Body_Count_Maerz2013
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Irak<br />
Auch im Irak gelangte nur ein kleiner Teil der Toten in die zentralen Kranken-<br />
und Leichenhäuser, wo sie registriert wurden. Der Anteil sank umso mehr, je heftiger<br />
die militärischen Auseinandersetzungen tobten oder die Gewalt zwischen<br />
Bevölkerungsgruppen eskalierte. Da der Islam die Beerdigung innerhalb eines<br />
Tages verlangt, blieb den Angehörigen meist nichts anderes übrig, als ihre Toten<br />
direkt im Hof oder in der Nähe des Hauses zu begraben. 33<br />
Den Kranken- und Leichenhäusern wurde zudem häufig von der Besatzungsmacht<br />
untersagt, ihre Zahlen öffentlich zu machen. Wenn überhaupt, wurden sie<br />
vom Gesundheitsministerium veröffentlicht. Nach Aussagen von Mitarbeitern der<br />
Leichenhäuser wurden diese dabei jedoch oft noch stark nach unten korrigiert. 34<br />
Die Berichterstattung der westlichen Medien konzentrierte sich stets sehr stark<br />
auf die Hauptstadt. Aus den am stärksten umkämpften Gebieten gab es so gut wie<br />
keine Berichte. 35 Wie die im Beitrag über den „Iraq <strong>Body</strong> <strong>Count</strong>“ aufgeführten<br />
Beispiele zeigen, gibt es zahlreiche großangelegte Offensiven der Besatzungstruppen<br />
und mehrtägige Angriffe auf Städte, die in den Datenbanken des IBC keinen<br />
einzigen Eintrag hinterließen, obwohl sie mit ziemlicher Sicherheit Dutzende oder<br />
gar Hunderte zivile Opfer forderten. Auch die massive Zunahme der Luftangriffe,<br />
die 2007 auf durchschnittlich 48 pro Tag angestiegen waren, 36 spiegeln sich in der<br />
IBC-Datenbank in keiner Weise wider.<br />
Dadurch wird nicht nur die Zahl ziviler Opfer stark unterschätzt, sondern auch<br />
der Anteil, der direkt von den Besatzungstruppen getötet wurde. Der Effekt wird<br />
dadurch noch verstärkt, dass die westliche Medien ihr Hauptaugenmerk auf terroristische<br />
Gewalttaten, wie Autobombenanschläge auf zivile Einrichtungen,<br />
Selbstmordanschläge auf Märkte oder auf Pilgerströme richteten, die gut zum Bild<br />
passten, das man sich vom Krieg machen wollte. Die Opfer dieser Anschläge sind<br />
daher auch sehr stark in der Datenbank vertreten, im Gegensatz zu denen der<br />
Luftangriffe.<br />
33 siehe u.a.“U.S. Airstrikes Take Toll on Civilians - Eyewitnesses Cite Scores Killed in Marine<br />
Offensive in Western Iraq”, Washington Post, 24.12.2005, "War and Occupation in Iraq", Global<br />
Policy Forum, Juni 2007., Human Rights Report, Nov./Dec. 2006, 1. UN Assistance Mission for<br />
Iraq (UNAMI), 16.1.2007, Dahr Jamail, "Reason for Their Death Is Known", truthout, 3.5.2006<br />
34 Lourdes Garcia-Navarro, Though Numbers Unclear, Iraqi Deaths Touch Many, National Public<br />
Radio, 24.2.2009.<br />
35 siehe z.B. “Western Journalists in Iraq Stage Pullback of Their Own”, Washington Post ,<br />
11.10.2008<br />
36 "War and Occupation in Iraq", Global Policy Forum, Juni 2007