Frage<br />

nach: Gutes Leben – Was heißt das <strong>für</strong> mich? Anschließend<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>für</strong> Fragen wie: „Was brauche ich und was brauchen<br />

an<strong>de</strong>re wirklich zum Leben?“ sensibilisiert. Den Jugendlichen<br />

soll <strong>de</strong>utlich wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, dass ein Min<strong>de</strong>ststandard<br />

an Grundbedürfnissen erfüllt sein muss, um ein gutes<br />

Leben zu führen. Dass dies aber weltweit längst nicht<br />

<strong>de</strong>r Fall ist, wird <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

an verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Lebensgeschichten aus <strong>de</strong>r Ökumene<br />

ver<strong>de</strong>utlicht. Gleichzeitig sollen sie erkennen, dass<br />

„Gutes Leben“ mehr als materieller Wohlstand be<strong>de</strong>uten<br />

kann und dass Menschen – je nach Lebenssituation<br />

–„Gutes Leben“ sehr unterschiedlich <strong>de</strong>finieren.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirmandinnen sollen in<br />

dieser Einheit<br />

ihre eigenen Bedürfnisse artikulieren und diese im<br />

weiteren Verlauf auf Grundbedürfnisse reduzieren.<br />

ihre Grundbedürfnisse mit <strong><strong>de</strong>n</strong>en von Menschen in<br />

an<strong>de</strong>ren Lebensabschnitten und Län<strong>de</strong>rn vergleichen.<br />

erkennen, dass ein Min<strong>de</strong>ststandard an Grundbedürfnissen<br />

erfüllt sein muss, um überleben zu können.<br />

erkennen, dass dieser Min<strong>de</strong>ststandard weltweit nicht<br />

im gleichen Maße gewährleistet ist.<br />

erkennen, dass wirklicher Reichtum mehr ist als nur<br />

die Anhäufung materieller Güter.<br />

erkennen, dass also immaterielle Grundbedürfnisse<br />

<strong>für</strong> das physische Überleben genauso wichtig sind wie<br />

materielle.<br />

Eine mögliche Weiterführung dieser Einheit könnte<br />

darin bestehen zu überlegen, welchen Beitrag Je<strong>de</strong> und<br />

Je<strong>de</strong>r persönlich leisten kann, Lebensbedingungen zu<br />

verbessern.


4.2.1 Baustein GB1: Was brauche ich zum Leben?<br />

Funktion: Dieser Baustein dient <strong>de</strong>r Einführung in das<br />

Thema Grundbedürfnisse.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken darüber nach, was sie und an<strong>de</strong>re Menschen<br />

alles zum Leben brauchen.<br />

erkennen, dass es existentielle Grundbedürfnisse<br />

gibt, die erfüllt sein müssen, damit Menschen ein<br />

menschenwürdiges Leben führen können.<br />

können Beispiele <strong>für</strong> diese Grundbedürfnisse<br />

be nennen.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Einzelarbeit (10 min)<br />

Die Impulsfrage „Was brauche ich alles zum Leben?“<br />

wird auf die Flipchart geschrieben.<br />

Flipchart, Boardmarker<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> beantworten<br />

in stiller Einzelarbeit <strong>für</strong> sich persönlich diese Frage und<br />

halten ihre Ergebnisse schriftlich fest.<br />

DIN-A4-Papier, Stifte<br />

Gruppenarbeit (10 min)<br />

Danach teilen sich die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

in Vierergruppen auf. Sie stellen sich gegenseitig<br />

ihre Ergebnisse vor und einigen sich auf maximal 4<br />

gemeinsame Stichworte. Diese wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf Mo<strong>de</strong>rationskarten<br />

geschrieben; pro Mo<strong>de</strong>rationskarte ein Stichwort.<br />

pro Kleingruppe 4 Mo<strong>de</strong>rationskarten, Boardmarker<br />

Plenum (15 min)<br />

Jetzt präsentiert je<strong>de</strong> Gruppe ihre Ergebnisse im Plenum<br />

und heftet die Karten jeweils mit kurzen Erläuterungen<br />

an eine Pinnwand o<strong>de</strong>r an die Flipchart. Dabei präsentiert<br />

die erste Kleingruppe ihr erstes Stichwort, die<br />

zweite Kleingruppe ihr erstes Stichwort, usw. Danach<br />

präsentiert die erste Kleingruppe ihr zweites Stichwort,<br />

die zweite Kleingruppe ihr zweites Stichwort, usw.<br />

Pinnwand und/o<strong>de</strong>r Flipchart und Kreppband<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Vertiefung (10 min)<br />

Die Gruppenleitung sortiert die Stichwortkarten<br />

und bün<strong>de</strong>lt sie mit Hilfe <strong>de</strong>r Konfi rmandinnen und<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> zu Themenbereichen (z. B. „Essen“<br />

und „Nahrung“ zu einem Themenbereich). Sie fi n<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Überschriften <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> jeweiligen Bereich (Beispiel oben:<br />

„Ernährung“). Diese wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf an<strong>de</strong>rsfarbige Mo<strong>de</strong>rationskarten<br />

geschrieben und dazu geheftet.<br />

Die Gruppenleitung betont, dass die gefun<strong><strong>de</strong>n</strong>en Überschriften<br />

die Grundbedürfnisse <strong>de</strong>r Gruppe darstellen.<br />

an<strong>de</strong>rsfarbige Mo<strong>de</strong>rationskarten, Boardmarker<br />

Diskussion (15 min)<br />

Diskussion anhand <strong>de</strong>r Ergebnisse zu folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Fragen:<br />

Gelten diese Grundbedürfnisse <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen auf<br />

<strong>de</strong>r Welt?<br />

Wer<strong><strong>de</strong>n</strong> diese Grundbedürfnisse <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen<br />

erfüllt?<br />

Wenn NEIN: Woran kann das liegen?<br />

Was tut ihr da<strong>für</strong>, dass diese Grundbedürfnisse in<br />

eurem Leben erfüllt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> o<strong>de</strong>r erfüllt sind?<br />

Wer sichert eure Grundbedürfnisse?<br />

Tafel o<strong>de</strong>r Flipchart<br />

Themeneinheit Grundbedürfnisse · Baustein GB1<br />

41


4.2.2 Baustein GB2: Grundbedürfnisse weltweit – Balljungs<br />

Funktion: Dieser Baustein dient <strong>de</strong>r Vertiefung <strong>de</strong>s<br />

Themas Grundbedürfnisse. Er kann alternativ auch als<br />

Einstieg in das Thema Kin<strong>de</strong>rarbeit verwandt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wissen, dass weltweit viele Kin<strong>de</strong>r- und Jugendliche<br />

arbeiten müssen, damit sie und ihre Familien überleben<br />

können.<br />

erkennen, dass diesen Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

dadurch die Möglichkeiten <strong>für</strong> altersgemäße Entwicklung<br />

genommen wird.<br />

vergleichen ihre eigene Lebenssituation mit <strong>de</strong>r von<br />

Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen in Pakistan.<br />

erkennen, dass sie selbst keinen Beitrag zur Sicherung<br />

ihrer Grundbedürfnisse leisten müssen.<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> darüber informiert, dass ein Zusammenhang<br />

zwischen Konsumartikeln in Deutschland und Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

besteht.<br />

wissen, dass durch fair gehan<strong>de</strong>lte Produkte die<br />

Lebens situationen von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

sowie <strong>de</strong>ren Familien nachhaltig verbessert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Hinführung (2 min)<br />

„Ihr wer<strong>de</strong>t jetzt <strong><strong>de</strong>n</strong> Film ‚Balljungs – Woher kommen<br />

unsere Fußbälle?‘ sehen, <strong>de</strong>r die Lebenswirklichkeit von<br />

Jugendlichen in eurem Alter in Pakistan zeigt. Obwohl<br />

<strong>de</strong>r Film im Jahre 1999 produziert wor<strong><strong>de</strong>n</strong> ist, ist er lei<strong>de</strong>r<br />

immer noch aktuell. Auch wenn mittlerweile die Fußballproduktion<br />

ohne Kin<strong>de</strong>rarbeit auskommt, arbeiten nach<br />

wie vor viele Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche unter <strong><strong>de</strong>n</strong> gezeigten<br />

Bedingungen <strong>für</strong> die genannten Firmen in an<strong>de</strong>ren<br />

Produktionszweigen.“<br />

Informationen zum Film<br />

Am Beispiel <strong>de</strong>r bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Jungen Assan und Sagir<br />

schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Film präzise die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

<strong>de</strong>r vielen Kin<strong>de</strong>r, die in <strong>de</strong>r Fußballproduktion<br />

in Pakistan gearbeitet haben.<br />

(Inhaltsangabe siehe GB2M1)<br />

Informationen Balljungs (GB2M1)<br />

Präsentation <strong>de</strong>s Films (30 min)<br />

DVD „Balljungs“, Beamer, DVD-Player und<br />

Laut sprecher<br />

42 Themeneinheit Grundbedürfnisse · Baustein GB2<br />

Vertiefung (15 min)<br />

Die Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>/innen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in mehrere Kleingruppen<br />

(4 – 6 Personen) eingeteilt.<br />

Auf einem Plakat sollen sie auf <strong>de</strong>r linken Seite stichwortartig<br />

mit Uhrzeit <strong><strong>de</strong>n</strong> Tagesablauf von Assan und<br />

Sagir reproduzieren.<br />

Auf <strong>de</strong>r rechten Seite stellen sie dann einen typischen<br />

Tagesablauf von Jugendlichen in Deutschland dar;<br />

dabei orientieren sie sich an ihrem eigenen Alltag.<br />

Plakate, Boardmarker, Flipchart<br />

Im Plenum wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Ergebnisse präsentiert und die<br />

Plakate anschließend im Raum aufgehängt.<br />

Kreppband<br />

Diskussion (15 min)<br />

Anhand <strong>de</strong>r vorgestellten Tagesabläufe wer<strong><strong>de</strong>n</strong> nun<br />

die unterschiedlichen Lebenssituationen von Kin<strong>de</strong>rn<br />

und Jugendlichen diskutiert.<br />

Impulsfragen:<br />

Wie sind die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Bereiche verteilt<br />

(z. B. Arbeit, Freizeit, Schule, Kirche)?<br />

Was sind die größten Unterschie<strong>de</strong>?<br />

Welche Grün<strong>de</strong> nennen Assan und Sagir da<strong>für</strong>,<br />

dass sie arbeiten müssen?<br />

Welche Wünsche haben die bei<strong><strong>de</strong>n</strong> geäußert?<br />

Wie viele Bälle müssen Assan und Sagir am Tag nähen,<br />

um überleben zu können?<br />

Wie viel Geld verdienen sie pro Ball?<br />

Was kostet ein Ball in Deutschland?<br />

– Wer verdient alles an <strong>de</strong>m Ball?<br />

Mögliche Fortführung:<br />

Vertiefung <strong>de</strong>s Themas „Fairer Han<strong>de</strong>l“, z. B. durch<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Besuch eines „Welt-La<strong><strong>de</strong>n</strong>s“<br />

Recherche: Woher kommen die Bälle in <strong>de</strong>m heimatlichen<br />

Sportverein und wo wur<strong><strong>de</strong>n</strong> sie hergestellt?<br />

Beispiel <strong>für</strong> einen fair gehan<strong>de</strong>lten Markenball:<br />

www.club-<strong>de</strong>r-guten-hoffnung.<strong>de</strong>


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.2.2.1 Informationen zum Film „Balljungs“ GB2M1<br />

Balljungs<br />

Woher kommen unsere Fußbälle?<br />

Regie: Svea An<strong>de</strong>rsson, Anke Möller; Deutschland 1999<br />

Produktion: NDR/Vi<strong>de</strong>o Motion Fernsehproduktion<br />

Dokumentarfi lm, <strong>de</strong>utsch, VHS, 28 min (Kurzfassung)<br />

Mitherausgeber: Evangelisches Zentrum <strong>für</strong> entwicklungsbezogene<br />

Filmarbeit, Stuttgart (EZEF)<br />

Inhalt<br />

Eine Alltagsszene aus Deutschland: Zwei Jungs schauen<br />

sich im Kaufhaus Fußbälle an. Sie sind wählerisch, aber<br />

kaufen einen und gehen. Im Hintergrund hört man<br />

Geräusche einer Fankulisse im Stadion. Jetzt zeigt die<br />

Kamera, wie ein Fußball beim Training in <strong><strong>de</strong>n</strong> Abendhimmel<br />

geschossen wird. Er fl iegt – und schon die<br />

nächste Szene beginnt mit Alltagsszenen aus Pakistan,<br />

einem Land, in <strong>de</strong>m Fußbälle hergestellt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Es ist früh am Morgen, in Sabrana, einem kleinen<br />

Dorf im Nordosten Pakistans. Assan, sein Alter wird<br />

auf 11 Jahre geschätzt, wacht mit seinen Geschwistern<br />

und seinem Freund Sagir auf. Assan hat keinen Vater<br />

mehr, er ist vor kurzem gestorben. Der Film erzählt in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Minuten von <strong><strong>de</strong>n</strong> Lebensbedingungen<br />

Assans. Es ist Ramadan. Man sieht Assan beim Morgengebet.<br />

Der Glaube, so wird berichtet, gehört zum Alltag<br />

<strong>de</strong>r Jungen und bestimmt ihn. Es gibt Fla<strong><strong>de</strong>n</strong>brot – die<br />

einzige Mahlzeit bis zum Abend. Dann beginnt ihr<br />

Arbeitstag: Assan und Sagir nähen Fußbälle zusammen.<br />

Sabrana liegt in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Industriestadt Sialkot<br />

im Pandschab. Die Landwirtschaft hat an Be<strong>de</strong>utung<br />

verloren. Produziert wer<strong><strong>de</strong>n</strong> vor allem Fußbälle. In<br />

Sialkot wer<strong><strong>de</strong>n</strong> drei Viertel <strong>de</strong>r Weltproduktion an<br />

Fußbällen hergestellt, rund 20 Millionen Bälle pro<br />

Jahr. Der Film zeigt beeindrucken<strong>de</strong> Bil<strong>de</strong>r, wie Bälle<br />

das Alltagsbild bestimmen. Verpackt in großen Säcken<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie mit kleinen Lastwagen o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Esel<br />

transportiert und auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg nach Europa gebracht.<br />

Die Fußballproduktion ist ein Teil <strong>de</strong>r Kultur in dieser<br />

Region gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Kin<strong>de</strong>r, die wie Assan und Sagir an <strong>de</strong>r Fußballproduktion<br />

beteiligt sind, sieht man auf <strong><strong>de</strong>n</strong> ersten Blick<br />

in Sabrana nicht. Sie bleiben verborgen. Da<strong>für</strong>, so wird<br />

berichtet, sorgen die Herstellerfi rmen, darunter alle<br />

großen Namen: Adidas, Puma, Nike. Sie sorgen sich<br />

um ihren guten Ruf, möchten nicht, dass ihr Name mit<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit in Verbindung gebracht wird.<br />

Assan und Sagir sitzen auf <strong>de</strong>m Dach ihres kleinen<br />

Hauses und nähen. Der Film zeigt sie bei ihrer schweren<br />

Arbeit. Sie nähen im Durchschnitt 4 Bälle pro Tag,<br />

je<strong>de</strong>r Ball hat 32 Teile, <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Ball benötigen sie 750<br />

Na<strong>de</strong>lstiche. Pro Ball verdienen sie weniger als einen<br />

Euro, häufi g wird ihnen aber Geld abgezogen, mit<br />

<strong>de</strong>r fa<strong><strong>de</strong>n</strong>scheinigen Begründung, sie seien nicht gut<br />

genäht. „Mafi a-Steuer“, nennen dies die Jungs. „Ich<br />

mache die Arbeit schon seit sechs Jahren, das ist schon<br />

in Ordnung“, sagt <strong>de</strong>r eine. „Wie kann man die Arbeit<br />

nicht o.k. fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>“, sagt <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re, „schließlich bringt sie<br />

uns Essen und Trinken“. Doch im Verlauf <strong>de</strong>s Gesprächs<br />

sind auch an<strong>de</strong>re Töne zu hören: „Wenn es ginge, wür<strong>de</strong><br />

ich gerne eine an<strong>de</strong>re Arbeit machen“. Und weiter:<br />

„Wenn ich weiter zur Schule gegangen wäre, hätte ich<br />

jetzt eine an<strong>de</strong>re Arbeit“. Schließlich auch dieses: „Wenn<br />

ich an die <strong><strong>de</strong>n</strong>ke, die mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Fußbällen das große Geld<br />

verdienen, fl uche ich auf sie.“ Aussagen, die authentisch<br />

klingen.<br />

Am Abend verlässt eine Eselfuhre mit Bällen Sabrana<br />

in Richtung Sialkot. Der Film zeigt, wie in <strong>de</strong>r „Hauptstadt<br />

<strong>de</strong>s Fußballs“ in großen Fabriken gearbeitet wird,<br />

in <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Regel nur Männer tätig sind. „Deutschland“<br />

wird auf die Bälle einer Produktionsserie gedruckt. Rund<br />

400 Herstellerfi rmen sind in Sialkot tätig, rund 40 von<br />

ihnen haben sich zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Filmaufnahmen<br />

(1999) verpfl ichtet, auf Kin<strong>de</strong>rarbeit zu verzichten.<br />

Noch einmal blen<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Film zurück zu Assan und<br />

Sagir und berichtet über einen an<strong>de</strong>ren Aspekt<br />

ihrer Arbeitsbedingungen: Die bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Jungen<br />

bekommen von <strong><strong>de</strong>n</strong> Mittelsmännern, die<br />

ihnen die Ballteile zum Nähen bringen,<br />

Geld als Vorschuss bezahlt und müssen<br />

es dann abarbeiten. Bei<strong>de</strong> Familien<br />

sind hoch verschul<strong>de</strong>t, weil<br />

sie zum Beispiel Geld <strong>für</strong> ihr Haus<br />

benötigen. Mit <strong>de</strong>r Verschuldung<br />

aber kommt die Abhängigkeit:<br />

„Selbst wenn wir eine an<strong>de</strong>re<br />

Arbeit fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> wür<strong><strong>de</strong>n</strong>, könnten<br />

wir sie nicht annehmen. Dann<br />

wür<strong><strong>de</strong>n</strong> sie uns bedrohen.“ Jetzt<br />

berichten die bei<strong><strong>de</strong>n</strong> auch über ihre<br />

Schmerzen in <strong><strong>de</strong>n</strong> Knien, über die<br />

Schwierigkeiten mit <strong>de</strong>m Atmen, wenn<br />

die Ballteile voller Staub angeliefert wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und von ihnen verarbeitet wer<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen. Verlegenheit,<br />

als einem von ihnen die Tränen in die Augen<br />

kommen.<br />

Doch es gibt auch Hoffnung. Assan und Sagir können<br />

an einem Schulprogramm <strong>de</strong>r International Labour<br />

Organization (ILO) teilnehmen, welches sich an Kin<strong>de</strong>r<br />

Themeneinheit Grundbedürfnisse · Baustein GB2<br />

43


wen<strong>de</strong>t, die in <strong>de</strong>r Fußballproduktion tätig sind. Nach<br />

<strong>de</strong>r Arbeit versuchen sie, sich mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn aus<br />

Sabrana auf das Lernen zu konzentrieren.<br />

Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Filmes schlägt einen Bogen zum Anfang:<br />

Assan und Sagir kaufen sich von ihrem mühevoll<br />

gesparten Geld einen kleinen Drachen. Er steigt in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Abendhimmel von Sabrana – während sich in <strong>de</strong>r<br />

Schlusssequenz ein Fußball in einem <strong>de</strong>utschen Stadion<br />

im Tornetz verfängt. „Gott weiß, wohin die Bälle gehen“,<br />

sagt Assan irgendwann im Film.“ 64<br />

Was muss bei <strong>de</strong>r Vorbereitung <strong>für</strong> die Vorführung<br />

<strong>de</strong>s Filmes inhaltlich beachtet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Der Film eröffnet genügend Möglichkeiten <strong>für</strong> kontroverse<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen. Vertiefen<strong>de</strong> Informationen<br />

über die angesprochenen Themen müssen aber<br />

eigenständig recherchiert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, da <strong>de</strong>r Film sie nicht<br />

bietet.<br />

Beachtet wer<strong><strong>de</strong>n</strong> muss vor allem auch, dass sich einiges<br />

verän<strong>de</strong>rt hat, seit <strong>de</strong>r Film abgedreht wur<strong>de</strong>. So hat<br />

sich die Produktion fair gehan<strong>de</strong>lter Fußbälle zumin<strong>de</strong>st<br />

zu einer kleinen Erfolgsstory entwickelt, die es wert ist<br />

aufgegriffen zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Auch nach Einschätzung <strong>de</strong>r<br />

Organisation „Global March against child labour“ hat<br />

die verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit in <strong><strong>de</strong>n</strong> letzten<br />

Jahren insgesamt positive Ergebnisse gebracht. Gemäss<br />

<strong>de</strong>m „Atlanta-Abkommen“ von 1997 unterstützt die ILO<br />

mit verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en NGOs, UNICEF und <strong>de</strong>m Fußballweltverband<br />

FIFA vor allem in Pakistan und Indien Programme<br />

zur Abschaffung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r arbeit in <strong>de</strong>r Fußballproduktion.<br />

Sie setzen sich ein <strong>für</strong> ein Arbeits verbot von<br />

Kin<strong>de</strong>rn unter 14 Jahren, <strong>für</strong> ge regelte Arbeitszeiten<br />

und Min<strong>de</strong>stlöhne. Ferner plädieren sie <strong>für</strong> das Recht<br />

auf Bildung <strong>für</strong> alle und organisieren kostenlosen<br />

Unterricht <strong>für</strong> die Näher/innen. Sie richten kontrollierte<br />

Nähzentren <strong>für</strong> über 14jährige Jugendliche und <strong>für</strong><br />

64 Jäger,Uli, EZEF-Arbeitshilfe zum Film Balljungs: www.gep.<strong>de</strong>/<br />

ezef/in<strong>de</strong>x_198.htm (Zugriff 12.02.2010).Dort gibt es<br />

zahlreiche weitere didaktische und methodische Hinweise.<br />

Evangelisches Zentrum <strong>für</strong> entwicklungsbezogene Filmarbeit,<br />

Kniebisstraße 29, 70188 Stuttgart,<br />

Telefon: (0711) 28 47 243, Fax: (0711) 28 46 936.<br />

44 Themeneinheit Grundbedürfnisse · Baustein GB2<br />

Frauen ein. Dort wer<strong><strong>de</strong>n</strong> alle Näher/innen namentlich<br />

und altersmässig erfasst, so dass Kin<strong>de</strong>rarbeiter/innen<br />

unter 14 Jahren i<strong><strong>de</strong>n</strong>tifiziert und aus <strong>de</strong>r Fußballproduktion<br />

ausgeschlossen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> können. Die Nähzentren<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> regelmässig durch unabhängige Inspektoren<br />

kontrolliert.<br />

Anlässlich <strong>de</strong>r WM 2002 in Asien wur<strong>de</strong> das Thema<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit in <strong>de</strong>r Fußballproduktion beispielsweise<br />

breit thematisiert: Die FIFA widmete zum ersten Mal in<br />

ihrer Geschichte eine Weltmeisterschaft einem humanitären<br />

Anliegen: FIFA-Präsi<strong><strong>de</strong>n</strong>t Sepp Blatter setzte sich<br />

gemeinsam mit <strong>de</strong>r UNICEF-Kampagne „Say Yes for<br />

Children“ <strong>für</strong> die Rechte <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r ein. Und unter <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Mottos „FAIR PAY“, „Fair Play for Fair Life“ o<strong>de</strong>r „Kick<br />

Child Labour out of the World“ lancierten verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />

NGOs Kampagnen gegen Kin<strong>de</strong>rarbeit (Clean Clothes<br />

Campaign, Erklärung von Bern, Brot <strong>für</strong> die Welt, Global<br />

March against Child Labour). In <strong><strong>de</strong>n</strong> Weltlä<strong><strong>de</strong>n</strong> waren<br />

fair produzierte Bälle zu kaufen, und erstmals wur<strong>de</strong> <strong>für</strong><br />

die WM 2002 auch ein fair produzierter Ball mit FIFA-<br />

Siegel angeboten. Die Programme gegen Kin<strong>de</strong>rarbeit,<br />

die die ILO gemeinsam mit UNICEF und FIFA in Pakistan<br />

und Indien führt, zeigen klare Wirkung. Auf Grund<br />

dieser politischen Interventionen konnten bis 2001<br />

rund 7000 Kin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Fußballproduktion entfernt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, womit gemäss <strong>de</strong>r Sialkoter Industrie- und<br />

Han<strong>de</strong>lskammer die Kin<strong>de</strong>rarbeit in <strong>de</strong>r Fußballproduktion<br />

vollständig beseitigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> konnte. Die ILO sieht<br />

das weniger optimistisch, <strong><strong>de</strong>n</strong>n es gibt gute Grün<strong>de</strong> zu<br />

vermuten, dass die Kin<strong>de</strong>rarbeit – besser versteckt –<br />

weiterhin existiert. So wur<strong><strong>de</strong>n</strong> beispielsweise von <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

7000 Kin<strong>de</strong>rn, die aus <strong>de</strong>r Fußballproduktion ausgeschlossen<br />

wur<strong><strong>de</strong>n</strong>, nur 1660 eingeschult … Und neben<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> kontrollierten Nähzentren gibt es nach wie vor eine<br />

unbekannte Anzahl von Heimarbeiter/innen, zu <strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

die Inspektoren keinerlei Zugang haben. 65<br />

65 Jäger,Uli, EZEF-Arbeitshilfe 154, www.filmeeinewelt.ch/<br />

<strong>de</strong>utsch/pagesnav/framesE4.htm?../pages/KA_.htm&KA<br />

(Zugriff 12.02.2010). Die Internetseite enthält zahlreiche weiterführen<strong>de</strong><br />

Informationen sowie Arbeitsblätter zum Film<br />

als pdf-Vorlagen.


4.2.3 Angedacht<br />

Stell dir vor …<br />

Stell dir vor, <strong>de</strong>r Akku <strong>de</strong>ines Handys macht schlapp.<br />

Kein La<strong>de</strong>gerät in <strong>de</strong>r Nähe. Du bist abgeschnitten.<br />

Stell dir vor, beim Hochfahren spinnt <strong>de</strong>r Computer.<br />

Du weißt nicht, woran es liegt. Aber er stürzt immer<br />

wie<strong>de</strong>r ab. Bis du aufgibst.<br />

Stell dir vor, <strong>de</strong>in Internetzugang ist blockiert.<br />

Du kommst an <strong>de</strong>ine E-Mails nicht heran. Kommunikation<br />

ausgeschlossen.<br />

Und nun stell dir vor, das alles passiert an ein und<br />

<strong>de</strong>mselben Tag. Du bist aufgeschmissen!<br />

Was macht das mit dir? Plötzlich bist du mit dir allein.<br />

Dein Netzwerk funktioniert, aber ohne dich. Du bist<br />

herausgefallen. Unheimliche Leere, weil alles weg ist,<br />

was dich sonst erfüllt und beschäftigt. Heute musst du<br />

es hinnehmen – es geht nicht an<strong>de</strong>rs. Morgen wirst du<br />

einen neuen Akku besorgen. Du wirst <strong>de</strong>inen Computer<br />

in Ordnung bringen lassen. Du wirst jeman<strong><strong>de</strong>n</strong> fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>inen Internetanschluss wie<strong>de</strong>rherstellt. Aber<br />

heute wird das nichts mehr!<br />

Ob dir dann eine Erinnerung an <strong><strong>de</strong>n</strong> hilft, <strong>de</strong>r mit dir<br />

immer verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> ist. Auch ohne Elektronik! So mit allen<br />

und in allem verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> sein kann nur Gott. Niemand<br />

ist <strong>für</strong> ihn wichtiger als du selbst. Wie könnte er sonst in<br />

Jesus Christus sagen (Joh. 15,13): „Niemand hat größere<br />

Liebe als die, dass er sein Leben gibt <strong>für</strong> seine Freun<strong>de</strong>.<br />

Ihr seid meine Freun<strong>de</strong> …“<br />

Doch wie erlebe ich seine Freundschaft heute? Durch<br />

Menschen hindurch, die vor mir seine Freundschaft erfahren<br />

haben. Sie können mir <strong>de</strong>shalb auch ihre Freundschaft<br />

weitergeben. Und dadurch könnte ich wie<strong>de</strong>r<br />

jemand wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Freundschaft schenkt. So<br />

entsteht ein ganzes Netz, das vom Geist <strong>de</strong>r Liebe lebt<br />

und durch Stromausfall nicht zusammenbrechen kann.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Kannst du dir vorstellen …<br />

Kannst du dir vorstellen, wie es einem Jugendlichen<br />

geht, <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>n</strong> ganzen Tag noch nichts gegessen hat?<br />

Hungrig muss er ins Bett gehen. Viele Mädchen und<br />

Jungen in <strong>de</strong>inem Alter wer<strong><strong>de</strong>n</strong> heute Abend nicht<br />

satt. Hungrig sinken sie in <strong><strong>de</strong>n</strong> Schlaf. Hoffentlich.<br />

So zum Beispiel in Malawi.<br />

Kannst du dir vorstellen, dass du morgens mit verklebter<br />

Zunge erwachst? Du hast einen Mordsdurst.<br />

Einen richtigen Brand hast du. Aber da gibt es we<strong>de</strong>r<br />

Wasser noch Wasserhahn. Erst einmal musst du fünf<br />

Kilometer gehen. Dort ist ein Brunnen. Und von dort<br />

musst du das frische Wasser noch nach Hause tragen.<br />

So zum Beispiel in Äthiopien.<br />

Kannst du dir vorstellen, dass du keine Eltern mehr<br />

hast? Vater gestorben – Diagnose: Aids! Mutter<br />

gestorben – Diagnose: Aids! So richtig will niemand<br />

darüber re<strong><strong>de</strong>n</strong>. Aber alle wissen es. Nun lebst du bei<br />

<strong>de</strong>iner Großmutter. Geld hat sie keins. Und auch <strong>de</strong>ine<br />

Eltern haben dir kein Geld hinterlassen. Es reicht zum<br />

Notdürftigsten. Mehr nicht, nicht einmal <strong>für</strong> das Schulgeld.<br />

So zum Beispiel in Südafrika.<br />

Kannst du dir vorstellen, dass jemand in Hunger, Durst<br />

und Verlassenheit <strong><strong>de</strong>n</strong>noch Trost fi n<strong>de</strong>t? Dass er <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

fi n<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r selbst dort noch dabei ist. Der sagt: „Kommet<br />

her zu mir alle, die ihr mühselig und bela<strong><strong>de</strong>n</strong> seid; ich<br />

will euch erquicken.“ (Mt. 11,28) Wie erquickt er <strong><strong>de</strong>n</strong>n<br />

heute? Durch Menschen hindurch, die durch ihn erquickt<br />

wur<strong><strong>de</strong>n</strong>. Deswegen können sie an<strong>de</strong>re erfrischen und<br />

stärken.<br />

Gebet<br />

Herr, ich bin <strong>für</strong> dich das Wertvollste, was es gibt. Sogar<br />

<strong>de</strong>in Leben bist du bereit zu geben, um mich zu gewinnen<br />

und zu befreien. So wie du vermag ich nicht einmal mich<br />

selbst zu schätzen. Lass <strong>de</strong>ine Freundschaft in mir wachsen,<br />

dass ich stark wer<strong>de</strong>, die Schatten meines Lebens zu<br />

überwin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Amen.<br />

Liedvorschlag<br />

Fürchte Dich nicht (EG 595)<br />

Dr. Georg Gremels,<br />

Leiter <strong>de</strong>r Abteilung Deutschland <strong>de</strong>s ELM<br />

Richard Hölck,<br />

Pastor in Hamburg<br />

Themeneinheit Grundbedürfnisse · Angedacht 45


4.3 Armut 4.3.0 Lernziele<br />

Ein kleiner Junge im Eingang <strong>de</strong>r<br />

elterlichen Hütte in einem Squattercamp<br />

nahe Durban. Foto: v. Butler<br />

46 Themeneinheit Armut<br />

Die Bausteine zum Thema Armut sollen die Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> da<strong>für</strong> sensibilisieren,<br />

dass Armut ein weltweites Problem und eine globale<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung ist.<br />

Bei <strong>de</strong>r Erklärung, was Armut ist, reicht es jedoch<br />

nicht aus, sich an <strong><strong>de</strong>n</strong> gängigen Definitionen von<br />

absoluter und relativer Armut zu orientieren o<strong>de</strong>r<br />

einfach nur Statistiken zur Kenntnis zu nehmen. Die<br />

gängige Perspektive <strong>de</strong>r „Wohlhaben<strong><strong>de</strong>n</strong>“, Armut vor<br />

allem als materielle Einkommensarmut wahrzunehmen,<br />

sollte möglichst differenziert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Es ist wichtig,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Blick darauf zu richten, wie die von Armut Betroffenen<br />

selbst ihre Situation wahrnehmen und welche<br />

Folgen Armut <strong>für</strong> die Betroffenen hat (Gefühl sozialer<br />

Min<strong>de</strong>rwertigkeit, Isolation, Krankheit und körperliche<br />

Gebrechen, mangeln<strong>de</strong> Sicherheit, Machtlosigkeit und<br />

Abhängigkeit, Erniedrigung etc.).<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

beschreiben subjektiv <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff Armut.<br />

erkennen die Vielschichtigkeit von Armut und können<br />

zwischen relativer und absoluter Armut unterschei<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

– Armut be<strong>de</strong>utet mehr als reine Einkommensarmut.<br />

wissen, das Armut ein Leben unter menschenwürdigen<br />

Bedingungen verhin<strong>de</strong>rn kann.<br />

erkennen, dass Kin<strong>de</strong>r, die in Armut leben, nicht nur<br />

einen Mangel an materiellen, son<strong>de</strong>rn auch geistigen<br />

und emotionalen Ressourcen erfahren.<br />

erkennen, dass ärmere Kin<strong>de</strong>r wesentlich geringere<br />

Entwicklungsperspektiven haben als reichere.<br />

Weiterführen<strong>de</strong> Lernziele könnten sein:<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

überlegen, wie die weltweite Armut verringert wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

kann.<br />

überlegen, welchen Beitrag sie selbst zur Ver ringerung<br />

<strong>de</strong>r weltweiten Armut leisten können.


4.3.1 Baustein A1: Den Menschen ein Ärgernis!<br />

Funktion: Dieser Baustein sensibilisiert die Konfi rmandinnen<br />

und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> mit Hilfe <strong>de</strong>s Spiels „Den<br />

Menschen ein Ärgernis“ <strong>für</strong> die Themen Armut und<br />

strukturelle Ungerechtigkeit.<br />

Bei Wochenendseminaren eignet sich dieser Baustein<br />

als spielerischer Einstieg auch <strong>für</strong> die Themeneinheiten<br />

Grundbedürfnisse; Kin<strong>de</strong>rarbeit; Straßenkin<strong>de</strong>r; Bildung.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erleben durch einen spielerischen Zugang die Ungerechtigkeit<br />

globaler Wirtschaftszusammenhänge.<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> durch die Ereigniskarten <strong>de</strong>s Spiels mit<br />

Begriffen wie Korruption, Sozialstandards sowie<br />

Organisationen wie Brot <strong>für</strong> die Welt usw. vertraut<br />

gemacht.<br />

erkennen, benennen und refl ektieren eigene<br />

Handlungsweisen und Prozesse in <strong>de</strong>r Gruppe.<br />

erkennen Zusammenhänge zwischen <strong>de</strong>m Spielgeschehen<br />

und <strong>de</strong>r wirklichen Welt .<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken Lösungsansätze <strong>für</strong> ein gerechteres<br />

Miteinan<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Gruppe und in <strong>de</strong>r Welt an.<br />

Zeit: 45 Minuten<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Einführung (5 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Was wisst ihr über Pakistan und Äthiopien?<br />

Was verbin<strong>de</strong>t uns mit diesen Län<strong>de</strong>rn?<br />

Was unterschei<strong>de</strong>t uns von diesen Län<strong>de</strong>rn?<br />

Das folgen<strong>de</strong> Spiel soll euch die Zusammenhänge<br />

von armen und reichen Län<strong>de</strong>rn ver<strong>de</strong>utlichen.<br />

Anschließend wird die Gruppe in vier Mannschaften<br />

aufgeteilt.<br />

Spiel „Den Menschen ein Ärgernis“ (30 min)<br />

Siehe Spielanleitung (A1M1)<br />

Spielbrett mit Figuren und Würfel, Ereigniskarten,<br />

Süßigkeiten<br />

Auswertung (10 min)<br />

Die Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> bleiben in <strong><strong>de</strong>n</strong> Län<strong>de</strong>r-Teams<br />

zusammen. Sie kommen zu folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Impulsfragen<br />

ins Gespräch:<br />

Wer hat gewonnen?<br />

Wie habt ihr euch als Spieler von USA und Deutschland<br />

gefühlt?<br />

Wie habt ihr euch als Spieler von Pakistan und<br />

Äthiopien gefühlt?<br />

Worin bestand die Ungerechtigkeit?<br />

Wer hat die Spielregeln gemacht?<br />

Warum habt ihr die Regeln befolgt?<br />

Was hat das Spiel mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit zu tun?<br />

Was sind die Spielregeln in <strong>de</strong>r „wirklichen“ Welt?<br />

Wodurch wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Spielregeln in <strong>de</strong>r „wirklichen“<br />

Welt bestimmt?<br />

Und wer macht sie?<br />

Sollten die Regeln verän<strong>de</strong>rt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Warum folgen wir diesen Regeln und verän<strong>de</strong>rn<br />

sie nicht?<br />

Was könnte verän<strong>de</strong>rt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Wie kann die Ungerechtigkeit am Spielbrett aufgelöst<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>? (z. B. gerechte Verteilung <strong>de</strong>r Süßigkeiten;<br />

es besteht die Wahl, nicht <strong>de</strong>r Zwang, einan<strong>de</strong>r rauszuwerfen;<br />

usw.)<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A1<br />

47


4.3.1.1 Den Menschen ein Ärgernis! – Spielanleitung A1M1<br />

<strong>Material</strong><br />

Für je acht bis zehn Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> ein Spielfeld (siehe A1M2), Ereigniskarten<br />

und Bonbons entsprechend <strong>de</strong>r Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong>zahl<br />

benötigt (i<strong>de</strong>alerweise wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Süßigkeiten aus <strong>de</strong>m<br />

fairen Han<strong>de</strong>l verwen<strong>de</strong>t). Die Süßigkeiten zählen als<br />

Spielpunkte/Kapital.<br />

Spielvorbereitung<br />

Auf <strong>de</strong>m Spielfeld sind acht Fel<strong>de</strong>r vollflächig grau<br />

markiert. Diese fungieren im Spiel als Ereignisfel<strong>de</strong>r.<br />

Zwei Farben stehen <strong>für</strong> die „reichen“ Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Nor<strong><strong>de</strong>n</strong>s (Deutschland und USA), zwei <strong>für</strong> die „armen“<br />

Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Sü<strong><strong>de</strong>n</strong>s (Pakistan und Äthiopien). Deutschland<br />

und die USA erhalten jeweils 20 Punkte als<br />

Startkapital. Pakistan und Äthiopien erhalten jeweils<br />

10 Punkte. Durch Los wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Spielen<strong><strong>de</strong>n</strong> auf die<br />

einzelnen Län<strong>de</strong>r verteilt.<br />

48 Themeneinheit Armut · Baustein A1<br />

Spielverlauf<br />

Die „reichen“ Län<strong>de</strong>r dürfen mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Augenzahlen 2,<br />

4 und 6 <strong>de</strong>s Würfels raussetzen. Wer raus kommt, darf<br />

nur bei einer 6 ein zweites Mal würfeln. Wird mit einer<br />

2 o<strong>de</strong>r 4 raus gesetzt, müssen 2 Punkte an die Bank<br />

bezahlt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Die „armen“ Län<strong>de</strong>r dürfen nur mit einer 6 starten.<br />

Für alle Län<strong>de</strong>r gilt, dass nach <strong>de</strong>r 6 ein zweites Mal<br />

gewürfelt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> darf.<br />

Kommt jemand <strong>de</strong>r „Reichen“ auf ein Ereignisfeld, zieht<br />

er eine „Ereigniskarte Deutschland/USA“. Kommt ein<br />

„Armer“ auf ein Ereignisfeld, zieht er eine „Ereigniskarte<br />

Pakistan/Äthiopien“. Die Ereigniskarten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> laut<br />

vorgelesen und ausgeführt.<br />

„Rauswerfen“ ist erlaubt. Während es USA und Deutschland<br />

erlaubt ist, alle Län<strong>de</strong>r rauszuwerfen, dürfen Pakistan<br />

und Äthiopien sich nur gegenseitig rauswerfen. Ist also<br />

das Feld, auf das ein „Armer“ ziehen will, von einem<br />

„Reichen“ besetzt, kann er seinen Zug nicht ausführen.<br />

Die „reichen“ Län<strong>de</strong>r haben über das Rauswerfen hinaus<br />

die Möglichkeit, sich von <strong><strong>de</strong>n</strong> „armen“ Län<strong>de</strong>rn tragen<br />

zu lassen, wenn sie auf das Feld kommen, auf <strong>de</strong>m ein<br />

Spielstein <strong>de</strong>r „Armen“ steht.<br />

Pro Stein, <strong>de</strong>r ins Haus kommt, erhält das Land 10<br />

Punkte extra.<br />

Wer zuerst alle Steine im Ziel und die meisten Punkte<br />

hat, hat gewonnen.<br />

Die Spielleitung hat je<strong>de</strong>rzeit die Möglichkeit, individuelle<br />

Regeln zu erstellen, die die Ungerechtigkeit<br />

zwischen <strong><strong>de</strong>n</strong> „armen“ und „reichen“ Län<strong>de</strong>rn hervorheben.<br />

Die Spielleitung hat auch je<strong>de</strong>rzeit die Möglichkeit,<br />

das Spiel zu been<strong><strong>de</strong>n</strong>, auch bevor eines <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r<br />

alle Steine im „Haus“ hat.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.3.1.2 Den Menschen ein Ärgernis! – Spielfeld A1M2<br />

USA<br />

Äthiopien<br />

Den<br />

Menschen<br />

ein<br />

Ärgernis!<br />

Pakistan<br />

Deutschland<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A1<br />

49


4.3.1.2 Den Menschen ein Ärgernis! – Ereigniskarten A1M3<br />

Ereigniskarte<br />

Deutschland/USA<br />

Du kündigst <strong>de</strong>inen Mietern<br />

wegen Eigenbedarf.<br />

Rücke 2 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

Du verlegst Deine Produktion<br />

auf die Philippinen, weil du dort<br />

billiger produzieren kannst.<br />

Die Entwicklungslän<strong>de</strong>r verlieren<br />

Arbeitsplätze. Sie gehen 2 Fel<strong>de</strong>r<br />

zurück und du 8 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

50 Themeneinheit Armut · Baustein A1<br />

Du sparst bei d<br />

durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Kauf kos<br />

alter Erntemas<br />

erhältst von je<br />

Du kannst die zustä<br />

Umweltbehörd<br />

mit 2 Punkten schm<br />

Für <strong>de</strong>in Verhandlung g<br />

rücke 5 Fel<strong>de</strong>r vor.<br />

Die Entwicklungslän<strong>de</strong>r<br />

gehen 1 Feld zurück!<br />

Man gönnt sich ja sonst nix<br />

Dein neuer Merce<strong>de</strong>s ist<br />

endlich von AMG zurück.<br />

Du beko st von einem<br />

Mitspie Wahl 1 Punkt!<br />

Time Magazine<br />

zum Unternehmer <strong>de</strong>s Jahres.<br />

Rücke 7 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

Du spen<strong>de</strong>st <strong><strong>de</strong>n</strong> Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

je 2 Punkte.<br />

Immer diese Feiertage.<br />

Zahle 5 Punkte an das ELM<br />

un 1 Feld vor!<br />

Greenpeace verklagt dich<br />

wegen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>fekten Rußpartikel<br />

fi lter <strong>de</strong>iner Fabrik.<br />

Zahle 6 Punkte an das ELM<br />

o<strong>de</strong>r 3 an die Korruptionskasse!<br />

Herzlichen Glückwunsch,<br />

du kannst die schwangeren Arbeitskräfte<br />

<strong>de</strong>iner Firma in Pakistan<br />

ohne Schwierigkeiten entlassen,<br />

weil es keine Sozialstandards gibt.<br />

Nimm von allen Spielern 1 Punkt<br />

und schicke einen Spieler eines Entwicklungslan<strong>de</strong>s<br />

wie<strong>de</strong>r nach Hause.<br />

Sup er weben <strong>de</strong>ine<br />

Teppiche billiger! Du bekommst<br />

von je<strong>de</strong>m Mitspieler 1 Punkt!<br />

Die Entwicklungslän<strong>de</strong>r gehen<br />

1 Feld zurück!<br />

Menschenrechtse ten<br />

machen darauf aufmerksam,<br />

dass du keine Sozial standards<br />

einhältst. Zahle je<strong>de</strong>m<br />

Entwicklungsland 1 Punkt!<br />

Du hast bei <strong>de</strong>r Gesundheitsürsorge<br />

einen Mengenrabatt<br />

usgehan<strong>de</strong>lt: Vier Mitarbeiter<br />

zum Preis von einem.<br />

Rücke 6 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

sung<br />

<strong>für</strong> eine Elite Universität erhalten.<br />

Rücke 6 Fel<strong>de</strong>r vor!


Ereigniskarte<br />

Pakistan/Äthiopien<br />

Du hast dich trotz Verbots<br />

gewerkschaftlich organisiert<br />

und wirst entlassen.<br />

Zahle je<strong>de</strong>m 1 Punkt!<br />

Diese Entscheidung lähmt dich,<br />

setze eine Run<strong>de</strong> aus.<br />

Das Dach <strong>de</strong>ines Hau<br />

muss erneuert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

doch du bekommst keinen Kredi<br />

Rücke 2 Fel<strong>de</strong>r zurück!<br />

Du verlierst <strong>de</strong>in Haus,<br />

weil <strong>de</strong>ine Siedlung einer neuen<br />

Fabrikanlage weichen muss<br />

Gehe 3 Fel<strong>de</strong>r zurück!<br />

Die bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Industrielän<strong>de</strong>r<br />

rücken je 2 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

Du hast die Zulassung<br />

<strong>für</strong> eine Universität erhalten.<br />

Zahle je 1 Punkt an die Industrie<br />

län<strong>de</strong>r und gehe ein Feld vor!<br />

emmun<br />

en sich und habe<br />

<strong>de</strong>ine Ernte verdorben<br />

Zahle an das an<strong>de</strong>re<br />

wicklungsland 1 Punkt!<br />

Dein Kind ist krank.<br />

Dir fehlt das Geld <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Arzt,<br />

weil du zu wenig verdienst.<br />

Rücke 2 Fel<strong>de</strong>r zurück!<br />

Wegen Schwangerschaft<br />

fristlos entlassen.<br />

Zahle an einen Mitspieler<br />

<strong>de</strong>iner Wahl 2 Punkte!<br />

zahlen.<br />

Gehe 2 Fel<strong>de</strong>r zurück!<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Dein Min<strong>de</strong>stlohn wur<strong>de</strong> gekürzt.<br />

Zahle an einen Mitspieler<br />

<strong>de</strong>iner Wahl 2 Punkte!<br />

e Kultur wur<strong>de</strong><br />

be<strong>de</strong>utendsten<br />

ahres gewählt.<br />

Fel<strong>de</strong>r zurück!<br />

Bei einem Betriebsunfall<br />

verlierst du einen Arm.<br />

Geh zurück nach Hause!<br />

In <strong>de</strong>iner Firma wurd<br />

Sozialstandards durchgesetzt.<br />

Du erhältst von je<strong>de</strong>m<br />

Industrieland 1 Punkt<br />

und gehst 2 Fel<strong>de</strong>r vor!<br />

Das ELM unterstützt <strong>de</strong>in<br />

chulprojekt. Du bekommst<br />

5 Punkte aus <strong>de</strong>m Budget<br />

von „Brot <strong>für</strong> die Welt“<br />

!<br />

Du wur<strong>de</strong>st fristlos entlassen<br />

und zahlst je<strong>de</strong>m 1 Punkt!<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A1<br />

51


4.3.2 Baustein A2: Wenn ich einmal reich wär …<br />

Funktion: Dieser Baustein kann auch als Einstieg in<br />

die Themeneinheiten Straßenkin<strong>de</strong>r und Kin<strong>de</strong>rarmut<br />

dienen.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

setzen sich mit ihren „eigenen Einkommen“ in<br />

Relation zu <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriffen „arm“ und „reich“.<br />

erkennen, dass sie von <strong>de</strong>m Geld, dass ihnen<br />

wöchentlich/monatlich zur Verfügung steht,<br />

nicht ihr Überleben sichern müssen.<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken über ihre Bereitschaft zu teilen und<br />

zu spen<strong><strong>de</strong>n</strong> nach.<br />

setzen sich mit ihrem Armutsverständnis auseinan<strong>de</strong>r<br />

und reflektieren ihre eigenen Erfahrungen mit Armut.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Einstieg und Erarbeitung (10 min)<br />

Impuls: „Taschengeld kann man nie genug haben, o<strong>de</strong>r?<br />

Je<strong>de</strong>/r hat eine Vorstellung davon, was man mit richtig<br />

viel Geld anstellen kann – und genau darum geht es jetzt<br />

und hier.“<br />

Das Arbeitsblatt „Wenn ich einmal reich wär …“<br />

(A2M1) wird von <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

in Einzelarbeit ausgefüllt.<br />

Kopien Arbeitsblatt A2M1 in ausreichen<strong>de</strong>r Anzahl<br />

<strong>für</strong> alle Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Präsentation (10 min)<br />

Für je<strong><strong>de</strong>n</strong> Geldbetrag wer<strong><strong>de</strong>n</strong> 3 Antworten im Plenum<br />

präsentiert. Die Antworten dürfen kommentiert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Anschließend wird – beginnend mit <strong>de</strong>m höchsten<br />

(2 Mio. Euro) bis zum niedrigsten Betrag (20 Euro) –<br />

die Spen<strong><strong>de</strong>n</strong>bereitschaft per Handzeichen abgefragt.<br />

Weiterführung (10 min)<br />

Impuls: „Nach <strong>de</strong>r Fiktion wen<strong><strong>de</strong>n</strong> wir uns <strong>de</strong>r Realität zu.“<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> füllen das<br />

Arbeitsblatt „Mein Taschengeld“ (A2M2) in Einzel arbeit<br />

aus.<br />

Kopien Arbeitsblatt A2M2 in ausreichen<strong>de</strong>r Anzahl<br />

<strong>für</strong> alle Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

In Neigungsgruppen von max. 4 Personen tragen sie<br />

ihre Ergebnisse zusammen und vergleichen sie miteinan<strong>de</strong>r.<br />

(Einige bekommen mehr Taschengeld und<br />

können sich mehr als an<strong>de</strong>re leisten, an<strong>de</strong>re bekommen<br />

52 Themeneinheit Armut · Baustein A2<br />

weniger: Ein sensibler Moment, wo niemand bloß<br />

gestellt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sollte – <strong>de</strong>swegen Neigungsgruppen<br />

und nicht im Plenum).<br />

Diskussion (10 min)<br />

Impuls: „Eingangs habe ich festgestellt, dass man nie<br />

genug Taschengeld haben kann.“<br />

Impulsfragen:<br />

Wie seht ihr das jetzt? Habt Ihr genügend Taschengeld?<br />

Wer muss von seinem Taschengeld …<br />

Bekleidung<br />

Schulbücher<br />

Lebensmittel<br />

… kaufen?<br />

Habt ihr genug zum Leben?<br />

Könnt ihr euch alles leisten, was ihr wollt?<br />

Wir halten fest: wir haben genug zum Leben, können<br />

uns aber nicht alles leisten. Was be<strong>de</strong>utet das?<br />

Seid ihr arm o<strong>de</strong>r reich?<br />

Vertiefung (15 min)<br />

Armut – was ist das?<br />

Die folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Satzanfänge stehen auf verschie<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

farbigen DIN-A3-Mo<strong>de</strong>rationskarten:<br />

1. Arm ist, wer …<br />

2. Wenn ich arm wäre, fän<strong>de</strong> ich beson<strong>de</strong>rs schlimm,<br />

dass …<br />

3. … und dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

4. Wenn ich arme Menschen treffe, wer<strong>de</strong> ich …<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> erhalten <strong>für</strong><br />

je<strong><strong>de</strong>n</strong> Satz je eine Karte in entsprechen<strong>de</strong>r Farbe, auf<br />

<strong>de</strong>r sie die Sätze <strong>für</strong> sich vervollständigen sollen.<br />

Mo<strong>de</strong>rationswän<strong>de</strong>, Stifte, DIN-A3-Mo<strong>de</strong>rationskarten,<br />

DIN-A6-Mo<strong>de</strong>rationskarten (pro Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

eine Karte je<strong>de</strong>r Farbe): 1. Blau, 2. Grün, 3. Rot, 4. Gelb<br />

Anschließend wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Karten zum jeweiligen Satzanfang<br />

gehängt.<br />

Pin-Na<strong>de</strong>ln<br />

Ergebnissicherung (5 min)<br />

Die Gruppe versammelt sich an <strong><strong>de</strong>n</strong> Mo<strong>de</strong>rationswän<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und je<strong>de</strong>/r liest <strong>für</strong> sich die aufgeschriebenen<br />

Aussagen.


4.3.2.1 Arbeitsblatt A2M1<br />

Überlege mal, was du mit <strong><strong>de</strong>n</strong> verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Geldsummen machen wür<strong>de</strong>st!<br />

Wenn ich 20 geschenkt bekommen wür<strong>de</strong>,<br />

dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

Wenn ich 200 geschenkt bekommen wür<strong>de</strong>,<br />

dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

Wenn ich 2.000 geschenkt bekommen wür<strong>de</strong>,<br />

dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

Wenn ich 20.000 geschenkt bekommen wür<strong>de</strong>,<br />

dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

Wenn ich 2 Millionen geschenkt bekommen wür<strong>de</strong>,<br />

dann wür<strong>de</strong> ich …<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.3.2.2 Arbeitsblatt A2M2<br />

Mein Taschengeld – immer zu wenig?<br />

Wie viel Taschengeld bekommst du wöchentlich<br />

o<strong>de</strong>r monatlich?<br />

wöchentlich monatlich<br />

<br />

Bekommst du neben <strong>de</strong>inem Taschengeld noch an<strong>de</strong>res<br />

Geld und wenn ja, wo<strong>für</strong> o<strong>de</strong>r woher?<br />

Wie viel ist das?<br />

wöchentlich monatlich<br />

<br />

Was kaufst du dir von <strong>de</strong>inem Taschengeld?<br />

Was musst du dir davon kaufen?<br />

Bleibt am En<strong>de</strong> etwas übrig?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A2<br />

53


4.3.3 Baustein A3: Was ist Armut?<br />

Funktion: Dieser Baustein eignet sich als alternativer<br />

Einstieg in das Thema Armut. Der Einstieg über Bil<strong>de</strong>r<br />

erleichtert einen Perspektivwechsel und för<strong>de</strong>rt einen<br />

empathieorientierten Zugang zur Thematik. Bil<strong>de</strong>r von<br />

an<strong>de</strong>ren Menschen und frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Situationen ermöglichen<br />

eine gewisse Distanz und können bei einem Vergleich<br />

mit <strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen Lebensverhältnissen bei einer<br />

angemessen Einordnung helfen. Aus diesen Grün<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

ist dieser Baustein insbeson<strong>de</strong>re dann empfehlenswert,<br />

wenn in <strong>de</strong>r Gruppe eine persönliche Betroffenheit von<br />

Armut gegeben ist.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>für</strong> das Thema Armut im eigenen Kontext<br />

sensibilisiert.<br />

nehmen Armut als weltweites Problem wahr.<br />

erkennen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Erscheinungsformen von<br />

Armut und fragen nach <strong><strong>de</strong>n</strong> Ursachen.<br />

machen sich die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Dimensionen von<br />

Armut bewusst und entwickeln einen differenzierten<br />

Armutsbegriff.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

54 Themeneinheit Armut · Baustein A3<br />

Vorbereitung<br />

Bil<strong>de</strong>r zum Thema Armut wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> gelegt.<br />

(Es müssen etwas mehr als die Anzahl <strong>de</strong>r Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

sein, damit sich niemand gezwungen fühlt, ein Bild<br />

zu nehmen, das übrig bleibt!)<br />

Bilddatei 66 , Bil<strong>de</strong>r aus Zeitungen o<strong>de</strong>r Internet<br />

Einstieg (5 min)<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> betreten <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Raum und wer<strong><strong>de</strong>n</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt, die Bil<strong>de</strong>r zu betrachten<br />

und sich ein Bild auszusuchen und aufzunehmen.<br />

Gruppenarbeit (15 min)<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in<br />

Gruppen von 5 Personen aufgeteilt und setzen sich in<br />

verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Stuhlkreise.<br />

Je<strong>de</strong>(r) Teilnehmen<strong>de</strong> beschreibt die ausgewählte<br />

Armutsszene und was sie/ihn daran beeindruckt hat.<br />

Anschließend wird in je<strong>de</strong>r Kleingruppe anhand <strong>de</strong>s<br />

Arbeitsblattes A3M1 ein „Armuts-ABC“ erarbeitet.<br />

Arbeitsblatt „Armuts-ABC“ (A3M1), Stifte<br />

Gespräch im Plenum (10 min)<br />

Die Kleingruppen präsentieren ihr Armuts-ABC, die<br />

Gruppenleitung notiert die genannten Begriffe auf <strong>de</strong>m<br />

vergrößerten Armuts-ABC an <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rationswand.<br />

Mo<strong>de</strong>rationswand, ein vergrößertes Arbeitsblatt<br />

„Armuts-ABC“ (A3M1), Mo<strong>de</strong>rationskarten, Boardmarker,<br />

Pin-Na<strong>de</strong>ln<br />

66 Bilddateien zum Thema:<br />

1. Arme übernehmen Verantwortung. <strong>Material</strong>ien <strong>für</strong> die<br />

Schule Nr. 27 (v. a. die Unterrichtseinheiten „Jugend ohne<br />

Zukunft? – Armutsorientierte Entwicklungsarbeit im afrikanischen<br />

Sambia“ und „Armut ist weiblich – Beobachtungen<br />

in Deutschland, West- und Ostafrika“), Aachen 1998.<br />

2. Armut im Blick. Eine Bildkartei über nationale und<br />

internationale Armut; Hrsg.: Dritte Welt Haus Bielefeld/<br />

Caritas International, 1996; (40 SW-DIN-A4-Fotos, die vielfältige<br />

Gesprächsanlässe über Armut bei uns und im „Sü<strong><strong>de</strong>n</strong>“<br />

geben; 21 S. Begleitheft mit Hintergrundinformationen,<br />

Literaturhinweisen und didaktischen Vorschlägen;<br />

Bezug: Dritte Welt Haus Bielefeld, August-Bebel-Str. 62,<br />

33602 Bielefeld, Tel. 0521-62802).


Vertiefung (10 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Welche Erscheinungsformen von Armut kennt ihr?<br />

(z. B. Hunger, Wohnungslosigkeit, „billige“ Kleidung,<br />

schlechte Zähne)<br />

Welche Ursachen von Armut kennt ihr?<br />

(z. B. Arbeitslosigkeit, Milieu, mangeln<strong>de</strong> Bildung,<br />

Krankheit, Sucht, Behin<strong>de</strong>rung, Trennung/Scheidung,<br />

mangeln<strong>de</strong> soziale Absicherung, Unfälle, Tod <strong>de</strong>r<br />

Partnerin/<strong>de</strong>s Partners, Unglück/Pech, Überschuldung)<br />

Die Ergebnisse wer<strong><strong>de</strong>n</strong> von <strong>de</strong>r Gruppenleitung auf<br />

Mo<strong>de</strong>rationskarten festgehalten (eine Farbe <strong>für</strong> die<br />

Erscheinungsformen, eine an<strong>de</strong>re Farbe <strong>für</strong> die Ursachen)<br />

und ungeordnet in die untere Hälfte <strong>de</strong>r<br />

Mo<strong>de</strong>rationswand geheftet.<br />

siehe Gespräch im Plenum<br />

Transfer (20 min)<br />

Die Gruppenleitung heftet farblich gekennzeichnete<br />

Karten mit folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Dimensionen von Armut<br />

(siehe A3M2) in die obere Hälfte <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rationswand:<br />

Materielle Armut<br />

Kulturelle Armut<br />

Soziale Armut<br />

Gesundheitliche Armut<br />

und erklärt diese anhand von Beispielen.<br />

Im Gruppenprozess wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Mo<strong>de</strong>rationskarten mit<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Erscheinungsformen/Ursachen von Armut <strong><strong>de</strong>n</strong> vier<br />

Dimensionen zugeordnet.<br />

Optional können die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

aufgefor<strong>de</strong>rt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, ihr gewähltes Bild einer <strong>de</strong>r<br />

vier Dimensionen zuzuordnen. In diesem Fall bietet es<br />

sich an, sowohl die Vertiefung als auch <strong><strong>de</strong>n</strong> Transfer als<br />

Bo<strong><strong>de</strong>n</strong>bild zu gestalten.<br />

Mo<strong>de</strong>rationswand Flipchart, 4 DIN-A5-Mo<strong>de</strong>rationskarten<br />

in verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Farben, Boardmarker, Pin-Na<strong>de</strong>ln<br />

Mögliche Fortführungen<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Fortführung 1<br />

Gespräch: Könnte es Kin<strong>de</strong>r geben, die arm dran,<br />

aber nicht arm sind?<br />

Fortführung 2<br />

Rollenspiel zum Thema Ausgrenzung wegen Armut<br />

Karteikarten mit verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Rollen und<br />

Situationen 67<br />

Fortführung 3<br />

Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> erstellen Bildcollagen<br />

zum Thema „Armut bei uns und an<strong>de</strong>rswo“<br />

Zeitungen, Scheren, Klebstoff, Stifte, Tapetenrolle<br />

Fortführung 4<br />

Gespräch: Was können wir tun, um die Folgen von Armut<br />

bei uns bzw. weltweit zu mil<strong>de</strong>rn? Welchen Beitrag<br />

können die Kirchen und ihre Hilfswerke dazu leisten?<br />

67 Beispiele <strong>für</strong> Ausgrenzung wegen Armut könnten z. B. sein:<br />

Kein Geld <strong>für</strong> Klassenfahrt, veraltete technische Geräte (Handy,<br />

Computer, MP3-Player), keine Markenkleidung, kein Geld <strong>für</strong><br />

Weiterbildung, Konzertbesuch, Schwimmbad etc.<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A3<br />

55


4.3.3.1 Armuts-ABC A3M1<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

H<br />

I<br />

J<br />

K<br />

L<br />

M<br />

N<br />

O<br />

P<br />

Q<br />

R<br />

S<br />

T<br />

U<br />

V<br />

W<br />

X Xenophobie<br />

Y<br />

Z Zentralafrikanische Republik<br />

56 Themeneinheit Armut · Baustein A3


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.3.3.2 Dimensionen von Armut A3M2<br />

weniger soziale Kontakte<br />

( Ausgrenzung),<br />

eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten,<br />

keine Vereinszugehörigkeit,<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

sozial<br />

keine ausreichen<strong>de</strong> Ernährung,<br />

keine geregelten Mahlzeiten,<br />

beengtes Wohnen,<br />

problematische Wohngegend,<br />

eingeschränkter Einkauf von<br />

Bekleidung und Konsumartikeln<br />

materiell<br />

kulturell<br />

gesundheitlich<br />

Benachteiligung in Bildung und Ausbildung<br />

(Kin<strong>de</strong>rgartenplatz kann nicht bezahlt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

kein Schulabschluss, keine Lehrstelle etc.),<br />

eingeschränkte Möglichkeit beim Kauf von Büchern,<br />

keine Karten <strong>für</strong> Konzerte, Theater, Kino etc.<br />

mehr Krankheiten<br />

infolge von Fehl- und<br />

Mangelernährung,<br />

Gesundheits vorsorge<br />

nicht bezahlbar,<br />

psychische Probleme<br />

Themeneinheit Armut · Baustein A3<br />

57


4.3.4 Angedacht<br />

Selig sind die da geistlich arm sind, <strong><strong>de</strong>n</strong>n das<br />

Himmelreich gehört ihnen. (Mt. 5,3)<br />

Armut wird meist als Mangel an materiellen Gütern<br />

gesehen. Dazu gehört vor allem <strong>de</strong>r Mangel an Dingen,<br />

um menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen, wie<br />

Nahrung, Wasser, Kleidung, Wohnung. Armut ist allerdings<br />

nicht darauf beschränkt. Armut hat auch an<strong>de</strong>re<br />

Gesichter: Chancengleichheit, Gerechtigkeit, Teilhabe<br />

gehören dazu. Armut lässt sich nicht so einfach kategorisieren.<br />

Sie muss differenziert betrachtet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

58 Themeneinheit Armut · Angedacht<br />

Armut erniedrigt<br />

Die Armut ist ein Zustand, <strong><strong>de</strong>n</strong> es zu überwin<strong><strong>de</strong>n</strong> gilt.<br />

Sie ist eine Schan<strong>de</strong> <strong>für</strong> die gesamte Menschheit, zeigt<br />

sie doch in beson<strong>de</strong>rs eindrücklicher Weise das Manko<br />

an Gerechtigkeit. Wir leben in einer Welt, in <strong>de</strong>r es<br />

genug <strong>für</strong> alle gibt. Dennoch sind die Güter und Gaben<br />

dieser Welt sehr unterschiedlich verteilt.<br />

Armut grenzt aus<br />

Wer arm ist, kann sich nicht frei entfalten. Überall stößt<br />

er/sie an Grenzen. Doch Armut muss kein unabwendbares<br />

Schicksal sein. Dort, wo Menschen sich solidarisch<br />

verhalten und sich um das Wohl An<strong>de</strong>rer kümmern, da<br />

kann auch Armut durch Teilen überwun<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

In <strong><strong>de</strong>n</strong> Seligpreisungen (Mt. 5) begegnen wir <strong>de</strong>r Aussage:<br />

„Selig sind , die da geistlich arm sind, <strong><strong>de</strong>n</strong>n das<br />

Himmelreich gehört ihnen.“<br />

Mit „geistlich arm“ meint Jesus einen inneren Zustand<br />

und nicht etwa Menschen mit einem Defizit. Wenn<br />

Menschen in ihren Alltagsnöten zu ersticken drohen, ist<br />

ihr Geist zerschlagen. Wenn sie dann erkennen, das ihre<br />

eigene Kraft nicht mehr ausreicht, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie <strong>de</strong>mütig.<br />

In dieser Situation können sie erfahren, dass Gott <strong>für</strong> sie<br />

da ist und sie trägt.<br />

Die „geistliche Armut“ drückt also eine Geisteshaltung<br />

von Menschen aus, die nach <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

Gottes streben. Die Gerechtigkeit Gottes ist Grundtenor<br />

<strong>de</strong>r Bergpredigt.<br />

Christus lehrt uns in <strong>de</strong>r Bergpredigt, dass wir Menschen<br />

auf die Gna<strong>de</strong> Gottes angewiesen sind und Vergebung<br />

von Gott annehmen sollen. Wenn wir dies tun,<br />

dann können wir das Gute von innen heraus erkennen<br />

und danach han<strong>de</strong>ln.


Wem viel gegeben wor<strong><strong>de</strong>n</strong> ist, bei <strong>de</strong>m<br />

wird man auch viel suchen.<br />

Diesen Satz habt ihr sicher schon mehr als einmal<br />

gehört. Der Spruch stammt aus Lukas 12,48. Besitz von<br />

materiellem Wohlstand allein stellt noch keine Sün<strong>de</strong><br />

dar. Es wäre darüber hinaus auch falsch, zu behaupten,<br />

dass lediglich Reiche sündigen können. Die extremen<br />

Auswüchse von Reich und Arm müssen allerdings als<br />

skandalös angesehen und auch so benannt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Die Umverteilung von Wohlstand ist ein ganz und gar<br />

biblisches Konzept. Im neuen Testament ist von Koinonia<br />

(Gemeinschaft, Partnerschaft) die Re<strong>de</strong>, einer I<strong>de</strong>alform<br />

christlichen Miteinan<strong>de</strong>rs. Alle brachten freiwillig<br />

das ein, was sie hatten, zum Wohle aller. Diese Form<br />

wird heute noch in verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en katholischen Or<strong><strong>de</strong>n</strong>sgemeinschaften<br />

gelebt, die diesem I<strong>de</strong>al geistlicher<br />

Armut nachfolgen.<br />

Die lateinamerikanische Befreiungstheologie hat<br />

diesen biblisch begrün<strong>de</strong>ten Auftrag als „vorrangige<br />

Option (beson<strong>de</strong>re Parteinahme) <strong>für</strong> die Armen“<br />

überzeugend charakterisiert und uns unüberhörbar<br />

ins Gedächtnis gerufen. In seiner allgemeinen Form<br />

sagt <strong>de</strong>r damit formulierte Konsens: Armut muss, wo<br />

möglich, vermie<strong><strong>de</strong>n</strong> und dort, wo es sie <strong><strong>de</strong>n</strong>noch gibt,<br />

gelin<strong>de</strong>rt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Verkaufe alles, was du hast, und gib’s <strong><strong>de</strong>n</strong> Armen<br />

„In dieser in Arm und Reich aufgesplitterten Welt<br />

be<strong>de</strong>utet Nachfolge konkret <strong>für</strong> die Reichen, die<br />

Bedürfnisse <strong>de</strong>r Notlei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> zu stillen, in<strong>de</strong>m sie auf<br />

ihr Vermögen verzichten und ihr Hab und Gut mit <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Darben<strong><strong>de</strong>n</strong> auf vernünftige Weise teilen. Was muss ich<br />

tun? Jesus kehrt hier (Lk. 18,22) die <strong><strong>de</strong>n</strong> Zustand <strong>de</strong>r<br />

Reichen rechtfertigen<strong><strong>de</strong>n</strong> I<strong>de</strong>ologie um, in<strong>de</strong>m er klar<br />

macht, dass <strong>de</strong>r wirkliche Segen darin besteht, auf Vermögen<br />

zu verzichten, <strong><strong>de</strong>n</strong> Reichtum <strong><strong>de</strong>n</strong> Notlei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong><br />

und damit <strong>de</strong>r Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen<br />

und ihm – Jesus – nachzufolgen.“ 68<br />

68 René Krüger: Wie können Reiche ins Reich Gottes kommen?<br />

Fragen an reiche Kirchen in einem reichen Land. Vortrag auf <strong>de</strong>r<br />

Konferenz Ökumenischer Prozess <strong>für</strong> eine Wirtschaft im Dienst<br />

<strong>de</strong>s Lebens, 23.–25.04.2004 in Frankfurt a. M.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Gebet aus Südafrika<br />

Wir danken dir, Gott,<br />

dass du <strong>de</strong>inen Sohn gesandt hast,<br />

um mit uns das Leben auf dieser Er<strong>de</strong> zu teilen,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>n du hast <strong>de</strong>ine Wohnung<br />

unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen gemacht,<br />

und wir hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> sind dir nicht gleichgültig.<br />

Wir bringen vor dich<br />

die Millionen von Menschen,<br />

die unter <strong>de</strong>m Joch absoluter und<br />

meist nicht selbst verschul<strong>de</strong>ter<br />

Armut lei<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Gib uns <strong><strong>de</strong>n</strong> Mut, so zu leben,<br />

dass unser tägliches Gebet Wirklichkeit wer<strong>de</strong>:<br />

Dein Wille geschehe<br />

wie im Himmel, so auf Er<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Lehre uns, die wir reichlich haben,<br />

einfacher zu leben,<br />

damit an<strong>de</strong>re überhaupt leben können,<br />

und wir die Freu<strong>de</strong> vom Miteinan<strong>de</strong>r-Teilen erfahren. 69<br />

Liedvorschlag<br />

Liebe ist nicht nur ein Wort (Praise the Lord 100)<br />

Christoph Schnei<strong>de</strong>r-Yattara,<br />

Referent <strong>für</strong> Äthiopien und das<br />

frankophone Afrika im ELM<br />

69 Johannesburg, Quelle: Welt<strong>mission</strong> 86, S. 66.<br />

Themeneinheit Armut · Angedacht<br />

59


4.4 Kin<strong>de</strong>rarbeit 4.4.0 Lernziele<br />

Äthiopische Kin<strong>de</strong>r beim<br />

Pflügen mit Ochse und Holzpflug.<br />

Foto: Vetterlein<br />

60 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit gehört zum Alltag in vielen Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

Welt. Die Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit möchte Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>für</strong> das Schicksal von<br />

Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen, die weltweit im Interesse von<br />

Gewinnmaximierung ausgebeutet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, sensibilisieren.<br />

Dabei bietet es sich an, bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Erfahrungen <strong>de</strong>r<br />

Jugendlichen mit <strong>de</strong>m Thema Arbeit anzusetzen, um<br />

ein differenziertes Bild von Kin<strong>de</strong>rarbeit zu entwickeln.<br />

In einem nächsten Schritt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Zusammenhänge<br />

zwischen <strong><strong>de</strong>n</strong> verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Lebenswelten aufgezeigt<br />

und über Lösungsvorschläge nachgedacht, die helfen<br />

könnten, das Problem von ausbeuterischer Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

zu bekämpfen. 70<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erfahren anhand von Beispielen, unter welchen<br />

Bedingungen ihre Altersgenossen in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn<br />

leben und arbeiten müssen.<br />

können Ursachen von Kin<strong>de</strong>rarbeit beschreiben.<br />

können <strong><strong>de</strong>n</strong> Zusammenhang zwischen Armut und<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit erkennen und erläutern.<br />

vergleichen Kin<strong>de</strong>rarbeit mit Jobben in Deutschland<br />

und arbeiten <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterschied zwischen sinnvoller und<br />

ausbeuterischer Kin<strong>de</strong>rarbeit heraus.<br />

vergleichen ihre eigene Lebenssituation mit <strong>de</strong>r<br />

von Kin<strong>de</strong>rn, die zu ihrer Existenzsicherung arbeiten<br />

müssen.<br />

gewinnen ein differenziertes Bild vom Problemkomplex<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit.<br />

über<strong><strong>de</strong>n</strong>ken ihr eigenes Konsumverhalten in Hinblick<br />

auf die Thematik Kin<strong>de</strong>rarbeit.<br />

überlegen, welchen Beitrag unsere Gesellschaft zur<br />

Vermin<strong>de</strong>rung von Kin<strong>de</strong>rarbeit leisten kann.<br />

70 Vgl. z. B. Tramnitz, Birgit, Kin<strong>de</strong>rarbeit, Schulen im Netz 2005,<br />

www.lehrer-online.<strong>de</strong>/url/kin<strong>de</strong>rarbeit (16.11.2009) o<strong>de</strong>r<br />

Riepe, Regina, Kin<strong>de</strong>rarbeit im Vergleich, www.lehrer-online.<strong>de</strong>/<br />

kin<strong>de</strong>rarbeit-im-vergleich.php (Zugriff 16.11.2009). In diesen<br />

Einheiten fin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich zahlreiche didaktische Impulse und weiterführen<strong>de</strong><br />

<strong>Material</strong>hinweise zum Thema.


Funktion: Dieser Baustein führt in das Thema Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

ein.<br />

Es bietet sich an, die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m<br />

Thema mit einem praktischen Einstieg zu beginnen (z. B.<br />

mit einem gemeinsamen Essen 71 und damit verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Tätigkeiten: Zubereitung, Tisch <strong>de</strong>cken und ab<strong>de</strong>cken,<br />

Aufräumen, Abwaschen etc.).<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

refl ektieren ihre eigene Mitarbeit zu Hause.<br />

erkennen, dass es neben ausbeuterischer Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

eine angemessene und altersgemäße Form von<br />

Mitarbeit durch Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche geben kann,<br />

die u. a. <strong>de</strong>r Erziehung und Ausbildung dient.<br />

begreifen anhand <strong>de</strong>r Geschichte von Assan,<br />

was Kin<strong>de</strong>rarbeit beinhalten kann.<br />

erarbeiten eine Defi nition „Was ist Kin<strong>de</strong>rarbeit?“<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Einstieg und Erarbeitung I (10 min)<br />

Impulsfrage: Setzt du dich zuhause an einen ge<strong>de</strong>ckten<br />

Tisch, o<strong>de</strong>r hilfst du so mit, wie wir es gera<strong>de</strong> erlebt<br />

haben? (Verweis auf das zuvor gemeinsam zubereitete<br />

Essen.)<br />

Die Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in Gruppen von 3 bis 4<br />

Personen aufgeteilt. Der Fragebogen „Arbeitest du mit?“<br />

(K1M1) wird verteilt. Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

beantworten zunächst in stiller Einzel arbeit<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Fragebogen.<br />

Kopien <strong>de</strong>s Fragebogens „Arbeitest du mit?“ (K1M1)<br />

in entsprechen<strong>de</strong>r Anzahl, Stifte<br />

Vertiefung (10 min)<br />

In <strong><strong>de</strong>n</strong> vorher eingeteilten Gruppen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die<br />

Ergebnisse <strong>de</strong>r Einzelarbeit ausgetauscht und anhand<br />

folgen<strong>de</strong>r Fragestellungen diskutiert:<br />

Welche Aufgaben verrichtet ihr?<br />

Haltet ihr es <strong>für</strong> angemessen, dass ihr mithelft?<br />

Wenn ihr die Arbeit nicht verrichtet, wer tut es dann?<br />

Erwartet ihr eine Bezahlung <strong>für</strong> eure Arbeit?<br />

Lernt ihr etwas durch eure Mitarbeit? – Wenn ja, was?<br />

(z. B. Sauberkeit, Ordnung, Pünktlichkeit, Verantwortung,<br />

Organisation, Gastfreundschaft.)<br />

71 Es bietet sich die Zubereitung internationaler, lan<strong>de</strong>stypischer<br />

Gerichte an. Rezepte fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> sich z. B. im Missionskochbuch:<br />

www.<strong>mission</strong>skochbuch.<strong>de</strong> (Zugriff 16.11.2009).<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.4.1 Baustein K1: Kin<strong>de</strong>rarbeit in Deutschland und Indien<br />

Die Antworten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in je<strong>de</strong>r Gruppe auf <strong>de</strong>m DIN-A3-<br />

Arbeitsbogen (K1M2) festgehalten.<br />

Ein DIN-A3-Arbeitsbogen (K1M2) pro Gruppe,<br />

Boardmarker<br />

Erarbeitung II (15 min)<br />

Der Text „Hallo, mein Name ist Assan“ wird in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Kleingruppen verteilt und die Konfi rmandinnen und<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> lesen ihn in Einzelarbeit. In <strong>de</strong>r Tabelle<br />

auf <strong>de</strong>r Rückseite halten sie Assans Tagesablauf und<br />

ihren eigenen fest.<br />

Arbeitsblatt „Hallo, mein Name ist Assan“ (K1M3,<br />

doppelseitig kopiert), Stifte · Hintergrundinformationen<br />

zur Situation arbeiten<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Teppichherstellung<br />

bietet das Infomaterial (K1M4)<br />

Vertiefung (15 min)<br />

Im Plenum wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Ergebnisse präsentiert und<br />

anhand folgen<strong>de</strong>r Impulsfragen vertieft.<br />

Impulsfragen:<br />

Wo gibt es Gemeinsamkeiten im Tagesablauf von euch<br />

und von Assan?<br />

Worin bestehen die größten Unterschie<strong>de</strong>?<br />

Warum muss Assan arbeiten?<br />

Welchen Beruf möchtet ihr später ausüben?<br />

Wie wird Assans Leben wohl in 10 Jahren aussehen?<br />

Was mag sich Assan <strong>für</strong> seine Zukunft wünschen?<br />

(z. B. dass er soviel Geld verdient, dass seine Kin<strong>de</strong>r nicht<br />

arbeiten müssen, son<strong>de</strong>rn zur Schule gehen können.)<br />

Was wür<strong>de</strong> Assan helfen, eine bessere Zukunft <strong>für</strong> sich<br />

zu verwirklichen?<br />

Ergebnissicherung (10 min)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> bekommen<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Auftrag, eine eigene Defi nition von „Kin<strong>de</strong>rarbeit“<br />

zu schreiben.<br />

Optional können hier<strong>für</strong> weiterführen<strong>de</strong> Informationen<br />

und Fakten zu diesem Thema durch die Gruppenleitung<br />

eingebracht wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (z. B. durch eine Wandzeitung<br />

o<strong>de</strong>r ein Informationsblatt (K1M5) o<strong>de</strong>r eine Internet-<br />

Recherche).<br />

Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention ILO Abkommen 138 und 182<br />

(K1M5)<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

61


4.4.1.1 Fragebogen: „Arbeitest du mit?“ K1M1<br />

Junge Mädchen<br />

Mit wem wohnst du zusammen? (Eltern, Geschwister, …)<br />

Mit wem isst du zusammen? (Eltern, Geschwister, Freun<strong>de</strong>, alleine …)<br />

Hilfst du zu Hause mit? (z. B. Müll rausbringen)<br />

Ja Nein<br />

Nenne <strong>de</strong>ine Aufgaben und wie viel Zeit du da<strong>für</strong> brauchst!<br />

Nr. Aufgabe wie oft?<br />

(täglich, wöchentlich)<br />

Sollten Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>iner Meinung nach zu Hause helfen?<br />

Ja Nein<br />

Bekommst du <strong>für</strong> <strong>de</strong>ine Mitarbeit Geld? Wenn ja, wie viel?<br />

62 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

<br />

Zeit<br />

(in Minuten)


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.4.1.2 Fragebogen K1M2<br />

Welche Aufgaben verrichtet ihr?<br />

Haltet ihr es <strong>für</strong> angemessen, dass ihr mithelft?<br />

Wenn ihr die Arbeit nicht verrichtet, wer tut es dann?<br />

Erwartet ihr eine Bezahlung <strong>für</strong> eure Arbeit?<br />

Lernt ihr etwas durch eure Mitarbeit? – Wenn ja, was?<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

63


Foto: Manoharan<br />

4.4.1.3 Hallo, mein Name ist Assan K1M3<br />

64 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

… und ich bin 13 Jahre alt.<br />

Ich wohne in einem Vorort von Tiruppur, im Sü<strong><strong>de</strong>n</strong> Indiens. Gemeinsam mit meiner<br />

Mutter und meinem Bru<strong>de</strong>r wohne ich in einem Haus, das einen Raum hat. Morgens<br />

räumen wir unsere Betten immer in <strong><strong>de</strong>n</strong> Hof, damit wir etwas Platz haben. Da es aber<br />

sehr warm ist, verbringen wir wenig Zeit im Haus.<br />

Mein Vater ist vor einem halben Jahr gestorben. Seit <strong>de</strong>r Zeit müssen mein kleinerer<br />

Bru<strong>de</strong>r und ich noch mehr arbeiten, damit unsere Familie überleben kann. Meine Mutter<br />

arbeitet als Näherin <strong>für</strong> eine Fabrik in <strong>de</strong>r Nähe. Früher musste Sie dorthin gehen<br />

– jetzt arbeitet sie von zu Hause aus. Sie muss Etiketten in die T-Shirts einnähen. Wenn<br />

sie das <strong><strong>de</strong>n</strong> ganzen Tag getan hat, bekommt sie etwa 40 Rupien (ca. 0,67 Euro bei<br />

einem Kurs 1 EUR = 60 Rs [Stand: 09/2010]). Das reicht aber nicht <strong>für</strong> uns alle. Schon<br />

seit 3 Jahren kriegen wir <strong>de</strong>shalb mehr T-Shirts und Etiketten, als meine Mutter an<br />

einem Tag nähen kann. Also helfen mein Bru<strong>de</strong>r und ich mit und nähen auch Etiketten.<br />

Wir schaffen nicht so viel wie unsere Mutter, aber ich bekomme am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tages<br />

ungefähr 30 Rupien – mal mehr, mal weniger.<br />

Die Arbeit ist ganz schön anstrengend. Wir fangen schon am frühen Morgen an,<br />

wenn es hell wird. Da wir kein elektrisches Licht haben, müssen wir auf das Sonnenlicht<br />

warten. Wir sitzen dann im Hof o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Dach <strong>de</strong>s Hauses und nähen. Es<br />

sind immer wie<strong>de</strong>r die gleichen Handgriffe, die wir tun. Immerhin können wir uns bei<br />

<strong>de</strong>r Arbeit unterhalten. Manchmal kommen ein paar Verwandte o<strong>de</strong>r Freun<strong>de</strong>. Dann<br />

singen wir bei <strong>de</strong>r Arbeit o<strong>de</strong>r wir erzählen uns Geschichten. Wir nähen bis zum Abend.<br />

Wenn es zu dunkel wird, dass wir die Na<strong>de</strong>l und <strong><strong>de</strong>n</strong> Fa<strong><strong>de</strong>n</strong> gar nicht mehr sehen können,<br />

gibt es Essen. Unsere Mutter muss etwas früher aufhören zu arbeiten, weil sie das<br />

Essen noch vorbereiten muss.<br />

Ich weiß nicht, wo die T-Shirts hingehen, wenn wir damit fertig sind. Ich weiß nicht,<br />

ob sie in Indien bleiben o<strong>de</strong>r in welchem Teil <strong>de</strong>r Welt sie getragen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Ich weiß<br />

auch nicht, wer sie einmal tragen wird. Es sind auch immer wie<strong>de</strong>r verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e T-<br />

Shirts und verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Etiketten. Viele von <strong><strong>de</strong>n</strong> Etiketten tragen die bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Buchstaben<br />

H und M – was sie be<strong>de</strong>uten, weiß ich nicht.<br />

Ich bin früher einmal zur Schule gegangen. Für ganz kurze Zeit. Ich kann mich<br />

aber nicht daran erinnern, was ich da gelernt habe. Meine Mutter kann auch nicht<br />

lesen. Wenn wir mal Post bekommen o<strong>de</strong>r einen Vertrag machen müssen, gehen wir zu<br />

meinem Onkel – <strong>de</strong>r muss das dann <strong>für</strong> uns machen.<br />

Der Mann, <strong>de</strong>r uns die T-Shirts und die Etiketten bringt, hat uns einen Kredit <strong>für</strong> die<br />

Beerdigung von unserem Vater gegeben. Wir haben aber auch noch an<strong>de</strong>re Schul<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

bei ihm: Wir brauchten Geld, als mein ältester Bru<strong>de</strong>r geheiratet hat. Wegen <strong>de</strong>r Schul<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

müssen wir jetzt <strong>für</strong> ihn nähen.<br />

Ich wür<strong>de</strong> gerne etwas an<strong>de</strong>res tun, etwas an<strong>de</strong>res arbeiten. Aber <strong>de</strong>r Mann sagt,<br />

dass ich doch Arbeit hätte und dass ich mit dieser Arbeit die Schul<strong><strong>de</strong>n</strong> bezahlen soll. 72<br />

72 An <strong>de</strong>r Realität orientierte fiktive Erzählung. Entnommen <strong>de</strong>m Arbeitmaterial „Arbeit ist ein Menschenrecht“, Heft 2,<br />

Anregungen <strong>für</strong> die Jugendarbeit, Ev.-luth. Missionswerk in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM), Hermannsburg 2008, S. 21 – 23.


Skizziert einen Tagesablauf von Assan!<br />

Skizziert euren eigenen Tagesablauf!<br />

Assans Tagesablauf Mein Tagesablauf<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

K1M3<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

65


4.4.1.4 Hintergrund informationen K1M4<br />

Assan ist ein Beispiel <strong>für</strong> die rund 50.000 Kin<strong>de</strong>r, die in<br />

<strong>de</strong>r Umgebung von Tiruppur in Südindien (Bun<strong>de</strong>sstaat<br />

Tamil Nadu) <strong>für</strong> die Textilindustrie arbeiten. Nach <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

offiziellen Gesetzen dürfen sie nicht in Fabriken beschäftigt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Deswegen fin<strong>de</strong>t das „Phänomen“ Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

im informellen Bereich statt – in <strong>de</strong>r Heimarbeit.<br />

Aus diesem Grund ist es auch beson<strong>de</strong>rs schwierig, die<br />

Arbeitsbedingungen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r zu kontrollieren. Ob<br />

und wie viele Kin<strong>de</strong>r in <strong><strong>de</strong>n</strong> Familien arbeiten, hängt<br />

<strong>de</strong>mentsprechend nicht von gesetzlichen Regelungen<br />

ab, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Lage <strong>de</strong>r jeweiligen<br />

Familie.<br />

Die von Kin<strong>de</strong>rn geleistete Arbeit ist <strong>für</strong> die Familien<br />

ein notwendiger Teil <strong>de</strong>s zum Leben benötigten Einkommens.<br />

Aus diesem Grund stellt sich <strong>für</strong> viele Familien gar<br />

nicht die Frage, ob die Kin<strong>de</strong>r mitarbeiten o<strong>de</strong>r zur Schule<br />

gehen und anschließend eine Aus bildung machen. Da<br />

die Kin<strong>de</strong>r ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend als<br />

vollwertige Arbeitskräfte angesehen und überwiegend<br />

nach Stückzahlen entlohnt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, lastet schon sehr<br />

früh ein enormer Druck auf ihnen. Zum einen sind sie <strong>für</strong><br />

66 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

das Überleben <strong>de</strong>r Familie mit verantwortlich und zum<br />

an<strong>de</strong>ren sind sie einem permanenten Leistungs druck<br />

ausgesetzt: Je mehr sie schaffen, <strong>de</strong>sto mehr Geld hat<br />

die Familie. Das führt dazu, dass die Kin<strong>de</strong>r am Tag so<br />

lange wie irgend möglich arbeiten.<br />

In vielen Fällen reicht das Geld, das alle Familienmitglie<strong>de</strong>r<br />

erwirtschaften, nicht aus, um <strong><strong>de</strong>n</strong> Lebensunterhalt<br />

zu bestreiten. Hinzu kommen unerwartete<br />

Zwischenfälle (z. B. Krankheit), bei <strong><strong>de</strong>n</strong>en in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

seltensten Fällen auf Rücklagen und Erspartes zurückge<br />

griffen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann. Die Zwischenhändler als<br />

Bin<strong>de</strong>glied zwischen <strong><strong>de</strong>n</strong> Familien und <strong><strong>de</strong>n</strong> Abnehmern<br />

<strong>de</strong>r gefertigten Produkte sind in solchen Fällen gern<br />

bereit, Kredite zu geben. Sobald die Familien diese<br />

Kredite aber in Anspruch genommen haben, befin<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

sie sich in einer Schul<strong><strong>de</strong>n</strong>falle, <strong>de</strong>r so genannten Schuldknechtschaft:<br />

Die Familien sind aufgrund <strong>de</strong>r Schul<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

gezwungen, <strong>für</strong> diesen Zwischenhändler zu produzieren<br />

und haben dann keine Wahl mehr, sich nach an<strong>de</strong>ren<br />

Erwerbsmöglichkeiten umzusehen. 73<br />

Auch durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Verkauf von in<br />

Heimarbeit hergestellten Produkten<br />

tragen Kin<strong>de</strong>r zum dringend<br />

benötigten Familieneinkommen<br />

bei. Foto: Höse<br />

73 Ebenda S. 23–25.


„Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat zwei<br />

Abkommen zur Abschaffung und Regulierung von<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit verabschie<strong>de</strong>t:<br />

Die ILO-Min<strong>de</strong>stalter-Konvention Nr. 138 74 von 1973<br />

verpfl ichtet die Län<strong>de</strong>r, ein bestimmtes Min<strong>de</strong>stalter<br />

<strong>für</strong> die Zulässigkeit von Kin<strong>de</strong>rarbeit gesetzlich festzuschreiben.<br />

Dieses Min<strong>de</strong>stalter variiert bei <strong><strong>de</strong>n</strong> unterzeichnen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Län<strong>de</strong>rn zwischen 14 und 16 Jahren.<br />

Die ILO-Konvention Nr. 182 75 über das Verbot<br />

und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung <strong>de</strong>r<br />

schlimmsten Formen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit von 1999 verbietet<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Einsatz von Kin<strong>de</strong>rn bis zum 18. Lebensjahr<br />

<strong>für</strong> jegliche Arbeit, die ihre Gesundheit, Sicherheit und<br />

moralische Entwicklung gefähr<strong>de</strong>t. Es schreibt außer<strong>de</strong>m<br />

vor, dass die Staaten, die das Abkommen unterzeichnet<br />

haben, nationale Aktionspläne zur Bekämpfung<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit verabschie<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen. Diese sollen<br />

präventive Maßnahmen zum Schutz <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, Hilfe bei<br />

<strong>de</strong>r Rehabilitation und Aufklärungskampagnen über die<br />

Schädlichkeit <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit umfassen.“ 76<br />

74 Siehe Internationale Arbeitsorganisation (ILO):<br />

www.ilo.org/ilolex/german/docs/gc138.htm.<br />

75 Siehe Internationale Arbeitsorganisation (ILO):<br />

www.ilo.org/ilolex/german/docs/gc182.htm.<br />

76 www.bmz.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/themen/menschenrechte/kin<strong>de</strong>rrechte/<br />

internationale_vereinbarungen/in<strong>de</strong>x.html<br />

(Zugriff 16.11.2009). Die Website <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sministeriums<br />

<strong>für</strong> wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung bietet<br />

Hintergrundinformationen und gibt Verweise auf weiterführen<strong>de</strong><br />

Links zum Thema.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.4.1.5 ILO-Konventionen 138 und 182 K1M5<br />

Indisches Mädchen beim Drehen<br />

von Hanfseilen. Foto: Heine<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K1<br />

67


4.4.2 Baustein K2: Arbeit zum Überleben<br />

Funktion: Dieser Baustein ist eine Weiterführung von<br />

Baustein K1.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erhalten Einblick in <strong><strong>de</strong>n</strong> Alltag in Indien.<br />

lernen Alltagssorgen, Nöte und Hoffnungen von<br />

arbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>ren Familien in Indien<br />

kennen.<br />

stellen Bezüge zu ihrem eigenen Konsumverhalten<br />

her.<br />

Alternativ kann dieser Baustein durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Film<br />

„ Balljungs“ erweitert wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (siehe GB2).<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

Einstieg (5 min)<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> sitzen im<br />

Stuhlkreis. In <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s Stuhlkreises befin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich<br />

folgen<strong>de</strong> Konsumgüter: T-Shirt, Fußball, Glühbirne,<br />

Handy.<br />

Impulsfragen:<br />

Was haben ein T-Shirt, ein Fußball und eine Glühbirne<br />

miteinan<strong>de</strong>r zu tun?<br />

Was haben Oliver Kahn und Gloria Delgado<br />

miteinan<strong>de</strong>r zu tun?<br />

Was hat <strong>de</strong>r Krieg im Kongo mit meinem Handy<br />

zu tun?<br />

Antwort: Alle Gegenstän<strong>de</strong> haben mit Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

zu tun. 77<br />

T-Shirt, Fußball, Glühbirne, Handy<br />

77 „Die Antworten:<br />

1. In allen drei Gegenstän<strong><strong>de</strong>n</strong> steckt sehr wahrscheinlich<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit a) .<br />

2. Bei<strong>de</strong> „schwitzen <strong>für</strong> Adidas“. Er verdient dabei im Monat<br />

ca. 540.000 EUR. Sie arbeitet bis zu 12 Stun<strong><strong>de</strong>n</strong> unter<br />

miserablen Bedingungen <strong>für</strong> 180 EUR im Monat b) .<br />

3. Immer kleinere, immer leichtere und immer leistungsfähigere<br />

Mobiltelefone, aber auch Computer und Spielekonsolen,<br />

lassen sich nur bauen, wenn <strong>für</strong> die Kon<strong><strong>de</strong>n</strong>satoren das<br />

seltene Metall Tantal verwen<strong>de</strong>t wird. Colombo-Tantalit, das<br />

ist <strong>de</strong>r „Rohstoff, <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>n</strong> Krieg im Kongo zumin<strong>de</strong>st teilweise<br />

am Laufen hält“, <strong><strong>de</strong>n</strong>n „nirgendwo sonst auf <strong>de</strong>r Welt lässt<br />

sich Colombo-Tantalit, kurz Coltan, so billig abbauen und<br />

anschließend mit solch gewaltigen Gewinnspannen weiter<br />

an die High-Tech-Industrie zur Herstellung von Tantal<br />

verkaufen wie im Kongo“ c) .<br />

68 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

Hinführung (10 min)<br />

Die Gruppenleitung führt mit allgemeinen Informationen<br />

und <strong>de</strong>r Geschichte von Israr in die Situation und<br />

in das Planspiel „Papiertütenfabrikation“ ein. Dann<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Kleingruppen von 4 bis 5 Personen gebil<strong>de</strong>t,<br />

die <strong>für</strong> die Spielphase eine Familie darstellen. In je<strong>de</strong>r<br />

Kleingruppe/Familie wird eine Probetüte erstellt.<br />

Allgemeine Informationen und die Geschichte von<br />

Israr (K2M1), evtl. Porträt eines indischen Jungen,<br />

Anleitung zur Herstellung einer Papiertüte (benötigtes<br />

<strong>Material</strong>: siehe Anleitung K2M2), eine Demonstrations-<br />

Papiertüte<br />

Planspiel Papiertütenfabrikation (20 min)<br />

Die „Familien“ stellen in 20 Minuten so viele Papiertüten<br />

wie möglich her. Diese wer<strong><strong>de</strong>n</strong> an <strong><strong>de</strong>n</strong> Händler<br />

(eine Person aus <strong>de</strong>r Gruppenleitung) verkauft.<br />

Allerdings kauft <strong>de</strong>r Händler nicht alle Tüten. Schlecht<br />

geklebte Tüten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> nicht gekauft. Die Anzahl <strong>de</strong>r<br />

verkauften Tüten und <strong><strong>de</strong>n</strong> erzielten Preis notiert je<strong>de</strong><br />

Gruppe in ihrem Auswertungsbogen.<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Spielphase bringt eine an<strong>de</strong>re Person aus<br />

<strong>de</strong>r Gruppenleitung die Ereigniskarten ins Spiel.<br />

Im Anschluss an die Spielphase errechnen die „Familien“<br />

mit Hilfe <strong>de</strong>s Auswertungsbogens ihr Tagesgehalt und<br />

notieren dieses dort.<br />

gebrauchte Zeitungen auf DIN A4 zugeschnitten<br />

(ca. 20 Blatt pro TeilnehmerIn), je ein Klebestift pro<br />

Familienmitglied, Ereigniskarten (K2M3), Auswertungsbogen<br />

(K2M4)<br />

a) terre <strong>de</strong>s hommes: Kin<strong>de</strong>rabeit. Kein Kin<strong>de</strong>rspiel,<br />

S. 6 – <strong>Material</strong> Nr. 25<br />

b) Fit for Fair – <strong>Material</strong> Nr.12<br />

c) Joachim Jung, Regionalverantwortlicher <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Kongo bei<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungshilfeorganisation „Brot <strong>für</strong> die Welt“, zum<br />

Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>m Boom mo<strong>de</strong>rner Kommunikationsmittel<br />

und <strong><strong>de</strong>n</strong> Toten im Kongo – <strong>Material</strong> Nr. 3“<br />

Das Zitat <strong>für</strong> die Antworten ist folgen<strong>de</strong>r Quelle entnommen:<br />

Lehrerinnen Fortbildungsserver Lan<strong>de</strong>saka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> Fortbildung<br />

und Personalentwicklung an Schulen Ba<strong><strong>de</strong>n</strong>-Würtemberg,<br />

2006.<br />

Anmerkung: Oliver Kahn ist mittlerweile nicht mehr aktiver<br />

Fußballer, <strong><strong>de</strong>n</strong>noch ist er nach wie vor bekannt und kann<br />

daher als Beispiel <strong>für</strong> Markensponsoring genannt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Selbst verständlich können auch an<strong>de</strong>re Beispiele von aktiven<br />

Sportlern herangezogen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.


Auswertung <strong>de</strong>s Planspiels (20 min)<br />

Anhand <strong>de</strong>r Preisliste überlegen die Familien, was sie<br />

sich von ihrem erarbeiteten Geld kaufen wür<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Danach wird die Situation <strong>de</strong>r Menschen, die tatsächlich<br />

ihren Lebensunterhalt durch die Erstellung von Papiertüten<br />

verdienen, hinterfragt.<br />

Impulsfragen – Kontext Indien:<br />

Ist <strong>de</strong>r Lohn <strong>für</strong> die Arbeit angemessen?<br />

Wie könntest du <strong>de</strong>ine Situation als „Papiertütenhersteller“<br />

verän<strong>de</strong>rn?<br />

Warum gibt es Kin<strong>de</strong>rarbeit?<br />

Welche Vorteile haben Arbeitgeber durch die<br />

Beschäftigung von Min<strong>de</strong>rjährigen?<br />

Welche Zukunft hat ein Kind, das bereits mit 10 Jahren<br />

schwere körperliche Arbeit leisten muss?<br />

Warum lehnen arbeiten<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r oft die Abschaffung<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarbeit ab?<br />

Warum ist <strong>de</strong>r La<strong><strong>de</strong>n</strong>besitzer so mächtig?<br />

Impulsfragen – Transfer in <strong><strong>de</strong>n</strong> eigenen Kontext:<br />

Wem entspricht <strong>de</strong>r La<strong><strong>de</strong>n</strong>besitzer in unserer Gesellschaft?<br />

Welche Einkommensmöglichkeiten hättet ihr, wenn ihr<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Lebensunterhalt eurer Familie sichern müsstet?<br />

Was muss ein Staat tun, um Kin<strong>de</strong>rarbeit zu verhin<strong>de</strong>rn?<br />

Preisliste (K2M5)<br />

Vertiefung (25 min)<br />

Impuls:<br />

Schnäppchen jagen steht hoch im Kurs: Unsere Gesellschaft<br />

for<strong>de</strong>rt billige Konsumartikel. Immer mehr Güter<br />

zu immer günstigeren Preisen zu kaufen ist eine Grundlage<br />

unserer Marktwirtschaft.<br />

Dieses System bringt auch in unserem Land „Opfer“<br />

hervor. Der Kreis schließt sich: Diese Menschen sind<br />

gezwungen, billige Artikel zu kaufen, die in an<strong>de</strong>ren<br />

Län<strong>de</strong>rn durch Kin<strong>de</strong>rarbeit hergestellt sind.<br />

Können wir eigentlich etwas verän<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r sind wir auf<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit angewiesen? Positioniert euch zu folgen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Aussagen!<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Auf <strong>de</strong>m Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> wird mit Kreppband eine Skala mit 10<br />

Strichen aufgeklebt.<br />

Für das eine En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Skala wird die Aussage „Dem<br />

stimme ich voll zu“, <strong>für</strong> das an<strong>de</strong>re En<strong>de</strong> „Dem stimme<br />

ich überhaupt nicht zu“ formuliert.<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, sich zu folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Statements auf <strong>de</strong>r<br />

Skala zu positionieren:<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit ist schlecht.<br />

Kin<strong>de</strong>rarbeit sichert das Überleben von Familien<br />

in Indien.<br />

Wenn ich könnte, wür<strong>de</strong> ich nur Produkte kaufen,<br />

von <strong><strong>de</strong>n</strong>en ich weiß, dass sie nicht von Kin<strong>de</strong>rn<br />

produziert wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind.<br />

Deutschland braucht Kin<strong>de</strong>rarbeit in Indien.<br />

Das Thema Kin<strong>de</strong>rarbeit interessiert mich nicht –<br />

Hauptsache meine Klamotten sind preiswert.<br />

Ich kann nichts daran än<strong>de</strong>rn, dass in Indien Kin<strong>de</strong>r<br />

arbeiten müssen.<br />

Kreppband<br />

Impuls (10 min)<br />

Impulsfrage:<br />

Können wir etwas tun und wenn ja, was?<br />

Gibt es Möglichkeiten, Waren zu kaufen, die garantiert<br />

ohne Kin<strong>de</strong>rarbeit hergestellt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Gibt es Beispiele? (ggf. an dieser Stelle schon fair<br />

gehan<strong>de</strong>lte Produkte präsentieren)<br />

Wo können wir uns erkundigen?<br />

Vorstellung von Fair Tra<strong>de</strong>:<br />

Den Jugendlichen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Produkte, die die Fair Tra<strong>de</strong><br />

Zeichen auf <strong>de</strong>r Verpackung haben (z. B. Trans Fair,<br />

Rugmark etc.) gezeigt und erklärt, welchen Beitrag<br />

diese Produkte zur Existenzsicherung von Familien in<br />

<strong>de</strong>r einen Welt leisten.<br />

Um das Thema weiter zu vertiefen, bietet sich ein<br />

Besuch im Weltla<strong><strong>de</strong>n</strong> an.<br />

Fair gehan<strong>de</strong>lte Produkte wie Kaffee, Tee, Schokola<strong>de</strong>,<br />

Bananen, Fruchtsäfte etc.<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

69


4.4.2.1 Allgemeine Information, Geschichte von Israr,<br />

Einführung in das Papiertütenspiel K2M1<br />

Allgemeine Information<br />

Viele Menschen in Indien haben keinen sicheren<br />

Arbeitsplatz mit regelmäßigem Einkommen. Um zu<br />

überleben, arbeiten sie als Tagelöhner o<strong>de</strong>r sie suchen<br />

nach Gelegenheitsjobs: Schuhputzen, Lastentragen,<br />

Verkaufen von Blumen o<strong>de</strong>r Zeitungen. An<strong>de</strong>re versuchen<br />

mit <strong>de</strong>r Herstellung von Zigaretten o<strong>de</strong>r Papiertüten<br />

Geld zu verdienen. Papiertüten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> meistens<br />

von Frauen und Kin<strong>de</strong>rn gefertigt. Eine erwachsene<br />

Person klebt am Tag etwa 3.000 Tüten. Da<strong>für</strong> bekommt<br />

sie etwa 150 Rupien, das sind etwa 3 . Den Klebstoff<br />

muss sie selbst bezahlen. Das Altpapier muss beim<br />

Händler abgeholt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> und die fertigen Tüten müssen<br />

wie<strong>de</strong>r zu ihm zurückgebracht wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Wenn die Frauen<br />

und Kin<strong>de</strong>r krank o<strong>de</strong>r ohne Beschäftigung sind, gibt<br />

es keine soziale Absicherung.<br />

Geschichte von Israr<br />

Israr ist zwölf Jahre alt. Er stammt aus <strong>de</strong>m Osten von<br />

Uttar Pra<strong>de</strong>sh in Indien. Eine Schule hat er nie besucht.<br />

Er lebt im Haus seines Arbeitgebers, sein Vater lebt<br />

etwa einen Kilometer entfernt. Alle zwei Wochen kann<br />

Israr ihn besuchen. Isrars Arbeitstag beginnt um 7 Uhr<br />

morgens und en<strong>de</strong>t erst um 22 Uhr nachts. Während<br />

dieser Zeit hat er eine halbe Stun<strong>de</strong> Mittagspause. Er<br />

verdient im Monat 250 Rupien, das sind etwa fünf Euro,<br />

und bekommt das Essen gestellt. Seine Arbeit besteht<br />

darin, Papier zu falten, <strong><strong>de</strong>n</strong> selbst hergestellten Leim<br />

aufzutragen und schließlich Papiertüten in verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Größen anzufertigen.<br />

Am Tag stellt Israr etwa 400 Tüten her. Isrars<br />

Arbeitgeber bekommt da<strong>für</strong> 60 Rupien, umgerechnet<br />

ca. 1,20 .<br />

Währung<br />

1 Rupie = 100 Paisa<br />

Wechselkurs (09/2010):<br />

1 Rupie = 0,016 , 1 = 59,66 Rupien<br />

Gerun<strong>de</strong>ter Wechselkurs:<br />

1 Rupie = 0,02 , 1 = 60 Rupien<br />

70 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

Einführung ins Papiertütenspiel<br />

Stellt euch vor, ihr lebt zusammen in <strong><strong>de</strong>n</strong> Hütten von<br />

Chennai (einer Stadt in Indien). Die Hütten sind sehr<br />

einfach ausgestattet und sehr eng. Ihr habt keine Zeit,<br />

mit euren Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> zu spielen, weil ihr je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag schuften<br />

müsst, um zu überleben. Ihr verdient euren Lebensunterhalt<br />

durch Tütenherstellung aus Alt papier. Da sehr<br />

viele Familien Tüten produzieren, ist <strong>de</strong>r Wettbewerb<br />

sehr hart. Die Tüten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> durch Falten und Kleben<br />

hergestellt. Je<strong>de</strong> nicht normgerechte Tüte wird von <strong>de</strong>m<br />

Händler zurückgewiesen. Das Kleben von Papiertüten<br />

ist euer einziger Verdienst. Je mehr Tüten ihr schafft,<br />

umso mehr Geld bekommt ihr!


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.4.2.2 Papiertütenfabrikation –<br />

Wie eine Papiertüte entsteht K2M2<br />

1. Rän<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Mitte<br />

übereinan<strong>de</strong>rlegen.<br />

5. Ecken festdrücken<br />

und falzen.<br />

9. Obere Klappe bis unter<br />

die Mittellinie knicken.<br />

2. Rän<strong>de</strong>r<br />

zusammen kleben.<br />

6. Ecken wie<strong>de</strong>r<br />

auffalten.<br />

10. Markierte Fläche mit<br />

Klebstoff bestreichen.<br />

3. Unteres En<strong>de</strong> 5 cm<br />

nach oben knicken<br />

und wie<strong>de</strong>r auffalten.<br />

7. Ecken nach innen<br />

einschlagen.<br />

11. Untere Klappe nach oben<br />

knicken und festkleben.<br />

4. Ecken bis zum Falz<br />

umknicken.<br />

8. Obere Klappe nach<br />

oben aufschlagen.<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

71


4.4.2.3 Ereigniskarten Papiertütenfabrikation K2M3<br />

Familie Arjuna Roi<br />

Ihr Sohn hat die Chance, eine<br />

Ausbildung zum Computer<br />

fachmann zu machen<br />

( Einstellungsquote <strong>für</strong> Dalits!).<br />

Sie brauchen 500 Rupien.<br />

Familie Tota Ram Chanchan<br />

Ihre Tochter Thushara ha<br />

geschafft! Sie geht zur Sekun<br />

Schule. Sie braucht 5 neu<br />

Schul bücher <strong>für</strong> je 55 Rupie<br />

72 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

Familie Goodwin Shiri<br />

Ihr Sohn Rana<strong>de</strong>va braucht neue<br />

Kleidung <strong>für</strong> 320 Rupien. Dann<br />

nn er im Teela<strong><strong>de</strong>n</strong> im Basar ei<br />

l ng bekommen.<br />

Familie Babu Keshisan<br />

Ihr Sohn Nimal hat sich am<br />

Petroleumofen verbrannt.<br />

Der Arzt verlangt 50 Rupien<br />

Honorar.<br />

Familie Ranjith Gajainghe<br />

Sie wohnen auf <strong>de</strong>r Straße.<br />

Sie versuchen 400 Rupien zu<br />

sparen, um eine Hütte zu mieten.<br />

Ihre Großmutter in Bangalore<br />

ist sterbenskrank. Die Fahr karte<br />

kostet 165 Rupien. Wer darf<br />

mitfahren, um die Großmutter<br />

noch einmal zu sehen?<br />

Familie Joseph Mukund<br />

hn Ebenezer hat beobache<br />

ein junger Mann drei<br />

ris geklaut hat. Aber<br />

esitzer beschuldigt<br />

Anwalt verlangt<br />

n Honorar.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.4.2.4 Auswertungsbogen Papiertütenfabrikation K2M4<br />

Familie Anzahl<br />

Papiertüten<br />

Anzahl<br />

Papiertüten<br />

pro Tag<br />

Rupien<br />

pro Tag<br />

Son<strong>de</strong>rausgaben<br />

Rupien<br />

zur Verfügung<br />

pro Tag<br />

Themeneinheit ·Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

73


4.4.2.5 Papiertütenfabrikation – Warenpreise in Rupien K2M5<br />

Währung<br />

1 Rupie = 100 Paisa<br />

Wechselkurs (09/2010):<br />

1 Rupie = 0,016 , 1 = 59,66 Rupien<br />

Gerun<strong>de</strong>ter Wechselkurs:<br />

1 Rupie = 0,02 , 1 = 60 Rupien<br />

74 Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Baustein K2<br />

Lebensmittel<br />

1 kg Lady Fingers (Okra) 16,–<br />

1 kg Reis 20,– bis 80,–<br />

1 Dutzend Eier 30,–<br />

1 l Milch 16,– bis 20,–<br />

1 kg Mehl 20,–<br />

1 kg Huhn 140,–<br />

1 kg Öl 74,–<br />

1 kg Orangen 40,–<br />

1 kg Bananen 16,–<br />

1 Tasse Tee 5,–<br />

Extras<br />

Tageszeitung 2,50<br />

Eisenbahnfahrkarte (Delhi–Kalkutta und zurück) 800,–<br />

Busfahrschein in Kalkutta 8,–<br />

Kleidung<br />

Hose 150,– bis 170,–<br />

Hem<strong><strong>de</strong>n</strong> 100,– bis 600,–<br />

Einfacher Sari 180,–<br />

Einfache Sandalen 160,–<br />

Medikamente<br />

Arztgebühr 70,–<br />

Aspirin, pro Tablette 1,15<br />

6 Antibiotika-Tabletten 40,–<br />

1 Flasche Hustensaft 35,–<br />

Miete<br />

<strong>für</strong> eine Hütte, pro Monat 1000,–<br />

Sonstige Waren<br />

1 Decke 400,–<br />

Petroleumofen 300,–<br />

1 l Petroleum 20,–<br />

1 Aluminiumtopf <strong>für</strong> 6 Tassen Wasser 60,–<br />

1 Stück Seife 16,–


4.4.3 Angedacht<br />

„Wer sein Kind <strong>de</strong>m Götzen Moloch opfert, muss<br />

mit <strong>de</strong>m Tod bestraft wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Wenn die Männer<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> ihre Augen vor seiner Untat<br />

verschließen, dann gehe ich selbst mit ihm ins<br />

Gericht.“ (3. Mose 20,2.4)<br />

Vor 3.000 Jahren gab es im Gebiet <strong>de</strong>s heutigen Staates<br />

Israel eine schreckliche Gewohnheit unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Kanaanitern:<br />

Wenn Menschen in große Not gerieten – durch<br />

Hunger, schwere Krankheit, Krieg – dann opferten sie<br />

ihre Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Götzen Moloch. Sie verbrannten ihre<br />

eigenen Kin<strong>de</strong>r, um <strong><strong>de</strong>n</strong> Götzen Moloch gnädig zu stimmen<br />

und hofften so, seine Hilfe zu erhalten.<br />

Dem Volk Israel ließ Gott aber sagen: „Ihr sollt so<br />

etwas auf keinen Fall tun! Und dul<strong>de</strong>t es auch nicht,<br />

wenn an<strong>de</strong>re unter euch so etwas tun!“<br />

Sein eigenes Kind opfern – was <strong>für</strong> eine schreckliche<br />

Vorstellung! Gut, dass es das heute nicht mehr gibt!<br />

O<strong>de</strong>r etwa doch?<br />

In vielen Län<strong>de</strong>rn müssen Kin<strong>de</strong>r hart arbeiten. So<br />

wie <strong>de</strong>r 13jährige Assan aus Indien, <strong>de</strong>r von Sonnenaufgang<br />

bis Sonnenuntergang Etiketten in T-Shirts nähen<br />

muss. Wenn er seiner Mutter nicht bei <strong>de</strong>r Arbeit helfen<br />

wür<strong>de</strong>, könnte die Familie nicht überleben.<br />

Kin<strong>de</strong>r, die hart arbeiten müssen. Sie haben keine Zeit<br />

zum Spielen, um sich mit Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> zu treffen und etwas<br />

Schönes zu unternehmen. Es sind Kin<strong>de</strong>r, <strong><strong>de</strong>n</strong>en ihre<br />

Kindheit geraubt wor<strong><strong>de</strong>n</strong> ist. Und nicht nur die Kindheit,<br />

auch ihre Zukunft: Denn ohne Schule, ohne eine Ausbildung,<br />

haben sie keine Chance, später einmal einen<br />

Beruf auszuüben, <strong>de</strong>r ihnen Spaß macht, in <strong>de</strong>m sie<br />

mehr Geld verdienen und sich auch mal schöne Dinge<br />

leisten können. Keine Chance!<br />

Das sind Kin<strong>de</strong>r, die <strong>de</strong>m Götzen „Marktwirtschaft“<br />

geopfert wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind. Kann man ihren Eltern einen<br />

Vorwurf machen? Eigentlich kaum. Die wür<strong><strong>de</strong>n</strong> sich <strong>für</strong><br />

ihre Kin<strong>de</strong>r sicherlich Besseres wünschen. Aber die Not<br />

lässt ihnen keine an<strong>de</strong>re Wahl, als dass die Kin<strong>de</strong>r mit<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Eltern hart arbeiten müssen.<br />

Wer ist dann Schuld an ihrer Not? Wer hat einen<br />

Vorteil von ihrer Not? Die Zwischenhändler, <strong>für</strong> die<br />

sie arbeiten, verdienen oft ganz gut an <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r. Denn einem Kind muss man weniger zahlen als<br />

einem Erwachsenen. Die Firmen, die ihre Produkte mit<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Hilfe von Kin<strong>de</strong>rarbeit produzieren, haben auch einen<br />

Vorteil: Sie können billiger produzieren und machen<br />

daher mehr Gewinn, was wie<strong>de</strong>rum die Aktionäre freut,<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>en diese Firmen gehören. Und auch wir, die wir ein<br />

T-Shirt o<strong>de</strong>r einen Fußball kaufen, können diese Artikel<br />

billiger erhalten, wenn sie mit Hilfe von Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

hergestellt wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind.<br />

Praktisch, nicht wahr? Dank Assan kostet mich das<br />

T-Shirt viel weniger Geld, als wenn es ohne Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

hergestellt wor<strong><strong>de</strong>n</strong> wäre. Aber wenn ich mir das vor<br />

Augen halte, wie hart Assan da<strong>für</strong> arbeiten musste und<br />

wie wenig er bezahlt bekommen hat, dann mag ich es<br />

gar nicht mehr anziehen.<br />

Also die Augen davor verschließen und gar nicht darüber<br />

nach<strong><strong>de</strong>n</strong>ken? Nein. Besser die Augen öffnen und<br />

diese Zusammenhänge wahrnehmen. Es gibt ja Alternativen.<br />

Ich kann Klamotten mit einem „Fair-Tra<strong>de</strong>-Siegel“<br />

kaufen. Die sind etwas teurer. Aber dann weiß ich, dass<br />

diejenigen, die sie hergestellt haben, <strong>für</strong> ihre Arbeit<br />

einen fairen Lohn erhalten haben.<br />

Gott will nicht, dass Kin<strong>de</strong>r ihre Kindheit, ihre Gesundheit<br />

und ihre Zukunftschancen opfern müssen – nur<br />

damit an<strong>de</strong>re Gewinn machen o<strong>de</strong>r billig einkaufen<br />

können. Wenn wir das auch nicht wollen, dann ist es<br />

Zeit, etwas dagegen zu tun. Zu beten. Und zu han<strong>de</strong>ln.<br />

Gebet<br />

Jesus,<br />

du hast gesagt:<br />

Lasst die Kin<strong>de</strong>r zu mir kommen.<br />

Aber du hast sie nicht ausgenutzt und ausgebeutet.<br />

Du hast sie liebevoll gedrückt und gesegnet.<br />

Hilf <strong><strong>de</strong>n</strong> Kin<strong>de</strong>rn auf unserer Welt,<br />

die hart arbeiten müssen.<br />

Lass ihre Not ein En<strong>de</strong> fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Hilf, dass sie die Gelegenheit bekommen<br />

zu spielen, zu lernen – zu leben.<br />

Gib uns offene Augen,<br />

dass wir Unrecht wahrnehmen<br />

und dagegen tun, was wir können.<br />

Amen.<br />

Liedvorschlag<br />

Gott gab uns Atem (EG 432)<br />

Kurt Herrera,<br />

Lateinamerikareferent im ELM<br />

Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit · Angedacht 75


4.5 Straßenkin<strong>de</strong>r 4.5.0 Lernziele<br />

Eine Gruppe von Straßenkin<strong>de</strong>rn in Hillbrow<br />

(Johannesburg/Südafrika). Foto: Dalka<br />

76 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

Die Themeneinheit „Straßenkin<strong>de</strong>r“ soll <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>de</strong>utlich machen, dass<br />

es <strong>für</strong> viele Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche in Deutschland und<br />

weltweit nicht <strong>de</strong>r Normalzustand ist, in geborgenen,<br />

familiären Verhältnissen aufzuwachsen. Diese Themeneinheit<br />

will die Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>für</strong> die Situation von<br />

Straßenkin<strong>de</strong>rn sensibilisieren sowie Ursachen <strong>für</strong> ein<br />

Leben auf <strong>de</strong>r Straße aufzeigen und Folgen be<strong><strong>de</strong>n</strong>ken.<br />

Auch will die Einheit Verständnis <strong>für</strong> die Nöte sozialer<br />

Randgruppen (Obdachlose, Asylsuchen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Arbeitslose<br />

etc.) wecken.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

lernen Lebensumstän<strong>de</strong> und Lebensprobleme von<br />

Gleichaltrigen in an<strong>de</strong>ren sozialen und kulturellen<br />

Umfel<strong>de</strong>rn anhand konkreter Lebensgeschichten<br />

kennen.<br />

gewinnen Einsicht in <strong><strong>de</strong>n</strong> Teufelskreis von zerrütteten<br />

Familienverhältnissen, Gewalt, Arbeitslosigkeit, Armut<br />

und Drogenkonsum.<br />

erkennen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Ursachen da<strong>für</strong>, warum Kin<strong>de</strong>r<br />

und Jugendliche ihr Leben auf <strong>de</strong>r Straße verbringen,<br />

und können daraus resultieren<strong>de</strong> Folgen benennen.<br />

vergleichen die Lebenswirklichkeit/<strong><strong>de</strong>n</strong> Alltag von<br />

Straßenkin<strong>de</strong>rn mit ihrer eigenen.<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken über allgemeine Hilfsmöglichkeiten nach und<br />

beurteilen <strong>de</strong>ren Realisierbarkeit.<br />

überlegen Möglichkeiten <strong>de</strong>r Eigeninitiative.<br />

lernen Projekte von Missionswerken kennen.<br />

bekommen Informationen zur Vergangenheit und<br />

Gegenwart <strong>de</strong>r Republik Südafrika.


4.5.1 Baustein S1: „So lebe ich“<br />

Funktion: Dieser Baustein dient als Einstieg in das<br />

Thema Straßenkin<strong>de</strong>r.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

vergegenwärtigen sich ihren eigenen Tagesablauf<br />

und refl ektieren ihn<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>für</strong> die Lebenssituation von Straßenkin<strong>de</strong>rn<br />

sensibilisiert<br />

setzen ihre eigenen Bedürfnisse in Beziehung zu<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>en von Straßenkin<strong>de</strong>rn.<br />

Alternativ kann dieser Baustein durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Film<br />

„ Balljungs“ erweitert wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (siehe GB2).<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

Hinführung (3 min)<br />

Eine kurze Einstimmung und Hinführung ist wichtig.<br />

Den Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wird folgen<strong>de</strong>s<br />

vorgestellt:<br />

Wir wollen uns in <strong><strong>de</strong>n</strong> folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Einheiten damit beschäftigen,<br />

wie euer Alltag in Deutschland aussieht und<br />

uns <strong><strong>de</strong>n</strong> Alltag von Jugendlichen in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn,<br />

speziell in Südafrika, genauer anschauen: Wo gibt’s<br />

Unterschie<strong>de</strong> und Gemeinsamkeiten?<br />

Da<strong>für</strong> wollen wir uns zunächst einmal euren eigenen<br />

Tagesablauf vergegenwärtigen. Legt euch dazu bitte<br />

bequem auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> und schließt eure Augen.<br />

Decken <strong>für</strong> alle Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Phantasiereise 78 (10 min)<br />

Die Gruppenleitung führt anhand folgen<strong>de</strong>r Struktur<br />

durch die Phantasiereise:<br />

So sieht mein Tag aus<br />

Morgen<br />

eigenes Zimmer<br />

Ba<strong>de</strong>zimmer<br />

Küche/Esszimmer<br />

Bushaltstelle<br />

Vormittag<br />

Schule<br />

Pause<br />

nach <strong>de</strong>r Schule<br />

Mittag<br />

zu Hause o<strong>de</strong>r Imbiss<br />

78 Als Anregung entnommen Meninos <strong>de</strong> Rua – Straßenkin<strong>de</strong>r in<br />

Brasilien, Arbeitshilfe <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> KU, aku Kassel, 1995, S. 14.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Nachmittag<br />

zu Hause o<strong>de</strong>r einem an<strong>de</strong>ren Ort<br />

Abend<br />

zu Hause o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rswo<br />

Im Bett<br />

Anschließend wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> sanft aus <strong>de</strong>r<br />

Phantasiereise in die Realität zurück geholt.<br />

Für die Phantasiereise sollte <strong>de</strong>r Raum angenehm<br />

geheizt sein. Im Hintergrund kann leise Meditationsmusik<br />

abgespielt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Auswertung (10 min)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> erhalten das<br />

Arbeitsblatt S1M1 und halten in Einzelarbeit ihren<br />

eigenen Tagesablauf darauf fest.<br />

Arbeitsblatt S1M1, Stifte<br />

Austausch (7 min)<br />

In Gruppenarbeit von bis zu vier Personen vergleichen<br />

die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> ihre Tagesabläufe.<br />

Was ist ähnlich? Was ist an<strong>de</strong>rs?<br />

Ergebnissicherung 1 (15 min)<br />

In einem Stuhlkreis präsentieren die Kleingruppen die<br />

Unterschie<strong>de</strong> und Gemeinsamkeiten <strong>de</strong>r verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Tagesabläufe.<br />

Es schließt sich ein Gespräch über die eigene Lebenssituation<br />

an.<br />

Impulsfragen:<br />

Welche Tätigkeit ist <strong>für</strong> dich die schönste? – Warum?<br />

Was gehört <strong>für</strong> mich selbstverständlich zu meinem<br />

Tagesablauf?<br />

Worauf kann ich während eines Tages absolut nicht<br />

verzichten?<br />

Worauf könnte ich notfalls verzichten?<br />

Was empfi n<strong>de</strong>st du als Luxus? (z. B. dass Essen <strong>für</strong><br />

mich gekocht wird, dass ich zur Schule gehen kann,<br />

dass ich ein eigenes Zimmer/einen eigenen Fernseher/<br />

PC habe, …)<br />

Welche Tätigkeiten/Personen schränken <strong>de</strong>ine<br />

Freiheit ein?<br />

Was wür<strong>de</strong>st du gerne än<strong>de</strong>rn, wenn du könntest?<br />

Die Ergebnisse <strong>de</strong>r bei<strong><strong>de</strong>n</strong> unterstrichenen Fragen<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf einer Flipchart festgehalten. (Diese wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einheit noch einmal benötigt.)<br />

Flipchart, Boardmarker<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S1<br />

77


Überleitung (10 min)<br />

Vieles in eurem Tagesablauf setzt voraus, dass ihr ein<br />

Zuhause habt und zur Schule gehen könnt, ohne da<strong>für</strong><br />

bezahlen zu müssen. Für viele Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

auf dieser Welt ist dies nicht selbstverständlich.<br />

Die Gruppenleitung schreibt auf eine leere Meta-<br />

Planwand die Überschrift „Straßenkin<strong>de</strong>r“.<br />

Die Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> schreiben mit Boardmarkern ihre<br />

Gedanken zu <strong>de</strong>r Überschrift auf die Assoziations-<br />

Wölkchen.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> lesen nacheinan<strong>de</strong>r<br />

ihre Assoziations-Wölkchen vor und hängen<br />

sie anschließend an die Meta-Planwand.<br />

eine mit Papier bespannte Meta-Planwand,<br />

Pinna<strong>de</strong>ln, Boardmarker, Assoziations-Wölkchen<br />

Erarbeitung (10 min)<br />

Die Gruppenleitung legt im Stuhlkreis Bil<strong>de</strong>r von<br />

Straßenkin<strong>de</strong>rn aus.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> wählen in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

bereits bestehen<strong><strong>de</strong>n</strong> Kleingruppen ein Bild aus und<br />

beantworten die Fragen auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt S1M3.<br />

S1M2 Bil<strong>de</strong>rset Straßenkin<strong>de</strong>r 79 , Arbeitsblatt S1M3,<br />

Stifte<br />

Ergebnissicherung 2 (15 min)<br />

Im Plenum stellen die einzelnen Kleingruppen ihr Bild<br />

vor und präsentieren die Antworten <strong>de</strong>s Fragebogens.<br />

Zunächst wird Frage 1 von allen Kleingruppen beantwortet,<br />

anschließend wird Frage 2 von allen Kleingruppen<br />

beantwortet usw.<br />

Die Gruppenleitung bün<strong>de</strong>lt die Ergebnisse von Frage 3<br />

an <strong>de</strong>r Flipchart/Tafel.<br />

Flipchart/Tafel, Boardmarker<br />

79 Bildvorlagen zum Ausdruck im A4-Format enthält die <strong>de</strong>m<br />

<strong>Material</strong> beigelegte CD-ROM.<br />

78 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S1<br />

Vertiefung (10 min)<br />

Anschließend wird an die Antworten aus <strong>de</strong>m Schritt<br />

„Ergebnissicherung 1“ angeknüpft.<br />

Die Gruppenleitung erarbeitet mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>, worauf Straßenkin<strong>de</strong>r verzichten<br />

müssen, was von <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

als selbstverständlich angesehen wird.<br />

Abschließen<strong>de</strong> Impulsfrage, die von je<strong>de</strong>r/je<strong>de</strong>m beantwortet<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> soll:<br />

Was wür<strong>de</strong>st du dir in <strong>de</strong>r Situation eines Straßenkin<strong>de</strong>s<br />

am meisten wünschen?<br />

Die Antworten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> nicht kommentiert.<br />

Ergebnisse auf Flipchart aus Schritt „Ergebnissicherung<br />

1“<br />

(Je nach Gruppensituation können die Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> in Einzelarbeit ihre Antworten auf<br />

Karteikarten schreiben, die zur Pause an die Pinnwand<br />

geheftet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.)<br />

Karteikarten, Stifte<br />

Weitere Vertiefungsfragen<br />

Was ist an <strong>de</strong>m Leben auf <strong>de</strong>r Straße faszinierend?<br />

Was ist an diesem Leben abschreckend?<br />

Mögliche Fortführung<br />

Der Film „Into the wild“, Regie: Sean Penn,<br />

148 Min. (USA 2007). Er basiert auf <strong>de</strong>m Leben von<br />

Christopher McCandless, <strong>de</strong>r nach Abschluss seines<br />

Studiums eine zweijährige Reise durch die USA beginnt,<br />

die ihn schließlich in die Wildnis Alaskas führt.<br />

Meistens lebt er wie ein Obdachloser, fährt wie ein<br />

Hobo illegal mit Güterzügen und trampt durch <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Westen <strong>de</strong>r Vereinigten Staaten.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.5.1.1 Arbeitsblatt: So sieht mein Tag aus S1M1<br />

Morgen<br />

Vormittag<br />

Mittag<br />

Nachmittag<br />

Abend<br />

Nacht<br />

Wann?<br />

(Uhrzeit)<br />

Wo?<br />

(Schule, Zimmer, …)<br />

Was?<br />

(Essen, Hausaufgaben, …)<br />

Mit wem?<br />

(allein, Freun<strong>de</strong>, Familie …)<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S1<br />

79


4.5.1.2 Bil<strong>de</strong>rset Straßenkin<strong>de</strong>r S1M2<br />

Fotos: ELM (Dalka, Diersen, Fiebig, Krüper, Lüttich)<br />

80 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S1


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.5.1.3 Arbeitsblatt: Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

„Auf <strong>de</strong>r Straße“ S1M3<br />

Wählt ein Bild aus und nehmt euch Zeit, es zu betrachten!<br />

Beantwortet folgen<strong>de</strong> Fragen:<br />

1. Warum habt ihr dieses Bild ausgewählt?<br />

2. Wie könnte <strong>de</strong>r Tag dieser Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen aussehen?<br />

3. Warum, meint ihr, lebt dieses Kind/leben diese Kin<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Straße?<br />

4. Gibt es eurer Meinung nach auch in Deutschland Straßenkin<strong>de</strong>r?<br />

Wenn ja, welche Grün<strong>de</strong> könnte es da<strong>für</strong> geben?<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S1<br />

81


4.5.2 Baustein S2: „Hillbrow Kids“<br />

Funktion: Dieser Baustein knüpft an <strong><strong>de</strong>n</strong> Baustein S1<br />

an und dient <strong>de</strong>r Weiterführung <strong>de</strong>s Themas Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt Südafrika.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

bekommen Grundinformationen zu Südafrika 80 .<br />

lernen die Lebenssituationen und <strong><strong>de</strong>n</strong> Alltag von<br />

Straßenkin<strong>de</strong>rn in Hillbrow, Johannesburg, kennen.<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

Einführung (15 min)<br />

Brainstorming zu Südafrika. Die/<strong>de</strong>r Unterrichten<strong>de</strong><br />

fragt die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>, was ihnen<br />

alles zum Thema Südafrika einfällt. Die Ergebnisse<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> stichwortartig auf <strong>de</strong>r Flipchart gesammelt.<br />

Flipchart, Boardmarker<br />

Anschließend wird <strong>de</strong>r Filmclip eingeführt:<br />

Wir wollen uns gemeinsam ansehen, wie Südafrika<br />

sich selbst präsentiert. Dazu schauen wir uns eine kurze<br />

Filmsequenz an.<br />

Der Filmclip wird gezeigt.<br />

Beamer, DVD-Player, Lautsprecher, Film-Sequenz 81<br />

Anschließen<strong>de</strong> Impulsfragen:<br />

Was hat euch beson<strong>de</strong>rs beeindruckt?<br />

Was hat euch überrascht?<br />

Was hat gefehlt? – Welche Seite Südafrikas wur<strong>de</strong><br />

nicht gezeigt?<br />

Sollten bis hierher die Stichworte „Apartheid“, „Nelson<br />

Man<strong>de</strong>la“ o<strong>de</strong>r „Rainbow Nation“ noch nicht genannt<br />

wor<strong><strong>de</strong>n</strong> sein, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> diese eingeführt und erklärt.<br />

Film „Hillbrow Kids“ (40 min)<br />

Impuls:<br />

Der erste Film transportiert ein überwiegend positives<br />

Bild von Südafrika. Der nächste Film möchte einen Blick<br />

auf eine an<strong>de</strong>re Realität Südafrikas lenken.<br />

80 Relativ aktuelle Län<strong>de</strong>rinformationen gibt es z. B. im<br />

Internet unter http://www.auswaertiges-amt.<strong>de</strong>/diplo/<strong>de</strong>/<br />

Laen<strong>de</strong>rinformationen/01-Laen<strong>de</strong>r/Suedafrika.html o<strong>de</strong>r<br />

http://www.dcms.kirchenserver.org/dcms/sites/nad/<br />

laen<strong>de</strong>r/suedafrika/land/in<strong>de</strong>x.html.<br />

81 Es lassen sich aktuelle Vi<strong>de</strong>o-Sequenzen über Südafrika<br />

aus <strong>de</strong>m Internet herunterla<strong><strong>de</strong>n</strong> z. B.auf YouTube:<br />

http://www.youtube.com/watch?v=rHzBmjxWrmg o<strong>de</strong>r<br />

http://www.youtube.com/watch?v=sU1Hl7m6ck0<br />

(WM-Spot 2010).<br />

82 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S2<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> erhalten <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Fragebogen S2M1 mit <strong>de</strong>m Arbeitsauftrag, diesen<br />

während <strong>de</strong>s Films auszufüllen.<br />

Von <strong>de</strong>m Film „Hillbrow Kids“ wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die ersten<br />

30 Minuten gezeigt.<br />

Fragebogen „Portrait eines Straßenkin<strong>de</strong>s“ (S2M1),<br />

Stifte; Beamer, DVD-Player, Lautsprecher, Film „Hillbrow<br />

Kids“ (S2M2) [Ergänzend kann <strong>de</strong>r Text von José (S3M1)<br />

genutzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.]<br />

Auswertung (15 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Was hat euch beson<strong>de</strong>rs beeindruckt?<br />

Was erfahrt Ihr über die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />

(unter Einbeziehung <strong>de</strong>s Fragebogens)?<br />

Welche weiteren Grün<strong>de</strong> (die im Film nicht genannt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>) gibt es da<strong>für</strong>, dass Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche auf<br />

<strong>de</strong>r Straße leben?<br />

Impuls:<br />

Der Film Hillbrow Kids ist aus <strong>de</strong>m Jahr 1999 und greift<br />

noch nicht die Auswirkungen von HIV/Aids auf die<br />

Gesellschaft Südafrikas auf. Es sollte unbedingt darauf<br />

hingewiesen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, dass immer mehr Kin<strong>de</strong>r gezwungen<br />

sind, auf <strong>de</strong>r Straße zu leben, da ihre Eltern o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

Familienmitglie<strong>de</strong>r an Aids gestorben sind.<br />

Hintergrundinformationen zu Hillbrow, Schnüffeln<br />

von Klebstoff und Lösungsmitteln sowie HIV-Aids in<br />

Südafrika<br />

Konkretion (20 min)<br />

Impuls:<br />

Trotz<strong>de</strong>m wer<strong><strong>de</strong>n</strong> lange nicht alle Straßenkin<strong>de</strong>r erreicht.<br />

Je<strong>de</strong> Initiative, je<strong>de</strong>s Projekt, je<strong>de</strong> Institution, die <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen sinnvolle Alternativen zum<br />

Leben auf <strong>de</strong>r Straße bietet, ihnen Schutzraum, Hoffnung<br />

und neue Perspektiven eröffnet, stellt einen wichtigen<br />

Beitrag zur Verbesserung <strong>de</strong>r Lebensbedingungen dieser<br />

jungen Menschen dar.<br />

Anschließend wird exemplarisch die „Lutheran Community<br />

Outreach Foundation“ (S2M3) als ein Projekt aus und <strong>für</strong><br />

Hillbrow vorgestellt.<br />

Anregung:<br />

Wie könnt ihr das Projekt in eurer Gemein<strong>de</strong> vorstellen und<br />

wo seht ihr Möglichkeiten, das Projekt zu unterstützen?<br />

Beamer, DVD-Player, Präsentation über die Lutheran<br />

Community Outreach Foundation (S2M3a)


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.5.2.1 Fragebogen: Porträt eines Straßenkin<strong>de</strong>s S2M1<br />

Name: Alter:<br />

Warum lebt er/sie auf <strong>de</strong>r Straße?<br />

Wovon lebt er/sie?<br />

Wo schläft er/sie?<br />

Wo wäscht er/sie sich?<br />

Wie sieht <strong>de</strong>r Tagesablauf aus?<br />

Was ist ihm/ihr wichtig?<br />

Welchen Gefahren ist er/sie ausgesetzt?<br />

Wie schützt er/sie sich?<br />

Hat er/sie noch Kontakt nach Hause?<br />

Welche Wünsche und Träume hat er/sie?<br />

Wie stellt er/sie sich die Zukunft vor?<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S2<br />

83


4.5.2.2 Informationen zum Film: „Hillbrow Kids“ S2M2<br />

„Einst lebte eine Familie nicht weit von <strong><strong>de</strong>n</strong> Hügeln<br />

<strong>de</strong>r Matopos. Mutter und Vater waren ganz normale<br />

Menschen wie du und ich, aber aus irgen<strong>de</strong>inem Grun<strong>de</strong><br />

waren ihre Kin<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs. Sie waren aus Wachs …“,<br />

erzählt eine alte Frau und beobachtet das Leben <strong>de</strong>r<br />

Straßenkin<strong>de</strong>r in Johannesburg. Viele dieser Kin<strong>de</strong>r<br />

stammen aus <strong><strong>de</strong>n</strong> Townships, wo es die Regierung<br />

Man<strong>de</strong>las noch längst nicht vermochte, die Spuren <strong>de</strong>s<br />

vergangenen Apartheid-Regimes zu verwischen. Die<br />

Kin<strong>de</strong>r sind an<strong>de</strong>rs als ihre Eltern, nicht mehr bereit zu<br />

ertragen, zu verzichten, zu verlieren.<br />

Armut, Alkoholismus, zerrüttete Familienverhältnisse<br />

und Brutalität trieben sie auf und davon, um in einer<br />

Großstadt wie Johannesburg ihr Glück zu suchen. Und<br />

ein bisschen davon fin<strong><strong>de</strong>n</strong> sie auch – manchmal. Sie<br />

fühlen sich stark und mutig und unabhängig – wenn sie<br />

die richtige Portion Klebstoff inhaliert haben – während<br />

sie sehnsüchtig <strong>de</strong>m Reichtum auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Gehwegen<br />

hinterher schauen.<br />

Allein, ganz auf sich gestellt, kämpfen Vusi, Sillas,<br />

Bheki, Jane, Shadrack und viele, viele an<strong>de</strong>re auf <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Straßen Johannesburgs <strong>für</strong> die Erfüllung ihrer Wünsche.<br />

Aber auf <strong>de</strong>r Suche nach einem glücklicheren Leben<br />

sind sie im Begriff, ihre Zukunft zu verlieren. Und so ruft<br />

die alte Frau Legen<strong><strong>de</strong>n</strong> Südafrikas in die Stadt hinein,<br />

in <strong>de</strong>r Hoffnung, die Menschen mögen sich an die wertvollen<br />

Traditionen ihres Lan<strong>de</strong>s erinnern.<br />

Auch wenn die von ARTE in Auftrag gegebene<br />

Dokumentation über die Straßenkin<strong>de</strong>r von Johannesburg<br />

bereits 1999 gedreht wur<strong>de</strong>, so hat sie an ihrer<br />

Aktualität (lei<strong>de</strong>r) nichts verloren.<br />

Dokumentation von Michael Hammon<br />

und Jacqueline Görgen<br />

Deutschland 1999<br />

Länge: 94 Minuten<br />

Nähere Informationen unter:<br />

www.hillbrowkids.<strong>de</strong>/home.htm.<br />

Der Film kann z. B. in <strong>de</strong>r Medienstelle <strong>de</strong>s Ev.-luth.<br />

Missionswerks in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM)<br />

http://www.elm-<strong>mission</strong>.net<br />

o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Medienwerkstatt Freiburg<br />

http://www.medienwerkstatt-freiburg.<strong>de</strong>/<br />

mw/kata_neu/iframe.php?M=sform.php<br />

ausgeliehen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

84 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S2<br />

Hintergrundinformationen<br />

Hillbrow<br />

Johannesburg in <strong>de</strong>r Provinz Gauteng gelegen, wur<strong>de</strong><br />

einst als Goldgräberstadt gegrün<strong>de</strong>t. Jo‘burg, wie<br />

die Stadt auch genannt wird, ist heute eine mo<strong>de</strong>rne,<br />

pulsieren<strong>de</strong> Industriestadt. Mit über drei Millionen Einwohnern<br />

ist es die größte Stadt und mit acht Millionen<br />

Einwohnern ist <strong>de</strong>r gesamte Großraum Johannesburg<br />

überhaupt die größte Metropolregion im Südlichen<br />

Afrika.<br />

Der Stadtteil Hillbrow liegt nordöstlich neben <strong>de</strong>m Johannesburg<br />

Central Business District. Sein Wahrzeichen<br />

ist <strong>de</strong>r 269 m hohe Fernsehturm, <strong>de</strong>r Hillbrow Tower.<br />

Fast 500.000 Menschen leben in diesem Stadtbezirk.<br />

Früher war Hillbrow vorrangig von Weißen bewohnt<br />

und ein beliebtes Ausgehviertel. Während in an<strong>de</strong>ren<br />

Bezirken zur Zeit <strong>de</strong>r Apartheid Schwarze strikt keinen<br />

Zugang hatten, lebten viele von ihnen <strong><strong>de</strong>n</strong>noch hier, oft<br />

illegal. Hillbrow wur<strong>de</strong> zur „Grey Zone“, einem Gebiet<br />

also, wo Menschen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>er Hautfarben zusammenlebten.<br />

Mit Einzug <strong>de</strong>r Demokratie 1994 verließen<br />

die Weißen das urbane Viertel. Heute sind 99 Prozent<br />

<strong>de</strong>r Einwohner schwarz. Viele bezeichnen Hillbrow als<br />

das New York Afrikas. Viele Immigranten aus an<strong>de</strong>ren<br />

afrikanischen Län<strong>de</strong>rn stran<strong><strong>de</strong>n</strong> hier. Der einst blühen<strong>de</strong><br />

und renommierte Stadtteil hat sich inzwischen in einen<br />

sozialen Brennpunkt verwan<strong>de</strong>lt. In allen Reiseführern<br />

wird vor ihm gewarnt, weil er <strong>für</strong> Touristen als gefährlich<br />

gilt. Arbeitslosigkeit und Armut führten zu Resignation,<br />

Perspektivlosigkeit und Frem<strong><strong>de</strong>n</strong>feindlichkeit gera<strong>de</strong><br />

auch unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />

Direkte Folgen sind extrem hohe Gewaltbereitschaft<br />

und Drogenkonsum. Sichtbar wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Probleme<br />

unter an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>r hohen Zahl <strong>de</strong>r Straßenkin<strong>de</strong>r, die<br />

in Hillbrow täglich um ihr Überleben kämpfen. Für sie ist<br />

Leben nicht nur schwierig, son<strong>de</strong>rn wegen <strong>de</strong>r alltäglichen<br />

Gewalt auch gefährlich.<br />

Schnüffeln von Klebstoff und Lösungsmitteln<br />

Das Inhalieren organischer Lösungsmittel mittels einer<br />

Plastiktüte o<strong>de</strong>r eines getränkten Lappens bezeichnet<br />

man als „Schnüffeln“. Der Rausch tritt nach wenigen Sekun<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

ein und dauert ca. 1 bis 30 Minuten an. Grundlage<br />

<strong>de</strong>r Schnüffelstoffe sind in <strong>de</strong>r Regel lösungsmittelhaltige<br />

Stoffe in Sprays und Nagellacken, Klebstoffe,<br />

Lacke o<strong>de</strong>r Benzin. Da diese Artikel überall erhältlich<br />

und relativ billig sind, besteht die Gefahr, dass sie<br />

gera<strong>de</strong> von Jugendlichen als Rauschmittel missbraucht


wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Gera<strong>de</strong> unter Straßenkin<strong>de</strong>rn ist das Schnüffeln<br />

sehr weit verbreitet. In ärmeren Regionen schnüffeln<br />

oft schon achtjährige Kin<strong>de</strong>r, um ihrer Lebensrealität zu<br />

entfl iehen: die Gefühle von Hunger und Kälte wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

vorrübergehend betäubt.<br />

Die meisten <strong>de</strong>r Substanzen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> wegen ihrer<br />

psychologischen Wirkung „geschnüffelt“. Sie wirken<br />

dämpfend auf das Zentralnervensystem. Beim Inhalieren<br />

setzt ein kurzer Rausch ein, <strong>de</strong>r durch erneutes<br />

Einatmen wie<strong>de</strong>rholt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann. Zunächst zeigt <strong>de</strong>r<br />

Körper Abwehrreaktionen wie Übelkeit, Erbrechen und<br />

Kopfschmerzen, <strong><strong>de</strong>n</strong>en aber Euphorie und Erregung<br />

folgen. Die zunächst gesteigerte, intensivere Sinneswahrnehmung<br />

geht aber mit zunehmen<strong>de</strong>r Dosis in<br />

Halluzinationen über. Häufi g führt das Schnüffeln zu<br />

Kontrollverlusten, wie Sprach- o<strong>de</strong>r Gehstörungen,<br />

die <strong><strong>de</strong>n</strong>en, die durch übermäßigen Alkoholgenuss<br />

entstehen, vergleichbar sind. Regelmäßiges Schnüffeln<br />

kann zu erheblich psychischer Abhängigkeit und<br />

schweren körperlichen und seelischen Schä<strong><strong>de</strong>n</strong> führen:<br />

Akute Risiken <strong>de</strong>s Missbrauchs sind Atemstörungen,<br />

die Gefahr <strong>de</strong>r Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle und<br />

Herzrhythmusstörungen bis hin zu Atemstillstand sowie<br />

Herz-Kreislaufversagen. Langzeitfolgen sind Konzentrations-<br />

und Leistungsstörungen, extreme Zerstörung<br />

<strong>de</strong>r Atemwege, <strong>de</strong>r Nieren und <strong>de</strong>r Leber, bleiben<strong>de</strong><br />

Schä<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>de</strong>s Nervensystems und <strong>de</strong>s Hirns bis hin zu<br />

Persönlichkeitsverän<strong>de</strong>rungen. Schnüffeln<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r<br />

und Jugendliche sind <strong>de</strong>shalb in ihrer Lebenserwartung<br />

<strong>de</strong>utlich eingeschränkt.<br />

HIV-Aids in Südafrika<br />

Kaum eine an<strong>de</strong>re Nation ist so massiv von Aids betroffen<br />

wie Südafrika. Insgesamt sind fast sechs <strong>de</strong>r knapp<br />

48 Millionen Südafrikaner mit HIV infi ziert, also je<strong>de</strong>r<br />

Achte im Land. Als Hauptursache <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> hohen Anteil<br />

an HIV-Infi zierten in Südafrika sind wohl das offi zielle<br />

Leugnen <strong>de</strong>r Krankheit und das schlechte Aufklärungssystem<br />

zu nennen. Als die Krankheit Aids erkannt wur<strong>de</strong>,<br />

wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>n</strong> europäischen Län<strong>de</strong>rn und in <strong><strong>de</strong>n</strong> USA<br />

direkt mit <strong>de</strong>r Aufklärung über Übertragung und Prävention<br />

begonnen. In <strong><strong>de</strong>n</strong> Entwicklungslän<strong>de</strong>rn konnte<br />

sich das Virus jedoch ungehin<strong>de</strong>rt verbreiten. Das<br />

Thema Aids wur<strong>de</strong> in Südafrika lange unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Teppich<br />

gekehrt, wozu vor allem die Politik <strong>de</strong>r Aids-Leugner um<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> ehemaligen Staatspräsi<strong><strong>de</strong>n</strong>ten Thabo Mbeki beigetragen<br />

hat. Die Krankheit, obwohl sie fast je<strong>de</strong> Familie<br />

im Land betraf, wur<strong>de</strong> verteufelt, Infi zierte ausgegrenzt.<br />

Aids galt als ein Tabuthema: Wer sich öffentlich <strong>de</strong>r<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Krankheit stellte, musste mit Diskriminierung rechnen.<br />

Seit En<strong>de</strong> 2006 gibt es einen grundlegen<strong><strong>de</strong>n</strong> Kurswechsel<br />

in <strong>de</strong>r Aids-Politik Südafrikas. Heute (2010) ist Aids<br />

noch immer keine normale Krankheit, aber sie wird doch<br />

mittlerweile in ganz Südafrika wie eine solche behan<strong>de</strong>lt.<br />

Inzwischen hat die südafrikanische Regierung mit<br />

internationaler Hilfe das größte Aids-Programm <strong>de</strong>r<br />

Welt auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg gebracht, so dass fast eine halbe Millionen<br />

Menschen die Medikamente bekommen, die sie<br />

<strong>für</strong> die Therapie benötigen. Die Epi<strong>de</strong>mie, die vor allem<br />

junge Menschen trifft, kann das Land aber ohne die<br />

Hilfe internationaler Organisationen nicht in <strong><strong>de</strong>n</strong> Griff<br />

bekommen. Dass die Zahl <strong>de</strong>r Neuinfektionen zu sinken<br />

beginnt, zeigt, dass sich erste Erfolge einstellen.<br />

„Aufklärung über HIV/Aids ist nach wie vor dringend<br />

nötig. Nicht selten begegnen einem bei Erwachsenen<br />

Unwissenheit, Vorurteile und heftige Abwehr. Aids-<br />

Aufklärung berührt sensible Bereiche wie Sexualität,<br />

Prostitution und häuslichen Missbrauch. Und die<br />

Benutzung von Kondomen stößt an zahlreiche kulturelle<br />

und religiöse Grenzen: Über Sexualfragen zu re<strong><strong>de</strong>n</strong> ist<br />

vielfach ein Tabu. Außer<strong>de</strong>m wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Kondome von<br />

vielen Männern nicht angenommen, da sie diese als<br />

Bedrohung <strong>für</strong> ihre Männlichkeit wahrnehmen. Viele<br />

ignorieren die Schwere <strong>de</strong>r Krankheit, kennen sich nicht<br />

mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Behandlungsmöglichkeiten aus o<strong>de</strong>r halten die<br />

Krankheit geheim.“ Die größte Risikogruppe in Südafrika<br />

sind Frauen. Nicht selten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie unter Gewalteinfl<br />

uss zu sexuellen Aktivitäten gezwungen. Der frühe<br />

sexuelle Kontakt ist eine weitere Ursache <strong>für</strong> die hohen<br />

Infektionszahlen. Durch die schlechte medizinische<br />

Versorgung in Südafrika stecken sich auch viele <strong>de</strong>r ungeborenen<br />

Kin<strong>de</strong>r an ihren HIV-Infi zierten Müttern an.<br />

Durchschnittlich 1000 Menschen im Alter zwischen<br />

2 und 50 Jahren sterben pro Tag in Südafrika an Aids<br />

(2007). Ein großer Teil von ihnen sind Eltern, die ihre<br />

Kin<strong>de</strong>r als Waisen zurück lassen. Mehr als eine Million<br />

Aidswaisen leben in Südafrika. Viele von ihnen, wenn<br />

sie nicht bei Verwandten, in Heimen und Hospizen<br />

unter kommen konnten, sind auf sich allein gestellt. Sie<br />

müssen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Häufi g<br />

müssen sie sich auch noch um kleinere Geschwister<br />

kümmern und diese mit ernähren. Tausen<strong>de</strong> dieser Kin<strong>de</strong>r<br />

leben am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gesellschaft in bitterer Armut.<br />

Vielen bleibt nur die Flucht auf die Straßen <strong>de</strong>r großen<br />

Städte, wo sie <strong>de</strong>m Kreislauf von Kriminalität, Sex und<br />

Gewalt ausgesetzt sind und wodurch sich die Gefahr,<br />

sich mit HIV anzustecken, <strong>de</strong>utlich erhöht.<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S2<br />

85


4.5.2.3 Jugendzentrum bringt Hoffnung nach Hillbrow S2M3<br />

Artikel „Centre brings hope to Hillbrow“<br />

von Rudo Mungoshi, Freitag, 18. Dezember 2009 82 ;<br />

Übersetzung: Nicole Bock<br />

Gefähr<strong>de</strong>te junge Leute haben im Jugendzentrum<br />

<strong>de</strong>r Lutheran Community Outreach Foundation in<br />

Hillbrow einen sicheren Zufluchtsort, wo Freizeitaktivitäten<br />

und sogar Ausbildung angeboten<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag nach <strong>de</strong>r Schule besucht <strong>de</strong>r 17jährige Boyce<br />

Mgubasi das von <strong>de</strong>r Lutheran Community Outreach<br />

Foundation in Hillbrow geführte Jugendzentrum, um<br />

mit seinen Freun<strong><strong>de</strong>n</strong> ein Kartenspiel o<strong>de</strong>r Tischtennis<br />

zu spielen. Als ein sicherer Zufluchtsort <strong>für</strong> Jugendliche,<br />

die mit gesundheitsschädlichen Lebenssituationen<br />

konfrontiert sind, hat das Zentrum ihn davor bewahrt,<br />

einen gefährlichen Weg hinunterzutaumeln, <strong>de</strong>r durch<br />

Drogen- und Alkoholmissbrauch geprägt ist und anscheinend<br />

viele in Hillbrow bedrängt.<br />

Boyce beschreibt das Zentrum als ein zweites Zuhause.<br />

„Ich laufe je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag nach <strong>de</strong>r Schule durch dieses<br />

Zentrum. Es hält mich von <strong><strong>de</strong>n</strong> Straßen fern und ich<br />

weiß, dass ich je<strong>de</strong>s Mal, wenn ich hier bin, sicher bin,“<br />

sagt er. Bevor er die Einrichtung durch einen engen<br />

Freund kennenlernte, verbrachte er seine Nachmittage<br />

mit Fußballspielen auf <strong>de</strong>r Straße. „Ich spreche mit vielen<br />

Erwachsenen hier im Zentrum“, sagt er. „Sie helfen<br />

mir bei Problemen, die ich zuhause erlebe. Wenn ich mit<br />

jeman<strong>de</strong>m spreche, fällt mir ein Stein vom Herzen.“<br />

Lucky Nkabin<strong>de</strong> ist ein weiterer Jugendlicher, <strong>de</strong>r das<br />

Zentrum regelmäßig besucht. Er glaubt, dass es ihm<br />

geholfen hat, Beziehungen mit seinesgleichen aufzubauen.<br />

„Es hat mir beigebracht, freundlich zu sein und<br />

an<strong>de</strong>re besser kennen zu lernen“, sagt Lucky.<br />

Das Jugendzentrum, ein einfaches und normales<br />

Gebäu<strong>de</strong>, ist voll mit Billardtischen, riesigen Schachfiguren<br />

und Tischtennisanlagen. Ein paar Bücher von Steven<br />

King liegen verstreut auf einem run<strong><strong>de</strong>n</strong> verblassten<br />

Holztisch. „Dieser Ort war ein richtiges Durcheinan<strong>de</strong>r,<br />

als ich herkam. Ich gestaltete es etwas um, um es<br />

attraktiver <strong>für</strong> die Jugendlichen erscheinen zu lassen.<br />

Wir haben es gestrichen und schafften eine Bibliothek“,<br />

sagt Natasha Parhanse, die Kreativleiterin <strong>de</strong>s Jugendzentrums,<br />

stolz.<br />

82 Mungoshi, Rudo, „Centre brings hope to Hillbrow“,<br />

18. Dezember 2009, http://www.joburg.org.za/content/<br />

view/4646/266/ (Zugriff 22.09.2010).<br />

86 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S2<br />

Verän<strong>de</strong>rung<br />

Parhanse gehört zu einer Gruppe von Lehrern, die versucht,<br />

das Leben vieler junger Menschen zu verän<strong>de</strong>rn,<br />

die Hillbrows hüglige Straßen und finstere Seitengässchen<br />

ihr Zuhause nennen. Das Zentrum zielt auf Jugendliche<br />

im Alter von 11 bis 18 Jahren ab, aber es hat auch<br />

jüngere und ältere Besucher, erklärt sie. „Wir zielen auf<br />

gefähr<strong>de</strong>te Jugendliche ab, aber wir haben Jugendliche<br />

aus allen sozialen Schichten. Das Jugendzentrum ist<br />

Montag bis Freitag von 12 Uhr mittags an geöffnet und<br />

es erlaubt <strong><strong>de</strong>n</strong> Jugendlichen zwanglos, verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />

Aktivitäten wie Schach, Tischtennis, Billard und Lesen<br />

zu genießen.<br />

Es ist nicht überraschend, aber das Arbeiten mit<br />

Menschen, die unterschiedliche Hintergrün<strong>de</strong> haben,<br />

ist nicht die einfachste Aufgabe. Beispielsweise spricht<br />

<strong>de</strong>r muntere, junge Mandla Mahlangu, ein an<strong>de</strong>rer<br />

Leiter, vom Unwillen mancher Jugendlicher, an einigen<br />

Programmen <strong>de</strong>s Zentrums teilzunehmen. „Einige von<br />

ihnen bevorzugen es einfach, zum Zentrum zu kommen<br />

und herumzusitzen“, sagt Mahlangu. „Es ist harte Arbeit<br />

zu versuchen, die Jugendlichen dazu zu bringen, an<br />

einigen unserer Programme teilzunehmen.“ Allerdings<br />

könnte sich das bald än<strong>de</strong>rn; er arbeitet unermüdlich<br />

daran, die Programme zu verbessern, um sicherzustellen,<br />

dass sie seine jungen Leute, die unter seiner Obhut<br />

stehen, begeistern. Beispielsweise scheinen seine zweimal<br />

wöchentlich stattfin<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> Poesiekurse in Schwung<br />

zu kommen.<br />

Lutheran Community Outreach Foundation<br />

Die Lutheran Community Outreach Foundation ist ein<br />

Hoffnungsschimmer <strong>für</strong> verzweifelte Menschen gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

um ihr Leben in <strong><strong>de</strong>n</strong> Turbulenzen von Hillbrow zu<br />

verän<strong>de</strong>rn. Gelegen im Zentrum <strong>de</strong>r Hektik <strong>de</strong>r Innenstadt,<br />

hilft die gemeinnützige Organisation, selbstunterstützen<strong>de</strong><br />

Aktivitäten <strong>für</strong> benachteiligte Einheimische<br />

zu för<strong>de</strong>rn. Ursprünglich eine Initiative <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Lutherischen Kirche, wur<strong>de</strong> sie 2004 unabhängig von<br />

<strong>de</strong>r Kirche und ist jetzt eine nicht-staatliche Organisation,<br />

die das Gemeinwesen mit Dienstleistungen versorgt.<br />

Alleinerziehen<strong>de</strong> Mütter, Schulkin<strong>de</strong>r und Menschen,<br />

die sich abmühen, um über die Run<strong><strong>de</strong>n</strong> zu kommen, sind<br />

unter jenen, die die Foundation regelmäßig besuchen<br />

und um Hilfe bitten.<br />

Der große, optimistische und drahtige Pastor Kees<br />

Appelo, <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Foundation, ist fest entschlossen,<br />

das Leben <strong>de</strong>r dort in diesem Gebiet Leben<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

zu verbessern. „Der Wunsch <strong>de</strong>r Kirche ist es, teilzu-


Ein sicherer Zufl uchtsort <strong>für</strong> Jugendliche,<br />

die mit gesundheitsschädlichen<br />

Lebenssituationen konfrontiert sind.<br />

haben am Leben jener, die in Hillbrow wohnen“, sagt er.<br />

Trotz <strong>de</strong>s Schattens von Gewalt und Armut am Stadtrand<br />

glaubt Appelo, dass die Foundation einen nachhaltigen<br />

Unterschied im Leben einiger <strong>de</strong>r benachteiligten<br />

Menschen <strong>de</strong>r Innenstadt machen kann. Hillbrow ist ein<br />

unterdrücktes, innerstädtisches Stadtrandgebiet von<br />

Johannesburg, wo Drogen<strong>de</strong>alerei, Armut, Gewalt und<br />

Prostitution weit verbreitet sind.<br />

Neben Appelo sitzt Nomava Kibare, die Geschäftsführerin<br />

<strong>de</strong>r Foundation, die aus erster Hand <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterschied<br />

gesehen hat, <strong><strong>de</strong>n</strong> ein Projekt wie dieses im Leben<br />

von Menschen machen kann. „Wir sind auf die Unterstützung<br />

<strong>de</strong>r Gemeinschaft angewiesen“, sagt Kibare<br />

und beschreibt, welche Auswirkung das Projekt auf die<br />

Gemeinschaft hat. Themen wie Hoffnung, Träume, Potential<br />

und Glaube an sich selbst treten in regelmäßigen<br />

Gesprächen auf.<br />

Die Lutheran Community Outreach Foundation ist viel<br />

mehr als einfach eine Ansammlung von Büros. Es gibt<br />

eine Näherei, einen Spielplatz, ein Theater und ein Computerlabor.<br />

Aber viel wichtiger, es gibt Freundschaft und<br />

Betreuung <strong>für</strong> Menschen, die häufi g übersehen und vernachlässigt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Der Einsatz und die gute Stimmung,<br />

die durch die meisten Mitarbeiten<strong><strong>de</strong>n</strong> wi<strong>de</strong>rgespiegelt<br />

wird, sind beeindruckend.<br />

Boitumelo-Näherei<br />

Der Schwerpunkt <strong>de</strong>r Outreach-Foundation-Einrichtung<br />

liegt auf <strong>de</strong>r Boitumelo-Näherei, die eine Ausbildung<br />

im Nähen und in an<strong>de</strong>ren Handwerken <strong>für</strong> arbeitslose<br />

Frauen anbietet. Das andauern<strong>de</strong> Schwatzen fl eißig<br />

sticken<strong>de</strong>r Frauen und das gelegentliche Gebrumme <strong>de</strong>r<br />

Nähmaschinen füllt die Atmosphäre. Mary Mawela, eine<br />

Ausbildungsleiterin, drapiert stolz farbenfrohe bestickte<br />

Die Boitumelo-Näherei bietet eine<br />

Ausbildung im Nähen und in an<strong>de</strong>ren<br />

Handwerken an.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Sasha Sonnibichler ist Leiter <strong>de</strong>s Musikzentrums.<br />

Fotos (3): Mungoshi<br />

Taschen auf <strong>de</strong>m Tisch; alle von ihren Schülern gemacht.<br />

Einige <strong>de</strong>r Taschen sind mit einfachen, auffallen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Sätzen wie „Achte auf unsere Umwelt und pfl anze<br />

Bäume“ und „Johannesburg, eine weltklasse afrikanische<br />

Stadt mit unterschiedlichen Kulturen“ bestickt.<br />

Die künstlerischen Darstellungen auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Taschen<br />

porträtieren die Hoffnungen, Lei<strong><strong>de</strong>n</strong> und Ängste <strong>de</strong>r<br />

Männer und Frauen, die in <strong>de</strong>r Innenstadt leben. „Am<br />

Anfang war es harte Arbeit, mit Menschen aus verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Familienverhältnissen zu arbeiten. Wir mussten<br />

Leute einzeln <strong>unterricht</strong>en, um sicherzustellen, dass sie<br />

die Grundlagen verstan<strong><strong>de</strong>n</strong>“, sagt Mawela, „aber jetzt<br />

sind wir wie eine Familie und haben uns mit unseren<br />

Problemen je<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren gegenüber geöffnet.“<br />

Vor neun Jahren wur<strong>de</strong> es die arbeitslose Mawela<br />

überdrüssig, zu Hause zu sitzen. Sie entschied sich, ihr<br />

Leben durch die Verbindung mit an<strong>de</strong>ren Frauen umzukrempeln<br />

und das Zentrum zu errichten; sie hat seit <strong>de</strong>m<br />

nicht zurück geschaut. Durch das Zentrum war sie in <strong>de</strong>r<br />

Lage, zur Schule zu gehen und mehr über ihr Handwerk<br />

zu lernen. „Dies ist eine Gelegenheit <strong>für</strong> uns, um etwas<br />

zu lernen und eigenes Geld zu verdienen; und zur selben<br />

Zeit an<strong>de</strong>ren zu begegnen.“<br />

Bhekezela Mahlangu kam 2006 aus Zimbabwe<br />

nach Südafrika auf <strong>de</strong>r Suche nach grüneren Wei<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Sie schloss sich <strong>de</strong>m Zentrum 2007 an und bereute es<br />

nicht <strong>für</strong> einen Moment. „Als ich das erste Mal da war,<br />

wusste ich nichts über das Sticken und war überrascht<br />

zu lernen, dass ich tatsächlich Geld aus Baumwolle<br />

machen konnte“, sagt sie. Mahlangu, die teilzeitlich<br />

Reinigungsjobs am nördlichen Stadtrand von Johannesburg<br />

macht, stattet aus Prinzip min<strong>de</strong>stens einmal die<br />

Woche <strong>de</strong>m Zentrum einen Besuch ab. Sie entwirft ihre<br />

Zukunftspläne: „Wenn ich zurück in mein Heimatland<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S3<br />

87


gehe, hoffe ich, mein eigenes Geschäft zu eröffnen und<br />

meine Fähigkeiten an an<strong>de</strong>re Menschen weitergeben<br />

zu können“, sagt sie. „Viele <strong>de</strong>r Leute wissen nichts über<br />

dieses Handwerk und sitzen zu Hause und tun nichts.“<br />

Musikzentrum<br />

Der Klang <strong>de</strong>r Musik lässt das Gebäu<strong>de</strong>zentrum lebendig<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Drinnen spielt Sasha Sonnibichler, Leiter<br />

<strong>de</strong>s Musikzentrums, auf einem Klavier <strong>für</strong> zwei eifrige<br />

Schüler Mariah Careys Lied „Heroes“. Sonnibichler, <strong>de</strong>r<br />

<strong>für</strong> das Zentrum schon mehr als drei Jahre arbeitet,<br />

beschreibt das wun<strong>de</strong>rvolle Gefühl, Menschen zu sehen,<br />

die durch Musik fröhlich wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. „Das Musikzentrum<br />

hat sich dazu verpflichtet, jungen Menschen zu helfen,<br />

ihr volles Potential zu erreichen und Träume und Ziele<br />

zu verwirklichen“, sagt er. „Musik trägt dazu bei, eine<br />

Verbindung zwischen jungen Menschen zu sein.“<br />

Jedoch bleibt er besorgt über das plötzliche Verschwin<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

von Menschen, gera<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>n</strong>en, die großes<br />

Musikpotential zeigen. Wenn einige seiner Schüler<br />

nicht zurückkommen, hinterlässt das eine tiefe Lücke<br />

in seinem Herzen. „Ich <strong><strong>de</strong>n</strong>ke, persönliche Probleme zu<br />

Hause verhin<strong>de</strong>rn das Kommen <strong>de</strong>r Leute zum Zentrum,<br />

die wie<strong>de</strong>rum durch Musik abgestellt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> könnten.“<br />

Sonnibichlers Ziel ist es, die Sichtweise <strong>de</strong>r Menschen<br />

zu än<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>r Gemeinschaft zu helfen, das Schöne<br />

in <strong>de</strong>r Musik und das existieren<strong>de</strong> Potential zu sehen.<br />

„Einige <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, die das Zentrum durchlaufen haben,<br />

wur<strong><strong>de</strong>n</strong> an <strong>de</strong>r nationalen Kunstschule angenommen.“<br />

Im Musikzentrum wer<strong><strong>de</strong>n</strong> Gitarre, Geige, Klavier,<br />

Orchester, Saxofon, Trompete, Cello, Marimba und eine<br />

Reihe an<strong>de</strong>rer Instrumente <strong>unterricht</strong>et. „Ich war in<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> ersten Tagen Hill brow gegenüber skeptisch, als ich<br />

gefragt wur<strong>de</strong>, mich im Zentrum zu engagieren, und<br />

fragte mich weiterhin, wo ich da hineingeraten war.“<br />

Als er schließlich gebeten wur<strong>de</strong>, das Zentrum zu leiten,<br />

hing er stark an Hillbrow und konnte sich nicht vorstellen,<br />

womöglich woan<strong>de</strong>rs hinzugehen. Sonnibichler<br />

unterbricht das Gespräch, um einem Gitarrenschüler<br />

Anweisungen zu geben. „Das ist es. Daumen müssen vor<br />

<strong>de</strong>inem Zeigefinger sein.“<br />

Das Zentrum wur<strong>de</strong> nicht nur eine Ablenkung von<br />

Hillbrows täglichen Problemen, es wur<strong>de</strong> auch eine<br />

Quelle <strong>de</strong>r Hoffnung. Naledi Moledi ist ein weiterer<br />

junger Einwohner von Hillbrow, <strong>de</strong>r min<strong>de</strong>stens dreimal<br />

die Woche vorbeikommt. Er sagt, dass das Musikmachen<br />

ihm hilft, sich von illegalen Aktivitäten fernzuhalten.<br />

„Ich liebe Musik, weil es ein Ausdruck aus <strong><strong>de</strong>n</strong> Tiefen <strong>de</strong>r<br />

Gedanken ist“, schließt er.<br />

88 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S3<br />

4.5.3 Baustein S3:<br />

„Mit <strong>de</strong>r Schuhputzkiste<br />

auf <strong>de</strong>r Straße“<br />

Funktion: Dieser Baustein transferiert die in <strong><strong>de</strong>n</strong> Bausteinen<br />

S1 und S2 theoretisch gewonnenen Erkenntnisse<br />

in praktische Erfahrungen. 83<br />

Alternativ kann dieser Baustein als Weiterführung in<br />

<strong>de</strong>r Themeneinheit Kin<strong>de</strong>rarbeit eingesetzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

versuchen durch „Straßenarbeit“, sich in die Situation<br />

eines Straßenkin<strong>de</strong>s hineinzuversetzen.<br />

erleben, dass das Putzen von Schuhen frem<strong>de</strong>r<br />

Menschen einer Überwindung bedarf.<br />

erleben, dass <strong>de</strong>r Ertrag ihrer Arbeit vom Wohlwollen<br />

ihrer Kundinnen und Kun<strong><strong>de</strong>n</strong> abhängig ist.<br />

reflektieren ihr eigenes Verhalten und das ihrer<br />

„ Kun<strong><strong>de</strong>n</strong>“ kritisch.<br />

erkennen gesellschaftliche Zusammenhänge als<br />

Ur sache <strong>für</strong> ein Leben von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

auf <strong>de</strong>r Straße und <strong><strong>de</strong>n</strong>ken über Lösungsansätze nach.<br />

Zeit: 120 Minuten<br />

83 Um die Menschen im Ort und in <strong>de</strong>r Kirchengemein<strong>de</strong> auf<br />

die Aktion einzustimmen, bietet es sich an, im Vorfeld in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Lokalblättern darauf hinzuweisen. Für die Durchführung<br />

<strong>de</strong>s Projektes ist es wichtig, dass genügend Schuhputzkisten<br />

vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong> sind.


Einführung (10 min)<br />

Den Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wird die<br />

Geschichte von José aus Recife S3M1 vorgelesen.<br />

Impulsfrage:<br />

Welche Möglichkeiten haben José und seine Freun<strong>de</strong>,<br />

Geld zu verdienen? Be<strong><strong>de</strong>n</strong>kt dabei, dass die Möglichkeiten<br />

begrenzt sind, weil sie kaum Bildung und keine<br />

berufl ichen Fachkenntnisse haben!<br />

(Auto-Einweiser, Drogenkuriere, Parkwächter,<br />

Straßenverkäufer, Taschendiebe, Autoscheiben-<br />

Putzer, Bettler, Prostituierte, Schuhputzer etc.)<br />

Das Beispiel „Schuhe putzen“ als Einkommensmöglichkeit<br />

wird aufgegriffen.<br />

Text von José (S3M1)<br />

Vorbereitung (10 min)<br />

Das <strong>Material</strong> zum Schuhputzen wird vorgestellt: Schuhputzkiste<br />

mit Inhalt (Bürsten, Schuhcreme in verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Farben, Lappen). Der Einsatz <strong>de</strong>r <strong>Material</strong>ien wird<br />

erklärt und <strong>de</strong>monstriert.<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> sich<br />

in Gruppen von drei bis vier Personen zusammen. Je<strong>de</strong><br />

Gruppe wird in Ausführen<strong>de</strong> und Beobachter aufgeteilt,<br />

die aber ihre Rolle auch wechseln können. Je<strong>de</strong> Gruppe<br />

bekommt eine Schuhputzkiste und <strong><strong>de</strong>n</strong> Auftrag, in <strong>de</strong>r<br />

vorgegebenen Zeit mit Schuhputzen Geld zu verdienen.<br />

Das eingenommene Geld wird an ein im Vorfeld<br />

gemeinsam ausgewähltes Straßenkin<strong>de</strong>rprojekt<br />

ge spen<strong>de</strong>t.<br />

Vorgefertigte Schuhputzkisten können im ELM ausgeliehen<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Alternativ können die Schuhputzkisten<br />

z. B. im Verlauf eines Projekttages selbst hergestellt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (Bauanleitung S3M2)<br />

Es empfi ehlt sich, <strong><strong>de</strong>n</strong> Gruppen Informationen zum<br />

Spen<strong><strong>de</strong>n</strong>projekt und ein Autorisierungsschreiben <strong>de</strong>r<br />

Kirchengemein<strong>de</strong> mitzugeben.<br />

Projektfl yer und Autorisierungsschreiben (S3M3)<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Durchführung (80 min)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> ziehen in ihren<br />

Gruppen durch die Straßen ihres Ortes und führen <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Auftrag aus.<br />

Bei Rückkehr <strong>de</strong>r einzelnen Gruppen wird das verdiente<br />

Geld von <strong>de</strong>r/<strong>de</strong>m Unterrichten<strong><strong>de</strong>n</strong> gezählt.<br />

Auswertung (20 min)<br />

Im Plenum wer<strong><strong>de</strong>n</strong> das Geld gezählt und die Erfahrungen<br />

ausgewertet:<br />

Impulsfragen:<br />

War es schwierig, Menschen anzusprechen?<br />

Wie habe ich mich gefühlt?<br />

Wie haben die Leute reagiert?<br />

– Was haben sie gesagt?<br />

Haben die Leute gefragt, was mit <strong>de</strong>m Geld<br />

passieren wird?<br />

Seid ihr mit <strong>de</strong>m Ergebnis eurer Arbeit zufrie<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

– Habt ihr genug verdient?<br />

Wäre es José genauso ergangen wie euch?<br />

– Was wür<strong>de</strong> wahrscheinlich an<strong>de</strong>rs sein?<br />

(Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> haben eine<br />

Stun<strong>de</strong> als Schuhputzer und Schuhputzerinnen gearbeitet<br />

– José macht dies täglich.<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> haben von<br />

Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang <strong>für</strong> ein Sozialprojekt<br />

gesammelt – José ist ein „Sozialprojekt“ und<br />

arbeitet <strong>für</strong> sein Überleben.<br />

Den Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> kann eine<br />

wohlwollen<strong>de</strong> Haltung entgegengebracht wor<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

sein, die ihr Engagement würdigt – José ist ein sozial<br />

Ausgegrenzter, <strong>de</strong>m oft mit Ablehnung begegnet<br />

wird.)<br />

Wie kann José seine Lebenssituation verbessern?<br />

Wie müsste sich Josés Umfeld (Gesellschaft)<br />

verän<strong>de</strong>rn?<br />

(Soziale Absicherung <strong>de</strong>r Familie, Erwerbstätigkeit<br />

<strong>de</strong>r Eltern, faire Löhne, Zugang zu kostenloser Bildung<br />

etc.)<br />

Wie kann das ausgewählte Projekt die Lebenssituation<br />

von José verbessern?<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S3<br />

89


Foto: Nordmann<br />

4.5.3.1 Hallo, mein Name ist José S3M1<br />

Hallo, mein Name ist José.<br />

90 Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S3<br />

Ich bin 13 Jahre alt.<br />

Ich lebe in Recife im Nordosten Brasiliens.<br />

Ich bin ein Straßenkind.<br />

Meine Familie stammt aus <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>sinneren. Kurz nach meiner Geburt zogen<br />

meine Eltern mit mir und meinen drei Geschwistern nach Recife. Hunger, Elend<br />

und düstere Zukunftsaussichten zwangen sie dazu. Mein Vater hoffte in <strong>de</strong>r<br />

Großstadt Arbeit zu fin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Doch seine Hoffnungen wur<strong><strong>de</strong>n</strong> enttäuscht. Es gibt<br />

viele arme Leute, die nicht wissen, was sie morgen auf <strong>de</strong>m Tisch haben, so wie<br />

meine Familie. Die Favela „Brasilia teimosa“ wur<strong>de</strong> unser Zuhause. Wie die meisten<br />

Menschen lebten wir in einer Hütte ohne fließen<strong>de</strong>s Wasser, und ich habe mit<br />

meinen Geschwistern und Eltern in einem Raum geschlafen. Schulen gibt es kaum.<br />

Statt <strong>de</strong>ssen hängen viele auf <strong>de</strong>r Straße rum, nehmen Drogen, klauen<br />

und schließen sich Ban<strong><strong>de</strong>n</strong> an.<br />

Ich musste schon sehr früh zum Familieneinkommen beitragen – als Bettler.<br />

So wur<strong>de</strong> die Straße auch <strong>für</strong> mich mehr und mehr zu meinem Zuhause,<br />

irgendwann fand ich hier in <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren Straßenkin<strong>de</strong>rn eine neue Familie –<br />

nach<strong>de</strong>m die Ehe meiner Eltern zerbrach. Mein Vater vertrinkt das schwer verdiente<br />

Geld sofort wie<strong>de</strong>r. Was soll ich da noch zu Hause? Ich habe kaum etwas zu<br />

essen. Schlafe mal hier mal da. Unter freiem Himmel. Im Dreck.<br />

Was aus mir wer<strong><strong>de</strong>n</strong> soll? Ich weiß es nicht. Letzte Woche starb mein großer Bru<strong>de</strong>r<br />

bei einer Schießerei. Er wur<strong>de</strong> nur 18 Jahre alt. Ich habe Angst!<br />

José aus Recife


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.5.3.2 Bauanleitung <strong>für</strong> eine Schuhputzkiste S3M2<br />

<strong>Material</strong><br />

1 Obstkiste ca. 25 bis 30 cm hoch,<br />

50 cm lang, 30 cm breit<br />

1 Kantholz 6 x 4 x 35 cm<br />

2 Sperrholzzuschnitte 4 bis 6 mm (siehe Skizze)<br />

1 Sperrholzrest<br />

1 Bleistift<br />

ca. 15 x 30 cm<br />

20 Nägel<br />

1 Hammer<br />

verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Längen<br />

50 mm und kürzer<br />

1 Säge (Fuchsschwanz, Stichsäge)<br />

1 Zange (Beißzange)<br />

Schmirgelpapier 80er o<strong>de</strong>r 100er Körnung<br />

Anleitung<br />

1. Sperrholzzuschnitte vom Tischler zuschnei<strong><strong>de</strong>n</strong> lassen<br />

o<strong>de</strong>r nach <strong><strong>de</strong>n</strong> angegebenen Maßen zuschnei<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

2. Von <strong>de</strong>r Obstkiste <strong><strong>de</strong>n</strong> Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> und ein schmales<br />

Seitenteil entfernen.<br />

3. Die frei gewor<strong><strong>de</strong>n</strong>en Eckhölzer <strong>de</strong>r Kiste so weit an<br />

das an<strong>de</strong>re En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kiste versetzen, dass zum Schluss<br />

<strong>de</strong>r Sitz darauf befestigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann.<br />

4. Die Kiste umdrehen (Unterseite nach oben),<br />

zusammendrücken und <strong><strong>de</strong>n</strong> Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> annageln.<br />

5. Das Kantholz an einem En<strong>de</strong> schräg ansägen und in<br />

die Spitze <strong>de</strong>r Kiste einfügen, mit Nägeln rechts und<br />

links befestigen.<br />

6. Die Sitzfl äche auf <strong><strong>de</strong>n</strong> vier Eckhölzern mit Nägeln<br />

befestigen.<br />

7. Auf <strong>de</strong>m Sperrholzrest einen Fußabdruck aufmalen,<br />

aussägen, die Kanten schmirgeln und mit Nägeln auf<br />

<strong>de</strong>m schrägen Kantholz mittig befestigen.<br />

8. Lappen, Bürste, Schuhcreme etc. in die Kiste legen<br />

– und es kann losgehen.<br />

zu 1. zu 2.<br />

Sitzfl äche<br />

19 cm<br />

18 cm<br />

30 cm<br />

Bo<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

6 cm<br />

45 cm<br />

28 cm<br />

zu 3.<br />

zu 5.<br />

zu 6.<br />

zu 7.<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r Baustein S3<br />

91


92<br />

4.5.3.3 Vorlage Autorisierungsschreiben Schuhputzprojekt S3M3<br />

Adress-Stempel <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

Autorisierungsschreiben<br />

Die InhaberInnen dieses Schreibens sind Teilnehmen<strong>de</strong> eines Konfi rmandinnen- und<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong>-Seminars. In <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Themen Kin<strong>de</strong>rarbeit,<br />

Straßenkin<strong>de</strong>r und Armut haben die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Auftrag<br />

bekommen, Schuhe zu putzen. Die <strong>für</strong> das Schuheputzen eingenommenen Gel<strong>de</strong>r<br />

kommen einem Straßenkin<strong>de</strong>rprojekt unseres kirchlichen Missionswerkes zu Gute.<br />

Wir bedanken uns <strong>für</strong> Ihre Unterstützung.<br />

Bei Rückfragen wen<strong><strong>de</strong>n</strong> Sie sich bitte an das örtliche Pfarramt:<br />

AnsprechpartnerIn:<br />

Adresse:<br />

Telefon:<br />

Ort, Datum, Unterschrift Siegel <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Baustein S3


4.5.4 Angedacht<br />

Wir sind Waisen und haben keinen Vater<br />

„Wir sind Waisen und haben keinen Vater; unsere Mütter<br />

sind wie Witwen. Unser eigen Wasser müssen wir um<br />

Geld trinken; unser Holz muss man bezahlt bringen<br />

lassen. Man treibt uns über Hals, und wenn wir schon<br />

mü<strong>de</strong> sind, lässt man uns doch keine Ruhe. Wir haben<br />

uns Ägypten und Assur ergeben, auf dass wir doch Brot<br />

satt zu essen haben. Unsere Väter haben gesündigt und<br />

sind nicht mehr vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>; und wir müssen ihre Missetat<br />

entgelten.“ (Klagelie<strong>de</strong>r Jeremias 5,3–7)<br />

Dieses Klagelied Jeremias ist eigentlich ein Gebet, also<br />

ein Gespräch mit Gott. Es ist das Klagelied eines Volkes,<br />

das sich nach lebensschenken<strong>de</strong>r Freiheit sehnt. Es ist<br />

das Lied eines Volkes, das ziellos umherschweift: genau<br />

wie ein vaterloses Kind. Zu <strong>de</strong>r Zeit Jeremias galt <strong>de</strong>r<br />

Vater als eine schützen<strong>de</strong>, liebvolle und <strong>für</strong> sorgliche<br />

Person. Ein Kind, das einen Vater verlor, verlor nicht<br />

nur eine Leitfi gur, son<strong>de</strong>rn auch seinen Beschützer und<br />

Fürsorger. Es verlor damit einen wesentlichen Teil seiner<br />

Geborgenheit.<br />

Was be<strong>de</strong>utet es heute, wenn man seine Geborgenheit<br />

verliert? Was be<strong>de</strong>utet es, ein Opfer ungerechter,<br />

sozialer Strukturen zu sein? O<strong>de</strong>r gar selbst ein Opfer<br />

von nicht intakten familiären Strukturen zu sein? Was<br />

be<strong>de</strong>utet es, wenn das Leben zu Hause so unerträglich<br />

wird, dass das Leben auf <strong>de</strong>r Straße eine bessere und<br />

verheißungsvollere Alternative zu sein scheint? Machen<br />

wir uns einige Gedanken dazu, was dieser Text, das<br />

Klagelied Jeremias, mit <strong>de</strong>m Leben auf <strong>de</strong>r Straße zu<br />

tun hat.<br />

Das Leben auf <strong>de</strong>r Straße ist ein krasses Leben. Je<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Tag muss man sich dort vor <strong><strong>de</strong>n</strong> An<strong>de</strong>ren behaupten.<br />

Es ist ein hartes Ringen und Kämpfen um Anerkennung<br />

und Überleben, damit man <strong><strong>de</strong>n</strong> nächsten Tag wie<strong>de</strong>r<br />

bestreiten kann. Als Kind auf <strong>de</strong>r Straße zu leben ist<br />

nicht schön. Alles muss man sich kaufen: Unterkunft,<br />

Wasser, Nahrung, Liebe, Freun<strong>de</strong>, Schutz.<br />

Damit Straßenkin<strong>de</strong>r sich das, was sie zum Überleben<br />

brauchen, kaufen können, brauchen sie Geld. Jobs gibt<br />

es kaum <strong>für</strong> sie. Deshalb müssen sie sich an<strong>de</strong>re Einnahmequellen<br />

erschließen. Straßenkin<strong>de</strong>r müssen sich<br />

ihr Geld erbetteln o<strong>de</strong>r ihren eigenen Körper verkaufen.<br />

In<strong>de</strong>m sie ungewollte sexuelle Tätigkeiten ausführen<br />

müssen, wird ihnen häufi g Gewalt angetan. Auch sind<br />

sie <strong>de</strong>r Gewalt an<strong>de</strong>rer Straßenkin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r manchmal<br />

sogar <strong>de</strong>r Polizei ausgesetzt. Das Leben auf <strong>de</strong>r Straße<br />

zwingt sie, <strong>de</strong>mütige Kompromisse einzugehen, nur<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

damit sie eine Überlebenschance bekommen. Um <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Widrigkeiten <strong>de</strong>r Straße halbwegs entfl iehen zu können,<br />

fl üchten sich viele in die Welt <strong>de</strong>r Drogen, was <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg<br />

in die Kriminalität, aber auch <strong><strong>de</strong>n</strong> körperlichen Verfall<br />

nur weiter beschleunigt. Viele Straßenkin<strong>de</strong>r zerbrechen<br />

am Leben auf <strong>de</strong>r Straße.<br />

Das Gebet Jeremias ist <strong>de</strong>r Schrei eines zerbrochenen<br />

Menschen, eines Menschen, <strong>de</strong>r sich in seiner Lage gefangen<br />

und verdammt fühlt, <strong>de</strong>r aber auch die Hoffnung<br />

noch nicht aufgegeben hat. In <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Verzweifl ung<br />

gibt es <strong>für</strong> die Israeliten jener Zeit eine Zufl ucht, ja sogar<br />

eine sichere Zufl ucht, auf die sie vertrauen: Gott. Der<br />

Glaube an Gott ist es, <strong>de</strong>r die Hoffnung auf Rettung aus<br />

<strong>de</strong>r Sklaverei und ein Leben in Freiheit am Leben erhält.<br />

Auf Gottes Zusagen können wir auch heute noch<br />

vertrauen. Wenn wir unsicher sind, verspricht Gott uns<br />

Sicherheit, wenn wir beängstigt sind, verspricht Gott<br />

uns Trost. Wenn die Lage aussichtslos erscheint, spricht<br />

Gott uns Hoffnung zu. Das Gebet drückt aber auch<br />

eine Erwartung aus – Gerechtigkeit. Gerechtigkeit <strong>für</strong><br />

alle und nicht nur <strong>für</strong> die Reichen o<strong>de</strong>r die Starken;<br />

Gerechtigkeit <strong>für</strong> die, die vielleicht Opfer von Mobbing<br />

gewor<strong><strong>de</strong>n</strong> sind, o<strong>de</strong>r auch Gerechtigkeit <strong>für</strong> die, die am<br />

Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gesellschaft stehen, weil sie an<strong>de</strong>rs sind: Auslän<strong>de</strong>r,<br />

HIV-Kranke, körperlich Behin<strong>de</strong>rte, Obdachlose<br />

o<strong>de</strong>r Straßenkin<strong>de</strong>r. Wo wir Gerechtigkeit üben können,<br />

ergeht die Auffor<strong>de</strong>rung an uns, es auch zu tun. Für<br />

einan<strong>de</strong>r da sein, damit keiner und keine sich allein und<br />

einsam fühlen und um sein Überleben <strong>für</strong>chten muss.<br />

Gebet<br />

Gott, himmlischer Vater, ich danke Dir, dass ich Dich<br />

Vater und Mutter nennen darf. Es tut gut, sich in Deiner<br />

Liebe geborgen zu wissen. Ich danke Dir, dass ich so<br />

vieles zum Leben habe: Eltern, Haus und Freun<strong>de</strong>. Aber<br />

ich weiß nun auch, dass viele Kin<strong>de</strong>r und Erwachsene<br />

das nicht haben. Sie leben täglich in großer Not und<br />

Verzweifl ung. Sei Du mit ihnen, aber gebe mir auch <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Mut, mich <strong>für</strong> Gerechtigkeit und Frie<strong><strong>de</strong>n</strong> einzusetzen,<br />

um so in kleinen Schritten eine gerechte Welt zu gestalten.<br />

In Jesu Namen. Amen<br />

Liedvorschlag<br />

Preis, Lob und Dank sei Gott <strong>de</strong>m Herren (EG 245)<br />

Morwaeng Motswasele ,<br />

Partnerschaftsreferent im ELM<br />

Themeneinheit Straßenkin<strong>de</strong>r · Angedacht<br />

93


4.6 Bildung 4.6.0 Lernziele<br />

94 Themeneinheit Bildung<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> setzen Bildung<br />

mit Schule gleich, zumin<strong>de</strong>st ist die Assoziation Schule<br />

mit Bildung naheliegend. Die Einheit nimmt diese<br />

Assoziation auf und weitet sie zu <strong>de</strong>r Erkenntnis aus,<br />

dass Bildung sich nicht in schulischer Bildung erschöpft.<br />

Diese Einheit erschließt <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfirmandinnen und<br />

Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> einen differenzierten Bildungsbegriff,<br />

<strong>de</strong>r Bildung als lebenslangen Prozess versteht. Dieser<br />

Prozess beinhaltet sowohl kontextuell unterschiedliche<br />

als auch universale Elemente, die zum Verständnis<br />

sowohl <strong>de</strong>r eigenen als auch von frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Lebensrealitäten<br />

erfor<strong>de</strong>r lich sind. Bildung ist Aneignung <strong>de</strong>r<br />

eigenen und <strong>de</strong>r frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Welt.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirmandinnen<br />

setzen sich mit <strong>de</strong>m Thema Bildung auseinan<strong>de</strong>r<br />

und <strong>de</strong>finieren <strong>für</strong> sich <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff Bildung.<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> dazu befähigt, <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff Bildung auf<br />

<strong>de</strong>m Hintergrund ihrer eigenen Lebenssituation<br />

in Deutschland zu reflektieren.<br />

lernen die Be<strong>de</strong>utung von Bildung in traditionellen<br />

Gesellschaften (Adivasi in Indien) kennen.<br />

lernen exemplarisch anhand <strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

einer Gesellschaft im Umbruch (Kulina in Brasilien)<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen an Bildung kennen.<br />

lernen ethische Richtlinien aus verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Kulturen<br />

kennen.<br />

diskutieren, ob es universale Regeln und allgemeingültige<br />

ethische Maßstäbe gibt.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Lesen und Schreiben lernen in<br />

einer heißen südafrikanischen<br />

Wellblechhütte. Foto: Heine<br />

Themeneinheit Bildung<br />

95


4.6.1 Baustein B1: Bild – bil<strong><strong>de</strong>n</strong> – Bildung<br />

Funktion: Dieser Baustein führt ins Thema Bildung ein.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erkennen, dass die Begriffe „Bild“, „bil<strong><strong>de</strong>n</strong>“ und<br />

„ Bildung“ einen Prozess <strong>de</strong>s Erkennens, Einordnens<br />

und Verstehens wie<strong>de</strong>rgeben.<br />

erfahren die Wichtigkeit <strong>de</strong>s genauen Beobachtens<br />

und exakten Beschreibens <strong>de</strong>s Beobachteten <strong>für</strong> die<br />

Weitergabe von Erkenntnissen.<br />

geben Antworten auf die Frage, was je<strong>de</strong>r Mensch<br />

lernen muss.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Vorbereitung (5 min)<br />

Für die Durchführung <strong>de</strong>s Spiels sind zwei Gruppenräume<br />

notwendig.<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in<br />

Gruppen von je fünf Personen aufgeteilt. (Abhängig von<br />

<strong>de</strong>r Gesamtteilnehmerzahl kann es auch Gruppen mit<br />

sechs Personen geben.) – Die Gruppeneinteilung kann<br />

entwe<strong>de</strong>r durch einen eigenständigen Gruppenprozess,<br />

Entscheidung <strong>de</strong>r Verantwortlichen o<strong>de</strong>r das Zufallsprinzip<br />

geschehen (also z. B. durch ein Spiel, bei <strong>de</strong>m<br />

sich am En<strong>de</strong> etwa gleichgroße Gruppen von fünf bis<br />

sechs Personen bil<strong><strong>de</strong>n</strong>).<br />

Je<strong>de</strong> Gruppe bestimmt einen Sprecher, einen Zeichner,<br />

einen Erzähler sowie zwei (ggf. drei) Beobachter.<br />

Zunächst befin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich alle Gruppen in Raum 1. Hier<br />

kann je nach Gruppensituation ein individuelles<br />

Angebot <strong>für</strong> die Anwesen<strong><strong>de</strong>n</strong> gestaltet wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (Musik<br />

hören/machen; kickern, basteln, rätseln; …)<br />

Erarbeitungsphase (15 min)<br />

Nach und nach wer<strong><strong>de</strong>n</strong> aus <strong><strong>de</strong>n</strong> Gruppen die Mitglie<strong>de</strong>r<br />

in folgen<strong>de</strong>r Reihenfolge in Raum 2 gerufen (ein<br />

Teamer achtet darauf, dass die Konfirmandinnen und<br />

Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> sich nicht über das in Raum 2 Erlebte<br />

unterhalten).<br />

2 Räume; Ausschnitte eines größeren Bil<strong>de</strong>s auf DIN<br />

A4 gedruckt (z. B. eines <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s flämischen Malers<br />

Bruegel [B1M1a–f]: „Nie<strong>de</strong>rländische Sprichwörter“,<br />

„Die Kin<strong>de</strong>rspiele“, „Ein Dorffest“, „Der Kampf zwischen<br />

Karneval und Fasten“, „Triumph <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s“, „Der Kin<strong>de</strong>rmord“)<br />

96 Themeneinheit Bildung · Baustein B1<br />

Beobachter:<br />

Die Beobachter erhalten ein Bild. (Das Bild ist ein<br />

Ausschnitt eines größeren Bil<strong>de</strong>s, was <strong><strong>de</strong>n</strong> Beobachtern<br />

aber nicht gesagt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> darf! – Je<strong>de</strong> Beobachter-<br />

Gruppe bekommt einen unterschiedlichen Ausschnitt<br />

<strong>de</strong>s gleichen Bil<strong>de</strong>s).<br />

Bildausschnitte (B1M1a – f)<br />

Arbeitsanweisung <strong>für</strong> je<strong>de</strong> Beobachtergruppe:<br />

Ihr habt zwei Minuten Zeit, um euch über das, was ihr<br />

auf eurem Bild seht, auszutauschen. Gleichzeitig erstellt<br />

ihr bitte eine Liste von <strong>de</strong>m, was ihr seht. Fünf „Dinge“,<br />

die euch wichtig sind, nicht mehr, nicht weniger!<br />

DIN-A4-Papier, Bleistifte o<strong>de</strong>r Kugelschreiber<br />

Nach Ablauf <strong>de</strong>r zwei Minuten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Bildausschnitte<br />

und die Listen eingesammelt. – Die Beobachter<br />

kehren in Raum 1 zurück und die Erzähler <strong>de</strong>r Gruppen<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> in Raum 2 gerufen.<br />

Erzähler:<br />

Je<strong>de</strong>r Erzähler erhält die von <strong><strong>de</strong>n</strong> Beobachtern seiner<br />

Gruppe erstellte Liste.<br />

Arbeitsanweisung <strong>für</strong> die Erzähler:<br />

Lies die Liste mit <strong><strong>de</strong>n</strong> fünf Stichworten und <strong><strong>de</strong>n</strong>ke dir<br />

dazu eine Szenerie/Geschichte aus. Du bekommst eine<br />

Minute Be<strong><strong>de</strong>n</strong>kzeit.<br />

Nach Ablauf <strong>de</strong>r einen Minute wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Zeichner in<br />

Raum 2 hereingerufen. Je<strong>de</strong>r Erzähler beschreibt <strong>de</strong>m<br />

Zeichner seiner Gruppe innerhalb von fünf Minuten<br />

seine Szenerie/Geschichte. – Danach kehren die<br />

Erzähler in Raum 1 zurück.<br />

DIN-A4-Papier, Bunt- o<strong>de</strong>r Filzstifte<br />

Zeichner:<br />

Arbeitsanweisung <strong>für</strong> die Zeichner:<br />

Du hast vom Erzähler eine Szenerie beschrieben bekommen.<br />

Zeichne diese! Da<strong>für</strong> hast du fünf Minuten Zeit.<br />

Nach Ablauf <strong>de</strong>r fünf Minuten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die Bil<strong>de</strong>r aller<br />

Zeichner eingesammelt.


Präsentation im Plenum (15 min)<br />

Alle Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> setzen sich<br />

in einen Stuhlkreis, wobei sie in ihrer Kleingruppe<br />

zusammenbleiben.<br />

Beginnend mit Gruppe 1 wird das Bild <strong>de</strong>s Zeichners<br />

<strong>de</strong>m Gruppensprecher gegeben.<br />

Arbeitsanweisung <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Sprecher:<br />

Erkläre <strong>de</strong>m Plenum, was du auf <strong>de</strong>inem Bild siehst!<br />

Du hast da<strong>für</strong> zwei Minuten Zeit.<br />

Die an<strong>de</strong>ren Gruppen verfahren entsprechend.<br />

(Die Sprecher <strong>de</strong>r einzelnen Gruppen erhalten ihr Bild<br />

erst zu Beginn ihrer Präsentation.)<br />

Weiterführung (5 min)<br />

Das Gesamtbild, aus <strong>de</strong>m alle Ausschnitte stammen,<br />

wird gezeigt.<br />

Impuls:<br />

Je<strong>de</strong> Gruppe hat ein Ausschnitt aus diesem Bild bekommen.<br />

Die Beobachter hatten die Aufgabe, sich ihren Bildausschnitt<br />

einzuprägen und anhand von fünf Stichworten<br />

an <strong><strong>de</strong>n</strong> Erzähler weiterzugeben. Der Erzähler wie<strong>de</strong>rum<br />

entwickelte anhand <strong>de</strong>r Stichworte eine Szenerie/<br />

Geschichte, die er an <strong><strong>de</strong>n</strong> Zeichner weitergab. Die Ergebnisse<br />

<strong>de</strong>r Zeichner liegen uns hier vor und wur<strong><strong>de</strong>n</strong> uns<br />

eben von <strong><strong>de</strong>n</strong> Sprechern <strong>de</strong>r Gruppen vorgestellt.<br />

Arbeitsanweisung <strong>für</strong> die Sprecher:<br />

Versuche, <strong><strong>de</strong>n</strong> Bildausschnitt, mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>ine Gruppe<br />

gearbeitet hat, im Gesamtbild wie<strong>de</strong>rzufi n<strong><strong>de</strong>n</strong>!<br />

Laptop und Beamer <strong>für</strong> Bildprojektion o<strong>de</strong>r großes<br />

Poster <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s<br />

Plenumsgespräch (5 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Wie gut trifft euer Bild <strong><strong>de</strong>n</strong> Originalausschnitt?<br />

Was ist in <strong>de</strong>r Kette <strong>de</strong>r Informationsweitergabe und<br />

Erstellung eures Bil<strong>de</strong>s passiert?<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Zusammenfassung (5 min)<br />

Impuls:<br />

Den Prozess, <strong><strong>de</strong>n</strong> wir gera<strong>de</strong> gemeinsam durchlaufen<br />

sind, können wir „Bildung“ nennen. Der Begriff Bildung<br />

kommt vom Wort „Bild“. Auch wir haben mit einem Bild<br />

begonnen, das wir in einem Bearbeitungsprozess auf<br />

verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Weise abge-„bil<strong>de</strong>t“ haben. Zusammenfassend<br />

lässt sich unsere Erfahrung anhand <strong>de</strong>r Schlagworte<br />

„Bild – bil<strong><strong>de</strong>n</strong> – Bildung“ darstellen:<br />

Tafelbild:<br />

Bild = Das, was wir sehen, wahrnehmen, was von<br />

außen an uns herangetragen wird.<br />

bil<strong><strong>de</strong>n</strong> = Das Wahrgenommene aktiv verarbeiten,<br />

d. h. es zu beschreiben, es abzugleichen mit<br />

zuvor gespeicherten Bil<strong>de</strong>rn, es einzuordnen<br />

und zu kategorisieren.<br />

Bildung = Der Prozess <strong>de</strong>s bewussten Wahrnehmens<br />

und Einordnens <strong>de</strong>r Welt ist ein Lernprozess,<br />

ist BILD-ung.<br />

Flipchart (o<strong>de</strong>r Tafel), Boardmarker (o<strong>de</strong>r Krei<strong>de</strong>)<br />

Ergebnissicherung (5 min)<br />

Die Ergebnissicherung erfolgt durch die Frage:<br />

Was muss je<strong>de</strong>r Mensch lernen?<br />

Diese wird auf ein großes Poster geschrieben. Die Antworten<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> gesammelt und stichwortartig auf <strong>de</strong>m<br />

Poster unter <strong>de</strong>r Frage festgehalten. (Das Poster bleibt<br />

auch <strong>für</strong> die nächsten Bausteine zum Thema Bildung<br />

sichtbar hängen und wird nach je<strong>de</strong>m Baustein um<br />

weitere Antworten zu <strong>de</strong>r Frage ergänzt.)<br />

Poster DIN A2 (o<strong>de</strong>r größer!), Boardmarker<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B1<br />

97


Pieter Bruegel <strong>de</strong>r Ältere (*um 1525/30 in Breda; † 5. September 1569<br />

in Brüssel), genannt <strong>de</strong> Drol („<strong>de</strong>r Drollige“) o<strong>de</strong>r Bauernbruegel, war ein<br />

Maler <strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>rländischen Renaissance. Er ist landläufig bekannt <strong>für</strong> seine<br />

Darstellungen <strong>de</strong>s bäuerlichen Lebens im Flan<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />

Quelle: <strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Pieter_Bruegel_<strong>de</strong>r_Ältere (Zugriff 11.03.2010).<br />

4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s flämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Der Kin<strong>de</strong>rmord“ B1M1a<br />

98 Themeneinheit Bildung · Baustein B1


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s fl ämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Nie<strong>de</strong>rländische Sprichwörter“ B1M1b<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B1<br />

99


4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s flämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Die Kin<strong>de</strong>rspiele“ B1M1c<br />

100 Themeneinheit Bildung · Baustein B1


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s fl ämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Triumph <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s“ B1M1d<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B1<br />

101


4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s flämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Ein Dorffest“ B1M1e<br />

102 Themeneinheit Bildung · Baustein B1


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.1.1 Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s fl ämischen Malers Pieter Bruegel d. Ä. –<br />

„Der Kampf zwischen Karneval und Fasten“ B1M1f<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B1<br />

103


4.6.2 Baustein B2: Bildung bei uns<br />

Funktion: Dieser Baustein bezieht <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriff Bildung<br />

auf die eigene Lebenssituation <strong>de</strong>r Konfirmandinnen<br />

und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> in Deutschland.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken über ihre Berührungspunkte zu „Bildung“ nach.<br />

benennen verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>e Aspekte von Bildung in ihrem<br />

eigenen Leben.<br />

formulieren ihre Erwartungen an Bildung.<br />

erkennen Bildung als eine wesentliche Vorraussetzung<br />

zum Erreichen von Berufs- und Lebenszielen.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Einführung (5 min)<br />

Impulsfrage:<br />

Ein wichtiger Ort, an <strong>de</strong>m Bildung geschieht, ist eure<br />

Schule. Was sind eure Lieblingsfächer?<br />

Einzelarbeit (10 min)<br />

Ist-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan<br />

Den Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> wird eine<br />

leere Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan-Tabelle ausgehändigt. In diese<br />

sollen sie ihren tatsächlichen Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan <strong>de</strong>r Schule<br />

schreiben.<br />

Leere Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan-Tabelle (B2M1) in entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Anzahl<br />

Wunsch-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan<br />

Im zweiten Schritt sollen die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

ihren Wunsch-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan in eine weitere<br />

leere Stundplan-Tabelle eintragen. Dabei sind folgen<strong>de</strong><br />

„Regeln“ zu beachten:<br />

Bis auf zwei Fächer müssen alle vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>en Fächer<br />

vorkommen, sie dürfen aber an<strong>de</strong>rs gewichtet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Zwei vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>e Fächer dürfen gestrichen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

müssen aber durch an<strong>de</strong>re, noch nicht vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />

Wunsch-Fächer ersetzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (z. B. wird Mathematik<br />

durch Kochen ersetzt).<br />

Leere Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan-Tabelle (B2M2) in entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Anzahl<br />

104 Themeneinheit Bildung· Baustein B2<br />

Auswertung im Plenum (5 min)<br />

Die anschließen<strong>de</strong> Auswertung geschieht im Plenum<br />

und wird durch die Frage eingeleitet:<br />

Was spielte bei <strong>de</strong>iner Auswahl im Wunschstun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan<br />

eine Rolle? Nach welchen Kriterien sind die Fächer ausgewählt<br />

o<strong>de</strong>r gewichtet wor<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Zusammenfassung:<br />

Eigene Talente und Neigungen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> bei <strong>de</strong>r<br />

Gewichtung <strong>de</strong>r Bildungsinhalte/Fächer <strong>de</strong>utlich.<br />

Bildung wird dann als gelungen erlebt, wenn sie individuellen<br />

Talenten und Neigungen Rechnung trägt.<br />

Bildung ist immer ein individueller, personenabhängiger<br />

Prozess<br />

Transfer/Aneignung (10 min)<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> diskutieren im<br />

Plenum folgen<strong>de</strong> Frage:<br />

Wo fin<strong>de</strong>t außerhalb <strong>de</strong>r Schule Bildung statt?<br />

Zum Beispiel:<br />

(Sport-)Vereine<br />

Kirche/Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>unterricht</strong><br />

Internet/Fernsehen/Radio (AV-Medien)<br />

Printmedien<br />

Museum<br />

…<br />

Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> sollen in ihren<br />

Beiträgen nennen, was <strong>für</strong> Inhalte jeweils vermittelt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.


Erarbeitung (15 min)<br />

Mein Berufswunsch<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> schreiben auf<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> vorbereiteten Berufswunschkarten ihren „Traumberuf“.<br />

(Es kann sein, dass sich einige Konfi rmandinnen<br />

und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> noch nicht darüber im Klaren sind,<br />

was sie einmal wer<strong><strong>de</strong>n</strong> wollen. Die Frage nach persönlichen<br />

Neigungen/Vorlieben/Hobbys/Interessen kann<br />

helfen, einen Berufswunsch zu formulieren.)<br />

Berufswunschkarte (B2M3) in entsprechen<strong>de</strong>r Anzahl<br />

Je<strong>de</strong> Konfi rmandin und je<strong>de</strong>r Konfi rmand erhält einen<br />

Etikettenbogen mit Fähigkeiten/Eigenschaften. Sie<br />

sollen nun miteinan<strong>de</strong>r über ihre Berufswünsche ins<br />

Gespräch kommen und sich gegenseitig Etiketten mit<br />

Fähigkeiten/Eigenschaften, von <strong><strong>de</strong>n</strong>en sie glauben,<br />

dass sie <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> gewählten Beruf för<strong>de</strong>rlich sind, auf<br />

die Berufswunschkarte kleben.<br />

Beispiel:<br />

Pascal hat auf seine Berufswunschkarte „Bankkaufmann“<br />

eingetragen. Nun kommt er mit Vanessa ins Gespräch,<br />

die ihm von ihrem Etikettenbogen das Etikett „Pünktlichkeit“<br />

auswählt und auf Pascals Berufswunschkarte<br />

klebt.<br />

Achtung: Je<strong>de</strong> Person darf einer an<strong>de</strong>ren Person jeweils<br />

nur ein Etikett auf die Berufswunschkarte kleben.<br />

Ausgedruckte Etikettenbögen in entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Anzahl (B2M4)<br />

Diskussion im Plenum (5 min)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> tragen im<br />

Plenum zusammen, woher die <strong>für</strong> ihren Berufswunsch<br />

benötigten Fähigkeiten kommen.<br />

Impulsfragen:<br />

Habt ihr die Fähigkeiten/Eigenschaften bereits,<br />

die auf eure Berufswunschkarten geklebt wur<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Wie habt ihr sie euch angeeignet/woher könnt<br />

ihr sie bekommen?<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Deutsche und ausländische Schüler<br />

einer Ganztagesklasse.<br />

Foto: Christine Kokot dpa/lhe<br />

Diskussion im Plenum (5 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Gibt es etwas, was je<strong>de</strong>r Mensch lernen muss?<br />

Wenn ja, was und warum? Wenn nein, warum nicht?<br />

Präsentation (5 min)<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einheit wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die ausgefüllten Soll-<br />

Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>pläne und Berufswunschkarten <strong>de</strong>r Konfi rmandinnen<br />

und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> auf bereitgestellten Tischen<br />

o<strong>de</strong>r an einer Meta-Planwand ausgestellt und somit <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

an<strong>de</strong>ren Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> zugänglich<br />

gemacht.<br />

Tische o<strong>de</strong>r Meta-Planwand inkl. Pin-Na<strong>de</strong>ln<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B2<br />

105


4.6.2.1 Ist-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan B2M1<br />

Ist-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan<br />

Name: Klasse: Schulform:<br />

Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

1. Stun<strong>de</strong><br />

2. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

3. Stun<strong>de</strong><br />

4. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

5. Stun<strong>de</strong><br />

6. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

7. Stun<strong>de</strong><br />

8. Stun<strong>de</strong><br />

106 Themeneinheit Bildung · Baustein B2


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.2.2 Wunsch-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan B2M2<br />

Wunsch-Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>plan<br />

Name: Klasse: Schulform:<br />

Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

1. Stun<strong>de</strong><br />

2. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

3. Stun<strong>de</strong><br />

4. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

5. Stun<strong>de</strong><br />

6. Stun<strong>de</strong><br />

Pause<br />

7. Stun<strong>de</strong><br />

8. Stun<strong>de</strong><br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B2<br />

107


4.6.2.3 Berufswunschkarten B2M3<br />

Name:<br />

Mein Berufswunsch:<br />

Um diesen Beruf ausüben zu können, brauche ich:<br />

108 Themeneinheit Bildung · Baustein B2<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.2.4 Etiketten mit Fähigkeiten/Eigenschaften B2M4<br />

Anerkennung von Autorität<br />

Ausdauer<br />

Begeisterungsf<br />

Durchsetzungsve<br />

Flexibilität<br />

Gehorsam<br />

Hilfsbereitschaft<br />

Humor<br />

Angemessenes Auftreten<br />

Kritikfähigkeit<br />

Mitgefühl<br />

Nachsicht<br />

Präzision/Genauigkeit<br />

Schlagfertigkeit<br />

Kraft Kreativität<br />

Sauberkeit/Hygiene Teamfähigkeit<br />

Lernbereitschaft<br />

Motivation<br />

Ordnungssinn<br />

Pünktlichkeit<br />

Selbstbewusstsein<br />

Verantwortungsgefühl Verhandlungsgeschick<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B2<br />

109


4.6.3 Baustein B3: Bildung in einer traditionellen Gesellschaft –<br />

die Honigsammler in Indien<br />

Funktion: Dieser Baustein stellt das Thema Bildung in<br />

einer traditionellen Gesellschaft am Beispiel <strong>de</strong>r Adivasi<br />

in Indien dar.<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

lernen Aspekte von Bildung bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Adivasi kennen.<br />

erleben, dass erfolgreiches Lernen auch etwas mit<br />

Vertrauen zu tun hat, was <strong>de</strong>m Lehren<strong><strong>de</strong>n</strong> entgegengebracht<br />

wird.<br />

erkennen, dass Bildung nicht ausschließlich in <strong>de</strong>r<br />

Schule geschieht.<br />

Zeit: 60 Minuten<br />

Einführung (10 min)<br />

Zu Beginn wird eines <strong>de</strong>r folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Vertrauensspiele<br />

gespielt:<br />

„Zu zweit Autofahren“<br />

„Das Foucaultsche Pen<strong>de</strong>l“<br />

„Fahrstuhl“<br />

siehe Spielanleitung (B3M1)<br />

Auswertung <strong>de</strong>s Vertrauensspiels – Impulsfragen:<br />

Wie habt ihr euch gefühlt?<br />

Welche Rolle im Spiel hat dir besser gefallen? Warum?<br />

Was war bei diesem Spiel beson<strong>de</strong>rs wichtig?<br />

Was hat funktioniert/nicht funktioniert?<br />

110 Themeneinheit Bildung · Baustein B3<br />

Film „Honigsammler“ (15 min)<br />

Die angegebene Filmsequenz aus <strong>de</strong>r Dokumentation<br />

„Honey Hunters of the Blue Mountains“ <strong>de</strong>r „Keystone<br />

Foundation“ wird gezeigt.<br />

Die Keystone Foundation, mit Sitz in Kotagiri/Indien,<br />

setzt sich <strong>für</strong> die Bewahrung <strong>de</strong>r Biosphäre <strong>de</strong>r Nilgiri<br />

Hills in Südindien und ihrer Bevölkerung mit ihrer<br />

traditionellen Kultur ein. Für weitere Informationen<br />

siehe: http://www.keystone-foundation.org/.<br />

Keystone Foundation, Keystone Centre, PB 35, Groves<br />

Hill Road, Kotagiri 643 217, Nilgiris District, Tamil<br />

Nadu, India, E-Mail: kf@keystone-foundation.org<br />

Beamer, DVD-Player, Lautsprecher, Film „Honey<br />

Hunters of the Blue Mountains“ <strong>de</strong>r „Keystone Foundation“<br />

Auswertungsfragen im Plenum:<br />

Was hat euch beson<strong>de</strong>rs beeindruckt an <strong>de</strong>m Film?<br />

Wie lernen die Honigsammler das Handwerk <strong>de</strong>s<br />

Honigsammelns? (Der Fokus liegt auf <strong>de</strong>r Tradierung<br />

<strong>de</strong>r Fertigkeiten von Generation zu Generation.)<br />

Wie wird das Sicherungsseil hergestellt?<br />

Wür<strong>de</strong>t ihr euer Leben einem solchen Seil anvertrauen?<br />

Wem wür<strong>de</strong>t ihr euer Leben anvertrauen?<br />

Wem vertrauen die Honigsammler ihr Leben an?<br />

In welcher Beziehung stehen sie zu <strong>de</strong>r Person, die das<br />

Seil sichert? (Antwort: Der Schwager <strong>de</strong>s Sammlers<br />

sichert das Seil.)<br />

Ergebnissicherung (5 min)<br />

Die Ergebnissicherung erfolgt durch die Frage:<br />

Was muss je<strong>de</strong>r Mensch lernen?<br />

Die Antworten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong>de</strong>m Poster <strong>de</strong>r Ergebnissicherung<br />

aus <strong>de</strong>r Einheit B1 festgehalten.<br />

Flipchart, Boardmarker


Zu zweit Autofahren<br />

Die Teilnehmen<strong><strong>de</strong>n</strong> (TN) fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> sich in Paaren. Je<strong>de</strong>s<br />

Paar einigt sich, wer das „Auto“ und wer <strong>de</strong>r „Fahrer“ ist.<br />

Das „Auto“ hat während <strong>de</strong>r Fahrt die Augen geschlossen.<br />

Der „Fahrer“ stellt sich hinter sein „Auto“ und lenkt<br />

dieses wie folgt durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Raum:<br />

Vorwärts: Der „Fahrer“ legt seine Hand<br />

auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Hinterkopf <strong>de</strong>s „Autos“.<br />

Rückwärts: Der „Fahrer“ legt seine Hand in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

unteren Teil <strong>de</strong>s Rückens <strong>de</strong>s „Autos“.<br />

Links: Der „Fahrer“ legt seine Hand<br />

auf die linke Schulter <strong>de</strong>s „Autos“.<br />

Rechts: Der „Fahrer“ legt seine Hand<br />

auf die rechte Schulter <strong>de</strong>s „Autos“.<br />

Die verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Autos fahren durch <strong><strong>de</strong>n</strong> Raum, ohne<br />

Unfälle zu bauen.<br />

kein <strong>Material</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />

Fahrstuhl<br />

Ein/e TN stellt sich mit verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>en Augen auf ein<br />

Brett. Dieses Brett mitsamt <strong>de</strong>r/<strong>de</strong>s TN wird von 2<br />

kräftigen MA langsam und mit mo<strong>de</strong>ratem Zittern in die<br />

Höhe gehoben. Sobald die MA eine Höhe von etwa 20<br />

cm erreicht haben, wird <strong>de</strong>r/die Tn aufgefor<strong>de</strong>rt, vom<br />

Brett zu springen.<br />

Anmerkung: Sobald die an<strong>de</strong>ren Gruppen-TN<br />

gesehen haben, dass das Brett keine sehr große Höhe<br />

erreicht, ist <strong>für</strong> sie <strong>de</strong>r Reiz dieses Spieles verloren.<br />

ein starkes Brett von ca. 30 cm x 50 cm<br />

Foucaultsches Pen<strong>de</strong>l<br />

Eine Person steht in <strong>de</strong>r Mitte eines Kreises von 6 bis<br />

8 TN. Die Person in <strong>de</strong>r Mitte schließt die Augen, spannt<br />

Ihren Körper an und lässt sich in irgen<strong>de</strong>ine Richtung<br />

fallen. Die im Kreis stehen<strong><strong>de</strong>n</strong> TN fangen die pen<strong>de</strong>ln<strong>de</strong><br />

Person in <strong>de</strong>r Mitte ab und stoßen sie sanft wie<strong>de</strong>r<br />

zurück in <strong><strong>de</strong>n</strong> Kreis.<br />

kein <strong>Material</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />

Variante: Eine Person befi n<strong>de</strong>t sich in einem Kreis von<br />

über 15 TN und hat die Augen verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>. Die Peson in<br />

<strong>de</strong>r Mitte läuft mit ausgestreckten Armen in irgen<strong>de</strong>ine<br />

Richtung los. Am Rand <strong>de</strong>s Kreises wird sie von einem/<br />

einer TN in Empfang genommen und in <strong><strong>de</strong>n</strong> Kreis zurück<br />

geschickt.<br />

kein <strong>Material</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.3.1 Vertrauensspiele B3M1<br />

Gassenlauf<br />

Die TN stehen sich in 2 Gruppen Schulter an Schulter<br />

gegenüber und bil<strong><strong>de</strong>n</strong> auf diese Weise die Gasse. Sie<br />

halten ihre Arme nach vorne ausgestreckt. Der/die<br />

erste TN läuft nun aus einer Entfernung von etwa 10<br />

Metern in diese Gasse, wobei die TN, die die Gasse bil<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

kurz bevor die laufen<strong>de</strong> Person auf ihrer Höhe ist, die<br />

Arme in die Höhe reißen.<br />

kein <strong>Material</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />

Gegen die Wand<br />

Die TN laufen so schnell wie sie sich wagen mit verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

Augen auf eine massive Wand zu. Damit sie nicht<br />

gegen die Wand laufen, wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sie kurz vorher von zwei<br />

MA sanft in Empfang genommen.<br />

kein <strong>Material</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />

Kistenklettern<br />

Dieses Spiel sollte nur von erfahrenen und ausgebil<strong>de</strong>ten<br />

Übungs- und GruppenleiterInnen angeboten wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Auch wenn <strong>de</strong>r Organisationsaufwand sehr hoch ist, ist<br />

Kistenklettern doch das nachhaltigste und intensivste<br />

Vertrauensspiel – vor allem, wenn die TN sich unter<br />

Aufsicht von erfahrenen und ausgebil<strong>de</strong>ten Übungs-<br />

und GruppenleiterInnen gegenseitig sichern. Auskünfte<br />

über die Durchführung vom Kistenklettern erteilt die<br />

örtliche Sektion <strong>de</strong>s Alpenvereins.<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B3<br />

111


4.6.4 Baustein B4: Gesellschaften im Umbruch – die Kulina<br />

Funktion: Darstellung <strong>de</strong>s Themas Bildung anhand<br />

einer Gesellschaft im Umbruch (Kulina in Brasilien).<br />

Lernziele: Die Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>ken darüber nach, was sie als Deutsche in<br />

Deutschland prägt.<br />

lernen die Kultur <strong>de</strong>r Kulina kennen.<br />

erkennen die Verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>heit <strong>de</strong>r Bildungsziele<br />

im Vergleich <strong>de</strong>r indigenen Kultur <strong>de</strong>r Kulina zu<br />

unserer Kultur.<br />

erleben die Inter<strong>de</strong>pen<strong><strong>de</strong>n</strong>z von Sprache, Kultur<br />

und Bildung.<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

Einstieg (10 min)<br />

Zu Beginn wird das Ballspiel „Typisch <strong>de</strong>utsch“ gespielt:<br />

Die Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> stehen im Kreis. (Bei mehr als<br />

20 Personen sollte die Gruppe geteilt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.) Die<br />

Gruppenleitung wirft einem Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Ball zu.<br />

Dieser Fänger muss nun spontan sagen, was ihm zum<br />

Stichwort „typisch <strong>de</strong>utsch“ einfällt und wirft <strong><strong>de</strong>n</strong> Ball<br />

dann weiter. Nun ist die nächste Person an <strong>de</strong>r Reihe,<br />

etwas zum Stichwort „typisch <strong>de</strong>utsch“ zu sagen. Ein<br />

Mitarbeiter hält die genannten Begriffe schriftlich fest.<br />

Ball, Flipchart, Boardmarker<br />

Auswertung (5 min)<br />

Impulsfragen:<br />

War die Aufgabe leicht o<strong>de</strong>r schwer?<br />

Woher kamen die Assoziationen zu „typisch <strong>de</strong>utsch“?<br />

(z. B. aus <strong>de</strong>m Fernsehen, aus <strong>de</strong>r Werbung, waren es<br />

Vermutungen …)<br />

Ist das, was euch zu Deutschland eingefallen ist, wirklich<br />

typisch <strong>de</strong>utsch? (z. B. Fußball, Döner, Bratwurst,<br />

Musik, Gartenzwerge, Pünktlichkeit, Fernsehserien …)<br />

Die Gruppe wird darauf hingewiesen, dass manches<br />

typisch Deutsche nur „typisch regional <strong>de</strong>utsch“ ist:<br />

z. B. Maultaschen in Süd<strong>de</strong>utschland, Weißwurst in<br />

Bayern, Boßeln in Ostfriesland.<br />

112 Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

Transfer (5 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Stellt euch vor, unser Essen, die Musik, die wir hören,<br />

Kinofilme, Autos, Fußballspieler wür<strong><strong>de</strong>n</strong> nur aus<br />

Deutschland kommen. Wie wür<strong><strong>de</strong>n</strong> wir das fin<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Was wür<strong><strong>de</strong>n</strong> wir dann alles vermissen?<br />

Zwischenergebnis: Unsere Kultur ist durchdrungen von<br />

Einflüssen an<strong>de</strong>rer Län<strong>de</strong>r und Kulturen.<br />

Überleiten<strong>de</strong> Fragen:<br />

Gibt es überhaupt noch Gesellschaften, die von<br />

äußeren Einflüssen unberührt leben?<br />

Was können Grün<strong>de</strong> da<strong>für</strong> sein, dass traditionelle<br />

Gesellschaften sich verän<strong>de</strong>rn (müssen)?<br />

Bild-Präsentation (30 min)<br />

Mit Hilfe einer Powerpoint-Präsentation wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die<br />

„Kulina“ als Beispiel <strong>für</strong> eine Gesellschaft im Umbruch<br />

vorgestellt.<br />

Powerpoint-Präsentation „Ein Tag im Leben <strong>de</strong>s<br />

Kulina Borai“ (B4M1), Beamer, Laptop<br />

Auswertung (10 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Was müssen die Kulina in ihrer traditionellen<br />

Gesellschaft lernen?<br />

Was müssen die Kulina lernen, weil ihre Gesellschaft<br />

sich verän<strong>de</strong>rt?<br />

Warum müssen die Kulina Portugiesisch lernen?<br />

Was ist die neue Form <strong>de</strong>r Bildung, die hinzukommt?<br />

(Formale Bildung durch Schule in Ergänzung zur traditionellen<br />

Bildung durch erfahrungsbezogenes Lernen)<br />

Die Ergebnisse wer<strong><strong>de</strong>n</strong> an <strong>de</strong>r Flipchart gesammelt.<br />

Flipchart, Boardmarker


Vertiefung (20 min)<br />

Impuls:<br />

Die Kulina sind eine Gesellschaft im Umbruch. Das<br />

macht sich u. a. an <strong>de</strong>r Sprache fest. Sprache be<strong>de</strong>utet<br />

Verständigung; sie dient als Kommunikationsmittel. Die<br />

Kulina sind gezwungen, mit <strong>de</strong>r Außenwelt zu kommunizieren.<br />

Daher lernen Kulina Portugiesisch und haben<br />

ihrerseits ihre Sprache in Schriftform festgehalten.<br />

Die neu entstan<strong><strong>de</strong>n</strong>e Grammatik macht es nun auch<br />

Außenstehen<strong><strong>de</strong>n</strong> möglich, die Sprache <strong>de</strong>r Kulina zu<br />

erlernen. Sprache dient jedoch nicht nur <strong>de</strong>r Kommunikation,<br />

son<strong>de</strong>rn Sprache vermittelt auch Kultur und dient<br />

<strong>de</strong>r I<strong><strong>de</strong>n</strong>tifi kation. Im Folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> soll es darum gehen,<br />

darüber nachzu<strong><strong>de</strong>n</strong>ken, wie wir Sprache verwen<strong><strong>de</strong>n</strong> und<br />

was wir damit über unsere Kultur aussagen.<br />

Stellt euch vor, dass es die folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Worte und Formulierungen<br />

in unserer Sprache nicht geben wür<strong>de</strong>:<br />

Kind, Vater, Produkt, Regen, Geringgeachtete, Lehrer,<br />

Stuhl, ich <strong><strong>de</strong>n</strong>ke, sie sind fortgegangen, Kleidung, ein<br />

alter Mensch, Schüler, wie spät ist es?<br />

Eure Aufgabe ist es nun, Beschreibungen zu fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

die diese Begriffe ersetzen können. Die Beschreibungen<br />

sollen so gewählt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, dass sie von je<strong>de</strong>m verstan<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> können (also keine Eigennamen verwen<strong><strong>de</strong>n</strong>).<br />

Die Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> arbeiten in Gruppen von höchstens<br />

vier Personen. Die Beschreibungen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> pro Gruppe<br />

auf einem Arbeitsblatt festgehalten.<br />

Arbeitsblatt B4M2 entsprechend <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r<br />

Gruppen, Stifte<br />

Plenum (5 min)<br />

Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse im Plenum.<br />

Nun wird <strong>de</strong>r „Kleine Sprachführer <strong>de</strong>r Kulina“ an die<br />

Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> verteilt. Diese<br />

vergleichen ihre Beschreibungen mit <strong><strong>de</strong>n</strong>en <strong>de</strong>r Kulina.<br />

Impulsfragen:<br />

Wo gibt es Ähnlichkeiten zu unseren Beschreibungen?<br />

Wo unterschei<strong><strong>de</strong>n</strong> sich eure Beschreibungen von <strong><strong>de</strong>n</strong>en<br />

<strong>de</strong>r Kulina?<br />

Was sagen die Beschreibungen über das Denken und<br />

Leben <strong>de</strong>r Kulina aus?<br />

„Kleiner Sprachführer <strong>de</strong>r Kulina“ (B4M3) in entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Anzahl<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Ergebnissicherung (5 min)<br />

Die Ergebnissicherung erfolgt durch die Fragen:<br />

Was können wir von <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina lernen?<br />

Was muss je<strong>de</strong>r Mensch lernen?<br />

Die Antworten zu <strong>de</strong>r zweiten Frage wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong>de</strong>m<br />

Poster <strong>de</strong>r Ergebnissicherung aus <strong>de</strong>r Einheit B1 festgehalten.<br />

Flipchart, Boardmarker<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

Foto: Tiss<br />

113


4.6.4.1 Präsentation: Die Kulina B4M1<br />

Ein Tag im Leben <strong>de</strong>s Kulina Borai 84<br />

1 Die Kulina sind ein indigenes Volk im Amazonasgebiet<br />

in Brasilien. „Indigen“ heißt: Dieses Volk war<br />

schon vor <strong>de</strong>r Kolonisierung und Staatsgründung in<br />

diesem Gebiet.<br />

2 Die Kulina sind eine kleine Volksgruppe von etwa<br />

4000 Menschen. Trotz<strong>de</strong>m ist ihr Territorium ungefähr<br />

so groß wie Nie<strong>de</strong>rsachsen.<br />

3 Von Eirunepé aus – einem abgelegenen Ort im Südwesten<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sstaates Amazonas –<br />

4 erreicht man 25 <strong>de</strong>r Kulina-Dörfer mit <strong>de</strong>m Boot.<br />

Diese Fahrten dauern bis zu fünf Tage.<br />

5 Ungefähr 100 Menschen leben in einem Kulina-Dorf.<br />

Die Dorfgemeinschaft spielt eine wichtige Rolle.<br />

6 Das Gemeinschaftsleben ist die beson<strong>de</strong>re Stärke <strong>de</strong>r<br />

Kulina. Da<strong>für</strong> gibt es ein beson<strong>de</strong>res Wort: Manakô.<br />

Manakô meint ein endloses Geben und Nehmen, das<br />

sich im fortwähren<strong><strong>de</strong>n</strong> Hin und Her die Waage halten<br />

soll. Es beginnt bei <strong>de</strong>r Bereitschaft, alles zu teilen,<br />

was man besitzt. „Du bist geizig!“ ist <strong>für</strong> einen Kulina<br />

eine <strong>de</strong>r schlimmsten Beschimpfungen.<br />

7 Manakô meint auch gegenseitige Hilfe, Aufmerksamkeit,<br />

gemeinsames Lernen, die politische Organisation<br />

<strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft, aber auch Spiel und Spaß.<br />

Immer sollen möglichst alle aktiv mitmachen. Keiner<br />

soll passiv am Rand stehen.<br />

8 Der Theologe Frank Tiss hat 15 Jahre mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina<br />

gelebt und ihre Sprache studiert. Außer <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina<br />

verstehen vielleicht noch 25 an<strong>de</strong>re Menschen diese<br />

Sprache.<br />

9 Frank Tiss, seine Frau Christiane, die als Ärztin <strong>für</strong> die<br />

Kulina tätig war, und ihre drei Kin<strong>de</strong>r lebten mehrere<br />

Jahre in Eirunepé. Sie wollten gleichberechtigt mit<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina leben und arbeiten. So haben sie die Kulina<br />

dabei unterstützt, <strong>für</strong> ihre Rechte zu kämpfen.<br />

84 vgl. auch www.bayern-evangelisch.<strong>de</strong>/www/<br />

engagiert/haben-die-<strong>de</strong>utschen-bereits-alle-ihre-<br />

indianer-ausgerottet.php<br />

114 Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

10 Frank hat zum Beispiel da<strong>für</strong> gesorgt, dass ein<br />

Grammatikbuch <strong>de</strong>r Kulina-Sprache veröffentlicht<br />

wur<strong>de</strong>. Nun können alle Brasilianer die Sprache <strong>de</strong>r<br />

Kulina lernen. Gleichzeitig zeigt diese Grammatik<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina, wie schön und wie reich ihre Sprache ist.<br />

Das hilft ihnen, sich gegen das Vorurteil zu wehren,<br />

sie hätten eine „primitive“ Sprache.<br />

11 Der Kulina Borai ist ein Freund von Frank Tiss.<br />

Er nennt Frank „Ato“ – das heißt: älterer Bru<strong>de</strong>r.<br />

So sieht ein typischer Tag im Leben von<br />

Borai aus:<br />

12 Die Sonne geht langsam auf. Noch etwa eine halbe<br />

Stun<strong>de</strong> bis zum Aufstehen.<br />

13 Für das Frühstück hat Borais Frau Nomiha das Feuer<br />

in Gang gebracht. Es gibt – wie je<strong><strong>de</strong>n</strong> Tag – Maniok,<br />

eine Art Kartoffel.<br />

14 Dazu <strong><strong>de</strong>n</strong> letzten Fisch vom Vortag. Zwar hatte Borai<br />

gestern kein Glück beim Fischen, aber sein Cousin<br />

Mana hat viel gefangen. Also hat Borai etwas abbekommen,<br />

so wie alle im Dorf, die kein Glück beim<br />

Fischen hatten. Während <strong>de</strong>s Essens wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die<br />

Pläne <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Tag besprochen.<br />

15 Fischen und<br />

16 Jagen sorgen <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> täglichen Lebensunterhalt <strong>de</strong>r<br />

Kulina.<br />

17 Außer<strong>de</strong>m brennen sie gelegentlich in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s<br />

Dorfes<br />

18 ein paar Hektar Regenwald ab.<br />

19 Dort pflanzen sie hauptsächlich Maniok und<br />

Bananen.<br />

20 Nach ein paar Jahren nutzen sie die Fel<strong>de</strong>r nicht<br />

mehr. Und dann kann <strong>de</strong>r Regenwald wie<strong>de</strong>r nachwachsen.<br />

21 Nomiha will heute mit weiteren Frauen Maniok<br />

ernten.<br />

22 Sie wer<strong><strong>de</strong>n</strong> dann zentnerweise die Knollenfrüchte<br />

ins Dorf tragen. In drei Tagen soll ein Fest gefeiert<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

23 Da<strong>für</strong> stellen sie aus Maniok „Caiçuma“, eine Art<br />

Bier, her.


24 Die Kin<strong>de</strong>r entschei<strong><strong>de</strong>n</strong> selbst, ob sie sich <strong><strong>de</strong>n</strong> Frauen<br />

anschließen wollen o<strong>de</strong>r lieber im Dorf bleiben. Die<br />

Erwachsenen können unbesorgt sein,<br />

25 <strong><strong>de</strong>n</strong>n die älteren Kin<strong>de</strong>r schauen nach <strong><strong>de</strong>n</strong> jüngeren.<br />

26 Nur die Säuglinge und Kleinkin<strong>de</strong>r bleiben ständig<br />

im Tragetuch <strong>de</strong>r Mutter. Bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina achtet<br />

einer auf <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>ren.<br />

27 „Wir sind wie die Weißlippen-Wildschweine“, sagt<br />

Borai stolz. Diese schlauen und starken Tiere leben<br />

in großen Ru<strong>de</strong>ln und kommen bestens im Wald<br />

zurecht.<br />

28 Doch ein Tier allein wäre verloren, genauso wie ein<br />

einzelner Kulina.<br />

29 Borai und einige an<strong>de</strong>re Männer wollen Fische<br />

erbeuten. Dazu müssen sie ein Stück <strong><strong>de</strong>n</strong> Acuraua-<br />

Fluss, an <strong>de</strong>m die Dorfgemeinschaft ihre zwölf<br />

Häuser errichtet hat, hinauf fahren. An einem<br />

Altarm <strong>de</strong>s Flusses soll es viele Fische geben.<br />

30 Während sie in <strong><strong>de</strong>n</strong> Kanus sitzen, unterhalten sich<br />

Borai und die an<strong>de</strong>ren, wie viele Jahre es wohl noch<br />

dauern wird, bis das Dorf sich einen Motor <strong>für</strong> ein<br />

Kanu leisten kann. Der Verkauf von Reis und Mais<br />

bringt nur wenig Geld ein.<br />

31 Mit ihren Kanus brauchen sie jetzt drei Tage bis zur<br />

nächsten Stadt. Straßen gibt es nicht.<br />

32 Wenn jemand im Dorf schwer krank wird und ins<br />

Krankenhaus muss, ist das eine gefährlich lange<br />

Zeit. Zwar kennt <strong>de</strong>r Schamane im Dorf viele Heilpfl<br />

anzen. Aber Krankheiten wie Masern, Diphtherie<br />

und Windpocken kamen erst mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Weißen ins<br />

Land. Dagegen ist die traditionelle Kulina-Medizin<br />

machtlos.<br />

33 Als sie ihr Ziel erreicht haben, suchen die erfahrenen<br />

Kulina nach Wellen und Schatten, die nur das sehr<br />

geübte Auge erkennen kann. So fi n<strong><strong>de</strong>n</strong> wir die größeren<br />

Fische. Während einer das Kanu lenkt,<br />

34 wirft <strong>de</strong>r zweite von <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>s wackligen Bootes<br />

aus das schwere Rundnetz.<br />

35 Die Netze müssen zwischendurch immer mal wie<strong>de</strong>r<br />

repariert wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

36 An<strong>de</strong>re schießen ihre Pfeile auf scheinbar unsichtbare<br />

Ziele im Wasser. So geht es mehrere Stun<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

37 Man muss viel Geduld haben.<br />

38 Doch bald sind die Kanus voller Fisch.<br />

39 Dann machen sich die Kulina fröhlich auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Heimweg.<br />

Re<strong><strong>de</strong>n</strong> und Singen verstummen jedoch, als ein<br />

Holzfällerboot vorüber fährt. Die Besatzung schaut<br />

stur gera<strong>de</strong>aus, als gäbe es die Kulina gar nicht. Die<br />

Kulina sind ärgerlich. Sie kennen diese Ablehnung.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rte lang wur<strong><strong>de</strong>n</strong> sie von „Weißen“ wie<br />

Tiere behan<strong>de</strong>lt. Bis 1989 galten sie vor <strong>de</strong>m Gesetz<br />

als Unmündige.<br />

40 Und sie wissen, dass die Holzfi rmen auf <strong>de</strong>r Suche<br />

nach E<strong>de</strong>lholz auch in Indianergebiete eindringen,<br />

obwohl das verboten ist.<br />

41 Zurück im Dorf schlüpft Borai in seine beson<strong>de</strong>re<br />

Rolle: Er ist <strong>de</strong>r Dorfl ehrer. Früher gab es dieses Amt<br />

bei <strong><strong>de</strong>n</strong> Kulina nicht.<br />

42 Trotz<strong>de</strong>m bekamen die Kin<strong>de</strong>r eine Ausbildung.<br />

Kin<strong>de</strong>r lernen von ihren Eltern, älteren Geschwistern,<br />

Verwandten und an<strong>de</strong>ren Dorbewohnern, was in<br />

einem Kulinadorf wichtig ist. Kulinakin<strong>de</strong>r lernen<br />

durch das Dabeisein, was man zum Überleben im<br />

Regenwald braucht,<br />

43 wie Fischen,<br />

44 Jagen,<br />

45 Holzsammeln o<strong>de</strong>r<br />

46 Klettern,<br />

47 das Herstellen von Netzen und Seilen,<br />

48 wie man ein Boot steuert und<br />

sich im Gewirr <strong>de</strong>r Flussläufe orientiert.<br />

49 Zur Schule gehen die Kulina, um mit <strong><strong>de</strong>n</strong> „Nicht-<br />

Indianern“ weniger Probleme zu haben. Sie wollen<br />

rechnen, lesen und schreiben können, um beim<br />

Han<strong>de</strong>l nicht betrogen zu wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, um offi zielle<br />

Dokumente verstehen o<strong>de</strong>r Termine in <strong>de</strong>r Stadt mit<br />

einem Kalen<strong>de</strong>r absprechen zu können.<br />

50 Das neue Wissen soll das alte nicht verdrängen.<br />

Denn das Erfahrungswissen <strong>de</strong>r Kulina ist wichtig<br />

und wertvoll. Darum geht aller Unterricht erst vom<br />

traditio nellen Wissen <strong>de</strong>r Kulina aus. Ihre eigene<br />

Weisheit, ihre eigenen Wertigkeiten und Anschauungen<br />

sind die Grundlage.<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

115


51 Deswegen fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Unterricht auf Kulina statt.<br />

Auch das Lesen lernen die Dorfbewohner zunächst<br />

auf Kulina. Der Lehrer weiß nur am Anfang mehr<br />

als die Schüler.<br />

52 Eigentlich ist es seine Aufgabe, <strong>de</strong>r Gruppe zu<br />

helfen, sich selbst neue Kenntnisse zu erarbeiten.<br />

Es gibt auch keine Noten, Tests o<strong>de</strong>r so etwas. Auch<br />

keine Schulklassen. Mädchen und Jungen gehen<br />

zur Schule, wenn und solange sie wirklich wollen.<br />

Diese Einstellung ist <strong>für</strong> Nicht-Kulina wie Frank Tiss<br />

manchmal schwierig und anstrengend.<br />

53 Am Unterricht nimmt teil, wer kann und mag:<br />

54 Lesen und Schreiben <strong>de</strong>r Kulinasprache, anschließend<br />

die Grundrechenarten.<br />

55 Die Erwachsenen lernen außer<strong>de</strong>m Portugiesisch.<br />

56 Scherze lockern <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterricht auf.<br />

57 Gibt es Schwierigkeiten, dann diskutiert die Gruppe<br />

sofort darüber. Die Alten <strong>de</strong>s Dorfes setzen sich<br />

dazu, erzählen aus ihrem Leben und geben somit<br />

ihre Lebens erfahrung weiter. Lehrer geben zu, wenn<br />

sie etwas nicht wissen, dann springen an<strong>de</strong>re ein.<br />

Man richtet sich nicht nach <strong>de</strong>r Uhr, son<strong>de</strong>rn danach,<br />

wie viel Zeit eine Lerneinheit braucht. Die Kulina<br />

haben eben einen eigenen Lernstil.<br />

58 Nach <strong>de</strong>m Unterricht gibt es noch ein Fußballspiel.<br />

Meistens ist das offizielle Spielergebnis<br />

unentschie<strong><strong>de</strong>n</strong>, heute 6:6. So hat niemand verloren<br />

und keiner gewonnen. Das ist gut <strong>für</strong> alle.<br />

59 Dann wird gemeinsam im Fluss geba<strong>de</strong>t.<br />

60 Gegen Abend bil<strong><strong>de</strong>n</strong> sich Sitzkreise auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Fußbö<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>de</strong>r Häuser.<br />

61 Das Aben<strong>de</strong>ssen wird zubereitet.<br />

62 Um das gemeinsame Fest zu planen, ruft einer<br />

<strong>de</strong>r bei<strong><strong>de</strong>n</strong> Dorfvorsteher mit einem Blashorn aus<br />

Gürteltierhaut die Dorfgemeinschaft in seinem<br />

Hause zusammen.<br />

116 Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

63 Allmählich fin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich Vertreter aller Familien ein.<br />

Wer etwas zu sagen hat, darf re<strong><strong>de</strong>n</strong>, solange er<br />

möchte.<br />

64 Sich kurz zu halten, ist nicht erstrebenswert. Nur<br />

Unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s kann mit wenigen Worten erledigt<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

65 Eria spricht ein Problem an, das die Dorfgemeinschaft<br />

schon einige Jahre beschäftigt:<br />

66 Eindringlinge kommen immer wie<strong>de</strong>r über die Grenzen<br />

in das Kulinagebiet, um Holz zu stehlen.<br />

67 Gemeinsam entschei<strong>de</strong>t die Dorfgemeinschaft,<br />

die Grenzen wie<strong>de</strong>r frei zu schlagen.<br />

68 Die Kulina wissen, wie viel Arbeit damit auf sie<br />

zukommt.<br />

69 Erst 1989 wur<strong>de</strong> nach jahrelanger mühevoller Arbeit<br />

die 270 km lange Grenz-Schneise um ihr Gebiet<br />

herum fertig gestellt.<br />

70 Eigentlich ist die Regierung <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Schutz und<br />

das Markieren <strong>de</strong>r Grenzen von Indianergebieten<br />

zuständig.<br />

71 Weil aber jahrelang nichts geschah, hatten die<br />

Kulina die Grenzmarkierung selbst in die Hand<br />

genommen.<br />

72 Am En<strong>de</strong> dieses langen Tages spannen die Kulina<br />

schließlich ihre Hängematten auf. Und <strong>de</strong>r Tag<br />

en<strong>de</strong>t, wie er begann,<br />

73 mit leisen Gesprächen:<br />

„Ato, sind in Deutschland die Grenzen <strong>de</strong>r Indianergebiete<br />

schon alle geklärt?“ – „Es leben dort keine<br />

Indianer.“<br />

„Haben die Deutschen bereits alle ihre Indianer ausgerottet?“<br />

– „Nein, indianische Völker wie hier hat es<br />

dort nie geben.“<br />

Kurze Pause, dann: „Ato, nun kennst Du ja uns.“<br />

Frank Tiss,<br />

von 1994 bis 2009 Pfarrer im Indianergebiet Eirunepé<br />

Fotos: Behrend, ELM (Heine, Sass, Tiss)


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.4.2 Begriffsbeschreibungen B4M2<br />

Begriff Erklärung/Beschreibung<br />

Kind<br />

Vater<br />

Produkt<br />

Regen<br />

Geringgeachtete<br />

Lehrer<br />

Stuhl<br />

ich <strong><strong>de</strong>n</strong>ke<br />

sie sind fortgegangen<br />

Kleidung<br />

ein alter Mensch<br />

Schüler<br />

wie spät ist es?<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

117


4.6.4.3 Kleiner Sprachführer <strong>de</strong>r Kulina B4M3<br />

Begriff Übersetzung/Beschreibung<br />

Kind<br />

Vater<br />

118 Themeneinheit Bildung · Baustein B4<br />

Bedi: jeman<strong>de</strong>s Kind,<br />

wörtlich: die Minimalausführung von jeman<strong>de</strong>m<br />

Imei: jeman<strong>de</strong>s Vater,<br />

wörtlich: die männliche Maximalausführung von jeman<strong>de</strong>m<br />

Produkt Nawatow: etwas sichtbar Gemachtes<br />

Regen<br />

meme kha pasho,<br />

wörtlich: Wasser <strong>de</strong>s Himmels<br />

Geringgeachtete Zoto pei<strong><strong>de</strong>n</strong>i: die um das hintere En<strong>de</strong> Versammelten<br />

Lehrer Mamari<strong>de</strong>: jemand, <strong>de</strong>r helfend zupackt<br />

Stuhl<br />

ich <strong><strong>de</strong>n</strong>ke<br />

sie sind fortgegangen<br />

Kleidung<br />

ein alter Mensch<br />

Schüler<br />

wie spät ist es?<br />

Wiwithari,<br />

wörtlich: Ding zum Hinsetzen oberhalb <strong>de</strong>r Bo<strong><strong>de</strong>n</strong>höhe<br />

Obodi wati nani,<br />

wörtlich: mein Innerstes spricht<br />

Powa<strong><strong>de</strong>n</strong>i hawi tohahari,<br />

wörtlich: sie sind Weg gewor<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Etero,<br />

wörtlich: äußere Schale<br />

Madiha hadawi bote,<br />

wörtlich: ein Kulina in <strong>de</strong>r Endphase <strong>de</strong>r Reife<br />

tonawathabakhinihi,<br />

wörtlich: die einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren zum Lernen Gebrachten<br />

kowahi mahi?<br />

wörtlich: wo ist die Sonne


4.6.5 Baustein B5: Universale Werte<br />

Funktion: Diese Einheit stellt <strong><strong>de</strong>n</strong> Konfi rmandinnen<br />

und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> die Frage, ob es <strong>für</strong> alle Menschen<br />

universale Regeln und allgemeingültige ethische Maßstäbe<br />

gibt.<br />

Lernziele: Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erkennen, dass Regeln unabdingbar <strong>für</strong> menschliches<br />

Zusammenleben sind.<br />

setzen sich mit verschie<strong><strong>de</strong>n</strong>en Lebensmöglichkeiten<br />

und individuellen Prioritäten auseinan<strong>de</strong>r.<br />

erkennen, dass das Leben nur teilweise planbar ist.<br />

stellen allgemeingültige Regeln auf und diskutieren<br />

diese.<br />

bekommen die Zehn Gebote als Regeln <strong>für</strong> ein<br />

gelingen <strong>de</strong>s menschliches Zusammenleben<br />

angeboten und bewerten diese.<br />

lernen Regeln aus unterschiedlichen Kulturen<br />

(„ Ubuntu“, „Manako“ und „Gol<strong><strong>de</strong>n</strong>e Regel“) kennen,<br />

vergleichen diese miteinan<strong>de</strong>r und setzen sie in<br />

Beziehung zu ihrem eigenen Leben.<br />

Zeit: 90 Minuten<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Einstieg (5 min)<br />

Impulsfrage:<br />

Was brauchst du, um ein glückliches Leben zu leben?<br />

großer Stuhlkreis (in <strong>de</strong>r Mitte sollte genug Platz sein,<br />

um später das unten erläuterte Spiel durchzuführen)<br />

Spiel „Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten“ –<br />

Vorbereitung (10 min)<br />

Die beschrifteten Inseln wer<strong><strong>de</strong>n</strong> im Stuhlkreis kreisförmig<br />

ausgelegt. Alle Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

erhalten jeweils 5 rote Klebepunkte.<br />

Aufgabe:<br />

Verteilt eure Punkte auf die Inseln mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Begriffen,<br />

die ihr <strong>für</strong> euer Leben als beson<strong>de</strong>rs wichtig erachtet!<br />

Die zehn am häufi gsten gewählten Inseln stellen die<br />

Prioritäten <strong>de</strong>r Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> dar.<br />

Diese wer<strong><strong>de</strong>n</strong> um fünf weitere Inseln, die <strong>de</strong>r Gruppenleitung<br />

wichtig sind, ergänzt.<br />

Alle 15 Inseln wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Bereich <strong>de</strong>s Fußbo<strong><strong>de</strong>n</strong>s<br />

ausgelegt, <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten und somit<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Spielplan darstellt. (Zur Abgrenzung dieses Bereiches<br />

kann ein großes blaues Tuch dienen o<strong>de</strong>r auch ein großes<br />

durch z. B. Krei<strong>de</strong> gekennzeichnetes Feld.)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> stellen sich<br />

halbkreisförmig so auf eine Seite <strong>de</strong>s Ozeans <strong>de</strong>r Möglichkeiten,<br />

dass alle das Spielfeld einsehen können. Die<br />

Seite, auf <strong>de</strong>r die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

stehen, ist die Startseite, die gegenüberliegen<strong>de</strong> Seite<br />

das Ziel.<br />

Die Kopiervorlage Insel (B5M1) wird 33-mal kopiert<br />

und mit jeweils einem <strong>de</strong>r folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Begriffe beschriftet:<br />

Anerkennung, Erfolg, Schönheit, Freiheit, Familie, Freun<strong>de</strong>,<br />

Hobbys, Sport, „in“ zu sein, Ehe/Lebensgemeinschaft,<br />

Kin<strong>de</strong>r, Drogen/Alkohol, Geld, Essen, Bequemlichkeit,<br />

Handy, Internet, Altersvorsorge, Versicherungen, Luxus,<br />

Kultur, Musik, Natur, Gesundheit, Glauben, Frie<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

Liebe, Freizeit, Reisen, gute Arbeit, guter Schulabschluss,<br />

eigenes Auto, eigenes Haus; 5 rote Klebepunkte pro<br />

Person; optional: blaue Decke/Tuch o<strong>de</strong>r Krei<strong>de</strong><br />

Bitte umblättern. <br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

119


Spielphase (25 min)<br />

Aufgabe:<br />

Die ersten Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

beschreiten nacheinan<strong>de</strong>r (!) ihren Lebensweg über<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten. Sie steuern die zehn von<br />

fünfzehn Inseln an, die ihnen <strong>für</strong> ein glückliches Leben<br />

am wichtigsten erscheinen.<br />

Je<strong>de</strong> Insel, die betreten wird, wird von <strong>de</strong>r Gruppe durch<br />

lautes Mitlesen <strong>de</strong>s Begriffes nachvollzogen: z. B. „Erfolg!“<br />

– Bevor die nächste Insel angesteuert wird, kann<br />

das Spiel mit einem lauten „Stopp!“ unterbrochen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

um die Spielerin/<strong><strong>de</strong>n</strong> Spieler nach <strong>de</strong>m Motiv <strong>für</strong><br />

die Auswahl <strong>de</strong>r jeweiligen Insel zu befragen. (Beispiel:<br />

Nicole ruft: „Stopp! Warum hast du die Insel ‚Freun<strong>de</strong>‘<br />

angesteuert?“ – Marcel antwortet: „Meine Freun<strong>de</strong><br />

sind mir das Wichtigste im Leben.“) Eine Spielerin/ein<br />

Spieler darf pro Spielzug nicht öfter als dreimal unterbrochen<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Nach<strong>de</strong>m bis zu fünf Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

so <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten überquert haben,<br />

wird <strong>de</strong>r Schwierigkeitsgrad durch das Einfügen beson<strong>de</strong>rer<br />

Ereignisse erhöht. Hier<strong>für</strong> hält die Gruppenleitung<br />

die vorher gemischten Ereigniskarten ver<strong>de</strong>ckt in <strong>de</strong>r<br />

Hand. Die Nummer auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>r Ereigniskarten<br />

zeigt an, bei welcher Insel sie zum Einsatz kommen sollte.<br />

(Beispiel: Die Karte mit <strong>de</strong>r Nummer 6 kommt bei <strong>de</strong>r<br />

sechsten Insel, die <strong>de</strong>r Spieler/die Spielerin betritt, zum<br />

Zug, die Karte Nummer 2 bei <strong>de</strong>r zweiten etc.) Wenn<br />

beim Betreten einer Insel die Gruppenleitung eine Ereigniskarte<br />

zieht, muss diese sofort ausgeführt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Die Gruppenleitung hat je<strong>de</strong>rzeit das Recht zu intervenieren<br />

und Fragen zu stellen, um<br />

a Beweggrün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Spieler <strong>für</strong> Ihre Entscheidungen<br />

offen zu legen bzw. sie zum ernsthaften Be<strong><strong>de</strong>n</strong>ken<br />

ihrer Entscheidungen anzuregen und um<br />

b die Antworten auf die Unterbrechungsfragen <strong>de</strong>r<br />

Konfirmandinnen und Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong> weiter zu<br />

vertiefen.<br />

120 Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

Beispiel zu a: Kevin hat einen Kurs über <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean<br />

<strong>de</strong>r Möglich keiten eingeschlagen, <strong>de</strong>r bislang von<br />

„Freizeit“ über „Freun<strong>de</strong>“ über „‘In‘ zu sein“, „Internet“,<br />

„Bequemlichkeit“ und „Essen“ zu „Drogen und Alkohol“<br />

geführt hat. Die Gruppenleitung könnte hier wie folgt<br />

intervenieren: Schau dir mal <strong>de</strong>inen bisherigen Weg an.<br />

Du hast bereits sieben Inseln verbraucht, nur noch drei<br />

bleiben dir. Wenn du das auf <strong>de</strong>in Leben beziehst, wären<br />

also schon über zwei Drittel <strong>de</strong>ines Lebens verstrichen.<br />

Du wärst also etwa 60 Jahre. Wärst du mit 60 im Rückblick<br />

glücklich, wenn <strong>de</strong>in Leben so verlaufen wäre? –<br />

Überlege dir gut, welche Inseln du jetzt noch ansteuern<br />

möchtest, um am En<strong>de</strong> sagen zu können: Ich hatte ein<br />

gutes Leben!<br />

Beispiel zu b: Nicole ruft aus <strong>de</strong>r Gruppe heraus: „Stopp!<br />

Warum hast du die Insel ‚Freun<strong>de</strong>‘ angesteuert?“ –<br />

Marcel antwortet: „Meine Freun<strong>de</strong> sind mir das wichtigste<br />

im Leben.“ – Gruppenleitung fragt nach: „Was meinst<br />

du damit, wenn du sagst, dass <strong>de</strong>ine Freun<strong>de</strong> dir das<br />

wichtigste im Leben sind?“<br />

Das Spiel en<strong>de</strong>t, wenn alle <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten<br />

überquert haben und auf <strong>de</strong>m Zielufer stehen.<br />

Auswertung im Plenum (10 min)<br />

Impulsfragen:<br />

Wie hast du dich beim Überqueren <strong>de</strong>s Ozeans gefühlt?<br />

Hat dir eine Insel beson<strong>de</strong>rs gefallen?<br />

Hättest du dir eine Insel gewünscht, die im Spiel aber<br />

nicht vorkam? Welche Insel wäre das?<br />

Beim Durchqueren <strong>de</strong>s Ozeans <strong>de</strong>r Möglichkeiten<br />

musstest du eine Auswahl zwischen <strong><strong>de</strong>n</strong> Inseln treffen.<br />

– Nach welchen Kriterien hast du dich entschie<strong><strong>de</strong>n</strong>?<br />

Was haben die Ereigniskarten verän<strong>de</strong>rt?<br />

Was hilft dir, wenn du dich neu orientieren musst?


Transfer (5 min)<br />

Impuls:<br />

Im wirklichen Leben gibt es natürlich noch viel mehr<br />

Inseln, es ist noch viel bunter und spannen<strong>de</strong>r! Außer<strong>de</strong>m<br />

sind wir im echten Leben nicht allein unterwegs auf<br />

<strong>de</strong>m Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten und so liegt es nicht nur an<br />

uns, son<strong>de</strong>rn auch an <strong><strong>de</strong>n</strong> Entscheidungen an<strong>de</strong>rer, ob<br />

wir die Inseln, die wir ansteuern wollen, auch tatsächlich<br />

erreichen. – Ob ich z. B. Karriere mache hängt zwar in<br />

ganz beson<strong>de</strong>rer Weise von meinem fachlichen Können<br />

ab, aber halt nicht nur. Es ist auch wichtig, was meine<br />

Kollegen und vor allem meine Vorgesetzten von mir<br />

halten.<br />

An<strong>de</strong>rsherum beeinfl usst auch mein Leben und die<br />

Entscheidungen, die ich treffe, das Leben an<strong>de</strong>rer.<br />

Fachleute nennen diese gegenseitige o<strong>de</strong>r wechselseitige<br />

Abhängigkeit: Inter<strong>de</strong>pen<strong><strong>de</strong>n</strong>z! (Wort „Inter<strong>de</strong>pen<strong><strong>de</strong>n</strong>z“<br />

auf Flipchart o<strong>de</strong>r Tafel schreiben o<strong>de</strong>r nachsprechen<br />

lassen.)<br />

Wenn wir nun im echten Leben nicht allein auf <strong>de</strong>m<br />

Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten unterwegs sind, stellt sich hier<br />

eine neue Frage: Welche Regeln sollten gelten, damit<br />

nicht nur ich, son<strong>de</strong>rn auch an<strong>de</strong>re Menschen <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean<br />

<strong>de</strong>r Möglichkeiten glücklich überqueren können?<br />

Erarbeitung (5 min)<br />

Der Arbeitsbogen „Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen“<br />

(B5M3a) wird verteilt und Konfi rmandinnen und<br />

Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> füllen ihn in Einzelarbeit aus.<br />

Arbeitsbogen „Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen“<br />

(B5M3a) in entsprechen<strong>de</strong>r Anzahl<br />

Zwischenergebnissicherung im Plenum (5 min)<br />

Die Antworten <strong>de</strong>r Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

zu <strong><strong>de</strong>n</strong> „Ethischen Regeln <strong>für</strong> alle Menschen“ wer<strong><strong>de</strong>n</strong> im<br />

Gespräch gesammelt und von <strong>de</strong>r Gruppenleitung auf<br />

<strong>de</strong>m Arbeitsbogen B5M3b eingetragen. Es dürfen mehr<br />

als 10 Regeln festgehalten wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Frage:<br />

Welche Regel erscheint euch am wichtigsten? Warum?<br />

Arbeitsbogen „Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen“<br />

(B5M3b) auf DIN A3 o<strong>de</strong>r größer kopiert<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Transfer (5 min)<br />

Impuls:<br />

Alle Kulturen kennen allgemeingültige Regeln. Ich möchte<br />

euch drei Beispiele vorstellen:<br />

Auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> drei große<br />

Pappstreifen mit folgen<strong><strong>de</strong>n</strong> Inhalten gelegt und erklärt:<br />

MANAKO – Ein nie aufhören<strong>de</strong>s Geben und Nehmen.<br />

MANAKO ist ein Wort <strong>de</strong>r Kulina-Indianer, die im<br />

Amazonasregenwald in Brasilien leben. Privatbesitz<br />

kennen sie nicht – alles wird geteilt, weil alles allen<br />

gehört.<br />

UBUNTU – Nur durch dich fi n<strong>de</strong> ich zum Ich.<br />

UBUNTU ist ein afrikanischer Ausdruck, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich<br />

macht, dass das eigene Leben Bestandteil <strong>de</strong>s Lebens <strong>de</strong>r<br />

Gemeinschaft ist und erst durch diese einen Sinn erfährt.<br />

GOLDENE REGEL – Alles nun, was ihr wollt, dass euch<br />

die an<strong>de</strong>ren Leute tun, dass tut ihnen auch.<br />

Die GOLDENE REGEL kommt von Jesus (Mt. 7,12).<br />

3 Pappstreifen B5M4<br />

Kleingruppenarbeit (10 min)<br />

Die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

sich einer <strong>de</strong>r drei Regeln zuzuordnen. Je<strong>de</strong><br />

Neigungsgruppe erhält das entsprechen<strong>de</strong> Arbeitsblatt<br />

(B5M5a, B5M5b, B5M5c).<br />

Auftrag:<br />

Denkt euch eine kurze Geschichte aus, die die Regel auf<br />

eurem Arbeitsblatt veranschaulicht! Da<strong>für</strong> habt ihr fünf<br />

Minuten Zeit.<br />

Arbeitsblatt B5M5a – c, Stifte<br />

Präsentation im Plenum (5 min)<br />

Je<strong>de</strong> Neigungsgruppe liest ihre Kurzgeschichte vor.<br />

Ergebnissicherung (5 min)<br />

Die Ergebnissicherung erfolgt durch die Frage:<br />

Was muss je<strong>de</strong>r Mensch lernen?<br />

Die Antworten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> auf <strong>de</strong>m Poster <strong>de</strong>r Ergebnissicherung<br />

aus <strong>de</strong>r Einheit B1 festgehalten.<br />

Sollten die Konfi rmandinnen und Konfi rman<strong><strong>de</strong>n</strong> nicht<br />

von allein darauf kommen, fragt die Gruppenleitung, ob<br />

UBUNTU, MANAKO und die GOLDENE REGEL auch von<br />

allen Menschen gelernt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sollten.<br />

Flipchart, Boardmarker<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

121


4.6.5.1 Kopiervorlage: Insel im „Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten“ B5M1<br />

122 Themeneinheit Bildung · Baustein B5


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.5.2 Ereigniskarten „Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten“ B5M2<br />

Weitere Karten können nach Belieben ergänzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Das Leben hat Dich an einen neuen Ort<br />

geführt, wo Du nieman<strong><strong>de</strong>n</strong> kennst<br />

Steuere zunächst eine Insel an, die Dir hilft,<br />

neue Freundschaften zu knüpfen<br />

Börsen-Crash. Du hast all Dein Geld verloren.<br />

Alle Inseln, die mit Geld zu tun haben<br />

dürfen nicht mehr angelaufen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Du darfst aber eine neue Insel einsetzen,<br />

die ohne Geld zu kosten, trotz<strong>de</strong>m das<br />

Leben glücklich macht<br />

Deine Kirchengemein<strong>de</strong> bittet Dich<br />

um Mitarbeit auf Jugendfreizeiten.<br />

Nimmst Du diese Herausfor<strong>de</strong>rung an,<br />

darfst Du eine weitere Insel mit <strong>de</strong>m Titel<br />

„Ehrenamtliches Engagement“ in <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten einfügen.<br />

Seit langem möchtest Du in Deinem Beruf<br />

vorankommen – Karriere machen. Nun<br />

passiert es. Du wirst beför<strong>de</strong>rt und bekommst<br />

eine wichtige Stelle, allerdings im Ausland.<br />

Da Du Freun<strong>de</strong> und Familie dann nicht mehr<br />

in unmittelbarer Nähe hast, kannst Du diese<br />

zwei Inseln nicht mehr ansteuern, Du darfst<br />

aber eine an<strong>de</strong>re Insel einsetzen, die Dir in<br />

<strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> beson<strong>de</strong>rs helfen könnte.<br />

Du selber h Tod vor Augen<br />

ur noch kurze Zeit<br />

<strong>für</strong> eine Insel,<br />

darfst nur noch<br />

d von <strong>de</strong>r trittst<br />

fer hinüber )<br />

Du hattest vielleicht in Deinem Plan<br />

<strong>für</strong> Dein Leben keine Kin<strong>de</strong>r vorgesehen,<br />

n sind sie aber da. Ergänze <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean<br />

öglichkeiten um eine Insel,<br />

ichtig erscheint <strong>für</strong> ein<br />

mit Kin<strong>de</strong>rn.<br />

Du hast die Möglichkeit, an<strong>de</strong>ren in großer<br />

Not zu helfen, müsstest aber da<strong>für</strong> eine Insel<br />

aufgeben. Wenn Du helfen willst, benenne<br />

die Insel, die Du aufgibst. Natürlich hast<br />

Du dann eine Insel weniger <strong>für</strong> Deine Überquerung<br />

<strong>de</strong>s Ozeans <strong>de</strong>r Möglichkeiten. Hilfst<br />

Du o<strong>de</strong>r nicht? Was macht Dich glücklicher?<br />

Glück gehabt. Du hast in <strong>de</strong>r Lotterie<br />

gewonnen. Mit <strong>de</strong>m Geld kannst Du Dir<br />

einen weiteren Lebenswunsch erfüllen.<br />

Ergänze <strong><strong>de</strong>n</strong> Ozean <strong>de</strong>r Möglichkeiten<br />

um eine weitere Insel.<br />

Arbeitslosigkeit Kein Geld<br />

Keine Perspektive Du darfst alle Inseln,<br />

die mit Geld und Beruf zu tun haben,<br />

nicht mehr anlaufen, da<strong>für</strong> aber eine<br />

an<strong>de</strong>re Insel einsetzen, die Dir selbst bei<br />

Arbeitslosigkeit doch ein glückliches<br />

Leben verspricht<br />

Jemand, <strong>de</strong>r Dir wichtig ist,<br />

ist tödlich erkrankt. Welche Insel<br />

kann Dir Trost schenken?<br />

Steuere sie an.<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

123


4.6.5.3 Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen B5M3a<br />

Name:<br />

Kurz zur Erklärung:<br />

„Ethisch“ kommt von <strong>de</strong>m alten griechischen Wort „Ethos“, das so viel be<strong>de</strong>utet wie „Gewohnheit“, „Sitte“, „Brauch“,<br />

„Charakter“. – Wenn wir heute im Deutschen von „ethisch“ sprechen, meinen wir zumeist ein Verhalten, das als richtig<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st verantwortbar eingestuft wird. „Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen“ kann man daher auch mit „universale<br />

Werte“ übersetzen. Es sind also die Regeln, die <strong>für</strong> alle Menschen gelten sollten, unabhängig davon, wo sie leben,<br />

ob sie arm o<strong>de</strong>r reich sind o<strong>de</strong>r welchem Geschlecht sie angehören. „Universale Werte“ o<strong>de</strong>r „ethische Regeln <strong>für</strong> alle<br />

Menschen“ sind allgemein gültig und sorgen da<strong>für</strong>, dass Leben gelingen kann; dass nicht nur ich, son<strong>de</strong>rn möglichst<br />

alle Menschen ein gutes Leben führen können.<br />

Biblisch-historischer Hinweis:<br />

Das Volk Israel erhielt durch Mose vermittelt von Gott zehn Gebote am Berg Sinai. Diese Zehn Gebote sind solche<br />

ethischen Regeln, die uns Menschen ein gutes Leben miteinan<strong>de</strong>r ermöglichen wollen. Schlag sie doch mal in <strong>de</strong>r Bibel<br />

nach (2. Mose 20, 2–17) und schau, ob du einige dieser Regeln auch in <strong>de</strong>ine Liste eintragen möchtest.<br />

Aufgabe:<br />

Schreibe zehn ethische Regeln auf, die <strong>de</strong>iner Meinung nach <strong>für</strong> alle Menschen gelten sollten:<br />

124 Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

I.<br />

II.<br />

III.<br />

IV.<br />

V.<br />

VI.<br />

VII.<br />

VIII.<br />

IX.<br />

X.


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.5.3 Ethische Regeln <strong>für</strong> alle Menschen B5M3b<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

125


4.6.5.4 Ubuntu, Manako, Gol<strong><strong>de</strong>n</strong>e Regel B5M4<br />

126 Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

MANAKO<br />

Ein nie aufhören<strong>de</strong>s Geben und Nehmen.<br />

UBUNTU<br />

Nur durch dich fin<strong>de</strong> ich zum Ich.<br />

GOLDENE REGEL<br />

Alles nun, was ihr wollt, dass euch die an<strong>de</strong>ren<br />

Leute tun, das tut ihnen auch. (Mt. 7,12)


.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

4.6.5.5 Arbeitsblatt: Kurzgeschichten – Manako B5M5a<br />

Auftrag: Denkt euch eine kurze Geschichte aus,<br />

die die Regel auf eurem Arbeitsblatt veranschaulicht!<br />

Zeit: 5 Minuten<br />

Regel: MANAKO – Ein nie aufhören<strong>de</strong>s Geben und Nehmen<br />

MANAKO ist ein Wort <strong>de</strong>r Kulina-Indianer,<br />

die im Amazonasregenwald in Brasilien leben.<br />

Privatbesitz kennen sie nicht –<br />

alles wird geteilt, weil alles allen gehört.<br />

Unsere Kurzgeschichte:<br />

Foto: Tiss<br />

Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

127


4.6.5.5 Arbeitsblatt: Kurzgeschichten –<br />

Ubuntu, Gol<strong><strong>de</strong>n</strong>e Regel B5M5b, B5M5c<br />

Auftrag: Denkt euch eine kurze Geschichte aus,<br />

die die Regel auf eurem Arbeitsblatt veranschaulicht!<br />

Zeit: 5 Minuten<br />

Regel: UBUNTU – Nur durch dich fin<strong>de</strong> ich zum Ich.<br />

UBUNTU ist ein afrikanischer Ausdruck,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich macht, dass das eigene Leben<br />

Bestandteil <strong>de</strong>s Lebens <strong>de</strong>r Gemeinschaft ist<br />

und erst durch diese einen Sinn erfährt.<br />

Unsere Kurzgeschichte:<br />

Auftrag: Denkt euch eine kurze Geschichte aus,<br />

die die Regel auf eurem Arbeitsblatt veranschaulicht!<br />

Zeit: 5 Minuten<br />

Regel: GOLDENE REGEL –<br />

Alles nun, was ihr wollt,<br />

dass euch an<strong>de</strong>re Leute tun,<br />

das tut ihnen auch.<br />

Die GOLDENE REGEL kommt von Jesus (Mt. 7,12).<br />

Unsere Kurzgeschichte:<br />

128 Themeneinheit Bildung · Baustein B5<br />

Foto: Zach<br />

Foto: Brunotte


4.6.6 Angedacht<br />

Einen an<strong>de</strong>ren Grund kann niemand legen als<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong>, <strong>de</strong>r gelegt ist: Jesus Christus. (1. Kor. 3, 11)<br />

Weit über 90 % <strong>de</strong>r Menschen in <strong>de</strong>r Zentralafrikanischen<br />

Republik leben direkt von <strong><strong>de</strong>n</strong> Erzeugnissen ihres<br />

Ackers (Subsistenzwirtschaft). Diese Landwirtschaft<br />

fi n<strong>de</strong>t mit <strong><strong>de</strong>n</strong> einfachsten Mitteln statt: Die Maniokfel<strong>de</strong>r<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> mit <strong>de</strong>r Hacke und <strong>de</strong>r Machete gero<strong>de</strong>t<br />

und bearbeitet. Land ist reichlich vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong> und steht<br />

<strong>de</strong>m zur Verfügung, <strong>de</strong>r es bebaut o<strong>de</strong>r bewohnt. Es<br />

gibt keinen Großgrundbesitz. Je<strong>de</strong>r weiß, wie man ein<br />

Haus aus Lehm baut, welche Er<strong>de</strong> gute Ziegel gibt,<br />

welches Holz <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Dachstuhl taugt, welche Rin<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

zum Zusammenbin<strong><strong>de</strong>n</strong> und welches Gras zum Decken<br />

gut sind. Die Jagd vervollständigt von alters her <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

etwas einseitigen Speiseplan. – Von <strong>de</strong>r Jagd will ich<br />

eine Anekdote erzählen. Ein Evangelist war mit seinem<br />

Schrotgewehr schon im Dunkeln (also vor 5 Uhr) vom<br />

Jagdlager aufgebrochen. Als er und sein Begleiter an<br />

einem Tal vorbei kamen, aus <strong>de</strong>m heraus 40 Meter hohe<br />

Bäume bis über ihre Köpfe ragten, hörten sie Wasser davon<br />

herunter rieseln. Sie setzten sich unter die Bäume,<br />

warteten, bis es hell wur<strong>de</strong>, und schossen zwei schwere<br />

Paviane herunter: Deren Pinkeln hatten sie gehört.<br />

All diese Dinge lernen die Leute von ihren Eltern und<br />

Nachbarn. Das Problem ist nur: Bald wird auch in <strong>de</strong>r<br />

Zentralafrikanischen Republik die Kunst <strong>de</strong>s Pavianjagens<br />

nicht mehr gefragt sein. An<strong>de</strong>re afrikanische Län<strong>de</strong>r<br />

lassen ahnen, was dann kommt: Einfl ussreiche Leute<br />

wer<strong><strong>de</strong>n</strong> sich immer mehr Land unter <strong><strong>de</strong>n</strong> Nagel reißen,<br />

und viele kleine Leute wer<strong><strong>de</strong>n</strong> das Nachsehen haben.<br />

Vor allem die Anlage großer Viehfarmen wird viel Land<br />

kosten. Auch wer<strong><strong>de</strong>n</strong> aus an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn, in <strong><strong>de</strong>n</strong>en die<br />

(Fehl-?) Entwicklung schon weiter fortgeschritten ist, immer<br />

mehr Leute in dieses Land drängen. Medien wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

die Bevölkerung manipulieren. Junge Leute wer<strong><strong>de</strong>n</strong> die<br />

Dörfer verlassen, weil sie in <strong><strong>de</strong>n</strong> Städten Arbeit suchen,<br />

aber sie wer<strong><strong>de</strong>n</strong> keine fi n<strong><strong>de</strong>n</strong>. Im Dorf gibt es genug zu<br />

essen, aber sie schämen sich zurückzukehren, um nicht<br />

als Versager dazustehen.<br />

Bald wird es <strong><strong>de</strong>n</strong> Leuten nichts mehr nützen, dass sie<br />

wissen, wie man Paviane jagt. Viel wichtiger wird es<br />

sein, sich mit grundlegen<strong><strong>de</strong>n</strong> Fragen <strong>de</strong>s Rechts zu beschäftigen,<br />

damit man bei <strong>de</strong>r Landverteilung nicht leer<br />

ausgeht. Der Umgang mit Geld muss gelernt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />

ob man die Einführung <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s in allen Bereichen<br />

nun gut fi n<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r nicht. Manipulationen <strong>de</strong>r Medien<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

und <strong>de</strong>r Parteien entlarvt man durch Bildung, und <strong>de</strong>r<br />

überbor<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> und oft korrupten Bürokratie kann man<br />

nur durch die Berufung auf Grundrechte begegnen.<br />

Grundrechte? Wenn es ein Grundrecht gibt, dann<br />

dieses, dass man als Mensch etwas zählt. Dass ich nicht<br />

begrün<strong><strong>de</strong>n</strong> muss, warum ich als Mensch behan<strong>de</strong>lt wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

will. Dass ich auch dann noch ein Mensch bin, wenn<br />

ich Neues lerne und mich an<strong>de</strong>rs verhalte als meine<br />

Vorfahren; dass ich aber auch dann noch ein Mensch<br />

bin, wenn ich nicht so fi t bin wie alle an<strong>de</strong>ren und noch<br />

vieles lernen muss. Umbrüche und Verän<strong>de</strong>rungen<br />

bringen mein Leben durcheinan<strong>de</strong>r, aber mein Wert als<br />

Mensch steht nie in Frage. Diesen Wert spricht Jesus<br />

allen Menschen zu, und <strong>de</strong>shalb stehe ich auf festem<br />

Grund. Ich bin Mensch mit <strong>de</strong>m, was ich gelernt habe,<br />

und ich bleibe Mensch, wenn ich alte Wege verlasse und<br />

Neues ausprobiere. Bildung verän<strong>de</strong>rt mich, aber <strong>de</strong>r<br />

Grund, auf <strong>de</strong>m ich stehe, bleibt immer <strong>de</strong>rselbe. Das<br />

glaube ich Jesus.<br />

Gebet: Neues Leben einhauchen<br />

Möge Gott, unser Schöpfer,<br />

uns neues Leben einhauchen<br />

und einen neuen Lebenssinn geben.<br />

Möge <strong>de</strong>r Geist Gottes uns einhauchen<br />

einen neuen Geist<br />

und neues Denken.<br />

Möge die Weisheit Gottes uns einhauchen<br />

neue Hoffnung<br />

und ein neues Wahrnehmen.<br />

Und mögen allle,<br />

die das Wort Gottes hören,<br />

gesegnet sein allezeit.<br />

aus <strong><strong>de</strong>n</strong> USA 85<br />

Liedvorschlag<br />

„Vergiss es nie, dass du lebst“, Paul Dwight Janz /<br />

Jürgen Werth (My Life Is In Your Hands Nr. 42)<br />

Helmut Grimmsmann,<br />

Leiter <strong>de</strong>r Abteilung Ausland im ELM<br />

85 Wo Freiheit ist und Lachen, Gebete und Texte aus <strong>de</strong>r<br />

Ökumene 4, Missionshilfeverl. Hamburg 1999, S. 144.<br />

Themeneinheit Bildung · Angedacht 129


5 Medien, <strong>Material</strong>hinweise, Links<br />

5.1 Mission<br />

Landgraf, Michael, Eine Welt – Unterwegs zu mehr<br />

Gerechtigkeit, RELI BAUSTEINE 5, Einführung –<br />

<strong>Material</strong>ien – Kreativi<strong>de</strong>en, Calwer –EPV – RPE,<br />

Speyer und Stuttgart 2008, Preis: 22.95 EUR<br />

www.relibausteine.<strong>de</strong><br />

5.2 Grundbedürfnisse<br />

Grundbedürfnisse, Unterrichtsmaterial <strong>für</strong> die Sek. II,<br />

Brot <strong>für</strong> die Welt, Stuttgart, Global lernen 3/2002,<br />

12 S.<br />

Basic Needs – Eine faire Chance <strong>für</strong> alle, Multimediale<br />

Zugänge zum Thema Basic Needs, Definitionen und<br />

Hintergrundinformationen, Diakonisches Werk <strong>de</strong>r<br />

EKD (Hg.), Stuttgart 2003.<br />

5.3 Armut<br />

Armut als globale Herausfor<strong>de</strong>rung, Unterrichtsmaterial<br />

<strong>für</strong> die Sek. II,, Kin<strong>de</strong>rnothilfe Duisburg 2006,<br />

32 S.<br />

Beyer; Henneberger, Emrich, Felix; Steinmeyer, Michael<br />

(Hgg.), Teufelskreis Armut, Armut als Thema in <strong>de</strong>r<br />

Kionfirman<strong><strong>de</strong>n</strong>arbeit, Texte und <strong>Material</strong>ien <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Konfirman<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>unterricht</strong>, RPI Loccum 2008, 146 S.<br />

Was heißt hier arm – Anregungen zur entwicklungspolitischen<br />

Bildungsarbeit <strong>de</strong>s DED, Bonn 2004, 92 S.<br />

Reiches Land – arme Kin<strong>de</strong>r, Armut und soziale<br />

Ausgrenzung in Deutschland, Dreyer, Manfred (Hg.),<br />

Unterrichtseinheit im Rahmen <strong>de</strong>r Jugendrotkreuzkampagne<br />

„Armut – schau nicht weg“, Aachen 2004.<br />

Vi<strong>de</strong>o „Leben in einer Favela. Die Kin<strong>de</strong>r von Rocinha“<br />

21 min, 1998 (Der Film gibt Einblick in die Lebenssituation<br />

13–14 Jahre alter Kin<strong>de</strong>r in Rocinha, <strong>de</strong>r<br />

größte Favela Rio <strong>de</strong> Janeiros.)<br />

130 Medien · <strong>Material</strong>hinweise · Links<br />

5.4 Kin<strong>de</strong>rarbeit<br />

Jäger, Uli , Balljungs – Woher kommen unsere Fußbälle?,<br />

EZEF Arbeitshilfe Nr. 154, www.gep.<strong>de</strong>/ezef/<br />

in<strong>de</strong>x_198.htm . Beim Evangelischen Zentrum <strong>für</strong> entwicklungsbezogene<br />

Filmarbeit (EZEF) gibt es weitere<br />

zahlreiche didaktische und methodische Hinweise zum<br />

Einsatz <strong>de</strong>s Filmes sowie zahlreiche weiterführen<strong>de</strong><br />

Medientipps und Arbeitshilfen. Einen guten <strong>Material</strong>pool<br />

bietet auch Fachstelle <strong>de</strong>r Stiftung Bildung und<br />

Entwicklung: Filme <strong>für</strong> Eine Welt Katalog Arbeitshilfen<br />

www.filmeeinewelt.ch in Bern.<br />

www.dka.at/bildungsarbeit/kin<strong>de</strong>rarbeitin<strong>de</strong>x.htm<br />

Gute Informationen viele kreative Projekti<strong>de</strong>en auf<br />

<strong>de</strong>r Seite. Out of the dark, Projekttage <strong>für</strong><br />

13 – 15-jährige zum Thema Kin<strong>de</strong>rarbeit.<br />

www.tdh.<strong>de</strong>/content/themen/schwerpunkte/kin<strong>de</strong>rarbeit/<br />

Das Papiertütenspiel, terres <strong>de</strong>s hommes (Hg.),<br />

Unterrichtsbogen, 8 S., Osnabrück 2006.<br />

<strong>Material</strong>mappe Globales Lernen, Theorie, Didaktik,<br />

Metho<strong><strong>de</strong>n</strong> (BAOBAB, bm:bwk) 2006 , 10 –14 Jahre.<br />

Neben einer theoretischen Einführung zu Globalisierung,<br />

Bildung und Didaktik bietet diese Mappe<br />

Anregungen, wie GLOBALES LERNEN im schulischen<br />

Alltag konkret umgesetzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann. Dabei wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

beispielhaft die Themen Arbeit, Armut, Ernährung<br />

und Gewalt und Konfliktlösung aufgegriffen und<br />

methodische Impulse <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterricht in <strong>de</strong>r<br />

Mittelstufe vorgestellt. Zu je<strong>de</strong>m Thema gibt es auch<br />

Hinweise auf weiterführen<strong>de</strong> Literatur, <strong>Material</strong>ien<br />

<strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Unterricht und Links. Im Anhang fin<strong><strong>de</strong>n</strong> sich<br />

Adressen und Informationen zu Organisationen rund<br />

um das Globale Lernen. Preis: 14,00 EUR<br />

www.baobab.at


5.5 Arbeitsverfahren und Metho<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Metho<strong><strong>de</strong>n</strong>kiste, Bun<strong>de</strong>szentrale <strong>für</strong> politische Bildung<br />

(Hg.), Scholz, Lothar und Möckel, Iris, Bonn 2004.<br />

Internet: www.bpb.<strong>de</strong><br />

5.6 Lie<strong>de</strong>rbücher<br />

Evangelisches Gesangbuch<br />

My Life Is In Your Hands, Songs und Lie<strong>de</strong>r <strong>für</strong> Gottesdienste<br />

und Andachten, Strube-Verlag München<br />

2005, 159 S.<br />

LebensWeisen, Beiheft 05 zum Evangelischen<br />

Gesangbuch (Ausgabe Nie<strong>de</strong>rsachsen-Bremen)<br />

Herausgegeben zum Ev. Kirchentag 2005<br />

Lutherisches Verlagshaus, 2005, 100 S.<br />

Thuma Mina, Internationales Ökumenisches Lie<strong>de</strong>rbuch,<br />

Evangelisches Missionswerk in Deutschland und<br />

Baseler Mission (Hg.) Strube-Verlag München 1995,<br />

432 S.<br />

Autorenteam<br />

Lars De<strong>de</strong>kind, Jg. 1968, Pastor, Regionalbeauftragter<br />

<strong>de</strong>s Ev.-luth. Missionswerks in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM)<br />

in <strong>de</strong>r Ev.-luth. Lan<strong>de</strong>skirche Braunschweigs<br />

Erich Fiebig, Jg. 1958, Gymnasiallehrer <strong>für</strong> ev.<br />

Religion und Geschichte, Referent <strong>für</strong> Veranstaltungen<br />

und gemein<strong>de</strong>bezogene <strong>Material</strong>ien im Ev.-luth.<br />

Missionswerk in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM)<br />

Ingrid Höse, Jg. 1978, Jugendreferentin, Referentin<br />

im Ev.-luth. Missionswerk in Nie<strong>de</strong>rsachsen (ELM)<br />

in <strong>de</strong>r Werkstatt: Ökumenisches Lernen in Hermannsburg<br />

Niels von Türk, Jg. 1973, Diakon, Referent <strong>für</strong> Jugendliche<br />

im Ev.-luth. Missionswerk in Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />

(ELM) und in <strong>de</strong>r Werkstatt: Ökumenisches Lernen in<br />

Hermannsburg<br />

.<strong>de</strong><br />

um Gottes willen – <strong>de</strong>r Welt zuliebe<br />

Der beson<strong>de</strong>re Dank <strong>de</strong>s Autorenteams geht an Kathrin<br />

Frost <strong>für</strong> ihre Vorab-Recherche, an Dr. Mirjam Laaser,<br />

Frank Tiss, Sunnive und John Förster, Thomas Graf Grote,<br />

Hermann Kruse, Lisa Kranz, Christa von Oertzen,<br />

Stefan Ritter <strong>für</strong> alle Zuarbeit, an Nicole Beck <strong>für</strong> ihre<br />

Übersetzung sowie an Direktorin Martina Helmer-Pham<br />

Xuan, Dr. Georg Gremels und Richard Hölck, Christoph<br />

Schnei<strong>de</strong>r-Yattara, Kurt Herrera, Morwaeng Motswasele<br />

und Helmut Grimmsmann <strong>für</strong> das „Angedachte“.<br />

Ferner danken wir ausdrücklich <strong>de</strong>r Keystone Foundation<br />

<strong>für</strong> die Nutzungsrechte <strong>de</strong>r Dokumentation „Honeyhunters“,<br />

ebenso <strong>de</strong>m Evangelischen Zentrum <strong>für</strong> entwicklungsbezogene<br />

Filmarbeit (EZEF) <strong>für</strong> die Erlaubnis<br />

im Rahmen dieses KU-<strong>Material</strong>s <strong><strong>de</strong>n</strong> Film "Balljungs"<br />

nutzen zu dürfen, und <strong>de</strong>m Filmemacher<br />

Johannes Jancke <strong>für</strong> die Produktion <strong>de</strong>s <strong>mission</strong>.<strong>de</strong>-Clips.<br />

Wir bitten unseren Gott, dass Er Seinen Segen zu diesem<br />

<strong>Material</strong> gibt. Um Gottes willen <strong>de</strong>r Welt zuliebe! Amen.<br />

Medien · <strong>Material</strong>hinweise · Links<br />

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