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Frühgeschichtliche Fernwege im Kreis Stormarn und im Raum Lübeck

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Reinhold Beranek<br />

<strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong> <strong>und</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong><br />

Sonderdruck aus dem Jahrbuch 2007 <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong>


<strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong> <strong>und</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong><br />

Reinhold Beranek<br />

Das hier behandelte Gebiet zwischen der unteren Elbe <strong>und</strong> der Travemündung<br />

an der Ostsee nahm, dank seiner Lage <strong>und</strong> seiner Brücken-Funktion<br />

zum Ostseeraum <strong>und</strong> nach Skandinavien, bereits früh eine Sonderstellung<br />

auf den Feldern der Kommunikation, des Handels <strong>und</strong> des Verkehrs ein. Es<br />

umfasst den <strong>Raum</strong> der heutigen <strong>Kreis</strong>e <strong>Stormarn</strong>, Herzogtum Lauenburg<br />

sowie Teile der Hansestädte <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> Hamburg.<br />

Bereits in der Bronzezeit gibt es Hinweise auf einen Landtransport nördlich<br />

der Elbe. Für das hochentwickelte lokale Bronzehandwerk <strong>im</strong> Norden<br />

mussten die gr<strong>und</strong>legenden Rohstoffe Kupfer <strong>und</strong> Zinn aus den südlich<br />

1)<br />

gelegenen Teilen Europas eingeführt werden. Damit ergibt sich ein Zusam-<br />

menhang mit dem Verlauf der sogenannten Grabhügelwege, die auch <strong>im</strong> hier<br />

2)<br />

behandelten Untersuchungsgebiet mehrfach nachgewiesen werden können.<br />

Am Ende der Völkerwanderungszeit war das Land zwischen Eider <strong>und</strong> der<br />

unteren Elbe nur schwach von den nordelbingischen Sachsen besiedelt,<br />

so dass etwa um 700 n. Chr. slawische Bevölkerungsgruppen in den Norden<br />

<strong>und</strong> Osten des Landes einwandern konnten. Eine wesentliche machtpolitische<br />

Wende trat ein, als Karl der Große <strong>im</strong> Zuge der Sachsenkriege auch<br />

Nordelbingien eroberte. Eine fränkische Truppenabteilung unter ihrem<br />

Befehlshaber (Legaten) Eburisus besiegte in Waffenbrüderschaft mit einem<br />

slawischen Heer <strong>im</strong> Jahre 798 in der Schlacht von Bornhöved die sich lange<br />

wehrenden Sachsen. Das gesamte Gebiet nördlich der Elbe wurde 804<br />

3)<br />

zunächst den Slawen zur Besiedlung überlassen. Nach weiteren Auseinandersetzungen<br />

um die Machtverhältnisse, an denen auch die Dänen stark<br />

beteiligt waren, kam es um 810/817 auf friedlichem Wege zu einer erneuten<br />

Gebietsabgrenzung zwischen den fränkischen Sachsengauen <strong>und</strong> den<br />

slawischen Obodriten. Die Grenze, auch als „L<strong>im</strong>es saxoniae“ bekannt,<br />

erstreckte sich als eine Ödlandzone von der Mündung der Delvenau in die<br />

Elbe bis zur Kieler Förde. Genauere Angaben über den geographischen<br />

4)<br />

Verlauf werden jedoch erst um 1070 dokumentiert. Bis in die Zeit der<br />

Deutschen Ostsiedlung (Mitte des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts) wurde die Völkergrenze<br />

<strong>im</strong> wesentlichen respektiert, obgleich es <strong>im</strong>mer wieder zu kriegerischen<br />

Auseinandersetzungen <strong>und</strong> Grenzüberschreitungen kam.<br />

Während der hier behandelten Zeitspanne des Früh- <strong>und</strong> Hochmittelalters<br />

verlief eine bedeutende überregionale Landverbindung, aus Westeuropa <strong>und</strong><br />

dem Rheinland kommend, über Bardowick/Hamburg zum alten Kernland<br />

34


des Obodritenstammes bzw. zu dessen Hauptorten Alt <strong>Lübeck</strong>, Oldenburg<br />

5)<br />

<strong>und</strong> Mecklenburg. Die Abb. 1 zeigt das frühe <strong>Fernwege</strong>netz zwischen der<br />

Unterelbe <strong>und</strong> der Ostsee während der Wikinger- <strong>und</strong> Slawenzeit, also etwa<br />

ab dem Jahre 800 bis zur Mitte des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts. Abgebildet sind die<br />

wichtigsten <strong>Fernwege</strong> als Leitlinien, d. h. in allgemeinen Zügen bzw. grober<br />

Linienführung. Die dargestellten Wege verbanden die frühstädtischen<br />

6)<br />

Zentralorte, wichtige Burgplätze sowie bereits bestehende Handelsorte.<br />

Hervorzuheben sind drei schriftliche Erwähnungen mit einem direkten Bezug<br />

auf wichtige Fernwegtrassen:<br />

- Im Jahre 805 richtete Karl der Große in Bardowick – nahe der heutigen Stadt<br />

Lüneburg – eine Kontrollstation ein, um Waffenexporte in die slawischen<br />

Länder zu unterbinden. Der bereits erwähnte Handelsweg führte bei<br />

Artlenburg über die Elbe <strong>und</strong> weiter zu den altslawischen Zentralorten Alt<br />

7)<br />

<strong>Lübeck</strong>, Oldenburg <strong>und</strong> Mecklenburg.<br />

- Adam von Bremen beschreibt um 1070 einen wohl stark frequentierten<br />

Fernweg von Hammaburg nach Jumne, dem späteren Wolin an der<br />

8)<br />

heutigen polnischen Ostseeküste. Der Weg kreuzte den oben beschriebenen<br />

Fernweg an der Stecknitzfurt Hammer nördlich von Mölln. Somit<br />

waren auch die Handels- <strong>und</strong> Zentralorte Alt <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> Oldenburg gut<br />

erreichbar.<br />

- Gleichfalls <strong>im</strong> Adambericht (um 1070) wird ein Fernweg von Hamburg nach<br />

9)<br />

Oldenburg erwähnt. Diese offensichtlich kürzeste Wegverbindung zum<br />

wagrischen Zentralort Oldenburg führte zunächst zum Travefluss <strong>und</strong> an<br />

diesem entlang nach Alt <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> weiter nach Norden.<br />

Die schriftlichen Informationen über die Verkehrsverbindungen <strong>im</strong> frühen<br />

<strong>und</strong> hohen Mittelalter weisen auf bereits bestehende Handelsbeziehungen<br />

hin. Westliche Kaufleute betrieben ab dem 9. <strong>und</strong> insbesondere <strong>im</strong> 11./12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert einen ansehnlichen Warenaustausch mit den Bewohnern der<br />

10)<br />

slawischen Hauptorte an der Ostseeküste. So gehört seit dem Beginn der<br />

kontinuierlichen Siedlungstätigkeit <strong>im</strong> 8./9. Jahrh<strong>und</strong>ert die Region zu den<br />

11)<br />

verkehrsräumlichen Vorzugsgebieten in Norddeutschland.<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Rekonstruktion von Altwegen ist eine f<strong>und</strong>ierte historische,<br />

archäologische <strong>und</strong> geographische Forschung. Der frühe Landverkehr <strong>im</strong><br />

norddeutschen Flachland bewegte sich auf Trassen, die als sogenannte<br />

Naturwege entstanden sind. Dabei bildete sich die Fahrbahn ganz allmählich,<br />

indem der Verkehr <strong>im</strong>mer wieder der gewählten Linienführung folgte. Die<br />

Wege wurden infolge der häufigen Benutzung festgetreten <strong>und</strong> festgefahren;<br />

doch es fehlte dabei der feste Untergr<strong>und</strong>. Daher musste der Verkehr umso<br />

mehr auf die geologischen <strong>und</strong> hydrologischen Verhältnisse achten. So<br />

wurden auch manche Umwege in Kauf genommen. Bei den Naturwegen<br />

wurden nur die schl<strong>im</strong>msten Hindernisse geräumt. Sowohl systematische<br />

Wegebesserungen als auch ein Wegebau fanden, zunächst in bescheidenem<br />

35


12)<br />

Maße, ab dem (späten) Mittelalter statt. Als das Transportmittel der<br />

Frühzeit ist bereits ab dem Neolithikum der 2- <strong>und</strong> 4-rädrige Ochsenwagen<br />

bekannt. Im Früh- <strong>und</strong> Hochmittelalter diente das Pferd außer als Reittier<br />

auch zur Personenbeförderung, z. B. bei schnellen Botendiensten, vor allem<br />

als Last- <strong>und</strong> Saumtier; auch Esel <strong>und</strong> Maultiere wurden zum Tragen von<br />

Lasten eingesetzt. Typisch in der Zeit des zunehmenden Fernverkehrs,<br />

insbesondere ab dem 10. Jahrh<strong>und</strong>ert, war jedoch der von einem <strong>und</strong> auch<br />

mehreren Pferden gezogene 2-rädrige Karren. Be<strong>im</strong> Karren liegt die Last<br />

nicht allein auf den Wagenrädern, sondern über das Zuggestell trägt auch<br />

das Tier einen Teil der Last mit. Besonders auf steilen Strecken blieb der<br />

13)<br />

Karren das geeignetste Fahrzeug. Beginnend <strong>im</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert setzte<br />

sich dann <strong>im</strong> späten Mittelalter, bei zunehmender Wegebesserung bzw.<br />

einsetzendem Wegebau, der 4-rädrige Frachtwagen mit größerer Spurbreite<br />

zur Beförderung von größeren Lasten durch.<br />

Eine wichtige methodische Vorgehensweise bei der Rekonstruktion von<br />

Altwegen ist die Geländeaufnahme, wobei - wie bereits angeführt - das<br />

Bodenrelief eine wesentliche Rolle spielt. Wenn möglich vermied man<br />

feuchte Niederungen <strong>und</strong> große Anhöhen. Oft verliefen die Wege direkt auf<br />

den Wasserscheiden bzw. entlang der topographischen Höhenlinien.<br />

Insbesondere <strong>im</strong> frühen Mittelalter findet man die Trassenführung häufig in<br />

höher gelegenen schwächer bewaldeten Uferzonen der Flüsse. An<br />

geographisch gut geeigneten Stellen querte man die Flüsse meistens mittels<br />

Furten; doch gab es auch Brücken <strong>und</strong> Fähren. Sümpfe <strong>und</strong> Moore wurden<br />

schon früh mit Hilfe von Dämmen <strong>und</strong> Bohlenwegen überbrückt. Noch<br />

heute kann man einzelne Altwegereste, wie (auch mehrspurige) Wegerinnen<br />

<strong>und</strong> Hohlwege, vorwiegend an Steigungen in landwirtschaftlich<br />

ungenutzten Gebieten, auffinden. Dabei sind kurze steile Anstiege typisch<br />

14)<br />

für früh- <strong>und</strong> hochmittelalterliche Trassen. Punktuelle Hinweise <strong>im</strong><br />

Gelände liefert die archäologische Landesaufnahme mit Bef<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

F<strong>und</strong>en. So gibt es des Öfteren an markanten Wegestellen Befestigungsanlagen<br />

oder deren Relikte, die eine Funktion als Wegesicherung oder<br />

–sperre hatten. Ungünstig ist es um die schriftliche Überlieferung bestellt.<br />

Mit den spärlichen historischen Nachrichten aus frühgeschichtlicher Zeit<br />

lassen sich die Wegeführungen meist nur in allgemeinen Zügen bzw. grober<br />

Linienführung rekonstruieren. Bei Problemen der Altersbest<strong>im</strong>mung von<br />

Wegetrassen hat sich die retrospektive Methode oft bewährt. Es wird dabei,<br />

von jüngeren Belegen ausgehend, hier vom relativ gut erforschten spät-<br />

15)<br />

mittelalterlichen Wegenetz auf ältere Zustände geschlossen.<br />

Zu diesem methodischen Ansatz, bzw. zur Frage der Kontinuität von<br />

historischen Straßen in Schleswig-Holstein, schreibt K. Kersten: „Die größte<br />

Schwierigkeit für die Erforschung der alten Wege besteht in der Best<strong>im</strong>mung ihres<br />

Alters. Da ihr Verlauf durch die morphologischen Voraussetzungen<br />

36


des Geländes best<strong>im</strong>mt war, wird man ... durchweg annehmen können, daß die meisten<br />

der aus dem Mittelalter urk<strong>und</strong>lich überlieferten Hauptverbindungsstraßen bis<br />

16)<br />

weit in die Vorzeit zurückreichen“.<br />

Mit den Methoden zur Rekonstruktion von Altwegen <strong>und</strong> unter Berücksichtigung<br />

auch neuerer Veröffentlichungen der Archäologie <strong>und</strong> Verkehrs-<br />

17)<br />

geschichte, hat der Autor den genaueren Verlauf der frühgeschichtlichen<br />

Abb.1: <strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong> zwischen Unterelbe <strong>und</strong> Ostsee<br />

(Wegeleitlinien nach Herrmannen 1985 <strong>und</strong> Gabriel 1988, geändert)<br />

37


Fernwegtrassen <strong>im</strong> Arbeitsgebiet untersucht. In Teilen wurden Abweichungen<br />

von bisherigen Forschungsergebnissen festgestellt. Bei vier Wegen<br />

<strong>im</strong> Land Lauenburg (Abb. 2) konnten neue Trassenführungen ermittelt <strong>und</strong><br />

Abb.2: <strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong> zwischen Unterelbe <strong>und</strong><br />

Ostsee-Travemündung<br />

38


18)<br />

publiziert werden. Weiteres Sichten <strong>und</strong> Interpretieren der schriftlichen<br />

Quellen sowie umfangreiche Geländebegehungen ergaben gut verwendbare<br />

Hinweise <strong>und</strong> Anhaltspunkte für eine Erweiterung des Bearbeitungsgebietes.<br />

Im hier vorgestellten Beitrag werden insbesondere die Räume<br />

<strong>Stormarn</strong>, Hamburg <strong>und</strong> <strong>Lübeck</strong> betreffend die genaueren Trassenverläufe<br />

der folgenden frühgeschichtlichen <strong>Fernwege</strong> untersucht <strong>und</strong> beschrieben<br />

(Rekonstruktionsversuch):<br />

Der Fernweg von Hamburg nach Mecklenburg (Abb. 2, Fernweg 2)<br />

Hamburg – Nordufer Billefluss – Wegekreuzungspunkt Hammer (bei<br />

Mölln) – nach Mecklenburg <strong>und</strong> Reric (Wismarbucht) - bzw. mit<br />

Abzweigung bei Mölln in den <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong>.<br />

Die <strong>Fernwege</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong> (Abb. 3)<br />

Sternförmige Wegekonzentration <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong>.<br />

Der Fernweg von der Ostsee nach Hamburg (Abb. 2, Fernweg 3)<br />

<strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong> – Nordufer Travefluss – <strong>Raum</strong> Oldesloe - Travefurt Nütschau<br />

- Bargteheide - nach Hamburg.<br />

Der Fernweg von Hamburg nach Mecklenburg<br />

Die Ke<strong>im</strong>zelle der Stadt Hamburg liegt auf einem Geländesporn zwischen<br />

Alster <strong>und</strong> Bille. Spätestens <strong>im</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>ert fand hier eine spätsächsische<br />

Besiedlung bzw. der Bau einer zeitgleichen Befestigung in Form einer<br />

Doppelkreisgrabenanlage statt, die archäologisch nachgewiesen wurden.<br />

Ab Anfang des 9. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelte sich an dieser Stelle unter<br />

fränkischem Einfluss ein Ort mit Fischern, Handwerkern <strong>und</strong> Händlern. Die<br />

ursprüngliche sächsische, wie auch die fränkische Ansiedlung befand sich<br />

südlich der heutigen St. Petri-Kirche, wo später der Hamburger Dom errichtet<br />

wurde. Gestützt auf Untersuchungen ab 1947 vermutet man an<br />

19)<br />

diesem Ort auch die mehrfach urk<strong>und</strong>lich erwähnte Burg Hammaburg.<br />

Eine westlich vorgelagerte Marktsiedlung <strong>und</strong> ein Anlegeplatz für Schiffe<br />

konnten nachgewiesen werden. Hier war auch bei Hochflut ein sicherer<br />

Warenumschlag vom Land zum Wasser möglich.<br />

Die Gründung der Stadt Hamburg <strong>und</strong> auch einer Kirche vor 814 durch die<br />

20)<br />

fränkischen Machthaber ist mehrfach schriftlich überliefert. Bereits 831<br />

wurde unter Bischof Ansgar der erste Bischofssitz nördlich der Elbe eingerichtet.<br />

Im Jahre 845 landeten die dänischen Wikinger unerwartet mit einer<br />

starken Flotte, zerstörten die Hammaburg <strong>und</strong> brannten auch die sonstigen<br />

Bauten nieder. Wenige Jahre danach, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

errichtete man drei Erdwälle, die in Teilen erfasst <strong>und</strong> datiert wurden.<br />

21)<br />

Sie könnten von einer ehemaligen bischöflichen Domburg stammen. Seit<br />

der Bistumsgründung 831 muss es auf dem oben beschriebenen Domplatzgelände<br />

nacheinander mehrere aus Holz gebaute Kirchen gegeben haben.<br />

In Stein errichtete Kirchenbauten sind ab dem 11. Jahrh<strong>und</strong>ert nach-<br />

39


22)<br />

gewiesen. Sowohl der Wikingerüberfall <strong>im</strong> Jahre 845 als auch die<br />

Zerstörungen durch die Slaweneinfälle in den Jahren 983, 1066 <strong>und</strong> 1072,<br />

konnten die kontinuierliche Entwicklung der Stadt nicht aufhalten. Im 10. <strong>und</strong><br />

11. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden sowohl von bischöflicher wie auch weltlicher Seite<br />

mehrere neue Befestigungsanlagen errichtet <strong>und</strong> auch die Marktsiedlung<br />

23)<br />

wurde erweitert. Den Hafen verlegte man an eine günstigere Stelle. Obgleich<br />

der Sitz des Erzbistums Hamburg/Bremen nach Bremen verlegt wurde, blieb<br />

Hamburg Ausgangspunkt der Missionierung des Nordens <strong>und</strong> die Stadt<br />

entwickelte sich langfristig zum politischen, wirtschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Zentrum der Region einschließlich <strong>Stormarn</strong>s.<br />

Auf einen bereits frühen überregionalen Handel weisen die keramischen<br />

F<strong>und</strong>e mit der Zeitstellung ab dem 9. Jahrh<strong>und</strong>ert hin. Sie kamen bei diversen<br />

archäologischen Grabungen auf dem Domplatzgelände zu Tage. Neben der<br />

vorherrschenden spätsächsischen Tonware wurde Muschelgrusware aus den<br />

friesischen Regionen <strong>und</strong>, etwa in gleichen Mengen, auch slawische bzw.<br />

slawisch beeinflusste Keramik aufgef<strong>und</strong>en. Dies führt zu der noch nicht<br />

beantworteten Frage: War Hamburg damals ein „multiethnischer Handelsplatz“,<br />

wo neben den Sachsen auch Friesen <strong>und</strong> Slawen siedelten? Oder sind deren Tongefäße<br />

nur auf dem Handelswege bzw. als Behälter für Naturalabgaben nach Hamburg<br />

24)<br />

gelangt? Bei Grabungen in der Gr. Reichenstrasse fand man außer <strong>im</strong>portierter<br />

Keramik des 9. bis 13. Jahrh<strong>und</strong>erts auch Teile einer bronzenen Klappwaage<br />

mit eisernem Zünglein. Derartige zusammenklappbare Taschen-<br />

waagen wurden von Kaufleuten der frühgeschichtlichen Zeit auf ihren Han-<br />

25)<br />

delsfahrten gewöhnlich mitgeführt.<br />

Auch Münzf<strong>und</strong>e sind Hinweise auf Handel <strong>und</strong> Verkehr: Münzen tauchen<br />

<strong>im</strong>mer dort auf, wo eine über den reinen Tauschhandel hinauswachsende,<br />

weiträumiger <strong>und</strong> differenzierter werdende Wirtschaft einen allgemein<br />

26)<br />

anerkannten, gr<strong>und</strong>legenden Wertmesser benötigte. Aus einer kaiserlichen<br />

Bestätigungsurk<strong>und</strong>e aus dem Jahr 888 kann geschlossen werden, dass<br />

Hamburg auch das Prägerecht für Münzen hatte (Monumenta MGH. DD.<br />

Germ. Karol. 3). Leider können die frühen hamburgischen Münzprägungen<br />

(vom späten 9. bis 11. Jahrh<strong>und</strong>ert) nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.<br />

Es gibt zwar einzelne Prägungen, die sowohl den Erzbischöfen von Hamburg/Bremen<br />

als auch den Herzögen von Sachsen zugeschrieben werden,<br />

doch diese Zuweisungen entbehren der notwendigen sicheren Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Zweifelsfrei sind hingegen zwei Münzf<strong>und</strong>e aus den Domplatzgrabungen<br />

27)<br />

1980 bis 1987. Es handelt sich dabei um je eine Münze aus Alt <strong>Lübeck</strong> (1093-<br />

1127) <strong>und</strong> aus Bardowick (1100-1120). R. Schindler berichtet über die Auffindung<br />

von zwei weiteren Silbermünzen mit vermutlich zutreffender Zeit-<br />

stellung, die bereits früher auf hamburgischem Stadtgebiet zum Vorschein<br />

28)<br />

gekommen sind. So gibt es auch in der Hamburger Münzgeschichte Hinweise<br />

auf einen Fernhandel in frühgeschichtlicher Zeit.<br />

40


Hamburg war Ausgangs- <strong>und</strong> Endpunkt mehrerer frühgeschichtlicher<br />

29)<br />

Landwege. Westlich des beschriebenen frühgeschichtlichen Siedlungsareals<br />

befand sich an der in die Elbe mündenden Alster eine Furt, deren Lage sich<br />

aus dem Geländerelief ergibt. Hier erreichte ein bekannter von Norden<br />

kommender Fernweg (Abb. 2, 8) das Hamburger Gebiet. Dieser alte Heerweg,<br />

später auch als „Ochsenweg“ bekannt, führte über die gesamte C<strong>im</strong>brische<br />

Halbinsel <strong>und</strong> wurde bereits um 1070 von Adam von Bremen beschrieben.<br />

Von der Alsterfurt aus lässt sich die Wegetrasse auf höher gelegenem Gelände<br />

30)<br />

in Richtung Osten weiter verfolgen. Sie führte zunächst zum nördlichen<br />

Bereich der beschriebenen Marktsiedlung. Eine Überwachung des <strong>Fernwege</strong>s<br />

von der Hammaburg aus war jedenfalls gut möglich. Der in einem späteren<br />

Abschnitt noch behandelte Fernweg, von der Ostsee bzw. Travemündung<br />

ausgehend <strong>und</strong> zur Elbe führend (Abb. 2, 3), erreichte hier die Marktsiedlung.<br />

In Hamburg gab es sicherlich einen Elbübergang, doch wird dieser auf Gr<strong>und</strong><br />

der schwierigen hydromorphologischen Situation zumeist für den<br />

31)<br />

Fernverkehr als unbedeutend eingestuft. Offenk<strong>und</strong>ig ist, dass die wichtige<br />

zentrale Wegetrasse der frühen Stadt Hamburg als sogenannte Elbuferstraße<br />

(Abb. 2, 4) stromaufwärts <strong>und</strong> dann über den von der Natur begünstigten<br />

32)<br />

Elbübergang bei Artlenburg nach Lüneburg führte. Zunächst erreichte der<br />

Weg jedoch <strong>im</strong> heutigen Stadtteil Billstedt die Schiffbeker Burg. Sie lag am<br />

Steilufer der Bille, die weiter abwärts in die Elbe mündet. Historisch ist die<br />

Burg ab 1201 nachgewiesen; doch sie könnte auch älter sein. Die 1880 bei<br />

Ausgrabungen aufgef<strong>und</strong>enen Gefäßscherben hat man damals zeitlich in die<br />

33)<br />

Übergangszeit vom Früh- zum Hochmittelalter eingeordnet. Leider ist die<br />

Keramik heute nicht mehr auffindbar. Die Befestigung wird in der älteren<br />

Literatur als Bollwerk gegen die aus der Billeniederung vordringenden<br />

34)<br />

Slawen bzw. als Zufluchtsort angesprochen. Zweifellos diente die Wehranlage<br />

Schiffbek auch der Wegesicherung, denn hier verzweigte sich der<br />

Fernweg.<br />

Wie schon erwähnt, führte die wichtige <strong>Fernwege</strong>trasse (Abb. 2, 4) am nördlichen<br />

Elbufer entlang zum Elbübergang bei Artlenburg, der von der Erthene-<br />

35)<br />

burg gesichert war. Bekannt ist dieser Fernweg als Elbuferstraße. Die<br />

Elbquerung steht in einem direkten Zusammenhang mit dem nahen Ort<br />

Bardowick, der bereits 805 in den fränkischen Analen als Kontrollstation<br />

7)<br />

erwähnt wird. Karl der Große wollte hier, wie auch an einigen anderen<br />

Plätzen, die Waffenausfuhren aus dem Frankenreich in die slawischen Länder<br />

unterbinden. Die beschriebene Elbuferstraße wurde bis ins späte Mittelalter<br />

genutzt <strong>und</strong> noch <strong>im</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert war sie die wichtigste Verkehrsverbindung<br />

von Hamburg nach Lüneburg.<br />

Der hier behandelte durch Südstormarn führende Fernweg von Hamburg<br />

nach Mecklenburg (Abb. 2, 2) schwenkte von der Elbuferstraße bei der<br />

Schiffbeker Burg in nordöstlicher Richtung ab <strong>und</strong> verlief fast geradlinig<br />

41


zum Gebiet südlich des Ratzeburger Sees. Mit einigen Abweichungen folgt die<br />

hier beschriebene Trassenführung den Ausführungen von K. Kersten: Der<br />

36)<br />

Heerweg von Hamburg nach Ratzeburg. Wie bereits einleitend erwähnt,<br />

beschreibt der Chronist Adam von Bremen um 1070 einen offenbar stark<br />

genutzten Weg von „Hammaburg nach Jumne“, dem wahrscheinlichen<br />

späteren Wolin an der heutigen polnischen Ostseeküste. Die angegebene<br />

kurze Reisezeit von sieben Tagen berechtigt zu der Annahme, dass dabei das<br />

stormarnsche/lauenburgische Gebiet ohne Umwege durchquert wurde. Die<br />

heute noch als alter Heerweg bezeichnete Fernwegtrasse erreichte zunächst<br />

37)<br />

die Gegend der heutigen Stadt Glinde.<br />

Unweit östlich von Glinde befand sich in frühgeschichtlicher Zeit der<br />

Westrand eines großen Waldgebietes, das wahrscheinlich um die Mitte des 1.<br />

Jahrtausends weitgehend geschlossen war <strong>und</strong> von der Elbe bis zur Ostsee<br />

reichte. Die Bedeckung bestand aus Wald, Bruchwald, Moor <strong>und</strong> Heide.<br />

Dieses „Urwaldgebiet“ war kaum besiedelt <strong>und</strong> erstreckte sich hier nach<br />

38)<br />

Osten bis in die Gegend des heutigen Dorfes Nusse.<br />

Im Zuge des hier behandelten Wegeverlaufs treffen wir vor Glinde erstmals<br />

auf die Thematik der sogenannten Grabhügelwege. In der „Vorgeschichte<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Stormarn</strong>“ behandelt <strong>und</strong> kartiert H. Hingst die Grabhügel der<br />

Bronzezeit <strong>und</strong> auch unbest<strong>im</strong>mter Zeit des <strong>Kreis</strong>es <strong>und</strong> ebensolche <strong>im</strong><br />

Westteil des <strong>Kreis</strong>es Herzogtum Lauenburg. Deutlich erkennbar sind mehrere<br />

auffällige Anordnungen von Grabhügeln bzw. Grabhügelgruppen, die fast<br />

39)<br />

wie eine Kette nebeneinander liegen. Diese Hügelreihen aus vorgeschichtlicher<br />

Zeit werden oft mit zeitgleichen Wegeführungen in Verbindung<br />

gebracht. Eine weitere Nutzung bis ins Mittelalter hinein <strong>und</strong> auch in späterer<br />

Zeit ist durchaus möglich (Wegekontinuität). So können die Hügelreihen bei<br />

der Rekonstruktion von Altwegen als Wegeleitlinien sehr hilfreich sein.<br />

Nach dem heutigen Stand der Forschung existierte in unserer Region ab dem<br />

zweiten vorchristlichen Jahrtausend zwar ein entwickeltes, hochwertiges<br />

Bronzehandwerk, jedoch waren keinerlei einhe<strong>im</strong>ische natürliche Ressourcen<br />

vorhanden. Die Beschaffung der nötigen Rohstoffe Kupfer <strong>und</strong> Zinn bedingte<br />

gute Verbindungen mit den entsprechenden Lagerstätten. Diese gab es in<br />

Mittel- <strong>und</strong> Süddeutschland sowie vornehmlich <strong>im</strong> ostalpinen <strong>und</strong><br />

karpatenländischen <strong>Raum</strong>. Angesichts des Wertes <strong>und</strong> des Umfangs der<br />

umgeschlagenen „Waren“ muss bereits ein tragfähiges Wegenetz bestanden<br />

haben. Dabei erweist sich zumindest für das Gebiet nördlich der Elbe der<br />

40)<br />

Landtransport als günstigste Anbindungsmöglichkeit des Fernhandels.<br />

Vielfach wurde beobachtet, dass in Nordeuropa bereits <strong>im</strong> Neolithikum <strong>und</strong><br />

insbesondere in der Bronzezeit alte Wegetrassen häufig entlang von Reihen<br />

41)<br />

nachgewiesener Grabmonumente führen. Vor etwa 100 Jahren erkannte <strong>und</strong><br />

beschrieb der damalige dänische Reichsantiquar Sophus Müller erstmals<br />

42


diesen Zusammenhang. Ein Großteil seiner Beobachtungen haben sich<br />

bestätigt, doch seine Vermutung, dass „die Besiedlung vom Weg geschaffen“<br />

werde, erwies sich als Spekulation. Eher begründen naturräumliche -<br />

insbesondere geomorphologische <strong>und</strong> topographische - Voraussetzungen<br />

einen in Sequenzen abgelaufenen Siedlungsprozess, der sich in der linearen<br />

42)<br />

Anordnung der Grabhügel widerspiegelt. Die Grabhügel <strong>und</strong> Grabhügelgruppen<br />

liegen zumeist etwas weiter von den Niederungen entfernt <strong>und</strong> sind<br />

mit Vorzug auf Erhebungen <strong>und</strong> Geländewellen angelegt. Ähnliche naturräumliche<br />

Voraussetzungen treffen auch für den Verlauf der alten Wegetrassen<br />

zu, <strong>und</strong> so kommt es vermutlich zu dem beobachteten Phänomen der<br />

Grabhügelwege. Plausibel ist, dass die weithin sichtbaren oft recht hohen<br />

Hügel den Handelsleuten auch zur Orientierung gedient haben. So können<br />

Grabhügelketten durchaus Indizien für alte Wegeführungen sein, zwingend<br />

43)<br />

lässt sich aber nicht auf solche schließen.<br />

Wie bereits angedeutet, lag der hier behandelte Fernweg bereits vor Glinde<br />

<strong>im</strong> Bereich einer ausgeprägten Grabhügelkette, die sich mit über 160<br />

44)<br />

registrierten Hügeln in östlicher Richtung erstreckte. Ab Glinde führte die<br />

Wegetrasse, <strong>im</strong> funktionellen Zusammenhang mit der Hügelkette, südlich<br />

von der heutigen Landstraße weiter nach Ohe. Dies kann man auch einer<br />

Anmerkung in der Archäologischen Landesaufnahme entnehmen: Der<br />

beiderseits von Grabhügeln begleitete Westteil des Weges von Glinde nach Ohe wurde<br />

45)<br />

früher als Totenweg bezeichnet. Die Hügelreihen können weiter bis in die<br />

Gegend von Witzhave verfolgt werden. Bereits vorher erreichen sie den<br />

Uferbereich der Bille. Von dem diese Hügel begleitenden Fernweg dürfte in<br />

der Nähe der heutigen „Doktorbrücke“ eine Abzweigung in den Sachsenwald<br />

(Abb. 2) bestanden haben. In diesem größten geschlossenen Waldgebiet<br />

Die alte Billefurt bei Witzhave<br />

43


Schleswig-Holsteins befinden sich außer zahlreichen aus der Steinzeit<br />

46)<br />

stammenden Grabmonumenten über 650 Grabhügel. Mit Sicherheit war<br />

dieser große Siedlungskomplex an den Fernweg angeb<strong>und</strong>en. Die Querung<br />

des Billeflusses erfolgte wahrscheinlich über eine noch heute erkennbare Furt<br />

47)<br />

in der Nähe der genannten Doktorbrücke.<br />

Die Trasse führte nun eine längere Strecke weiter flussaufwärts, am<br />

westlichen Billehochufer entlang. Während sich der Wasserlauf bisher tief ins<br />

Gelände eingeschnitten hatte, ändert sich ab Grande die geographische<br />

Situation: In ihrem Oberlauf, vom Quellgebiet bis nach Grande, fließt die Bille<br />

durch breite <strong>und</strong> meist feuchte Niederungsgebiete. Deutlich erkennbar<br />

schwenkte die Wegetrasse vor Grande in nördlicher Richtung zu der höher<br />

gelegenen sandigen Ebene „Grander Heide“ ab. In einem langgestreckten<br />

Bogen querte der Weg die Ebene <strong>und</strong> näherte sich bei der heutigen Gemeinde<br />

48)<br />

Trittau wieder dem Billefluss. Im Uferbereich der Bille führte der Fernweg<br />

nun weiter stromaufwärts. Für die Trasse waren die erhöhten flachen Uferbereiche<br />

sehr gut geeignet <strong>und</strong> nach der Topographischen Karte von 1881 gab<br />

es hier einen durchgehenden Fahrweg. Noch heute wird er zum Teil als<br />

landwirtschaftlicher Wirtschaftsweg genutzt. Vermutlich konnte die große<br />

waldbestandene Moränenlandschaft der nördlich gelegenen Hahnheide in<br />

frühgeschichtlicher Zeit nicht von einem Weg durchquert werden. Mit der<br />

hier angenommenen Wegeführung entlang des Oberlaufs der Bille wurde<br />

somit dieses Waldgebiet umgangen. Die Hahnheide war noch <strong>im</strong> späten<br />

Mittelalter räumlich mit dem Sachsenwald verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> gehörte zu dem<br />

bereits beschriebenen „Urwaldgebiet“.<br />

Das Quellgebiet der Bille wird allgemein <strong>im</strong> Linauer Moor lokalisiert. An seinem<br />

südlichen Rand befindet sich der heutige Ortsteil Billbaum. Diese Stelle<br />

wird als „Bilenispring“ in der L<strong>im</strong>esbeschreibung Adams von Bremen um<br />

1070 angeführt. Sie war also schon in frühgeschichtlicher Zeit ein markanter<br />

Geländepunkt. Hier überschreitet der Fernweg den bereits erwähnten „L<strong>im</strong>es<br />

saxoniae“, die bekannte Gebietsabgrenzung zwischen den fränkischen<br />

49)<br />

Sachsengauen <strong>und</strong> den slawischen Obodriten. Zur Querung des Billetales<br />

bestand hier, zwischen Moor <strong>und</strong> dem erst schwach ausgeprägten Billefluss,<br />

eine geographisch günstige Vorraussetzung. An dieser Stelle verlässt der<br />

Fernweg <strong>Stormarn</strong> <strong>und</strong> führt durch das Gebiet des <strong>Kreis</strong>es Herzogtum<br />

Lauenburg weiter zur Mecklenburger Landesgrenze.<br />

Zunächst verlief der Fernweg vermutlich weiter über das erhöhte Gelände<br />

50)<br />

nördlich vom heutigen Dorf Koberg, am unübersehbaren „Hohen Koberg“<br />

vorbei zum östlichen Ortsrand von Nusse (Furt) <strong>und</strong> dann weiter nach<br />

Panten. Panten war sicherlich ein Ort an der Fernstraße, denn der Ortsname<br />

wird von der urslawischen Bezeichnung „pot´b“ für „Weg, Bahn, Reise,<br />

51)<br />

Fahrt“ abgeleitet. Eine Weiterführung des Weges durch die Stecknitzniederung<br />

direkt östlich von Panten, also bei der heutigen Donnerschleuse in<br />

44


52)<br />

Richtung Ratzeburg, kann man ausschließen. Hier war die breite feuchte<br />

Stecknitzniederung nur schwer passierbar <strong>und</strong> eine Straßenführung nach<br />

Osten wird erst 1621 nachgewiesen. Die frühgeschichtliche Straße musste<br />

daher bei Panten nach Süden schwenken <strong>und</strong> erreichte über einen<br />

langgestreckten Sandrücken den slawischen Siedlungskomplex Hammer.<br />

Es vereinigte sich hier der Weg mit der von Süden bzw. vom<br />

sächsisch/fränkischen Handelsort Bardowick kommenden Fernstraße<br />

53)<br />

(Abb. 2, 1). Die gemeinsame Trasse überquerte den Stecknitzfluss (Furt),<br />

führte weiter nach Osten, <strong>und</strong> in der Gegend nördlich von Mölln trennten<br />

sich die beiden Wege wieder. Der Fernweg nach Mecklenburg erreichte<br />

zunächst den <strong>Raum</strong> Schmilau. Zwischen dem Ratzeburger See <strong>und</strong> dem<br />

Holtkoppel- bzw. Königsmoor südlich von Schmilau befindet sich eine<br />

schmale Landbrücke, die sich für eine Wegeführung in dem sonst nassen<br />

54)<br />

Gelände gut eignet. An dieser verkehrstechnisch günstigen Stelle wurden<br />

<strong>im</strong> Jahre 1093 während eines Aufstandes kampfstarke Heeresverbände<br />

mehrerer östlicher Slawenstämme zusammengezogen, <strong>und</strong> es kam hier zur<br />

55)<br />

bekannten Schlacht bei Schmilau.<br />

Im weiteren Verlauf nach Osten wird 1447 <strong>im</strong> Eckhorster Forst bei Kittlitz die<br />

Trasse als Heerweg erwähnt, <strong>und</strong> die bei Dutzow am Nordufer des<br />

Schaalsees vorhandenen stark ausgeprägten Straßendämme werden bereits<br />

56)<br />

1352 bezeugt. Der Fernweg (Abb. 2, 2) führte dann weiter zur obodritischen<br />

Hauptburg Mecklenburg. In deren Nähe an der Wismarbucht befand sich<br />

der bedeutende Handelsplatz Reric, der bereits <strong>im</strong> Jahre 808 schriftlich<br />

57)<br />

erwähnt wird. Er konnte über den hier beschriebenen Fernweg gut erreicht<br />

werden.<br />

An dieser Stelle soll auch die wichtige Verkehrsanbindung zur <strong>Lübeck</strong>er<br />

Bucht bzw. zur Travemündung besonders erwähnt werden. Wie oben<br />

angeführt, trennten sich die beiden <strong>Fernwege</strong> (Abb. 2, 1 <strong>und</strong> 2, 2) nördlich<br />

von Mölln. Hier befand sich ein größerer Wegeknoten, denn auch ein<br />

weiterer von Süden kommender Fernweg (Abb. 2, 5), der „Boizenburger<br />

58)<br />

Frachtweg“, stieß hinzu. An der „Fredeburg“ genannten Stelle wurde <strong>im</strong><br />

späten Mittelalter ein Wehrturm <strong>und</strong> eine Zollstelle errichtet. Von Fredeburg<br />

aus führte der Süd-Nord-Weg zum Steilufer des Ratzeburger Sees. Hier bei<br />

Einhaus wurde 1066 Ansverus, der Abt des Benediktinerklosters St. Georg,<br />

59)<br />

während eines Slawenaufstandes gesteinigt. Zum Gedenken an diesen<br />

Martertod errichtete man an dieser Stelle <strong>im</strong> späten Mittelalter ein Marterkreuz.<br />

Unweit davon führen mehrere alte Hohlwegspuren zum Seeufer<br />

hinab. Sie markieren die weitere Trassenführung des Weges, der dann be<strong>im</strong><br />

heutigen Ort Pogeez wiederum Geländespuren hinterlassen hat. Noch vor<br />

50 Jahren befanden sich hier die Reste eines Bohlendammes <strong>und</strong> am<br />

nördlichen Ortsrand ausgeprägte Wegerinnen, die nach K. Kersten wohl von<br />

60)<br />

dem frühgeschichtlichen Weg stammten. Darauf weist auch der slawische<br />

45


Abb.3: <strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong> <strong>und</strong> Topographie in der Umgebung von<br />

Alt- <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> der Stadthalbinsel <strong>Lübeck</strong><br />

(Nach Neugebauer 1975, geändert)<br />

46


Dorfname Pogeez hin: Er wird gedeutet als der Platz „am Faschinenweg,<br />

61)<br />

be<strong>im</strong> Damm“. Weiter nördlich, be<strong>im</strong> heutigen Ort Groß Grönau, dürfte<br />

eine Stichstraße zur 5 km (Luftlinie) entfernten frühslawischen Burg<br />

Klempau geführt haben: Über einen hügeligen Höhenzug in westlicher<br />

Richtung gelangt man zum Nordrand des Klempauer Moores, wo <strong>im</strong><br />

Sommer 2001 ein sehr gut erhaltener Bohlenweg freigelegt wurde. Die<br />

untersuchten Bauhölzer stammen aus den Jahren 760 bis um 877 (Dendro-<br />

daten) <strong>und</strong> die Richtung des Bohlenweges weist genau zum 400 m entfernten<br />

62)<br />

Platz der abgetragenen Ringwallburg Klempau. Bekanntlich befanden sich<br />

die altslawischen Burgen meist in Schutzlagen in einiger Entfernung von den<br />

63)<br />

<strong>Fernwege</strong>n <strong>und</strong> waren über kleinere (Stich-) Wege zu erreichen. Der<br />

Fernweg (Abb. 2, 1) erreichte be<strong>im</strong> Ort Groß Grönau das Gebiet der heutigen<br />

Hansestadt <strong>Lübeck</strong>.<br />

Die frühgeschichtlichen <strong>Fernwege</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong><br />

Bereits in frühgeschichtlicher Zeit entwickelte sich der <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong> zu<br />

einem Mittelpunkt des überregionalen Verkehrs. Es vereinigten sich hier<br />

sternförmig mehrere bedeutende <strong>Fernwege</strong>.<br />

Der wichtige <strong>und</strong> bereits <strong>im</strong> Jahr 805 belegte Handelsweg aus dem<br />

Frankenreich (Abb. 2, 1) erreichte vom Süden kommend den <strong>Lübeck</strong>er<br />

64)<br />

Stadthügel, also die heutige Innenstadt. Die von Trave <strong>und</strong> Wakenitz<br />

umflossene Halbinsel (Abb. 3) war in slawischer Zeit zum größten Teil von<br />

65)<br />

sumpfigen, überfluteten Niederungen umgeben. Lediglich <strong>im</strong> Süden bzw.<br />

<strong>im</strong> Bereich des späteren Mühlentores (Abb. 3, 1) war festeres <strong>und</strong><br />

hochwasserfreies Gelände beiderseits der Wakenitz vorhanden. Hier querte<br />

die Wegetrasse den Fluss mittels einer Furt, die bereits 1159 durch eine<br />

66)<br />

Brücke abgelöst wurde. Schwach ansteigend führte der Weg empor zum<br />

Kamm des Hügels <strong>und</strong> verlief auf diesem in nördlicher Richtung weiter.<br />

In slawischer Zeit gab es möglicherweise <strong>im</strong> zentralen Bereich des Stadthügels<br />

eine westlich gerichtete Stichstraße hinab zum Traveufer. Hier könnte<br />

eine frühe Schiffsanlegestelle gelegen haben. Nach einer Textstelle in der<br />

Helmoldchronik hat Graf Adolf II bei der ersten Stadtgründung 1143 einen<br />

67)<br />

„trefflichen Hafen“ vorgef<strong>und</strong>en. Als Platz für diese potenzielle Vorgängeranlage<br />

des <strong>Lübeck</strong>er Hafens käme der Hügelsporn zwischen der heutigen<br />

Alf- <strong>und</strong> Fischstraße in Frage (Abb. 3, 2). Archäologisch gesichert ist sie<br />

jedoch nicht, denn der Hafen der Gründungssiedlung wurde noch nicht<br />

ergraben. Auch eine besondere Häufung von spätslawischer Keramik ist in<br />

diesem Bereich nicht zu erkennen. Die breite, sumpfige <strong>und</strong> bei Hochwasser<br />

überflutete Niederungszone am Traveufer erlaubte wohl kaum eine Querung<br />

des Flusses mittels einer Furt. Allerdings dürfte es in slawischer Zeit<br />

doch eine Verbindung von der Halbinsel zum westlichen Siedlungsraum der<br />

Wagrier gegeben haben. Man vermutet eine Fähre (Abb. 3, 3) in der Nähe des<br />

47


esiedelten Gebietes <strong>im</strong> Norden der Halbinsel. Hier am Traveufer sind als<br />

Straßennamen eine „Große“ <strong>und</strong> „Kleine Altefähre“ überliefert. Eine datierende<br />

Erwähnung liegt erst für 1283 vor <strong>und</strong> der Zusatz „Alt“ kann<br />

bedeuten, dass die Fähre <strong>im</strong> späten 13. Jahrh<strong>und</strong>ert bereits nicht mehr be-<br />

68)<br />

stand. Die Anlegestelle der Fährschiffe dürfte am schräg gegenüber liegenden<br />

Mündungstrichter des ehemaligen Struckbaches gelegen haben.<br />

Wie bereits erwähnt, führte die frühgeschichtliche Trasse auf dem Scheitel<br />

des Geländekamms nach Norden <strong>und</strong> erreichte den slawischen Burg- <strong>und</strong><br />

Siedlungsbereich Buku (Abb. 3, 4). Hier gibt es mehrere Hinweise auf eine<br />

frühgeschichtliche Wegeführung. Der enge Landzugang zwischen Trave <strong>und</strong><br />

Wakenitz wurde bereits in der römischen Kaiserzeit, also während der ersten<br />

69)<br />

Jahrh<strong>und</strong>erte nach Christi Geburt, durch eine Befestigungsanlage geschützt.<br />

Auch die eingewanderten Slawen erkannten diese strategisch wichtige Stelle<br />

70)<br />

<strong>und</strong> errichteten hier gleichfalls eine Burg. Der Keramikauswertung nach bestand<br />

diese während der früh- <strong>und</strong> mittelslawischen Zeit (8. bis 10. Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />

Die Anlage kontrollierte sicherlich die oben erwähnte Fähre, wie auch<br />

den Fernweg, der unmittelbar am Rand des Burgwalles vorbeiführte.<br />

Den Archäologen ist vor kurzem die Aufdeckung eines ungewöhnlichen<br />

Bef<strong>und</strong>es gelungen. Bei Grabungsarbeiten <strong>im</strong> Bereich der östlich der Burg<br />

befindlichen slawischen Siedlung konnte ein Teilstück der hochmittelalterlichen<br />

Wegetrasse nachgewiesen werden. Die Wegespur mit gut erkennbaren<br />

Fahrrinnen wird in die 2. Hälfte des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts datiert, also in die<br />

Zeit unmittelbar nach der slawischen Siedlungsperiode. Derartige Bef<strong>und</strong>e<br />

dieser frühen Zeitstellung sind <strong>im</strong> ganzen norddeutschen <strong>Raum</strong> nicht<br />

71)<br />

belegt. Um das Jahr 1875 wurde bei Umlagerungen von Erdmaterial <strong>im</strong><br />

Umfeld der Burg ein bedeutender (Silber-) Hort gef<strong>und</strong>en. Die genaue Lage<br />

sowie der „Behälter“ des F<strong>und</strong>es, die vielleicht einiges über die Herkunft<br />

hätten aussagen können, sind nicht bekannt. Doch eine sichere Zeitstellung ist<br />

möglich: Der F<strong>und</strong> enthielt neben wenigen Edelmetallobjekten mehr als 2770<br />

72)<br />

Münzen, mit Schlussmünze 1046-1056. Die hortenden Personen könnten<br />

Fernhändler oder auch am Handel beteiligte einhe<strong>im</strong>ische slawische Kaufleute<br />

gewesen sein.<br />

Über die früher nur 200 m schmale Landbrücke zwischen Trave <strong>und</strong> Wakenitz<br />

führte der Fernweg weiter nach Norden. Noch in der Nähe der Landbrücke<br />

vereinigte sich die Trasse mit einem Fernweg, der aus Richtung Osten <strong>und</strong><br />

den dort befindlichen slawischen Burg- <strong>und</strong> Siedlungszentren Mecklenburg<br />

<strong>und</strong> Schwerin kam (Abb. 2, 6). Die weiterführende Wegetrasse, auch hier auf<br />

dem Scheitel eines schwachen Höhenrückens liegend, erreichte wiederum<br />

den Travefluss. Hier befand sich an einer alten Flussschleife der<br />

Siedlungsraum der Burg Alt <strong>Lübeck</strong>. Umfangreiche neuzeitliche Flussbegradigungen<br />

(1. Durchstich 1882) haben hier das Vorburggelände stark<br />

48


verändert. Im ausgebaggerten Travebett lag seit dem frühen 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

eine Vorburgsiedlung mit einem ausgebauten Hafen für seegängige Schiffe<br />

(Abb. 3, 5). Sie war von Fernhandelskaufleuten bewohnt, die auch eine eigene<br />

Kirche errichteten. Be<strong>im</strong> Travedurchstich <strong>im</strong> Jahre 1882 kamen ausgedehnte<br />

Pfahlreihen, Hausreste sowie ein Körpergrab zum Vorschein. Auch wurden<br />

die Bruchstücke einer bronzenen Waagschale <strong>und</strong> zahlreiche spätslawische<br />

Keramikscherben aufgef<strong>und</strong>en. Die Travequerung erfolgte mittels einer Fähre<br />

73)<br />

oder Brücke.<br />

Jenseits des Traveflusses, auf einem Geländesporn zwischen Trave <strong>und</strong><br />

Schwartau, befand sich die slawische Burganlage Alt <strong>Lübeck</strong> mit einer<br />

mächtigen, in Teilen heute noch erhaltenen, Wallumr<strong>und</strong>ung (Abb. 3, 6).<br />

Durch umfangreiche Grabungen – zuletzt <strong>im</strong> Jahre 1999 – wurden auf dem<br />

Geländesporn zwei weitere Vorburgsiedlungen <strong>und</strong> innerhalb des Walles eine<br />

in Holz <strong>und</strong> später in Stein errichtete Kirche aufgedeckt. Alt <strong>Lübeck</strong> spielte<br />

insbesondere bei der Christianisierung der Slawen <strong>im</strong> 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>und</strong> als zeitweiliger Hauptort der Obodriten eine besondere Rolle. Aufgr<strong>und</strong><br />

der Schriftquellen <strong>und</strong> der vielen ergrabenen F<strong>und</strong>e lassen sich in Alt <strong>Lübeck</strong><br />

drei Nutzungsphasen unterscheiden:<br />

- Die erste Wallanlage wurde den Dendrodaten zufolge 817-819 errichtet. Dass<br />

in dieser frühen Phase in Alt <strong>Lübeck</strong> bereits ein Fernhandel stattfand, zeigen<br />

einige Importstücke: Eine Kleeblattfibel aus dem wikingischen Norden <strong>und</strong><br />

– aus dem Westen stammende – Scherben einer Tatinger Kanne <strong>und</strong> eines<br />

muschelgrusgemagerten Kugeltopfes. Die erste Alt <strong>Lübeck</strong>er Burg fand ihr<br />

Ende <strong>im</strong> fortgeschrittenen 9. Jahrh<strong>und</strong>ert; die Hintergründe dazu sind nicht<br />

geklärt.<br />

- Die nächste Ausbaustufe erlebte Alt <strong>Lübeck</strong> unter der Herrschaft des bereits<br />

christlichen Fürsten Gottschalk (1043–1066). Es setzte eine kontinuierliche<br />

bauliche Erweiterung ein, die zur Entwicklung eines großen Siedlungskomplexes<br />

führte. Unter Gottschalk wurde ab 1055 der alte Erdwall<br />

durch eine gewaltige vorgelagerte Holzkonstruktion auf die doppelte Größe<br />

verstärkt. Ein für diese Zeit schriftlich überliefertes Kloster konnte<br />

archäologisch noch nicht erfasst werden. Jedoch ergaben die Ausgrabungen,<br />

dass mit dem Bau eines tunnelartigen Tores <strong>im</strong> südlichen Teil<br />

des Walles <strong>und</strong> eines bohlenbelegten Torweges eben dahin eine Umorientierung<br />

der gesamten Burganlage zur Trave hin erfolgte. Damit deutete<br />

sich bereits eine verstärkte bauliche Berücksichtigung zugunsten von Handel<br />

<strong>und</strong> Verkehr an. Die zwischen 1066 <strong>und</strong> 1093 liegende heidnisch geprägte<br />

Herrschaftsphase unter Cruto hatte keine größeren Einflüsse auf das<br />

Siedlungsgeschehen <strong>und</strong> kann hier übergangen werden.<br />

- Während der nachfolgenden dritten Ausbaustufe ab 1093 regierte der<br />

Slawenkönig Heinrich (1093-1127), ein Sohn des bereits erwähnten Fürsten<br />

Gottschalk. Er unterhielt friedliche Beziehungen zu den benachbarten<br />

49


deutschen Fürsten sowie zu Dänemark. Unter ihm entwickelte sich Alt<br />

<strong>Lübeck</strong> zum bedeutendsten Hafenort des Obodritenreiches. Baulich kann<br />

man bereits von einem frühstädtischen Komplex sprechen, der aus zwei<br />

Vorburgsiedlungen, einem Hafen <strong>und</strong> der schon behandelten südlich<br />

angrenzenden Kaufleutesiedlung bestand. In der Burg haben Grabungen<br />

zwei aufeinanderfolgende Kirchbauten aufgedeckt; die erste aus Holz <strong>und</strong><br />

die spätere in Steinbauweise. Im südlichen Suburbium, beiderseits des<br />

Burgtores, haben ab den 90er Jahren des 11. Jahrh<strong>und</strong>erts Handwerker<br />

gelebt <strong>und</strong> in unterschiedlichen Gewerben gearbeitet. Die hier <strong>und</strong> in der<br />

Burg geborgenen F<strong>und</strong>e weisen auf einen vielfältigen Fernhandel hin:<br />

Perlen aus Glas, Bergkristall <strong>und</strong> Karneol belegen die Kontakte zu<br />

asiatischen Ländern. Aus Skandinavien stammen Runenknochen <strong>und</strong> ein<br />

Speckstein mit Runenzeichen sowie Schiefer für Wetzsteine. Auf die<br />

Verbindungen zu den Westgebieten verweisen Münzen, Goldf<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

74)<br />

Keramikgegenstände, nur um die wichtigsten zu nennen.<br />

Deutlich sichtbar wird in Alt <strong>Lübeck</strong> das Zusammentreffen günstiger <strong>und</strong><br />

wichtiger Faktoren:<br />

- Ein stattlicher Burgwall, auch als Sperre gegen Angriffe von See her.<br />

- Herrschersitz, auf den sich der Aufbau erster kirchlicher Institutionen<br />

stützte.<br />

- Zentrale Lage innerhalb des beherrschten Landes <strong>im</strong> Netz der Fernhandelswege.<br />

- Ostseehandelsplatz, an dem möglicherweise bereits Salzhandel betrieben<br />

75)<br />

wurde, mit institutionalisierter Anwesenheit fremder Kaufleute.<br />

Ein weiterer Verkehrsanschluss ist mit dem Fernweg in Richtung Norden<br />

gegeben. Vom Geländesporn der Alt <strong>Lübeck</strong>er Burg führte der Weg zunächst<br />

eine kurze Strecke in nordwestlicher Richtung. Im Bereich der heutigen Stadt<br />

Bad Schwartau schwenkte er dann nach Norden ab. Das Ziel des <strong>Fernwege</strong>s<br />

waren die slawische Burg Oldenburg (Starigard) <strong>und</strong> die Insel Fehmarn,<br />

jeweils mit Anschluss an den seegängigen Schiffsverkehr. Die mehrfach<br />

schriftlich erwähnte Burg Oldenburg (Abb. 1) entwickelte sich seit ihrer<br />

Gründung um 700 kontinuierlich zur bedeutenden Hauptburg der Wagrier,<br />

einem Teilstamm der Obodriten. Nachdem ihre Fürsten den christlichen<br />

Glauben angenommen hatten, wurde Oldenburg 972 zum Bischofssitz<br />

erhoben. Zahlreiches als Grabungsf<strong>und</strong>e gesichertes <strong>im</strong>portiertes Fremdgut,<br />

insbesondere Gegenstände der herrschaftlichen Hofkultur, belegen den<br />

76)<br />

Anschluss Oldenburgs an das früh- <strong>und</strong> hochmittelalterliche Verkehrsnetz.<br />

Von Alt <strong>Lübeck</strong> bzw. ab dem erwähnten Wegepunkt in Bad Schwartau<br />

führte eine wichtige Wegetrasse nach Süden (Abb. 2, 3). Schwierig dürfte die<br />

Passage zwischen dem Tremser Teich <strong>und</strong> den feuchten Travewiesen<br />

50


gewesen sein. Vermutlich gab es hier schon früh einen Wegedamm. Der Weg<br />

folgte zunächst der Richtung der heutigen Schwartauer Landstraße. Der<br />

ehemalige Struckbach wurde kurz vor seinem breiten Mündungstrichter<br />

(Abb. 3, 7) in die Trave überschritten.<br />

Hier schwenkte ein weiterer Fernweg zum Siedlungsbereich Segeberg <strong>und</strong> zu<br />

77)<br />

den nördlich gelegenen gleichfalls wagrischen Gebieten ab. Für das späte<br />

Mittelalter wird der Trassenverlauf über das Dorf Schönböken <strong>und</strong> dem<br />

78)<br />

Landwehrdurchlass be<strong>im</strong> Steinrader Baum angenommen. In Weiterführung<br />

über die Orte Eckhorst, Mönkhagen, Struckdorf nach Segeberg ist<br />

der Weg durch Nennungen ab dem 14. Jahrh<strong>und</strong>ert gut belegt. Im bekannten<br />

Danckwerth`schen Kartenwerk von 1652 verweisen allerdings mehrere Karten<br />

auf einen weiteren etwas südlicher verlaufenden Wegezug <strong>und</strong> damit auf<br />

eine Trassenführung durch den heutigen <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong>. Ebenfalls durch<br />

Karten des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts angeregt, befasste sich der Reinfelder He<strong>im</strong>atforscher<br />

M. Clasen mit dieser südlichen „Lübschen Trade“, einer alternativen<br />

möglicherweise älteren Verbindung der beiden frühen Städte <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong><br />

Segeberg. Er stützte sich bei seinen Untersuchungen auch auf slawische Orts-<br />

namen wie Heilshoop, Zarpen <strong>und</strong> Pöhls <strong>und</strong> gab zwei in Frage kommende<br />

79)<br />

Trassenführungen an. Bei den erwähnten Dankwerthschen Karten des hier<br />

behandelten Gebiets bemängelt G. Schrecker, dass die angegebenen südlichen<br />

Routen der einzelnen Karten nicht übereinst<strong>im</strong>men. Doch lehnt auch<br />

sie eine südliche Wegeführung nicht vollständig ab: Es wird ... nicht ausgeschlossen,<br />

dass es weiter südlich auch damals schon einen oder mehrere Wege gab,<br />

auf denen man von Segeberg nach <strong>Lübeck</strong> gelangte, zumal diese Richtung die<br />

geradeste Verbindungslinie ... darstellt. Und weiter führt sie an, dass das Ge-<br />

lände, unruhig <strong>im</strong> kleinen, aber ohne Moore, Seen oder versumpfte Auwiesen von<br />

80)<br />

großer Ausdehnung, gut für eine Wegeführung geeignet ist. Diese topographische<br />

Beschreibung – <strong>und</strong> das haben auch Überprüfungen vor Ort<br />

ergeben – trifft sehr gut auf folgende das Heilsaugebiet querende Trassenführung<br />

(Abb. 2, 7) zu: Steinrader Baum, Heckkaten, über eine erhaltene alte<br />

Wegestrecke nach Hauberg <strong>und</strong> Heilshoop, nördlich des unruhigen Geländes<br />

am Zarpener Wallberg weiter nach Pöhls, Herrenbranden <strong>und</strong> über Söhren<br />

zur nördlichen Wegeführung nach Bad Segeberg. Zwischen Heckkaten <strong>und</strong><br />

Herrenbranden wird das <strong>Stormarn</strong>`sche <strong>Kreis</strong>gebiet durchquert. Die hier beschriebene<br />

Trassenführung deckt sich in Teilen mit den Angaben von M.<br />

Clasen. So könnte es in <strong>Stormarn</strong> durchaus eine südlich gelegene „Lübsche<br />

Trade“ gegeben haben, die als ältere Wegeführung möglicherweise bereits in<br />

81)<br />

frühgeschichtlicher Zeit genutzt wurde.<br />

Oben beschrieben wurden die Verkehrsverbindungen nach Segeberg<br />

ausgehend vom Wegepunkt (Abb. 3, 7) am ehemaligen Struckbach. Hier ist<br />

auch der Ausgangspunkt des <strong>im</strong> nächsten Abschnitt beschriebenen Fernwegs<br />

von der Ostsee nach Hamburg, dessen Trasse zunächst nach Süden zielt<br />

51


(jetzige Schwartauer Allee). Den nötigen Abstand einhaltend führte sie am<br />

unpassierbaren Bereich der Traveniederung entlang <strong>und</strong> schwenkte in Höhe<br />

der späteren Holstenbrücke bzw. des Holstentores nach Südwesten ab (Abb.<br />

3, 8). Da die Brücke relativ spät - 1188 indirekt <strong>und</strong> 1216 durch erste Nennung<br />

- belegt ist, dürfte hier in frühgeschichtlicher Zeit noch keine Wegever-<br />

82)<br />

bindung zur Stadthalbinsel bestanden haben. Untermauert wird dies durch<br />

die Beobachtung, dass die vom Westen <strong>und</strong> Süden ankommenden alten We-<br />

ge, also auch der Oldesloer Weg, deutlich am Holstentor vorbeiführten <strong>und</strong><br />

83)<br />

ursprünglich nach Alt <strong>Lübeck</strong> an der Schwartaumündung zielten. Bei Bruns<br />

u. Weczerka wird die nun folgende Wegestrecke als die „ursprüngliche<br />

Straße“ nach Oldesloe beschrieben: Über die jetzige Hansestraße <strong>und</strong> in de-<br />

ren Verlängerung führte der Weg zunächst auf das Gut Buntekuh <strong>und</strong><br />

84)<br />

Hohenstiege zu. Die Verlängerung der Hansestraße wird dabei nur noch als<br />

„Fußsteig“ bezeichnet. Auch in der Karte von 1879 der Königlich Preußischen<br />

Landesaufnahme ist hier lediglich ein Fußweg eingezeichnet. Der Weg hat<br />

also in späterer Zeit an Bedeutung verloren. Erfreulicherweise kann man<br />

auch heute der alten Verkehrsader folgen <strong>und</strong> zwar auf einem Fuß- <strong>und</strong> Radweg,<br />

der in einer leichten Zickzacklinie durch ein intensiv bebautes Wohngebiet<br />

führt. So ist hier noch die Spur eines „ursprünglichen“ Weges erhalten,<br />

die möglicherweise von der frühgeschichtlichen Fernwegtrasse stammt.<br />

Vom Gut Buntekuh aus führte <strong>im</strong> späten Mittelalter die überaus bedeutende<br />

Handelsstraße südlich am Gut Padelügge (Hohenstiege) vorbei, kreuzte die<br />

Landwehr am Pluggenbome <strong>und</strong> verließ damit den <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong>. Sehr<br />

wahrscheinlich nahm auch die frühgeschichtliche Trasse diesen Weg.<br />

Der Fernweg von der Ostsee nach Hamburg<br />

Der von <strong>Lübeck</strong> nach Hamburg führende <strong>und</strong> in der späteren Geschichte<br />

äußerst wichtige Fernweg (Abb. 2, 3) kann für die frühmittelalterliche Zeit<br />

nicht direkt belegt werden. Doch aufgr<strong>und</strong> der karolingischen Geschichte<br />

Hamburgs, wie auch durch frühe Hinweise auf die Oldesloer Salzquellen ist<br />

eine Wegenutzung in frühgeschichtlicher Zeit durchaus anzunehmen. Dies<br />

trifft auch zu auf einen über Hamburg führenden Fernweg nach Bremen, der<br />

allerdings erst <strong>im</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert intensiver genutzt wurde, doch vereinzelt<br />

85)<br />

schon früher belegt ist. Die hier behandelte Fernwegtrasse war ab der Jahrtausendwende<br />

sicherlich ein wichtiger Kommunikationsstrang zwischen<br />

dem Missionszentrum Hamburg <strong>und</strong> dem slawischen Zentralort Alt <strong>Lübeck</strong>,<br />

insbesondere unter den deutschfre<strong>und</strong>lichen Herrschern Gottschalk (1043-<br />

1066) <strong>und</strong> Heinrich (1093-1127). Bekanntlich wurde unter letzterem eine<br />

bedeutende Kaufmannssiedlung mit einem für die Ostseeschifffahrt<br />

geeigneten Hafen eingerichtet. Im einleitenden Abschnitt dieses Beitrags<br />

wurde bereits erwähnt, dass Adam von Bremen um 1070 einen Fernweg von<br />

52


Hamburg nach Oldenburg, der „großen Stadt der Wagrier“, beschreibt. Als<br />

Reisezeit ist darin nur ein Tag angegeben. Diese kürzeste Verbindung der<br />

beiden Städte verlief sicherlich über <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> damit wird die frühe<br />

Nutzung der hier behandelten Wegeführung bestätigt.<br />

Von der Stadtgrenze <strong>Lübeck</strong>s bis zum <strong>Raum</strong> westlich von Oldesloe treffen wir<br />

erneut auf das weitgehend geschlossene Waldgebiet, das in frühgeschicht-<br />

86)<br />

licher Zeit von der Elbe bis zur Ostsee reichte. Auch in der Beschreibung der<br />

Völkergrenze „L<strong>im</strong>es saxoniae“ des Chronisten Adam von Bremen wird der<br />

87)<br />

Travewald erwähnt. Wie in Südstormarn <strong>im</strong> Billetal querte auch hier der<br />

frühgeschichtliche Fernweg die Waldzone <strong>im</strong> geographisch günstigen Bereich<br />

der Trave.<br />

Für die Wegeführung ab <strong>Lübeck</strong> wird hier als Abb. 4 die Nachzeichnung einer<br />

Karte aus dem Jahre 1689 vorgelegt, bei der die wegegünstige Trassenführung<br />

<strong>im</strong> Uferbereich der Trave deutlich zu erkennen ist. Nach dem<br />

Verlassen des <strong>Lübeck</strong>`schen Gebietes kam der Fernweg bei Hansfelde <strong>und</strong><br />

Hamberge [in Abb. 4: Amberge] sehr nahe an den Travelauf heran. Be<strong>im</strong> heu-<br />

tigen Ort Eckernschmiede [Ziegelhof] schwenkte er mit dem Flusslauf in<br />

88)<br />

südwestlicher Richtung ab. Er wich damit dem weiter westlich gelegenen<br />

unruhigen Gelände aus. Der weitere Wegeverlauf ist gut in der Königlich<br />

Preußischen Landesaufnahme von 1879 zu verfolgen. In Teilen wird der Weg<br />

noch heute von der Landwirtschaft genutzt. Die Wegeführung nutzte die<br />

guten natürlichen bzw. geographischen Voraussetzungen <strong>im</strong> Uferbereich der<br />

Trave <strong>und</strong> sie dürfte somit sehr alt sein. Von Eckernschmiede [Ziegelhof]<br />

führte der Fernweg nach Groß Wesenberg <strong>und</strong> auf einer höher gelegenen<br />

Moränenzunge weiter nach Lokfeld [Lockstede]. Anschließend musste<br />

Abb.4: Alte Wegeführung zwischen <strong>Lübeck</strong> <strong>und</strong> Oldesloe<br />

(Nachzeichnung der Karte: Eigentdliche Abbildung eines Deihl<br />

Holsteins benebens dem Herzogtum Stormaren..., Kopenhagen 1689)<br />

53


er den hier unpassierbaren Uferbereich der Trave verlassen <strong>und</strong> nach Nord-<br />

89)<br />

westen schwenken. Im weiteren Verlauf näherte sich die Fernwegtrasse bei<br />

der Steinfelder Hude [Hude] wieder dem Traveufer. Noch vor dem bergigen<br />

Waldgebiet „Der Kneeden“ schwenkte sie erneut nach Nordwesten ab (Abb.<br />

90)<br />

6, a). Der Weg verlief nun mäßig ansteigend in einem idyllischen Wiesental<br />

weiter, in dem ein schwacher Wasserlauf, der Kneedenbach, ins Travetal<br />

fließt.<br />

Im Zusammenhang mit dem Kneedenbach konnte ein wichtiger Hinweis aus<br />

dem Bereich der Sprachforschung ermittelt werden: In der Stiftungsurk<strong>und</strong>e<br />

von 1189 des Reinfelder Klosters wird bei der Grenzfestlegung ein Bach<br />

genannt: „rivulum qui dicitur Knegena“ (Bächlein genannt Knegena). Es<br />

ist der heutige Kneedenbach, von der Sprachforschung als „Fluss der Fürstin“<br />

interpretiert (Knegyna ist die weibliche Form zu Kneze, der Fürst). Dieser<br />

Flussname ist <strong>im</strong> Slawischen noch weiter verbreitet. Im Historischen<br />

Ortsnamenlexikon Schleswig-Holstein wird unter dem Stichwort Knee-<br />

91)<br />

dener Au (bei Kneeden, Stadt Bad Oldesloe) kritisch angeführt: Es fragt sich<br />

aber, wie bei einem kleinen Flusslauf die Bedeutung „Fürstin“ zu verstehen ist.<br />

Die positive Antwort ergibt sich aus den in diesem Beitrag später noch<br />

Abb.5: Hohlwegfächer Kneeden<br />

(Fahrwegrinnen als Skizze eingezeichnet in: Deutsche Gr<strong>und</strong>karte,<br />

Poggensee-Ost, 2002)<br />

54


genauer geschilderten Zusammenhängen: Der hier behandelte Fernweg<br />

führte <strong>im</strong> weiteren Verlauf in den Bereich des Fresenburger Wallbergs (Abb.<br />

6, c). Diese Burg war der Mittelpunkt einer größeren slawischen Siedlungskammer<br />

<strong>und</strong> dementsprechend auch Sitz eines mächtigen Burgherren, eines<br />

Knesen (Fürsten).<br />

Abb.6: <strong>Frühgeschichtliche</strong> <strong>Fernwege</strong> <strong>im</strong> Nordwesten des <strong>Kreis</strong>es <strong>Stormarn</strong><br />

(Grabhügelgruppen nach Hingst 1959, Abb. 7, geändert)<br />

55


Die Trasse des Fernwegs verlief <strong>im</strong> erwähnten Wiesental anfangs schwach<br />

ansteigend entlang des Kneedenbaches. Auf dieser Strecke konnten an zwei<br />

Feuchtstellen knapp unter der heutigen Bodenfläche Steinpflasterungen<br />

festgestellt werden. Im oberen Bereich der Bachsenke querte der Weg an einer<br />

topographisch günstigen Stelle den Kneedenbach. Von der ehemals hier<br />

befindlichen (neuzeitlichen) Brücke sind noch heute große F<strong>und</strong>amentsteine<br />

<strong>und</strong> gleichfalls die Reste eines Feldsteinpflasters erhalten. Westlich der Brücke<br />

musste der weiterführende Weg eine steile Anhöhe mit einem Höhenunterschied<br />

von 16 m überwinden. Deutlich ist hier <strong>im</strong> ansteigenden Gelände<br />

ein <strong>im</strong>posanter Hohlwegfächer (Abb. 5 u. Abb. 6, b) mit mindestens 19 gut ausgeprägten<br />

Fahrrinnen zu erkennen. Lediglich in einem kleinen Bereich nächst<br />

der Brücke sind die Wegespuren zerstört. Aus dem Umfang <strong>und</strong> der Mannigfaltigkeit<br />

der Fahrrinnen bzw. der Fahrspur-Relikte ist zu entnehmen, dass der<br />

Verkehrsweg während einer sehr langen Zeitspanne genutzt wurde. Mithilfe<br />

der gr<strong>und</strong>legenden Arbeiten bzw. methodischen Untersuchungen zur histo-<br />

92)<br />

risch-geographischen Wegeforschung ist es gelungen, be<strong>im</strong> Hohlwegfächer<br />

Kneeden drei Nutzungsphasen zu unterscheiden.<br />

Südlicher Abschnitt (Abb. 5):<br />

93)<br />

Breite ausgebaute Hauptspur, Spurenbreite bis 5,5 m, Spurentiefe 1,5 bis 1,8<br />

m. Südlich der Hauptspur befinden sich mehrere Hohlwege (Ausweich- bzw.<br />

Vorgängerspuren). Dieser Bereich ist in der bekannten Varendorfkarte von<br />

94)<br />

1789 als eine hornförmige Trassenverbreiterung dargestellt.<br />

Belegte Datierung: Neuzeit.<br />

Nördlicher Abschnitt (Abb. 5):<br />

Schräg aufwärts <strong>im</strong> Hang verlaufende tiefe <strong>und</strong> lange Hohlwegspuren.<br />

Spurenbreite bis 5 m, Spurentiefe bis 1,8 m. Typische Merkmale eines künst-<br />

95)<br />

lichen „reliefbedingten Wegebaus“ mit beträchtlichen Bodenbewegungen.<br />

Fahrspur-Relikte von großen 4-rädrigen Wagen.<br />

Nutzungszeit: Spätes Mittelalter <strong>und</strong> Neuzeit.<br />

Mittlerer Abschnitt (Abb. 5):<br />

Schwächer ausgeprägte Fahrrinnen, die steil am Hang ansteigen.<br />

Spurenbreite 2,5 bis 3 m, Spurentiefe etwa 1,5 m. Fahrspur-Relikte von leichten<br />

(2-rädrigen) Wagen bzw. Karrenwagen. Diese Wegespuren sind typisch für<br />

96)<br />

einen sogenannten Naturweg; es hat also noch kein künstlicher Wegebau<br />

stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Wahrscheinliche Nutzungszeit: Frühes <strong>und</strong> Hohes Mittelalter.<br />

Die unterschiedliche morphologische Beschaffenheit der beschriebenen<br />

Abschnitte des Hohlwegfächers Kneeden (F<strong>und</strong>meldung FM-NMS 2002/005,<br />

R. Beranek) ermöglichte somit eine Periodisierung dieses eindrucksvollen<br />

56


Wegereliktes. Im Zuge des hier behandelten <strong>Fernwege</strong>s ist das schwächer<br />

ausgeprägte Wegebündel <strong>im</strong> mittleren Abschnitt des Hohlwegfächers besonders<br />

wichtig. Hier ist eine Nutzung bereits in frühgeschichtlicher Zeit sehr<br />

wahrscheinlich.<br />

Die gut erhaltenen Hohlwegspuren enden an der Forstgrenze des<br />

Waldgebietes Kneeden. Wie die Ausläufer der Fahrrinnen in ihrer generellen<br />

Orientierung aufzeigen, vereinigten sich die Hohlwege auf dem anschließenden<br />

ebenen Gelände. Es wird heute landwirtschaftlich genutzt. Der<br />

Fernweg führte, wie auch der heute als Redder vorhandene Feldweg, auf<br />

97)<br />

einem schwachen Höhenrücken weiter in westlicher Richtung.<br />

Der frühgeschichtliche Weg verblieb auf der Anhöhe <strong>und</strong> berührte den <strong>Raum</strong><br />

der späteren Stadt Oldesloe nicht. Oldesloe wurde zu Beginn der deutschen<br />

Ostsiedlung (1143) an einem verkehrsgeographisch günstigen Platz gegründet.<br />

Der Ort liegt auf halber Strecke zwischen den Zentralorten <strong>Lübeck</strong><br />

<strong>und</strong> Hamburg <strong>und</strong> konnte jeweils in einer Tagesreise erreicht werden. Es<br />

vereinigen sich hier die beiden Flüsse Trave <strong>und</strong> Beste. Ein größerer Bogen der<br />

Trave bot ausreichenden Schutz für den gut gewählten Handelsplatz, wobei<br />

zu diesem Zeitpunkt auch die Schifffahrt an Bedeutung gewann. Wichtige<br />

frühe urk<strong>und</strong>liche Erwähnungen sind: 1151/52 Betrieb <strong>und</strong> Verschüttung der<br />

Saline, 1163 Nachweis der Kirche, 1175 Einrichtung eines landesherrlichen<br />

98)<br />

Zolls, 1188 Erwähnung einer Brücke über die Trave. Der nun zunehmende<br />

Transitverkehr erforderte eine neue kürzere Wegverbindung nach Hamburg.<br />

Sie führte nicht mehr über die Furt bei Nütschau, sondern man querte<br />

nunmehr den Travefluss <strong>im</strong> Ortsbereich von Oldesloe, zunächst wohl mittels<br />

einer Furt, später über die erwähnte Brücke. In zwei nachgewiesenen Va-<br />

rianten, über Rümpel (1342) <strong>und</strong> Blumendorf (1460), verliefen beide Trassen<br />

99)<br />

zum südwestlich gelegenen Ort Bargteheide.<br />

Wie bereits erwähnt, führte der frühgeschichtliche Fernweg, verbleibend auf<br />

dem Scheitel des Höhenrückens (Butterberg), weiter nach Westen. (In der<br />

Varendorfkarte von 1789 ist hier noch ein kurzes Wegestück in dieser Richtung<br />

verzeichnet). Im weiteren Verlauf wurde das heute bebaute nördliche Stadtgebiet<br />

von Oldesloe von der Trasse nur tangiert. Sie schwenkte hier, etwa der<br />

heutigen Straße nach Segeberg folgend, in nordwestlicher Richtung zum Gutsbereich<br />

Altfresenburg ab.<br />

Im Jahre 1980 wurde auf einer schwachen Geländekuppel nordwestlich der<br />

Gutshäuser ein größeres Areal zum Zwecke der Kiesgewinnung aufgedeckt.<br />

Bei den Erdarbeiten kamen F<strong>und</strong>e einer spätslawischen Siedlung (Abb. 6, d)<br />

100)<br />

zu Tage, die archäologisch untersucht <strong>und</strong> beschrieben wurde. Auf einer<br />

Fläche von 3000 qm sicherte man 14 Siedlungsgruben mit umfangreichem<br />

Keramikmaterial. Die überwiegende Anzahl der aufgef<strong>und</strong>enen Scherben<br />

(52 von 62) stammt aus spätslawischer Zeit (11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />

57


Beachtenswert ist dabei das <strong>im</strong> östlichen Holstein erstmalige Auftreten der<br />

Verzierung „Ringaugen mit Kreuzeindruck“. Diese Gefäße mit der unge-<br />

wöhnlichen Verzierung stammten nicht aus der he<strong>im</strong>ischen Produktion,<br />

101)<br />

sondern wurden aus anderen Regionen eingeführt. Auffällig ist auch der<br />

Standort der Siedlung: Sie befindet sich nicht, wie bei den Slawen üblich, in<br />

natürlicher Schutzlage, sondern <strong>im</strong> offenen Gelände <strong>und</strong> unmittelbar am<br />

Fernweg. So könnte die Siedlung bereits ein früher Etappenort an der Fernhandelsroute<br />

von Alt <strong>Lübeck</strong> nach Hamburg gewesen sein. Wie berichtet,<br />

wurde die Kaufmannssiedlung in Alt <strong>Lübeck</strong> <strong>im</strong> frühen 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

nachgewiesen. Aus dem 1,7 km von Altfresenburg entferntem heutigen Stadtgebiet<br />

Oldesloe sind bislang lediglich früh- <strong>und</strong> mittelslawische Siedlungsspuren<br />

(Keramik) bekannt. So ist zu vermuten, dass die oben beschriebene<br />

spätslawische Ansiedlung der Vorgänger der deutschen Gründung Oldesloe<br />

102)<br />

war <strong>und</strong> somit eine Siedlungskontinuität in diesem <strong>Raum</strong> bestanden hat.<br />

Von der archäologischen F<strong>und</strong>stelle nur 500 m entfernt befinden sich in den<br />

Travewiesen solehaltige Quellen, auf die K. W. Struve <strong>und</strong> K. Chr.<br />

Baumgarten hingewiesen haben. Das bereits in frühgeschichtlicher Zeit,<br />

insbesondere als Konservierungsmittel für Fische, hochgeschätzte Salz wurde<br />

<strong>Frühgeschichtliche</strong> Importf<strong>und</strong>e<br />

links: 8-eckige <strong>und</strong> r<strong>und</strong>e Bergkristallperle,<br />

F<strong>und</strong>ort Hammer, Kr. Hzgt. Lauenburg, ca. 1:1<br />

rechts: spätslawische Gefäßscherbe, stempelverziert<br />

mit Ringaugen <strong>und</strong> Kreuzeindruck,<br />

F<strong>und</strong>ort Altfresenburg, Kr. <strong>Stormarn</strong>, ca. 1:2<br />

58


auch <strong>im</strong> slawisch besiedelten mittel- <strong>und</strong> norddeutschen <strong>Raum</strong> aus<br />

103)<br />

Solequellen gewonnen <strong>und</strong> gehandelt. So kann man durchaus annehmen,<br />

dass auch die Bewohner der spätslawischen Siedlung Altfresenburg die<br />

unmittelbar benachbarten Salzquellen gekannt <strong>und</strong> verwertet haben. Die<br />

nach 1143 eingewanderten deutschen Siedler haben das Wissen über die<br />

Salzvorkommen <strong>im</strong> Oldesloer <strong>Raum</strong> mit großer Wahrscheinlichkeit von den<br />

slawischen Bewohnern übernommen. Unter dem Holsteinischen Grafen<br />

Adolf II. wurden nach einem Bericht des Chronisten Helmold die <strong>im</strong> heutigen<br />

Oldesloer Stadtgebiet befindlichen Salzquellen in größerem Umfang ausge-<br />

104)<br />

beutet. Dem gleichen Helmoldbericht nach ließ Herzog Heinrich der Löwe<br />

kurze Zeit später (1151), aus Gründen der Konkurrenz zu seiner Salzproduktion<br />

in Lüneburg, die Salzquelle in Oldesloe „verstopfen“.<br />

Im weiteren Verlauf erreichte der Fernweg ein Gebiet mit zwei bedeutenden<br />

frühslawischen Befestigungsanlagen. Es handelt sich dabei um den „Fresenburger<br />

Wallberg“ direkt unterhalb des Gutes Altfresenburg <strong>und</strong> die in einer<br />

Entfernung von 1,9 km nordwestlich befindliche „Nütschauer Schanze“ (Abb.<br />

6, c u. e). Die beiden gut erhaltenen Ringwälle, beide am Travefluss gelegen,<br />

wurden <strong>im</strong> frühen Mittelalter errichtet <strong>und</strong> stehen damit <strong>im</strong> engen Zusammenhang<br />

mit der slawischen Einwanderung.<br />

Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand verließ <strong>im</strong> Zuge der Völkerwanderung<br />

der Großteil der germanischen Bevölkerung Ostholsteins <strong>und</strong> Lauenburgs<br />

spätestens <strong>im</strong> 5. Jahrh<strong>und</strong>ert seine Siedlungsgebiete. Gegen Ende des 7.<br />

<strong>und</strong> während des 8. Jahrh<strong>und</strong>erts erreichten slawische Einwanderer von<br />

Osten kommend den hier behandelten <strong>Raum</strong>. Den schriftlichen Quellen nach<br />

wurde das Gebiet nördlich der Trave von den Wagriern, einem Teilstamm der<br />

Obodriten, besiedelt. Man errichtete isoliert liegende offene <strong>und</strong> auch<br />

befestigte Siedlungen. Zu ihrem Schutze baute man auch Burgen, von denen<br />

sich einige zu Mittelpunkten sogenannter Siedlungskammern entwickelten.<br />

In einer weiteren Phase kam es zur Erschließung des ganzen Gebietes, zum<br />

Aufbau eines flächendeckenden Burgensystems mit einigen wirtschaftlichen<br />

105)<br />

<strong>und</strong> politischen Zentren.<br />

Von großer Wichtigkeit war den slawischen Einwanderern die Lage ihrer<br />

Ansiedlung; dies trifft zu sowohl bei den (offenen <strong>und</strong> befestigten) Siedlungen<br />

als auch <strong>im</strong> besonderen Maße bei den Burgplätzen. Man schützte sich vor<br />

Eindringlingen <strong>und</strong> bevorzugte windgeschützte Lagen. Auch genügend Land<br />

zur landwirtschaftlichen Nutzung musste vorhanden sein. Im hiesigen<br />

norddeutschen Flachland bevorzugte man Plätze <strong>im</strong> feuchten Niederungsgelände,<br />

die von drei Seiten schwer begehbar, oft unüberwindbar waren. Man<br />

nutzte schwache Erhöhungen <strong>und</strong> Kuppen am Rande von Mooren <strong>und</strong> in<br />

Flussauen. Oft lag die Ansiedlung auch auf Halbinseln an Seen <strong>und</strong> Spornen<br />

zwischen zusammenfließenden Gewässern, bzw. an Bach- <strong>und</strong> Flussschleifen.<br />

Ebenso wichtig wie die Sicherheitsaspekte waren die Voraus-<br />

59


setzungen für eine ausreichende Ernährung bzw. relativ autarke Versorgung<br />

mit Lebensmitteln. Im Umfeld der Siedlungen <strong>und</strong> der Burgplätze -<br />

letztere meistens mit angeschlossener Vorburgsiedlung - musste daher auch<br />

genügend nutzbare Bodenfläche vorhanden sein. Die besondere Wirtschaftsweise<br />

der Slawen war die Feld-Gras-Wirtschaft mit einem vergleichsweise<br />

hohen Anteil an Viehhaltung. Daher wählten die Slawen „für ihre<br />

Siedlungen Plätze <strong>im</strong> Grenzraum zwischen einer feuchten Niederung, die als<br />

Dauerweide genutzt werden konnte, <strong>und</strong> einem höhergelegenen trockenen Gebiet,<br />

106)<br />

auf dem das Wechselsystem von Gras- <strong>und</strong> Ackerfläche angelegt wurde“.<br />

Direkt unterhalb der heutigen Gebäude von Altfresenburg liegt <strong>im</strong><br />

Niederungsbereich der Trave auf einer weithin sichtbaren Moränenkuppe<br />

der Fresenburger Wallberg (Abb. 6, c). An beiden Seiten der Kuppe ist das<br />

Gelände am Traveufer noch heute stark vermoort. Zum Norden hin, auf<br />

mäßig ansteigendem Gelände, sind sehr günstige Voraussetzungen für eine<br />

landwirtschaftliche Nutzung gegeben. Hier könnte auch eine offene Vorburgsiedlung<br />

gelegen haben, die bislang noch nicht archäologisch nachge-<br />

107)<br />

wiesen werden konnte.<br />

Die Ringwallanlage Fresenburger Wallberg hat bei einer Böschungshöhe<br />

von 4 m einen Durchmesser von r<strong>und</strong> 80 x 90 m. Die Wallkuppen sind nach<br />

innen hin stark verschleift, so dass hier die Wallböschung nur schwach<br />

ausgebildet ist <strong>und</strong> der heutige Innenraum in einem noch nicht festgestellten<br />

Ausmaß erhöht sein dürfte. Eine gründliche archäologische Untersuchung<br />

der Anlage hat noch nicht stattgef<strong>und</strong>en. Zwei <strong>im</strong> Jahre 1950 gezogene<br />

Suchgräben erbrachten zahlreiches Keramikmaterial, einige Spinnwirtel,<br />

108)<br />

Wandbewurfsstücke, Tierknochen <strong>und</strong> verkohlte Hölzer. Als weitere<br />

F<strong>und</strong>gegenstände sind zwei Ringe, ein Knochenkamm, ein nadelartiges<br />

Knochenstäbchen, ein Messerfragment sowie Schleifsteine anzuführen. Am<br />

inneren Wallrand wurden vier Sargbestattungen aufgef<strong>und</strong>en, davon eine<br />

eines Kindes. Die aufgef<strong>und</strong>enen Gefäßscherben gehören fast ausnahmslos<br />

zu den frühslawischen Keramikgruppen Sukow <strong>und</strong> Feldberg. Nur einige<br />

wenige Scherben können zur mittelslawischen Gruppe Menkendorf<br />

gerechnet werden. Die beiden Keramikarten – älteres, noch unverziertes<br />

Sukow <strong>und</strong> jüngeres, meistens verziertes Feldberg – sind etwa gleich stark<br />

vertreten. Aufgr<strong>und</strong> des keramischen F<strong>und</strong>materials kann be<strong>im</strong> Fresenburger<br />

Wallberg, wie bei den meisten frühslawischen Anlagen Ostholsteins,<br />

eine Nutzung lediglich pauschal innerhalb des Zeitraums 8. <strong>und</strong> 9. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

angegeben werden. Nur bei wenigen Burganlagen in Ostholstein<br />

war bislang durch die Jahrringdatierung (Dendrochronologie) eine ge-<br />

109)<br />

nauere Zeitstellung möglich.<br />

Mit einer noch wenig verbreiteten Methode kann man bei der frühslawischen<br />

Keramik einen zusätzlichen Hinweis zur Datierung erhalten. Es<br />

60


handelt sich dabei um eine Überprüfung der Bearbeitungsspuren an den<br />

Gefäßrändern. Damit kann eine Unterscheidung von rein handgemachter<br />

(älterer) Keramik einerseits <strong>und</strong> oben abgedrehten (neueren) Gefäßen an-<br />

110)<br />

dererseits getroffen werden. In diesem Zusammenhang hat der Verfasser<br />

die verfügbaren Randscherben vom F<strong>und</strong>platz Fresenburger Wallberg mittels<br />

111)<br />

dieser Methode untersucht. Die Mehrzahl der überprüften Scherben (etwa<br />

90 Exemplare) wiesen noch keine Drehspuren auf. Damit überwiegt die ältere<br />

handgemachte Ware, was auf einen sehr frühen Siedlungsbeginn schließen<br />

lässt. Mit diesem Hinweis auf die frühe Errichtung des Fresenburger<br />

Wallbergs <strong>und</strong> mit der bereits erwähnten Auffindung einiger mittelslawischer<br />

Scherben vom Typ Menkendorf, kann auf eine durchgehende<br />

Besiedlung bis etwa 900 n. Chr. geschlossen werden.<br />

Der opt<strong>im</strong>ale Standort, die große Anzahl <strong>und</strong> Vielfalt der F<strong>und</strong>e mit<br />

Hinweisen auf eine autarke Versorgung sowie die kontinuierliche Nutzung<br />

der Burganlage Fresenburger Wallberg sind Indizien für die Funktion als<br />

112)<br />

bedeutende Siedlungsburg <strong>und</strong> Mittelpunkt einer Siedlungskammer. Ein<br />

wichtiges neues Argument kommt aus dem Bereich der Sprachforschung: Wie<br />

bereits beschrieben, taucht urk<strong>und</strong>lich <strong>im</strong> 4,5 km entfernten Forstgebiet<br />

Kneeden die slawische Bezeichnung „Knegena“ auf. Es ist die weibliche Form<br />

113)<br />

zu „Kneze“, in der Übersetzung der „Fürst“. So gibt es <strong>im</strong> Umfeld des Burg-<br />

<strong>und</strong> Siedlungskomplexes Fresenburg einen deutlichen Hinweis auf eine<br />

herausgehobene Persönlichkeit. Den Titel „Fürst“ hat wohl nur der burg-<br />

ansässige Adelige getragen, der als Herrscher an der Spitze eines slawischen<br />

114)<br />

Gaues, einer weiträumigen Siedlungskammer stand.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich befanden sich die slawischen Burgen in ausgesprochenen<br />

Schutzlagen; nur in seltenen Fällen führten die <strong>Fernwege</strong> in unmittelbarer<br />

Nähe vorbei. Man erreichte die Burgplätze in der Regel über kleine gut zu<br />

überschauende Stichwege. So gab es sicherlich von der Fernwegtrasse bei den<br />

heutigen Altfresenburger Gutsgebäuden einen Weg zum 800 m entfernt am<br />

Traveufer liegenden Fresenburger Wallberg.<br />

Der behandelte Fernweg führte jedoch in nordwestlicher Richtung weiter <strong>und</strong><br />

nach 1,5 km, kurz vor Schlamersdorf, hinab ins Travetal. Die Trave ist fast<br />

<strong>im</strong> gesamten Verlauf unterhalb von Segeberg von breiten feuchten<br />

Niederungen umgeben. Nur an wenigen Stellen ist eine Querung möglich,<br />

nämlich dort, wo sich trockene Landzungen ins sumpfige Wiesengelände<br />

vorschieben. Eine solche naturbedingte Lage befindet sich nordöstlich von<br />

Nütschau; hier verengt sich das nasse Umfeld des Flusses auf nur etwa 50 m.<br />

Der Fernweg konnte hier die Trave relativ leicht mittels einer Furt überqueren<br />

(Abb. 6, e). Alten Berichten nach kann auf ein sehr hohes Alter der Travefurt<br />

geschlossen werden. So ist man unterhalb der an diesem Platz befindlichen<br />

Brücke bei Reparaturarbeiten auf eine „Furt stammend aus der Steinzeit“<br />

gestoßen. Die zeitliche Angabe wird mit den hier aufgef<strong>und</strong>enen<br />

61


Steinartefakten begründet. Auf eine mögliche Nutzung während der<br />

Bronzezeit kann durch die später noch behandelte Grabhügelreihung bzw.<br />

den vermuteten Grabhügelweg geschlossen werden, die bei Nütschau das<br />

Travetal queren. Weg <strong>und</strong> Furt könnten auch mit den in der Nähe befind-<br />

lichen Salzquellen zusammenhängen, wo zwei bedeutende bronzezeitliche<br />

115)<br />

Depotf<strong>und</strong>e be<strong>im</strong> Torfstechen geborgen wurden. Ob das bei der Furt bei<br />

Baggerarbeiten um 1935 aufgef<strong>und</strong>ene stark verwitterte Eisenschwert aus der<br />

Eisenzeit oder aus der späteren fränkisch/slawischen Zeit stammte, kann<br />

116)<br />

nicht mehr festgestellt werden; es ist verschollen.<br />

Die Nütschauer Schanze war einst eine Wegesperre am Westufer der Trave.<br />

Direkt an der Travefurt <strong>und</strong> der Fernstraße liegt auf einem hochgelegenen<br />

Plateau die slawische Burganlage Nütschauer Schanze (Abb. 6, e). Ihr unmittelbares<br />

Umfeld besteht aus feuchten Senken <strong>und</strong> mehreren ausgeprägten<br />

Erosionsrinnen. Die Befestigung liegt auf einer größeren Kuppe an deren<br />

Hängen ein unregelmäßiger bogenförmiger Wall aufgeschüttet wurde. Die<br />

Anlage hat einen Durchmesser von etwa 80 m <strong>und</strong> die Wallhöhe liegt noch<br />

heute bis zu 2,5 m über dem nach Westen hin schwach geneigten Innenraum.<br />

Der Wall wird an der Traveseite durch den natürlichen Steilabfall ersetzt. Vor<br />

dem bogenförmigen Wallzug befindet sich auf seiner gesamten Länge<br />

ein ausgehobener Graben mit einer Tiefe bis zu 5 m vom Wall-<br />

62


117)<br />

gipfel aus gemessen. Bei Ausgrabungen in den Jahren 1949 <strong>und</strong> 1950 wurde<br />

weder eine Stratigraphie noch eine Kulturschicht angetroffen. Im Bereich ei-<br />

118)<br />

nes Tores bzw. einer Torgasse wurden dicke Holzkohleschichten ergraben.<br />

Es fanden sich nur wenige nach neueren Erkenntnissen ausnahmslos slawische<br />

Gefäßscherben, die bis in die Einzelheiten mit den Keramikf<strong>und</strong>en <strong>im</strong><br />

Fresenburger Wallberg übereinst<strong>im</strong>men. So ist die frühere Interpretation der<br />

119)<br />

Anlage Nütschau als sächsisch-fränkische Grenzburg überholt. Man kann<br />

von einer gewissen zeitgleichen Nutzung der beiden slawischen Anlagen<br />

innerhalb des 8. <strong>und</strong> 9. Jahrh<strong>und</strong>erts ausgehen.<br />

Die Anlage ist an allen Seiten von einem überaus unruhigen Gelände umgeben<br />

<strong>und</strong> es gibt kaum nutzbare Flächen für einen Getreideanbau bzw. eine<br />

120)<br />

Viehhaltung in ausreichender Größenordnung. Dieser Standort ist untypisch<br />

für eine reguläre frühslawische Siedlungsburg. Unwahrscheinlich ist<br />

auch der Neubau einer Siedlungsburg unmittelbar an einem bereits bestehenden<br />

Fernweg. Feindliche Truppen könnten so die Burganlage relativ leicht<br />

erreichen. Dies steht <strong>im</strong> Widerspruch zur gr<strong>und</strong>sätzlich auf Sicherheit bedachten<br />

slawischen Siedlungsweise, insbesondere bei der Standortwahl einer<br />

Burg. Aus dem spärlichen F<strong>und</strong>material kann geschlossen werden, dass die<br />

Burg nur selten oder nur schwach bewohnt war. Diese Argumente machen es<br />

wahrscheinlich, dass die Nütschauer Schanze in erster Linie zum Schutz <strong>und</strong><br />

der Kontrolle des Traveübergangs <strong>und</strong> des Fernwegs diente. In dieser Funktion<br />

war sie eine wichtige Verteidigungs- bzw. Sperranlage, gehörend zur<br />

121)<br />

Mittelpunktsburg Fresenburger Wall.<br />

Den Travefluss aufwärts, nördlich von Oldesloe, befindet sich das schriftlich<br />

überlieferte Waldgebiet „Travena Silva“. Es ist eine Station <strong>im</strong> Verlauf des<br />

bekannten „L<strong>im</strong>es saxoniae“, der von Adam von Bremen um 1070<br />

beschriebenen Völkergrenze zwischen dem fränkischen Reich <strong>und</strong> dem sla-<br />

122)<br />

wischen Machtbereich. Nach einem gemeinsam errungenen Sieg fränkisch/slawischer<br />

Verbände (798) über die Dänen überließ Karl d. Gr. <strong>im</strong> Jahre<br />

804 die sächsischen Gebiete nördlich der Elbe (Nordalbingien) den slawischen<br />

Obodriten. Sie sollten das fränkische Reich gegen die Expansionsbestrebungen<br />

der Dänen absichern. Bereits um 810 stellte sich heraus, dass die<br />

Slawen die ihnen übertragene Aufgabe nicht erfüllten bzw. erfüllen konnten.<br />

Sie verbündeten sich sogar mit den Dänen <strong>und</strong> griffen gemeinsam <strong>im</strong> Jahre 817<br />

die fränkische Burg Esesfeldt an, die jedoch gehalten werden konnte. Daraufhin<br />

ging 819 ein Heer aus Sachsen <strong>und</strong> Ostfranken über die Elbe <strong>und</strong> besiegte<br />

die abtrünnigen Slawen. In diesem Zusammenhang werden erstmalig Legaten<br />

<strong>und</strong> Präfekten in der sächsischen Grenzmark „l<strong>im</strong>ites Saxonici“ genannt, die<br />

123)<br />

auch die Befehlshaber der Truppen waren. Nachdem nun die Franken die Situation<br />

zu ihren Gunsten geklärt hatten, mussten sich die Slawen in die<br />

ostholsteinischen Gebiete zurückziehen <strong>und</strong> Nordalbingien wurde<br />

63


ins fränkische Reich eingegliedert. Nach K. W. Struve hat man sich die daraus<br />

resultierende Grenze „als eine Ödlandzone vorzustellen, die unbesiedelt war. Sie<br />

blieb <strong>im</strong> wesentlichen bis zum Ende der Slawenzeit die Völkerscheide zwischen Sachsen<br />

bzw. Deutschen <strong>und</strong> Slawen, auch wenn es von beiden Seiten her <strong>im</strong>mer wieder zu<br />

Grenzüberschreitungen <strong>und</strong> erbitterten Kämpfen kam. Die Westgrenze slawischer<br />

124)<br />

Ortsnamen ist dem L<strong>im</strong>esverlauf annähernd kongruent“. Mehrheitlich wird<br />

angenommen, dass die Ödlandzone der überlieferten linearen Grenze <strong>im</strong><br />

L<strong>im</strong>esbericht Adams von Bremen (um 1070) nach Westen vorgelagert war.<br />

Zum größten Teil können die <strong>im</strong> L<strong>im</strong>esbericht genannten Örtlichkeiten <strong>und</strong><br />

125)<br />

Geländeabschnitte gut lokalisiert werden. Die mehr oder weniger nasse<br />

Grenze (Fluss- <strong>und</strong> Bachläufe, Moore, Quellgebiete, Wasserscheiden) verläuft<br />

von der Elbe bei Lauenburg ausgehend etwa in nördlicher Richtung bis zur<br />

Kieler Bucht. Nördlich von Oldesloe befindet sich der bereits erwähnte<br />

Travewald, eine <strong>im</strong> L<strong>im</strong>esbericht erwähnte Station.<br />

Wie bereits beschrieben querte der behandelte Fernweg bei Nütschau den<br />

Travefluss (Abb. 6 e). Die tiefe Fahrrinne am nordöstlichen Ufer ist vermutlich<br />

durch die Wegenutzung entstanden. Auf der anderen Uferseite steigt die<br />

Trasse in einer natürlich entstandenen Erosionsrinne steil an. Unmittelbar am<br />

Traveübergang befindet sich, wie bereits erwähnt, der sehr steile Hang der<br />

Nütschauer Schanze. In die Erosionsrinne hat sich die Fahrspur als Hohlweg<br />

tief eingeschnitten. Nach ca. 300 m ist quer zum Weg ein nach Norden<br />

verlaufender Graben zu erkennen. Er hat bis vor kurzem noch keine besondere<br />

Beachtung gef<strong>und</strong>en. Der Graben wurde eindeutig künstlich angelegt mit<br />

126)<br />

steilen Hängen <strong>und</strong> einem auffallenden trapezförmigen Querschnitt. Oben<br />

hat er eine Breite von etwa 17 m <strong>und</strong> ist bis zu 5 m tief. In einer Länge von 200 m<br />

kann er gut verfolgt werden; er läuft allmählich <strong>im</strong> nassen Wiesengelände aus.<br />

Es ist unklar, ob der Graben eine militärische Funktion hatte oder ob er <strong>im</strong><br />

127)<br />

wesentlichen zur Kontrolle des friedlichen Verkehrs errichtet wurde.<br />

Die Rekonstruktion des frühgeschichtlichen <strong>Fernwege</strong>s der nachfolgend<br />

beschriebenen Strecke, führend von der Travefurt bei Nütschau über<br />

Bargteheide nach Hamburg, erweist sich wegen der nur spärlichen Hinweise<br />

als relativ schwierig. Lediglich eine frühe schriftliche Erwähnung aus dem<br />

Jahre 1110 könnte mit dem Fernweg zusammenhängen: Der in Hamburg<br />

eingesetzte billungische Lehnsgraf Gottfried geriet bei der Verfolgung sla-<br />

128)<br />

wischer Räuber in <strong>Stormarn</strong> in einen Hinterhalt <strong>und</strong> wurde getötet.<br />

Bei dem folgenden Rekonstruktionsversuch musste für die gesamte<br />

Wegestrecke bis Hamburg vorwiegend auf Hinweise aus vorgeschichtlicher<br />

Zeit zurückgegriffen werden. Die Thematik der bronzezeitlichen Grabhügelreihen<br />

<strong>und</strong> die sogenannten Grabhügelwege wurde in einem vorhergehenden<br />

Abschnitt ausführlich behandelt. Bekanntlich eignen sich die <strong>im</strong><br />

64


Gelände erkannten Reihungen von vorwiegend bronzezeitlichen Grabhügeln<br />

bzw. Grabhügelgruppen oft als Leitlinien für Wegeführungen, auch in späteren<br />

Zeitepochen (Wegekontinuität). Eine <strong>im</strong> nordwestlichen <strong>Stormarn</strong> ge-<br />

legene Hügelreihe hat H. Hingst erkannt <strong>und</strong> als eine mögliche vorge-<br />

129)<br />

schichtliche Wegeführung beschrieben. Danach verlief der hier rekonstruierte<br />

Weg der Hügelkette folgend, die ab dem Bereich nordöstlich von Oldesloe<br />

archäologisch gut erfasst ist. Der Weg führte über die Nütschauer Furt <strong>und</strong><br />

<strong>im</strong> weiteren Gelände mäßig ansteigend zunächst in westlicher Richtung (Abb.<br />

6; b, d, e). Zwischen den heutigen Orten Tralau <strong>und</strong> Vinzier (Abb. 6, f) traf der<br />

Weg auf eine weitere Grabhügelreihe bzw. Wegetrasse, die vom Norden her<br />

130)<br />

in das hier behandelte (Arbeits-) Gebiet gelangte. Diese <strong>im</strong> benachbarten<br />

Segeberger Gebiet erfasste Hügelkette wird flankiert von 12 Steinzeitgräbern,<br />

gleichfalls in linearer Anordnung. Oberflächlich wurden sie zerstört, doch<br />

131)<br />

konnten sie archäologisch gut nachgewiesen werden. Diese auch als Megalithgräber<br />

bekannten Grabanlagen mit steinernen Einbauten, den Grabkammern,<br />

waren fast <strong>im</strong>mer von Erd- oder Steinhügeln überdeckt. Das kom-<br />

binierte Auftreten von Grabhügelreihen aus der Bronzezeit <strong>und</strong> älteren Stein-<br />

132)<br />

zeitgräbern kann man zuweilen auch an anderen F<strong>und</strong>plätzen beobachten.<br />

Auffällig ist, dass gerade am Platz des Zusammentreffens der beiden<br />

Hügelreihen bzw. der Fernwegtrassen ein umfangreiches Brandgrubenfeld<br />

(Abb. 6, f) aufgef<strong>und</strong>en wurde. Derartige Bef<strong>und</strong>e, auch Feuerstellenplätze<br />

genannt, wurden erst in jüngster Zeit gründlich erforscht <strong>und</strong> publiziert. Sie<br />

bestehen aus kleineren fast <strong>im</strong>mer f<strong>und</strong>losen Steinsetzungen, oft in linearer<br />

Anordnung <strong>und</strong> in beträchtlicher räumlicher Ausweitung. Häufig konnte<br />

auch ein Zusammenhang mit bronzezeitlichen Grabhügeln erkannt werden.<br />

Als ein Schwerpunkt bei der Nutzung der Brandgrubenfelder wurde die<br />

14<br />

jüngere Bronzezeit <strong>und</strong> frühe Eisenzeit ermittelt ( C-Datierungen überwiegend<br />

von etwa 950-600 v. Chr.). Seit dem überregionalen Bekanntwerden<br />

von Feuerstellenplätzen in den späten sechziger <strong>und</strong> siebziger Jahren des<br />

letzten Jahrh<strong>und</strong>erts setzte sich zunehmend eine kultisch-religiöse Deutung<br />

durch. Wahrscheinlich ist, dass „die Feuerstellenplätze <strong>im</strong> Rahmen von beson-<br />

deren, religiös motivierten Zusammenkünften größerer Menschenmengen genutzt<br />

133)<br />

wurden“. So dürfte eine kultische Funktion des Platzes Tralau, am Zu-<br />

134)<br />

sammentreffen zweier bedeutender <strong>Fernwege</strong>, sehr wahrscheinlich sein.<br />

An dem beschriebenen Wegeteilstück haben sich noch bis in die Mitte des<br />

letzten Jahrh<strong>und</strong>erts drei alte Wegespuren erhalten (Abb. 6; g, f, h), die in der<br />

135)<br />

Archäologischen Landesaufnahme registriert <strong>und</strong> beschrieben wurden. Im<br />

Gelände sind diese Wegerelikte heute nicht mehr zu erkennen. Sie stammten<br />

wohl auch nicht direkt aus vor- bzw. frühgeschichtlicher Zeit; vielmehr<br />

dürften es Spuren von der mittelalterlichen oder der noch späteren<br />

65


neuzeitlichen Wegenutzung gewesen sein. Wichtig ist jedoch die berechtigte<br />

Vermutung, dass sich hier eine alte Trassenführung über weite Zeiträume als<br />

Wegeleitlinie erhalten hat.<br />

Bekanntlich ist in den archäologisch erfassten F<strong>und</strong>stellen <strong>im</strong> Nahbereich von<br />

Fernwegtrassen meist eine Häufung von <strong>im</strong>portiertem Fremdgut<br />

festzustellen. Dies ist auch <strong>im</strong> hier behandelten Trassenverlauf von Bad<br />

Oldesloe bis Bargteheide der Fall. Aus der Bronzezeit stammen zahlreiche<br />

136)<br />

Importf<strong>und</strong>e; die F<strong>und</strong>plätze sind der Abb. 6, 1-4 vermerkt. In Travenähe bei<br />

Bad Oldesloe liegen die erwähnten „Oldesloer Salzquellen“ <strong>und</strong> be<strong>im</strong><br />

Torfstechen <strong>im</strong> Brennermoor kamen bedeutende bronzezeitliche Depotf<strong>und</strong>e<br />

zu Tage. Es waren wohl sogenannte „Weihef<strong>und</strong>e“, denn den Vorzeitmen-<br />

schen waren solche ungewöhnlichen Stellen heilig <strong>und</strong> hier legten sie oft ihre<br />

137)<br />

Opfergaben nieder. Dass der Weg auch in der anschließenden Eisenzeit ge-<br />

nutzt wurde, geht aus den entsprechenden F<strong>und</strong>plätzen (Abb. 6, 5-7) mit<br />

138)<br />

<strong>im</strong>portiertem F<strong>und</strong>gut hervor. Auch Perlen sind meistens <strong>im</strong>portiertes<br />

Fremdgut. Nahe am beschriebenen Fernweg wurden an vier Plätzen aufge-<br />

139)<br />

f<strong>und</strong>en: 8 Glasperlen, 2 Bernsteinperlen <strong>und</strong> eine Steinperle.<br />

Wie auch bei H. Hingst angegeben, schwenkte die Grabhügelreihe bzw. die<br />

Fernwegtrasse be<strong>im</strong> Brandgrubenfeld Tralau (Abb. 6, f) nach Süden ab. In gemeinsamer<br />

Streckenführung mit dem von Norden aus dem <strong>Raum</strong> Segeberg<br />

kommenden Weg verlief der Fernweg somit weiter durch die heutigen Orts-<br />

140)<br />

bereiche von Grabau, Neritz, Elmenhorst <strong>und</strong> Bargteheide (Abb. 6). Auch auf<br />

dieser Strecke erkennt man eine klare Reihung der Grabhügel bzw. der Grabhügelgruppen.<br />

In Bargteheide knickte der Fernweg nach Südwesten ab <strong>und</strong><br />

erreichte über Bünningstedt <strong>und</strong> Hoisbüttel den bereits auf hamburgischem<br />

141)<br />

Gebiet befindlichen Ortsteil Bergstedt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit bestand<br />

in Bergstedt bereits <strong>im</strong> Jahre 1072 eine Kirche. Neue Forschungen über<br />

Kirchengründungen haben ergeben, dass die frühesten Kirchenbauten <strong>im</strong><br />

Hamburger Umland gr<strong>und</strong>sätzlich an den wichtigsten Ausfahrtsstraßen<br />

142)<br />

lagen.<br />

Die oben beschriebene <strong>und</strong> als Wegeleitlinie präsentierte Grabhügelkette<br />

setzte sich auch weiter in südlicher Richtung fort. In diesem letzten Teilstück<br />

vor <strong>und</strong> in Hamburg befinden sich wie bei der vorhergehenden Wegestrecke<br />

gleichfalls größere Grabhügelgruppen: 8 Hügel an der Ortsgrenze Hoisbüttel/Volksdorf;<br />

9 Hügel in Bergstedt „Wöhlberge“; 6 Hügel in Wellings-<br />

143)<br />

büttel/Kl. Borstel; 18 Hügel <strong>im</strong> <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Ohlsdorfer Friedhof.<br />

Im späten Mittelalter war für <strong>Lübeck</strong> die Straße nach Hamburg der wichtigste<br />

144)<br />

hansezeitliche Handelsweg. Er querte die Trave, wie bereits beschrieben,<br />

über eine Brücke in Oldesloe <strong>und</strong> führte (in zwei Varianten) in südwestlicher<br />

Richtung weiter nach Bargteheide. Wahrscheinlich ist ab Bargteheide die<br />

spätmittelalterliche Trasse <strong>im</strong> groben Verlauf mit dem frühgeschichtlichen<br />

Fernweg nach Hamburg identisch. Die hier befindliche älteste Zufahrt zum<br />

66


Hamburger Ortskern lag be<strong>im</strong> Spitaler Tor, wo 1220 eine communis strata<br />

145)<br />

erwähnt wird.<br />

Hamburg, Bischofssitz seit 831, war bereits in spätkarolingischer Zeit<br />

Ausgangs- <strong>und</strong> Endpunkt mehrerer Landwege. Hier an der Trichtermündung<br />

der Elbe befand sich ein mehrfach ausgebauter Hafen. Auch die neuen<br />

Hamburger Domplatzgrabungen ergaben Hinweise auf bereits seit dem 9.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert bestehende Handelsbeziehungen mit den westeuropäischen<br />

146)<br />

Provinzen.<br />

Die hier behandelten drei Abschnitte frühgeschichtlicher Wegeführungen,<br />

Der Fernweg von Hamburg nach Mecklenburg,<br />

Die <strong>Fernwege</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Lübeck</strong>,<br />

Der Fernweg von der Ostsee nach Hamburg,<br />

waren wichtige Verkehrsadern zwischen dem slawisch besiedelten<br />

Ostseeraum (Wagrien) <strong>und</strong> dem sächsisch/fränkischen Hauptort Hamburg<br />

an der Elbe. Sie zählten zu den bedeutenden Landverbindungen dieser<br />

bewegten Zeitperiode. Während der Wikinger- <strong>und</strong> Slawenzeit vom 8.–12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert war Schleswig-Holstein, auch mit seinem südlichen Teilgebiet,<br />

147)<br />

eine Drehscheibe zwischen den Völkern.<br />

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Brennermoors bei Bad Oldesloe. <strong>Stormarn</strong>er Hefte 3, 1976, 71-74 (Neumünster).<br />

TROMNAU 1996: G. Tromnau, Tralau – ein Bestattungsplatz der Bronzezeit <strong>und</strong> vorrömischen<br />

Eisenzeit <strong>im</strong> <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong>, Holstein. Hammaburg, Neue Folge 10, 121-166 (Neumünster).<br />

VARENDORFKARTE 1789: Topographisch Militärische Charte des Herzogtums Holstein (1789-<br />

1796). Herausgegeben vom Landesvermessungsamt Schleswig-Holstein 1987.<br />

VOGEL 1972: V. Vogel, Slawische F<strong>und</strong>e in Wagrien (Neumünster).<br />

WIECHMANN 1996: R. Wiechmannn, Edelmetalldepots der Wikingerzeit in Schleswig-Holstein.<br />

Offa-Bücher, Band 77 (Neumünster).<br />

WIETRZICHOWSKI 1993: F. Wietrzichowski, Untersuchungen zu den Anfängen des<br />

frühmittelalterlichen Seehandels <strong>im</strong> südlichen Ostseeraum unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Grabungsergebnisse von Groß Strömkendorf. Wismarer Studien zur Archäologie <strong>und</strong><br />

Geschichte, Bd. 3 (Wismar).<br />

71


WILLERT 1990: H. Willert, Anfänge <strong>und</strong> frühe Entwicklung der Städte Kiel, Oldesloe <strong>und</strong> Plön<br />

(Neumünster).<br />

WILLROTH 1986: K.-H. Willroth, Landwege auf der c<strong>im</strong>brischen Halbinsel aus der Sicht der<br />

Archäologie. Siedlungsforschung, Archäologie – Geschichte – Geographie, Band 4, 9-44 (Bonn).<br />

WILLROTH 1992: K.-H. Willroth, Untersuchungen zur Besiedlungsgeschichte der Landschaften<br />

Angeln <strong>und</strong> Schwansen von der älteren Bronzezeit bis zum frühen Mittelalter. Offa-Bücher, Bd.<br />

72 (Neumünster).<br />

WILLROTH 1993: K.-H. Willroth, Frühstädtische Siedlungen <strong>und</strong> Handelsplätze des südlichen<br />

Ostseegebietes <strong>und</strong> ihr Umland. Archäologie des Mittelalters <strong>und</strong> Bauforschung <strong>im</strong> Hanseraum,<br />

277-288 (Rostock).<br />

WILLROTH 1999: K.-H. Willroth, Krieger, Häuptlinge oder “nur” freie Bauern. Zum Wandel in der<br />

Bronzezeitforschung. Beiträge für Wissenschaft <strong>und</strong> Kultur, Band 3, 39-66 (Neumünster).<br />

ZICH 2002 a: B. Zich, Ochsenweg/Haervejen – Nordeuropas kulturhistorische Wirbelsäule. Wege<br />

als Ziel. Kolloquium zur Wegeforschung in Münster, 67-83 (Münster).<br />

ZICH 2002 b: B. Zich, Wie alt ist der Ochsenweg? Von Wegen. Flensburger Regionale Studien. Band<br />

12, 16-19 (Flensburg).<br />

Anmerkungen<br />

1) ZICH 2002 b, 19 (Landtransport Bronzezeit). Auch Fertigwaren aus Bronze gelangten von Süden,<br />

möglicherweise durch den Handel auf dem Elbstrom, nach Schleswig-Holstein. Als Beispiel<br />

seien hier die Bronzedolche aus dem Aunjetitzer Kulturkreis (Böhmen, Mitteldeutschland,<br />

Polen) angeführt. Sie regten die he<strong>im</strong>ische Flintindustrie zur Gestaltung der prächtigen<br />

Fischschwanzdolche an (STRUVE 1979, 11).<br />

2) Auf die Thematik der Grabhügelwege wird <strong>im</strong> Beitrag noch später eingegangen werden.<br />

3) Annales Regni Francorum (Reichsannalen) 798 <strong>und</strong> desgl. 804.<br />

4) ADAM II 15 b. Über den „L<strong>im</strong>es saxoniae“ wird weiter unten noch ausführlich berichtet.<br />

5) KRÜGER 1932, Karten 4 <strong>und</strong> 5; HERRMANN 1968, 124; HERRMANN 2003, 56.<br />

6) Leitlinien <strong>Fernwege</strong>netz: HERRMANN 1985, 136. Abb. 53; GABRIEL 1988, 105. Abb. 1. Über die<br />

frühmittelalterlichen Zentralorte: HÜBENER 1993, 177 f; WILLERT 1990, 277; WILLROTH 1993,<br />

284 f; MÜLLER-WILLE 2002, 368 f. Die Burgwälle von Oldenburg, Alt <strong>Lübeck</strong>, Plön <strong>und</strong><br />

Mecklenburg nahmen als Zentralorte während der slawischen Zeit wichtige überregionale<br />

Funktionen wahr. Am Kreuzungspunkt der <strong>Fernwege</strong> 1 <strong>und</strong> 2 <strong>und</strong> dem bereits früh schiffbaren<br />

Stecknitzfluss (Abb. 2) befand sich der Siedlungskomplex <strong>und</strong> vermutliche Handelsplatz<br />

Hammer (KEMPKE 1989, 178 f). Der Fernhandelsort Reric (Reichsannalen, Annales Regni<br />

Francorum 808/809) konnte durch neue Grabungen in Groß Strömkendorf an der Ostsee<br />

lokalisiert werden (WIETRZICHOWSKI 1993, 46; MÜLLER-WILLE 2002, 376 f). Hamburg ab<br />

831, Neumünster <strong>und</strong> Segeberg nach 1127 waren wichtige Stützpunkte der Ostmission.<br />

7) Capitular von Diedenhofen (Thionville) 805. Im weiteren Verlauf nach Norden erreichte der<br />

Fernweg, über das spätere Missionszentrum Hamburg führend, auch das frühmittelalterliche<br />

72


Wegenetz auf der C<strong>im</strong>brischen Halbinsel (u. a. WILLROTH 1986, 16 f).<br />

8) ADAM II 19. Reisezeit 7 Tage.<br />

9) ADAM II 18, Schol. 16. Reisezeit 1 Tag.<br />

10)LECIEJEWICZ 1987, 75-81.<br />

11)ASMUS 2002, 9.<br />

12)DENECKE 1969, 77.<br />

13)BRUNS u. WECZERKA 1967, 46 f.<br />

14) DENECKE 1979, 455.<br />

15)BRUNS u. WECZERKA 1967, 99; DENECKE 1979, 433. Gut f<strong>und</strong>ierte Beschreibungen des<br />

spätmittelalterlichen Wegenetzes <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> Schleswig-Holstein: SCHRECKER 1933; BOIGS<br />

1966; BRUNS u. WECZERKA 1967.<br />

16)KERSTEN 1951 b, 136.<br />

17)Literatur zum frühgeschichtlichen Wegenetz bzw. Verkehrswesen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> zwischen Elbe <strong>und</strong><br />

Ostsee: KERSTEN 1951 a, 126-130; ERDMANN 1980, 112-116; GLÄSER 1983, 263-275;<br />

WILLROTH 1986, 9-44; GABRIEL 1988, 103-109; KEMPKE 1989, 175-184; MÜLLER-WILLE 2002,<br />

368-379; FISCHER 2003, 373 f; GÜNTHER 2003, 393 f.<br />

18)BERANEK 1997; BERANEK 2002. Das vom Autor beschriebene neue Wegenetz (BERANEK<br />

1997) wurde übernommen in der Monographie „Bauer/Bürger/Edelmann. Stadt <strong>und</strong> Land <strong>im</strong><br />

Mittelalter“ (MEIER 2003, 124 f). Ferner bewertet J. Herrmann die neuen Trassenführungen nach<br />

BERANEK 2002 als „bedeutende neue Detailkenntnisse“ <strong>im</strong> frühgeschichtlichen <strong>Fernwege</strong>netz <strong>im</strong><br />

nordwestslawischen Gebiet (HERRMANN 2003, 55).<br />

19)SCHINDLER 1960, 48 f. Die sehr gut dokumentierten Grabungen von 1980 bis 1987 erbrachten<br />

jedoch keine Hinweise auf eine Befestigung aus der 1. Hälfte des 9. Jahrh<strong>und</strong>erts. So ist die<br />

Lokalisierung der urk<strong>und</strong>lich überlieferten karolingerzeitlichen Hammaburg erneut in Frage<br />

gestellt. Aus topographischer Sicht könnte dieser frühe Wall möglicherweise unter der Neuen<br />

Burg auf dem Westufer der Alster gelegen haben (HARCK u. KEMPKE 2002, 37).<br />

20)Die entsprechenden Texte werden (in deutscher Sprache) wiedergegeben bei: BUSCH 2002, 7.<br />

21)HARCK u. KEMPKE 2002, 35 f.<br />

22)HARCK 2002, 80.<br />

23)1066 entstand jenseits der Alster, ca. 500 m südwestlich vom Domplatzgelände, die Neue Burg<br />

als Sitz der Herzöge. An dieser Stelle könnte, wie bereits erwähnt, möglicherweise die alte<br />

Hammaburg gelegen haben. Welche Bedeutung der Wasserweg bzw. die Häfen bereits in<br />

frühgeschichtlicher Zeit hatten, ist noch nicht ausreichend erforscht.<br />

24)KEMPKE 2002 a, 129.<br />

25)SCHINDLER 1957, 55.<br />

26)HATZ 1975, 10.<br />

73


27) HATZ 2002, 205.<br />

74<br />

28) SCHINDLER 1957, 52 u. 1960, 100.<br />

29) MÜLLER-WILLE 2002, 368.<br />

30) HARCK 2002, 12, Abb. 3.<br />

31)Über die naturbedingten Schwierigkeiten der Elbquerung bei Hamburg werden<br />

unterschiedliche Ansichten vertreten. Zweifelsohne war das Stromspaltungsgebiet der Elbe<br />

verkehrsbehindernd, doch gibt es für die hier behandelte Zeitspanne Hinweise auf eine<br />

verminderte Wasserführung der Elbe (<strong>und</strong> anderer norddeutscher Flüsse), verursacht durch<br />

eine Kl<strong>im</strong>awarmphase von ca. 900 bis 1200 n. Chr. (ECKHOLDT 1998, 12; FLOHN 1967, 85f).<br />

Demnach dürfte die Querung des Elbflusses in dieser frühen Zeit, insbesondere während der<br />

Niedrigwasser-Phase (Ebbe), weniger problematisch gewesen sein als es oft vermutet wird.<br />

Auch hat sich seit dem Mittelalter die topographische Situation zwischen Norder- <strong>und</strong><br />

Süderelbe wesentlich verändert. Noch <strong>im</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert lag in diesem Bereich die bewohnte<br />

<strong>und</strong> überwiegend als Weideland genutzte Insel Gorrieswerder. Erst spätere Sturmfluten haben<br />

diese große Flussinsel in zahlreiche kleine Inseln unterteilt (DREYER-EIMBCKE 2004, 248). Es<br />

liegen auch frühe schriftliche Berichte über regionale Kontakte zwischen Hamburg <strong>und</strong> den<br />

Gebieten südlich der Elbe vor. So erwähnt Adam von Bremen um 1070 Verbindungen der<br />

bischöflichen Hammaburg mit seinen „3 Meilen entfernten“ südlich der Elbe gelegenem Hof <strong>und</strong><br />

Kloster Ramelsloh (ADAM I 25, 32, 53; II 43; III 32). Nach KERSTEN 1940, 64 war der „militärisch<br />

wie auch handelspolitisch gleich günstig gelegene Elbübergang bei Harburg“ von besonderer<br />

Bedeutung.<br />

32) Dass in Artlenburg die Elbe günstig gequert werden konnte, ist <strong>im</strong> natürlichen Geschehen von<br />

Ebbe <strong>und</strong> Flut begründet. Die Strömung der Elbe <strong>und</strong> der Wasseranstieg durch die Flut in der<br />

Unterelbe trafen auf der Höhe Artlenburg aufeinander. Dies führte zu einer Verminderung der<br />

Fließgeschwindigkeit, was wiederum stärkere Sand- <strong>und</strong> Schlickablagerungen zur Folge hatte.<br />

Die Sandbänke ermöglichten so die Überschreitung des breiten Stromtales. Eine Querung<br />

konnte mit Pferden <strong>und</strong> Fuhrwerken erfolgen; doch in ungünstigen Fällen musste wohl mittels<br />

Booten übergesetzt werden.<br />

33)BUSCH 1999, 34.<br />

34)RAUTENBERG 1883, 632.<br />

35)KERSTEN 1951 a, 128 f; BERANEK 2002, 32 f.<br />

36)KERSTEN 1951 a, 129 f <strong>und</strong> Abb. 80 A. Die Abweichungen <strong>im</strong> <strong>Kreis</strong> <strong>Stormarn</strong> sind: Eine etwas<br />

weiter südlich gelegene Wegeführung zwischen Glinde <strong>und</strong> Witzhave (Grabhügelweg) <strong>und</strong> der<br />

Trassenverlauf entlang der Bille süd- <strong>und</strong> östlich der Hahnheide. Im Lauenburger <strong>Raum</strong> ist<br />

zunächst eine kleinere Abweichung be<strong>im</strong> Dorf Koberg vorhanden; <strong>im</strong> weiteren Verlauf sind die<br />

Abweichungen größer: So wird hier der Fernweg nicht wie bei K. Kersten zur Inselstadt<br />

Ratzeburg geführt, sondern verläuft etwas südlicher über Schmilau (1093 Schlacht bei Schmilau)<br />

weiter ins Mecklenburger Land (BERANEK 2002, 28 f).<br />

37)KERSTEN 1951 a, 129.<br />

38)Für den hier behandelten <strong>Raum</strong> hat G. Bock erstmals die Ausdehnung dieser Waldzone genauer<br />

untersucht. Er analysierte in seiner Arbeit die früheste Besiedlung der einzelnen Gemarkungen.<br />

Bock konnte nachweisen, dass <strong>im</strong> 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert einige


slawische Dörfer, wie z. B. Trittau, Linau <strong>und</strong> auch Lütjensee, sich inselartig etwa in der Mitte des<br />

Waldgebietes befanden (BOCK 2002, 38 f; Abb. 1). Zur Methode der Rekonstruktion der<br />

Altlandschaft PRANGE 1960, 34-41.<br />

39)HINGST 1959, 91 u. Abb. 7.<br />

40)ZICH 2002 a, 81; ZICH 2002 b, 19.<br />

41) BAKKER u. KNOCHE 2003, 22-25.<br />

42( WILLROTH 1999, 56 f.<br />

43) WILLROTH 1992, 63.<br />

44) Die Hügelkette besteht aus folgenden in der archäologischen Landesaufnahme (HINGST 1959,<br />

123-510, F<strong>und</strong>stellen-Verzeichnis) registrierten Grabhügeln: Oststeinbek LA 5-15, Glinde LA 7-<br />

29, Schöningstedt LA 1-100; 134-136, Witzhave 1-32.<br />

45) HINGST 1959, 429.<br />

46) KLIPPEL 1983, 15.<br />

47) Etwa 200 m flussaufwärts von der „Doktorbrücke“ – so die Bezeichnung in den heutigen<br />

Topographischen Karten 1 : 25.000 – kann man die Überreste einer alten Furt erkennen, die schon<br />

lange außer Betrieb <strong>und</strong> in neueren Karten nicht mehr verzeichnet ist (F<strong>und</strong>meldung 4.7.06, R.<br />

Beranek). Nach einer Schleife verbreitert sich der Fluss zu einer Seichtstelle, wobei die Strömung<br />

sichtbar abn<strong>im</strong>mt. Hier mündet ein kleiner Bach <strong>und</strong> bei normalem Wasserstand ist der feste<br />

Untergr<strong>und</strong> gut sichtbar. Er besteht aus mäßig großen Steinen, die zum Teil bis zur<br />

Wasseroberfläche anstehen. An beiden nicht sehr steilen Ufern erkennt man schwache<br />

Wegespuren. Eine Überprüfung des Kartenmaterials hat ergeben, dass in der ersten<br />

Vermessungskarte des Sachsenwaldes aus dem Jahre 1670 ein Weg eingezeichnet ist, der etwa<br />

von Aumühle aus geradlinig nach Norden bis zu der Furtstelle führt. Auf der Topographischen<br />

Karte von 1880 ist hier ein Fußweg zu erkennen, der über den Fluss hinweg nach Witzhave<br />

weiterführt. Auch quert hier noch heute die Grenze der <strong>Kreis</strong>e <strong>Stormarn</strong> <strong>und</strong> Herzogtum<br />

Lauenburg den Billefluss. Die Furt dürfte somit vor sehr langer Zeit intensiv genutzt worden<br />

sein.<br />

48)Am Hang des hier ansteigenden Geländes zum Waldgebiet Hahnheide ist in der<br />

Archäologischen Landesaufnahme die nur wenig erforschte Wallanlage „Trittau Vorburg“<br />

registriert (Trittau LA 211/212). Anhand von Keramikf<strong>und</strong>en wird sie grob in die<br />

mittelalterliche/frühneuzeitliche Zeitspanne datiert, doch könnte ein Teil der Befestigung<br />

möglicherweise aus frühgeschichtlicher Zeit stammen. Es handelt sich dabei um eine größere<br />

kegelförmige Erhebung. Von ihr aus konnte die unmittelbar vorbeiführende Wegetrasse in<br />

beiden Richtungen weit eingesehen bzw. kontrolliert werden.<br />

49) Über den „L<strong>im</strong>es saxoniae“ wird weiter unten noch ausführlich berichtet, wie Anm.4).<br />

50)Bei Koberg gibt es eine kleine Abweichung von der Trassenführung nach K. Kersten, Anm. 36).<br />

Im Nordosten der heutigen Ortschaft Koberg lag nächst der Fernwegtrasse das vor 1230<br />

gegründete deutsche Dorf Coberch. Der Platz dieser ursprünglichen <strong>und</strong> später verlagerten<br />

Siedlungsstelle konnte durch die Bezeichnung „Ohlendörp“ in der Flurkarte von 1772 (PRANGE<br />

1960, 179) sowie durch gut datierbare Keramikf<strong>und</strong>e lokalisiert werden.<br />

75


51) LAUR 1992, 513.<br />

76<br />

52) Hier besteht eine größere Abweichung von der Trassenführung nach K. Kersten, wie Anm. 36).<br />

53)Be<strong>im</strong> frühslawischen Burgwall Hammer (KERSTEN 1951 a, 123; KEMPKE 1989, 178 f;<br />

BERANEK 2002, 24 f) vereinigten sich zwei wichtige <strong>Fernwege</strong> (Abb. 2, 1 u. 2, 2). Sie querten<br />

mittels einer nachgewiesenen Furt den Stecknitzfluss. Es ist wahrscheinlich, dass auf der<br />

Stecknitz bereits in frühgeschichtlicher Zeit eine (beschränkte) Schifffahrt möglich war, die<br />

jedoch von etwa 900 bis 1200 während eines Kl<strong>im</strong>aopt<strong>im</strong>ums aussetzte (ECKOLDT 1980, 67;<br />

ECKOLDT 1998, 12; FLOHN 1967, 85 f). Dies dürfte auch ein Gr<strong>und</strong> dafür gewesen sein, dass der<br />

umfangreiche Burg- <strong>und</strong> Siedlungskomplex Hammer <strong>im</strong> 10. Jahrh<strong>und</strong>ert aufgegeben wurde. In<br />

Hammer gibt es starke Hinweise auf einen frühen Fernhandel. So konnten, zusätzlich zum<br />

slawischen F<strong>und</strong>gut, westliche Importe aus dem fränkisch/sächsischen Einflussgebiet<br />

nachgewiesen werden (KEMPKE 1989, 178). Auch zwei Bergkristall-Perlen, die nachweislich<br />

aus der Gegend des nördlichen Kaukasus stammen, wurden aufgef<strong>und</strong>en (Finder: E.-G.<br />

Burmester, Ratzeburg).<br />

54) PRANGE 1960, 50.<br />

55)HELMOLD I 34. Die vereinigten slawischen Truppen bedrohten den „abtrünnigen“<br />

Slawenkönig Heinrich in Alt <strong>Lübeck</strong>, der sich zum Christentum bekannt hatte <strong>und</strong> mit dem<br />

Sachsenherzog Magnus eng verb<strong>und</strong>en war. Magnus wurde um Waffenhilfe gebeten <strong>und</strong> zog<br />

mit holsteinischen Streitkräften in Eilmärschen herbei. Überraschend griffen die Hilfstruppen<br />

noch am späten Nachmittag an <strong>und</strong> schlugen die zahlenmäßig überlegenen slawischen<br />

Verbände. Es wird berichtet, dass die slawischen Kämpfer von der untergehenden Sonne stark<br />

geblendet wurden <strong>und</strong> man dies als göttliche Fügung auslegte. Sehr wahrscheinlich benutzten<br />

die sächsischen Hilfstruppen aus Hamburg kommend den hier beschriebenen Fernweg. Der<br />

Sammelplatz der slawischen Streitkräfte lag vermutlich be<strong>im</strong> ehemaligen slawischen Dorf<br />

smilowe, das 2 km südlich vom heutigen Ort Schmilau lokalisiert werden konnte (F<strong>und</strong>meldung<br />

1992/72, R. Beranek; Finder H. Göbe).<br />

56)PRANGE 1960, 50.<br />

57)Annales Regni Frankorum (Reichsannalen) 808/809. Die Lage des Handelsortes Reric war lange<br />

Zeit umstritten. Durch neuere archäologische Ausgrabungen konnte Reric nunmehr an der<br />

Küste bei der Insel Poel lokalisiert werden. Wie Anm. 6).<br />

58)Am Wegeknoten nördlich von Mölln befindet sich <strong>im</strong> Tangenberger Forst an der Abzweigung<br />

nach <strong>Lübeck</strong> ein gut ausgeprägtes Hohlwegrelikt. Hier ergab eine durch Grabung erfolgte<br />

Untersuchung, dass das vorgef<strong>und</strong>ene Bodenprofil von der neuzeitlichen Benutzung dieses<br />

Wegeabschnitts stammt (EGGERS u. NAGEL 1989, 57-59). Ausgangspunkt des Boizenburger<br />

Frachtweges ist Lüneburg mit der ab Mitte des 10. Jahrh<strong>und</strong>erts nachgewiesenen Produktion des<br />

begehrten Wirtschaftsgutes Salz. Der dabei wohl wichtigste Handelsstrom dürfte bereits früh<br />

zur Ostsee (<strong>Lübeck</strong>) geführt haben. Der Boizenburger Frachtweg wird allgemein als die älteste<br />

Salzstraße in Richtung Norden angenommen (PRANGE 1960, 47). Über den durch eine Burg<br />

gesicherten Elbübergang bei Boizenburg (Fähre) führte die Trasse, die heute in überbauter Form<br />

noch gut erhalten ist, in nahezu gerader Linie nach Fredeburg. Hier ist die Verkehrsanbindung<br />

zur Ostsee gegeben (Abb. 2, 1). Der Warenverkehr dürfte bereits <strong>im</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert eingesetzt,<br />

die Hauptnutzungszeit <strong>im</strong> 12. <strong>und</strong> 13. Jahrh<strong>und</strong>ert gelegen haben. Weitere verkehrsrelevante<br />

Zusammenhänge bei BERANEK 2002, 30 f.


59)HELMOLD I, 22.<br />

60)KERSTEN 1951 a, 128.<br />

61)SCHMITZ 1990, 252.<br />

62)STARK 2003, 87. Man kann annehmen, dass eine derart aufwendige <strong>und</strong> mehrphasige<br />

Bohlenwegkonstruktion der guten Wegverbindung der Burg Klempau zum Zentralort Alt<br />

<strong>Lübeck</strong> diente. Damit ergibt sich ein plausibler Zusammenhang mit dem hier beschriebenen<br />

Fernweg.<br />

63)GLÄSER 1983, 270; Anm. 328.<br />

64)Beschreibung des S-N-<strong>Fernwege</strong>s von Bardowick zur Ostsee: KERSTEN 1951 a, 126-128;<br />

ERDMANN 1980, 112-114; KEMPKE 1989, 175-184; BERANEK 2002, 21-38.<br />

65)Neue Beschreibung des <strong>Lübeck</strong>er Stadthügels in slawischer Zeit in MÜHRENBERG 2003, 22;<br />

Abb. 3 (Kartenentwurf M. Gläser). Die Höhenlagen <strong>und</strong> der geologische Aufbau des Stadthügels<br />

bzw. die umliegenden Gewässer werden mit einer umfangreichen Literaturliste auch<br />

beschrieben bei ERDMANN 1980, 148; Anm. 58.<br />

66)HELMOLD I 87.<br />

67)HELMOLD I 57. Aus dem Helmoldtext geht nicht sicher hervor, ob es sich dabei um eine<br />

günstige natürliche Anlegestelle oder aber schon um einen in slawischer Zeit ausgebauten Hafen<br />

handelt (MÜHRENBERG 2003, 21).<br />

68)ERDMANN 1980, 114.<br />

69)FEHRING 1994, 46.<br />

70) HELMOLD I 57: „Wall der verlassenen Burg Buku, die einst Cruto erbaut hatte“. (Crutos<br />

Herrschaftszeit 1066–1093).<br />

71)RADIS 1998, 72. Bei neueren Grabungen <strong>im</strong> Verlauf der heutigen Großen Burgstraße stieß man<br />

in 2 m Tiefe auf eine aus grauem Sand, sehr viel Flint- <strong>und</strong> Feldsteinen sowie aus<br />

Knochenabfällen bestehende kompakte Schicht. Die 2 – 6 cm starke Packung dürfte durch<br />

intensives Befahren <strong>und</strong> Belaufen entstanden sein. In einem Abstand von 1,2 m zeichneten sich<br />

zwei Fahrrinnen als 5 – 20 cm breite <strong>und</strong> 10 – 15 cm tiefe Gräbchen ab. Die auf etwa 20 m erfassten<br />

Wegespuren führten nicht direkt zum heutigen Burgtor, sondern zu einer weiter östlich<br />

liegenden Stelle an der Stadtmauer. Dort befindet sich ein zugemauertes, aber an der nördlichen<br />

Seite der Mauer noch gut sichtbares Portal, das in die Zeit um 1200 datiert wird. Als ein weiteres<br />

Ergebnis erbrachten die Grabungen, dass das Vorburgareal während der gesamten slawischen<br />

Zeit vom 8. bis zum 12. Jahrh<strong>und</strong>ert besiedelt war (RADIS 1998, 70).<br />

72) WIECHMANN 1996, 158-163, 309; MÜLLER-WILLE 2000, 132.<br />

73)NEUGEBAUER 1975, 133; KEMPKE 2002 b, 87.<br />

74)GRABOWSKI 2002, 52. Vermutlich gab es in Alt <strong>Lübeck</strong> auch eine Münzstätte. Die hier wohl<br />

unter dem slawischen Fürsten Heinrich erstellten Nachprägungen deutscher <strong>und</strong> dänischer<br />

Münzen sind <strong>im</strong> Wesentlichen von F<strong>und</strong>orten in Ostholstein, aber auch aus Westmecklenburg,<br />

Hamburg <strong>und</strong> dem nördlichen Niedersachsen überliefert. Da ebensolche Prägungen gleichfalls<br />

in den skandinavischen Ländern gesichert wurden, kann sowohl auf einen Nah- als auch auf<br />

einen Fernhandel geschlossen werden (MÜLLER-WILLE 2000, 135).<br />

75)KEMPKE 2002 b, 88.<br />

77


76)GABRIEL 1988, 103 f; MÜLLER–WILLE 2002, 381.<br />

78<br />

77)Im <strong>Raum</strong> Bad Segeberg befinden sich mehrere slawische Burgen. Besonders zu erwähnen ist die<br />

um das Jahr 900 datierte Anlage Klein Gladebrügge. Sie liegt nahe am von <strong>Lübeck</strong> kommenden<br />

Fernweg. Bei umfangreichen Grabungen wurden auch Teile einer wikingerzeitlichen<br />

Schnellwaage aufgef<strong>und</strong>en. Dieser Waagentyp ist vorwiegend zum Wiegen von gröberem<br />

Handelsgut wie Fisch, Wolle, Bronze <strong>und</strong> Eisen – aber nicht zum Abwiegen von Münzen oder<br />

Edelmetall - geeignet (GOLTZ 1990, 191 f). Vom <strong>Raum</strong> Segeberg aus ist der Anschluss an das<br />

nördliche schleswig-holsteinische Wegenetz mit dem Handelszentrum Haithabu <strong>und</strong> die<br />

Landverbindung nach Dänemark gegeben (BOIGS 1966, 60 f; ZICH 2002 a, 79 f).<br />

78)SCHRECKER 1933, 54 f; BRUNS-WECZERKA 1967, 148.<br />

79) CLASEN 1952, 25; CLASEN 1934, 532.<br />

80)SCHRECKER 1933, 55 f.<br />

81) Die Bezeichnungen „Lübsche Trade“ sowie „Lübsche Traal“ sind auch in Verbindung mit dem<br />

alten Fernweg von Dithmarschen nach <strong>Lübeck</strong> überliefert (SCHRECKER 1933, 73). Die<br />

Anfangsstrecke des Weges wird mit der 1127 durchgeführten Reise des Missionspriesters<br />

Vicelin von Meldorf nach Faldera, dem späteren Neumünster, in Zusammenhang gebracht<br />

(HELMOLD I 47, BOIGS 1966, 80). Der Ort wurde Stützpunkt für seine Missionsarbeit. Nach K.<br />

Kersten führte <strong>im</strong> Mittelalter die „Lübsche Trade“ durch den nördlichen Teil des <strong>Kreis</strong>es<br />

Steinburg <strong>und</strong> weiter über Neumünster <strong>und</strong> Segeberg nach <strong>Lübeck</strong>. Doch ließ sich bislang das<br />

Vorhandensein des Weges in spätsächsischer Zeit nicht nachweisen. Andererseits hält K.<br />

Kersten es für wahrscheinlich, dass die Trasse als Verbindungsweg vom Westen nach dem Osten<br />

bereits in vorgeschichtlicher Zeit bestanden hat (KERSTEN 1939, 155). Einige gut ausgeprägte<br />

mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Hohlwegspuren sind noch <strong>im</strong> Waldgebiet Aukrug<br />

nordöstlich von Meezen erhalten.<br />

82) ERDMANN 1980, 114.<br />

83) BOIGS 1966, 59; WILLERT 1990, 182<br />

84) BRUNS u. WECZERKA 1997, 137 f.<br />

85) ERDMANN 1980, 115.<br />

86) Auch hier hat G. Bock die Ausdehnung der Waldzone untersucht (BOCK 2002, 40; Abb. 1).<br />

Gleichfalls konnte er, als Aussparung in der Waldzone, einige inselartig gelegene frühe<br />

Ansiedlungen nachweisen.<br />

87) ADAM II 15 b. „Travena silvam“ wird überwiegend als Travewald nördlich von Oldesloe<br />

lokalisiert.<br />

88)Südwestlich von Eckernschmiede kann man noch heute in der Nähe eines Flussknies eine<br />

schwach ausgeprägte Böschung von etwa 300 m Länge <strong>im</strong> Wiesengelände erkennen. Auch in<br />

den neueren topographischen Karten ist sie als Hanglinie eingezeichnet. Es dürfte sich hier ein<br />

Relikt einer alten Wegetrasse erhalten haben.<br />

89)Der Gr<strong>und</strong> hierfür ist ein größeres Feuchtgebiet mit einem Abfluss zur Trave. Die<br />

Richtungsänderung des Weges ist in der (großmaßstäblichen) Karte Abb. 4 nicht ersichtlich.<br />

90) Der Gr<strong>und</strong> hierfür ist topographisch bedingt: Die Hänge des Kneedenberges reichen hier nahe<br />

an den Flusslauf der Trave heran. Bis in die neuere Zeit kam es in diesem Uferbereich <strong>im</strong>mer


wieder zu Überschwemmungen <strong>und</strong> auch ein gefährlicher Erdrutsch ist überliefert (BANGERT<br />

1925, 390 <strong>und</strong> 460). Auch eine spätere <strong>im</strong> 13. Jahrh<strong>und</strong>ert gebaute Straße wich dieser kritischen<br />

Stelle aus <strong>und</strong> schwenkte gleichfalls nach Nordwesten ab. Diese kürzere Verbindung, von<br />

<strong>Lübeck</strong> über Reinfeld nach Oldesloe führend, haben die Mönche vom Kloster Reinfeld<br />

insbesondere gebaut, um ihre wirtschaftlichen <strong>und</strong> kirchlichen Kontakte zur Stadt <strong>Lübeck</strong> zu<br />

verbessern. Diese Straßenführung verlief wie die heutige B<strong>und</strong>esstraße über Eckernschmiede<br />

[in Abb. 4: Ziegelhof], Reinfeld [Reinfelde] <strong>und</strong> Steinfelder Hude [Hude] zum beschriebenen<br />

kritischen Uferbereich be<strong>im</strong> Forst Kneeden. Eine direkt nach Oldesloe führende Straße, <strong>im</strong><br />

schwierigen Uferbereich der Trave, konnte erst ab 1800 ausreichend sicher befahren werden<br />

(KATSCHKE 1973, 36). Die nördlich gelegene Straßentrasse über Reinfeld ist in der Karte von<br />

1689 (Abb. 4) nicht verzeichnet. Dies ist ein Hinweis, dass der südliche (frühgeschichtliche) Weg<br />

noch über längere Zeit genutzt wurde.<br />

91) LAUR 1992, 397.<br />

92) DENECKE 1969, DENECKE 1979.<br />

93) Die ausgebaute Hauptspur wird in der Abb. 5 zeichnerisch hervorgehoben. Sie führt auf der<br />

Anhöhe als Redder in westlicher Richtung weiter.<br />

94)In der VARENDORFKARTE 1789 ist die Einzeichnung von nebeneinander liegenden<br />

Fahrrinnen als Trassenverbreiterung durchaus üblich.<br />

95) In diesem Geländeabschnitt haben sich eindeutig die Relikte eines ausgebauten Hangweges<br />

erhalten. Dieser Hohlwegtyp wird in der Fachliteratur unter der Kategorie „Reliefbedingter<br />

Wegebau“ behandelt: „... Um für einen <strong>im</strong> Hang verlaufenden Weg eine in sich ebene Trasse zu<br />

schaffen, musste von der Hangseite etwas abgegraben <strong>und</strong> zur Talseite hin etwas aufgeschüttet werden“.<br />

Zu erkennen ist „...der künstliche Ausbau bei Relikten alter Wege an einer besonders versteilten,<br />

hangseitigen Böschung <strong>und</strong> einem künstlichen, dammartigen Aufwurf an der Talseite, der aus dem<br />

abgegrabenen Material aufgeschüttet worden ist“ (DENECKE 1969, 76). Der so in den Hang gebaute<br />

Weg hat sich bei der späteren Nutzung zumeist stark eingetieft. D. Denecke konnte auch<br />

nachweisen, dass der Bau von Hangwegen mit aufwendigen Erdarbeiten nicht erst in der<br />

Neuzeit, sondern bereits <strong>im</strong> (späten) Mittelalter einsetzte (DENECKE 1969, 76-77). Hier<br />

werden einige Beispiele für besonders ausgeprägte Hangweg-Relikte, die durch künstlichen<br />

Wegebau entstanden sind, angeführt: Bei Dorsten <strong>im</strong> Harz (DENECKE 1969, Abb. 33); bei<br />

Wittenborn am Nordufer des Mözener Sees in Schleswig-Holstein (KERSTEN 1939, 153). Ferner<br />

sind derartige Wegerelikte auch westlich von Hammenstedt (Harz) <strong>und</strong> bei Attendorn<br />

(Westfalen) anzutreffen.<br />

96)Relikte von Naturwegen in Form von Spurenbündeln sind vornehmlich an kurzen steilen<br />

Anstiegen anzutreffen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Reiter, leichte Karren <strong>und</strong> andere<br />

frühe Verkehrsmittel oft den kürzesten steilen Weg wählten. Derartige unzerstörte<br />

Spurenbündel, mit Teilungen <strong>und</strong> Zusammenführungen, finden sich bei ihrer spezifischen<br />

Bindung meist an Hängen in Waldgebieten (DENECKE 1969, S. 62-65). In Gegenden mit<br />

vergleichsweise geringer Bergigkeit zeichnen sich die früh- <strong>und</strong> hochmittelalterlichen Trassen<br />

oft durch relativ max<strong>im</strong>ale Steigungen aus (DENECKE 1979, 455).<br />

97) Kurz hinter der heutigen Häusergruppe „Butterberg“ schwenkte <strong>im</strong> späten Mittelalter <strong>und</strong> in<br />

der Neuzeit (bis um das Jahr 1800) die nach Oldesloe führende Straße in südwestlicher<br />

79


80<br />

Richtung ab. Wie bereits erwähnt, war dies die Alternativstrecke zur oft unpassierbaren Straße<br />

<strong>im</strong> Flussbereich der Trave östlich von Oldesloe. Wie Anm. 90. In der VARENDORFKARTE 1789<br />

sind beide Trassen gleichrangig eingezeichnet.<br />

98) Nachweise: 1151/52 HELMOLD I 76; 1163 Urk<strong>und</strong>enbuch des Bistums <strong>Lübeck</strong> UBL, Nr. 4; 1175<br />

Urk<strong>und</strong>enbuch des Bistums <strong>Lübeck</strong> UBL, Nr. 11; 1188 Urk<strong>und</strong>enbuch der Stadt <strong>Lübeck</strong> UBStL I,<br />

7 (Barbarossa-Privileg), erwähnt bei BRUNS u. WECZERKA 1967, 138.<br />

99)SCHRECKER 1933, 85-86.<br />

100)BAUMGARTEN 1983, 215-219. Die F<strong>und</strong>sicherung erfolgte <strong>im</strong> Auftrag des zuständigen<br />

Landesamtes von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft für Vor- <strong>und</strong> Frühgeschichte (K. Chr.<br />

Baumgarten, G. Altmann <strong>und</strong> J. Harting, alle Bad Oldesloe).<br />

101)Diese Verzierung ist stärker vertreten <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> Mecklenburg. Die Keramikuntersuchung <strong>und</strong><br />

ihre Interpretation erfolgte durch T. Kempke (damals <strong>Lübeck</strong>).<br />

102)Möglicherweise hat es in Oldesloe bereits vor 1143 eine sogenannte Kaufmannskirche gegeben,<br />

die später zur Pfarrkirche umfunktioniert wurde. Dies wäre ein Anzeichen für eine sehr frühe<br />

Anwesenheit deutscher Fernkaufleute an diesem Ort (WILLERT 1990, 194 f).<br />

103)STRUVE 1961, 98; BAUMGARTEN 1983, 216. Ein wichtiger Ort mit Salzquellen <strong>und</strong> einer<br />

größeren Salzproduktion ist <strong>im</strong> slawischen Siedlungsraum Mittel- <strong>und</strong> Norddeutschlands vor<br />

allem Halle. Weniger bedeutend sind nach HERRMANN 1985, 124 Salzvorkommen in<br />

Brandenburg, Mecklenburg <strong>und</strong> Wagrien (!).<br />

104)HELMOLD I, 76; GLÄSER 1983, 202.<br />

105)DULINICZ 1991, 323.<br />

106)BUDESHEIM 1989, 237; auch HERRMANN 1985, 154 f, 188.<br />

107)STRUVE 1981, 88.<br />

108)HINGST 1959, 159 f; STRUVE 1981, 89. Die Angabe über in 2 m Tiefe vorgef<strong>und</strong>ene<br />

„Kulturschichten“ könnte mit der umfangreichen Bodenbewegung be<strong>im</strong> Abtragen des Walles<br />

zusammenhängen.<br />

109)Dendrodaten frühslawischer F<strong>und</strong>komplexe Ostholsteins: Bosau-Bischofswerder 822-870,<br />

Scharstorf 770-900, Alt <strong>Lübeck</strong> 819, Oldenburg um 866, Kl. Gladebrügge 894-897 (DULINICZ<br />

1991, 299-328, hier 315).<br />

110)DULINICZ 1991, 314 f ; DULINICZ u. KEMPKE 1993, 51 f. Bei den Untersuchungen der<br />

Gefäßränder nach Drehspuren konnten am frühslawischen Siedlungsplatz Kücknitz<br />

(Hansestadt <strong>Lübeck</strong>) einzelne F<strong>und</strong>komplexe gut unterschieden werden.<br />

111)Der Verfasser dankt Frau I. Ulbricht (Landesmuseum Schleswig) für die fre<strong>und</strong>liche<br />

Bereitstellung der Keramikf<strong>und</strong>e vom Fresenburger Wallberg.<br />

112)VOGEL 1972, 52; v. HENNIGS 2003 a, 112.<br />

113)„kneze“ ist ein Lehnwort aus dem Germanischen, „kunigaz“, d. h. unser König (LAUR 1992,<br />

397).<br />

114)Um Oldesloe zeigt die von G. Bock erstellte, für die frühgeschichtliche Zeit zutreffende,<br />

Waldkarte (BOCK 2002, 40; Abb. 1) größere besiedelte Areale.


115)POKAHR 1950, 2; HINGST 1959, 91; TROMNAU 1976, 71-74.<br />

116)HINGST 1959, 465.<br />

117)Deutlich ist zu erkennen, dass der bogenförmige Wallzug von der topographischen Lage<br />

best<strong>im</strong>mt wurde <strong>und</strong> sich daraus auch die räumliche Ausdehnung der Befestigung, d. h. ihre<br />

beträchtliche Größe, ergeben hat. Offensichtlich wurde das Erdreich für den Wall vorwiegend<br />

von der Hangseite abgetragen, so dass ein sehr tiefer Graben als erwünschtes<br />

Annäherungshindernis entstand.<br />

118)JANKUHN 1955, 263.<br />

119)Alte Interpretation: JANKUHN 1955, 257-266; HINGST 1959, 71. Neue Interpretation: VOGEL<br />

1972, 75; v. HENNIGS 2003 b, 276.<br />

120)Die Burg befindet sich in markanter Hochlage. An der Nordseite wird das Burgplateau durch<br />

den Travefluss begrenzt, der an dieser Stelle einen kräftigen Prallhang geschaffen hat. Ein steiler<br />

Abhang befindet sich auch an der Nordwestseite, wo der Fernweg als Hohlweg in einer tiefen<br />

Erosionsrinne die Burg flankiert. Auch zur Landseite hin, in südwestlicher Richtung, fällt das<br />

Burgplateau zu einer nassen Senke ab. Sie n<strong>im</strong>mt das Wasser einer hier befindlichen Quelle auf.<br />

Auch <strong>im</strong> Osten der Anlage ist das Gelände durch natürliche Rinnen bzw. Feuchtstellen, mit<br />

dazwischen liegenden Erhebungen, stark gegliedert (JANKUHN 1955, 258-260; HINGST 1959,<br />

71).<br />

121)Die Nütschauer Schanze dürfte, wie W. Budeshe<strong>im</strong> dargestellt hat, <strong>im</strong> Zuge der<br />

Grenzfestlegung zwischen dem fränkischen Reich <strong>und</strong> dem Slawenland („L<strong>im</strong>es saxiniae“) in<br />

den Jahren nach 810 von den Slawen aufgegeben worden sein (BUDESHEIM 1990, 431).<br />

122)ADAM II, 15 b.<br />

123)LAUX 1997, 103.<br />

124)STRUVE 1991, 88.<br />

125)Ausführlich behandelt zuletzt bei BUDESHEIM 1984, 53-67; speziell den <strong>Raum</strong> Oldesloe<br />

betreffend bei BUDESHEIM 1989, 223-242; etwas modifiziert bei BOCK 1996, 25-70.<br />

126)Die Auffindung <strong>und</strong> der Nachweis der künstlichen Schaffung des Grabens ist Herrn K. W. Grell<br />

(Bad Oldesloe) gelungen. Der Verfasser bedankt sich für diesbezügliche Informationen.<br />

127)Eine ähnliche Sperranlage, die der Überwachung des Verkehrs diente, befindet sich in<br />

Dänemark nahe der deutschen Grenze (Olderdige am jütischen Heerweg). Der Graben ist hier<br />

relativ klein; er wird jedoch von einer aufwendigen Palisadenreihe begleitet. Als Zeitstellung<br />

14<br />

wurde mit der C-Methode das Ende der älteren Kaiserzeit ermittelt (NEUMANN 1977, 295-<br />

305).<br />

128)HELMOLD I 35.<br />

129)HINGST 1959, 91 <strong>und</strong> Abb. 7. Im Originaltext wird die Grabhügelreihung in umgekehrter<br />

Richtung beschrieben. Zur besseren Übersicht werden hier in Abb. 6 nicht die einzelnen<br />

Grabhügel, sondern Grabhügelgruppen (ab fünf Hügeln) gezeigt. Die beschriebene<br />

Grabhügelkette besteht aus über 170 einzelnen Hügeln!<br />

130)Dieser Fernweg kommt aus dem nördlich gelegenen Siedlungsraum Segeberg bzw. vom<br />

frühmittelalterlichen Handelszentrum Haithabu mit der Verkehrsverbindung nach Dänemark,<br />

wie Anm. 77).<br />

81


131)Steinzeitliche Großsteingräber laut Archäologischer Landesaufnahme des <strong>Kreis</strong>es Bad<br />

Segeberg: Gemeinde Högersdorf LA 38, 37, 36; Gemeinde Schwissel LA 9, 41, 25, 17; Gemeinde<br />

Bebensee LA 36, 63, 62, 60. Von den zerstörten Grabmonumenten gibt es eine reichhaltige<br />

Dokumentation <strong>und</strong> auch einige Spuren <strong>im</strong> Gelände sind noch vorhanden. Der Verfasser dankt<br />

Herrn I. Clausen <strong>und</strong> Herrn J. Kühl (beide Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein) für<br />

wichtige Hinweise den <strong>Raum</strong> Segeberg betreffend.<br />

82<br />

132)Über einen diesbezüglichen repräsentativen Bef<strong>und</strong>, auch mit einem nachgewiesenen<br />

Grabhügelweg, wurde vor kurzem aus Holland berichtet (BAKKER u. KNOCHE 2003, 22).<br />

133)SCHMIDT u. FORLER 2003, 38. Bei der Funktion der „Kultfeuerplätze“ wird insbesondere die<br />

Verehrung des Feuers „<strong>im</strong> Rahmen eines diesseitsbezogenen Fruchtbarkeitskults“ angenommen.<br />

Während der Versammlungen, verb<strong>und</strong>en mit religiösen Zeremonien <strong>und</strong> Prozessionen,<br />

wurden vermutlich auch Speisen <strong>im</strong> Feuer zubereitet. Desgleichen kann man den „Feuerrauch<br />

gen H<strong>im</strong>mel zu den Göttern des Lichts“ als Beleg eines ausgeprägten Feuerkults werten. Als<br />

konkreter Anlass für besondere religiös motivierte Versammlungen kommen Feiern sowohl bei<br />

Aussaat <strong>und</strong> Ernte als auch zur Sonnenwende sowie zum Gedenken an die Stammesväter oder<br />

Ahnen in Betracht.<br />

134)Das Brandgrubenfeld Tralau wurde in den Jahren 1987 bis 1997 durch F<strong>und</strong>stellenbeobachtung<br />

vor der Zerstörung durch Kiesabbau archäologisch erfasst (Archäologische Landesaufnahme<br />

Tralau LA 97/98, 1990/1993 f). Es hatte eine Ausdehnung von ca. 100 x 200 m <strong>und</strong> bestand aus<br />

mindestens 170 flach eingetieften, meist r<strong>und</strong>en Steinsetzungen (Durchmesser bis ca. 1 m).<br />

Zwischen den walnuss- bis kindskopfgroßen, meist geglühten Granitsteinen fanden sich nur<br />

Holzkohlenreste <strong>und</strong> tiefschwarze Erde. Datierbare F<strong>und</strong>e kamen nicht zu Tage. Auffällig sind<br />

mehrfache lineare Anordnungen der Feuerstellen, die deutlich nach Nordwest ausgerichtet<br />

sind. Da sich hier das Zusammentreffen zweier bedeutender <strong>Fernwege</strong> abzeichnet, dürfte es<br />

sich um einen Versammlungsort von überregionaler Bedeutung gehandelt haben. Der Platz<br />

Tralau wird auch in dem kürzlich erschienenen zusammenfassenden Bericht über die<br />

Feuerstellenplätze Norddeutschlands <strong>und</strong> Südskandinaviens (SCHMIDT u. FORLER 2003, 62)<br />

erwähnt. Die Bef<strong>und</strong>e am Platz Tralau wurden erkannt <strong>und</strong> archäologisch gesichert von Herrn<br />

K.-Chr. Baumgarten, Frau H. Grell <strong>und</strong> Herrn K.-W. Grell aus Bad Oldesloe. Ihnen gebührt auch<br />

Dank für diverse Informationen über die archäologische Situation <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> Oldesloe.<br />

135)Unmittelbar südlich der <strong>Kreis</strong>grenze zu Segeberg befanden sich neben dem Feldweg von<br />

Tralau nach Neversdorf zwei etwa 4 m breite, kräftig eingetiefte Wegerinnen in einer Länge von<br />

etwa 40 m (Abb. 6, g). Südlich davon in gut 2 km Entfernung entdeckte man <strong>im</strong> Bereich eines<br />

größeren Grabhügelfeldes bzw. be<strong>im</strong> beschriebenen Brandgrubenfeld die Spuren eines alten<br />

Weges (Abb. 6, f). Wiederum weiter südlich <strong>im</strong> Ortsbereich von Neritz befanden sich die Spuren<br />

einer Wegegabelung (Abb. 6, h). Der hier zutreffende Wegeast führte in nordsüdlicher Richtung<br />

in einer Länge von 1000 m bis in die Gemarkung des Ortes Elmenhorst (HINGST 1959, 465 u.<br />

311).<br />

136)Plätze mit bronzezeitlichem Fremdgut (Importe), Abb. 6, 1-4: 1 Oldesloe-Poggensee (Bronzeaxt<br />

aus Ungarn), 2 Oldesloe (nordische Hängedose), 3 Oldesloe-Brennermoor „Großer <strong>und</strong> Kleiner


Oldesloer Depotf<strong>und</strong>“ (Bronzetüllenbeile, Lanzenspitzen, Bronzehängebecken, Halskragen,<br />

Armringe u. a. „Ilmenaukreis – Südelbe“), 4 Bargteheide (nordisches Griffzungenschwert mit<br />

verzierter Knaufplatte). Genauere F<strong>und</strong>beschreibungen bei HINGST 1959, 39-44, 151-155, 170.<br />

137)Dazu in TROMNAU 1976, 74: „Es bestehen m. E. kaum Zweifel daran, daß dem mit der Natur eng<br />

verb<strong>und</strong>enen Menschen der Bronzezeit solche Stellen nicht aufgefallen wären. Hier wachsen Pflanzen,<br />

die sonst in der weiteren Umgebung nicht zu finden sind. Das Wasser schmeckt salzig <strong>und</strong> friert <strong>im</strong><br />

Winter nur bei stärkerem Frost zu. Im Frühjahr schmilzt hier zuerst der Schnee! Es ist daher denkbar,<br />

dass diese <strong>im</strong>mer wiederkehrenden Beobachtungen als göttliches Zeichen oder sogar als die Gegenwart<br />

einer Gottheit selbst aufgefasst worden sind“.<br />

138)Plätze mit eisenzeitlichem Fremdgut (Importe), Abb. 6, 5-7: 5 Oldesloe (römischer Schmuck<br />

<strong>und</strong> Münzen), 6 Bargteheide (römisches Trinkservice), 7 Tralau (Messer mit 3-eckiger<br />

Heftplatte stammend aus Ostfrankreich od. Skandinavien, aufgef<strong>und</strong>en von Frau Chr. Pingel,<br />

Bad Oldesloe). F<strong>und</strong>beschreibungen bei HINGST 1959, 57-59 u. TROMNAU 1996, 165.<br />

139)Fünf Glasperlen, zwei davon mit besonderen Mustern, wurden <strong>im</strong> Urnenfriedhof Tralau LA 58<br />

gef<strong>und</strong>en. Sie werden als „Perlen der Germanen des 1.-5. Jahrh<strong>und</strong>erts“ bezeichnet (ERDRICH u.<br />

VOSS 1997, 77). Vom eisenzeitlichen Friedhof Bünningstedt LA 9 stammen drei Glasperlen <strong>und</strong><br />

zwei weitere aus Bernstein vom bronzezeitlichen Grabhügel Bargteheide LA 11 (HINGST 1959,<br />

461, 189 u. 171). Eine sehr kleine Perle aus vermutlich feinkristallinem Gestein, die bislang noch<br />

nicht genauer best<strong>im</strong>mt werden konnte, fand Herr W. Siebenhaar (Bargteheide) in der Nähe des<br />

oben beschriebenen Brandgrubenfeldes Tralau.<br />

140)Der Grabauer See südwestlich des Ortes Grabau wurde erst 1486 durch Aufstauen der<br />

Norderbeste künstlich angelegt.<br />

141)In der Gemarkung Hoisbüttel befindet sich die bronzezeitliche Grabhügelgruppe LA 10-17. Sie<br />

setzt sich <strong>im</strong> angrenzenden Hamburger Gebiet fort (SCHINDLER 1960, 270/1). Laut Ortsakte<br />

Hoisbüttel (Archäologisches Landesamt Schleswig) war bei der archäologischen<br />

Landesaufnahme vor 1959 am Nordrand der Hügel LA 16 u. 17 noch eine alte Wegerinne zu<br />

erkennen. Auch bei HINGST 1959, 288 sind Wegespuren angeführt.<br />

142)BOCK 1999, 44 f.<br />

143)SCHINDLER 1960, 270/1, 69, 159, 278-280, 197-200.<br />

144)SCHRECKER 1933, 81-92; BRUNS u. WECZERKA 1967, 141-142.<br />

145)SCHRECKER 1933, 88.<br />

146)KEMPKE 2002 a, 129.<br />

147)MÜLLER-WILLE 2002, 368.<br />

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