20130409-Schwarzbuch-Kohle
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Anfang der 90er-Jahre arbeitete der <strong>Kohle</strong>konzern RWE daran,<br />
den Braunkohletagebau Garzweiler südlich von Mönchengladbach<br />
auszudehnen und neue <strong>Kohle</strong>kraftwerke wie die in<br />
Neurath oder Hamm auf den Weg zu bringen. 1994 gründete<br />
RWE zu diesem Zweck eine konzerneigene PR-Tochter. Die<br />
Infrakom AG werde „den Kommunen in noch stärkerem Maße<br />
als bisher Dienstleistungen der Konzerngesellschaften anbieten“,<br />
erklärte RWE. 186<br />
Jochen Semmler, Oberstadtdirektor in Mönchengladbach,<br />
wurde von RWE zusammen mit dem Bochumer CDU-Fraktionschef<br />
Lothar Gräfi ngholt in die Geschäftsführung berufen.<br />
Garzweiler II sollte direkt bis an die südliche Stadtgrenze von<br />
Mönchengladbach reichen. Der Gesellschaftsvertrag von Infrakom<br />
legte für beide Geschäftsführer als Aufgaben fest: „der<br />
Auf- und Ausbau von Kontakten zu Trägern der öffentlichen<br />
Stanislaw Tillich entstammt einer sorbischen Familie in<br />
Sachsen. In der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR<br />
kümmerte er sich um die Belange ethnischer Minderheiten<br />
wie der Sorben. 2008 wurde Tillich Ministerpräsident in Sachsen.<br />
Seitdem macht er mobil gegen die Sorben, speziell gegen<br />
ihre Siedlungsgebiete in der Lausitz. Denn diese sind von<br />
neuen Tagebauen bedroht. 189<br />
„Ohne eine verlässliche Grundlast und die kostengünstige<br />
einheimische Braunkohle kann die Energiewende nicht gelingen.“<br />
Die geht für Sachsens Ministerpräsidenten ohnehin viel<br />
zu schnell: Erneuerbare Energien dürften nicht planlos ans<br />
Netz gehen, „sondern im Schritttempo“. Tillich möchte von der<br />
Bundesregierung ein Bekenntnis zum „heimischen Energieträger“:<br />
190 „Wir wären das einzige Land weltweit, das einen<br />
Rohstoff hat und nicht nutzt.“ 191<br />
Jochen Semmler<br />
Mönchengladbachs Oberstadtdirektor<br />
macht PR für RWE<br />
Partei: CDU<br />
Entscheidende Funktion: Oberstadtdirektor in Mönchengladbach<br />
Typ: Doppelspieler<br />
Hand; das Angebot der Dienstleistungen (...) des RWE-Konzerns<br />
an die Träger der öffentlichen Hand.“ 187<br />
2004 legte RWE seine Tochter Infrakom offi ziell still, nachdem<br />
kostenlose Stromlieferungen und Gehaltsfortzahlungen<br />
an ehemalige Mitarbeiter mit Abgeordnetenmandat bekannt<br />
geworden waren. Ein Jahr später reagierte der Konzern mit<br />
einem neuen „Verhaltenskodex“, um weitere Skandale zu vermeiden.<br />
Demnach darf RWE keine Mitarbeiter mehr beschäftigen,<br />
die hauptberufl ich öffentliche Ämter ausüben oder politische<br />
Mandate innehaben. 188<br />
Stanislaw Tillich<br />
Verantwortlich für die Umsiedelung<br />
sorbischer Dörfer<br />
Geburtsjahr: 1959<br />
Partei: CDU<br />
Entscheidende Funktion: Ministerpräsident Sachsen<br />
Typ: Überzeugungstäter<br />
<strong>Schwarzbuch</strong> <strong>Kohle</strong>politik<br />
Tillich hat die geplante Erweiterung des ostsächsischen Tagebaus<br />
Nochten verteidigt. Der Ministerpräsident räumte ein,<br />
dass die Umsiedlung eine „enorme Belastung für die Menschen“<br />
bedeute, die den eigenen Hof, ein Grundstück oder ein<br />
Stück Familiengeschichte aufgeben müssten. Einen großen<br />
Arbeitgeber in der Region zu haben, der weiter Braunkohle<br />
fördern wolle, sei eine Chance für die Bürger. „Sachsen steht<br />
zur Braunkohle“, sagte Tillich. 192<br />
Zur Kompensation des Atomausstiegs solle mehr Braunkohle<br />
gefördert werden, rät Stanislaw Tillich. In einer Regierungserklärung<br />
sagte er Ende 2011: „Noch sind die Erneuerbaren<br />
Energien nicht grundlastfähig. Die Koalition aus CDU und FDP<br />
sieht deshalb in unserer sächsischen Braunkohle den natürlichen<br />
Partner der Erneuerbaren Energien – die Braunkohleverstromung<br />
als Brückentechnologie in eine Zukunft, in der<br />
Sachsen weiter Energieland sein wird.“ 193<br />
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