(z.B. Geothermie- und Glasfaserprojekt). Wir sind uns bewusst, dass wir bei den Investitionen nicht grosse Abstriche machen wollen. Wir müssen den Haushalt entlasten. Grosse Investitionen im Stadtentwicklungsbereich werden wir durchziehen. Die Wahrnehmung von St.Gallen als Stadt in der übrigen Schweiz ist ein bisschen bieder und langweilig. Stört Sie dieses Image? Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Die Ostschweiz hat sich selbst oft als periphere Region dargestellt. Wir müssen uns über gewisse Lead-Projekte auf die Landkarte zurückbringen. Wir müssen zeigen, dass die Ostschweiz in vielen Bereichen ganz vorne mit dabei ist. Das haben wir in Bereichen wie Energie, Kommunikation und IT bewiesen. Letztlich geht es um die Menschen. Welches Lebensgefühl soll St.Gallen vermitteln? St.Gallen ist die Stadt der kurzen Wege. Unsere Firmen und unsere Kultur-, Bildungs- und Freizeitinstitutionen sind zu Fuss zu erreichen. Diese Vernet- zung, diese Erreichbarkeit, das Gemein- schaftsgefühl, welches man in dieser Stadt hat, sind die wesentlichen Elemente des St.Galler Lebensgefühls. Was wäre Ihr Leitspruch für die Zukunft? Arbeiten und Leben in hoher Qualität. Urban sein, Urbanität erleben: Wie verhindern Sie, dass die Stadt nicht nur architektonisch, sondern auch bezüglich des Lebensgefühls als urban erlebt wird? Für uns ist sehr wesentlich, dass die Lebensqualität von aussen wahrgenommen wird. Spricht man die Lebens- qualität an, hat die Gestaltung von Plätzen und Freiräumen, das Kultur- und Freizeitangebot eine wichtige Rolle. Sie sind Teil der Lebensqualität und bringen Leben in die Stadt. Im Rest der Schweiz wird St.Gallen gerne auf die Klischees der Bratwurst- und Olmastadt reduziert. Kaffeebar Universität; Lieblingsplatz von Thomas Bieger, Rektor Universität St.Gallen Das kann es ja wahrscheinlich nicht sein. Wir sind eine Wissens- und Bildungsstadt mit der Universität, die sich in den Top Rankings befindet. Wir sind aber auch eine Kulturstadt mit dem Unesco-Weltkulturerbe, mit einem viel- fältigen Kulturangebot in der Stadt bis hin zum Open Air. Diese Faktoren zählen viel mehr. Diverse internati- onale Top-Labels prägen in diesen Be- reichen das Bild der Stadt St.Gallen. Bitte beenden Sie zum Schluss die folgenden Sätze: Ich bin gerne Stadtpräsident in St.Gallen, weil … … es eine Stadt mit sehr grossem Potential ist. Mir gefällt an St.Gallen nicht, dass … … St.Gallen unter seinem Wert geschlagen wird. Wenn ich als Stadtpräsident eine Vision formulieren darf, möchte ich die Stadt in diese Richtung entwickeln, dass St.Gallen … … die Stadt am See wird. Vielen Dank für das Interview. Thomas Scheitlin (*1953) hat nach seinem Abschluss an der Universität St.Gallen in der Pharmabranche und im Finanzsektor gearbeitet. 2001 übernahm er das Präsidium der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, bevor er 2007 zum Stadtpräsidenten gewählt wurde, wo er sich auch in seiner dritten Amtszeit für eine stärkere Führungsrolle St.Gallens einsetzt. Der studierte Betriebswirtschafter Hanspeter Trütsch (*1953) ist in St.Gallen aufgewachsen und bis heute wohnhaft. Durch seine Tätigkeit als Teamleiter der SRF Bundeshausredaktion pendelt er regelmässig von St.Gallen weg. Dies ermöglicht ihm einen Aussenblick auf seine «wohltuend überschaubare» Heimatstadt. Durchblick In den vergangenen Jahren wurden die regionalwissenschaftliche und die regionalpolitischeDiskussionen durch ein grosses Thema beeinflusst: Die Bedeutung der Metropolen für die regionale Entwicklung. Dr. Roland Scherer Universität St.Gallen Fast paradigmatisch wurde dabei von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern immer wieder betont, dass es nur starke Metropolen sind, die in dem immer stärker werdenden globalen Wettbewerb der Standorte bestehen können. Auch in der Schweiz wurde diese Diskussion intensiv geführt und es wurde oftmals die Position ver- treten, dass es in der Schweiz mit Zürich und Genf eigentlich nur zwei Metropolen gibt, die als relevant an- gesehen werden können, um zukünftig wirtschaftliche Impulse zu generie- ren, von denen das ganze Land profi- tieren würde. Die Folge war, dass natürlich auch die Regional- und Kommunalpolitik das Thema Metropolraum erkannt hat und entsprechende Strukturen aufgebaut wurden. Im Zuge dieser Diskussionen über die Bedeutung der Metropolen für die regionale Entwicklung wurde eine interessante Entdeckung gemacht: Be- trachtet man die Entwicklung ver- <strong>Standortmagazin</strong> der Stadt St.Gallen Frühling. 20<strong>13</strong>. S.6–7 schiedener regionaler Wachstumsindikatoren, z.B. Bevölkerungswachstum, Arbeitsplatzangebot, Bruttowertschöpfung, so zeigt sich deutlich, dass es nicht nur die Metropolräume sind, die sich hier positiv entwickeln, sondern dass es eine Reihe von Wachstumspolen gibt, die eindeutig ausserhalb von Metropolräumen liegen und keinerlei metropolitane Funktionen aufweisen. Sie weisen aber im nationalen Vergleich ein überproportionales Wachstum in den relevanten Entwicklungsberei- chen auf, das oftmals sogar über dem der meisten Metropolräume lag.Einer dieser Wachstumspole ist die Region Friedrichshafen-Ravensburg am deutschen Bodenseeufer. Auch in der Auch in der Schweiz können solche regionalen Wachstumspole ausserhalb von Metropolräumen identifiziert werden, z.B. die Region Luzern. Schweiz können solche regionalen Wachstumspole ausserhalb von Metropolräumen identifiziert werden, z.B. die Region Luzern oder auch die Region Freiburg. Die Region und die Stadt St.Gallen gehören bislang aber nicht zu dieser Kategorie. Betrachtet man die verschiedenen regionalen Wachstumspole ausserhalb der Metropolräume etwas genauer, so zeigt sich eine Reihe von Merkmalen, die diese unterschiedlichen Räume aufweisen. Meist handelt es sich um Räume, die zwischen grösseren Metropolräumen liegen und mit diesen (verkehrlich) relativ gut vernetzt sind. Innerhalb des Raumes gibt es eine mittelgrosse Stadt und ein entsprechendes Umland, das mit dieser Stadt eng vernetzt ist. Die Stadt übernimmt für das Umland und damit für die gesamte Region die Funktion eines Zentrums, in dem verschiedene Funktionen für den gesamten Raum bereitgestellt werden. Die Erfahrungen zeigen nun, dass diese erfolgreichen Regionen zwar immer über ein starkes Zentrum verfügen, gleichzeitig aber eng mit den umliegenden Gemeinden zusammenarbeiten und im regionalen Kontext entsprechende Funktionen bereitstellen. Das Städtische, also das Urbane, auf der einen Seite und das Regionale auf der anderen Seite werden somit zu den zentralen Erfolgsfaktoren dieser regionalen Wachstumspole. Was heisst dies nun konkret? Es ist heute in der regional- und raumwissenschaftlichen Theorie weitgehend unbestritten, dass in städtischen