Art meets business: Douglas Gordon
Art meets business: Douglas Gordon
Art meets business: Douglas Gordon
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Frage nach der Identität ist das Leitmotiv von<br />
Alfred Hitchcocks Film „Vertigo“, und um diese Frage geht es auch in dem Projekt<br />
FEATURE FILM des schottischen Videokünstlers <strong>Douglas</strong> <strong>Gordon</strong>, Träger des<br />
CENTRAL-Kunstpreises 1999.<br />
<strong>Douglas</strong> <strong>Gordon</strong> trennt in FEATURE FILM die Erzäh-<br />
lung und die Bilder des filmischen Meisterwerks ”Vertigo” von der Musik und verbin-<br />
det die Musik mit Aufnahmen eines der größten Dirigenten unserer Zeit, James Con-<br />
lon. Dieser dirigiert dabei das 100-köpfige Orchester der Pariser Oper. ”Vertigo” ist<br />
nicht zu sehen, nur zu hören: Das Orchester spielt die Originalpartitur, das heißt,<br />
FEATURE FILM hat die gleiche Länge wie „Vertigo“.<br />
Drei Kameras filmten den Dirigenten – vor allem<br />
Details wie Augen, Gesicht oder Hände. Das Orchester ist dabei nicht zu sehen. Ent-<br />
standen ist ein eigener „Spiel-Film“, FEATURE FILM eben, in dem die Körpersprache<br />
eines Menschen nicht nur ihn selbst, sondern auch die Musik interpretiert. Darüber<br />
hinaus erzählen die Bilder in Verbindung mit der suggestiven Musik Herrmanns eine<br />
ganz eigene Geschichte aus Erinnerungen an das Original von ”Vertigo”, aber sie evo-<br />
zieren auch individuelle Erinnerungen.<br />
Einen Eindruck der Installation von FEATURE FILM<br />
geben die auf den vorangegangenen Seiten abgebildeten Filmausschnitte – Standfotos<br />
aus dem Film, so genannte Filmstills.<br />
Im Rahmen der Ausstellung des Projektes wurde<br />
FEATURE FILM auf beiden Stirnseiten des Ausstellungsraumes im Kölnischen Kunst-<br />
verein auf großen Leinwänden spiegelbildlich gezeigt. Dazwischen lagen 50 Meter<br />
Dunkelheit und Leere. Wer eintauchte in diesen Leerraum und sich einließ auf die<br />
Suggestionskraft der Filmmusik und der extrem großen Nahaufnahmen, der fühlte<br />
nach kurzer Zeit selbst „Vertigo“ – Schwindel, und damit Höhenangst. Neben dieser<br />
Ausstellungsversion gibt es auch eine Kinoversion, die anlässlich der Ausstellung in<br />
einem Kölner Kino uraufgeführt wurde.<br />
CENTRAL-Kunstpreis 1999<br />
<strong>Douglas</strong> <strong>Gordon</strong>s<br />
FEATURE FILM
<strong>Douglas</strong> <strong>Gordon</strong> bewegt sich in seiner höchst eigen-<br />
ständigen künstlerischen Arbeit zwischen den Medien von Film, Video, Sprache und<br />
Klang. Dabei verdichtet sich die Vielfalt zu einem außergewöhnlich komplexen wie<br />
konzentrierten Werk. FEATURE FILM ist <strong>Gordon</strong>s erster eigener Spielfilm. Er konzi-<br />
pierte den Film, wählte den Hauptdarsteller James Conlon, die Filmmusik von Her-<br />
bert Herrmann zu Hitchcocks „Vertigo“ und führte Regie.<br />
James Conlon (1950 in New York geboren), seit<br />
1991 Generalmusikdirektor der Stadt Köln und seit 1996 Chefdirigent der Opéra<br />
National de Paris, gehört heute unbestritten zur Weltspitze der Dirigenten.<br />
Seine persönliche Begeisterung für das Projekt war<br />
schließlich die Voraussetzung dafür, dass <strong>Gordon</strong> ihn dazu gewinnen konnte, die Ori-<br />
ginalpartitur des Klassikers „Vertigo“ mit seinem Orchester exklusiv für dieses Pro-<br />
jekt einzuspielen. Abgesehen von seinen herausragenden Qualitäten als Dirigent ent-<br />
sprachen Alter, Körpergröße und Physiognomie genau der Vorstellung, die <strong>Douglas</strong><br />
<strong>Gordon</strong> von dem „Hauptdarsteller“ seines Filmes hatte. Die darstellerische Kraft von<br />
James Conlon ist in FEATURE FILM eindrucksvoll in Szene gesetzt. Unterstützt wird<br />
diese Wirkung dadurch, dass Conlon das Orchester ohne Taktstock leitet. Das Diri-<br />
gieren der komplexen Musik wird so zu einem unmittelbaren Erlebnis der Gesten, der<br />
Mimik, des Körpers – der Dirigent als Medium für die Musik.<br />
Bernhard Herrmann gehört zu den berühmtesten<br />
und wichtigsten Filmkomponisten der Nachkriegszeit. Während seiner langen und<br />
intensiven Zusammenarbeit mit Alfred Hitchcock schrieb er die Musik für Filme wie<br />
„Psycho“, „The Man Who Knew Too Much“ und „North by North West“. Von den<br />
großen romantischen Komponisten inspiriert, zeichnen sich seine Kompositionen<br />
durch geheimnisvolle und komplexe Strukturen aus, die Obsession, Emotion und<br />
Tiefe vermitteln.<br />
Der Film „Vertigo“ entstand 1958 und behandelt<br />
Hitchcocks bevorzugte Themen von romantischer Obsession, Isolation und der<br />
Macht des Unbekannten. Die Musik spielt dabei eine herausragende Rolle. So werden<br />
lange Passagen der Erzählung stärker durch die Musik als durch die Darsteller und<br />
deren Handlung charakterisiert. Während das musikalische Motiv der männlichen<br />
Hauptfigur Scottie, dargestellt von James Stewart, von dissonanten Harfen geprägt<br />
wird, ist das durchgängige Thema der Madeleine (Kim Novak) eine melancholisch-<br />
mysteriöse Melodie von Streichern und Hörnern.