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<strong>DTIG</strong><br />
Defense Threat<br />
Informations Group<br />
Fachdokumentation<br />
Autor : Adrian Ochsenbein<br />
Version 1.0<br />
Juni 2012<br />
Die Streubombe<br />
<strong>BL755</strong><br />
Bilderquelle: Forum www.bocn.co.uk
Die <strong>BL755</strong> ist eine Streubombe für den Einsatz ab Flugzeugen. Sie dient primär zur Bekämpfung von<br />
gepanzerten Verbänden, ist aber auch gegen Mannschaften effektiv.<br />
Entwicklung<br />
Die <strong>BL755</strong> wurde in den 1960er Jahren bei Hunting Engineering, Ltd. in Ampthill für die Royal Air<br />
Force entwickelt. Im Jahr 1970 wurden die ersten Exemplare ausgeliefert. Die Ausführung <strong>BL755</strong><br />
HADES wurde 1988 bei den britischen Streitkräften eingeführt.<br />
Streubombe<br />
<strong>BL755</strong> No. 1 Mk. 1<br />
Die <strong>BL755</strong> verfügt über einen zylinderförmigen Rumpf. In der Rumpfmitte ist eine Welle, um welche<br />
Auswerfer platziert sind. Am Heck sind vier teleskopartig ausfahrbare Stabilisierungsflächen zur Flug-<br />
und Fallstabilisierung angebracht. Um die Welle im Rumpf sind sieben Sektionen für insgesamt 147<br />
Bomblets vom Typ No. 1 Mk. 1 angebracht. Jede Sektion nimmt sieben Bombenpakete mit je drei<br />
Bomblets auf. Der Rumpf besteht aus einer Aluminium-Beplankung, welche vor dem Ausstoss der<br />
Bomblets separiert. Die <strong>BL755</strong> verfügt über die 356 mm Standard-Bombenschlösser der britischen<br />
Streitkräfte.<br />
Vor dem Abwurf muss der Bombe eine von drei Verzögerungsstellungen eingegeben werden. Diese<br />
Einstellung definiert die Zeitspanne zwischen Bombenabwurf und dem Ausstoss der Bomblets.<br />
Unmittelbar nach dem Abwurf werden am Heck die vier Stabilisierungsflügel ausgefahren, um den Fall<br />
der Bombe zu stabilisieren. Durch ein Windrad an der Bombenspitze wird die Bombe geschärft. Nach<br />
der vordefinierten Zeitverzögerung wird die Behälterbeplankung abgesprengt und mittels Druckluft<br />
werden in kurzen Intervallen die Bomblets ausgestossen. Diese verteilen sich nach dem<br />
Giesskannenprinzip über eine Fläche von ca. 150 x 60 m. In diesem Gebiet erzeugen die 147<br />
Bomblets über 205‘000 Splitter.<br />
<strong>BL755</strong> No. 1 Mk. 2<br />
Die Ausführung Mk. 2 ist baugleich mit der Mk.1. Es wurde einzig eine vierte Verzögerungsstellung<br />
hinzugefügt. Diese vierte Verzögerungsstellung ermöglicht den Bombenabwurf im Tiefstflug. Die<br />
<strong>BL755</strong> No. 1 Mk. 2 kann in Flughöhen ab 35 m und mit einer minimalen Geschwindigkeit von 500<br />
km/h eingesetzt werden.<br />
<strong>BL755</strong> No. 1 Mk. 3<br />
Bei der Ausführung Mk. 3 handelt es sich um eine modifizierte Mk. 1 Bombe mit abgeändertem,<br />
zweifach 250 mm Bombenschloss. Dieses ermöglicht den Einsatz ab nicht NATO-Kampfflugzeugen.<br />
<strong>BL755</strong> No. 1 Mk. 4<br />
Bei der Ausführung Mk. 4 handelt es sich um eine modifizierte Mk. 2 Bombe mit abgeändertem,<br />
zweifach 250 mm Bombenschloss. Dieses ermöglicht den Einsatz ab nicht NATO-Kampfflugzeugen.<br />
R<strong>BL755</strong><br />
Bei der R<strong>BL755</strong> handelt es sich um Mk. 3 und Mk. 4 Bomben, welche mit einem Radar- Höhenmesser<br />
nachgerüstet wurden. Der Höhenmesser ermittelt nach dem Abwurf der Bombe den optimalen<br />
Zeitpunkt für den Ausstoss der Bomblets. Das vorherige Einstellen der Zeitverzögerung entfällt somit.<br />
R<strong>BL755</strong> kann so auch aus Flughöhen über 3‘040 m abgeworfen werden.<br />
<strong>BL755</strong> No. 2<br />
Diese Ausführung ist die zweite Serienversion der <strong>BL755</strong> und wurde 1986 eingeführt. <strong>BL755</strong> No. 2<br />
verfügt, solange sie am Waffenpylon hängt, ein Datenverbindungskabel zum Flugzeug. Über dieses<br />
erhält die Bombe vor dem Abwurf die optimale Zeitverzögerung für den Bomblet- Ausstoss von einer
Rechnerreinheit im Flugzeug. Daneben verfügt die <strong>BL755</strong> No. 2 über einen optimierten<br />
Streumechanismus. Beladen ist die <strong>BL755</strong> No. 2 mit 147 verbesserten No. 1 Mk. 2 Bomblets. Die<br />
Bomblets decken eine Zielfläche von ca. 200 x 60 m ab. In diesem Gebiet erzeugen die 147 Bomblets<br />
rund 294‘000 Splitter.<br />
<strong>BL755</strong> HADES<br />
HADES steht für Hunting Area Denial System. Die Version <strong>BL755</strong> HADES ist äusserlich baugleich mit<br />
der <strong>BL755</strong> No.2. Sie ist aber mit 49 Panzerabwehrminen vom Typ HB876 oder HB876IF beladen.<br />
<strong>BL755</strong> HADES dient primär zur Verminung von Flugfeldern und Verkehrsachsen, um diese über einen<br />
bestimmten Zeitabschnitt zu sperren.<br />
Bomblets und Minen<br />
No. 1 Mk. 1 Bomblet<br />
Das Bomblet vom Typ No. 1 Mk. 1 entfaltet nach dem Ausstoss aus der Streubombe zehn sog. ''Popout-Drag''-Schaufeln<br />
aus Metall. Durch diese wird es im Fall stabilisiert. Gleichzeitig springt an der<br />
Vorderseite eine Spiralförmige Feder hervor, welche als Abstandshalter für den<br />
Hohlladungssprengkopf dient. Beim Aufschlag zündet ein piezoelektrischer Zünder den Sprengkopf.<br />
Der Sprengkopf besteht aus einer Hohlladung sowie einem Splittermantel mit 1‘400 Fragmenten. Das<br />
Bomblet hat einen Splitterwirkungskreis von 10 - 15 m. Die Hohlladung hat eine Durchschlagsleistung<br />
von 150 - 200 mm Panzerstahl.<br />
No. 1 Mk. 2 Bomblet<br />
Das Bomblet vom Typ No. 1 Mk. 2 hat gegenüber dem Vorgängermodell keine ''Pop-out-Drag''-<br />
Schaufeln und wird durch einen kleinen Fallschirm abgebremst und stabilisiert. Wiederum besteht der<br />
Sprengkopf aus einer Hohlladung sowie einem Splittermantel mit 2‘000 Fragmenten. Das Bomblet hat<br />
einen Splitterwirkungskreis von 30 m. Die Hohlladung hat eine Durchschlagsleistung von 200 - 250<br />
mm Panzerstahl.<br />
HB876 Mine<br />
Die HB876 Mine besteht aus einem zylinderförmigen Körper aus Metall. Seitlich am Minenkörper sind<br />
12 ausklappbare Spreizfüsse angebracht. Die Mine kann grün, olivgrün oder braun ausgeführt sein<br />
und wird durch einen Bewegungs- oder Druckzünder ausgelöst. Nach Ablauf der voreinngestellten<br />
Wirkzeit zerstört sich die Mine durch Sprengung selbst, verfügt also über einen<br />
Selbstzerstörungsmechanismus.<br />
Nach dem Ausstoss aus der Streubombe öffnet sich der Fallschirm, welcher an der HB876 Mine<br />
angebracht ist und bremst den Fall ab. Hat die Mine den Boden erreicht, wird der Fallschirm<br />
losgekoppelt. Danach löst die Elektronik nach einigen Sekunden den die Mine umgebenden<br />
Sprengring, der die 12 sternförmig angeordneten Spreizfüsse frei gibt. Die Spreizfüsse richten die<br />
Mine auf und nach einer weiteren kurzen Verzögerung ist diese scharf. Sobald jetzt auf die Mine<br />
Druck ausgeübt, oder sie bewegt wird, detoniert sie sofort. Die nach oben gerichtete projektilbildende<br />
Ladung kann 100 – 140 mm Panzerstahl durchschlagen. Die Mine wurde konzipiert, um<br />
Räumversuche zu unterbinden. Die Sprengkraft der HB876 Mine reicht aus, um die Räumschaufel<br />
sowie das Räumfahrzeug zu zerstören. Die 100 seitlich auf der Minenoberfläche angebrachten<br />
Eindellungen erzeugen bei der Explosion Fragmente von hoher Durchschlagskraft. Diese könne auf<br />
eine Distanz von 30 m Stahlplatten, sowie auf eine Distanz von 50 m Aluminiumplatten<br />
durchschlagen. Die Wirkzeit der Mine kann auf 3, 6, 12, 24, 48 oder 96 Stunden programmiert werden.<br />
Nach Ablauf der voreingestellten Wirkzeit zerstört sich die Mine durch Sprengung selbst und gibt<br />
somit das gesperrte Gebiet wieder frei. Sollte der Selbstzerstörungsmechanismus versagen, so<br />
zerstört sich die Mine infolge der zu geringen Batteriespannung nach einer bestimmten Zeit von
selbst. Gemäss Hersteller haben sich nach 30 Tagen 97 % zerstört. Nach 120 Tagen liegt dieser Wert<br />
bei 99,93%.<br />
HB876IF Mine<br />
Die Ausführung HB876IF ist äusserlich baugleich mit der HB876 Mine. Sie verfügt aber über einen<br />
zusätzlichen, seismischen Zünder. Dieser reagiert auf Erschütterungen, welche von Fahrzeugen<br />
erzeugt werden. Die Wirkzeit der HB876IF Mine kann auf wenige Minuten bis maximal 24 Stunden<br />
programmiert werden. Nach Ablauf der voreingestellten Wirkzeit zerstört sich die Mine durch<br />
Sprengung selbst.<br />
Einsatz<br />
Der erste Einsatz der <strong>BL755</strong> erfolgte 1982 während des Falklandkrieges von britischer Seite. Im<br />
ersten Golfkrieg setzte der Iran die <strong>BL755</strong> gegen den Irak ein. Während der Jugoslawienkriege wurde<br />
die <strong>BL755</strong> von Serbien eingesetzt. Während des zweiten Golfkrieges kamen von britischer Seite die<br />
<strong>BL755</strong> und <strong>BL755</strong> HADES zum Einsatz. Im Bosnienkrieg wurde die <strong>BL755</strong> durch die britischen<br />
Streitkräfte eingesetzt. Im Eritrea-Äthiopien-Krieg setzte Äthiopien die <strong>BL755</strong> ein. Im zweiten<br />
Kongokrieg wurde die <strong>BL755</strong> von Seiten Simbabwes gegen Ziele in Uganda, Ruanda und im Kongo<br />
eingesetzt.<br />
Verbreitung<br />
Über 52.000 <strong>BL755</strong> wurden produziert. Folgende Staaten haben oder hatten die <strong>BL755</strong> im Bestand:<br />
Äthiopien Belgien, Deutschland, Griechenland, Grossbritannien, Indien, Iran, Italien, Niederlande,<br />
Oman, Pakistan, Portugal, Serbien, Nigeria, Schweiz, Saudi Arabien, Simbabwe, Vereinigte Arabische<br />
Emirate<br />
Einsatzplattformen<br />
A-4 Skyhawk, A-7 Corsair, F-4 Phantom II, F-5 Tiger II, F-16 Fighting Falcon, F-104 Starfighter, Alpha<br />
Jet, Harrier, Sea Harrier, Hawk, Jaguar, Hunter, Tornado, Eurofighter Typhoon, MiG-21 Fishbed, MiG-<br />
23 Flogger, J-22 Orao, L-159 ALCA<br />
Übersicht <strong>BL755</strong> System<br />
Länge<br />
<strong>BL755</strong> Streubombe No. 1 Mk. 1 Bomblet HB876 Mine<br />
2451 mm 150 mm (vor Abwurf),<br />
356 mm (Pop-out-Drag ausgefahren)<br />
150 mm<br />
Rumpfdurchmesser 419 mm 68 mm 100 mm<br />
Spannweite<br />
Gewicht<br />
Ladung<br />
569 mm (vor Abwurf),<br />
714 mm (Flügel ausgefahren)<br />
278 kg (beladen mit Bomblets)<br />
264 kg (beladen mit Minen)<br />
147 Bomblets oder<br />
49 Minen<br />
- -<br />
1,13 kg 2,4 kg (HB876)<br />
2,5 kg (HB876IF)<br />
230 g Composition B 590 g Composition B
Quellen<br />
Bücher :<br />
Jane’s Air Launched Weapons, Robert Hewson, Jane’s Information Group Limited, 2006<br />
Jane's Mines and Mine Clearance, Colin King, Jane’s Information Group Limited, 2006<br />
A Global Overview of Explosive Submunitions, Human Rights Watch, 2002<br />
Survey of Cluster Munition Policy and Practice, Human Rights Watch, 2007<br />
Cluster Munition Monitor, Human Rights Watch, 2011<br />
Internet:<br />
http://www.lexpev.nl/<br />
http://www.ordtech-industries.com/<br />
http://ordatamines.maic.jmu.edu/<br />
sowie Internetforen mit entsprechendem Thema