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Anforderungen an den Vollzug stationärer Massnahmen ... - FOTRES

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<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Thomas Noll<br />

Dr. iur., Dr. med.,<br />

Chef <strong>Vollzug</strong><br />

Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies,<br />

Regensdorf<br />

Inhaltsübersicht<br />

1. Einleitung<br />

2. Die drei Elemente der stationären Therapie<br />

3. K<strong>an</strong>n die Milieutherapie wirklich aus Art. 59 Abs. 3 StGB<br />

abgeleitet wer<strong>den</strong>?<br />

4. Milieutherapie<br />

4.1 Allgemeines<br />

4.2 Therapeutische Arbeit im Milieu der Wohngruppe<br />

4.3 Milieutherapie als Teamarbeit<br />

4.4 Spezifische milieutherapeutische Gruppen<strong>an</strong>gebote<br />

a) Soziales Kompetenz- und Kreativtraining<br />

(Gruppe K&K)<br />

b) Bewohnerrunde<br />

4.5. Personalbedarf<br />

a) Delikts- und persönlichkeitszentrierte Intensivbeh<strong>an</strong>dlung<br />

b) Milieutherapeutische Beh<strong>an</strong>dlung<br />

c) Personalbedarf insgesamt<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

1. Einleitung<br />

Ueli Graf<br />

Direktor Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies,<br />

Regensdorf<br />

Mit dem am 1. J<strong>an</strong>uar 2007 in Kraft getretenen neuen Strafgesetzbuch<br />

haben sich hinsichtlich der Anordnung, der<br />

Durchführung und dem Stellenwert <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong><br />

mark<strong>an</strong>te Änderungen ergeben.<br />

So müssen Verwahrungsmassnahmen von Amts wegen<br />

alle zwei Jahre daraufhin überprüft wer<strong>den</strong>, ob bei einem Insassen<br />

eine Therapie erfolgreich durchgeführt wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n.<br />

Ist dies der Fall, so muss die Verwahrung in eine stationäre<br />

Massnahme nach Art. 59 StGB umgew<strong>an</strong>delt wer<strong>den</strong>. Auch<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong><br />

<strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen<br />

Straf<strong>an</strong>stalt nach Art. 59 Abs. 3 StGB<br />

maTThias sTürm<br />

lic. phil., Leitender<br />

Psychologe,<br />

Psychiatrisch-<br />

Psychologischer<br />

Dienst PPD,<br />

Zürich<br />

fraNk UrbaNiok<br />

PD Dr. med.,<br />

Chefarzt PPD,<br />

Zürich<br />

bei der Anordnung einer Verwahrung ist durch das Gericht<br />

neu zwingend zu prüfen, ob der Täter nicht von einer stationären<br />

Beh<strong>an</strong>dlungsmassnahme profitieren könnte. Ist dies<br />

der Fall, muss die stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB<br />

<strong>an</strong>stelle einer Verwahrung <strong>an</strong>geordnet wer<strong>den</strong>. Da Verwahrungen<br />

nach dem revidierten StGB erst nach dem <strong>Vollzug</strong> einer<br />

ausgesprochenen Haftstrafe vollzogen wer<strong>den</strong>, ist zudem<br />

auch vor dem <strong>Vollzug</strong>s<strong>an</strong>tritt der Verwahrung die Prüfung der<br />

Umw<strong>an</strong>dlung in eine stationäre Massnahme vorzunehmen.<br />

Mit dem neuen StGB wur<strong>den</strong> also zusammenfassend<br />

die Anordnungswege für stationäre <strong>Massnahmen</strong> erheblich<br />

erweitert, und es sind obligatorische Prüfungen zur Anordnung<br />

von stationären <strong>Massnahmen</strong> auch im <strong>Vollzug</strong>sverlauf<br />

vorgesehen. Als Konsequenz der beschriebenen Änderungen<br />

war zu erwarten, dass erstens mehr stationäre <strong>Massnahmen</strong><br />

als früher <strong>an</strong>geordnet wer<strong>den</strong>. Ferner wurde davon ausgeg<strong>an</strong>gen,<br />

dass es durch die obligatorisch zu überprüfen<strong>den</strong><br />

Umw<strong>an</strong>dlungsmöglichkeiten bei Verwahrungen häufiger als<br />

früher zu Umw<strong>an</strong>dlungen in stationäre <strong>Massnahmen</strong> nach<br />

Art. 59 StGB kommt.<br />

Das neue StGB sieht ferner vor, dass generell die Durchlässigkeit<br />

bzw. die Umw<strong>an</strong>delbarkeit verschie<strong>den</strong>er <strong>Massnahmen</strong><br />

unterein<strong>an</strong>der verstärkt wird. Das bedeutet nicht<br />

nur, dass Verwahrungen, sondern auch ambul<strong>an</strong>te strafvollzugsbegleitende<br />

<strong>Massnahmen</strong> oder sogar Zuchthausstrafen<br />

ohne Massnahme während des Strafvollzugs in stationäre<br />

<strong>Massnahmen</strong> umgew<strong>an</strong>delt wer<strong>den</strong> können.<br />

In Übereinstimmung mit Erfahrungen aus dem Ausl<strong>an</strong>d<br />

wurde vor dem Hintergrund der skizzierten Änderungen<br />

mit Inkrafttreten des neuen StGB mit einer steigen<strong>den</strong> Anzahl<br />

<strong>stationärer</strong> Beh<strong>an</strong>dlungsmassnahmen gerechnet. Erste<br />

Trends bestätigen diese Erwartungen. So bef<strong>an</strong><strong>den</strong> sich beispielsweise<br />

allein in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies, der grössten<br />

Schweizer Straf<strong>an</strong>stalt, 66 Insassen mit einer Verwahrungsmassnahme.<br />

Bisl<strong>an</strong>g wur<strong>den</strong> 33 Fälle überprüft, von <strong>den</strong>en<br />

19 in stationäre <strong>Massnahmen</strong> umgew<strong>an</strong>delt wur<strong>den</strong>.<br />

Aufgrund der bisher erkennbaren Praxis erscheinen derzeit<br />

zwei Punkte be<strong>den</strong>klich. Zum einen sollten die Überprüfungen<br />

der altrechtlichen Verwahrungen im Jahre 2007<br />

abgeschlossen wer<strong>den</strong>. Voraussichtlich wird dieses Ziel im<br />

K<strong>an</strong>ton Zürich aber noch nicht einmal bis zum Ende des Jahres<br />

2008 erreicht wer<strong>den</strong>. Zum <strong>an</strong>deren zeigt sich, dass die<br />

Schwelle für die Umw<strong>an</strong>dlung von Verwahrungen in stationäre<br />

<strong>Massnahmen</strong> teilweise sehr gering ist 1 . So erfolgten bei<br />

einigen Tätern Umw<strong>an</strong>dlungen, die nach unserer Ansicht auf<br />

1 Thomas Noll, Stationäre <strong>Massnahmen</strong> in einer Straf<strong>an</strong>stalt<br />

gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB, Schweizerische Zeitschrift für<br />

Strafrecht, 2008, Bd. 126, S. 258–263.<br />

1553


1554<br />

T h o m a s N o l l / U e l i G r a f / M a t t h i a s S t ü r m / F r a n k U r b a n i o k<br />

absehbare Zeit als unbeh<strong>an</strong>delbar <strong>an</strong>zusehen sind und dementsprechend<br />

die Verwahrung hätte bestehen bleiben sollen.<br />

Was die Durchführung betrifft, so ist neu die stationäre<br />

Massnahme nach Art. 59 StGB nicht mehr unbefristet, sondern<br />

längstens von 5­jähriger Dauer. Die Massnahme k<strong>an</strong>n<br />

zwar durch das Gericht wiederholt um fünf Jahre verlängert<br />

wer<strong>den</strong>. Allerdings würde eine mehrfache Verlängerung der<br />

stationären Massnahme dem grundsätzlichen Erfordernis<br />

der vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>en Erfolgsaussicht der Therapiemassnahme<br />

widersprechen. Es würde sich d<strong>an</strong>n praktisch die Frage stellen,<br />

ob in solchen Fällen die stationäre Massnahme wieder<br />

in eine Verwahrung umgew<strong>an</strong>delt wer<strong>den</strong> müsste. Daher ist<br />

aus praktischer Sicht davon auszugehen, dass mit der neuen<br />

Regelung die stationäre Massnahme nicht immer wieder verlängert<br />

wird und damit zeitlich begrenzt geführt wird.<br />

Mit dem neuen Strafgesetzbuch ist es ausserdem möglich,<br />

stationäre <strong>Massnahmen</strong> auch in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

durchzuführen.<br />

So wird in Art. 59 Abs. 3 StGB festgehalten, dass geistig<br />

abnorme Täter in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt beh<strong>an</strong>delt<br />

wer<strong>den</strong> können, sofern dort die nötige Therapie durch Fachpersonal<br />

gewährleistet ist und die Gefahr besteht, dass der<br />

Täter flieht oder weitere Straftaten begeht.<br />

In einer ersten Fassung des Art. 59 Abs. 3 StGB war eine<br />

Trennungsregel formuliert wor<strong>den</strong>. Demnach sollte die stationäre<br />

Massnahme nur in getrennten Abteilungen durchgeführt<br />

wer<strong>den</strong>. Mit dieser Regelung sollte sichergestellt wer<strong>den</strong>,<br />

dass es in Straf<strong>an</strong>stalten nicht zu «Alibi­Beh<strong>an</strong>dlungen»<br />

unter dem Titel der stationären Massnahme kommt. In <strong>den</strong><br />

weiteren Beratungen wurde aber klar, dass eine Ghettoisierung<br />

der entsprechen<strong>den</strong> Insassen nicht sinnvoll ist. Diese<br />

wären bei einer Trennung u. a. von <strong>den</strong> in einer Straf<strong>an</strong>stalt<br />

bestehen<strong>den</strong> Möglichkeiten im Arbeits­, Ausbildungs­ und<br />

Freizeitbereich abgeschnitten wor<strong>den</strong>. Vor diesem Hintergrund<br />

wurde das räumliche Trennungskriterium durch ein<br />

qualitatives Kriterium (Gewährleistung der nötigen Therapie<br />

durch Fachpersonal) ersetzt. Gleichwohl steht mit dieser<br />

Formulierung die Frage im Raum, welche Minimal<strong>an</strong>forderungen<br />

ein Therapie<strong>an</strong>gebot zu erfüllen hat, damit es als stationäre<br />

Massnahme gelten k<strong>an</strong>n. Eine zentrale Abgrenzung<br />

ist hierbei gegenüber der – bisher schon in Straf<strong>an</strong>stalten<br />

durchgeführten – ambul<strong>an</strong>ten, strafvollzugsbegleiten<strong>den</strong><br />

Massnahme vorzunehmen. Nun gibt es keine verbindliche<br />

Definition darüber, was genau hinsichtlich fachlicher Kriterien<br />

unter einer stationären Massnahme z. B. im Vergleich<br />

zu einer (intensiven) strafvollzugsbegleiten<strong>den</strong> ambul<strong>an</strong>ten<br />

Massnahme zu verstehen ist.<br />

Schon heute weisen die z. B. in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies<br />

durchgeführten deliktpräventiven Intensivtherapien eine<br />

zum Teil erheblich höhere therapeutische Intensität auf als<br />

in <strong>den</strong> meisten speziellen Massnahmevollzugseinrichtungen.<br />

So hat der Gesetzgeber auch offen gelassen, was er genau<br />

unter der Gewährleistung der nötigen therapeutischen Beh<strong>an</strong>dlung<br />

durch Fachpersonal für <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong><br />

Beh<strong>an</strong>dlungen in Straf<strong>an</strong>stalten versteht. Da wie erwähnt<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

ambul<strong>an</strong>te Beh<strong>an</strong>dlungen hinsichtlich ihrer Stun<strong>den</strong>frequenz<br />

und auch hinsichtlich der Konfrontationsdichte zum Teil<br />

eine erheblich höhere Intensität als stationäre Beh<strong>an</strong>dlungen<br />

aufweisen können, scheint weder die Stun<strong>den</strong>frequenz noch<br />

die Konfrontationsintensität alleine ein hinreichendes Definitionskriterium<br />

für <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> einer stationären Massnahme<br />

zu sein. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass eine stationäre<br />

Massnahme ten<strong>den</strong>ziell eine hohe Intensität aufweist,<br />

für die z. B. lediglich eine Therapiestunde in der Woche als<br />

nicht ausreichend <strong>an</strong>gesehen wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n. Als ein zweites<br />

Definitionsmerkmal einer stationären Massnahme ist sinnvollerweise<br />

<strong>an</strong>zunehmen, dass mit einer stationären Beh<strong>an</strong>dlung<br />

zumindest in gewissem Umf<strong>an</strong>g milieutherapeutische<br />

Elemente verbun<strong>den</strong> sein sollten.<br />

Da die darzustellen<strong>den</strong> Angebote je nach Störungsbild,<br />

Rückfallrisiko und Angehbarkeit der Problematik unterschiedlich<br />

ausgerichtet wer<strong>den</strong> müssen, sollte der Spielraum<br />

bestehen, für verschie<strong>den</strong>e Tätertypen unterschiedliche Beh<strong>an</strong>dlungs­<br />

und Setting­Bedürfnisse darstellen zu können.<br />

Die milieutherapeutischen Elemente sollten daher Raum für<br />

klientenbezogene Flexibilität bieten.<br />

Somit können zusammenfassend zwei zentrale Definitionsmerkmale<br />

zur Charakterisierung <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong><br />

her<strong>an</strong>gezogen wer<strong>den</strong>:<br />

1. Intensität bzw. Konfrontationsdichte<br />

2.<br />

Milieutherapeutische Elemente.<br />

Für die fachliche Würdigung eines stationären Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebotes<br />

sind zudem Kriterien wie die Qualifikation der<br />

therapeutischen Mitarbeiter, die infrastrukturellen Möglichkeiten<br />

der Einrichtung (z. B. Ausbildungs­, Freizeit<strong>an</strong>gebote)<br />

sowie vielfältige Qualitätsm<strong>an</strong>agementaspekte wesentlich.<br />

Vor dem Hintergrund der dargestellten gesetzlichen Änderungen<br />

haben nun verschie<strong>den</strong>e Exponenten der geschlossenen<br />

Straf<strong>an</strong>stalten in der Schweiz mit der Pl<strong>an</strong>ung für <strong>den</strong><br />

Aufbau intramuraler <strong>Massnahmen</strong>stationen begonnen. Der<br />

K<strong>an</strong>ton Aargau sieht in Zusammenarbeit mit der Psychiatrischen<br />

Klinik Königsfel<strong>den</strong> die Einrichtung einer entsprechen<strong>den</strong><br />

Gruppe mit 12 Plätzen im neuen Zentralgefängnis<br />

der Justizvollzugs<strong>an</strong>stalt Lenzburg vor. Im K<strong>an</strong>ton Bern ist<br />

in <strong>den</strong> Anstalten Thorberg der Aufbau von 24 stationären<br />

Massnahmeplätzen in Pl<strong>an</strong>ung, und auch im K<strong>an</strong>ton Waadt<br />

mit der Anstalt Bochuz sowie in der Frauen<strong>an</strong>stalt Hindelb<strong>an</strong>k<br />

im K<strong>an</strong>ton Bern sind entsprechende Vorbereitungen<br />

im G<strong>an</strong>g. Unter <strong>den</strong> Direktoren der geschlossenen Anstalten<br />

ist m<strong>an</strong> sich einig, dass diese Entwicklung notwendig<br />

ist. Eine gemeinsame Vorstellung von der konzeptionellen<br />

Ausgestaltung und der personellen Besetzung besteht jedoch<br />

erst in Ansätzen. Wie erwähnt liefert auch das Gesetz weder<br />

Richtlinien oder praktische Vorgaben für die Umsetzung der<br />

S<strong>an</strong>ktionsform «Stationäre Massnahme in geschlossenen<br />

Straf<strong>an</strong>stalten» noch Antworten auf die Frage, was die Minimal<strong>an</strong>forderungen<br />

<strong>an</strong> eine stationäre Massnahme im Sinn<br />

des Art. 59 Abs. 3 StGB sind und wie sich diese von einer<br />

ambul<strong>an</strong>ten Massnahme zu unterschei<strong>den</strong> hat. Die Formulie­


<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

rung solcher Mindest<strong>an</strong>forderungen scheint aber wichtig –<br />

einerseits um Massnahmeklienten vor inhaltlich und formal<br />

ungenügen<strong>den</strong> stationären Therapien zu schützen, <strong>an</strong>derseits<br />

um die Gerichte nicht unnötig mit klagen<strong>den</strong> Massnahmeklienten<br />

zu belasten.<br />

Ziel des folgen<strong>den</strong> Textes ist, die Resultate der Arbeitsgruppen<br />

zu skizzieren, die für die Konzeptualisierung der<br />

in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies mit je 12 Beh<strong>an</strong>dlungsplätzen<br />

vorgesehenen <strong>Massnahmen</strong>stationen eingesetzt wur<strong>den</strong>. 2 Das<br />

hier dargestellte Konzept will für sich keine Allgemeingültigkeit<br />

be<strong>an</strong>spruchen, sondern nur als Vorschlag einer möglichen<br />

St<strong>an</strong>dardisierung verst<strong>an</strong><strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Es dürften mittelfristig<br />

bundesgerichtliche Entscheide darüber zu erwarten<br />

sein, was eine stationäre Massnahme im geschlossenen <strong>Vollzug</strong><br />

zu beinhalten hat. Es wird also <strong>an</strong> <strong>den</strong> Gerichten sein zu<br />

entschei<strong>den</strong>, in wieweit die hier beschriebenen Beh<strong>an</strong>dlungsst<strong>an</strong>dards<br />

– die bis spätestens Mitte 2009 in einer <strong>Massnahmen</strong>station<br />

innerhalb der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies umgesetzt<br />

sein sollen – <strong>den</strong> <strong>Anforderungen</strong> des Gesetzgebers genügen.<br />

2. Die drei Elemente der stationären<br />

Therapie<br />

In <strong>den</strong> meisten geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalten der Schweiz<br />

bestehen bereits heute verschie<strong>den</strong>e Therapie<strong>an</strong>gebote unterschiedlicher<br />

Qualität und Intensität zur Durchführung<br />

gerichtlich <strong>an</strong>geordneter ambul<strong>an</strong>ter <strong>Massnahmen</strong>. Im Fall<br />

der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wurde teilweise die Meinung geäussert,<br />

die intensive deliktorientiere Therapie, die etwa im<br />

Ambul<strong>an</strong>ten Intensiv­Programm (AIP) <strong>an</strong>geboten wurde,<br />

genüge bereits <strong>den</strong> <strong>Anforderungen</strong> des Gesetzgebers <strong>an</strong> eine<br />

stationäre Massnahme. Diese Auffassung wird hier nicht<br />

geteilt, <strong>den</strong>n bereits in der Botschaft des Bundesrates zur<br />

StGB­Revision vom 21.9.1998 wird nicht nur klar zwischen<br />

<strong>stationärer</strong> und ambul<strong>an</strong>ter Massnahme unterschie<strong>den</strong> 3 , sondern<br />

auch festgehalten, dass die stationäre Therapie deutlich<br />

mehr zu erreichen in der Lage sein muss als die ambul<strong>an</strong>te. 4<br />

Zentrales Unterscheidungskriterium zwischen ambul<strong>an</strong>ter<br />

und <strong>stationärer</strong> Massnahme ist der milieutherapeutische<br />

Ansatz der letzteren. In einer stationären therapeutischen<br />

Beh<strong>an</strong>dlung leben und arbeiten die Klienten bzw. Gef<strong>an</strong>genen<br />

zusammen und gestalten ein geführtes Zusammenleben,<br />

was sich <strong>an</strong> milieutherapeutischen Überlegungen orientiert.<br />

Die Therapie findet nicht nur isoliert in <strong>den</strong> Therapieräumen<br />

während der Therapiestunde statt, sondern gewissermassen<br />

2 Ueli Graf/Fr<strong>an</strong>k Urb<strong>an</strong>iok, Konzeptentwurf <strong>stationärer</strong><br />

<strong>Massnahmen</strong>vollzug gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB in der Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies vom 16. Mai 2007.<br />

3 Vgl. Botschaft des Bundesrats zur StGB­Revision vom<br />

21.9.1998, S. 97.<br />

4 Vgl. Botschaft des Bundesrats zur StGB­Revision vom<br />

21.9.1998, S. 99.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

rund um die Uhr – im Wohnpavillon, am Arbeitsplatz und in<br />

Gruppen­ und Einzeltherapiestun<strong>den</strong>. Die schon heuten existieren<strong>den</strong><br />

deliktorientieren Einzel­ und Gruppentherapie<strong>an</strong>gebote<br />

der ambul<strong>an</strong>ten <strong>Massnahmen</strong> müssen also durch ein<br />

milieutherapeutisches Interventions<strong>an</strong>gebot ergänzt wer<strong>den</strong>,<br />

um <strong>den</strong> stationären Beh<strong>an</strong>dlungsaspekt der <strong>Massnahmen</strong><br />

nach Art. 59 StGB abzubil<strong>den</strong>.<br />

Somit besteht eine stationäre Therapie aus insgesamt drei<br />

Elementen:<br />

1. (intensive) deliktorientierte Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebote möglichst<br />

im Gruppensetting<br />

2. komplementär auf die Persönlichkeit abgestimmte allgemeine<br />

psychotherapeutische Beh<strong>an</strong>dlungsinterventionen<br />

3. <strong>stationärer</strong> Beh<strong>an</strong>dlungsteil im Sinne eines systematischen<br />

milieutherapeutischen Angebots<br />

Die ersten zwei Elemente wer<strong>den</strong> schon heute in strafvollzugsbegleiten<strong>den</strong><br />

ambul<strong>an</strong>ten <strong>Massnahmen</strong> in rechtsgenügsamer<br />

Weise <strong>an</strong>geboten. Den Kern jeder deliktpräventiven<br />

Therapie bildet die Anwendung des möglichst vollständigen<br />

Spektrums delikorientierter Beh<strong>an</strong>dlungsinterventionen<br />

(1. Beh<strong>an</strong>dlungselement). Ergänzend hierzu wer<strong>den</strong><br />

allgemeine therapeutische Interventionen <strong>an</strong>gewendet, die<br />

individuell auf die jeweils fallspezifisch vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>e Persönlichkeitsproblematik<br />

eines Klienten abzielen (2. Beh<strong>an</strong>dlungselement).<br />

Im Folgen<strong>den</strong> soll nur auf das (neue)<br />

3. Beh<strong>an</strong>dlungselement, <strong>den</strong> milieutherapeutischen Ansatz,<br />

eingeg<strong>an</strong>gen wer<strong>den</strong>.<br />

3. K<strong>an</strong>n die Milieutherapie wirklich aus<br />

Art. 59 Abs. 3 StGB abgeleitet wer<strong>den</strong>?<br />

Dass der Gesetzgeber mit der stationären Therapie nach<br />

Art. 59 StGB ein Beh<strong>an</strong>dlungssetting <strong>an</strong>strebte, das intensiver<br />

und effektiver auf <strong>den</strong> Klienten einwirkt als die vollzugsbegleitende<br />

ambul<strong>an</strong>te Therapie, wurde bereits im<br />

vor<strong>an</strong>gehen<strong>den</strong> Abschnitt dargelegt. Wie k<strong>an</strong>n also diese Steigerung<br />

erreicht wer<strong>den</strong>, wenn die Dichte der Therapiestun<strong>den</strong><br />

bereits im ambul<strong>an</strong>ten Rahmen sehr hoch ist? 5 Eine weitere<br />

Steigerung der Therapiestun<strong>den</strong> im Beh<strong>an</strong>dlungszimmer<br />

käme einer qu<strong>an</strong>titativen Intensivierung der bisherigen ambul<strong>an</strong>ten<br />

Therapien gleich. Eine Erhöhung der Stun<strong>den</strong>zahl<br />

muss sich aber aus der jeweils individuellen Indikation für<br />

eine bestimmte Stun<strong>den</strong>frequenz ableiten lassen. Die Therapie<br />

bliebe auch bei einer Erhöhung der Stun<strong>den</strong>zahl ihrem<br />

Charakter nach eine ambul<strong>an</strong>te Massnahme. Gefordert ist<br />

aber eine qualitative Veränderung, um die <strong>an</strong>gestrebte «the­<br />

5 Im Ambul<strong>an</strong>ten Intensiv­Programm AIP des Psychiatrisch­Psychologischen<br />

Dienstes in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies konnten<br />

die Klienten von bis zu 14 Therapiestun<strong>den</strong> pro Woche profitieren.<br />

1555


1556<br />

T h o m a s N o l l / U e l i G r a f / M a t t h i a s S t ü r m / F r a n k U r b a n i o k<br />

rapeutische, dynamische Einflussnahme» 6 zur Verbesserung<br />

der Legalprognose zu erreichen. Mit der Milieutherapie wird<br />

genau dieser Schritt get<strong>an</strong>, indem deliktpräventive Inhalte,<br />

die in der Therapiestunde bearbeitet wur<strong>den</strong>, unter engmaschiger<br />

(milieu­)therapeutischer Kontrolle im Gruppensetting<br />

oder im <strong>an</strong>staltsinternen Gewerbe vertieft, praktisch umgesetzt<br />

und damit geübt wer<strong>den</strong> können.<br />

Aus formallogischer Perspektive spricht ein weiterer<br />

Punkt dafür, dass stationäre Beh<strong>an</strong>dlung zwingend milieutherapeutische<br />

Aspekte beinhalten muss. Generell ist laut<br />

der gesetzlichen Regelung die Unterbringung in einer geschlossenen<br />

Massnahmeeinrichtung nur d<strong>an</strong>n erforderlich<br />

und zulässig, wenn beim Täter eine relev<strong>an</strong>te Rückfall­ oder<br />

Fluchtgefahr vorliegt. Es ist also sinnvoll, <strong>den</strong> stationären<br />

Massnahmevollzug in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt als<br />

ein Angebot im Gesamtspektrum <strong>an</strong>derer <strong>stationärer</strong> Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebote<br />

zu konzipieren. In diesem Spektrum würde<br />

die Beh<strong>an</strong>dlung in einem Massnahmezentrum als Folgeeinrichtung<br />

chronologisch auf die stationäre Therapie in einer<br />

geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt folgen. Die geschlossene Straf<strong>an</strong>stalt<br />

hat also dafür zu sorgen, dass die flucht­ und oder hoch<br />

rückfallgefährdeten Straftäter im Rahmen einer spezialisierten<br />

stationären Beh<strong>an</strong>dlung in die Lage versetzt wer<strong>den</strong>, die<br />

Abnahmebedingungen der (sich auf einem tieferen Sicherheitsniveau<br />

befin<strong>den</strong><strong>den</strong>) Massnahmezentren zu erfüllen. 7<br />

Für diese Tätergruppe muss der erste und wesentliche Teil<br />

der Beh<strong>an</strong>dlung in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt erfolgen.<br />

Es ist daher logisch, dass die stationäre Massnahme in<br />

der geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt mindestens so intensiv – eher<br />

intensiver – ausgestaltet sein muss wie ihre Fortsetzung im<br />

Massnahmezentrum. Da die Massnahmezentren (wie etwa<br />

das Psychiatriezentrum Rheinau PZR) bereits nach milieutherapeutischen<br />

Grundsätzen arbeiten, müssen die Massnahmeklienten<br />

auch in <strong>den</strong> geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalten in<br />

Wohngruppen zusammengefasst und nach einem milieutherapeutischen<br />

Ansatz beh<strong>an</strong>delt wer<strong>den</strong>.<br />

4. Milieutherapie<br />

4.1 Allgemeines<br />

Wie dargestellt unterscheidet sich das stationäre Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebot<br />

von der bisherigen Angebotspalette einer geschlossenen<br />

Straf<strong>an</strong>stalt mit intensiven deliktpräventiven<br />

Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>geboten lediglich durch ein milieutherapeutisches<br />

Interventionsspektrum als 3. Beh<strong>an</strong>dlungselement. Es<br />

wer<strong>den</strong> zum Teil zwar schon heute einzelne punktuell eingesetzte<br />

Interventionen mit milieutherapeutischem Charakter<br />

6 Vgl. Botschaft des Bundesrats zur StGB­Revision vom<br />

21.9.1998, S. 99.<br />

7 Das zentrale Abnahme­ bzw. Übertrittskriterium wird in der Regel<br />

eine bereits überprüfte unbegleitete Urlaubsfähigkeit sein.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

durchgeführt. 8 Da diese aber isoliert in sonst ambul<strong>an</strong>t ausgerichteten<br />

Beh<strong>an</strong>dlungskonzepten praktiziert wer<strong>den</strong>, k<strong>an</strong>n<br />

bisher in geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalten nicht von Milieutherapie<br />

und somit nicht von <strong>stationärer</strong> Therapie gesprochen<br />

wer<strong>den</strong>. 9 Ergänzend zu <strong>den</strong> delikt­ (1. Beh<strong>an</strong>dlungselement)<br />

und persönlichkeitsbezogenen (2. Beh<strong>an</strong>dlungselement) Interventionen<br />

fokussiert die milieutherapeutische Arbeitsweise<br />

auf die folgen<strong>den</strong> Zielsetzungen:<br />

1. Allgemein <strong>den</strong> Veränderungsprozess und die Veränderungsbereitschaft<br />

durch ein veränderungsförderndes Umfeld<br />

unterstützen.<br />

2. Inhalte aus der externen deliktorientierten und persönlichkeitsbezogenen<br />

Arbeit durch Nachbearbeitung und<br />

gezielte Interventionen im Alltag vertiefen.<br />

3. Kontinuierlich reflektierende und korrigierende verhaltensbezogene<br />

Interventionen zur Verfügung stellen, die<br />

insbesondere auf das spezifische Problemprofil des Massnahmeklienten<br />

fokussiert sind.<br />

4. Allgemeines Training sozialer Kompetenzen, Anleitung<br />

und Unterstützung in Alltagsfragen.<br />

5. Vermittlung emotional korrigierender Erfahrung (z.B.<br />

im übertragenen Sinne «Elterneinheitlichkeit», Fürsorge,<br />

Wertschätzung, Orientierung, Akzept<strong>an</strong>z von Grenzen etc).<br />

6. Einübung von Risikom<strong>an</strong>agement und allgemeinen Copingstrategien<br />

im Alltag.<br />

7. Informationsvermittlung zu therapierelev<strong>an</strong>ten Themen<br />

(z.B. Medikamentenwirkungen, Beh<strong>an</strong>dlungsvertrag,<br />

Funktionsweise und Ziele von Gruppentherapien, Wirkungen<br />

und Folgen von Suchtmittelkonsum, Folgen bei<br />

Opfern von Sexualstraftaten etc).<br />

Aus einer milieutherapeutischen Perspektive heraus wird<br />

die soziale Wirklichkeit der Klienten, also der Alltag innerhalb<br />

der Massnahmestation, bewusst für therapeutische<br />

Veränderungprozesse genutzt. In einer soweit als möglich<br />

«normalen» und therapiefördern<strong>den</strong> Umgebung erwerben<br />

oder vertiefen Klienten soziale Regeln, Umg<strong>an</strong>gsformen und<br />

Alltagskompetenzen. Dabei geht es um die gezielte Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

mit dem Normalen, um die Beschäftigung mit<br />

alltäglichen Bedürfnissen, Regeln und Notwendigkeiten,<br />

Möglichkeiten und Einschränkungen.<br />

Von zentraler Bedeutung – gewissermassen begriffsnotwendig<br />

– bei der Milieutherapie sind drei Aspekte: die therapeutische<br />

Arbeit auf der Wohngruppe, die Therapie durch<br />

das gesamte Team und die spezifischen milieutherapeutischen<br />

Gruppen<strong>an</strong>gebote.<br />

8 Zum Beispiel die «Sozialkompetenz­ und Kreativgruppen» des<br />

PPD in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies.<br />

9 In der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wurde <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs 2008 eine sogen<strong>an</strong>nte<br />

«Überg<strong>an</strong>gslösung» eingeführt. Ein «Überg<strong>an</strong>gsteam» –<br />

bestehend aus zwei Betreuern und einer Sozialarbeiterin der<br />

Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies und drei Therapeuten des PPD – sucht<br />

die <strong>Massnahmen</strong>klienten am Arbeitsplatz innerhalb der Straf<strong>an</strong>stalt<br />

und in <strong>den</strong> Wohngruppen auf, wo mit ihnen im «Spitex­<br />

Stil» gearbeitet wird.


<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

4.2 Therapeutische Arbeit im Milieu<br />

der Wohngruppe<br />

Da sich die Massnahmeklienten in erster Linie in ihrer<br />

Wohngruppe aufhalten, ist dies auch der primäre Ort für eine<br />

konsequente milieutherapeutische Ausrichtung. Es geht also<br />

darum, das Umfeld einer oder mehrerer Wohngruppen der<br />

Straf<strong>an</strong>stalt so zu gestalten, dass von einer milieutherapeutischen<br />

Station gesprochen wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n. Dabei gibt es theoretisch<br />

keinen Bereich, der von einer therapeutischen Gestaltung<br />

von vornherein ausgeschlossen ist. Vom Mobiliar,<br />

der Freizeitgestaltung und <strong>den</strong> Essgewohnheiten über das<br />

Verhalten der Mitarbeiten<strong>den</strong> gegenüber <strong>den</strong> Klienten bis<br />

hin zur Förderung konstruktiver Verhaltensweisen der Klienten<br />

unterein<strong>an</strong>der lassen sich unterschiedlichste Elemente<br />

des Umfelds konzeptionell durch<strong>den</strong>ken und gemäss therapeutischer<br />

Zielsetzung gestalten. Wesentlich ist dabei, im<br />

Milieu der Wohngruppe eine Atmosphäre zu schaffen, durch<br />

die Veränderungsprozesse begünstigt und gezielt gefördert<br />

wer<strong>den</strong>. Die milieutherapeutische Arbeit findet somit nicht<br />

nur während <strong>den</strong> einzelnen Therapiestun<strong>den</strong> statt, sondern<br />

gewissermassen rund um die Uhr.<br />

4.3 Milieutherapie als Teamarbeit<br />

Neben der direkten Klientenarbeit muss in der therapeutischen<br />

Milieugestaltung viel Zeit und Professionalität in<br />

eine spezifische Gestaltung des Arbeitsverhaltens des Teams<br />

und der damit verbun<strong>den</strong>en Auswirkungen auf die Stationsatmosphäre<br />

investiert wer<strong>den</strong>. Im Konzept der Milieutherapie<br />

ist Therapie nicht als eine einzelne, therapeutische Ver<strong>an</strong>staltung<br />

konzipiert, sondern als umfassende Gestaltung<br />

der <strong>Massnahmen</strong>station durch die professionelle und nach<br />

bestimmten Grundsätzen (z. B. Offenheit, Tr<strong>an</strong>sparenz,<br />

Einheitlichkeit, Respekt etc.) org<strong>an</strong>isierte Teamarbeit. Therapeut<br />

der Klienten ist das Team als G<strong>an</strong>zes. Dazu gehören<br />

sämtliche vor Ort arbeitende Berufsgruppen wie z. B. SozialarbeiterInnen,<br />

SozialpädagogInnen, AufseherInnen/BetreuerInnen<br />

und TherapeutInnen. Um diesen Prozess möglichst<br />

zielgerichtet und systematisch betreiben zu können und der<br />

Gefahr der Beliebigkeit zu begegnen, ist das Abstützen auf<br />

eine entsprechende Konzeptualisierung unumgänglich. 10<br />

Unbedingt notwendig ist auch eine professionelle Unterstützung<br />

des Teams durch Teamsupervisionen, Org<strong>an</strong>isationsentwicklung<br />

etc., <strong>den</strong>n vom Team wird eine kontinuierliche<br />

Weiterentwicklung erwartet. Die Strukturen und Gefässe des<br />

milieutherapeutischen Angebots müssen flexibel bleiben und<br />

durch das Beh<strong>an</strong>dlungsteam zum Teil in Zusammenarbeit<br />

10 In der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wird dem Aufbau und der Umsetzung<br />

der milieutherapeutischen Arbeit das Konzept der<br />

«teamorientierten stationären Beh<strong>an</strong>dlung in der Psychiatrie»<br />

(TSB), Fr<strong>an</strong>k Urb<strong>an</strong>iok (2000), zugrunde gelegt. Darin wird<br />

Teamarbeit als der entschei<strong>den</strong>de Schlüssel zur Gestaltung des<br />

milieutherapeutischen Angebots <strong>an</strong>gesehen.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

mit dem Klienten fortlaufend erarbeitet und weiterentwickelt<br />

wer<strong>den</strong>. Somit muss für die Abteilung ein ausreichender<br />

Spielraum bestehen, flexibel auf die jeweils zu beh<strong>an</strong>delnde<br />

Klientel und auf aktuelle therapeutische Bedürfnisse zu<br />

reagieren.<br />

4.4 Spezifische milieutherapeutische<br />

Gruppen<strong>an</strong>gebote<br />

Neben der milieutherapeutischen Arbeit auf der Wohngruppe<br />

und der Teamarbeit sind die spezifischen milieutherapeutischen<br />

Gruppen<strong>an</strong>gebote das dritte zentrale Element<br />

der Milieutherapie. Als Fixpunkte im Milieu der Massnahmestation<br />

wer<strong>den</strong> einzelne Gruppen<strong>an</strong>gebote konzipiert, die<br />

die Arbeitsweise der milieutherapeutischen Arbeit unterstützen.<br />

Um das Programm nicht zu überfrachten, sind für die<br />

<strong>Massnahmen</strong>station der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies vorerst nur<br />

die folgen<strong>den</strong> zwei Ver<strong>an</strong>staltungen gepl<strong>an</strong>t, die im Zuge der<br />

fortlaufen<strong>den</strong> Ausdifferenzierung der <strong>Massnahmen</strong>station<br />

ergänzt wer<strong>den</strong> können:<br />

a) Soziales Kompetenz- und Kreativtraining<br />

(Gruppe K&K)<br />

Nachdem in spezialisierten holländischen Beh<strong>an</strong>dlungsinstitutionen<br />

und im ambul<strong>an</strong>ten Intensiv­Programm des PPD<br />

damit gute Erfahrungen gemacht wurde, sollte die Gruppe<br />

K&K auch in der Massnahmestation weitergeführt wer<strong>den</strong>.<br />

In der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wer<strong>den</strong> Metho<strong>den</strong> des Trainings<br />

sozialer Kompetenzen sowie der Kunst­ und Bewegungstherapie<br />

eingesetzt. Aktuell wird die Gruppe K&K wöchentlich<br />

zu 3 Stun<strong>den</strong> mit 8 Klienten durchgeführt.<br />

b) Bewohnerrunde<br />

In der Bewohnerrunde wer<strong>den</strong> regelmässig alle Themen besprochen,<br />

die das Zusammenleben auf der <strong>Massnahmen</strong>station<br />

betreffen. Es nehmen dar<strong>an</strong> alle Bewohner und die<br />

<strong>an</strong>wesen<strong>den</strong> Teammitglieder teil. Die Klienten sollen dazu<br />

<strong>an</strong>gehalten wer<strong>den</strong>, möglichst selbständig die <strong>an</strong>fallen<strong>den</strong><br />

Themen, Projekte (z. B. Freizeitaktivitäten), Konflikte und<br />

Probleme zu bearbeiten. Nach der Etablierung des Gefässes<br />

soll die Bewohnerrunde jeweils durch einen Klienten geleitet<br />

wer<strong>den</strong>. Die Inhalte der Bewohnerrunde wer<strong>den</strong> trakt<strong>an</strong>diert<br />

und es wird ein Protokoll erstellt. Das Team nutzt die Bewohnerrunde<br />

als Informationsgefäss.<br />

4.5. Personalbedarf<br />

Der Personalbedarf der stationären <strong>Massnahmen</strong>abteilung<br />

setzt sich aus zwei Aufgabenbereichen zusammen: intensive<br />

delikt- und persönlichkeitsorientierte Psychotherapie (1. und<br />

2. Beh<strong>an</strong>dlungselement) und milieutherapeutische Arbeit<br />

(3. Beh<strong>an</strong>dlungselement).<br />

1557


1558<br />

T h o m a s N o l l / U e l i G r a f / M a t t h i a s S t ü r m / F r a n k U r b a n i o k<br />

a) Delikts- und persönlichkeitszentrierte<br />

Intensivbeh<strong>an</strong>dlung<br />

Professionell durchgeführte forensische deliktpräventive<br />

Therapien sind, etwa aufgrund des intensiven Aktenstudiums,<br />

der kontinuierlichen Risikoeinschätzung, der notwendigen<br />

interdisziplinären Vernetzung, des Einbezugs des<br />

sozialen Empf<strong>an</strong>graums in die Therapie 11 und <strong>den</strong> bei der<br />

Therapie von dissozialen Menschen notwendigen qualitätssichern<strong>den</strong><br />

<strong>Massnahmen</strong> 12 besonders zeitintensiv. Gemäss<br />

einer Erhebung zur Berechnung der allfallen<strong>den</strong> Kosten für<br />

<strong>den</strong> Beh<strong>an</strong>dlungsvollzug in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies 13<br />

wurde pro einzel­ und gruppentherapeutische Sitzung eine<br />

weitere Arbeitsstunde für ergänzende therapeutische Dienstleistungen<br />

errechnet.<br />

Für die Sicherstellung des delikt­ und persönlichkeitsorientierten<br />

Beh<strong>an</strong>dlungselements ist demnach bei einer<br />

Kapazität von 8 Plätzen auf einer Wohngruppe der <strong>Massnahmen</strong>station<br />

von einer Therapiestelle, bei 12 Plätzen von<br />

deren <strong>an</strong>derthalb und bei 24 von drei Therapeutenstellen zur<br />

Abdeckung des ausserhalb der <strong>Massnahmen</strong>station erfolgen<strong>den</strong><br />

delikt­ und persönlichkeitsorientierten Beh<strong>an</strong>dlungsteils<br />

auszugehen. Aufgrund zu erwartender Synergieeffekte<br />

mit bereits bestehen<strong>den</strong> Angeboten wurde dieser Ressourcenbedarf<br />

für das Projekt in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies auf<br />

zwei zusätzliche Therapeutenstellen reduziert.<br />

b) Milieutherapeutische Beh<strong>an</strong>dlung<br />

Der Löwen<strong>an</strong>teil der Personalressourcen ist bei der stationären<br />

Therapie für das milieutherapeutische Angebot notwendig.<br />

In der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wurde für eine Wohngruppe<br />

in der <strong>Massnahmen</strong>station mit 12 Plätzen folgender<br />

Personalbedarf erhoben:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

525 Stellenprozente Aufsicht/Betreuung (25 % Abteilungsleiter,<br />

100 % Gruppenleiter, 400 % Betreuer)<br />

100 Stellenprozente Sozialarbeit/Sozialpädagogik<br />

550 Stellenprozente Therapie (100 % Oberarzt/Leitender<br />

Psychologe, 100 % Psychiater/Psychologe, 350 % therapeutische<br />

Mitarbeitende).<br />

Bei 15 Plätzen in der Wohngruppe würde sich der Bedarf um<br />

100 Stellenprozente für <strong>den</strong> Bereich Betreuung/Aufsicht und<br />

50 Stellenprozente für <strong>den</strong> Bereich Therapie steigern, und<br />

11 Fr<strong>an</strong>k Urb<strong>an</strong>iok/Matthias Stürm (2006), Das Zürcher<br />

«Ambul<strong>an</strong>te Intensiv­Programm» (AIP) zur Beh<strong>an</strong>dlung von<br />

Sexual­ und Gewaltstraftätern, Teil 1: Entstehungsgeschichte<br />

und methodische Grundlagen, Schweizer Archiv für Neurologie<br />

und Psychiatrie Bd. 157, S. 103–118; Teil 2: Spezifische deliktpräventive<br />

und therapeutische Konzeptionen, S. 119–133.<br />

12 Tress/Wöller/Hartkamp/L<strong>an</strong>genbach/Ott, Persönlichkeitsstörungen<br />

– Leitlinie und Quellentext, Stuttgart 2002, S. 93–<br />

122.<br />

13 Vgl. «Beh<strong>an</strong>dlungsvollzug KSA Pöschwies: Vorschlag für eine<br />

diversifizierte Verrechnungsstruktur» vom 11.11.2006.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

bei nur 8 Therapieplätzen müsste ein entsprechender Abzug<br />

erfolgen.<br />

c) Personalbedarf insgesamt<br />

Zusammenfassend ergibt sich somit bei einer Beh<strong>an</strong>dlungseinheit<br />

von 12 Klienten – ohne zusätzlich notwendige Ressourcen<br />

im Bereich der Administration – folgender Personalbedarf:<br />

1175 Stellenprozente für das 3. Beh<strong>an</strong>dlungselement<br />

+ 100 Stellenprozente für die Elemente 1 und 2 = 1275 Stellenprozente.<br />

Dies entspricht einem Stellenschlüssel von 1:1.10 zwischen<br />

Klienten und Personal. Deutlich intensiver ist das Betreuungsverhältnis<br />

in dem auf gleichem Sicherheitsniveau<br />

stattfin<strong>den</strong><strong>den</strong> <strong>Massnahmen</strong>vollzug des Psychiatriezentrums<br />

Rheinau mit 1.85. 14 Auch in der forensischen Abteilung der<br />

Universitätsklinik Basel, die einen geringeren Sicherheitsst<strong>an</strong>dard<br />

als die Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies aufweist, ist der Stellenschlüssel,<br />

der 1.13 beträgt, höher als in der Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies. 15 Mit Blick auf <strong>den</strong> Personalschlüssel wurde im<br />

Falle der <strong>Massnahmen</strong>station in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies<br />

versucht, ein optimales Verhältnis zwischen Aufw<strong>an</strong>d und<br />

Ertrag zu erreichen. Günstigere Kennzahlen lassen sich bei<br />

Angeboten in Straf<strong>an</strong>stalten durch die Nutzung der bereits<br />

bestehen<strong>den</strong>, auf hohe Insassenzahlen ausgelegten Infrastruktur<br />

erreichen.<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

Aufgrund des revidierten StGB k<strong>an</strong>n seit kurzem eine deutliche<br />

Zunahme von gerichtlich <strong>an</strong>geordneten stationären<br />

<strong>Massnahmen</strong> beobachtet wer<strong>den</strong>. Neu besteht gemäss<br />

Art. 59 Abs. 3 StGB die Möglichkeit, diese stationären Therapien<br />

auch in geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalten durchzuführen.<br />

Von dieser Option wird vor allem für persönlichkeitsgestörte<br />

gefährliche Straftäter oder für solche ohne eindeutig i<strong>den</strong>tifizierbare<br />

psychische Störungen Gebrauch gemacht. 16 Bis<br />

auf die Dauer der Massnahme äussert sich das Gesetz nicht<br />

darüber, wie diese intramuralen stationären <strong>Massnahmen</strong><br />

ausgestaltet sein sollen, und auch Bundesgerichtsentscheide<br />

darüber stehen zurzeit noch aus. M<strong>an</strong>gels gesetzlicher und<br />

richterlicher Vorgaben wur<strong>den</strong> im Amt für Justizvollzug<br />

des K<strong>an</strong>tons Zürich Richtlinien für die Durchführung der<br />

stationären <strong>Massnahmen</strong> in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies kon­<br />

14 Vgl. Antrag des Regierungsrates zur Bewilligung des Kredits<br />

für <strong>den</strong> Neubau des Sicherheitstrakt Forensik des Psychiatriezentrums<br />

Rheinau vom 14.1.2004.<br />

15 Vgl. Antrag des Regierungsrates zur Bewilligung des Kredits<br />

für <strong>den</strong> Neubau des Sicherheitstrakt Forensik des Psychiatriezentrums<br />

Rheinau vom 14.1.2004.<br />

16 Bei Tätern mit einer psychischen Störung im engeren Sinn, wie<br />

z. B. einer Schizophrenie, wird der <strong>Vollzug</strong> der Massnahme eher<br />

wie bisher in gesicherten Psychiatrischen Kliniken stattfin<strong>den</strong>.


<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

zeptualisiert. Dazu gehört die Definition der intramuralen<br />

stationären Therapie bei Straftätern, die im Gegensatz zur<br />

allgemeinen stationären Therapie konventioneller Klienten<br />

nicht etwa die Verbesserung der psychischen Befindlichkeit,<br />

sondern die Optimierung der Legalprognose als vorr<strong>an</strong>giges<br />

Ziel hat.<br />

Zweck der vorliegen<strong>den</strong> Arbeit war die Darstellung der<br />

Beh<strong>an</strong>dlungsst<strong>an</strong>dards, wie sie durch die betreffende interdisziplinäre<br />

Projektgruppe des PPD und der Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies für stationäre <strong>Massnahmen</strong> im geschlossenen<br />

<strong>Vollzug</strong> erarbeitet wur<strong>den</strong>. Es wurde aufgezeigt, dass sich<br />

auch bei der deliktorientierten Beh<strong>an</strong>dlung die stationäre<br />

von der ambul<strong>an</strong>ten Therapie durch <strong>den</strong> zusätzlichen Einsatz<br />

milieutherapeutischer Interventionen unterscheidet.<br />

Diese haben quasi rund um die Uhr zu erfolgen. Das maximiert<br />

die Konfrontationsdichte und erschwert Simulationen<br />

durch die Klienten, die im regulären Setting leichter möglich<br />

sind. 17 Wichtig ist weiter, dass die Milieutherapie vor allem<br />

auf der Wohngruppe und als durchgängig konzeptualisierte<br />

Teamarbeit durchgeführt wird. In <strong>den</strong> Wohngruppen sollten<br />

begleitend gruppentherapeutische Module wie soziales<br />

Kompetenz­ und Kreativtraining und eine regelmässige Bewohnerrunde,<br />

bei <strong>den</strong>en die Teilnahme wie auch bei allen<br />

<strong>an</strong>deren Elementen obligatorisch ist, <strong>an</strong>geboten wer<strong>den</strong>. Bezüglich<br />

Personalbedarfs wird ein Stellenschlüssel von 1.10<br />

Mitarbeiten<strong>den</strong> pro Massnahmeklient <strong>an</strong>gestrebt, wobei das<br />

Verhältnis von therapeutischen Arbeiten<strong>den</strong> und Betreuer­<br />

Innen/AufseherInnen (die allerdings ebenfalls milieutherapeutische<br />

Aufgaben wahrnehmen) etwa ausgeglichen<br />

ist. Sämtliche Mitarbeiten<strong>den</strong> sind zur laufen<strong>den</strong> Fort­ und<br />

Weiterbildung sowie zu (Team­) Supervisionen verpflichtet.<br />

Die Konkretisierung dieser grobkursorisch präsentierten<br />

Grundsätze sollte flexibel und einem laufen<strong>den</strong> Optimierungsprozess<br />

unterworfen sein. Anregungen für die Verfeinerung<br />

bestehender Abläufe wer<strong>den</strong> in der Regel vom Beh<strong>an</strong>dlungsteam<br />

ausgehen, welches nach TSB­Grundsätzen 18<br />

mit relativ grosser Autonomie ausgestattet sein sollte.<br />

17 M<strong>an</strong> hört im <strong>Vollzug</strong> gelegentlich von ambul<strong>an</strong>ten Therapieklienten,<br />

die sich vor Mitgef<strong>an</strong>genen damit brüsten, wie gut<br />

sie sich während der einzelnen Therapiestunde vor dem Therapeuten<br />

verstellt hätten. Dies ist bei einer milieutherapeutischen<br />

Überwachung von quasi 24 Stun<strong>den</strong> pro Tag kaum noch möglich.<br />

Auch die kleinsten persönlichkeitsbedingten Defizite sollten<br />

in diesem Setting früher oder später aufgedeckt wer<strong>den</strong>.<br />

18 Vgl. Kapitel 4.3.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

Le CP révisé dispose à son art. 59 al. 3 que les délinqu<strong>an</strong>ts<br />

<strong>an</strong>ormaux peuvent être traités d<strong>an</strong>s un établissement pénitentiaire<br />

fermé, d<strong>an</strong>s la mesure où le traitement thérapeutique<br />

nécessaire y est assuré par du personnel qualifié et qu’il y a<br />

lieu de craindre que l’auteur ne s’enfuie ou ne commette de<br />

nouvelles infractions. En comparaison avec la réglementation<br />

<strong>an</strong>térieure, l’import<strong>an</strong>ce des mesures stationnaires est renforcée.<br />

A l’avenir, il faudra s’attendre à ce que le juge ordonne<br />

plus souvent de telles mesures.<br />

A ce jour, il n’existe cepend<strong>an</strong>t pas de directives d<strong>an</strong>s la<br />

jurispru<strong>den</strong>ce, ni d’exigences minimales figur<strong>an</strong>t d<strong>an</strong>s la loi en<br />

ce qui concerne les mesures stationnaires selon l’art. 59 al. 3<br />

CP. Ce texte aborde les points essentiels à la mise en pratique<br />

de cette nouvelle forme de s<strong>an</strong>ction. Il énonce un concept<br />

qui doit permettre aux personnes juridiques concernées de se<br />

familiariser avec les st<strong>an</strong>dards possibles d’une thérapie stationnaire<br />

en milieu fermé.<br />

(trad. LT LAWTANK, Fribourg)<br />

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