23.03.2013 Aufrufe

file - FZK

file - FZK

file - FZK

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ABSTRACT<br />

„THIRD SET OF LOCKS PROJECT“<br />

DIE NEUEN SCHLEUSEN DES PANAMAKANALS<br />

von<br />

Jens Kienast 1<br />

The business situation of Panama depends basically on the well-being of the Panama<br />

Canal. But with reference to the amount of the vessels passages as well as to their size, the<br />

capacity of the canal is exhausted.<br />

Because of economic reasons approximately 30 percent of all goods are transported by<br />

vessels who are too big for the canal (so-called Postpanamax Vessels). Therefore the<br />

Panamanians went for the extension of the canal, which includes two new locks at the<br />

Atlantic and Pacific. These two locks were tendered by Panama Canal Authority and will<br />

be presented here shortly with background information.<br />

1. EINLEITUNG<br />

Den Namen des Landes Panama kennen die meisten Menschen, aber richtig kennen tut das<br />

Land in Deutschland kaum einer. Die Assoziationen hierzu sind vielleicht: Mittelamerika,<br />

Panamakanal und vielleicht noch „Janosch mit der Tigerente – Oh wie schön ist Panama“.<br />

Damit hören die meisten Kenntnisse allerdings schon auf.<br />

Nun treten in letzter Zeit vermehrt Meldungen in der Presse über den Ausbau des<br />

Panamakanals auf. Dieser Artikel soll dazu dienen, das Land mit seinem Kanal besser<br />

kennen zu lernen, sowie die Hintergründe und den aktuellen Stand der Erweiterungspläne<br />

aufzuzeigen.<br />

1 HOCHTIEF Construction AG, Niederlassung Civil Engineering and Marine Works,<br />

Lübeckertordamm 1, 20099 Hamburg


2. DAS LAND PANAMA<br />

Das tropische Land Panama mit 3,3 Millionen Einwohnern verbindet Nord- und<br />

Südamerika und grenzt im Westen an Costa Rica und im Osten an Kolumbien. Im Norden<br />

liegt die karibische See, also der Atlantische Ozean, und im Süden der Pazifische Ozean.<br />

Den schmalsten Teil Panamas<br />

nimmt die zentralamerikanische<br />

Landbrücke ein, die hier vom 81,6<br />

Kilometer langen Panamakanal<br />

durchbrochen wird. Bereits im<br />

frühen 16. Jahrhundert gab es<br />

durch die Kolonialmacht Spanien<br />

erste Überlegungen zum Bau eines<br />

Kanals, um den schwierigen<br />

Landweg zu überwinden. Somit ist<br />

auch die Geschichte des Landes stark mit dem Kanal verwurzelt.<br />

3. DER KANAL VON GESTERN<br />

In den folgenden Jahrhunderten beschäftigen sich viele Politiker und Wissenschafter mit<br />

der Frage eines Kanalbaus. Unter anderem Karl V, der eine kürzere Seeverbindung nach<br />

Indien suchte, und Alexander von Humboldt, der auf seinen Reisen Mittel- und<br />

Südamerika erforschte. Mitte des 19. Jahrhunderts nutzten Goldgräber eine Fluss-Land-<br />

Route durch das Isthmus-Gebiet von Panama, das sich im Jahre 1821 von Spanien<br />

abspaltete und Teil von Großkolumbien wurde.<br />

Nach dem erfolgreichen Bau des Suezkanals versuchten die Franzosen mit Ferdinand de<br />

Lesseps mit dem Bau des Panamakanals an diesen finanziellen Erfolg anzuknüpfen. Sie<br />

planten einen schleusenlosen Kanal mit einer Länge von 73 Kilometern. Jedoch mussten<br />

sie 1889 nach achtjähriger Bauzeit aus finanziellen und politischen Gründen kapitulieren.<br />

Denn in dieser Zeit starben mehr als 22.000 Arbeiter hauptsächlich an Malaria und<br />

Gelbfieber. Hinzu kamen viele technische Schwierigkeiten z. B. falsche geologische<br />

Untersuchungen und eine schlechte Organisation. Es wurde lediglich ein Sechstel des<br />

Kanals fertig gestellt und das Projekt endete im Desaster.<br />

Daraufhin erwarben die USA unter<br />

Präsident Roosevelt 1901 die<br />

Bauruinen, Maschinen und die<br />

alleinigen Rechte zur Fertigstellung<br />

des Kanals für 40 Millionen US-<br />

Dollar von den Franzosen. Als<br />

Verhandlungen mit Kolumbien über<br />

die Abtretung der Kanalzone nicht<br />

zum Ziel führten, unterstützten die<br />

Vereinigten Staaten 1903 die<br />

Gründung der Republik Panama und<br />

kauften von diesen das Kanalgebiet.


In diesem Staatsvertrag zwischen den USA und Panama erhielt Washington die Rechte an<br />

dem Kanal auf unbestimmte Zeit. 1906 erfolgte die Wiederaufnahme der Bauarbeiten<br />

durch die Amerikaner und am 15. August 1914 erfolgte die erste Durchfahrt durch den<br />

heutigen Kanal.<br />

1977 handelte Omar Torrijos, der Vater des heutigen Staatschefs, mit dem US Präsidenten<br />

Jimmy Carter den Erhalt der Hoheit über den Kanal zum 1. Januar 2000 aus. Seitdem wird<br />

der Kanal durch die im Juni 1997 gegründete und finanziell autonom verwaltete<br />

„Autoridad del Canal de Panamá“ (ACP) betrieben.<br />

4. DER KANAL VON HEUTE<br />

Anstatt wie vor der Übergabe lediglich einen Teil der Einnahmen von den USA<br />

überwiesen zu bekommen, steht Panama nun der vollständige Gewinn aus dem<br />

Kanalgeschäft zu. Seit der Übernahme der Kanalkontrolle durch Panama im Jahr 2000 bis<br />

Ende 2006 flossen bereits fast drei Milliarden US-Dollar in die Staatskasse. Zum<br />

Vergleich: In den 85 Jahren, in denen der Kanal von den USA verwaltet wurde, erhielt<br />

Panama nur 1,9 Milliarden US-Dollar.<br />

Heute werden immerhin fünf Prozent des Welthandels über den Panamakanal abgewickelt.<br />

68 Prozent aller Waren, die in US Häfen be- oder entladen werden, nehmen diesen Weg.<br />

China schickt rund ein Viertel seines Handelsaufkommens durch den Kanal, Japan<br />

16 Prozent.<br />

In den letzten drei Jahren passierten jährlich ca. 14.000 Schiffe den Kanal. Allein durch die<br />

Gebühren erwirtschaftete die Kanalgesellschaft 2008 etwa zwei Milliarden US-Dollar 2 .<br />

Rechnet man noch den maritimen Dienstleistungssektor sowie die Wirtschaftsleistung<br />

anderer durch den Kanal angesiedelter Branchen bzw. Unternehmen hinzu, beträgt der<br />

Anteil am Bruttoinlandsprodukt ca. 30 Prozent. Somit steht und fällt die panamesische<br />

Wirtschaft mit dem Betrieb des Panamakanals.<br />

Warum ist der Ausbau des Kanals notwendig? Die Amerikaner haben im Gegensatz zu den<br />

Franzosen den Kanal nicht ohne Schleusen geplant, obwohl der Atlantik und der Pazifik<br />

bis auf wenige Zentimeter auf einer Höhe liegen. Um den Aushub und somit den Bau des<br />

Kanals zu vereinfachen, wurde ein künstlicher See aufgestaut, der Gatunsee (3). Dieser<br />

liegt 26 Meter oberhalb der Ozeane. Hierdurch wurden auf der Atlantik- und der<br />

Pazifikseite dreistufige Schleusenanlagen notwendig. Am Atlantik liegen die Gatun-<br />

Schleusen (2) und am Pazifik die zweistufigen Miraflores-Schleusen (6) sowie die Pedro-<br />

Miguel-Schleuse (5). Die Schleusen sind jeweils als Doppelschleusen ausgebildet und<br />

erlauben die Durchfahrt für Schiffe mit folgenden Höchstabmessungen:<br />

Länge: 294,13 m<br />

Breite: 32,31 m<br />

Tiefgang: 12,04 m<br />

2 HANSA, 146. Jahrgang, Heft 1, 2009


Aus diesen zulässigen Abmessungen entstand die<br />

Schiffsklasse Panamax. Die Ladekapazität dieser<br />

Schiffsgeneration beträgt maximal 5000 TEU 3 . Jedoch<br />

werden bereits heute rund 30 Prozent aller Seecontainer auf<br />

größeren Schiffen transportiert (sog. Post-Panamax-<br />

Klasse). Diese wirtschaftlicheren Schiffe besitzen eine<br />

Transportkapazität von bis zu 13.000 TEU mit steigender<br />

Tendenz. Schätzungen der Credit Suisse zufolge wird<br />

dieser Anteil bis zum Jahr 2011 auf 37 Prozent ansteigen.<br />

Für den Kanal bedeutet dies, dass er zukünftig an<br />

Konkurrenzfähigkeit für solche modernsten Containerfrachtschiffe verliert.<br />

Neben dieser Entwicklung stößt der Kanal aber auch an die eigenen Grenzen. Bereits jetzt<br />

müssen Großtanker oder Luxusliner teilweise bis zu zwei Tage Wartezeit in Kauf nehmen<br />

oder sie ersteigern eine der sehr teuren Sofortdurchfahrten.<br />

Unabhängig solcher Auktionen liegt der Durchschnittspreis für eine Durchfahrt bei rund<br />

60.000 US-Dollar. Ozeanriesen zahlen bis zu 250.000 US-Dollar. Bereits jetzt ist der<br />

Kanal nahezu an seiner tatsächlichen Kapazitätsobergrenze angekommen. Pro Tag<br />

bewegen sich ca. 38,5 Schiffe durch die Schleusen. Je nachdem wie die Anzahl und<br />

Ankunftszeiten der verschiedenen Schiffstypen organisiert werden, können pro Tag<br />

maximal 42 Schiffe den Kanal passieren. Dabei verbraucht jede Schleusung etwa 197 Mio.<br />

Liter Süßwasser.<br />

5. DER KANAL VON MORGEN<br />

Aus den oben genannten Gründen entschieden sich am 22. Oktober 2006 die Panamaer in<br />

einer Volksabstimmung für den Ausbau des Kanals. Die Kosten für das Projekt werden auf<br />

5,3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Hierzu gehören die Vertiefung und Verbreiterung der<br />

Zufahrten zum Kanal sowie die Verbreiterung der Engstellen des Kanals selbst. Den<br />

Großteil der Kosten, nämlich ca. drei Milliarden US-Dollar, verschlingen die geplanten<br />

beiden Schleusen auf der Atlantik- bzw. Pazifikseite. Dieser dritte Satz Schleusen soll nun<br />

Schiffe mit bis zu 12.000 TEU<br />

aufnehmen können. Da die Schiffe<br />

nicht mehr wie bisher mit<br />

Zahnradlokomotiven (sog. Mullis)<br />

durch die Schleusen gezogen bzw. in<br />

Position gehalten werden sondern<br />

mit wirtschaftlicheren Schleppern,<br />

ergeben sich folgende erforderlichen<br />

Kammergrößen:<br />

Länge: 427 m<br />

Breite: 55 m<br />

Tiefgang: 18,30 m<br />

3 Twenty foot Equivalent Unit = Maßeinheit für die Containertransportkapazität<br />

(1 TEU entspricht einer 20-Fuß-Containereinheit)


Es werden wieder dreistufige Schleusen geplant, um die maximal 29,45 Meter zu<br />

überwinden. Jedoch sieht der Entwurf diesmal jeweils drei Wassersparbecken pro<br />

Schleusenkammer vor (insgesamt neun pro Schleuse), um den großen Süßwasserverbrauch<br />

pro Schleusung zu minimieren. Die ACP fordert eine Mindestwasserersparnis von 59<br />

Prozent, so dass bei den neuen, größeren Schleusen weniger Wasser verbraucht wird als<br />

bei den alten.<br />

Die Anforderungen der ACP an die Schleusen sind hoch. So muss die Verfügbarkeit der<br />

Schleusen zu 99 Prozent in jedem Jahr (entspricht 363,5 Tage) gewährleistet sein, und das<br />

bei einer geplanten Lebensdauer von 100 Jahren. Daher werden alle maßgebenden Systeme<br />

redundant ausgebildet.<br />

Unter Verwendung der Sparbecken muss ein Schiff nach maximal 154 Min. die gesamte<br />

Schleusenanlage durchfahren haben (ohne Verwendung der Sparbecken innerhalb von 133<br />

Minuten). Vorgesehen ist ein sogenanntes „Relay-Lockage“, d. h., dass ein weiteres Schiff<br />

in die Schleusenanlage einfährt, sobald das vorherige von der mittleren Kammer in die<br />

nächste Kammer fährt. Somit ist ein maximaler Durchsatz gewährleistet und der Kanal für<br />

den großen Ansturm gerüstet.<br />

6. DIE GEPLANTEN SCHLEUSENANLAGEN<br />

Die Dredging-Arbeiten für die Verbreiterung des Kanals wurden bereits am 3. September<br />

2007, dem 30. Jahrestag des Abkommens über die Rückgabe der Kontrolle des Kanals von<br />

den USA an Panama, mit einer feierlichen Zeremonie begonnen.<br />

Der Bau der Schleusen wurde danach von der ACP als „Design and Build“ Vertrag<br />

ausgeschrieben. Die Ausschreibung dauerte vom 21.12.2007 bis zum 03.03.2009. Es hatte<br />

sich vorab unsere HOCHTIEF-Bietergruppe „Consorcio Canal“ neben drei weiteren<br />

Bietergruppen präqualifiziert.<br />

Neben den über 5.000 Seiten, auf denen der Bauherr seine Anforderungen beschreibt, gibt<br />

es ein Conceptual-Design (s. u.).


Zu sehen sind hier die oben beschriebenen drei Schleusenkammern mit den zugehörigen<br />

Sparbecken. Die Kammern werden seitlich von Umlaufkanälen (Querschnitt 6,50 mal 6,50<br />

Meter) befüllt. Dies muss jeweils in maximal 17 bzw. 10 Minuten (mit und ohne<br />

Sparbeckennutzung) erfolgen, ohne dass die zulässigen Trossenkräfte und<br />

Schrägneigungen der Schiffe überschritten werden. Dabei dürfen keine höheren<br />

Fließgeschwindigkeiten als acht Meter pro Sekunde auftreten.<br />

Jede Kammer wird mit zwei Schiebetoren verschlossen. Nur so ist eine nahezu<br />

immerwährende Nutzung der Anlage möglich. Aus diesem Grund werden auch sämtliche<br />

Schieber redundant ausgebildet, so dass bei Ausfall eines Schiebers der Schleusenbetrieb<br />

fortgesetzt werden kann. Für den normalen Schleusungsvorgang werden vor dem Schiff<br />

beide Tore (größtmögliche Sicherheit) und hinter dem Schiff nur das hinterste Tor<br />

geschlossen. So dass sich eine Länge zwischen den Toren von 458 Metern ergibt.<br />

Schleusungen zwischen den jeweils äußeren Toren müssen auch möglich sein. Die<br />

maximale Länge beträgt dann 488 Meter.<br />

Die Torkammern sind<br />

ebenso wie die<br />

Kammerwände über 30<br />

Meter hoch und so groß wie<br />

ein Fußballfeld. Die Wände<br />

sind bis zu 14 Meter dick.<br />

Zusätzlich sind noch auf<br />

der Pazifikseite insgesamt<br />

über 2,5 Kilometer lange<br />

und bis zu 32 Meter hohe<br />

Felsdämme zu bauen, um den Ausfahrtskanal von dem bestehenden Stausee zwischen den<br />

vorhandenen Schleusen zu trennen. Die Dammkrone besitzt eine Breite von 30 Metern.<br />

Um pünktlich zur 100-Jahrfeier des Kanals die neuen Schleusen einweihen zu können,<br />

müssen so in nur 62 Monaten 32 Millionen Kubikmeter Erdaushub, 4,5 Millionen<br />

Kubikmeter Beton und rund 52.000 Tonnen Stahl für Schieber und Tore verbaut werden.<br />

Unter Berücksichtigung der Mobilisation, der Baustelleneinrichtung, des Erdaushubs sowie<br />

der Montage und Inbetriebnahme der Tore verbleiben für die Betonarbeiten nur ca. 2,5<br />

Jahre. Damit sind im Mittel 3.400 Kubikmeter Beton pro Tag pro Schleuse herzustellen<br />

und einzubauen.<br />

Neben der Einhaltung der kurzen Bauzeit gilt es noch, die geforderten Schleusungszeiten<br />

und Wassersparraten in einem umfangreichen Testprogramm nach Erstellung der<br />

Schleusen dem Bauherrn zu demonstrieren.<br />

Bis dahin müssen jedoch noch einige technische und logistische Hürden genommen<br />

werden, damit diese Bauwerke dann zu den größten und modernsten Schleusen der Welt<br />

gehören.


7. ZUSAMMENFASSUNG<br />

Damit nach 100 Jahren der Panamakanal weiterhin wettbewerbsfähig bleibt, muss dieser<br />

mit seinen Schleusen für wesentlich größere Schiffe ausgebaut werden. Hierbei gilt es, in<br />

technischer und als auch ökologischer Sicht weit vorauszudenken. Mit den hohen<br />

Anforderungen an den Schleusendurchsatz und an die Wassersparraten scheint dies<br />

gelungen zu sein. Nun gilt es für die ACP, eine kompetente Bietergruppe zu finden, die so<br />

ein technisch schwieriges und logistisch kompliziertes Bauwerk in der Kürze der Zeit<br />

herstellen kann. Denn damit kann die Wirtschaftlichkeit des Kanals und somit das<br />

Wohlergehen Panamas auch für die nächsten 100 Jahre gesichert sein.<br />

8. SCHRIFTTUM<br />

AUTORIDAD DEL CANAL DE PANAMA: Plan Maestro del Canal de Panamá. 2006<br />

PANAMA CANAL AUTHORITY: Proposal for the Expansion of the Panama Canal. 2006<br />

QUIJANO, Jorge L.: The Panama Canal Expansion Program. ACP, 2007

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!