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Mein kleiner grüner Kiosk - psarch

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MEIN KLEINER GRÜNER KIOSK<br />

OB BUDE ODER TRINKHALLE – DER KIOSK IST BELIEBTER TREFFPUNKT UND VERKAUFSSTELLE. EIN KIOSK STEHT IN<br />

JEDER STADT. UND ENTWICKELT TEILWEISE KURIOSE UND ABSONDERLICHE FORMEN. EINE KLEINE TYPOLOGIE.<br />

Ein <strong>Kiosk</strong> ist eine kleine Verkaufsstelle in Form eines Häus -<br />

chens oder einer Bude. Diese pavillonartigen, meist frei stehenden<br />

Gebäude gab es schon in der altägyptischen Archi -<br />

tektur, wo sie einer Gottheit als Aufenthaltsort dienten. Einige<br />

Jahr hunderte später nutzten Wohlhabende oder hohe<br />

Würden träger im islamischen Kulturkreis den <strong>Kiosk</strong> für den<br />

privaten Gebrauch im Garten oder aber auch als kleinen<br />

Straßenkiosk. Ein Diener saß im Innenraum des Häuschens,<br />

wo die Wasser krüge aufgewahrt wurden, und schenkte den<br />

Passanten kosten los Trinkwasser aus. Also schon damals<br />

waren die kleinen Pavillons genau wie die heutigen <strong>Kiosk</strong>e ein<br />

Anlaufpunkt für Durstige und Hungrige.<br />

Die alles entscheidende Kontaktstelle zwischen Verkäufer und<br />

Kunde damals wie heute ist die Durchreiche. Sie ist der wichtigste<br />

Teil des <strong>Kiosk</strong>s. Hier finden die soziale Interaktion und<br />

der Austausch von Ware und Geld statt. Deswegen wird rund<br />

um die Durchreiche das breite Angebot möglichst wirkungsvoll<br />

präsentiert. Überhaupt besteht ein <strong>Kiosk</strong> idealerweise vor<br />

allem aus Schaufenstern, wodurch der Flaneur angeregt werden<br />

soll, allerlei Kleinigkeiten zu kaufen. Des Weiteren schützt<br />

ein großes Vordach nicht nur die Ware vor Regen, sondern<br />

auch den Kunden. Auf der Suche nach dem Kleingeld ist eine<br />

Ablage für die Handtasche nützlich, damit sie nicht auf die<br />

Ware gelegt oder in den Straßenschmutz gestellt werden<br />

muss. Im Innern braucht man vor allem viel Stauraum, um all<br />

die Verkaufswaren lagern zu können. Denn wenn der <strong>Kiosk</strong><br />

nach einem langen Tag schließt, soll die Ware, die auch mitunter<br />

um den <strong>Kiosk</strong> herum angepriesen wird, vor Diebstahl<br />

geschützt werden. Es gibt <strong>Kiosk</strong>e, die wie ein Koffer zugeklappt<br />

werden können und nachts nichts mehr von ihrer Ware<br />

zeigen. Bei anderen schützen Gitter vor den Fenstern vor Ein -<br />

brechern. Was <strong>Kiosk</strong>e auszeichnet, ist ihre niedrige Hemm -<br />

schwelle. Man muss nicht in ein Geschäft und durch lange<br />

Regale gehen, sondern tritt direkt von der Straße an die<br />

Theke, verlangt nach der Ware und bezahlt. Außerdem geht<br />

der Einkauf sehr schnell: Von der Auswahl der Ware bis zum<br />

Bezahlen braucht es nur ein paar Sekunden.<br />

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In den letzten Jahren haben sich aber vor allem <strong>Kiosk</strong>e an größeren<br />

Haltestellen des öffentlichen Verkehrs zu kleinen<br />

Geschäften entwickelt. Durch eine Tür betritt man ein beheiztes<br />

Verkaufslokal und in langen Regalen sucht man das, was<br />

man auch im Supermarkt findet. Damit geht aber der Vorteil<br />

der niedrigen Schwelle und des raschen Einkaufens verloren.<br />

<strong>Kiosk</strong>e sind vielleicht gerade wegen der niedrigen Schwelle oft<br />

auch Orte des sozialen Austauschs. Nicht selten kennt die<br />

Verkäuferin ihre Kunden, die sich hier treffen, miteinander<br />

reden oder einfach nur dem Verkehr zuschauen. Für diese<br />

informellen und unverbindlichen sozialen Kontakte braucht es<br />

auch <strong>Kiosk</strong>e. Sie sorgen zudem aufgrund ihrer kleinen Gestalt<br />

für den menschlichen Maßstab in den Städten. In Dörfern<br />

findet man eher selten einen <strong>Kiosk</strong>, weil man sie dort nicht<br />

braucht, denn andere Lokale oder Plätze übernehmen die<br />

Funktion der wichtigen zwischenmenschlichen Kontakte.<br />

<strong>Kiosk</strong>e dienen als Treffpunkt, als Spätkauf, als Orientierungs -<br />

punkt und Haltestelle im Strom der Stadt. Ein <strong>Kiosk</strong> steht<br />

am Weg, ohne im Weg zu sein. Er steht da, wo sich die Wege<br />

der Fußgänger kreuzen, aber er behindert den Verkehr nicht.<br />

<strong>Kiosk</strong>e sind Tankstellen für Geist, Seele und Körper. Statt<br />

Benzin werden hier Zeitungen, Zigaretten und Süßes verkauft.<br />

Es gibt <strong>Kiosk</strong>e, da weist die architektonische Gestaltung auf<br />

das Angebot hin. Damit das Stadtbild aber nicht mit unterschiedlich<br />

gestalteten Kleinbauten zugestellt wird, gibt es<br />

immer wieder Versuche, einen <strong>Kiosk</strong>typ zu entwerfen, der sich<br />

für ganz unterschiedliche Nutzungen und Standorte eignet.<br />

Der wohl erfolgreichste Versuch ist der <strong>Kiosk</strong> des Typs K67,<br />

1966 entworfen vom slowenischen Architekten und Designer<br />

Saša J. Mächtig. Über Jugoslawien hinaus verbreitete sich<br />

dieser <strong>Kiosk</strong>typ rasch in ganz Osteuropa. Der <strong>Kiosk</strong> besteht<br />

aus einem quadratischen, zwei Meter breiten und 2,50 Meter<br />

hohen Grundmodul aus Kunststoff. Große Rahmen bilden die<br />

vier Seiten des <strong>Kiosk</strong>s. Diese können beliebig mit Fenstern,<br />

Türen, Durchreiche oder geschlossenen Teilen ausgestattet<br />

werden. An jeden Rahmen lässt sich ein weiteres Modul<br />

an docken, so dass der <strong>Kiosk</strong> theoretisch in alle Richtungen<br />

be liebig vergrößert werden könnte. Dazu gibt es weiteres<br />

Zu behör wie Vordächer, Regale, Theken oder Lichtkuppeln.<br />

Die <strong>Kiosk</strong>e des Typs K67 dienen neben dem Verkauf von<br />

Tabak waren und Presseerzeugnissen auch als Imbissstand,<br />

Warte- oder Wachhäuschen.<br />

Wenn <strong>Kiosk</strong>e nicht gerade Stadtverschönerungsinitiativen<br />

zum Opfer fallen, haben sie ein langes Leben, da sie über den<br />

Verkauf von Waren hinaus für verschiedene Nutzungen offen<br />

sind. So leben sie weiter als Kleingalerie, Unterstand für<br />

Schafe oder – wie früher bei den Sultanen – als Gartenhaus.<br />

Peter Sägesser<br />

www.ostarchitektur.com<br />

TIMISOARA<br />

Foto: Peter Sägesser<br />

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TIMISOARA GDYNIA<br />

Foto: Peter Sägesser Foto: Peter Sägesser<br />

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NOVA HUTA CHARKOV<br />

Foto: Peter Sägesser Foto: Peter Sägesser<br />

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BRESLAU CHARKOV<br />

Foto: Peter Sägesser Foto: Peter Sägesser<br />

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JERUSALEM TEL AVIV<br />

Foto: Nancy Jehmlich Foto: Nancy Jehmlich<br />

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FRANKFURT AM MAIN NOVI SAD<br />

Foto: Peter Sägesser<br />

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Foto: Peter Sägesser<br />

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GENF SHANGHAI<br />

Foto: Peter Sägesser<br />

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Foto: Peter Sägesser<br />

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