SONDERDRUCK aus Handelsblatt Nr. 149 vom ... - Sparkasse Hamm
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<strong>SONDERDRUCK</strong> <strong>aus</strong> <strong>Handelsblatt</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>149</strong> <strong>vom</strong> 03.08.2012 für die <strong>Sparkasse</strong><br />
<strong>Handelsblatt</strong> © <strong>Handelsblatt</strong> GmbH. Alle Rechte vorbehalten. vorbehalten. Zum Erwerb Zum weitergehender Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich Rechte bitte an wenden nutzungsrechte@vhb.de.<br />
Sie sich bitte an nutzungs
Liebe <strong>Sparkasse</strong>, bitte verzeih<br />
mir. Allzu lange habe<br />
ich Dich nicht mehr beachtet.<br />
Allzu lange warst Du<br />
nur noch das ewige Mauerblümchen<br />
für mich. Ich hatte mich<br />
verloren an die Erfolgsgeschichten der<br />
internationalen Großbanken, war geblendet<br />
von den h<strong>aus</strong>hohen Entrees<br />
<strong>aus</strong> Glas und Stahl der Frankfurter<br />
Bankpaläste, war gefangen <strong>vom</strong> noblen<br />
Glanz der Privatbanken, <strong>vom</strong> atemlosen<br />
Sex der Londoner City, von den<br />
Milliardensummen, die an der Wall<br />
Street bewegt wurden. Ich wollte nie<br />
so enden wie der Filialleiter der <strong>Sparkasse</strong><br />
des Dorfes, <strong>aus</strong> dem ich stamme.<br />
Mein Vorbild war Michael Douglas,<br />
der Gordon Gekko <strong>aus</strong> „Wall Street“.<br />
Seine Hosenträger wurden meine Hosenträger.<br />
Das Sparschwein zum Weltspartag<br />
dagegen ist im Lauf der Jahre<br />
Teil einer traumatischen Kindheitserinnerung<br />
geworden, der Erinnerung<br />
an Enge und Vorherbestimmtheit.<br />
Bei Dir sah und sehe ich Teppichboden<br />
statt Marmor, <strong>aus</strong>gebeulte<br />
Sakkos statt maßgeschneiderte Anzüge.<br />
Deine Schalterbeamten benutzen<br />
den Taschenrechner, um zwei Zahlen<br />
zusammenzuzählen, Deine Filialleiter<br />
fahren Bus statt Porsche. Dein Bonus<br />
heißt Prämie, und durch Deine Schalterhallen<br />
schreitet nicht der Geldadel,<br />
sondern schlurft das einfache Volk.<br />
2<br />
Deutschland,<br />
deine <strong>Sparkasse</strong>n<br />
Eine Liebeserklärung<br />
Es begann vor<br />
mehr als 200 Jahren<br />
und dauert bis heute an:<br />
die besondere<br />
Beziehung der Deutschen<br />
zum Sparen – und zu<br />
ihren <strong>Sparkasse</strong>n.<br />
Die Krise hat die<br />
Sehnsucht nach einer<br />
heilen Bankenwelt<br />
noch verstärkt, in der<br />
alles mit rechten Dingen<br />
zugeht.<br />
INHALT<br />
Eine Frage der Gerechtigkeit:<br />
das Konto für jedermann Seite 12<br />
Was Deutschlands größte <strong>Sparkasse</strong><br />
einzigartig macht Seite 13<br />
Zu Besuch in Deutschlands<br />
kleinster <strong>Sparkasse</strong> Seite 14<br />
Unterwegs mit der<br />
fahrbaren Bank Seite 15<br />
Mutiger und frecher:<br />
Wie <strong>Sparkasse</strong>n für sich werben<br />
Seite 16<br />
Sonderdruck<br />
Dabei hatte es so hoff nungsvoll begonnen<br />
zwischen uns: Das blaue Sparbuch,<br />
das ich als Achtjähriger in den<br />
Händen hielt, besaß einen besonderen<br />
Zauber, der mit den Jahren noch<br />
zunahm, wenn der Nadeldrucker<br />
zeilenweise die am Ende des Jahres<br />
aufgelaufenen Zinsbeträge addierte.<br />
Mit der ersten Kontokarte fühlte ich<br />
mich erwachsen, die 10-Euro-Sondermünzensammlung<br />
verwahrte ich an<br />
einem Ehrenplatz.<br />
Doch mit den Jahren erkaltete unsere<br />
Beziehung. Dass einer Deiner Automaten<br />
meine EC-Karte schluckte und<br />
es geschlagene drei Monate dauerte,<br />
bis ich wieder eine funktionierende<br />
Karte in den Händen hielt – kann<br />
passieren. Dass Du mein H<strong>aus</strong> nicht<br />
fi nanzieren wolltest, weil eine Essener<br />
Hypothekenbank ein achtel Prozent<br />
billiger war – geschenkt. Dass jedes<br />
Mal, wenn ich einen kompetenten<br />
Berater gefunden hatte, der drei Monate<br />
später verschwand – das war<br />
mühsam, aber so ist off enbar der<br />
Lauf des Lebens.<br />
Wir hatten viele schwierige Tage.<br />
Einmal gab mein Kundenberater<br />
private Daten von mir an meinen Vermieter<br />
weiter – die Beschwerde verlief<br />
im Sande. Ich erinnere mich auch, wie<br />
ich einen ganzen Nachmittag lang –<br />
mit dem Verkäufer eines Oldtimers im<br />
Schlepptau – durch diverse Deiner
Imago-Stock<br />
Filialen tingeln musste, bis ich einen<br />
Berater fand, der mir die benötigte<br />
Summe von 6 000 Euro <strong>aus</strong>zahlen<br />
konnte, die sich zwar auf meinem<br />
Konto befand, aber über der zulässigen<br />
„Tageshöchst<strong>aus</strong>zahlungssumme“<br />
lag. Ich habe Dich gehasst – schon für<br />
dieses Wort.<br />
Zur ernsten Krise führte dann eine<br />
Beratung im Wertpapieranlagecenter<br />
der Stadt Köln kurz nach der Jahrt<strong>aus</strong>endwende.<br />
Von einer Erbschaft<br />
wollte ich einen stattlichen Betrag anlegen.<br />
Drei Unternehmen hatte ich<br />
mir <strong>aus</strong>geguckt: eine kleine, aber kultige<br />
Computerfi rma namens Apple,<br />
einen breit aufgestellten asiatischen<br />
Technikkonzern mit dem Namen<br />
Samsung und eine relativ neue Suchmaschine<br />
namens Google, die demnächst<br />
an die Börse gehen würde.<br />
Dein Anlagespezialist, ein freundlicher,<br />
etwas rotgesichtiger älterer<br />
Herr, wog bedächtig mit dem Kopf<br />
und riet mir ab, in diesen neumodischen<br />
Technikkram zu investieren.<br />
Und überhaupt, der Wechselkurs und<br />
so. Stattdessen empfahl er mir h<strong>aus</strong>eigene<br />
Immobilienfonds und riet mir<br />
zu einem Bonussparplan. „Damit<br />
können Sie nichts falsch machen.“<br />
Dummerweise habe ich damals dar-<br />
Sonderdruck<br />
<strong>Sparkasse</strong> in Ost-<br />
Berlin im Jahr<br />
1961: Die Idee hat<br />
alle historischen<br />
Wendungen<br />
überstanden.<br />
auf gehört – und damit alles falsch gemacht,<br />
was man nur falsch machen<br />
konnte. Die wissen schon, was sie tun,<br />
dachte ich. Doch diese Überzeugung<br />
schwand in den nächsten Jahren – jedes<br />
Mal, wenn ich auf den Aktienkurs<br />
der Unternehmen schaute, die ich auf<br />
Deinen Rat hin nicht gekauft hatte.<br />
Jedes Mal war ich ein Stück mehr davon<br />
überzeugt, dass Du von Deinem<br />
Geschäft zu wenig verstehst. Ich versuchte,<br />
mich nicht zu ärgern. Als die<br />
90 000 nicht in Aktien angelegten<br />
Euro die Millionengrenze überschritten<br />
hätten, sagte ich Dir innerlich<br />
Lebewohl. Andere Mütter haben auch<br />
3
schöne Töchter, dachte ich mir.<br />
Du und ich, wir haben nun mal eine<br />
andere Vorstellung <strong>vom</strong> Leben – <strong>vom</strong><br />
Risiko, von Chancen, <strong>vom</strong> Wohlstand.<br />
Dein Lieblingswort heißt Sicherheit,<br />
mein Lieblingswort heißt Lebensfreude.<br />
Ich hatte Dich verlassen. Und ging<br />
zu denen, die von allem mehr versprachen:<br />
mehr Glanz, mehr Weltgewandtheit,<br />
mehr Rendite. Doch um es abzukürzen:<br />
Mit ihnen wurde ich auch<br />
nicht glücklich. Der schöne Schein<br />
verblasste, spätestens an dem Tag, an<br />
dem in den USA das von deutschen<br />
Auswanderern gegründete Bankh<strong>aus</strong><br />
Lehman zusammenklappte und die<br />
Welt in eine Finanzkrise stürzte.<br />
Ich musste erfahren, dass meine<br />
neuen Freunde weniger Sicherheit<br />
boten und weniger Vertrauen verdienten<br />
als Du. Gesellschaftlich verantwortbar<br />
schienen mir deren Praktiken<br />
plötzlich auch nicht mehr. Je<br />
länger die Krise dauerte, desto mehr<br />
Skandale kamen zum Vorschein.<br />
Immer noch werden reihenweise<br />
ehemalige Branchenstars gefeuert,<br />
zuletzt Barclays-Chef Bob Diamond.<br />
Oder geraten in Erklärungsnot wie<br />
Anshu Jain, der starke Mann an der<br />
Spitze der Deutschen Bank. Und<br />
immer noch müssen Großbanken<br />
reihenweise Milliardenlöcher oder<br />
unsaubere Geschäfte einräumen –<br />
zuletzt die spanische Bankia mit<br />
ihren faulen Immobilienkrediten<br />
oder die britische Barclays mit der<br />
Manipulation des Libor-Zinses, des<br />
wichtigsten kommerziellen Zinssatzes<br />
weltweit.<br />
Die Kunden:<br />
Gewachsenes<br />
Vertrauen<br />
So bin ich in letzter Zeit, liebe <strong>Sparkasse</strong>,<br />
wieder näher zu Dir gerückt.<br />
Durch die Distanz habe ich erfahren,<br />
dass nicht alles schlecht ist an Dir. Du<br />
bist gut beleumundet. Du bist gleich<br />
4<br />
HB/Sebastian Kopp<br />
nebenan – mehr als 15 000 Filialen<br />
hast Du in Deutschland. Und das nicht<br />
nur in großen Städten – selbst im abgelegensten<br />
Schwarzwald-Dorf gibt es<br />
noch einen Geldautomaten mit dem<br />
weißen S auf rotem Grund.<br />
Die <strong>Sparkasse</strong> ist ein Stück Heimat<br />
für viele. Das weiß auch Kl<strong>aus</strong> Fischer,<br />
der Chef des gleichnamigen Dübel-<br />
Imperiums, den ich neulich traf:<br />
„Unser Unternehmen hat sich in Bezug<br />
auf das Inlandsgeschäft in den<br />
letzten Jahren auf die Kreissparkassen<br />
und die BW-Bank konzentriert, die<br />
auch zur <strong>Sparkasse</strong>ngruppe gehört.<br />
Grund dafür ist das in vielen Jahren<br />
gewachsene Vertrauen.“ Er schätzt<br />
vor allem, so sagt er, den persönlichen<br />
Kontakt zu den Verantwortlichen.<br />
Seine Erfahrungen mit Deiner Konkurrenz<br />
umschreibt er vorsichtig so:<br />
„Auch in für uns schwierigen Jahren<br />
konnten wir uns auf die <strong>Sparkasse</strong>n<br />
verlassen, im Gegensatz zu anderen<br />
Instituten.“<br />
Das Thema Vertrauen ist ganz wichtig,<br />
liebe <strong>Sparkasse</strong> – nicht nur für den<br />
prominenten Unternehmer, sondern<br />
auch den ganz normalen Bürger.<br />
Wenn Du hörst, wie Deine Kunden<br />
von menschlicher Beratung und ku-<br />
‚ Ich möchte<br />
Dinge gestalten<br />
und eine Region<br />
mitentwickeln.<br />
‘<br />
Karin-Brigitte Göbel<br />
Vorstand für Firmenkunden<br />
Stadtsparkasse Düsseldorf<br />
Sonderdruck<br />
lanten Regelungen schwärmen, müsste<br />
Deine Brust vor Stolz schwellen: In<br />
diesen Aussagen fi ndet sich noch etwas<br />
von der einstmals heilen Welt der<br />
Banken wieder, in der es noch Bankiers<br />
und keine Banker gab. Diese Sehnsucht<br />
ist durch die Krise noch verstärkt<br />
worden – und Du hast, vielleicht<br />
als Einzige, das Potenzial, diese Sehnsucht<br />
zu erfüllen. Kein Wunder, dass<br />
Du rund 50 Millionen Kunden hast –<br />
und dass fast die Hälfte der Deutschen<br />
Dich als Hauptbank ansieht.<br />
Ja, auch Du hast gesündigt. Auch bei<br />
Dir steigt der Verkaufsdruck, weil Du<br />
Deine vielen Mitarbeiter bezahlen<br />
musst. Auch bei Dir werden Spekulationspapiere<br />
verkauft. Auch bei Dir<br />
haben sich einzelne Geldhäuser,<br />
vorneweg die <strong>Sparkasse</strong> Köln-Bonn,<br />
mit allzu viel Risiko nahe an den<br />
Abgrund getrieben.<br />
Das Entscheidende aber ist: Die<br />
Grundstruktur Deines Geschäfts ist in<br />
Ordnung. Du verkehrst täglich mit<br />
dem deutschen Mittelstand, dem<br />
Rückgrat unserer Wirtschaft. Gut 40<br />
Prozent aller Unternehmenskredite in<br />
Deutschland kommen <strong>aus</strong> Deinen<br />
Tresoren einschließlich der Landesbanken.<br />
Die Großbanken liegen bei
mageren 13 Prozent. Viele wirklich<br />
mittlere Mittelständler haben ihre<br />
Hauptkonto bei der <strong>Sparkasse</strong>.<br />
Und die kleineren sind erst recht bei<br />
Dir zu H<strong>aus</strong>e, wenn sie nicht bei den<br />
Volks- oder Raiff eisenbanken unterschlüpfen.<br />
Die Mitarbeiter:<br />
Maßvolles Gehalt<br />
für harte Arbeit<br />
Seien wir ehrlich: Das liegt auch an<br />
mangelnder Konkurrenz. Private<br />
Banken lassen sich in kleineren Städten<br />
kaum noch blicken – und wenn,<br />
suchen sie dort eher nach reichen<br />
Privatkunden als nach Geschäftsleuten.<br />
Für die Großbanken fängt<br />
„Mittelstand“ meist erst bei ziemlich<br />
großen Unternehmen an, denen man<br />
außer Krediten noch eine Menge<br />
Zusatzgeschäft anbieten kann, etwa<br />
im Devisenbereich, weil sich der<br />
Kunde sonst „nicht lohnt“.<br />
Bei Dir wird das Bankgeschäft<br />
noch von Menschen gemacht. Über<br />
360 000 Mitarbeiter arbeiten für Dich,<br />
mehr als 23 000 Auszubildende. Und<br />
die müssen hart für ihr Geld arbeiten.<br />
Ihren Personalaufwand, geteilt durch<br />
die Anzahl der Mitarbeiter, gibt die<br />
Deutsche Bank in ihrem Geschäftsbericht<br />
mit 130 000 Euro im Jahr an –<br />
Du, liebe <strong>Sparkasse</strong>, kommst mit rund<br />
einem Drittel <strong>aus</strong>. Keiner Deiner Leute<br />
führt ein goldgerändertes Leben auf<br />
Kosten der Kunden.<br />
Obwohl die fetten Gehälter eher bei<br />
den Großbanken zu verdienen sind,<br />
mangelt es Dir nicht an Nachwuchs.<br />
Auch in der Finanzbranche ist Geld<br />
schon lange nicht mehr alles. Beispiel<br />
Stephan Gundlach. Eigentlich wollte<br />
er Architekt werden. Doch als Freunde<br />
ihm von ihrer Ausbildung bei der<br />
<strong>Sparkasse</strong> erzählten, da erfuhr der<br />
Schüler <strong>aus</strong> Moers, dass es auch noch<br />
andere Möglichkeiten gibt, etwas zu<br />
gestalten. Der heute 20-Jährige entschied<br />
sich nach dem Abitur 2011 für<br />
eine Banklehre in einer Deiner<br />
Düsseldorfer Filialen.<br />
Nah dran am einzelnen Privatkunden,<br />
aber auch am großen<br />
Firmenkunden, das machte für ihn<br />
den Reiz <strong>aus</strong>. Den Vorstand sieht der<br />
Auszubildende im zweiten Lehrjahr<br />
nicht nur ab und zu auf den Titelseiten<br />
der Zeitungen, sondern regelmäßig<br />
in der Kantine. Zu Ausbildungsbeginn<br />
wurden Gundlach und seine<br />
57 Kollegen persönlich begrüßt. Er<br />
weiß bereits jetzt, dass er nach der<br />
Ausbildung übernommen wird – und<br />
er wird bleiben.<br />
Auch Karin-Brigitte Göbel gehört zu<br />
Deinen Fans. Die 53-Jährige ist seit<br />
2009 für das Firmenkundengeschäft<br />
der Stadtsparkasse Düsseldorf verantwortlich.<br />
„Ich möchte Dinge gestalten,<br />
etwas bewirken, eine Region mitentwickeln.<br />
Und auch selbst entscheiden“,<br />
sagt die gebürtige Bochumerin,<br />
die zuvor im Vorstand der Taunus-<br />
<strong>Sparkasse</strong> in Bad Homburg gearbeitet<br />
hat und irgendwann gerne einen Vorstandsvorsitz<br />
übernehmen würde.<br />
Dass die Menschen sie häufi g in ihrer<br />
Freizeit ansprechen, auf ein Problem<br />
hinweisen oder um einen Termin bitten,<br />
das nimmt<br />
sie nicht nur in<br />
Kauf, im Gegenteil:<br />
Sie weiß es<br />
mittlerweile zu<br />
schätzen. Auch<br />
dass viele Menschen<br />
in ihrer<br />
Stadt sie erkennen<br />
– im<br />
Restaurant, im<br />
Museum, beim<br />
Einkaufen.<br />
Göbel kennt<br />
auch die andere<br />
Seite, die der<br />
privaten Banken.<br />
Sie hat ihre<br />
Ausbildung bei<br />
der Deutschen<br />
Bank gemacht,<br />
danach war sie für die amerikanische<br />
„Chase Bank“ mehrere Jahre in<br />
London. Aber nachdem sie lange Zeit<br />
<strong>aus</strong> dem Koff er gelebt und Städte,<br />
Wohnungen und Freunde immer wieder<br />
hinter sich gelassen hatte, war ihr<br />
klar: Für sie ist der regionale Weg der<br />
richtige. „Mir ist es wichtig, nie die<br />
Bodenhaftung zu verlieren.“<br />
Die war für Dich schon seit jeher<br />
wichtig. Besonders schön und groß<br />
zeigst Du Dich in Wiesbaden, wo Du<br />
Dich Nassauische <strong>Sparkasse</strong> nennst,<br />
mit einem Geschäftsgebiet <strong>vom</strong> Hochtaunus<br />
über Frankfurt bis zum Stammsitz<br />
Wiesbaden und der Rhein-Lahn-<br />
Region – eine größere Fläche als diese<br />
4 200 Quadratkilometer deckt keine<br />
andere <strong>Sparkasse</strong> ab. Dort besitzt Du<br />
mit Schloss Vollrads sogar einen stattlichen<br />
Landsitz mit Weinbergen – ein<br />
Beispiel dafür, dass Du keineswegs<br />
nur klein und angestaubt daherkommen<br />
kannst, sondern mit ebenso viel<br />
Stolz wie private Banken und oft noch<br />
älterer Tradition.<br />
Denn Deine Häuser tragen letztlich<br />
ein Erbe der deutschen Geschichte<br />
weiter, die bis ins 19. Jahrhundert hinein<br />
von Kleinstaaten geprägt war und<br />
<strong>Sparkasse</strong>n-Finanzgruppe Deutsche Bank<br />
360 300 Mitarbeiter 100 996 Mitarbeiter<br />
23 500 Auszubildende 1 400 Auszubildende*<br />
20 470 Filialen 2 869 Filialen<br />
Personalaufwand pro Mitarbeiter: 41 632 € Personalaufwand pro Mitarbeiter: 130 055 €<br />
<strong>Handelsblatt</strong> | Zahlen zum 31.12.2011 | Quelle: Institute<br />
Sonderdruck<br />
Bilanzsumme: 2 568 Mrd. € Bilanzsumme: 2 164 Mrd. €<br />
Steuern: 3,49 Mrd. € Steuern: 1,06 Mrd. €<br />
Gewinn nach Steuern: 1,62 Mrd. € Gewinn nach Steuern: 4,33 Mrd. €<br />
*August 2011<br />
5
WirtschaftsWoche/Dirk Krüll<br />
eine bis heute lebendige, kleinräumige<br />
wirtschaftliche und kulturelle<br />
Struktur hinterlassen hat.<br />
Bis heute ist Deine Stärke der Kontakt<br />
vor Ort. In Westerburg, tief im<br />
Westerwald, betreibst Du eines<br />
Deiner 19 Private-Banking-Center.<br />
Frank Kalter liebt Standorte wie diesen.<br />
„In dieser Ecke haben wir keine<br />
Konkurrenz vor Ort“, sagt der 50-jährige<br />
Leiter des Vertriebsmanagements<br />
für Privatkunden. „Aktuell profi tieren<br />
wir sehr von der Krise der Großbanken,<br />
der Wechselwille ist hoch.<br />
Das ist ein Riesenglück für uns.“ Viele<br />
Kunden, führt er <strong>aus</strong>, haben den Eindruck,<br />
ihre Interessen werden bei den<br />
großen Häusern nicht angemessen<br />
berücksichtigt. Bei den Großbanken<br />
kommen 400 bis 500 Kunden auf einen<br />
Betreuer, bei Dir sind es nur<br />
100 bis 120. Eine der Lehren, die<br />
Kalter <strong>aus</strong> der Finanzkrise gezogen<br />
hat, lautet: „Bei uns geht nichts mehr<br />
r<strong>aus</strong>, was der Kunde nicht versteht.<br />
Zertifi kate verkaufen wir so gut wie<br />
gar nicht mehr.“ Damit, liebe Spar-<br />
6<br />
kasse, dass Du Dich in der Krise auf<br />
Deinen größten Vorzug besinnst, die<br />
Kundennähe, könntest Du wieder zu<br />
der Macht in Deutschland werden, die<br />
Du einmal warst. Das Potenzial dazu<br />
hast du: Du und Deinesgleichen, ihr<br />
bildet ein Reich für sich, zu dem auch<br />
noch die Landesbanken, die Deka,<br />
Deutschlands größte Fondsgesellschaft,<br />
und die Provinzial-Versicherungen<br />
gehören. Alles zusammen<br />
bildest Du mit Abstand die größte<br />
Finanzgruppe im Land.<br />
Und Du bist eine sehr deutsche Einrichtung,<br />
nicht nur wegen Deiner<br />
föderalen, kleinräumigen Struktur<br />
und Deiner Tradition. Du leistest Dir<br />
inmitten der knallharten Marktwirtschaft<br />
eine Philosophie, die in jeder<br />
anderen Branche nur noch belächelt<br />
würde: Du hältst das Prinzip der<br />
„Gemeinnützigkeit“ hoch. „<strong>Sparkasse</strong>nwesen<br />
steht für die Idee, möglichst<br />
allen Zugang zu Finanzdienstleistungen<br />
zu eröff nen bei gleichzeitiger<br />
Gemeinwohlorientierung“, sagt Dein<br />
Präsident Georg Fahrenschon über<br />
Blick <strong>aus</strong> der<br />
Stadtsparkasse<br />
Düsseldorf: Die<br />
Region im Blick.<br />
Sonderdruck<br />
‚ Wir stehen<br />
für die Idee,<br />
allen den<br />
Zugang zu<br />
Finanzdienstleistungen<br />
zu<br />
eröffnen.<br />
‘<br />
Georg Fahrenschon<br />
<strong>Sparkasse</strong>npräsident<br />
Dich. Natürlich stehen Deine Institute<br />
im Wettbewerb und müssen ordentliche<br />
Renditen erwirtschaften, um<br />
ihre Bilanzen in Ordnung zu halten.<br />
Aber die Rendite ist kein Selbstzweck<br />
für Dich. Das zeigt schon ein<br />
Blick auf Deine Zahlen. Bei der Bilanzsumme<br />
begegnest Du der Deutschen<br />
Bank auf Augenhöhe: Sie kommt mit<br />
2,1 Billionen Euro daher, Dein Sektor<br />
sogar mit 2,6 Billionen. Aber im vergangenen<br />
Jahr machte sie einen Gewinn<br />
nach Steuern von mehr als vier<br />
Milliarden Euro, bei Dir waren es nur<br />
1,6 Milliarden. Vorher hattest du knapp<br />
3,5 Milliarden Steuern bezahlt – die<br />
Deutsche Bank nur gut eine Milliarde.<br />
Die Deutsche Bank macht das große<br />
Geld im Ausland, da fällt für den<br />
deutschen Steuerzahler nicht so viel<br />
ab.<br />
Dazu kommt, dass Du, jedenfalls<br />
nach eigenem Verständnis, gar keinen<br />
richtigen Eigentümer hast. Private<br />
Banken sind ihren Aktionären oder<br />
privaten Bankiers verpfl ichtet, Volks-<br />
und Raiff eisenbanken haben sich dem<br />
HB/Bernd Roselieb
„Nutzen“ ihrer Genossen und Kunden<br />
verschrieben. Du und Deinesgleichen<br />
aber existiert als Körperschaften<br />
öff entlichen Rechts sozusagen freischwebend.<br />
Du gehörst den Städten<br />
und Kreisen nicht, sie sind nur Deine<br />
„Gewährträger“. Sie stehen für Dich<br />
ein, statten Dich aber in der Regel<br />
nicht mit Kapital <strong>aus</strong>. Dein Geld musst<br />
du weitgehend selbst <strong>aus</strong> Deinen Gewinnen<br />
ansammeln. Aber Du beanspruchst<br />
oft auch keine nennenswerten<br />
Ausschüttungen. Darüber lässt<br />
sich reichlich streiten, liebe <strong>Sparkasse</strong>.<br />
Der Gewinn:<br />
Lieber spenden<br />
als <strong>aus</strong>schütten<br />
Viele Städte und Gemeinden, gerade<br />
im bevölkerungsreichsten Bundesland<br />
Nordrhein-Westfalen, sind praktisch<br />
pleite, brauchen also dringend Geld.<br />
Darum stellt sich immer drängender<br />
die Frage: Warum zahlen die Kassen<br />
keine ordentlichen Dividenden?<br />
An manchen Orten bist Du einsichtig.<br />
Zum Beispiel bekam die Stadt<br />
Nürnberg im Jahr 2010 erstmals Geld<br />
von Dir. Auch die Stadt Duisburg zeigte<br />
Begehrlichkeiten. Als sie im Mai verzweifelt<br />
nach Auswegen <strong>aus</strong> der H<strong>aus</strong>haltsmisere<br />
suchte, standest neben<br />
der Kündigung eines Vertrags mit der<br />
Düsseldorfer Oper und einer Anhebung<br />
der Grundsteuer auch Du auf<br />
der Liste: Mit Ausschüttungen solltest<br />
Du zur Sanierung des H<strong>aus</strong>halts beitragen.<br />
Meine <strong>Sparkasse</strong> – die Retterin<br />
in der Not?<br />
Nein, Du bist gegenüber solchen<br />
Forderungen traditionell zurückhaltend.<br />
Du willst lieber als Wohltäter auftreten.<br />
Und das tust Du schon lange,<br />
lässt Dich Dein Engagement rund eine<br />
halbe Milliarde Euro jährlich kosten.<br />
Zum Vergleich: Die Deutsche Bank<br />
kommt nur auf gut 80 Millionen. Du<br />
unterstützt so gut wie jedes Konzert<br />
und jede Ausstellung in der Region,<br />
viele Museen, Sportveranstaltungen<br />
und Jugendwettbwerbe. Du bist so etwas<br />
wie der reiche Onkel der kommunalen<br />
Familie – und fühlst Dich in dieser<br />
Rolle auch sehr wohl. Denn, argumentierst<br />
Du, über Sponsoring<br />
kommt das Geld viel unbürokratischer<br />
und sachbezogener an als über<br />
eine Ausschüttung – und dann versteuert<br />
– in den städtischen H<strong>aus</strong>halt<br />
und von dort über politische Kanäle<br />
in Bereiche wie Kultur und Sport. Die<br />
Stadträte mögen das zum Teil anders<br />
sehen, waren aber, solange die schiere<br />
Finanznot nicht zu groß wurde, meist<br />
auch ganz zufrieden mit diesem<br />
System. Das Prinzip der Gemeinnützigkeit<br />
hat es Dir ermöglicht, Augenmaß<br />
zu bewahren. Ich bin sicher, dass<br />
es Dir manchmal in den Fingern gejuckt<br />
hat, den Riesengewinnen des<br />
Investment-Bankings hinterherzujagen<br />
– aber Teil des weltweiten Kasinobetriebs<br />
warst Du selbst nie.<br />
Nur bei Deinen Töchtern, den Landesbanken<br />
wie der WestLB, warst Du<br />
nicht aufmerksam. Deren Banker<br />
spielten im weltweiten Kasino mit hohem<br />
Einsatz – und verloren. Die Milliarden-Rechnung<br />
zahlen wir Steuerzahler<br />
und Du gemeinsam.<br />
Damit wären wir wieder bei der Finanz-<br />
und Schuldenkrise, die uns seit<br />
Jahren plagt. Kurz gesagt, lässt sich die<br />
Ursache für beide Krisensymptome –<br />
den Beinahezusammenbruch des<br />
Finanzsystems 2008 und die heute<br />
drohende Aufl ösung der Euro-Zone –<br />
auf eine Formel bringen: „Im Kern<br />
geht es um zu hohe<br />
Verschuldung<br />
und zu wenig Er-<br />
sparnisse.“<br />
Dieser Satz, den<br />
ich beim amerikanischenHistoriker<br />
Sheldon Garon<br />
gelesen habe,<br />
lässt mich nicht<br />
mehr los. Garon<br />
hat das Buch<br />
„Beyond Our<br />
Marktanteile nach Bankentypen<br />
Geschäftsvolumen allgemein<br />
15,3 %<br />
<strong>Sparkasse</strong>n<br />
22,0 %<br />
Sonstige<br />
Gesamt:<br />
7 144,9<br />
Mrd. €<br />
Means“ – „Über unsere Verhältnisse“ –<br />
geschrieben. Riesige Kreditüberhänge<br />
fi nden ihr Spiegelbild in undurchschaubaren,<br />
spekulativen Anlageinstrumenten,<br />
die <strong>vom</strong> Volumen her<br />
das solide Sparen, mit dem solide Investitionen<br />
fi nanziert werden, in den<br />
Schatten stellen. Auch <strong>aus</strong> diesem<br />
Blickwinkel bildest Du, liebe <strong>Sparkasse</strong>,<br />
das Gegenbild zu den großen privaten<br />
Instituten, die darauf <strong>aus</strong>gelegt<br />
sind, möglichst große Gewinne einzufahren<br />
und deshalb schnell das Maß<br />
zu verlieren drohen.<br />
Du gehörst zu einem besonderen<br />
Reich, meine <strong>Sparkasse</strong>. Einem Reich,<br />
in dem sich auf eigentümliche Weise<br />
die öff entliche und die private Sphäre<br />
mischen. Du bist damit eine deutsche<br />
Besonderheit. Anders als die Geschäftsbanken<br />
wolltest Du von Anfang<br />
an sein. Jahrhundertelang hatten die<br />
feinen Bankiers fast <strong>aus</strong>schließlich<br />
mit Kaufl euten, Händlern oder<br />
Herrschern Geschäfte gemacht.<br />
Der einfache Mensch von nebenan,<br />
die breite Bevölkerung, Menschen<br />
wie ich, bekamen keinen Zugang zu<br />
Banken und nicht die Möglichkeit,<br />
Geld anzulegen oder <strong>aus</strong>zuleihen. Das<br />
änderte sich dank Dir.<br />
Die Gründer:<br />
Mönche, Gelehrte<br />
und Kaufl eute<br />
Sonderdruck<br />
Wie ich nachgelesen habe, waren es<br />
im 17. Jahrhundert französische und<br />
17,6 %<br />
Großbanken<br />
17,2 %<br />
Landesbanken<br />
13,7 %<br />
14,2 %<br />
Genossenschafts- Regional-/sonstige Kreditsektor<br />
<strong>Handelsblatt</strong><br />
banken/ Zweigst. <strong>aus</strong>l. Banken<br />
Unternehmenskredite<br />
24,1 %<br />
<strong>Sparkasse</strong>n<br />
16,5 %<br />
Sonstige<br />
Gesamt:<br />
1 356,0<br />
Mrd. €<br />
13,2 %<br />
Großbanken<br />
17,5 %<br />
Landesbanken<br />
15,3 %<br />
13,4 %<br />
Genossenschafts- Regional-/sonstige Kreditsektorbanken/Zweigst.<br />
<strong>aus</strong>l. Banken<br />
Quelle: <strong>Sparkasse</strong>n<br />
7
HB/Jens Wunderlich<br />
britische Intellektuelle wie der Schriftsteller<br />
Daniel Defoe, die erstmals dafür<br />
eintraten, auch ärmeren Bürgern<br />
die Möglichkeit zu geben, für schlechte<br />
Zeiten vorzusorgen. Richtig durchgesetzt<br />
hat sich der Gedanke aber erst<br />
in Deutschland – und hier ist er auch<br />
noch stärker in seiner ursprünglichen<br />
Form erhalten geblieben.<br />
Eines der ersten Geldhäuser Deiner<br />
Art war die Bezirkssparkasse Salem in<br />
Baden-Württemberg. Abt Anselm II<br />
<strong>vom</strong> Zisterzienserkloster Salem gründete<br />
sie 1749 als „Ordentliche Waisenkassa“.<br />
Der Abt wollte verhindern,<br />
dass Waisengelder verschwendet<br />
oder zu falschen Zwecken <strong>aus</strong>gegeben<br />
wurden. Die bei der Verwaltung dieser<br />
Gelder erwirtschafteten Überschüsse<br />
wurden für gemeinnützige Zwecke<br />
verwendet. So, wie Du das auch heute<br />
noch machst.<br />
Dieser Grundgedanke zog Kreise.<br />
Die „Ersparungsclasse“ der „Hamburgischen<br />
Allgemeinen Versorgungsanstalt“<br />
entstand, gegründet 1778 von<br />
Geistlichen, Gelehrten und wohl-<br />
8<br />
habenden Kaufl euten, um die Verbreitung<br />
von Armut zu bekämpfen. Dass<br />
sich die sozialen Probleme verschärften<br />
und Armut zu einem Massenphänomen<br />
wurde, gab der Idee zusätzlichen<br />
Auftrieb. Mit der Zeit kamen<br />
auch Handwerksgesellen, Kaufmannsgehilfen,<br />
Dienstboten oder Industriearbeiter<br />
zu Dir, um ihr Geld anzulegen.<br />
Bald schritten auch ehrbare Kaufl eute<br />
oder stolze Handwerksmeister durch<br />
Deine heiligen Hallen – nicht um Geld<br />
anzulegen, sondern um Kredite für ihre<br />
Geschäfte zu erhalten.<br />
1801 schuf die Stadtgemeinde<br />
Göttingen Dein bis heute heiliges Prinzip<br />
der Gewährträgerhaftung: Es entstand<br />
die erste <strong>Sparkasse</strong>, für deren<br />
Verbindlichkeiten die Stadtgemeinde<br />
eine Garantie übernahm. Ein solches<br />
Institut, hinter dem Vater Staat stand<br />
und heute noch steht, war und ist sicherer<br />
als sicher. Du bist langweilig,<br />
aber Du kannst nicht pleitegehen. Du<br />
bist von Geburt an angeschlossen an<br />
den großen staatlichen Rettungsschirm,<br />
auch wenn das Wort Rettungs-<br />
Sonderdruck<br />
‚ Wir müssen unsere<br />
Geschäftspolitik<br />
nicht an Quartalszahlen<br />
<strong>aus</strong>richten.<br />
‘<br />
Harald Vogelsang<br />
Chef der Hamburger <strong>Sparkasse</strong><br />
schirm damals natürlich noch nicht<br />
erfunden war.<br />
So wurdest Du schnell sehr beliebt;<br />
bis 1836 gab es in Deutschland 281<br />
<strong>Sparkasse</strong>n, 1900 waren es schon fast<br />
zehnmal so viele. Und Du entwickeltest<br />
Dich weiter: 1909 entstand in<br />
Sachsen das erste Überweisungsnetz,<br />
das bald auch im ganzen Reich die<br />
<strong>Sparkasse</strong>n miteinander verband.<br />
Durch die Einlagen Deiner Kunden<br />
wurdest Du zu einem wichtigen Faktor<br />
der Industrialisierung. Besonders<br />
im privaten Wohnungsbau und im<br />
Aufbau der Infrastruktur spieltest Du<br />
eine Rolle, aber auch bei der Finanzierung<br />
der Staats<strong>aus</strong>gaben: Im Ersten<br />
Weltkrieg begann in Deinen Schalterhallen<br />
der Verkauf von Kriegsanleihen<br />
an die Bevölkerung.<br />
Aber ich will Dir nicht nach dem<br />
Munde reden. Deine Geschichte ist<br />
nicht nur glorreich. Dem Nazi-Regime<br />
konntest auch Du Dich nicht entziehen.<br />
Im Zweiten Weltkrieg machte<br />
sich die Hitler-Regierung die Spargroschen<br />
der Deutschen zunutze.
Du, liebe <strong>Sparkasse</strong>, verkauftest<br />
Kriegsanleihen und warbst mit Kampagnen<br />
wie dem „Hitlerjugend-<br />
Sparen“ oder dem „Gefolgschaftssparen“<br />
um Gelder. Deine weiße<br />
Weste war braun geworden.<br />
Du hattest es schwer, nach dem Ende<br />
des Zweiten Weltkriegs wieder zur<br />
Normalität zurückzukehren. In Ostdeutschland<br />
schaff te die Regierung<br />
Deine dezentralen Strukturen wenige<br />
Jahre nach der Gründung der DDR<br />
1949 ab und unterstellte die Institute<br />
dem Ministerium der Finanzen. Die<br />
Kreditvergabe an Privath<strong>aus</strong>halte und<br />
Unternehmen schränkte sie stark ein.<br />
In Westdeutschland konntest Du als<br />
<strong>Sparkasse</strong> Deine Geschäfte zwar fortsetzen.<br />
Bis weit in die 1950er-Jahre<br />
aber nutzten die meisten Bundesbürger<br />
kaum Bankprodukte. Das<br />
änderte sich erst 1957, als immer<br />
mehr Unternehmen dazu übergingen,<br />
Löhne und Gehälter zu überweisen,<br />
statt ihren Mitarbeitern eine Lohntüte<br />
zu überreichen. Dein Girokonto wurde<br />
populär. Bis 1958 konntest Du plötzlich<br />
4,7 Millionen Privat- und Geschäftsleute<br />
mit einem Girokonto<br />
beglücken, zwei Jahre später waren es<br />
schon 6,0 Millionen. Du warst Teil<br />
des Wirtschaftswunders. Erhard, Aufschwung,<br />
Girokonto, das war der Dreiklang<br />
unseres damaligen Lebens.<br />
Immer zeigtest Du Dich, trotz aller<br />
Beständigkeit, off en für etwas Neues:<br />
1968, in Berlin rebellierte die Apo, da<br />
stelltest Du in Tübingen den ersten<br />
Geldautomaten Deutschlands auf, im<br />
gleichen Jahr wurde auch der Dispokredit<br />
eingeführt. In Deinen rund<br />
15 500 Geschäftsstellen stehen heute<br />
rund 25 000 Geldautomaten, und<br />
ich kenne niemanden, der keinen<br />
Dispokredit besitzt.<br />
Du hast Geschichte geschrieben,<br />
liebe <strong>Sparkasse</strong>. Du hast kräftig mitgearbeitet<br />
am Aufbau einer modernen<br />
Industriegesellschaft, in der das Wort<br />
Teilhabe eben mehr ist als eine Vokabel.<br />
Wenn <strong>vom</strong> Sozialstaat die Rede<br />
ist, denken Politiker an Rente, Pfl egeversicherung<br />
und Kurzarbeitergeld.<br />
Ich denke auch an die <strong>Sparkasse</strong>n.<br />
Kaum ein Beispiel veranschaulicht<br />
Deine Verwurzelung in der Mitte<br />
unserer Gesellschaft so deutlich wie<br />
die Geschichte der Frankfurter <strong>Sparkasse</strong>.<br />
Sie ist ein sehr altes Institut,<br />
das heute direkt unter den Augen<br />
der privaten Großkonkurrenz seine<br />
Dienste anbietet.<br />
Am 12. Juni 1822 öff nete sie als Tochter<br />
der „Polytechnischen Gesellschaft“<br />
ihre erste Geschäftsstelle. Bürger<br />
gründeten sie für Bürger der Stadt.<br />
Der Beauftragte des Bergrates Buderus<br />
von der Friedrichshütte bei Laubach<br />
trat als Erster ein, um 100 Gulden<br />
einzuzahlen auf das „Einlegbüchlein<br />
mit der Nummer eins“ auf den Namen<br />
„Frankfurter Sonntagsschule für<br />
Handwerksgesellen und Lehrlinge“.<br />
Deine Kunden, liebe <strong>Sparkasse</strong>, sind<br />
hier in Frankfurt auch heute noch<br />
sehr konservativ, das gibt Dein Anlageberater<br />
Matthias Strathmann unumwunden<br />
zu. Er arbeitet schon seit 30<br />
Jahren für Dich. Für Plauderstündchen,<br />
wie sie früher üblich waren, wo<br />
Kunden oft nur ein bisschen reden<br />
wollten und als „Bestechung“ für den<br />
Kundenbetreuer, der damals noch<br />
Bankbeamter hieß, ein Stück Kuchen<br />
mitbrachten, bleibt ihm heute weni-<br />
HB/Bernd Roselieb<br />
Sonderdruck<br />
ger Zeit. Insgesamt, sagt er, sei das<br />
Geschäft im Vergleich zu früher deutlich<br />
nüchterner und standardisierter<br />
geworden. Eine <strong>aus</strong>führliche Beratung<br />
kann zwar immer noch zwei Stunden<br />
dauern, das liegt heute aber vor allem<br />
an den vielen Formalitäten, die die<br />
<strong>Sparkasse</strong> gen<strong>aus</strong>o erledigen muss<br />
wie jede internationale Bank auch.<br />
Doch Deine Kunden, sagt Strathmann,<br />
schätzen die Sicherheit der <strong>Sparkasse</strong>.<br />
Und wenn sich jemand beschwert<br />
wie neulich eine alte Dame, dass die<br />
Deutsche Bank mehr Zinsen bietet,<br />
dann sagt er ihr: „Wenn es Ihnen nur<br />
auf die Zinsen ankommt, müssen Sie<br />
wechseln.“ Meistens bleiben die Kunden<br />
dann doch bei Dir. Die <strong>Sparkasse</strong><br />
war, das hält ihr jeder zugute, noch<br />
nie in Zinsmanipulationen verwickelt.<br />
Ihr Vorstand fl iegt nicht Learjet, und<br />
seine Muttersprache ist Deutsch.<br />
Typisch deutsch ist aber noch<br />
etwas anderes: <strong>Sparkasse</strong> kommt von<br />
„Sparen“. Und Sparen ist das Gegenteil<br />
von „Auf-Pump-Leben“. Und es ist<br />
auch nicht verwandt mit dem Wort<br />
„Spekulieren“.<br />
Der Spekulation setzt Du den Weltspartag<br />
entgegen. Der Weltspartag<br />
wurde 1924 auf dem 1. Internationalen<br />
<strong>Sparkasse</strong>nkongress in Mailand beschlossen.<br />
Aber Du machtest diesen<br />
Weltspartag zu Deinem Marken-<br />
‚ Das<br />
Geschäft ist<br />
viel<br />
nüchterner<br />
geworden.<br />
‘<br />
Matthias Strathmann<br />
Anlageberater der Frankfurter<br />
<strong>Sparkasse</strong><br />
9
zeichen. Damals, in den 1920er-Jahren,<br />
war das Vertrauen der Deutschen in<br />
den Wert des Geldes und in die Währungsstabilität<br />
wegen der Währungsreform<br />
von 1923 schwer beschädigt.<br />
An Sparen dachte daher kaum jemand.<br />
Der Weltspartag sollte das ändern<br />
und bereits Kinder zu fl eißigen<br />
Sparern erziehen. Besonders für die<br />
deutschen Banken spielte er deswegen<br />
eine große Rolle. Und für die <strong>Sparkasse</strong>n<br />
besonders. Auch ich bin früher,<br />
als Kind, jedes Jahr mit meiner<br />
vollen Spardose zu Dir gepilgert. Noch<br />
heute habe ich das Prasseln der Münzen<br />
im Zählautomaten im Ohr. Und<br />
die Bilderbücher, die ich als Belohnung<br />
<strong>vom</strong> <strong>Sparkasse</strong>ndirektor bekam,<br />
stehen noch heute im alten Bücherregal<br />
unter der Kellertreppe. Auch wenn<br />
mir das zwischendurch albern und<br />
eng vorkam. Ich habe mich nie von<br />
diesen Erinnerungsstücken unserer<br />
gemeinsamen Geschichte getrennt.<br />
Auch wenn ich das heute mit mehr<br />
Abstand betrachte: Du, liebe <strong>Sparkasse</strong>,<br />
hast mich das Sparen gelehrt.<br />
Sparen, das habe ich jetzt erst verstanden,<br />
ist nur ein anderes Wort für Stabilität.<br />
Wenn alle so wären wie Du, gäbe<br />
es keine Staatsschuldenkrise und keine<br />
Bankenzusammenbrüche. Du bist<br />
das Gegengift zu einer Welt der<br />
Verschwendung und der Kreditnahme<br />
auf Kosten von Menschen, die<br />
erst noch geboren werden müssen.<br />
Dieses Verhalten ist falsch, aber es ist<br />
üblich. Es ist gefährlich, aber das hindert<br />
die Welt nicht daran, das Leben<br />
auf Pump für modern zu halten.<br />
Auch dazu hat der Historiker Garon<br />
etwas Schlaues gesagt: Sparen will gelernt<br />
sein. Und er lobt, dass in den<br />
deutschen Ländern dieser Lernprozess<br />
schon Ende des 18. Jahrhunderts<br />
begonnen habe. Genau zu der Zeit, in<br />
der Du Deinen Ursprung hast. Die<br />
Sparquote der Deutschen, also der<br />
Anteil, den sie von ihrem Einkommen<br />
sparen, liegt seit langem relativ stabil<br />
um die zehn Prozent. Die Sparquote<br />
10<br />
dpa<br />
Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel während einer<br />
Rede auf dem <strong>Sparkasse</strong>ntag:<br />
Die Politik weiß,<br />
was sie an den scheinbar<br />
biederen Instituten hat.<br />
der Menschen in den USA, Garons Heimat,<br />
ging lange gegen null und steigt<br />
jetzt nur langsam an. Garons trauriges<br />
Fazit für seine Heimat, der er das deutsche<br />
Vorbild entgegenhält: „Ein Land<br />
kann sich nicht für stark und gesund<br />
halten, solange die Mehrheit seiner Bevölkerung<br />
über zu wenig Ersparnisse<br />
für Notfälle und das Alter verfügt.“<br />
Die Konkurrenz:<br />
Hohe Zinsen mit<br />
Hilfe <strong>vom</strong> Staat<br />
So wie die Tugend des Sparens in<br />
Deutschland nahezu unverändert<br />
blieb, hat sich auch die Struktur des<br />
Bankwesens weitgehend erhalten. In<br />
Italien etwa wurden viele <strong>Sparkasse</strong>n<br />
privatisiert und fusioniert, so<br />
entstand der mächtige Finanzkonzern<br />
Unicredit, bei dem nur noch kommunale<br />
Stiftungen, die einen Teil der<br />
Aktien halten, an die Vergangenheit<br />
erinnern. In Frankreich haben sich<br />
<strong>Sparkasse</strong>n und Genossenschaftsbanken<br />
zusammengeschlossen, die in<br />
Deutschland immer noch jede ein<br />
Reich für sich bilden. In Spanien sind<br />
die <strong>Sparkasse</strong>n sogar der Kern der gegenwärtigen<br />
Kreditkrise und wurden<br />
daher zum Teil unter Druck der Regie-<br />
Sonderdruck<br />
rung in Madrid und der Notenbank<br />
fusioniert, was ihre Probleme aber<br />
nicht wirklich gelöst hat.<br />
In Deutschland ist das <strong>Sparkasse</strong>nsystem<br />
immer noch das gleiche. Dass<br />
Dein Reich heute so intakt ist, liegt<br />
auch daran, dass es hier nie eine<br />
Immobilien- und Kreditblase wie in<br />
den USA, Irland oder Spanien gegeben<br />
hat. Aber wohl auch daran, dass<br />
wir es nicht ertragen könnten, wenn<br />
Du, liebe <strong>Sparkasse</strong>, jetzt auch noch<br />
ins Wanken geraten würdest. Mein<br />
Bild von Dir mag angesichts der Verfehlungen<br />
in London und anderswo<br />
verklärt sein, aber anders wäre das<br />
Leben eines Sparers im Moment wohl<br />
nicht zu ertragen.<br />
So erfreue ich mich an Deinen deutschen<br />
Tugenden, etwa daran, dass bei<br />
Dir die Sicherheit an erster Stelle steht.<br />
Bei privaten Banken, da sind die Einlagen<br />
nur bis zu einem gewissen Grad<br />
abgesichert. Bei den öff entlich-rechtlichen<br />
Banken aber gilt das Prinzip der<br />
Institutssicherung: Wenn eines der<br />
Geldhäuser in Probleme gerät, fängt<br />
die Organisation es komplett auf und<br />
saniert es. Zwar sind auch Deine Mittel<br />
begrenzt, und irgendwann, bei einer<br />
Krise vergleichbar der in Spanien,<br />
wären sie wohl auch erschöpft. Aber
isher hat dieses Prinzip sehr gut<br />
funktioniert: Meine <strong>Sparkasse</strong> ist der<br />
Tresor meines Lebens.<br />
Die Kanzlerin und ihr damaliger<br />
Finanzminister, Angela Merkel und<br />
Peer Steinbrück, ich erinnere mich<br />
noch gut, stellten sich in der Krise vor<br />
das Publikum und sagten, die Spareinlagen<br />
der Deutschen seien sicher. Sie<br />
beruhigten den deutschen Sparer mit<br />
dem Geld des deutschen Steuerzahlers.<br />
Dabei stimmen diese Gruppen<br />
ja weitgehend überein. Als ich<br />
jetzt den <strong>Sparkasse</strong>npräsidenten Georg<br />
Fahrenschon traf, regte der sich<br />
daher zu Recht auf: „Banken, die schon<br />
dem Untergang geweiht waren und<br />
mit Steuergeldern gestützt wurden,<br />
machen uns heute beim Tagesgeld<br />
Konkurrenz. Das empfi nde ich als ungerecht<br />
und wettbewerbsfeindlich.“<br />
So viel Sicherheit Du also auch <strong>aus</strong>strahlen<br />
magst – unantastbar bist Du<br />
nicht. Es gibt eine neue Konkurrenz,<br />
die ist gesichtslos. Das Internet war in<br />
SPONSORING<br />
Kunst, Musik und Sport<br />
Beispiel Köln: Mitten in der Stadt<br />
liegt ein kleines, feines Museum, das<br />
der Künstlerin Käthe Kollwitz (s.<br />
Foto) gewidmet ist. Nirgendwo<br />
weltweit fi nden sich mehr von ihren<br />
Werken. Untergebracht ist es in der<br />
Zentrale der Kreissparkasse, der es<br />
auch gehört. Das ist ein her<strong>aus</strong>ragendes<br />
Beispiel für das Engagement<br />
der <strong>Sparkasse</strong>n im kulturellen<br />
Bereich. Allerdings treten sie dabei<br />
nach außen nicht immer so markant<br />
auf. Es gibt sehr viele Arten der<br />
Förderung – von der Unterstützung<br />
einzelner Ausstellungen bis hin zu<br />
langfristigen Partnerschaften.<br />
Insgesamt profi tieren zwei Drittel<br />
von Deutschlands rund 6 500<br />
Deiner Lebensgeschichte nicht vorgesehen.<br />
Dass Computer die Arbeit von<br />
Menschen erledigen, macht Dir sichtlich<br />
zu schaff en. Deine neue, elektronische<br />
Konkurrenz, die weitgehend<br />
mit Websites und elektronischen<br />
„Tools“ <strong>aus</strong>kommt, will den Schalterbeamten<br />
überfl üssig machen. Du<br />
musst Dich diesem Wettbewerb stellen,<br />
dem Wettlauf der realen gegen die<br />
virtuelle Welt. Der realen gehören<br />
zwar meine Sympathien, doch die<br />
virtuelle ist schneller und kommt mit<br />
niedrigeren Kosten <strong>aus</strong>. Vor allem jüngere<br />
Leute stehen auf Onlinebanking<br />
– so drücken sie sich <strong>aus</strong> – und fi nden<br />
Menschen wie mich altmodisch. Ich<br />
fi nde mich auch altmodisch. Aber ich<br />
glaube, es würde uns allen besser gehen,<br />
wenn wir ein wenig altmodischer<br />
würden. Eine langweilige Bank scheint<br />
mir eine gute Bank zu sein. Wir alle<br />
waren zu schnell, zu tollkühn, zu betrunken<br />
von den Versprechungen einer<br />
Zeit, die als neue Zeit angekündigt<br />
Museen <strong>vom</strong> Engagement der<br />
<strong>Sparkasse</strong>n. Aber die kommunalen<br />
Geldhäuser haben sich nicht nur der<br />
Kunst verschrieben.<br />
Ein anderer wichtiger Bereich ist die<br />
Interfoto<br />
Käthe Kollwitz:<br />
Selbstbildnis von 1927.<br />
war. Den Kulturwandel, den die Deutsche<br />
Bank jetzt angekündigt hat, den<br />
hast Du in den Genen. Wenn’s um<br />
Geld geht – <strong>Sparkasse</strong>. So hieß früher<br />
Deine Werbung. Heute kommt sie mir<br />
gar nicht wie eine Werbung vor, sondern<br />
wie ein Keuschheitsgelübde in<br />
Zeiten der Finanzakrobatik, dem sich<br />
die anderen anschließen sollten, bevor<br />
es zu spät ist.<br />
Wenn Du mich wieder in Deine Arme<br />
aufnehmen würdest, wäre ich Dir<br />
dankbar. Ich würde auch gern meine<br />
beiden Kinder mitbringen. Ich habe<br />
Ihnen erzählt, dass es früher bei Dir<br />
zur Kontoeröff nung ein Sparschwein<br />
gab. Ich hoff e, ich habe nicht zu viel<br />
versprochen.<br />
Herzlichst Dein<br />
<strong>Handelsblatt</strong><br />
Sonderdruck<br />
Die Autoren: Elisabeth Atzler,<br />
Nicole Bastian, Diana Fröhlich,<br />
Peter Köhler, Robert Landgraf,<br />
Kerstin Leitel und Susanne Metzger.<br />
Musik. Seit fast 50 Jahren unterstützt<br />
die Gruppe schon den Wettbewerb<br />
„Jugend musiziert“, der<br />
bundesweit stattfi ndet und eine<br />
kaum zu überschätzende Funktion<br />
für die Talentförderung hat. Jährlich<br />
spielen rund 20 000 Teilnehmer bei<br />
den 140 Regionalwettbewerben mit.<br />
Etwa drei Viertel dieser Wettbewerbe<br />
werden mit dem Geld der <strong>Sparkasse</strong>n<br />
gefördert. Auch auf Landesebene<br />
und auf Bundesebene werden<br />
die Wettbewerbe unterstützt.<br />
Ein weiterer wichtiger Bereich ist<br />
der Sport, auch hier geht es um die<br />
Förderung in der ganzen Breite. 80<br />
Prozent der bundesweit 91 000<br />
Sportvereine, die rund 27 Millionen<br />
11
Mitglieder haben, werden in der ein<br />
oder anderen Form von den <strong>Sparkasse</strong>n<br />
gesponsert. Dazu kommt die<br />
Förderung des Leistungssports bis<br />
hin zur Deutschen Olympia-Mannschaft,<br />
demnächst sind auch die<br />
Paralympischen Spiele dabei.<br />
Weitere Themen neben Kultur und<br />
Sport sind die Bereiche Umwelt,<br />
Bildung und Wissenschaft. Insgesamt<br />
liegt das Volumen des jährlichen<br />
gesellschaftlichen Engagements<br />
bei rund einer halben Milliarde<br />
Euro. Allein die 730 Stiftungen,<br />
DAS JEDERMANN-KONTO<br />
Wo alle Kunden willkommen sind<br />
Was vor dem Gesetz gilt,<br />
muss am Bankschalter<br />
noch lange nicht gelten:<br />
Während vor Ersterem bekanntlich<br />
alle gleich sind, werden vor Letzterem<br />
feine Unterschiede gemacht.<br />
Arm, alt, verschuldet – dann wird es<br />
schwierig mit dem Girokonto. Vor<br />
allem die privaten Geschäftsbanken<br />
hätten ihre Kunden am liebsten<br />
jung, gut verdienend und solvent.<br />
Intern haben sie dafür auch ein<br />
wenig schmeichelhaftes Wort<br />
gefunden: „Schalterhygiene“. Die<br />
Kundenhalle und damit die Bilanz<br />
sollen von allem rein bleiben, was<br />
statt Profi ten vor allem Probleme<br />
verspricht. Wer Bankenvertreter<br />
über „Schalterhygiene“ reden hört,<br />
ahnt, wie wichtig die <strong>Sparkasse</strong>n für<br />
manchen Privatkunden sind. Wenn<br />
das auch – auch das gehört zur<br />
Wahrheit – nicht immer so war.<br />
Die Gleichung ist einfach: Wer keine<br />
Bank fi ndet, die ihm ein Girokonto<br />
einrichtet, wird praktisch von der<br />
modernen Gesellschaft <strong>aus</strong>ge-<br />
12<br />
die <strong>Sparkasse</strong>n in ganz Deutschland<br />
gegründet haben, haben ein Gesamtkapital<br />
von mehr als zwei<br />
Interfoto<br />
schlossen: Gehaltsempfang, Überweisungen<br />
– alles unmöglich.<br />
Deswegen sollten die Banken<br />
eigentlich ein „Konto für jedermann“<br />
anbieten, eine abgespeckte<br />
Version des Girokontos, das dem<br />
Kunden die Möglichkeit zur Entgegennahme<br />
von Gutschriften, zu<br />
Ein- und Auszahlungen in bar sowie<br />
zur Teilnahme am Zahlungsverkehr<br />
gibt. Aber bis auf die <strong>Sparkasse</strong>n<br />
und Volksbanken bietet kaum eine<br />
Bank ein solches Produkt. Und<br />
selbst die <strong>Sparkasse</strong>n mussten ein<br />
wenig gedrängt werden. Mittlerweile<br />
haben sie aber etwa 1,2 Millionen<br />
solcher Konten eingerichtet. Und die<br />
Zahl der Beschwerden über <strong>Sparkasse</strong>n,<br />
die der ungeliebten Zielgruppe<br />
das Konto verweigern, sinkt<br />
kontinuierlich, bestätigen die<br />
Verbraucherzentralen.<br />
Hohe Kosten für<br />
den Staat<br />
Seitdem die <strong>Sparkasse</strong>n mit gutem<br />
Sonderdruck<br />
Milliarden Euro und schütten dar<strong>aus</strong><br />
pro Jahr gut 70 Millionen an Fördermitteln<br />
<strong>aus</strong>.<br />
Werbegeschenk<br />
von 1970:<br />
Sport<br />
ist ein großes<br />
Thema.<br />
Beispiel vorangehen, sehen sich die<br />
privaten Geschäftsbanken allerdings<br />
erst recht <strong>aus</strong> ihrer Pfl icht entlassen<br />
– und geben sich reichlich Mühe, die<br />
unattraktive Kundschaft zu vergraulen.<br />
Erst in diesem Frühjahr mussten<br />
die Banken vor dem Finanz<strong>aus</strong>schuss<br />
des Deutschen Bundestages<br />
zu dem Thema Rechenschaft<br />
ablegen. Die Politik wollte hören,<br />
wieweit die Selbstverpfl ichtung, in<br />
der die Bankenbranche vor Jahren<br />
ein Girokonto für jedermann zugesagt<br />
hatte, auch umgesetzt sei. So<br />
richtig, mussten die Vertreter der<br />
Privatbanken einräumen, seien sie<br />
wohl noch nicht vorangekommen.<br />
Dabei hat die Politik ein großes<br />
Interesse an dem Konto für jedermann:<br />
Allein die Bundesagentur für<br />
Arbeit zahlte im vergangenen Jahr<br />
10,86 Millionen Euro Gebühren für<br />
Zahlungsanweisungen zur Verrechnung<br />
an Empfänger ohne Bankverbindung.<br />
Elisabeth Atzler, Kerstin Leitel
GRÖSSTE SPARKASSE<br />
Was die Haspa einzigartig macht<br />
Von seinem Büro im vierten<br />
Stock der Hamburger Zentrale<br />
am Adolphsplatz blickt<br />
Harald Vogelsang, Chef der Hamburger<br />
<strong>Sparkasse</strong>, auf die traditionsreiche<br />
Handelskammer der Hansestadt.<br />
Im schlossähnlichen Rath<strong>aus</strong><br />
dahinter residiert der Erste Bürgermeister<br />
Olaf Scholz (SPD). „Traditionell<br />
haben wir ein gutes Einvernehmen<br />
mit dem Rath<strong>aus</strong>, egal, wer<br />
regiert“, sagt Vogelsang. „Allerdings<br />
fi nden sich <strong>aus</strong> Prinzip keine aktiven<br />
Politiker in unseren Gremien.“ Nicht<br />
nur diese Politikferne unterscheidet<br />
die Hamburger <strong>Sparkasse</strong>, die<br />
inzwischen selbst den von maulfaulen<br />
Kunden geprägten Namen<br />
Haspa nutzt, von Instituten in Köln<br />
oder München. Die Haspa kontrolliert<br />
sich praktisch selbst: Das<br />
Geschäft führt seit 2003 eine<br />
Aktiengesellschaft – und die gehört<br />
der Haspa Finanzholding, einer<br />
„Gesellschaft alten hamburgischen<br />
Rechts“ <strong>aus</strong> dem Jahr 1827. Dem<br />
einzigartigen Konstrukt steht<br />
Vogelsang vor. „Wir sind nicht<br />
börsennotiert und wollen das auch<br />
nie werden“, sagt der Haspa-Chef.<br />
„Kein Großaktionär kann zu hohe<br />
Dividenden von uns verlangen, wir<br />
müssen unsere Geschäftspolitik<br />
nicht an Quartalsberichten <strong>aus</strong>richten.“<br />
Die Haspa ist eine Hamburger<br />
Institution und will es bleiben. „Als<br />
<strong>Sparkasse</strong> sind wir eng mit der<br />
Region verbunden. Ausfl üge in<br />
ferne Gebiete, in denen wir uns<br />
nicht <strong>aus</strong>kennen, ersparen wir uns“,<br />
sagt der Chef. „Außerhalb unserer<br />
Region können wir gar nicht so viel<br />
gewinnen, wie wir in Hamburg<br />
verlieren können.“ 1827 gründeten<br />
Bürger auf Initiative des späteren<br />
Bürgermeisters Amandus Augustus<br />
Abendroth die <strong>Sparkasse</strong>. Ziel war<br />
es, arme Hamburger zu unterstützen.<br />
Doch auch Geschäftsleute und<br />
Handwerker legten zunehmend<br />
Geld an. 185 Jahre später verdeutlichen<br />
Zahlen den Aufstieg zur<br />
größten deutschen <strong>Sparkasse</strong>:<br />
Heute betreut die Haspa mit gut<br />
5 700 Mitarbeitern 1,5 Millionen<br />
Kunden, vergibt fast 28 Milliarden<br />
Euro an Krediten für die Hamburger<br />
Wirtschaft. Pro Jahr bewegen 250<br />
Geschäftsstellen 750 Tonnen Euro-<br />
Münzen, zahlen an Geldautomaten<br />
und Kassen zehn Milliarden Euro<br />
Bargeld <strong>aus</strong>. 9 500 Firmengründungen<br />
begleitete die Haspa in 25<br />
Jahren. Das Engagement der<br />
<strong>Sparkasse</strong> für Hamburg ist vielfältig.<br />
„Geht es Hamburg gut, geht es uns<br />
gut“, sagt Vogelsang. Neben der<br />
Arbeit von drei gemeinnützigen<br />
Stiftungen zahlt die Haspa pro Jahr<br />
gut 400 sozialen und kulturellen<br />
Einrichtungen insgesamt fünf<br />
Millionen Euro. Doch Erfolg macht<br />
angreifbar. Schlagzeilen zu wertlos<br />
gewordenen Papieren der pleitegegangenen<br />
US-Investmentbank<br />
Lehman Brothers – die Bank zahlte<br />
freiwillig zehn Millionen Euro an<br />
geschädigte Kunden, gewann aber<br />
vor Gericht – oder Kundendaten, die<br />
für Berater zu leicht zugänglich<br />
waren, brachten auch die um<br />
hanseatisches Auftreten bemühte<br />
PR<br />
Amandus<br />
Augustus<br />
Abendroth<br />
gründete<br />
1827 die Haspa.<br />
Sonderdruck<br />
Haspa ins Gerede. Der Beziehung zu<br />
den Kunden schadete es nicht.<br />
Vergangenes Jahr kamen 80 000<br />
neue. Für Kontroversen sorgt das<br />
Engagement in Schleswig- Holstein.<br />
Die Haspa Finanzholding ist an vier<br />
<strong>Sparkasse</strong>n beteiligt, darunter<br />
Lübeck und Mittelholstein. Nicht<br />
allen in der <strong>Sparkasse</strong>nlandschaft<br />
gefällt das. Das Geschäftsvolumen<br />
der Hamburger ist so groß wie das<br />
des <strong>Sparkasse</strong>nverbands Schleswig-<br />
Holstein mit 14 <strong>Sparkasse</strong>n insgesamt.<br />
„Als in den 70er- und 80er-<br />
Jahren viele Hamburger ins Umland<br />
gezogen sind, ist die Hamburger<br />
<strong>Sparkasse</strong> mitgegangen“, sagt<br />
Vogelsang. „Seit 20 Jahren haben<br />
wir allerdings keine Filiale mehr im<br />
Umland eröff net.“ Die Beteiligungen<br />
in Schleswig-Holstein will er als Hilfe<br />
für klamme Schwesterinstitute<br />
verstanden wissen. Die <strong>Sparkasse</strong><br />
Bredstedt etwa verhob sich mit<br />
Krediten für Windparks und Biomassekraftwerken.<br />
Einen Einstieg<br />
der Haspa Finanzholding bei der<br />
Kreissparkasse Lauenburg verhinderte<br />
das Bundeskartellamt. Die<br />
Wettbewerbshüter sahen durch die<br />
Beteiligung von 25,1 Prozent eine<br />
marktbeherrschende Stellung<br />
entstehen. In Abstimmung mit den<br />
Trägern der Kreissparkasse legte die<br />
Haspa Finanzholding Beschwerde<br />
ein. Doch nun denkt Vogelsang um:<br />
„Die Beschwerde ziehen wir zurück.<br />
Auf dem Gesprächsweg können wir<br />
mehr erreichen als juristisch. Wir<br />
setzen darauf, dass sich die Logik<br />
einer verstärkten Zusammenarbeit<br />
unter <strong>Sparkasse</strong>n mehr und mehr<br />
durchsetzen wird.“<br />
Mark C. Schneider<br />
13
Franz Bischof<br />
KLEINSTE SPARKASSE<br />
Die rote Welt von Bad Sachsa<br />
Bernd Gottschalk trägt eine<br />
rot-weiß gestreifte Krawatte,<br />
er trinkt <strong>aus</strong> einer roten<br />
Tasse, die Kekse sind auf einer roten<br />
Serviette drapiert. Bernd Gottschalk<br />
arbeitet seit 41 Jahren bei der<br />
<strong>Sparkasse</strong>; ihre Farbe ist Rot.<br />
Gottschalk lebt <strong>Sparkasse</strong>. Seit 19<br />
Jahren arbeitet er bei jener in Bad<br />
Sachsa, seit 2011 ist der 57-Jährige<br />
dort Vorstandschef. Es ist die<br />
kleinste <strong>Sparkasse</strong> Deutschlands:<br />
130 Millionen Euro Bilanzsumme, 46<br />
Mitarbeiter, zweiköpfi ger Vorstand.<br />
Zum Vergleich: Die größte deutsche<br />
<strong>Sparkasse</strong>, die Hamburger, bilanziert<br />
40 Milliarden Euro. Die <strong>Sparkasse</strong><br />
Bad Sachsa besteht <strong>aus</strong> vier Verkaufs-,<br />
zwei Kassenschaltern und<br />
<strong>Sparkasse</strong>n-Chefs Ralf Müller (l.)<br />
und Bernd Gottschalk.<br />
14<br />
zwei Etagen mit Büros. Filialen gibt<br />
es nicht. Das würde sich in dem<br />
8 000-Einwohner-Städtchen im<br />
Südharz nicht lohnen. Aber lohnt<br />
sich die Eigenständigkeit? Ja, sagt<br />
Gottschalk. „Bis andere eine Vorstandssitzung<br />
einberufen haben,<br />
haben wir schon die Entscheidung<br />
getroff en.“ Hier kennt sich jeder,<br />
vieles geht auf dem kleinen Dienstweg.<br />
Der Vorstand besteht <strong>aus</strong> zwei<br />
Personen. Den Hals von Ralf Müller,<br />
Gottschalks Stellvertreter, schmückt<br />
die gleiche rot-weiße Krawatte.<br />
Genau wie die Mitarbeiter. Die<br />
Herren tragen Krawatte, die Damen<br />
Tuch. „So ist jeder Sparkässler auch<br />
in der Stadt direkt erkennbar“, sagt<br />
Gottschalk. Die Verbundenheit mit<br />
der Stadt und die<br />
Nähe zu den Kunden,<br />
das ist ihnen wichtig.<br />
In diesem Jahr feiert<br />
die <strong>Sparkasse</strong> Bad<br />
Sachsa, dass sie seit<br />
125 Jahren besteht.<br />
Der Stadt hat sie<br />
daher für jeden<br />
Einwohner 1,25 Euro<br />
gespendet. „Wir<br />
leben ja von den<br />
Kunden“, sagt Gottschalk.<br />
5 000 haben<br />
ein Konto bei der<br />
<strong>Sparkasse</strong>. Außer ihr<br />
gibt es nur noch eine<br />
Raiff eisenbank im<br />
Ort. Die <strong>Sparkasse</strong> ist<br />
überall präsent,<br />
sponsert Veranstaltungen,<br />
unterstützt<br />
über eine Stiftung<br />
viele Projekte, vor<br />
allem im Jugendbe-<br />
Sonderdruck<br />
reich. „Was wir verdienen, geben wir<br />
für die Region <strong>aus</strong>“, sagt Gottschalk.<br />
Die Kunden danken es: Unter allen<br />
<strong>Sparkasse</strong>n in Niedersachsen belegt<br />
Bad Sachsa laut einer Umfrage des<br />
<strong>Sparkasse</strong>nverbands den dritten<br />
Platz bei der Kundenzufriedenheit.<br />
Trotzdem ärgern die beiden Vorstände<br />
sich: „Wir würden lieber<br />
mehr Zeit für die Kunden verwenden<br />
als für Administratives“, sagt<br />
Müller. Die vielen Richtlinien und<br />
Vorschriften, die nach der Finanzkrise<br />
entstanden sind, würden zu<br />
viel Zeit rauben. „Als ich vor 19<br />
Jahren hier anfi ng“, sagt Gottschalk,<br />
„haben wir uns zu 70 Prozent um<br />
die Kunden gekümmert und zu<br />
30 Prozent um Bürokratie. Heute ist<br />
das Verhältnis mindestens 50 zu<br />
50.“ Irgendwann, das wissen Gottschalk<br />
und Müller, werden sie es<br />
nicht mehr schaff en. Für manche<br />
Spezialfragen etwa müssen sie<br />
schon heute den Verband zurate<br />
ziehen. Größere Derivateprojekte<br />
geben sie an die Deka oder NordLB<br />
weiter. Außerdem sinkt die Kundenzahl.<br />
Mehr als die Hälfte der Kunden<br />
ist älter als 46 Jahre, der Anteil der<br />
Senioren liegt bei gut 32 Prozent.<br />
„Aber im Moment sehen wir keine<br />
Notwendigkeit, unsere Eigenständigkeit<br />
aufzugeben“, sagt Gottschalk.<br />
Als vor einigen Jahren die<br />
benachbarten <strong>Sparkasse</strong>n in Osterode<br />
und Herzberg fusionierten,<br />
blieb Bad Sachsa gerne außen vor.<br />
Junge Kunden versuchen sie über<br />
Onlinebanking zu halten oder über<br />
kleine Gesten. Schon zur Geburt<br />
gibt es einen Gutschein – natürlich<br />
in Rot.<br />
Claudia Panster
PR<br />
KUNDENNÄHE<br />
<strong>Sparkasse</strong> auf Rädern<br />
Die kleinste <strong>Sparkasse</strong>nfi liale<br />
im Werra-Meißner-Kreis ist<br />
13,50 Meter lang und 2,5<br />
Meter breit. Das Besondere: Der<br />
Kunde muss nicht zu ihr kommen,<br />
die Filiale kommt zum Kunden. Sie<br />
steckt im Inneren eines Lkw. An fünf<br />
Tagen die Woche fährt sie acht<br />
Standorte in Nordhessen an; keiner<br />
der Orte hat viel mehr als 1 000<br />
Einwohner, eine feste Filiale würde<br />
sich nicht lohnen. Die Nähe zum<br />
Kunden will die <strong>Sparkasse</strong> aber<br />
auch nicht verlieren. Also hat sie vor<br />
drei Jahren den 13,5-Tonner angeschaff<br />
t, ihn Überlandsparkasse<br />
getauft, mit einem weißen Anstrich<br />
versehen – und dem roten <strong>Sparkasse</strong>nlogo.<br />
Geldautomat, ein sogenanntes<br />
Multifunktionsterminal für<br />
Überweisungen und Konto<strong>aus</strong>züge,<br />
ein Service-Point, ein kleiner Beratungsraum,<br />
alles ist vorhanden, alles<br />
ist in <strong>Sparkasse</strong>n-Rot gehalten wie<br />
in einer richtigen Geschäftsstelle.<br />
Adelheid Kilian-Futh, rote Haare,<br />
rote Brille, steht an der kleinen<br />
Theke in der Mitte des Lasters und<br />
nimmt Überweisungsscheine entgegen.<br />
Heute steht die Überlandsparkasse<br />
in Laudenbach, 1 200 Einwohner,<br />
die nächste feste Geschäftsstelle<br />
ist knapp acht Kilometer entfernt.<br />
„Die Kunden freuen sich, dass man<br />
kommt“, sagt Kilian-Futh. Die<br />
51-Jährige hat früher in der Geschäftsstelle<br />
in Laudenbach gearbeitet,<br />
kennt jeden mit Namen. Der<br />
regelmäßige Kontakt zu den Kunden<br />
sei ihr größtes Plus, sagt sie. Die<br />
Zahl der <strong>Sparkasse</strong>nbusse, wie es im<br />
<strong>Sparkasse</strong>njargon heißt, schätzen<br />
Experten des Deutschen <strong>Sparkasse</strong>n-<br />
und Giroverbands auf einige<br />
Dutzend. Es sind vor allem die<br />
ländlichen Regionen, in denen sich<br />
solch mobile Filialen lohnen. Da, wo<br />
feste Geschäftsstellen nicht mehr<br />
Überlandsparkasse im Werra-Meißner-Kreis: Immer nah am Kunden.<br />
Sonderdruck<br />
wirtschaftlich fi nanzierbar sind. Die<br />
Werra-Meißner-Überlandsparkasse<br />
hat 750 000 Euro in der Anschaffung<br />
gekostet, 180 000 Euro kostet<br />
jährlich der Betrieb. Eine Geschäftsstelle<br />
wäre mindestens doppelt so<br />
teuer – und sie erreicht im Zweifel<br />
weniger Kunden, weil gerade Ältere<br />
den Weg in den nächsten Ort nicht<br />
schaff en. Kilian-Futh schätzt die<br />
Zahl der Kunden, die täglich zu ihr<br />
kommen, auf etwa 30. Das sei „gut<br />
frequentiert“. Der Lkw hat nur einen<br />
Nachteil: Im Sommer wird es darin<br />
sehr warm, im Winter ist es schon<br />
mal zu kalt. „Da ziehe ich mir auch<br />
schon mal Ski-Unterwäsche drunter“,<br />
sagt Kilian-Futh.<br />
Claudia Panster<br />
15
WERBUNG<br />
Mutiger, pointierter, witziger<br />
Klar, nüchtern, sachlich. Die<br />
Werbung für Finanzprodukte<br />
ist in der Regel so aufregend<br />
wie ein Glas Wasser ohne Kohlensäure.<br />
Die <strong>Sparkasse</strong> ist da anders,<br />
bunt und witzig, der Werbe-Cocktail<br />
der Bankenwelt. Ausgerechnet die<br />
<strong>Sparkasse</strong>, die mit ihren dörfl ichen<br />
Strukturen eigentlich als die Biederbank<br />
der kleinen Leute gilt. Doch<br />
genau dieses dröge Image spielt die<br />
<strong>Sparkasse</strong> <strong>aus</strong> und sammelt so<br />
Sympathien. Während die Deutsche<br />
Bank in blauen Lettern nüchtern<br />
„Leistung <strong>aus</strong> Leidenschaft“ verspricht<br />
und die Commerzbank<br />
„Gemeinsam mehr erreichen“ will,<br />
trillert die <strong>Sparkasse</strong> fröhlich<br />
„Wenn’s um Geld geht – <strong>Sparkasse</strong>“.<br />
Einige der preisgekrönten <strong>Sparkasse</strong>n-Kampagnen<br />
kennt so gut wie<br />
jeder. Etwa den halbminütigen<br />
Werbespot von 1999, inzwischen ein<br />
Klassiker der Werbewelt: Zwei<br />
Geschäftsleute treff en sich im<br />
Luxuslokal. Nach kurzer Begrüßung<br />
folgt das Kräftemessen. „Mein H<strong>aus</strong>,<br />
mein Auto, mein Boot“, brüllt der<br />
eine und knallt die Fotos seiner<br />
Errungenschaften auf den Tisch.<br />
Nach einer Kunstp<strong>aus</strong>e kontert der<br />
zweite Anzugträger: Er schiebt<br />
neben H<strong>aus</strong>, Auto und Boot noch<br />
die Fotos von Riesenpool und<br />
Rennpferd rüber. Der Werbegag:<br />
Ausgerechnet der Dekadentere der<br />
beiden legt sein Geld bei der biederen<br />
<strong>Sparkasse</strong> an. Mit dem Spot<br />
nahm die <strong>Sparkasse</strong> das „Höher,<br />
schneller, weiter“ in den Jahren des<br />
Internetbooms auf die Schippe. Das<br />
ist kein Zufall: Die <strong>Sparkasse</strong>nwerbung<br />
versuche immer, auf den<br />
Zeitgeist zu reagieren, sagt Till<br />
Eckel, Geschäftsführer der Werbeagentur<br />
Jung von Matt in Berlin. Der<br />
36-Jährige und seine 20 Mitarbeiter<br />
16<br />
sind die Kreativen hinter den <strong>aus</strong>gefallenen<br />
Kampagnen. Seit 20 Jahren<br />
entwickelt Jung von Matt die<br />
<strong>Sparkasse</strong>nwerbung. „Das größte<br />
Pfund der <strong>Sparkasse</strong>n ist die Nähe,<br />
die Menschlichkeit. Weil sie dafür<br />
steht, fühlen sich die meisten<br />
Menschen bei der <strong>Sparkasse</strong> viel<br />
wohler als in einer Filiale oder im<br />
abstrakten Onlineportal der Großbanken“,<br />
sagt Eckel. Seit einem Jahr<br />
verantwortet er die Kampagnen. Um<br />
ebenjene Nähe und Menschlichkeit<br />
den Kunden aufzuzeigen, haben<br />
Eckel und sein Team in Werbespots<br />
die „08/15“-Bank geschaff en, ein<br />
Symbol für eine kalte Bankenwelt, in<br />
der Kunden nicht mehr sind als<br />
Kontonummern. Statt auf die Bedürfnisse<br />
der Menschen einzugehen,<br />
konzentrieren sich die <strong>Sparkasse</strong>n-<br />
Konkurrenten lieber auf Äußerlichkeiten<br />
und bedrucken bunte Werbefähnchen<br />
– so lautet die Botschaft.<br />
Die multimedialen Kampagnen der<br />
<strong>Sparkasse</strong> sorgen sogar international<br />
für Aufsehen. Bei der Kampagne<br />
„Giro sucht Hero“ inszenierte die<br />
<strong>Sparkasse</strong> einen fi ktiven Wettkampf<br />
zwischen den beiden Fernsehmoderatoren<br />
Joko Winterscheidt und<br />
Klaas Heufer-Umlauf. In ihrer Samstagabendshow<br />
kämpfen die beiden<br />
jungen Moderatoren in wahnwitzigen<br />
Aufgaben gegeneinander um<br />
den Sieg. Im Werbespot drehen sich<br />
PR<br />
Sonderdruck<br />
ihre Aufgaben auf humorige Art um<br />
die <strong>Sparkasse</strong> und ihr Girokonto. Die<br />
Kampagne ist extra für das Internet<br />
entworfen worden und soll vor<br />
allem junge Zuschauer ansprechen.<br />
Am Ende einer jeden Aufgabe wird<br />
der Zuschauer aufgefordert, abzustimmen,<br />
welcher der Moderatoren<br />
die Prüfungen besser gemeistert<br />
hat und als Belohnung einen <strong>Sparkasse</strong>n-Werbevertrag<br />
erhalten soll.<br />
Fast 170 000 Nutzer folgen der<br />
Kampagne auf dem Internetportal<br />
Facebook; sie alle sind damit auch<br />
zugänglich für Botschaften der<br />
<strong>Sparkasse</strong> rund ums Girokonto. Mit<br />
dieser Kampagne zählt die <strong>Sparkasse</strong><br />
zu den weltweit zehn erfolgreichsten<br />
Facebook-Seiten <strong>aus</strong> dem<br />
Finanzbereich. Wegen ihrer Vernetzung<br />
von verschiedenen Medien<br />
und Kanälen hat die Kampagne<br />
unter anderem den Internationalist<br />
Award for Innovation in Media<br />
gewonnen sowie den Werbepreis<br />
Eurobest 2011 und den Preis des<br />
Media-Cristal-Festivals. „Eigentlich<br />
könnten die <strong>Sparkasse</strong>n noch 100<br />
Jahre weiter das Lied auf dieselbe<br />
Art und Weise singen, und die<br />
Menschen würden zuhören. Doch<br />
darauf ruht man sich nicht <strong>aus</strong>“,<br />
sagt Eckel. „Die <strong>Sparkasse</strong> hat Mut<br />
und sucht immer neue, pointierte<br />
Wege. Bewundernswert.“<br />
Massimo Bognanni<br />
Preisgekrönte Multimedia-Kampagne:<br />
170 000 Internetnutzer<br />
verfolgten, wie die Moderatoren<br />
Joko Winterscheidt<br />
(links) und Klaas Heufer-<br />
Umlauf um die Gunst der<br />
<strong>Sparkasse</strong> buhlten.