Pressemitteilung Nachruf zum Tod von Heinz Berggruen - Staatliche ...
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4 Seiten<br />
Berlin Mo 26.2.2007<br />
<strong>Nachruf</strong> <strong>zum</strong> <strong>Tod</strong> <strong>von</strong> <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong><br />
<strong>Pressemitteilung</strong><br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> ist gestorben – Berlin trauert um den<br />
großen Sammler<br />
Der Kunstsammler <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> verstarb am 23. Februar 2007 in<br />
Paris im Alter <strong>von</strong> 93 Jahren. Doch die Erinnerung an ihn bleibt lebendig<br />
in Gestalt des Museum <strong>Berggruen</strong> in Berlin. Seit 10 Jahren bildet die<br />
erlesene Kollektion mit Werken <strong>von</strong> Pablo Picasso, Paul Klee, Henri<br />
Matisse und Alberto Giacometti einen Fixpunkt der klassischen Moderne<br />
in Europa. Über 1,5 Millionen Besucher haben die Dauerpräsentation<br />
„Picasso und seine Zeit“ bisher gesehen.<br />
Von Berlin in die Emigration<br />
Auch wenn er seit einem halben Jahrhundert in Paris lebte, blieb <strong>Heinz</strong><br />
<strong>Berggruen</strong> in seinem Herzen doch immer Berlin verbunden. Geboren<br />
wurde er am 6. Januar 1914 in Berlin-Wilmersdorf. Die Eltern, Ludwig<br />
<strong>Berggruen</strong> und Antonie, geborene Zadek, stammten aus Westpreußen<br />
und betrieben ein Schreibwarengeschäft in der Konstanzer Straße.<br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> verbrachte eine glückliche Kindheit und Jugendzeit in<br />
Berlin und schrieb sich nach dem Abitur <strong>zum</strong> Herbstsemester 1932 an<br />
der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin (der heutigen Humboldt-<br />
Universität Unter den Linden) im Fach Germanistik ein. Bereits im<br />
folgenden Semester wechselte er nach Südfrankreich, setzte das<br />
Studium zunächst an der Universität in Grenoble fort, und schloss 1934<br />
an der Universität in Toulouse in den Fächern Literatur und<br />
Kunstgeschichte mit dem Examen Licence ès lettres ab.<br />
1935 kehrte <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong>, der Journalist werden wollte, nach Berlin<br />
zurück und veröffentlichte erste Texte in der Frankfurter Zeitung.<br />
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft sah er jedoch unter den<br />
Nationalsozialisten keine Perspektive und emigrierte Ende 1936 in die<br />
USA, wo ihm die University of California in Berkely ein Stipendium<br />
bewilligte. In San Francisco heiratete <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> 1939 Lillian<br />
Zellerbach, die Tochter eines Papierfabrikanten. 1943 kam der Sohn<br />
John Henry zur Welt, 1945 die Tochter Helen, im selben Jahr jedoch<br />
wurde die Ehe geschieden.<br />
In den USA entdeckte <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> seine Liebe zur bildenden Kunst.<br />
Er schrieb Kunstkritiken für den San Francisco Chronicle und wurde 1939<br />
im San Francisco Museum of Art als „Assistent director“ angestellt. 1940<br />
bereitete er eine Ausstellung des mexikanischen Malers Diego Rivera<br />
vor. Im selben Jahr kaufte <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> <strong>von</strong> einem anderen<br />
deutschen Emigranten ein Aquarell <strong>von</strong> Paul Klee und legte damit den<br />
Grundstein zu seiner späteren Sammlung.<br />
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<strong>Staatliche</strong> Museen<br />
zu Berlin<br />
Generaldirektion<br />
Stauffenbergstraße 41<br />
10785 Berlin<br />
Dr. Matthias Henkel<br />
Leiter Öffentlichkeitsarbeit<br />
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Tel +49(0)30-266-2629<br />
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www.smb.museum/<br />
presse
<strong>Pressemitteilung</strong><br />
Zwar ließen sich die spät emigrierten Eltern 1942 in New York nieder,<br />
doch <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> zog es nach Europa zurück. Als „Staff Sergeant“<br />
einer Aufklärungskompanie der US-Army kehrte er Anfang 1945 nach<br />
Deutschland zurück. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst in München<br />
als Mitherausgeber der Zeitschrift Heute, wechselte dann in die<br />
Kunstabteilung der UNESCO in Paris und machte sich schließlich mit<br />
einer Galerie selbständig, die er <strong>von</strong> 1949 bis 1980 in der Rue de<br />
l’Université führte.<br />
Galerist in Paris<br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> avancierte rasch zu einem der wichtigsten Händler für<br />
die Kunst der klassischen Moderne. 1950 lernte er den fast 70-jährigen<br />
Pablo Picasso kennen, der sich <strong>von</strong> <strong>Berggruen</strong>s Kenntnisreichtum und<br />
durch dessen Leidenschaft beeindruckt zeigte und ihn als einen seiner<br />
Kunsthändler akzeptierte. 1951 zeigte <strong>Berggruen</strong> seine erste Picasso-<br />
Ausstellung, 1952 legte er für eine Klee-Schau erstmals einen Katalog in<br />
dem für die Galerie <strong>Berggruen</strong> charakteristischen schmalen Hochformat<br />
vor. Ein großer Erfolg wurde vor allem die dritte Ausstellung mit den<br />
damals noch nicht allgemein akzeptierten „Papiers découpés“ <strong>von</strong> Henri<br />
Matisse.<br />
Neben der Galerietätigkeit trat <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> auch als Verleger hervor<br />
und gab Faksimile-Ausgaben nach Skizzenbüchern <strong>von</strong> Künstlern wie<br />
Cézanne, Toulouse-Lautrec, Matisse, Léger und Picasso heraus, verlegte<br />
1962 die <strong>von</strong> Picasso und dem Fotografen André Villers geschaffene<br />
Mappe „Diurnes“ und veröffentlichte 1977 den <strong>von</strong> Douglas Cooper<br />
erarbeiteten „Catalogue raisonné“ der Gemälde <strong>von</strong> Juan Gris.<br />
Neben dem beruflichen Erfolg stellte sich auch das private Glück ein.<br />
1959 heiratete <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> die Filmschauspielerin Bettina Moissi,<br />
Tochter des berühmten Schauspielers Alexander Moissi, der in Berlin zu<br />
den Stars des Ensembles <strong>von</strong> Max Reinhardt gehört hatte. Zwei Söhne<br />
gingen aus dieser Ehe hervor: 1961 wurde Nicolas, 1963 Olivier<br />
geboren.<br />
Für seine Verdienste um die moderne Kunst wurde <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong><br />
bereits 1971 vom französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou in<br />
die Ehrenlegion aufgenommen (später folgten die Ernennungen <strong>zum</strong><br />
Offizier und <strong>zum</strong> Commandeur). Trotz der offiziellen Anerkennung in<br />
Frankreich entschloss sich <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> 1973, wieder die deutsche<br />
Staatsbürgerschaft anzunehmen.<br />
Rückkehr nach Berlin<br />
Mit 65 Jahren zog sich <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> aus der Galeriearbeit zurück und<br />
konzentrierte sich auf den Ausbau seiner Sammlung, deren<br />
Schwerpunkte die Werke <strong>von</strong> Picasso, Klee, Matisse und Giacometti<br />
bildeten. Erstmals gezeigt wurde die Kollektion 1988 im Musée d’art et<br />
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<strong>Pressemitteilung</strong><br />
d’histoire in Genf. Ab 1991 stand sie der National Gallery in London für<br />
fünf Jahre als Leihgabe zur Verfügung. Doch nach einem Besuch im<br />
wiedervereinigten Berlin entschied sich <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> dafür, die<br />
Sammlung in seine Heimatstadt zurückzubringen. Mit der Stiftung<br />
Preußischer Kulturbesitz wurde ein Leihvertrag für die Dauer <strong>von</strong> zehn<br />
Jahren abgeschlossen, und so konnten die Werke im Herbst 1996 in den<br />
westlichen Stüler-Bau gegenüber dem Schloss Charlottenburg einziehen.<br />
Das klassizistische Kleinod war frei geworden, nachdem die<br />
Antikensammlung auf die Museumsinsel zurückgezogen war.<br />
Die Präsentation unter dem Titel „Picasso und seine Zeit“ war ein<br />
durchschlagender Erfolg. Die behutsam renovierten Räume des<br />
ehemaligen Offizierskasinos wirkten wie maßgeschneidert für die<br />
Sammlung. Der Sammler, die Kritiker, das Publikum und auch die<br />
Politiker waren begeistert, und so wurde die Sicherung dieses<br />
einzigartigen „Lebenswerkes“ für Berlin vereinbart. Am 21. Dezember<br />
2000 unterzeichneten <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> und der Präsident der Stiftung<br />
Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, einen Vertrag <strong>zum</strong><br />
Ankauf <strong>von</strong> 165 Werken, jedoch weit unter dem geschätzten Marktwert.<br />
Diese Übereignung bildete einen Höhepunkt im Leben <strong>von</strong> <strong>Heinz</strong><br />
<strong>Berggruen</strong>, der bereits seit den siebziger Jahren Museen in Paris, New<br />
York und London Einzelwerke und Werkgruppen übergeben hatte,<br />
darunter 90 Arbeiten <strong>von</strong> Paul Klee an das Metropolitan Museum of Art<br />
in New York.<br />
<strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> brachte nicht nur seine Sammlung nach Berlin, auch er<br />
selbst schlug wieder Wurzeln in seiner ursprünglichen Heimatstadt.<br />
Wenn er in Berlin war, wohnte er im zweiten Obergeschoß seines<br />
Museums in einem kleinen Apartment, und er erklärte dies zu einer<br />
„Wohngemeinschaft“ mit seinen Bildern. Unermüdlich engagierte er sich<br />
für den Ausbau der Sammlung, die inzwischen über 200 Stücke umfasst,<br />
beobachtete die Reaktionen der Besucher, signierte seine Bücher und<br />
trug bei Lesungen daraus vor. In seinem Museum initiierte er die<br />
erfolgreichen Ausstellungen „Klee aus New York“ (1998), „Cézanne in<br />
Berlin“ (2000/01), „Matisse: Mit der Schere zeichnen“ (2003) und zuletzt<br />
„Picasso – Der Zeichner“ (2006/07), eine Schau im Austausch mit dem<br />
Musée Picasso in Paris, wo die Berliner Picasso-Bestände gastierten.<br />
Zehn Jahre nach der Eröffnung seiner Sammlung in Berlin zog sich <strong>Heinz</strong><br />
<strong>Berggruen</strong> im Dezember 2006 aus der aktiven Museumsarbeit zurück<br />
und schenkte dem Museum ein Hauptwerk Alberto Giacomettis, die über<br />
zwei Meter hohe Bronzefigur „Große Stehende Frau III“ aus dem Jahr<br />
1960. In der prachtvollen Rotunde des Stüler-Baus kündet diese<br />
Skulptur <strong>von</strong> der Großzügigkeit des Sammlers, der damit sein<br />
„Lebenswerk“ krönte.<br />
In Berlin wurde <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong> 1997 vom Senat mit einer<br />
Ehrenprofessur ausgezeichnet, im selben Jahr erhielt er das große<br />
Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 2000 folgte der<br />
„Doktor der Philosophie ehrenhalber“ der Hochschule der Künste Berlin<br />
(inzwischen Universität der Künste), 2004 das große Verdienstkreuz mit<br />
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<strong>Staatliche</strong> Museen<br />
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<strong>Pressemitteilung</strong><br />
Stern und Schulterband sowie die Ehrenbürgerschaft der Stadt Berlin.<br />
Zum 90. Geburtstag ehrte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz den<br />
Jubilar, indem die „Sammlung <strong>Berggruen</strong>“ in „Museum <strong>Berggruen</strong>“<br />
umbenannt wurde. Auf diese Weise ist der Sammler dauerhaft in das<br />
kulturelle Bewusstsein der Stadt zurückgekehrt, deren Bürger ihm durch<br />
den Besuch in seinem Museum ihre Reverenz erweisen. Am heutigen<br />
Montag ist das Museum <strong>Berggruen</strong> geöffnet, ein Kondolenzbuch liegt<br />
dort aus.<br />
Hinweis an die Redaktionen: Das SMB-Statement und der SMB-<br />
<strong>Nachruf</strong> <strong>zum</strong> <strong>Tod</strong> <strong>Heinz</strong> <strong>Berggruen</strong>s sind nachlesbar im SMB-Internet<br />
unter www.smb.museum/pressemitteilungen<br />
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