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Ich bin nicht süchtig, aber ich brauche es

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uhwinkel 30.06.2009<br />

„<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>n<strong>ich</strong>t</strong> <strong>süchtig</strong>, <strong>aber</strong> <strong>ich</strong> <strong>brauche</strong> <strong>es</strong>“<br />

b<strong>es</strong>ondere Aspekte der Abhängigkeit im Alter<br />

mit dem Beispiel<br />

ein<strong>es</strong> ambulanten<br />

Alkoholentzugs


uhwinkel 30.06.2009<br />

Aufbau<br />

1. Altersbilder<br />

2. Physiologische Veränderungen im Alter<br />

3. Ursachen von Abhängigkeit im Alter<br />

4. Grenze zwischen Genuss und<br />

Abhängigkeit<br />

5. Therapiemögl<strong>ich</strong>keiten<br />

6. Prognose


uhwinkel 30.06.2009<br />

Fakten<br />

• Das Alter ist sehr<br />

vielfältig<br />

• Das Alter ist<br />

zunehmend weibl<strong>ich</strong><br />

• Unterschiedl<strong>ich</strong>keit<br />

nimmt zu, auf<br />

biologischer, kognitiver,<br />

sozialer und<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsebene und<br />

das auch bei<br />

Hochbetagten<br />

(Nelson/Dannefer,1992<br />

Metaanalyse von 185<br />

Altersstudien)<br />

• > 60 Jahre, 2/3 weibl<strong>ich</strong><br />

• > 75 Jahre, 3/4 weibl<strong>ich</strong>


uhwinkel 30.06.2009<br />

Ältere Menschen<br />

• Können Gefühle<br />

komplexer, realistischer<br />

und erfüllender sowie<br />

intensiver erleben<br />

(Lawton 2001 und Charl<strong>es</strong> 2005)<br />

• Die Häufigkeit negativer<br />

Emotionen nimmt im<br />

Alter ab, positive<br />

emotionale Erfahrungen<br />

halten länger an,<br />

negative verblassen<br />

schneller<br />

(Carstensen et all 2000)<br />

• Zunahme an Liebenswürdigkeit<br />

mit zunehmendem<br />

Alter ist<br />

nachgewi<strong>es</strong>en<br />

(Weiss et al.2005)


uhwinkel 30.06.2009<br />

Fakten<br />

• Subjektiver<br />

G<strong>es</strong>undheitszustand<br />

(eigen<strong>es</strong> Empfinden)<br />

hat die höchste<br />

Korrelation zu<br />

Langlebigkeit<br />

(BOLSA-Studie und Berliner AS)<br />

• Gedächtnisausfälle<br />

haben häufig mit<br />

Belastung und Str<strong>es</strong>s<br />

zu tun, werden <strong>aber</strong><br />

oft dem Alter<br />

zug<strong>es</strong>chrieben<br />

(Neupert 2003)


uhwinkel 30.06.2009<br />

1. Altersbilder<br />

Yale-Universität:<br />

• Studie bei der s<strong>ich</strong><br />

Versuchspersonen<br />

über verschiedene<br />

Themen unterhalten.<br />

• Nur beim Thema<br />

„Alter“ brauchten die<br />

Probanden signifikant<br />

länger für ihren Weg<br />

bis zum Ausgang.<br />

(nach G. Schmid)


uhwinkel 30.06.2009<br />

„Rein biologisch<br />

g<strong>es</strong>ehen, ist das<br />

Alter <strong>n<strong>ich</strong>t</strong>s wert“<br />

(Sozialethiker Hans Ruh<br />

17.3. 09 im<br />

Tag<strong>es</strong>anzeiger)


Was prägt pr gt mein Altersbild?<br />

• G<strong>es</strong>ellschaft<br />

ruhwinkel 30.06.2009<br />

• Angst vor veränderter<br />

Altersstruktur<br />

• Rassismus in unserer<br />

G<strong>es</strong>ellschaft (nach<br />

Schirrmacher)<br />

• Menschen, die <strong>ich</strong> heute<br />

älter werden sehe<br />

• Altersbilder sind im med.<br />

und psycho-sozialen<br />

Bere<strong>ich</strong> negativer als in<br />

der Normalbevölkerung<br />

(G. Stoppe)


uhwinkel 30.06.2009<br />

Was prägt mein Altersbild?<br />

• Vorbilder<br />

• Angst<br />

• Alte Menschen aus<br />

meiner G<strong>es</strong>ch<strong>ich</strong>te und<br />

deren Haltungen zum<br />

Älterwerden<br />

• Vor der Endl<strong>ich</strong>keit<br />

• Vor Abhängigkeit und<br />

Hilflosigkeit<br />

• Vor der ri<strong>es</strong>igen<br />

Umwälzung<br />

• Vor der<br />

Orientierungslosigkeit


uhwinkel 30.06.2009<br />

Welch<strong>es</strong> Altersbild trage <strong>ich</strong> in mir?<br />

• Welche Vorbilder habe <strong>ich</strong> in meinem<br />

Leben für das Älterwerden?<br />

• Welche Leitsätze zum Älterwerden<br />

haben sie mir vermittelt?


uhwinkel 30.06.2009<br />

Dagegen sprechen<br />

• Die Mehrheit der älteren Menschen ist bis ins hohe<br />

Alter allen Vorurteilen zum Trotz glückl<strong>ich</strong> und<br />

zufrieden.<br />

• Neue Hirnforschung att<strong>es</strong>tiert uns ein zeitlebens<br />

lernfähig<strong>es</strong> Gehirn, das lebenslängl<strong>ich</strong> veränderbar ist<br />

(G. Hüther)<br />

• Der Entwicklungsdruck in unserer G<strong>es</strong>ellschaft zwingt<br />

uns zum Umdenken, denn wir können <strong>es</strong> uns in<br />

Zukunft <strong>n<strong>ich</strong>t</strong> mehr leisten, so viele Menschen „zum<br />

alten Eisen“ zu rechnen


„Meine körperl<strong>ich</strong>en Kräfte<br />

lassen m<strong>ich</strong> im St<strong>ich</strong>.<br />

Meine Sinne, meine<br />

Fortbewegungsorgane,<br />

mein Gedächtnis werden<br />

schwächer...<br />

und dennoch hat mein Geist<br />

noch immer die Fähigkeit,<br />

s<strong>ich</strong> weiter zu entwickeln,<br />

denn meine Neugierde ist<br />

lebhafter denn je.“<br />

ruhwinkel 30.06.2009<br />

G.B. Shaw mit 88 Jahren


uhwinkel 30.06.2009<br />

Subjektiv<strong>es</strong> Wohlbefindens-Paradoxon<br />

• Obwohl die Anzahl der objektiven Beeinträchtigungen<br />

zunimmt, wird bis ins 4. Lebensalter hinein konstant<br />

subjektiv<strong>es</strong> Wohlbefinden erlebt (Staudinger 2000)<br />

• Grund dafür: Fähigkeit d<strong>es</strong> Selbst, Realität zu<br />

konstruieren und zu transformieren, s<strong>ich</strong> an<br />

veränderte Wirkl<strong>ich</strong>keiten anzupassen und das eigene<br />

Selbstverständnis zu schützen<br />

• Alte Menschen b<strong>es</strong>itzen mögl<strong>ich</strong>erweise sogar eine<br />

b<strong>es</strong>ondere Fähigkeit, s<strong>ich</strong> veränderten Gegebenheiten<br />

anzupassen und ihre Erwartungen neu zu ordnen<br />

(Th. Friedr<strong>ich</strong>-Hett)


uhwinkel 30.06.2009<br />

Eigene Altersbilder<br />

� Altern als Transformationsproz<strong>es</strong>s (G. Schmid)<br />

� Ein Lerncurriculum, bei dem <strong>ich</strong> neugierig<br />

beobachten kann was passiert (G. Schmid)<br />

� Altern als Entwicklungsaufgabe<br />

� Im Alter eine Art II. Adol<strong>es</strong>zenz (Weakland<br />

und Herr 1984)<br />

� Jeder durchlebt di<strong>es</strong>en Proz<strong>es</strong>s in seinem<br />

Tempo, mit seinen Krisen und muss seinen<br />

individuellen Entwicklungsweg finden


uhwinkel 30.06.2009<br />

II. Adol<strong>es</strong>zenz<br />

Adol<strong>es</strong>zenz ist eine Errungenschaft der<br />

moderneren G<strong>es</strong>ellschaften<br />

• W<strong>ich</strong>tig für die Identitätsentwicklung der Individuen<br />

• W<strong>ich</strong>tige Dynamik für die G<strong>es</strong>ellschaft<br />

II. Adol<strong>es</strong>zenz im Alter<br />

– Körper als Entwicklungsorganisator<br />

– Selbstwertkrisen<br />

– Rollen- und Statusänderungen<br />

– mit kurzer Lebensperspektive


2. Physiologische Veränderungen im Alter<br />

„<strong>Ich</strong> muss aufhören<br />

nur noch auf den Tod<br />

zu warten und das<br />

Leben nutzen, solange<br />

<strong>ich</strong> <strong>es</strong> habe.“<br />

(Patientin der PTS, 84 Jahre)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Hirnforschung<br />

• Ranon y Cajal 1928<br />

• Neue Färbetechnik<br />

• In jungen Gehirnen fand man mehr Fortsätze<br />

an den Zellen (Dendriten)<br />

• Folgerung: beim Älterwerden trocknen die<br />

Fortsätze ab und die Zellen sterben ab.<br />

• Linear<strong>es</strong> Modell vom Gehirn: unreife<br />

Verschaltungen; Ausreifung; Nutzung;<br />

Degeneration<br />

ruhwinkel 30.06.2009


uhwinkel 30.06.2009<br />

Neue Technik, neu<strong>es</strong> Verstehen<br />

• 70 Jahre und<br />

Sehrindeninfarkt, sie<br />

lernte die Blindenschrift<br />

• Jonglieren<br />

• ½ Jahr danach war<br />

die Region mit dem<br />

Tastsinn im Gehirn<br />

ausgebreitet und<br />

hatte viel mehr<br />

Vernetzungen<br />

• ½ Jahr nach<br />

intensivem Üben<br />

war die Region im<br />

Gehirn auch bei 70<br />

bis 80-Jährigen<br />

gewachsen


Wir können unser Gehirn bis ins<br />

hohe Alter auf neue Weise<br />

nutzen.<br />

Unser Gehirn kann s<strong>ich</strong> weiter entwickeln<br />

(G. Hüther; N. Herschkowitz; J.C. Rüegg)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Veränderungen im Alter,<br />

die Abhängigkeit fördern können<br />

Körperl<strong>ich</strong>e Ebene:<br />

• Verlangsamter<br />

Stoffwechsel<br />

• Erhöhter Fettanteil<br />

• Geringerer Wassergehalt<br />

• Niedrige Dosis erzeugt<br />

gle<strong>ich</strong>e oder stärkere<br />

Wirkung<br />

• Langsamer Abbau,<br />

Kumulationsgefahr<br />

• Polypharmazie durch<br />

verschiedene Gebrechen<br />

ruhwinkel 30.06.2009<br />

Psychische Ebene:<br />

• Auseinandersetzung mit<br />

Tod/Verlusten<br />

• Ängste<br />

• Vereinsamung<br />

• Wertlosigkeit in der<br />

G<strong>es</strong>ellschaft<br />

• R<strong>es</strong>ignation<br />

• Narzisstische Kränkungen


uhwinkel 30.06.2009<br />

3. Ursachen von Abhängigkeit im Alter


uhwinkel 30.06.2009<br />

Negative Altersstereotypien<br />

• Hindern ältere Menschen an der Entfaltung ihrer<br />

Potentiale oder führen sogar zu einer Minderung<br />

ihrer Kompetenzen<br />

• Negative Erwartungshaltung beim alten Menschen<br />

löst Uns<strong>ich</strong>erheit und Angst aus<br />

• S<strong>ich</strong> selbst erfüllende Prophezeiung<br />

• Reduzieren die Lust von Therapeuten, mit älteren<br />

Menschen zu arbeiten<br />

• Griff zu Alkohol als Selbsttherapie oder zu Tabletten<br />

als rasche Therapie<br />

(Thomas Friedr<strong>ich</strong>-Hett)


uhwinkel 30.06.2009<br />

Krisenanfälligkeit<br />

Erhöhte Krisenanfälligkeit der Beziehungen<br />

älterer Menschen<br />

• Unterschiedl<strong>ich</strong><strong>es</strong> Altern<br />

• Finanzielle Unabhängigkeit<br />

• Akzeptanz von Trennungen<br />

• Ri<strong>es</strong>ige Zeitspanne der Zweisamkeit<br />

• Spätscheidungen um den Termin der Silberhochzeit<br />

haben s<strong>ich</strong> in den letzten 20 Jahren verdoppelt<br />

(Schmitdbauer)


Spätmanif<strong>es</strong>tationen der Abhängigkeit<br />

(1/3 aller Substanzabhängigen im Alter)<br />

• Ungünstige Lebensereignisse gehen bei 81 % der<br />

älteren Menschen einer Suchtentwicklung voraus.<br />

(40 % jüngeren Menschen)<br />

ruhwinkel 30.06.2009<br />

(Uchtenhagen 2004)


uhwinkel 30.06.2009<br />

Arten von Abhängigkeit im Alter<br />

• Early onset<br />

Abhängigkeit<br />

• Late onset<br />

Abhängigkeit<br />

• Low dose abhängig<br />

• Voll abhängig<br />

Nach dem Suchtmittel:<br />

• Alkohol<br />

• Schlaf- und<br />

Beruhigungsmittel<br />

• Schmerzmittel<br />

• Nikotin<br />

• Drogen<br />

• Spielsucht


Verschreibungspraxis<br />

Älteren Menschen wird eher ein psychoaktiv<strong>es</strong><br />

Medikament verschrieben, als dass<br />

<strong>n<strong>ich</strong>t</strong>pharmakologische Behandlungen<br />

berücks<strong>ich</strong>tigt werden. (Eliason/ Skinstad 2001)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Medikamente<br />

• BASE 0,5 % der > 69-jährigen Medikamente-<br />

Abhängigen<br />

• Amerikanische Studien: > 65-Jährige mehr<br />

verschriebene und rezeptfreie Medikamente<br />

als alle anderen Kohorten zusammen<br />

• 13 % der US-Bevölkerung konsumiert 30 %<br />

der verschriebenen und 40 % der rezeptfreien<br />

Medikamente (Menninger 2002)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Bund<strong>es</strong>amt für Statistik (2002)<br />

Tägl<strong>ich</strong> Schmerz-, Schlaf- oder Beruhigungsmittel<br />

• Frauen<br />

18,2 % der 70 – 74-Jährigen<br />

22,6 % der über 74-Jährigen<br />

• Männer<br />

10,3 % der 70 – 74-Jährigen<br />

14,3 % der über 74-Jährigen<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Medikamentenabhängigkeit<br />

Schlafmedikamente:<br />

• doppelt so hohe Verbrauchsrate bei den über<br />

65-Jährigen als bei den jüngeren Kohorten.<br />

• 26 % der weibl<strong>ich</strong>en und 6 % der männl<strong>ich</strong>en<br />

älteren Patienten, die medizinische Hilfe<br />

beanspruchen, nehmen Schlafmedikamente.<br />

(Morin et al. 2004)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Psychopharmaka<br />

• 2/3 der Psychopharmaka werden an Menschen über<br />

60 Jahre verschrieben<br />

• 70 - 80 % davon sind Benzodiazepine<br />

• Schlafstörungen und psychische Begleiterscheinungen<br />

bei körperl<strong>ich</strong>em Leiden sind Verschreibungsgründe<br />

• 20% - 25 % der Alters- und Pflegeheimbewohnerinnen<br />

erhalten Tranquillizer bzw. Hypnotika<br />

(Uchtenhagen 2004)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Abhängigkeit wird gefördert durch:<br />

• Unzeitgemässe Verschreibungspraktiken der Ärzte<br />

(Finfgeld-Connet 2004)<br />

• Alkoholabhängigkeit wird bei älteren Menschen<br />

häufig übersehen (Oslin 2004)<br />

• Verlust der Kontrollen durch das soziale Umfeld<br />

• Scham, die Reife <strong>n<strong>ich</strong>t</strong> aufzubringen, die im Alter<br />

erwartet wird<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Schutzfaktoren für Abhängigkeit im Alter<br />

• Umfeld ermutigt weniger zu Alkohol- und<br />

Drogenkonsum, Abstinenz wird b<strong>es</strong>ser toleriert<br />

(Satre et al. 2004)<br />

• Identitätsbildung und <strong>Ich</strong>-Reife sind z.T.<br />

fortg<strong>es</strong>chrittener<br />

• Bewusster Umgang mit Suchtmitteln aus Sorge um<br />

körperl<strong>ich</strong>e Schäden oder Wechselwirkungen mit<br />

Medikamenten<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Folgen d<strong>es</strong> Substanzmissbrauchs im Alter<br />

• Stürze/Unfälle<br />

• Kognitive Störungen<br />

• Delirien<br />

• Depr<strong>es</strong>sionen<br />

• Suizidalität<br />

• Paranoide Entwicklungen<br />

• Rückzug<br />

• Verwahrlosung<br />

• Konflikte<br />

• Soziale Vulnerabilität nimmt noch mehr zu<br />

• Frühzeitige Einweisung in ein Pflegeheim<br />

(Uchtenhagen 2004)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


uhwinkel 30.06.2009<br />

4. Grenze Genuss und Abhängigkeit?


uhwinkel 30.06.2009<br />

Grenze Genuss und Abhängigkeit<br />

Genuss<br />

ist selbstb<strong>es</strong>timmt,<br />

man kann auch<br />

ohne das Mittel<br />

den Tag geni<strong>es</strong>sen<br />

und/oder die Dosis<br />

variieren<br />

Abhängigkeit nach ICD 10:<br />

1. Starker Wunsch oder Zwang zu<br />

konsumieren<br />

2. Verminderte Kontrollfähigkeit<br />

3. Körperl<strong>ich</strong><strong>es</strong> Entzugssyndrom<br />

4. Toleranzentwicklung<br />

5. Fortschreitende Vernschlässigung<br />

anderer Inter<strong>es</strong>sen oder<br />

Vergnügungen<br />

6. Konsum trotz anhaltender<br />

schädl<strong>ich</strong>er Folgen


uhwinkel 30.06.2009<br />

Low Dose Abhängigkeit<br />

• Manche ältere<br />

Menschen <strong>brauche</strong>n<br />

zwar das Mittel,<br />

können <strong>aber</strong> über<br />

Jahre eine tiefe Dosis<br />

beibehalten<br />

• Keine komplette<br />

Abhängigkeit weil der<br />

Kontrollverlust u.a.<br />

ausbleibt


uhwinkel 30.06.2009<br />

Signale der Abhängigkeit:<br />

• Erkennen der<br />

Abhängigkeit im Alter<br />

ist schwierig<br />

• Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>tsstörungen<br />

• Wiederholte Stürze<br />

• Konzentrations- und<br />

Gedächtnisstörungen<br />

• Unterernährung<br />

• Vitaminmangel<br />

• Inkontinenz<br />

• Polyneuropathie<br />

• Allgemeine Ängstl<strong>ich</strong>keit<br />

• Innere Unruhe<br />

• Antriebsminderung<br />

• Depr<strong>es</strong>sive Verstimmung<br />

• Verwirrtheit<br />

• Halluzinationen<br />

• Soziale Isolation<br />

• Verwahrlosung<br />

• Gezielt danach<br />

fragen, daran<br />

denken!!!


uhwinkel 30.06.2009<br />

5. Therapiemögl<strong>ich</strong>keiten


uhwinkel 30.06.2009<br />

Häufig heisst <strong>es</strong>:<br />

• „Ja, in meinem Alter<br />

kann <strong>ich</strong> das doch<br />

<strong>n<strong>ich</strong>t</strong> mehr ändern.“<br />

• „Lassen Sie dem<br />

Mann doch seinen<br />

Rotwein, er hat doch<br />

sonst <strong>n<strong>ich</strong>t</strong>s mehr.“<br />

• „Bei so vielen<br />

Tabletten kommt <strong>es</strong><br />

auf etwas mehr auch<br />

<strong>n<strong>ich</strong>t</strong> mehr an.“


uhwinkel 30.06.2009<br />

Aufklärung ist w<strong>ich</strong>tig<br />

• Aufklärung was ist Abhängigkeit und was <strong>n<strong>ich</strong>t</strong><br />

• Ältere Menschen müssen wissen, was der Konsum<br />

von Alkohol und Tabletten für sie für Gefahren<br />

beinhalten<br />

• Ältere Menschen <strong>brauche</strong>n das Wissen, dass sie die<br />

Abhängigkeit behandeln können<br />

• Sie <strong>brauche</strong>n Menschen in ihrem Umfeld, die ihnen<br />

eine solche Veränderung zutrauen und sie<br />

unterstützen<br />

• Geeignete Angebote, die sie im Entscheidungsproz<strong>es</strong>s<br />

und in der Therapie beraten und<br />

unterstützen


uhwinkel 30.06.2009<br />

Therapie - das heisst was?<br />

• Den Patienten als Fachmann für s<strong>ich</strong> selber betrachten<br />

– Hierarchie abbauen<br />

– Partnerschaftl<strong>ich</strong>er Umgang<br />

• Dem älteren Menschen lösungsorientiert und<br />

r<strong>es</strong>sourcenorientiert begegnen<br />

– R<strong>es</strong>sourcengeleitete Anamn<strong>es</strong>earbeit<br />

– Klare Ziele erarbeiten<br />

• R<strong>es</strong>pekt für die Wirkl<strong>ich</strong>keit d<strong>es</strong> älteren Menschen<br />

– Seine Perspektive verstehen lernen<br />

– Andere Perspektiven <strong>aber</strong> als Mögl<strong>ich</strong>keit daneben stellen<br />

• Die Lösung d<strong>es</strong> Problems im Patienten suchen, <strong>n<strong>ich</strong>t</strong> eigene<br />

Lösungen entwickeln<br />

– Neugierig sein auf den Menschen<br />

– Ihm Entwicklungspotential zutrauen, bis ins hohe Alter


uhwinkel 30.06.2009<br />

Behandlung der Abhängigkeit<br />

• Gemeinsame Sprache erarbeiten<br />

• Aufklärung über die Abhängigkeit und ihre Folgen<br />

• Realistische Ziele mit dem Patienten erarbeiten.<br />

Auch eine Reduktion d<strong>es</strong> Suchtmittels ist ein<br />

Gewinn!<br />

• Keine grossen Entzüge, sind für den Körper viel zu<br />

belastend<br />

• Kleinschrittiger Abbau über mehrerer Wochen und<br />

Monate<br />

• Geeignete Substitution d<strong>es</strong> Mittels durch kurzwirksame<br />

Mittel, die s<strong>ich</strong> im Körper <strong>n<strong>ich</strong>t</strong> ansammeln<br />

• Ersatz für das Mittel finden / Ursache der<br />

Abhängigkeit angehen


uhwinkel 30.06.2009<br />

6. Prognose


Behandlungsergebnisse<br />

(Baillargeion et al.2003)<br />

Chronische Insomnie (67,4 Jahre, Frauen)<br />

Benzoabhängigkeit seit mind. 3 Monaten<br />

kom<strong>bin</strong>ierte Intervention:<br />

77% vollkommen abstinent;<br />

nach 12 Monaten 70%<br />

nur Dosisreduktion:<br />

38% vollkommen abstinent;<br />

nach 12 Monaten 24%<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Mind<strong>es</strong>tens so gute Behandlungsergebnisse<br />

• Lemke und Moos (2003) > 55 Jährige C2-Abhängige<br />

• Zeissler (1999) C2 Gruppe der älteren signifikant<br />

erfolgre<strong>ich</strong>ere Therapie<br />

• Stationär<strong>es</strong> Alkoholbehandlungsprogramm<br />

Ältere Pat. generell mind<strong>es</strong>tens so erfolgre<strong>ich</strong> wie die<br />

jüngeren (Lemke und Moos 2002)<br />

• 5-jährige Langzeitstudie mit 1204 Polytoxikomanen<br />

ambulante/stationäre Entzugsbeh. Ältere Probanden<br />

blieben häufiger im Programm und hatten nach<br />

5 Jahren zu 52 % totale Abstinenz während bei den<br />

jüngeren 40 % total abstinent waren (Satre et al. 2004)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Fazit<br />

• Ältere Abhängige sprechen z.T. sogar b<strong>es</strong>ser<br />

auf suchtspezifische Interventionen an als<br />

jüngere.<br />

• Frauen b<strong>es</strong>ser als Männer<br />

• Optimal<strong>es</strong> Ansprechen b<strong>es</strong>onders wenn die<br />

Interventionen auf die Zielgruppe speziell<br />

zug<strong>es</strong>chnitten sind<br />

• Genderspezifische und migrationsspezifische<br />

Angebote sind erfolgversprechend<br />

• Bereits Aufklärung reduziert den Konsum<br />

(Institut für Sucht und G<strong>es</strong>undheitsforschung ZH 2006)<br />

ruhwinkel 30.06.2009


Take home m<strong>es</strong>sage<br />

• Unser Altersbild prägt unsere Einstellung zur<br />

Abhängigkeit bei älteren Menschen<br />

• An Abhängigkeiten denken und ansprechen<br />

• Behandlung zutrauen und ältere Menschen<br />

dazu ermuntern, s<strong>ich</strong> ihrem Problem mit der<br />

Substanz zu stellen<br />

• Aufklären über Konsequenzen d<strong>es</strong> Konsums<br />

• Langsame Entzugsbehandlung<br />

• R<strong>es</strong>pekt vor dem älteren Menschen und seiner<br />

Entscheidung im Umgang mit seiner Sucht<br />

ruhwinkel 30.06.2009


uhwinkel 30.06.2009<br />

Literatur<br />

F. Höpflinger: Demographische Alterung u. individuell<strong>es</strong> Altern<br />

U. Lehr: Psychologie d<strong>es</strong> Alterns<br />

F. Riemann: Die Kunst d<strong>es</strong> Alterns<br />

P. Schimany: Die Alterung der G<strong>es</strong>ellschaft<br />

W. Schmidbauer: Psychotherapie im Alter<br />

F. Schirrmacher: Das Methusalem-Komplott<br />

P. Thane: Das Alter- Eine Kulturg<strong>es</strong>ch<strong>ich</strong>te<br />

J.H. Waekland/J.J. Herr: Beratung älterer Menschen und ihrer<br />

Familien<br />

Familiendynamik 4 Oktober 2008 systemische Identität<br />

B. Hüther: Bedienungsanleitung für ein menschl<strong>ich</strong><strong>es</strong> Gehirn<br />

Thomas Friedr<strong>ich</strong>-Hett: Positiv<strong>es</strong> Altern<br />

Hans Ruh; Tag<strong>es</strong>anzeiger vom 17.3.09<br />

Alter und Sucht ISGF Zür<strong>ich</strong> Oktober 2006, Ber<strong>ich</strong>t Nr. 0221

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