Ich will haben, was ich verdiene!« - DIE LINKE. Wiesbaden
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FRAUEN. LEBEN. LINKS!<br />
Juli 2012<br />
02<br />
»<strong>Ich</strong> <strong>will</strong> <strong>haben</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>verdiene</strong>!<strong>«</strong><br />
Teilzeit, Minijob, Scheinselbständigkeit:<br />
die prekarisierte Frau. Unser Thema!<br />
Künstlerinnen: Was macht die Kunst? Wie leben sie? S. 8<br />
Fotos: Nikki Später
2·2012<br />
Inhalt<br />
Alles drin? Alles toll? lotta@linksfraktion.de<br />
3<br />
13<br />
Editorial:<br />
Lotta<br />
Weibl<strong>ich</strong>, gut ausgebildet<br />
und trotzdem mies bezahlt<br />
von Yvonne Ploetz<br />
Im Gespräch<br />
Neu im Amt:<br />
Katja Kipping über<br />
Privates und Politik.<br />
14<br />
Queere Seiten<br />
Alles hat<br />
19<br />
seinen Preis!<br />
Jobben in der »Szene<strong>«</strong><br />
18<br />
Vorgestellt<br />
Esther Bejarano<br />
Überlebende des Mädchenorchesters<br />
von Auschwitz<br />
2<br />
4-12<br />
Titelthema<br />
Prekariat,<br />
Armut,<br />
Existenzangst<br />
... kaum eine Berufsgruppe bleibt davon<br />
verschont. Alltagserfahrungen von der<br />
Schlecker-Verkäuferin bis zur Schauspielerin.<br />
Foto: fotolia<br />
Dies & Das<br />
Tipps im Telegrammstil<br />
Denkmal für eine Lesbe,<br />
Zu früh geschieden, Briefe an Lotta<br />
02
EDITORIAL<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wir leben in uns<strong>ich</strong>eren Zeiten. Wo auf der einen Seite der<br />
Club der Millionäre immer größer wird, werden auf der anderen<br />
Seite immer mehr Menschen an den Rand der Gesellschaft<br />
gedrängt. Prekarität, Armut und Existenzangst tragen<br />
vor allem ein weibl<strong>ich</strong>es Ges<strong>ich</strong>t. Frauen sind es, die bei<br />
Schlecker entlassen wurden, viel zu viele Frauen arbeiten zu<br />
niedrigen Löhnen und in Minijobs. Immer wieder unterbrechen<br />
sie ihr Arbeitsleben wegen Arbeitslosigkeit oder Erziehungs-<br />
und Pflegezeiten. Das bringt im Moment n<strong>ich</strong>t nur<br />
weniger Geld ins Portemonnaie, sondern bedeutet im Alter<br />
fast immer weniger Rente, n<strong>ich</strong>t selten sogar Armut.<br />
Prekarität zieht Uns<strong>ich</strong>erheit nach s<strong>ich</strong>. Uns<strong>ich</strong>erheit<br />
darüber, <strong>was</strong> nach dem Job kommt, ob das Geld für<br />
den Monat re<strong>ich</strong>t oder <strong>was</strong> die Anderen denken,<br />
wenn man n<strong>ich</strong>t dauerhaft in Lohn und Brot ist. Aus Arbeitslosigkeit<br />
und niedrigen Löhne erwachsen somit unzählige<br />
Probleme, die s<strong>ich</strong> im Alltag niederschlagen, in der Partnerschaft<br />
und immer häufiger zu psychischen Erkrankungen<br />
führen. In Deutschland zeigen s<strong>ich</strong> die Folgen der Wirtschaftskrise<br />
anders als in Griechenland oder Spanien: Bei<br />
uns macht s<strong>ich</strong> eine zunehmende Prekarisierung der Lebensund<br />
Arbeitswelt bemerkbar. Und die hat viele Ges<strong>ich</strong>ter –<br />
Stress im Arbeitsalltag, das Gefühl, in immer kürzerer Zeit<br />
immer mehr schaffen zu müssen, Angst vor dem Verlust des<br />
Jobs, und sei er noch so schlecht bezahlt, Angst vor Hartz-<br />
02<br />
IV-Sanktionen oder davor als Erwerbslose auf dem Amt n<strong>ich</strong>t<br />
als Bürgerin, sondern als Bittstellerin wahrgenommen zu<br />
werden.<br />
Diese Ausgabe der Lotta erzählt davon, dass kaum<br />
eine Berufsgruppe von Niedriglöhnen, Teilzeitarbeit,<br />
befristeten Anstellungen oder dauerhaften Minijobs<br />
verschont bleibt. Es betrifft die Studentin ebenso wie die<br />
Kindergärtnerin und die Schauspielerin bis hin zu Frauen,<br />
die längst im Pensionsalter sind. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>will</strong> Mut machen,<br />
s<strong>ich</strong> dagegen zu wehren. Darum schaut unser feministisches<br />
Magazin Lotta hinter die Kulissen. Wir wollen mit dieser Ausgabe<br />
Nummer 2 die alltägl<strong>ich</strong>en Ungerechtigkeiten s<strong>ich</strong>tbar<br />
machen. Denn Armut und Ausgrenzung dürfen in unserer<br />
Gesellschaft n<strong>ich</strong>t als normal und selbstverständl<strong>ich</strong> hingenommen<br />
werden. Das wünsche <strong>ich</strong> mir und dafür kämpfe<br />
<strong>ich</strong> – am liebsten mit Ihnen gemeinsam.<br />
Ihre Yvonne Ploetz<br />
Yvonne Ploetz ist frauenpolitische Sprecherin<br />
der Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
Foto: Nikki Später<br />
3<br />
02
TITELTHEMA: FRAUEN. PREKÄR. ALTERSARM.<br />
Draußen vor der Schlecker-Tür<br />
Lotta: Die Schlecker-Frauen hofften schon bei der<br />
ersten Entlassungswelle auf eine Transfergesellschaft.<br />
Sie <strong>haben</strong> dafür im Bundestag gekämpft. Welchen<br />
Vorteil hätte sie gehabt?<br />
Sabine Zimmermann: Den Beschäftigten wäre ein Jahr<br />
lang eine Entlohnung in Höhe von 80 Prozent des letzten<br />
Gehalts gezahlt worden, dazu Umschulungsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
und die nötige Zeit, s<strong>ich</strong> berufl<strong>ich</strong> umzuorientieren.<br />
Für letzteres sei die Bundesagentur für Arbeit zuständig,<br />
meinte die FDP und lehnte die Transfer -<br />
gesellschaft ab.<br />
Diese Argumentation ignorierte die realen Fakten. In den<br />
Einzelhandelsberufen kommen auf 27 000 offene Stellen<br />
knapp 300 000 Arbeitssuchende. Und die Arbeitsagenturen<br />
beschränken ihre ständig weniger werdenden Mittel oft<br />
nur noch auf 6-Wochen-Lehrgänge. Das hat n<strong>ich</strong>ts mit einer<br />
wirkl<strong>ich</strong>en Umschulung zu tun.<br />
Im Juni gab es nun den kompletten Ausverkauf.<br />
Damit stehen insgesamt etwa 25 000 Beschäftigte,<br />
vor allem Frauen, vor der Schlecker-Tür. Sie <strong>haben</strong><br />
ihren Job verloren, <strong>was</strong> noch?<br />
Meist wurde der Lohn vor der Pleite n<strong>ich</strong>t vollständig oder<br />
gar n<strong>ich</strong>t ausgezahlt. Die Verkäuferinnen finden s<strong>ich</strong> dann<br />
auf einer langen Liste von Gläubigern wieder. Mit wenig<br />
Auss<strong>ich</strong>t auf Erfolg, die ausstehenden Abfindungen und<br />
Foto: ullstein bild<br />
Löhne auch wirkl<strong>ich</strong> zu bekommen. Dazu wurden die vereinbarten<br />
Altersteilzeitregelungen hinfällig. Das heißt, ältere<br />
Beschäftigte werden kurz vor dem Renteneintritt in die<br />
Arbeitslosigkeit geschickt.<br />
Welche Hilfen fordern Sie jetzt von den politisch<br />
Verantwortl<strong>ich</strong>en für die entlassenen Frauen?<br />
Unbedingt die Gründung eines Sozialfonds und endl<strong>ich</strong><br />
einer Transfergesellschaft. Das ist das Mindeste, womit die<br />
Regierung jetzt helfen muss. Der Bund trägt in diesem Fall<br />
eine besondere Verantwortung, schließl<strong>ich</strong> <strong>haben</strong> die viel<br />
zu laschen gesetzl<strong>ich</strong>en Auflagen für die Unternehmensführung<br />
das Schlecker-Desaster mit verursacht. Die Ankündigung<br />
der Bundesarbeitsministerin von der Leyen, den<br />
Schlecker-Verkäuferinnen Umschulungen anzubieten, verträgt<br />
s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mit dem Sparkurs der Bundesregierung in<br />
der Arbeitsmarktpolitik. Berufl<strong>ich</strong>e Weiterbildungsmaßnahmen<br />
sind um ein Drittel zusammengestr<strong>ich</strong>en worden.<br />
Rausschmiss in Raten<br />
Sabine Zimmermann,<br />
arbeitsmarktpolitische<br />
Sprecherin der Fraktion<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
23. Januar 2012: Schlecker meldet Insolvenz an. Die familiengeführte<br />
Drogeriemarkt-Kette hatte jahrelang Millionen-Verluste gemacht.<br />
29. Februar 2012: Ankündigung, die Hälfte der rund 25 000 Beschäftigten<br />
muss gehen. 11 000 Beschäftigte sind von dieser ersten Kündigungswelle<br />
betroffen.<br />
24. März 2012: Rund 2 200 Schlecker-Filialen schließen.<br />
Ende März 2012: Die Hoffnung auf eine Transfergesellschaft erfüllt s<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t. Das Vor<strong>haben</strong> scheitert vor allem am Widerstand der FDP.<br />
1. Juni 2012: Die Suche nach einem Investor bleibt erfolglos. Die größten<br />
Schlecker-Gläubiger stimmen für die Abwicklung des Unternehmens.<br />
02<br />
27. Juni 2012: Die verbliebenen 2 800 Schlecker-Filialen schließen endgültig.<br />
Zum Monatsende sind noch einmal 13 000 Verkäuferinnen gekündigt.
Wunsch oder Wirkl<strong>ich</strong>keit? Foto:<br />
Oder warum eine gute Universitätsausbildung noch keine<br />
Garantie für einen guten Arbeitsplatz ist. Eine Studentin erzählt.<br />
Kind, du musst gut in der Schule aufpassen, deine<br />
Hausaufgaben machen und lernen. Mit diesem Satz<br />
lagen mir meine Eltern schon früh in den Ohren. <strong>Ich</strong><br />
sollte es einmal besser <strong>haben</strong>, ein guter Job und Bildung sei<br />
die beste Voraussetzung dafür, glaubten sie. <strong>Ich</strong> auch. Dass<br />
eine akademische Ausbildung allerdings keineswegs eine Garantie<br />
ist, um einem Prekarisierungsschicksal zu entgehen,<br />
weiß <strong>ich</strong> inzwischen. Es beginnt damit, dass <strong>ich</strong> mit 25 Jahren<br />
immer noch zu Hause bei Muttern wohne. Die Unterhaltungskosten<br />
für eine eigene Wohnung könnte <strong>ich</strong> alleine gar n<strong>ich</strong>t<br />
tragen. Selbst beim besten Miteinanderumgehen schafft das<br />
Abhängigkeiten und bietet wenig Raum für persönl<strong>ich</strong>e Entwicklungsmögl<strong>ich</strong>keiten.<br />
Gle<strong>ich</strong>zeitig gibt es aber auch kaum<br />
bezahlbaren Wohnraum für Studenten. Im Saarland, wo <strong>ich</strong><br />
studiere, ist die Situation katastrophal: viel zu wenige finanziell<br />
leistbare Studentenunterkünfte. Zur Wohnungssuche kommt<br />
dann noch das ständige Suchen nach einem Nebenjob. Einen<br />
einträgl<strong>ich</strong>en Nebenjob zu <strong>haben</strong>, wird oft zum Privileg, bei<br />
dem die qualitativen Arbeitsansprüche und die Frage der Vereinbarkeit<br />
mit Studien- und Lernzeiten schnell in den Hintergrund<br />
treten.<br />
<strong>Ich</strong> hatte großes Glück, hatte einen dauerhaften Nebenjob,<br />
habe aber auch viele Veranstaltungen sausen lassen,<br />
um fürs blanke Geld arbeiten gehen zu können.<br />
Das Versäumte musste <strong>ich</strong> irgendwie im Selbststudium<br />
nacharbeiten. Eine weitere Hürde im<br />
Studium sind die Praktika. Was als Sammeln<br />
von Berufserfahrung gedacht ist, stellt s<strong>ich</strong><br />
für uns oft als Belastung dar. Denn ständig<br />
fragt man s<strong>ich</strong>: Wo wohne <strong>ich</strong> in dieser Zeit,<br />
wovon lebe <strong>ich</strong> während des Praktikums?<br />
Da spielen die speziellen Erfahrungen für<br />
den späteren Beruf fast eine Nebenrolle.<br />
Der Existenzdruck ist einfach zu hoch.<br />
Den Lehrbeauftragten geht es n<strong>ich</strong>t bes-<br />
02<br />
ser: Viele sind gezwungen, Lehraufträge an verschiedenen Universitäten<br />
anzunehmen, um ihren Lebensunterhalt zu s<strong>ich</strong>ern.<br />
Für ein Honorar von 500 Euro im Monat leiten sie Seminare,<br />
machen die Vor- und Nachbereitungen, geben Sprechstunden,<br />
korrigieren Arbeiten und übernehmen oftmals Prüfungsleistungen<br />
und Betreuungsaufgaben. Eine hochanspruchsvolle<br />
Aufgabe, die unglaubl<strong>ich</strong> schlecht bezahlt wird. An den Universitäten<br />
ist das jedoch normaler Alltag, und die Lehrbeauftragten<br />
<strong>haben</strong> noch n<strong>ich</strong>t einmal eine Interessenvertretung,<br />
um s<strong>ich</strong> zur Wehr setzen zu können. Modernes akademisches<br />
Prekariat im 21. Jahrhundert.<br />
Auch <strong>ich</strong> habe schon jetzt Angst davor, <strong>was</strong> m<strong>ich</strong> nach<br />
meinem Abschluss erwartet. Der Glaube, den meine<br />
Eltern mir mit auf den Weg gaben, dass eine gute Ausbildung<br />
eine s<strong>ich</strong>ere Existenz bedeutet, diesen Glauben habe<br />
<strong>ich</strong> längst verloren. Und so wie mir geht es vielen anderen meiner<br />
Generation. Das Risiko, s<strong>ich</strong> später in prekären Lebensund<br />
Arbeitsverhältnissen bewegen zu müssen, ist für viele unheilvolle<br />
Realität. Wir ahnen und sehen, dass s<strong>ich</strong> gute Bildung<br />
allein auf dem Arbeitsmarkt n<strong>ich</strong>t auszahlt. Von Armut und Ausgrenzung<br />
bedroht zu sein, trifft n<strong>ich</strong>t nur sogenannte Geringqualifizierte,<br />
sondern eben auch uns, Studentinnen und<br />
Studenten mitten in einer langen akademischen Ausbildung.<br />
Deshalb ist Politik gefragt. Eine Politik, die n<strong>ich</strong>t<br />
nur für, sondern vor allem mit den prekarisierten Menschen<br />
gemacht werden muss, egal in welchen<br />
Branchen. Ihre Interessen sind es, die in den Mittelpunkt<br />
gehören.<br />
Sandy Stachel<br />
Jurastudentin an der Universität<br />
in Saar brücken, 26 Jahre,<br />
auch das Lotta-Titelmodel<br />
Foto: Nikki Später<br />
5<br />
02<br />
istock
Foto: Jan Schweiß<br />
TITELTHEMA: FRAUEN. PREKÄR. ALTERSARM.<br />
Wenn am<br />
Ende n<strong>ich</strong>ts<br />
bleibt<br />
Rente mit 67 – seit Januar 2012 ist sie in Kraft. Jahr für Jahr wird das Renteneintrittsalter um einen<br />
Monat erhöht. Für viele Frauen ist das die Auss<strong>ich</strong>t auf Armut im Alter.<br />
Zwischen Ute E<strong>ich</strong>horn und Elisabeth<br />
Schwardt liegen vier<br />
Jahrzehnte. Die eine ist 71<br />
Jahre alt, die andere 31. Die Ältere bezieht<br />
längst Rente, kann davon aber<br />
n<strong>ich</strong>t leben und geht deshalb immer<br />
noch arbeiten. Die Jüngere ahnt, selbst<br />
wenn sie die nächsten 36 Jahre in<br />
Lohn und Brot bleiben sollte, wird die<br />
Rente am Ende kärgl<strong>ich</strong> ausfallen.<br />
Dabei sind beide Frauen gut ausgebildet.<br />
Ute E<strong>ich</strong>horn lernte Apothekenhelferin,<br />
studierte, wurde Pharmazie -<br />
ingenieurin. Sie bekam Kinder und beides<br />
unter einen Hut: den Job und die<br />
Familie. Auf dem Rentenbescheid<br />
standen dann 737 Euro monatl<strong>ich</strong>. Zu<br />
wenig für die alleinstehende Frau. Zu<br />
wenig für Miete, Strom, Vers<strong>ich</strong>erung,<br />
6<br />
»Rentenvorsorge ist bei<br />
dem Verdienst n<strong>ich</strong>t drin<strong>«</strong><br />
Elisabeth Schwardt (31)<br />
Telefon, Lebensmittel und die Tausend<br />
kleinen Dinge im Alltag. Also geht Ute<br />
E<strong>ich</strong>horn weiter in die Apotheke, zweimal<br />
die Woche. Elisabeth Schwardt<br />
wählte auch einen frauentypischen<br />
Beruf. Sie lernte Erzieherin, studierte<br />
Sozialpädagogik. Ihr Anfangsgehalt betrug<br />
1.000 Euro. Nach der Einarbeitungszeit<br />
1.500 Euro brutto. »Damit<br />
überlebt man irgendwie! Mehr aber ist<br />
n<strong>ich</strong>t drin<strong>«</strong>, sagt Elisabeth Schwardt<br />
und fügt hinzu: »schon gar n<strong>ich</strong>t für<br />
eine private Vorsorge.<strong>«</strong><br />
Beide Frauen sind keine Einzelfälle.<br />
Geringe Löhne <strong>haben</strong> zwangsläufig geringe<br />
Renten zur Folge. Das Institut für<br />
Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität<br />
Duisburg/Essen listet in seinem<br />
aktuellen Report dramatische<br />
Trends auf. 2010 arbeitete jede oder<br />
jeder Vierte im Niedriglohnbere<strong>ich</strong>.<br />
Nach neuesten Berechnungen beginnt<br />
der Niedriglohn bei einem Verdienst<br />
von weniger als 9,15 Euro. Der tatsächl<strong>ich</strong>e<br />
Durchschnittslohn war 2010<br />
ohnehin wesentl<strong>ich</strong> niedriger. Rund<br />
vier Millionen Menschen bekommen<br />
weniger als sieben Euro die Stunde<br />
und 1,4 Millionen Beschäftigte sogar<br />
weniger als fünf Euro. Dabei besitzt die<br />
große Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten<br />
eine abgeschlossene Berufsausbildung<br />
oder einen akademischen<br />
Abschluss. Eine Anfrage der<br />
Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> im Bundestag<br />
ergab, dass Mitte letzten Jahres 7,4<br />
Millionen Menschen auf 400-Euro-<br />
Basis jobbten. Davon waren knapp<br />
02
4,65 Millionen Frauen. Gut zwei Drittel<br />
von ihnen <strong>haben</strong> ausschließl<strong>ich</strong> diesen<br />
Minijob. Das Bundesarbeitsministerium<br />
errechnete nun, dass eine Minijobberin,<br />
die ein Jahr lang tätig ist, eine monatl<strong>ich</strong>e<br />
Rente von 3,11 Euro erwirbt. Das<br />
ergibt unterm Str<strong>ich</strong> nach 45 Vers<strong>ich</strong>erungsjahren<br />
einen Rentenanspruch von<br />
139,95 Euro im Monat.<br />
Generell tragen Frauen ein höheres<br />
Risiko, im Alter arm zu sein.<br />
Einmal, weil sie im Durchschnitt<br />
weniger <strong>verdiene</strong>n als Männer.<br />
Zum anderen, weil das Arbeitsleben von<br />
Frauen völlig anders verläuft. Viele arbeiten<br />
zunächst drei bis fünf Jahre im<br />
gelernten Beruf, bekommen dann Kinder,<br />
und kehren sie zurück in den Beruf,<br />
gehen die meisten einer Teilzeitbeschäftigung<br />
nach. Wer dann noch – so wie<br />
viele Schlecker-Verkäuferinnen – mit<br />
Anfang oder Mitte 50 entlassen wird,<br />
findet kaum eine Anschlussbeschäf -<br />
tigung. Für solche Frauen wird die mo-<br />
»Man gibt n<strong>ich</strong>t<br />
gerne zu, dass die<br />
Rente n<strong>ich</strong>t re<strong>ich</strong>t!<strong>«</strong><br />
Ute E<strong>ich</strong>horn (71)<br />
02<br />
natl<strong>ich</strong>e Rente kaum höher als 500 Euro<br />
sein. In der Studie des IAQ ist nachzulesen,<br />
nur wer monatl<strong>ich</strong> einen Verdienst<br />
von 1.526 Euro brutto hat, die<br />
Summe kontinuierl<strong>ich</strong> über 45 Beitragsjahre<br />
hinweg verdient, wird am<br />
Ende eine Rente auf Grunds<strong>ich</strong>erungsniveau<br />
erhalten. Die beträgt zur Zeit<br />
684 Euro. Das wird keine Friseurin, Floristin<br />
oder Arzthelferin erre<strong>ich</strong>en (siehe<br />
Kasten). Gute und gerechte Löhne sind<br />
somit die Voraussetzung für eine gute<br />
Rente, sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> und fordert statt<br />
prekärer Beschäftigung (Minijobs, Leiharbeit,<br />
Ein-Euro-Jobs, Aufstockerbeträge)<br />
sozialvers<strong>ich</strong>erungspfl<strong>ich</strong>tige<br />
Arbeitsplätze und einen flächendeckenden<br />
gesetzl<strong>ich</strong>en Mindestlohn. Ansonsten<br />
werden am Ende eines langen<br />
Berufslebens viele Menschen auf die<br />
Grunds<strong>ich</strong>erung des Staates und damit<br />
auf Almosen im Alter angewiesen sein.<br />
Gisela Zimmer<br />
Frauentypische<br />
Berufe<br />
Durchschnittsbruttolöhne:<br />
Friseurin 1.124 Euro<br />
Floristin 1.266 Euro<br />
Arzthelferin 1.460 Euro<br />
Gaststättengewerbe<br />
1.182 Euro<br />
Altenpflegerin 1.273 Euro<br />
Briefzustellerin (West) 1.399 Euro<br />
(Ost) 1.153 Euro<br />
(Quelle: www.gehaltsvergle<strong>ich</strong>.com)<br />
Foto: Frank Schwarz<br />
7<br />
02
TITELTHEMA<br />
Yelka Marada spielte, schrieb und inszenierte<br />
die »Hexenmama<strong>«</strong> im Tschechow-Theater Berlin.<br />
Was macht die Kunst?<br />
Das fragte Lotta die Schauspielerin Yelka Marada. Sie hatte nach der ersten Lotta-Ausgabe an die<br />
Redaktion geschrieben und von Künstlerinnen, die arm dran sind, erzählt. Sie selbst gehört dazu.<br />
Wir sind in ihrer kleinen Wohnung<br />
am Rande von Berlin<br />
Charlottenburg verabredet.<br />
Yelka Marada hat Fotos herausgesucht,<br />
Zeitungsartikel von ihren ersten Filmen.<br />
Denn sie stand schon als Kind vor der<br />
Kamera. Sie drehte in Paris, Bordeaux,<br />
Rom, München. Arbeitete mit Regisseuren<br />
wie Hark Bohm und Alf Brustelli, beides<br />
Filmemacher der Generation Rainer<br />
Werner Fassbinder. Mit 16 Jahren stieg<br />
die Halbwüchsige aus. Die Glitzerwelt<br />
hatte sie überfordert. Der Film aber, die<br />
Theaterwelt ließen sie trotzdem nie los.<br />
Mit 29 Jahren lernte Yelka Marada<br />
darum das Schauspielhandwerk erneut.<br />
Diesmal professionell an der Schauspielschule.<br />
Sie spielte Stücke von Dario Fo,<br />
schlüpfte in die Rolle der Ulrike Meinhof,<br />
war die Elektra, inszenierte Märchen für<br />
Kinder. Fand am Münchner Theater für<br />
8<br />
Kinder sogar für eine kurze Zeit eine<br />
Festanstellung. Das alles ist lange her,<br />
inzwischen ist Yelka Marada 48 Jahre alt<br />
und lebt von Hartz IV. Dabei hatte sie<br />
zuvor viel versucht auf dem freien Markt:<br />
Werbefotos, eine Kindertheaterinszenierung,<br />
Lesungen, eine Ausbildung als<br />
Kunsttherapeutin auf eigene Kosten. Die<br />
Aufträge aber waren zu spärl<strong>ich</strong> und zu<br />
schlecht bezahlt. Darum ging Yelka Marada<br />
zusätzl<strong>ich</strong> jobben. Als Putzfrau, als<br />
Fabrikarbeiterin, als Küchenhilfe.<br />
Das tun etwa 80 Prozent der<br />
freien SchauspielerInnen und<br />
TänzerInnen. Denn seit den<br />
90er Jahren – auch wenn die Öffentl<strong>ich</strong>keit<br />
es kaum wahrnahm – verschlechterte<br />
s<strong>ich</strong> die Lebens- und Arbeitssituation<br />
der KünstlerInnen enorm.<br />
Frauen – so der »Report Darstellende<br />
Künste<strong>«</strong> über die Lage der Theater- und<br />
Tanzschaffenden – <strong>verdiene</strong>n ein Drittel<br />
weniger als Männer. Im Durchschnitt<br />
9.430 Euro. Im gesamten Jahr, n<strong>ich</strong>t im<br />
Monat. Bei Männern sind es rund<br />
14.000 Euro Jahreseinkommen.<br />
Bei den bildenden KünstlerInnen<br />
ist es noch dramatischer. 2008<br />
lag das Jahreseinkommen bei<br />
durchschnittl<strong>ich</strong> 6.043 Euro, 2010 wa ren<br />
es unterm Str<strong>ich</strong> nur noch 5.346 Euro.<br />
Das ergab eine Umfrage des Bundesverbandes<br />
Bildender Künstlerinnen und<br />
Künstler 2011. Die Studie stellte weiter<br />
fest, dass gut 90 Prozent der KünstlerInnen<br />
n<strong>ich</strong>t von ihrer Kunst leben können,<br />
trotzdem beantragen aber nur etwa<br />
sechs Prozent das Arbeitslosengeld II,<br />
spr<strong>ich</strong> Hartz IV. S<strong>ich</strong> da hineinzubegeben<br />
sei ambivalent, sagt Annemarie Helmer-<br />
He<strong>ich</strong>ele, die Vorsitzende des Bundesverbandes<br />
Bildender Künstlerinnen und<br />
02<br />
Foto: Frank Schwarz
»90 Prozent der Künst -<br />
lerInnen können n<strong>ich</strong>t<br />
von ihrer Kunst leben.<strong>«</strong><br />
Auch die Schauspielerin<br />
Yelka Marada n<strong>ich</strong>t.<br />
Künstler. Denn der Gang zum Jobcenter<br />
sei »das sehr persönl<strong>ich</strong>e Eingeständnis,<br />
vermeintl<strong>ich</strong> in der Kunst versagt zu<br />
<strong>haben</strong><strong>«</strong>. Yelka Marada erzählt, sie sei mit<br />
Hoffnung zum Jobcenter gegangen. Denn<br />
nach einer Operation am Knie und einem<br />
Hüftleiden braucht sie einen Stock als<br />
Gehhilfe. Damit war sie als Schauspielerin<br />
n<strong>ich</strong>t mehr vermittelbar. Ihre Bitte in der<br />
Beratung, eine Ausbildung als Theaterpädagogin<br />
machen zu dürfen, blieb ungehört.<br />
Monatelang, erst als Yelka Marada<br />
eine Anwältin – auf eigene Kosten beauftragt<br />
– kam die Ermutigung vom Jobcenter,<br />
s<strong>ich</strong> in Heidelberg bei der Akademie<br />
für Theaterpädagogen zu bewerben. Sie<br />
bestand die Aufnahmeprüfung, kurz vor<br />
Schulbeginn aber lehnte das Jobcenter<br />
die zertifizierte Weiterbildung ab. Yelka<br />
Marada hatte dem Jobcenter acht Stellenangebote<br />
für Theaterpädagogen vorgelegt.<br />
Das Angebot des Jobcenters für die<br />
ausgebildete Schauspielerin lautete am<br />
Ende: Bürohilfe für fünf Stunden in der<br />
Woche.<br />
Gisela Zimmer<br />
Foto: Frank Schwarz<br />
Was sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>?<br />
Wo wären die Frauen in der Kunst ohne die Anstöße der Frauen -<br />
bewegung des 19. Jahrhunderts und der siebziger Jahre des letzten<br />
Jahrhunderts und deren Durchsetzung durch die frühen<br />
Sozialdemokraten, Liberalen und Linken? Diese Frage sollte man s<strong>ich</strong> stellen,<br />
bevor man Statistiken und Forderungen zum Thema Gle<strong>ich</strong>stellung im Kulturbetrieb<br />
heute bemüht. Vor n<strong>ich</strong>t einmal 100 Jahren waren Frauen an den meisten,<br />
vor allem größeren deutschen Kunstakademien n<strong>ich</strong>t zugelassen; seit der<br />
Gle<strong>ich</strong>berechtigung und der Aufnahme von Frauen an den Akademien hat s<strong>ich</strong><br />
viel zugunsten der Künstlerinnen verändert. Theoretisch <strong>haben</strong> sie heute dieselben<br />
Chancen wie ihre männl<strong>ich</strong>en Kollegen.<br />
In der Praxis ist die soziale Lage von Künstlern und Künstlerinnen in den letzen<br />
Jahren schwieriger geworden. Sie arbeiten und leben überwiegend in prekären<br />
Verhältnissen und können mehrheitl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t von ihrer Arbeit leben. Gerade<br />
Frauen <strong>haben</strong> einen schweren Stand, sie <strong>verdiene</strong>n mit ihrer Kunst weniger als<br />
Männer, sind seltener in führenden Positionen des Kulturbetriebs oder auf<br />
Professoren-Stühlen zu finden und häufiger von Altersarmut betroffen. Für<br />
viele Künstlerinnen kommt – zusätzl<strong>ich</strong> zu den finanziellen Benachteiligungen<br />
– eine Mehrfachbelas tung durch die Familie hinzu.<br />
Um dies zu verändern, muss die Einkommens- und Arbeitssituation der Künstler<br />
insgesamt verbessert werden. Wir streiten als Linke schon lange für den Erhalt<br />
und die Reformierung der Künstlersozialkasse, für Honoraruntergrenzen in<br />
den einzelnen Sparten, für einen erle<strong>ich</strong>terten Zugang zum Arbeitslosengeld I<br />
und eine Ausstellungsvergütung. Werden hier Fortschritte<br />
erkämpft, profitieren davon auch die Künstlerinnen.<br />
Zwischen Wut und Zärtl<strong>ich</strong>keit<br />
Konstantin Wecker wurde im Juni<br />
65 Jahre alt. Dabei ist er so<br />
frisch, frech und rebellisch wie<br />
schon lange n<strong>ich</strong>t mehr. Hör- und erlebbar<br />
auf seiner neuen CD und der Konzerttour<br />
»Wut und Zärtl<strong>ich</strong>keit<strong>«</strong>. Texte,<br />
wunderbar poetisch, zornig, zärtl<strong>ich</strong>. Die<br />
Lieder seien ihm in »wenigen Wochen<br />
passiert<strong>«</strong>, sagt Wecker und auf den Titel<br />
sei er durch eine Bemerkung auf seiner<br />
Website gekommen. »<strong>Ich</strong> hatte darüber<br />
sinniert, dass <strong>ich</strong> zur Zeit so hin und her<br />
gerissen bin zwischen meiner Sehnsucht,<br />
Luc Jochimsen,<br />
Sprecherin für Kulturpolitik<br />
der Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
Konstantin Wecker im Mai 2012 bei Occupy in Frankfurt am Main<br />
m<strong>ich</strong> im Leben zu einem Liebenden zu<br />
entwickeln, und der Wut über die geradezu<br />
obszönen Ungerechtigkeiten dieser<br />
eiskalten und kriegerischen Politik, als<br />
mir jemand schrieb, das gehöre doch<br />
beides zusammen!<strong>«</strong> Also singt und spielt<br />
Wecker auch beides zusammen.<br />
Laut und leise, zärtl<strong>ich</strong> und wütend.<br />
Den Refrain von »Empört euch, beschwert<br />
euch und wehrt euch, es ist nie<br />
zu spät<strong>«</strong> sogar in vielen Sprachen.<br />
Mehr unter www.wecker.de
Foto: ullstein bild<br />
TITELTHEMA: FRAUEN. PREKÄR. ALTERSARM.<br />
Die prekarisierte Frau<br />
»Jeder mies bezahlte Job bedeutet: keine eigenständige Existenzs<strong>ich</strong>erung<strong>«</strong> sagt die Soziologin<br />
Christa W<strong>ich</strong>ter<strong>ich</strong>. Es kann jede treffen.<br />
Auf den ersten Blick erzählt die Statistik die Gesch<strong>ich</strong>te<br />
einer wundersamen Jobvermehrung. Seit<br />
Jahren steigt die Erwerbsbeteiligung von Frauen,<br />
auf inzwischen mehr als 66 Prozent. Der zweite Blick zeigt<br />
jedoch, dass das Arbeitsvolumen, die Erwerbsstunden n<strong>ich</strong>t<br />
angestiegen sind. Des Rätsels Lösung ist: Mehr Frauen teilen<br />
s<strong>ich</strong> die gle<strong>ich</strong>e Zahl von Erwerbsstunden, weil mehr<br />
Frauen Teilzeit arbeiten oder nur »geringfügig beschäftigt<strong>«</strong><br />
sind. Kurze Teilzeit – weniger als 15 Wochenstunden –, Minijobs,<br />
Scheinselbständigkeit und auch Leiharbeit für Frauen<br />
<strong>haben</strong> zu genommen, im Westen mehr als im Osten.<br />
Deutschlandweit stellen Frauen 83 Prozent aller Teilzeitarbeitenden,<br />
64 Prozent aller Minijobber und 31 Prozent der<br />
Leiharbeitenden: ein Pool flexibler Arbeitskräfte, der hilft,<br />
10<br />
die Wettbewerbsfähigkeit hoch und die Kosten niedrig zu<br />
halten. Wer regulär Teilzeit arbeitet, kassiert im Durchschnitt<br />
ein Viertel weniger Lohn als Vollzeitbeschäftigte. Minijobs<br />
und kurze Teilzeit kon zentrieren s<strong>ich</strong> in Branchen mit niedrigem<br />
Lohnniveau: in Dienstleistungen und im Einzelhandel,<br />
in der Gastronomie und im Reinigungsgewerbe – sogenannten<br />
»frauen typischen<strong>«</strong> Berufen. Typische Frauenjobs werden<br />
schlechter bezahlt als typische Männerjobs – ein klarer Fall<br />
von Lohndiskrimi nierung.<br />
Dem kapitalistischen Markt ist nur lieb und teuer, <strong>was</strong><br />
die Profite erhöht. Doch personennahe Dienstleistungen<br />
wie Erziehen, Windeln und Füttern sind n<strong>ich</strong>t<br />
nach Belieben zu beschleunigen. Durch immensen Lohnund<br />
Zeitdruck, wie z. B. durch Pflegemodule, werden solche<br />
02
TITELTHEMA: FRAUEN. PREKÄR. ALTERSARM.<br />
Sorgearbeiten effizienter und damit profitabler gemacht.<br />
Jeder mies bezahlte Job bedeutet: keine eigenständige Existenzs<strong>ich</strong>erung.<br />
Das Prekaritätsrisiko ist groß – jetzt und im<br />
Alter. N<strong>ich</strong>ts ist s<strong>ich</strong>er, weder das Einkommen noch soziale<br />
Leistungen. Denn, um Kosten zu sparen, findet die Prekarisierung<br />
von Beschäftigung gle<strong>ich</strong>zeitig mit dem Sozialabbau statt.<br />
Die prekarisierte Frau jongliert zwischen Erwerbsarbeit, vielle<strong>ich</strong>t<br />
zwei Minijobs und unbezahlter Sorgearbeit in Haushalt<br />
und Familie, ist bedroht von Erwerbslosigkeit, sozialem Abstieg<br />
und Armut, leidet unter Zeitnot und chronischer Überbelastung.<br />
Gerade für Alleinerziehende, Familienernährerinnen und<br />
Rentnerinnen ist prekäres Leben und Arbeiten Stress pur: ein<br />
Selbstmanagement am Existenzminimum zwischen Abhängigkeiten<br />
vom Markt, dem Partner und der Familie sowie der<br />
schrumpfenden öffentl<strong>ich</strong>en Daseinsvorsorge.<br />
Linke Politik muss deshalb n<strong>ich</strong>t nur entprekarisieren.<br />
Mindestlöhne und Sozialvers<strong>ich</strong>erungspfl<strong>ich</strong>t sind politische<br />
Mindeststandards. »Wir streiken n<strong>ich</strong>t nur für<br />
zwei Euro mehr, wir streiken für mehr Anerkennung!<strong>«</strong> erklärten<br />
Kita-Beschäftigte 2009. Es geht um einen Perspektivwechsel<br />
in Bezug auf Arbeit, um eine Neubewertung. Die Wertschöpfung<br />
in Form von Versorgung, Wohlergehen und Gemeinwohl<br />
muss endl<strong>ich</strong> zählen, n<strong>ich</strong>t nur Umsatz, Gewinn und Wachstum<br />
des Bruttoinlandsprodukts. Linke Politik muss über das materielle<br />
Umverteilen weit hinausgehen. Sie muss Arbeit zwischen<br />
den Geschlechtern und sozialen Klassen neu verteilen und<br />
neue Bewertungsmaßstäbe setzen.<br />
Christa W<strong>ich</strong>ter<strong>ich</strong><br />
Dr. Christa W<strong>ich</strong>ter<strong>ich</strong> bei<br />
ihrer Buchpremiere in Berlin<br />
02<br />
Foto: Heinr<strong>ich</strong>-Böll-Stiftung<br />
CC BY-NC-SA 2.0<br />
Gute Löhne bringen<br />
gute Renten<br />
Wofür <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> steht!<br />
Die Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> fordert einen grundlegenden<br />
Kurswechsel in der Rentenpolitik. Die gesetzl<strong>ich</strong>e<br />
Rente muss wieder zum Zentrum der<br />
Alterss<strong>ich</strong>erungspolitik werden und den Lebensstandard<br />
im Alter s<strong>ich</strong>ern. Menschen mit einem<br />
durchschnittl<strong>ich</strong>en Einkommen müssen wieder<br />
Renten erhalten, die einen deutl<strong>ich</strong>en Abstand zur<br />
Grunds<strong>ich</strong>erung aufweisen. Dazu müssen sämt -<br />
l<strong>ich</strong>e Kürzungen aus der Rentenanpassungsformel<br />
gestr<strong>ich</strong>en werden. Außerdem ist es nötig, prekäre<br />
Beschäftigung, schlechte Löhne und die Arbeits -<br />
losigkeit zu bekämpfen. Denn aus guter Arbeit und<br />
guten Löhnen ergibt s<strong>ich</strong> auch eine gute Rente.<br />
Zur Person<br />
Christa W<strong>ich</strong>ter<strong>ich</strong> lebt in Bonn, ist Publizistin,<br />
Soziologin, Mitglied im wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Beirat von attac, arbeitet derzeit zur Krise und zu<br />
Transformationsstrategien aus einer<br />
feministischen Perspektive<br />
Von der Autorin gerade erschienen:<br />
»Die Zukunft, die wir wollen.<br />
Eine feministische Perspektive<strong>«</strong>,<br />
Heinr<strong>ich</strong>-Böll-Stiftung, Berlin<br />
11<br />
02
Die Betriebsrätin<br />
Mona Frias packt ihre Koffer,<br />
räumt ihr Büro. Die Betriebsratsvorsitzende<br />
für die Schlecker-Filialen<br />
in Berlin und Brandenburg wird<br />
ihren entlassenen Kolleginnen nur<br />
noch ein paar Tage beim Zurechtfinden<br />
im Jobcenterdschungel unter<br />
die Arme greifen können. Dann ist<br />
auch für sie Schluss bei Schlecker.<br />
Die Massenentlassungen bei<br />
Schlecker sind eine Tragödie für<br />
jede einzelne Verkäuferinnen:<br />
arbeitslos, magere staatl<strong>ich</strong>e<br />
Unterstützung, dazu die Uns<strong>ich</strong>erheit,<br />
wie geht es berufl<strong>ich</strong> weiter.<br />
Mona Frias bleibt Ansprechpartnerin<br />
bis zum bitteren Ende. Sie höre<br />
n<strong>ich</strong>t auf, zu kämpfen, sagt sie,<br />
auch für s<strong>ich</strong> selbst. Auf die Frage,<br />
ob mit ihr als Streiterin für bessere<br />
Arbeitsverhältnisse weiter zu rechnen<br />
sei, sagt sie schnörkellos:<br />
„Klar, zum Bewerbungsgespräch<br />
geh’ <strong>ich</strong> mit ver.di-Anstecker!“<br />
Rebellische Seniorinnen<br />
Foto: Frank Schwarz<br />
In Berlin Pankow soll ein Seniorenfreizeittreff<br />
geschlossen werden. So wollen es<br />
unter anderem SPD und Grüne. Die Betroffenen<br />
n<strong>ich</strong>t, sie besetzten ihr Haus.<br />
Seitdem geben s<strong>ich</strong> Fernsehteams die<br />
Klinke in die Hand, der Fraktionsvor -<br />
sitzende der Berliner <strong>LINKE</strong>N, Udo Wolf,<br />
bringt Kuchen, Nachbarn spenden. Doris<br />
Syrbe (links im Bild), Vorsitzende des Seniorenclubvorstandes<br />
in der Stillen Straße,<br />
hat s<strong>ich</strong> von zuhause einen Liegestuhl mit-<br />
EINE FÜR VIELE<br />
Kopf hoch,<br />
n<strong>ich</strong>t die Hände<br />
Es sind Frauen, die vielfach prekär arbeiten und leben. Sie aber sind<br />
es auch, die dagegen aufbegehren. Wie? Lotta hat nachgefragt.<br />
Die Sucherin<br />
Friederike Habermann ist Volks -<br />
wirtin und kennt die Formulierung<br />
»alternativlos<strong>«</strong> n<strong>ich</strong>t. Sie<br />
suchte Gegenentwürfe zu schlechter Bezahlung<br />
und uns<strong>ich</strong>erer Arbeit. In ihrem<br />
Buch »Halbinseln gegen den Strom<strong>«</strong><br />
stellt sie einige Modelle und Projekte<br />
für ein anderes Miteinanderleben vor.<br />
Gemeinschaftsgärten, Tauschringe und<br />
viele andere Formen des zusammen<br />
Wirtschaftens hat Habermann aufgetan.<br />
In Deutschland sind solche alternativen<br />
Projekte n<strong>ich</strong>t selten weibl<strong>ich</strong> geprägt.<br />
Warum das so ist, erklärt s<strong>ich</strong> Habermann<br />
so: »Vielle<strong>ich</strong>t kommt dies, weil<br />
in den traditionellen weibl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten<br />
– wie Kindererziehung oder Pflege –<br />
ja auch n<strong>ich</strong>t alles entlohnt wird und<br />
damit jenseits von Geld und Tauschlogik<br />
geschieht?<strong>«</strong> Friederike Habermann bündelte<br />
unterschiedl<strong>ich</strong>e Projekte in ihrem<br />
gebracht und übernachtet seit der Besetzung<br />
im Versammlungszimmer. Im Haus<br />
tragen vor allem Frauen den Protest. Sie<br />
kochen gemeinsam und schützen ihr<br />
Haus. Seit 20 Jahren ist es ihr Treffpunkt,<br />
ihre Gemeinschaft, und nun bedroht eine<br />
Rotstiftpolitik das soziale Miteinander.<br />
Noch ist der Entscheidungsprozess zur<br />
endgültigen Schließung n<strong>ich</strong>t beendet. Der<br />
Protest der Seniorinnen erstaunt und Doris<br />
Syrbe sagt: »Wir gehen hier n<strong>ich</strong>t weg!<strong>«</strong>.<br />
Buch. Das zu lesen ist schon spannend,<br />
es einfach auszuprobieren, wahrscheinl<strong>ich</strong><br />
noch mehr.<br />
Friederike Habermann:<br />
Halbinseln gegen<br />
den Strom.<br />
Anders leben und<br />
wirtschaften im<br />
Alltag. Königstein/Ts:<br />
Ulrike<br />
Helmer Verlag,<br />
228 Seiten,<br />
€ 19,90.<br />
Foto: privat<br />
Foto: Frank Schwarz
DAS AKTUELLE GESPRÄCH<br />
Kultur der Offenheit<br />
und des Zuhörens<br />
In der Politik werden häufig nur die<br />
Frauen gefragt, wie beides zusammengeht<br />
– eine öffentl<strong>ich</strong>e Funktion<br />
und Familie. Ihr Mann ist Wissenschaftler,<br />
ähnl<strong>ich</strong> stark eingespannt<br />
wie Sie. Steckt er im Moment mehr<br />
weg in Sachen Kind und Hausarbeit?<br />
Katja Kipping: Nein, wir <strong>haben</strong> uns von<br />
Anfang an darauf verständigt, dass wir<br />
uns jeweils zu fünfzig Prozent die Erziehungsarbeit<br />
teilen. Das ziehen wir auch<br />
durch. Für m<strong>ich</strong> bedeutet das, dass <strong>ich</strong><br />
so manche Arbeit erst abends nach<br />
20 Uhr, wenn die Kleine schläft, machen<br />
kann. Und es gibt auch Diskursspaziergänge<br />
mit der Kleinen im Kinderwagen<br />
oder ein Arbeitstreffen abends bei mir zu<br />
Hause neben dem Babyfon.<br />
Die bislang jüngste Chefin der<br />
<strong>LINKE</strong>N, dazu klug und glaubwürdig<br />
– das ist immer wieder zu hören.<br />
Was ist Ihnen w<strong>ich</strong>tig für das Selbstverständnis<br />
der <strong>LINKE</strong>N?<br />
Dass wir unsere Unterschiede n<strong>ich</strong>t als<br />
Belastung oder gar als Angriff auf die eigene<br />
Lebensleistung begreifen, sondern<br />
als Bere<strong>ich</strong>erung. Wir sollten unsere Widersprüche<br />
produktiv machen und uns<br />
n<strong>ich</strong>t einreden lassen, dass Widersprüche<br />
et<strong>was</strong> Schlechtes sind. Und wenn es<br />
02<br />
kompliziert wird, wünsche <strong>ich</strong> mir, dass<br />
wir uns die Zeit nehmen, mal in klugen<br />
Texten und Büchern zu Dialektik nachzulesen.<br />
Zu den ersten Projekten im neuen<br />
Amt gehört der Schutz vor prekärer<br />
Arbeit. Das ist auch unser Thema in<br />
dieser Lotta-Ausgabe.<br />
Prekarität hat viele Ges<strong>ich</strong>ter. Es betrifft<br />
die Leiharbeiterin am Fließband, die Migrantin<br />
am Wischmopp und Erwerbslose,<br />
die die Behandlung auf dem Amt als Demütigung<br />
erleben. Die Herrschenden<br />
versuchen, die verschiedenen Gruppen<br />
gegeneinander auszuspielen. Linke Politik<br />
zur Eindämmung von Prekarität <strong>will</strong>:<br />
die Abschaffung von Leiharbeit, die<br />
Einführung eines gesetzl<strong>ich</strong>en Mindestlohnes,<br />
die Abschaffung der<br />
Hartz-IV-Sanktionen.<br />
Von linken Frauen in der Politik<br />
erwartet man feministische<br />
Impulse. Wie sehen Sie s<strong>ich</strong> da<br />
mittendrin?<br />
<strong>Ich</strong> gehöre zu denen, die<br />
s<strong>ich</strong> dafür einsetzen,<br />
dass die Kämpfe<br />
um die Zeit und<br />
die »Vier-in-<br />
einem-Pers pektive<strong>«</strong> ein zentraler Punkt<br />
werden. Es geht um die gerechte Verteilung<br />
von Erwerbsarbeit, Familienarbeit,<br />
Arbeit fürs Gemeinwesen und um eigene<br />
Entwicklungschancen. Aber gle<strong>ich</strong>gültig,<br />
ob man s<strong>ich</strong> als Feministin begreift oder<br />
n<strong>ich</strong>t: Vor Männern und Frauen in unserer<br />
Fraktion steht eine Aufgabe, und die<br />
lautet: spezifische Problemlagen von<br />
Frauen herauszuarbeiten. Dazu gehört,<br />
dass zwei Drittel aller Niedriglöhner<br />
Frauen sind.<br />
Das Gespräch führte Jana Hoffmann.<br />
02<br />
Das ist das Motto von Katja Kipping. Sie ist 34 Jahre alt, seit einem halben Jahr Mutter, bereits die zweite<br />
Legislaturperiode im Bundestag, und seit Anfang Juni die gewählte Vorsitzende der Partei <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>.<br />
Katja Kipping über Privates und Politik.<br />
Foto: <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
13
»In Berlin wird<br />
Anderssein regelrecht<br />
gefeiert.<strong>«</strong><br />
Jay Anderson<br />
Um zwölf Uhr mittags steht Jay Anderson auf.<br />
Manchmal auch erst um zwei Uhr nachmittags,<br />
wenn es am Vorabend wieder später wurde. Jay<br />
Anderson ist Discjockey Alternegro.Jay, Mitte Dreißig,<br />
stammt eigentl<strong>ich</strong> aus New Jersey, USA, und lebt seit zwei<br />
Jahren in Berlin. Er ist einer von sehr, sehr vielen jungen<br />
Menschen, die aus der ganzen Welt in die deutsche Hauptstadt<br />
kommen, um dort ihren Traum zu leben: Eine Existenz,<br />
die Kreativität, Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung und Broterwerb<br />
vereint. Ein Traum mit Hindernissen, denn es gibt kaum<br />
Jobs, die Mieten steigen – und die vielen »Kreativen<strong>«</strong> verderben<br />
die Preise, weil sie ihre Arbeit oft verschenken, um<br />
überhaupt wahrgenommen zu werden. Unter ihnen gibt es<br />
sehr viele Schwule und Lesben. Kein Wunder, denn seit<br />
der Wende gilt Berlin als einer der queeren »Hauptstädte.<strong>«</strong><br />
Jay Anderson hat schon immer davon geträumt, hauptberufl<strong>ich</strong><br />
DJ zu sein – nun tut er es auch: »Die Auftragslage<br />
ist bei DJs oft schwankend, im Moment mache <strong>ich</strong> im<br />
Schnitt 300 Euro im Monat.<strong>«</strong> Und wie kann er davon<br />
leben? »Miete, Krankenvers<strong>ich</strong>erung! Ehrl<strong>ich</strong> gesagt: Ohne<br />
die Hilfe meiner Freunde hätte <strong>ich</strong> schon längst aufgeben<br />
müssen. Aber Berlin ist nun meine Heimat – in den USA<br />
hatte <strong>ich</strong> immer das Gefühl, nirgendwo r<strong>ich</strong>tig dazu zu ge-<br />
14<br />
Queer<br />
hören. Schwul und schwarz! Aber hier in Berlin wird Anderssein<br />
regelrecht gefeiert. Das ist toll.<strong>«</strong> Jay legt häufig bei<br />
queeren Parties auf. Jeden Dienstag in einer Kreuberger<br />
Gay-Bar. Er nennt seine Veranstaltung dort »Nottanz<strong>«</strong>, ein<br />
passendes Motto: »Mein Lohn beträgt für diesen Abend<br />
30 Euro. <strong>Ich</strong> stelle immer ein Glas vor die Turntables, aber<br />
viel Trinkgeld kommt meist n<strong>ich</strong>t zusammen.<strong>«</strong><br />
Die Entlohnung schwankt, mal bekommt er 80 Euro,<br />
wenn es gut läuft, auch mal 200. Manchmal teilen<br />
die Tresenkräfte ihre Trinkgelder mit ihm. In der<br />
Szene <strong>verdiene</strong>n diese zwischen sechs und zehn Euro die<br />
Stunde. »Die meisten Leute, die in Szene-Lokalen arbeiten,<br />
machen das nur, weil sie eigentl<strong>ich</strong> Künstler sind und Geld<br />
brauchen<strong>«</strong>, erklärt Jay. Besser könnte man das Prekäre in<br />
der Welt des queeren Berliner Nachtlebens n<strong>ich</strong>t auf den<br />
Punkt bringen: Die Servicekräfte arbeiten hier, um ihre<br />
Kunst zu finanzieren. Die Künstler arbeiten hier, und können<br />
n<strong>ich</strong>t davon leben. Und die Gäste <strong>haben</strong> kein Geld,<br />
weil sie <strong>was</strong> mit Kunst machen. Das erträgt man häufig nur<br />
mit Alkohol.<br />
Martin Re<strong>ich</strong>ert<br />
Angesagt und In?<br />
Ein Blick hinter<br />
die Kulissen im<br />
queeren Berlin<br />
Foto: Julia Baier
LOTTA QUEER<br />
Rainbow-Award<br />
an Barbara Höll<br />
Barbara Höll, queerpolitische Sprecherin<br />
der Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>, hat<br />
am 16. Juni 2012 auf dem lesbischschwulen<br />
Straßenfest in Berlin-Schöneberg<br />
den Rainbow-Award er halten. Der Rainbow-<br />
Award wird jährl<strong>ich</strong> an Persönl<strong>ich</strong>keiten<br />
vergeben, die s<strong>ich</strong> um die Belange lesbischschwuler<br />
Interessen verdient gemacht<br />
<strong>haben</strong>. In den vergangenen Jahren erhielten<br />
unter anderem Berlins Regierender Bürgermeister<br />
Klaus Wowereit und der Filmemacher<br />
Rosa von Praunheim den Preis.<br />
Barbara Höll wurde als erste Politikerin der<br />
<strong>LINKE</strong>N auf dem Straßenfest geehrt. Mit<br />
etwa 300 000 Besucherinnen und Besuchern<br />
ist das lesbisch-schwule Straßenfest<br />
in Schöneberg eines der größten Straßenfeste<br />
Deutschlands und damit ein Highlight<br />
weit über Berlins Grenzen hinaus.<br />
Foto: Brigitte Dummer<br />
Barbara Höll bei ihrer Dankesrede<br />
zur Rainbow-Award-Verleihung<br />
Intersexuelle Menschen<br />
Veränderung ihrer Menschenrechtssituation<br />
Früher nannte man sie Zwitter oder Hermaphrodit. Diese Menschen<br />
<strong>haben</strong> sowohl weibl<strong>ich</strong>e als auch männl<strong>ich</strong>e Geschlechtsorgane. Lange<br />
Zeit glaubte man, es sei besser, die Betroffenen bereits im frühkindl<strong>ich</strong>en<br />
Alter zu operieren. Immer bestimmten Eltern und Ärzte das Geschlecht,<br />
und das Thema selbst wurde zum Tabu erklärt. Später, im<br />
Erwachsenenalter, traten fast immer schwere seelische Schäden auf.<br />
Das deutsche Recht kennt intersexuelle Menschen n<strong>ich</strong>t einmal. Die<br />
PDS und später <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>haben</strong> seit 1996 mehrfach mit Kleinen Anfragen<br />
auf diese Problematik aufmerksam gemacht.<br />
Nun tut s<strong>ich</strong> endl<strong>ich</strong> et<strong>was</strong>. Der Ethikrat<br />
verfasste eine ausführl<strong>ich</strong>e Stellungnahme, und<br />
Ende Juni wurde erstmals in einer öffentl<strong>ich</strong>en<br />
Anhörung im Bundestag über das Thema ge -<br />
sprochen. Auch wenn das Ergebnis noch offen ist,<br />
so scheint es ein überfraktionelles Bestreben zu<br />
geben, die Menschenrechtssituation von Intersexuellen<br />
zu verändern. Gut so.<br />
Queer-Tipp:<br />
Outing in<br />
der Politik<br />
Statistisch gesehen dürfte es in<br />
den Parlamenten etwa 10 Prozent<br />
Schwule und Lesben quer durch<br />
alle Parteien geben. Bekannt sind<br />
aber nur wenige. Lesbische Poli -<br />
tikerinnen kaum und schwule<br />
Politiker nur einige: Ole von Beust,<br />
Guido Westerwelle, Klaus Wowereit<br />
und Volker Beck. Andreas<br />
Heilmann untersucht die mediale<br />
Darstellung dieser Politiker. Mit<br />
ihrem Outing <strong>haben</strong> sie typische<br />
Bilder des heterosexuellen männ -<br />
l<strong>ich</strong>en Politikers untergraben, zugle<strong>ich</strong><br />
müssen sie s<strong>ich</strong> in<br />
Männl<strong>ich</strong>keitsgefilden bewegen, in<br />
denen sie die Klaviatur der Männl<strong>ich</strong>keit<br />
als Ressource nutzen können,<br />
doch dabei bewegen sie s<strong>ich</strong><br />
auf brüchigem Eis.<br />
»Normalität auf Bewährung<strong>«</strong>,<br />
transcript, 354 Seiten,<br />
29,80 €<br />
02
DAS AKTUELLE THEMA<br />
Betreuungsgeld:<br />
Nein danke!<br />
Der Deal um das Betreuungsgeld oder wie Regierungspolitik an den Familien vorbei gemacht wird.<br />
Eine jüngst veröffentl<strong>ich</strong>te Umfrage belegt, 71 Prozent<br />
der Deutschen wollen das Betreuungsgeld n<strong>ich</strong>t.<br />
Macht n<strong>ich</strong>ts, meint Bayerns Ministerpräsident Horst<br />
Seehofer, die CSU <strong>will</strong> es, das re<strong>ich</strong>t und ist Grund genug für<br />
die Bundesregierung, es dann auch zu beschließen. Doch<br />
das Betreuungsgeld ist ein ungeliebtes Kind von Anfang an.<br />
Unsinnig dazu und familienpolitisch falsch. Um es durchzuwinken,<br />
wurde innerhalb der Regie rungs parteien gedealt und<br />
gekungelt. Immer nach dem Motto: Gebe <strong>ich</strong> dir, gibst du<br />
mir. Für die FDP ein bisschen Geld zur privaten Pflegeabs<strong>ich</strong>erung.<br />
Was aber hat die Pflege mit der Betreuung von Kindern<br />
unter drei Jahren zu tun? Oder Betreuungsgeld gegen<br />
Rentenpunkte für Frauen, die vor 1992 ein Kind zur Welt<br />
brachten. Sie sollen in der Rentenanrechnung den Frauen<br />
gle<strong>ich</strong>gestellt werden, die später ein Kind bekommen <strong>haben</strong>.<br />
Über so eine Leistung kann gerne diskutiert werden. Aber<br />
16<br />
auch hier wieder die Frage: Was hat die Rente mit dem Betreuungsgeld<br />
von Kindern unter drei Jahren zu tun? Das Betreuungsgeld<br />
– zahlbar ab 2013 für Eltern, die ihr Kind n<strong>ich</strong>t<br />
in der Kita oder von einer Tagesmutter betreuen lassen – ist<br />
kein Äquivalent für den Verz<strong>ich</strong>t auf einen Krippenplatz.<br />
Und schon gar n<strong>ich</strong>t kann das Betreuungsgeld als Anerkennung<br />
für erzieherische Leistungen gewertet<br />
werden. Wäre dies so, dann müssten alle Eltern<br />
diese Leistung erhalten. Eltern, die Hartz IV beziehen, <strong>haben</strong><br />
dagegen keinerlei Vorteil. Das Betreuungsgeld wird mit dem<br />
Arbeitslosengeld II, der Sozialhilfe und dem Kinderzuschlag<br />
verrechnet. Es ist auch kein Mittel, wie behauptet, um Wahlfreiheit<br />
für Eltern herzustellen. Schon deswegen n<strong>ich</strong>t, weil<br />
Krippenplätze besonders im Westen Mangelware sind. Wenn<br />
die Nachfrage für Betreuungsplätze das Angebot bei Weitem<br />
übersteigt, kann von Wahlfreiheit keine Rede sein. Immerhin<br />
fehlen nach Einschätzungen bundesweit noch etwa 230 000<br />
Kita-Plätze. Der materielle Anreiz, der mit dem Betreuungsgeld<br />
gesetzt wird, hat seine größte Wirkung bei Familien mit<br />
geringem Einkommen. Wer knapp über dem Existenzminimum<br />
lebt, braucht jeden Cent. Und genau hier liegen die Gemeinheit<br />
des Vor<strong>haben</strong>s und die Verantwortungslosigkeit<br />
der Bundesregierung. Statt den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung<br />
zu realisieren, wird hier mit Geld gelockt,<br />
damit eine frühzeitige öffentl<strong>ich</strong>e Betreuung und Bildung unterbleibt.<br />
<strong>Ich</strong> habe der Bundesregierung in der Debatte deshalb<br />
auch empfohlen: »Stre<strong>ich</strong>en Sie den Gesetzesentwurf<br />
von der ersten bis zur letzten Zeile<strong>«</strong>.<br />
Diana Golze,<br />
Sprecherin für Kinder- und<br />
Jugendpolitik der Fraktion<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
Foto: 02<br />
M<strong>ich</strong>ael M. Heyers<br />
Fotos: Jakob Huber
ABGEORDNETE IM ALLTAG<br />
Sommeranfang, 18.00 Uhr, Erfurt. Der Seminarraum in<br />
der Erfurter Fachhochschule ist gut gefüllt. Diesmal<br />
sind aber keine Studenten, sondern Frauen und Männer<br />
aus der Nachbarschaft gekommen. Sie wohnen gle<strong>ich</strong><br />
um die Ecke, in einem Karee, das bereits in den 30er Jahren<br />
erbaut wurde. Zwei-, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen mit<br />
Balkon, ein weiträumiger grüner Innenhof. Insgesamt 220<br />
Wohnungen. Die stehen zum Verkauf. Sie gehören zu den<br />
11 500 Mietwohnungen, die die Bundesregierung im Paket<br />
europaweit und meistbietend an betuchte Investoren verkaufen<br />
<strong>will</strong>. Gabriela Gaffrey ängstigt diese Ankündigung.<br />
Sie lebt in dem Viertel schon so lange, wie sie alt ist. Zunächst<br />
mit den Eltern, dann in der eigenen Wohnung. Jetzt<br />
ist sie 63 Jahre, vorzeitig in Rente, alleinstehend und befürchtet,<br />
entweder rauszufliegen oder nach dem Verkauf die<br />
neue Miete n<strong>ich</strong>t mehr zahlen zu können. Die Ängste sind<br />
n<strong>ich</strong>t von der Hand zu weisen, sagt Heidrun Bluhm,<br />
bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> im Bundestag. Seit Anfang Mai<br />
ist sie Woche für Woche unterwegs und macht<br />
den Mietern Mut, s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t verkaufen zu lassen,<br />
sondern ihre Wohngeschicke selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Mit der Genossenschaft<br />
FairWohnen. Ein Projekt, auf den Weg gebracht<br />
von den <strong>LINKE</strong>N im Parlament, eins,<br />
das aber nur mit den BewohnerInnen<br />
funktioniert. Heidrun Bluhm erklärt<br />
das Modell, spr<strong>ich</strong>t über Finanzen,<br />
Eigenanteile, Mitbestimmung, über<br />
die Chance, ein Stück soziale S<strong>ich</strong>erheit<br />
für s<strong>ich</strong> selbst organisieren<br />
zu können. Es sind immer<br />
wieder Frauen, die nachhaken und Fragen stellen. Heidrun<br />
Bluhm spr<strong>ich</strong>t deshalb auch besonders über ihre Lebenslagen.<br />
»Denn gerade Frauen geraten viel schneller in materielle<br />
Nöte: durch eine Scheidung, wenn sie arbeitslos<br />
werden; sie <strong>verdiene</strong>n ohnehin weniger Geld, bekommen im<br />
Alter häufig eine schmale Rente.<strong>«</strong><br />
In einer Wohngenossenschaft aber bestimmt kein Einzelner,<br />
sondern alle gemeinsam über Mieten, Modernisierung<br />
und Investitionen. Auch darüber, <strong>was</strong> am<br />
Jahresende von den Einnahmen übrig bleibt, ob es ausge -<br />
schüttet wird oder die Genossenschaftsmitglieder künftig<br />
weniger Nutzungsentgelte im Monat zahlen. Das Interesse,<br />
die Wohnungen n<strong>ich</strong>t fremden Fonds oder Kapitalanlegern zu<br />
überlassen, ist groß. Die Ängste, es n<strong>ich</strong>t allein zu schaffen,<br />
auch. Deshalb beschw<strong>ich</strong>tigt Heidrun Bluhm n<strong>ich</strong>t, sondern<br />
empfiehlt, die Satzung zu lesen, mindestens eine Nacht darüber<br />
zu schlafen und selbst durchzurechnen, ob das anteilige<br />
Geld für die Genossenschaftsgründung<br />
übrig ist. Thea Hubert, eine zierl<strong>ich</strong>e und mit<br />
ihren 82 Jahren die wahrscheinl<strong>ich</strong> älteste<br />
Mieterin, nimmt am Ende gle<strong>ich</strong> etl<strong>ich</strong>e Antragsformulare<br />
mit. Sie <strong>will</strong> sie im Haus verteilen,<br />
mit ihren Nachbarn reden. »Um<br />
et<strong>was</strong> Neues anzufangen<strong>«</strong>, sagt sie, »ist<br />
man nie zu alt.<strong>«</strong><br />
Paula Hansen<br />
02<br />
Wohngenossen gesucht:<br />
FairWohnen auf Tour<br />
Foto: Frank Schwarz<br />
02<br />
Heidrun Bluhm hat die<br />
Genossenschaft FairWohnen<br />
erfunden. Sie ist bau- und<br />
wohnungspolitische<br />
Sprecherin der Fraktion<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
Mehr unter:<br />
www.tlg-fairwohnen.de
Foto: privat<br />
VORGESTELLT<br />
Per la Vita –<br />
Für das Leben<br />
Esther Bejarano ist die letzte Überlebende des Mädchenorchesters von Auschwitz.<br />
Heute ist sie fast 88 Jahre, macht immer noch Musik gegen Rechts und besucht Schulen als Zeitzeugin.<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> überre<strong>ich</strong>te ihr für ihre Lebensleistung den Clara-Zetkin-Frauenpreis.<br />
Es ist ganz still in der Kulturbrauerei<br />
Berlin, als die Laudatio für<br />
diese kleine, grauhaarige und<br />
weit über 80 Jahre alte Künstlerin gehalten<br />
wird. Ein außergewöhnl<strong>ich</strong>es Leben<br />
wird erzählt. Esther Bejarano war keine<br />
zwanzig Jahre alt, als sie in das Konzentrationslager<br />
Auschwitz deportiert<br />
wurde. Damals hieß sie noch Loewy.<br />
Mit Gesine Lötzsch bei der Preisverleihung<br />
18<br />
War das vierte Kind einer jüdischen Familie.<br />
Ihr Vater, Opernsänger und Kantor<br />
einer jüdischen Gemeinde, hatte der<br />
Tochter schon früh zeitig das Klavierspielen<br />
beigebracht. In Auschwitz rettete<br />
diese Begabung ihr das Überleben. Esther<br />
bekam die Häftlingsnummer 41948<br />
in den Arm gebrannt und wurde für das<br />
Mädchenorchester des Vern<strong>ich</strong>tungslagers<br />
ausgewählt. Ein Trauma für sie und<br />
alle anderen im Orchester. Denn die<br />
Frauen mussten bei der Ankunft neuer<br />
Häftlinge spielen und wussten doch<br />
genau, dass viele von ihnen sofort in die<br />
Gaskammern geschickt würden. Frauen,<br />
Kinder, Männer, Junge und Alte.<br />
Esther Bejarano überlebte Auschwitz,<br />
das Frauen-KZ Ravensbrück, den Todesmarsch<br />
und wanderte nach dem Krieg<br />
nach Israel aus. Sie studierte Musik, heiratete,<br />
bekam zwei Kinder und kehrte<br />
1960 in das Land der Täter zurück. Bis<br />
heute lebt sie in Hamburg. Und bis heute<br />
Esther Bejarano, eine<br />
Künstlerin für den Frieden<br />
engagiert s<strong>ich</strong> Esther Bejarano für eine<br />
friedl<strong>ich</strong>e, menschl<strong>ich</strong>e Gesellschaft.<br />
Auf der Bühne, gemeinsam mit<br />
ihren beiden Kindern. Sie gründeten<br />
die Musikgruppe Coincidence,<br />
spielen antifaschistische Lieder<br />
und Stücke aus dem Widerstand. Sie ist<br />
Mitbegründerin des Auschwitz-Komitees<br />
und Ehrenvorsitzende der Vereinigung<br />
der Verfolgten des Naziregimes – Bund<br />
deutscher Antifaschistinnen und Antifaschisten.<br />
Sie tritt als Rednerin auf Demonstrationen<br />
auf, besucht Schulen als<br />
Zeitzeugin und hat gemeinsam mit einer<br />
Autorin ein Buch über ihr Leben geschrieben:<br />
»Wir leben trotzdem. Esther<br />
Bejarano – vom Mädchenorchester in<br />
Auschwitz zur Künstlerin für den Frieden.<strong>«</strong><br />
Sie <strong>will</strong> n<strong>ich</strong>t umsonst überlebt<br />
<strong>haben</strong>, deswegen kämpft sie, singt sie,<br />
tanzt sie – per la vita, für das Leben.<br />
Astrid Landero<br />
02
<strong>DIE</strong>S & DAS<br />
20 Jahre Rentenunrecht<br />
Zum ersten Mal fand am 15. Mai 2012<br />
vor dem Bundeskanzleramt in Berlin<br />
eine zentrale Kundgebung von hunderten<br />
Frauen aus dem »Verein der in der<br />
Foto: Frank Schwarz<br />
Hilde Radusch (1903–1994) war Kommunistin und Feministin.<br />
In den 1920er Jahren vertrat sie als rote Betriebsrätin die<br />
Interessen der Telefonfräuleins, baute den Roten Frauen- und<br />
Mädchenbund mit auf und war Berliner Stadtverordnete für<br />
die KPD. 1933 von den Nazis verhaftet, anschließend unter<br />
Gestapo-Überwachung, half sie gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin<br />
anderen Verfolgten. Im August 1944 unterge-<br />
DDR geschiedenen Frauen e. V.<strong>«</strong> statt. Mit<br />
der Vereinigung wurde ihnen der für westdeutsche<br />
Frauen geltende Versorgungsausgle<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t zugebilligt. Mit Kreuzen erinner -<br />
ten sie daran, dass von den ursprüngl<strong>ich</strong><br />
800 000 vom Rentenunrecht betroffenen<br />
Frauen nur noch rund 350 000 leben. Gregor<br />
Gysi, Vorsitzender der Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>,<br />
hatte mehrfach im Bundestag eine gerechte<br />
Regelung für Rentne rinnen gefordert. Die in<br />
der DDR geschiedenen Frauen re<strong>ich</strong>ten eine<br />
Petition bei einer UN-Kommission in Genf ein.<br />
Eine Empfehlung aus Genf zur Rentengle<strong>ich</strong>behandlung<br />
der Geschiedenen in Ost und<br />
West wird für den Herbst erwartet.<br />
taucht, erlebten die beiden die Befreiung 1945 halb verhungert. Im Streit aus der<br />
KPD ausgetreten, fand sie eine neue politische Heimat in der Neuen Frauen- und<br />
Lesbenbewegung, für die sie eine w<strong>ich</strong>tige Zeitzeugin war. Für Hilde Radusch ein<br />
Erinnerungze<strong>ich</strong>en zu schaffen, diese Idee entwickelten Miss Marples Schwestern,<br />
das Netzwerk für Frauengesch<strong>ich</strong>te vor Ort. Am 22. Juni 2012 wurde der Gedenk -<br />
ort für Hilde Radusch an ihrem letzten Wohnort in Berlin-Schöneberg, Eisenacher<br />
Straße/Ecke Winterfeldtstraße enthüllt.<br />
Weitere Infos www.frauentouren.de<br />
Impressum<br />
Das erste Denkmal<br />
für eine von den Nazis verfolgte Lesbe<br />
Herausgeberin:<br />
Fraktion <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. im Bundestag<br />
Platz der Republik 1, 11011 Berlin<br />
Telefon: 030 / 22 75 11 70<br />
Fax: 030 / 22 75 61 28<br />
fraktion@linksfraktion.de<br />
V.i.S.d.P: Ulr<strong>ich</strong> Maurer, MdB<br />
stellvertretender Fraktionsvorsitzender<br />
(Anschrift wie Herausgeberin)<br />
Hilde Radusch, 1925<br />
(Foto: privat)<br />
Leitung: Yvonne Ploetz<br />
Redaktion: Jana Hoffmann,<br />
Stefan Kalmring<br />
Satz und Gestaltung: Zitrusblau GmbH,<br />
Berlin · www.zitrusblau.de<br />
Druck: MediaService GmbH,<br />
Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin<br />
Redaktionsschluss: 25. Juni 2012<br />
Erscheinungsweise: 3-mal im Jahr<br />
Kontakt:<br />
lotta@linksfraktion.de<br />
Briefe an<br />
Lotta gefällt mir inhaltl<strong>ich</strong><br />
sehr gut, sie ist schön gestaltet<br />
und fasst s<strong>ich</strong> gut an.<br />
Johanna Rapel, Freiburg<br />
<strong>Ich</strong> meine das war ein guter<br />
Start. Der Gewerkschafter in<br />
mir hat <strong>was</strong> aus dem klassischen<br />
Arbeitsleben vermisst,<br />
z. B. die Schlecker-Frauen.<br />
Vielle<strong>ich</strong>t beim nächsten Heft.<br />
Walter Kubach, Mundelsheim<br />
Bitte sendet mir 12 Exemplare<br />
der Lotta zu. <strong>Ich</strong> möchte sie an<br />
einige interessierte Frauen<br />
und an meine Schülerinnen<br />
weitergegeben.<br />
Selina Spöllmink, Berlin<br />
Besonders interessant fanden<br />
wir den Beitrag über die Situation<br />
der Frauen in Griechenland.<br />
Bei euch erhalten wir<br />
Infos, die wir sonst nirgendwo<br />
herbekommen.<br />
M<strong>ich</strong>aela Huth, Essen<br />
Endl<strong>ich</strong> mal ein Magazin für<br />
Frauen, in dem es n<strong>ich</strong>t um<br />
belanglose Dinge wie neueste<br />
Diäten und Styling geht, sondern<br />
um die wirkl<strong>ich</strong> w<strong>ich</strong> -<br />
tigen Dinge im Leben von<br />
Frauen.<br />
Cindy Heckmann, Saarbrücken<br />
klimaneutral<br />
durch<br />
Mehr Bäume. Weniger CO 2.<br />
Dieses Druckprodukt unterstützt die Erstaufforstung<br />
von Laubmischwäldern in Schleswig-Holstein (D) zur<br />
nachhaltigen Kompensation von Treibhausgasen.<br />
www.evers-reforest.com
FRAUEN. LEBEN. LINKS!<br />
PLAN B<br />
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FRAUEN. LEBEN. LINKS!<br />
Juli 2012<br />
02<br />
»<strong>Ich</strong> <strong>will</strong> <strong>haben</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>verdiene</strong>!<strong>«</strong><br />
Teilzeit, Minijob, Scheinselbständigkeit:<br />
die prekarisierte Frau. Unser Thema!<br />
Künstlerinnen: Was macht die Kunst? Wie leben sie? S. 8<br />
Ohne Geld bleibt studieren ein<br />
Wunschtraum: zum Schreiben,<br />
findet Sandy Stachel (siehe Seite 5)<br />
Fotos: Nikki Später<br />
Das rote<br />
Projekt für<br />
einen sozialökologischen<br />
Umbau.<br />
Ein Denkanstoß<br />
und Einladung zur Debatte<br />
www.plan-b-mitmachen.de<br />
www.facebook.com/groups/<br />
planb/<br />
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es wünschen, in digitaler Form als PDF-Datei (E-Mail-Adresse erforderl<strong>ich</strong>).<br />
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