Projektdokumentation 2007-2012 - Stadt Wuppertal
Projektdokumentation 2007-2012 - Stadt Wuppertal
Projektdokumentation 2007-2012 - Stadt Wuppertal
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Die Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> ist ein<br />
Projekt der <strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong>, gefördert im Rahmen<br />
des Programms „<strong>Stadt</strong>umbau West“.<br />
Städtische Projektleitung:<br />
Ressort <strong>Stadt</strong>entwicklung und Städtebau<br />
Rainer Knecht, Tel.: 0202-563 5943<br />
E-Mail: rainer.knecht@stadt.wuppertal.de<br />
Projektbeirat:<br />
MaklerNetzwerk <strong>Wuppertal</strong><br />
Wirtschaftsförderung <strong>Wuppertal</strong><br />
Büro für Quartierentwicklung<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong><br />
Das Team der Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong>:<br />
ORG.BERATUNG Schulten & Weyland<br />
Thomas Weyland, Projektteamleitung<br />
Gaby Schulten, Ko-Projektteamleitung<br />
Zimmerstr. 40, 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />
Tel.: 0202-495 7018, Fax: 0202-495 7017<br />
E-Mail: info@zwischennutzungsagentur-wuppertal.de<br />
Internet: www.zwischennutzungsagentur-wuppertal.de<br />
Rolf Martin I bau bau 8<br />
Freier Landschaftsarchitekt (AKNW)<br />
Schreinerstr. 31, 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />
Tel.: 0202-265 6151<br />
Stephanie A. Herpich M.A.<br />
kreation|marketing|pr|medien<br />
Dorotheenstraße 34, 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />
Tel.: 0160-51 25 829<br />
Impressum:<br />
ORG.BERATUNG Schulten & Weyland<br />
Zimmerstr. 40, 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />
Tel.: 0202-495 7018<br />
Fax: 0202-495 7017<br />
E-Mail: info@zwischennutzungsagentur-wuppertal.de<br />
Gestaltung: picnic-design.de<br />
Text: Stephanie A. Herpich<br />
© September <strong>2012</strong> Zwischennutzungsagentur<br />
<strong>Wuppertal</strong><br />
PROJEKTDOKUMENTATION<br />
<strong>2007</strong> - <strong>2012</strong>
INHALT<br />
3<br />
5<br />
7<br />
9<br />
11<br />
13<br />
15<br />
16<br />
18<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
25<br />
26<br />
27<br />
29<br />
29<br />
31<br />
32<br />
33<br />
35<br />
37<br />
38<br />
40<br />
42<br />
Vorwort<br />
Einleitung<br />
<strong>Stadt</strong>teilübergreifende Projekte<br />
Gegensätze<br />
Bohm & Böhmer<br />
Der Arrenberg vor und zurück<br />
Der Arrenberg is(s)t!<br />
GrebnerrA | Arrenberg | Umdenken<br />
Innenansichten<br />
Im Blick: Der Mikrostandort<br />
Eine ganze Straße gegen Grau<br />
K1 Art-Café<br />
Mahlzeit I Gerüch(t)eküche<br />
Wanderung I Tanzperformance und Videoinstallation<br />
brink # Ereignis zwischen Kunst und Wissenschaft<br />
Generationenprojekte<br />
altGOLD & jungBLUT<br />
Kinder entdecken ihren <strong>Stadt</strong>teil<br />
Schreibwerkstatt Marienstraße<br />
Ahhhh Monsterbahn - kleiner Raum ganz groß<br />
Kreativstandorte<br />
O.L.G.A. I Raum für Kunst<br />
WOGA - Die Menschen hinter den Kunstwerken erleben<br />
Raum für die Ohren - Eine Klang-Raum-Installation<br />
Dauernutzung als Perspektive<br />
Die Yoga-Schule und der Immobilienfonds<br />
Zwischennutzung -> Dauernutzung<br />
„proviel“ zeigt Profil<br />
Zwischennutzung und Netzwerken<br />
SWANE-Design im Blumenladen<br />
Interview mit einer Zwischennutzerin<br />
Zwischennutzung ohne Agentur<br />
Ausblick - Zwischennutzung wird zum Selbstläufer<br />
Schaufenster Reden - <strong>Stadt</strong>spaziergang zu den Perspektiven<br />
von Zwischennutzung<br />
1
Vorwort<br />
Nach fünfjähriger Laufzeit beendet die Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> ihre<br />
Arbeit. Das im Rahmen des Programms <strong>Stadt</strong>umbau West mit Mitteln des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen, des Bundes und der Europäischen Union geförderte Projekt<br />
verfolgt das Ziel, leerstehenden Ladenlokalen in ausgewählten <strong>Wuppertal</strong>er<br />
<strong>Stadt</strong>teilen eine neue Perspektive zu geben.<br />
Über die Erfolge aber auch über die Stolpersteine dieses Projektansatzes wurde<br />
bereits in der im Februar 2010 erschienenen Veröffentlichung „Den Leerstand nutzen<br />
- Erfahrungen mit der Zwischennutzung von Ladenlokalen in <strong>Wuppertal</strong>“ ausführlich<br />
berichtet.<br />
Mit der nun vorgelegten <strong>Projektdokumentation</strong> sollen die in den vergangenen fünf<br />
Jahren durchgeführten Projekte und Aktionen in Ladenlokalen in kompakter Form<br />
dargestellt werden. Die <strong>Projektdokumentation</strong> möchte als Ideenpool dienen und zur<br />
Nachahmung anregen. Dabei erhoffe ich mir, dass die mit diesem Projekt gesetzten<br />
Impulse die handelnden Akteure ermuntern - auch ohne eine öffentliche Förderung<br />
- die aufgezeigten Wege weiter zu gehen.<br />
Zum Abschluss der Zwischennutzungsagentur bedanke ich mich bei all denen, die<br />
die Durchführung der vielfältigen Projekte ermöglicht haben: den Eigentümern von<br />
Ladenlokalen, die sich auf das „Wagnis“ eingelassen haben, den Künstlern und<br />
Aktiven mit ihren großartigen Nutzungsideen, den Multiplikatoren in den <strong>Stadt</strong>teilen,<br />
die viele Aktionen angestoßen und unterstützt haben und natürlich den Fördermittelgebern.<br />
Mein Dank gilt auch dem Projektbeirat, der die Zwischennutzungsagentur stets<br />
konstruktiv begleitet hat. Und schließlich bedanke ich mich bei dem Büro<br />
ORG.BERATUNG für seine engagierte Arbeit.<br />
Frank Meyer<br />
Beigeordneter der <strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong><br />
Geschäftsbereichsleiter <strong>Stadt</strong>entwicklung, Bauen,<br />
Verkehr, Umwelt<br />
3
4<br />
Z: wie Zwischennutzung<br />
Um auf die Möglichkeit der<br />
Zwischennutzung aufmerksam zu<br />
machen, wurde an Schaufenstern<br />
leerstehender Ladenlokale ein<br />
großes Z-Logo sowie erläuternder<br />
Text aufgeklebt. Natürlich in<br />
Absprache mit den Eigentümern.<br />
Durch diese Art der Öffentlichkeitsarbeit<br />
konnte ein Teil der Nutzungsanfragen<br />
akquiriert werden.<br />
Einleitung<br />
Was bedeutet Leerstand? Bietet Leerstand neue Chancen? Die in dieser Broschüre<br />
beschriebenen Projekte und Zwischennutzungen zeigen auf, was alles in leeren<br />
Räumen stattfinden kann. In sechs <strong>Wuppertal</strong>er <strong>Stadt</strong>teilen (Arrenberg, Nordstadt,<br />
Oberbarmen, Ostersbaum, Unterbarmen, Wichlinghausen) wurde mit verschiedenen<br />
Projekten, Vorhaben und Unternehmungen lokale Ökonomie und (sozio-)kulturelles<br />
Leben unterstützt. Von Mai <strong>2007</strong> bis Juni 2010 und in einer letzten Phase von<br />
September 2011 bis August <strong>2012</strong> konnten über 90 Zwischen- und Dauernutzungen<br />
vermittelt werden. Dennoch: die hier aufgeführten Projekte zeigen nur einen<br />
Bruchteil dieser Nutzungsideen und -konzepte, die in den vergangenen Jahren realisiert<br />
wurden.<br />
Damit die Vielfalt der Projekte eingeordnet werden kann, wurden Cluster gebildet, in<br />
denen Projekte mit ähnlichen Nutzungsentwürfen gebündelt werden. <strong>Stadt</strong>teilübergreifende<br />
Projekte, wie die „Gegensätze“ oder „Bohm & Böhmer“ sollen in<br />
ihrem künstlerischen Gehalt dargestellt werden und auch auf die stadtweite<br />
Dimension von Leerstand hinweisen.<br />
Der <strong>Stadt</strong>teil Arrenberg nimmt eine besondere Rolle in der Arbeit der Zwischennutzungsagentur<br />
(ZNA) ein, weil hier Projekte unterstützt und befördert werden<br />
konnten, in deren Zentrum die Diskussion um <strong>Stadt</strong>teilentwicklung stand. So hat<br />
das Projekt „Der Arrenberg is(s)t“ die Gründung des Vereins „Aufbruch am<br />
Arrenberg“ wesentlich befördern können.<br />
Das Miteinander von Alt und Jung und der Versuch, gerade für die Jungen neue,<br />
noch ungeregelte Räume nutzbar zu machen, spiegelt sich in den Generationenprojekten<br />
wider.<br />
„O.L.G.A. – Raum für Kunst“ ist wohl das Paradebeispiel für eine kreativ-künstlerische<br />
Nutzung eines Leerstands - und die gelungene Etablierung eines neuen<br />
Kreativstandortes.<br />
Bei dem Projekt „SWANE-Design“ wird deutlich, dass Zwischennutzungen umso<br />
erfolgreicher sind, je besser sie im <strong>Stadt</strong>teil vernetzt sind. Die dargestellten Projekte<br />
zeigen auch: Erst der leere Raum regt zum Nachdenken über Neues an!<br />
5
Projektorte<br />
Nordstadt, Arrenberg, Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte<br />
Martin Heuwold, Kolja Kunstreich<br />
Laufzeit<br />
Juni bis August 2010<br />
Kosten<br />
5.500 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.gegen-sätze.de<br />
<strong>Stadt</strong>teilübergreifende Projekte<br />
Gegensätze<br />
Geben und Nehmen, Sein oder Nichtsein, Hin und weg, Sehen und gesehen werden –<br />
Gegensätze? Schaufenster als Bühne für schwarz und weiß und noch viel mehr ...<br />
Das Projekt „Gegensätze“ wurde von den Künstlern Martin Heuwold und Kolja<br />
Kunstreich in leerstehenden Ladenlokalen Wichlinghausens, der Nordstadt und am<br />
Arrenberg umgesetzt. Wie viele andere Projekte der Zwischennutzungsagentur sollte<br />
auch hier auf die Leerstandsproblematik und die damit verbundenen sozialen<br />
und ökonomischen Probleme für den <strong>Stadt</strong>teil aufmerksam gemacht werden.<br />
Leitgedanke war es, aufzuzeigen, wie ungenutzte „tote“ und „verödete“ Ladenlokale<br />
im Gegensatz zu Ladenlokalen, die mit „Leben“ gefüllt sind, auf ihre Umgebung wirken.<br />
Der angesprochene inhaltliche Gegensatz zwischen Leben und Verödung war der<br />
Grund für die durchgehende Schwarz-Weiß-Gestaltung. „Die visuell-augenscheinlichen<br />
Kontraste der unbunten Farben konzentrierten sich ganz von allein auf den<br />
eigentlichen Gedanken des Projektes“. Kolja Kunstreich<br />
Des Weiteren bot diese Form der Gestaltung einen hohen Wiedererkennungswert.<br />
So wurden verschiedene Schaufenster miteinander in Verbindung gebracht und die<br />
Betrachter immer wieder mit der Intention des Projektes konfrontiert. Durch die wiederkehrende<br />
Beschäftigung mit dem Thema wurde ein „<strong>Stadt</strong>gespräch“ erzeugt,<br />
dass auf die Missstände in dem <strong>Stadt</strong>teil aufmerksam machte. Nachdenken und<br />
Perspektivwechsel waren das Ergebnis.<br />
6 7
8<br />
Projektorte<br />
Nordstadt, Arrenberg, Ostersbaum,<br />
Unterbarmen, Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte<br />
Wolfgang Sucher, Winfried Walgenbach<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 800 Zuschauer/innen,<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
August 2008 bis Juni 2009<br />
Kosten<br />
5.700 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.bohm-boehmer.de<br />
Bohm & Böhmer<br />
„Die Idee ist genial, die Umsetzung auch: Auf Anregung der Zwischennutzungsagentur<br />
<strong>Wuppertal</strong>, die im Auftrag der <strong>Stadt</strong> ungenutzte Ladenlokale im <strong>Stadt</strong>gebiet belebt und<br />
neue Nutzungen unterstützt, spielen Winfried Walgenbach und Wolfgang Suchner in<br />
leer stehenden Läden das Stück „Bohm und Böhmer“ des norwegischen<br />
Theatermachers Lars Vik – ein außerzeitliches szenisches Miteinander zweier Überlebenskünstler,<br />
die den Tag damit verbringen, einander Geschichten zu erzählen.“<br />
Katrin Ann Kunze im 'engels' 10/08<br />
Da waren unter anderem ein ehemaliger Blumenladen, ein verwahrloster Kiosk, eine<br />
leere Bäckerei, ein Imbiss und ein Drogeriemarkt. Insgesamt waren es sieben leerstehende<br />
Ladenlokale, die die ZNA an zwei <strong>Wuppertal</strong>er Künstler vermittelte. Ein<br />
„Theater vor der Haustür“ war das gemeinsame Ziel – das Projekt „Bohm &<br />
Böhmer“ das Ergebnis. Erzählt wurde in dem Stück von zwei Wohnungslosen,<br />
denen nicht viel geblieben ist außer ihrer Freundschaft und einer glühenden<br />
Leidenschaft für Geschichten von Riesen, Zwergen, dummen Königinnen und<br />
Jungen, die ewig leben wollen.<br />
„Suchner und Walgenbach schwingen sich mitreißend vielseitig in spielerische Höhen<br />
auf, um im nächsten Moment treffsicher wunderbare Pointen zu landen.“<br />
J. Degenkolb in der WZ vom 3.9.08<br />
Der Aufwand hat sich gelohnt. Zwischen August 2008 und Juni 2009 wurde die<br />
Produktion an insgesamt 42 Terminen aufgeführt. Mehr als 800 Menschen zwischen<br />
10 und 80 Jahren kamen zu Besuch. Das waren die <strong>Stadt</strong>teilbewohner<br />
selbst, aber auch die „üblichen Verdächtigen“ aus der <strong>Wuppertal</strong>er Kulturszene.<br />
Besonders erfreulich war, dass viele Kinder und Jugendliche zu den Vorstellungen<br />
kamen. Auch das Medieninteresse war beachtlich. Monatsmagazine informierten<br />
ebenso wie die Tagespresse und auch der WDR filmte vor Ort und berichtete ausführlich<br />
in der Lokalzeit.<br />
9
10<br />
Projektort<br />
Arrenberg<br />
Projektbeteiligte<br />
<strong>Stadt</strong>teilakteure<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 80 Gäste<br />
Laufzeit<br />
Februar bis September 2008<br />
Kosten<br />
3.800 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.aufbruch-am-arrenberg.de<br />
Der Arrenberg - vor und zurück<br />
und ist noch immer<br />
„Wir peppen das Altbekannte auf, erweitern es durch neue Ideen und wollen<br />
Interesse ernten. Die Hausmannskost wird verfeinert, neue Kreationen entstehen.<br />
Beim Essen gelingt das recht schnell mit Hilfe eines anderen Gewürzes oder verrückter<br />
Mischungen von konservativ und modern. Das Rezept ist denkbar einfach.“<br />
Rolf Martin, ZNA<br />
Ein Beispiel für die gelungene Aktivierung von Leerstand ist das Projekt<br />
„Der Arrenberg is(s)t“ aus dem Jahr 2008. Die Zwischennutzungsagentur (ZNA)<br />
<strong>Wuppertal</strong> nahm sechs leerstehende Ladenlokale des Viertels ins Visier und richtete<br />
sechs Abendessen aus. Geladen wurden jeweils 12 Gäste aus der Nachbarschaft,<br />
darunter Unternehmer, Immobilieneigentümer oder auch einfache Bewohner des<br />
<strong>Stadt</strong>teils. Diese trafen auf Akteure aus den Bereichen Kultur, Politik, Verwaltung<br />
sowie dem Kreis der sozialen Träger.<br />
Der Hintergedanke der ZNA war die zielgerichtete Vernetzung der Menschen des<br />
Quartiers und der Akteure untereinander. Natürlich zum Thema Zwischennutzung.<br />
Was am Ende entstand, war eine konkrete Idee, die sich wenig später als Initiative<br />
„Aufbruch am Arrenberg e.V.“ realisierte und bis heute selbst organisiert. Der Verein<br />
setzt sich inzwischen aus Anwohnern, Unternehmern, Immobilienbesitzern und weiteren<br />
Multiplikatoren zusammen. Aktiver Austausch und kreative <strong>Stadt</strong>teilarbeit stehen<br />
im Fokus.<br />
11
Projektort<br />
Arrenberg<br />
Projektbeteiligte<br />
ca. 20 Studierende des Fachbereichs<br />
Architektur der Universität <strong>Wuppertal</strong><br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 100 Gäste<br />
Laufzeit<br />
August 2008<br />
Kosten<br />
0 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
Häusler, Axel (Hrsg.)<br />
Das war nicht Monaco hier I<br />
Blickpunkte Städtischer Nachbarschaft<br />
Berlin 2010<br />
GrebnerrA | Arrenberg | Umdenken<br />
Was ist nun dran an der Nachbarschaft?<br />
Studio GrebnerrA<br />
„Die Studenten erarbeiteten hier Initiale für die <strong>Stadt</strong>entwicklung im<br />
Quartier Arrenberg“ Axel Häusler, Uni <strong>Wuppertal</strong><br />
Der Begriff der Nachbarschaft hat zunächst weder eine räumliche noch eine zeitliche<br />
Komponente. Vielmehr drückt er einen Funktionszusammenhang mindestens<br />
zweier Akteure aus. Wie lange die Nachbarschaft schon existiert oder wie viele<br />
Parteien sich unter diesem Begriff zusammenfassen lassen, ist damit noch nicht<br />
gesagt. Das Interessante am Begriff Nachbarschaft ist aber, dass er bei jedem von<br />
uns eine Vielzahl von Bildern auslöst. Gelebte Nachbarschaften im Wohngebiet mit<br />
Straßenfesten, Straßenkreide, Gartenzaunkultur, Mittagsruhe, Spielstraße oder auch<br />
Fahrstuhlbekanntschaften und Flurnachbarn in Metropolen. Nachbarschaft hat<br />
viele Komponenten. Vertrauensbeziehungen, Netzwerke, gemeinschaftliche Hilfe,<br />
aber auch Konflikte und Streitereien. Handlungen, Intentionen und unterschiedlichste<br />
Wertvorstellungen sind es, die hier räumlich und zeitlich zusammenfallen.<br />
Mit dem Gedankenspiel, welche Fülle an Informationen dem Begriff Nachbarschaft<br />
innewohnt, hat sich das Projekt Studio GrebnerrA auseinandergesetzt. Hierzu wurde<br />
in der leerstehenden ehemaligen Mensa des Schwesternwohnheims im Quartier<br />
Arrenberg ein Arbeitsstudio eingerichtet, in dem Studierende ein ganzes Semester<br />
forschen und arbeiten konnten. In einer Zwischen- und Endpräsentation wurden die<br />
Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
12 13
14<br />
15<br />
Projektort<br />
Arrenberg<br />
Projektbeteiligte<br />
Aufbruch am Arrenberg, ca. 20 Aktive<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 70 Besucher der Zwischenpräsentation<br />
und während der Öffnungszeiten<br />
Passant der Güterstraße<br />
Laufzeit<br />
April bis September <strong>2012</strong><br />
Kosten<br />
ca. 2.500 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.fotoprojekt-arrenberg.de<br />
Innenansichten<br />
109 nebenan - Fotoprojekt Arrenberg<br />
„Jeder, der am Arrenberg wohnt oder arbeitet kann mitmachen.<br />
Die Menschen sollen sich einmischen!“ Olaf Faustmann, Fotograf<br />
Der Verein Aufbruch am Arrenberg e.V. initiierte 2011 ein Fotoprojekt - „Zeigt uns<br />
euren Arrenberg!“ Ziel dieses Projektes war es, mit erwachsenen Bürgern, die im<br />
Quartier Arrenberg wohnen und/oder arbeiten, fotografisch den <strong>Stadt</strong>teil zu erkunden<br />
und sich mit der vorgefundenen Situation auseinanderzusetzen. Das Feedback<br />
war äußerst positiv und schnell bildete sich eine Gruppe von Profi- und Laienfotografen,<br />
die zum genannten Thema umfangreiches Fotomaterial erarbeiteten.<br />
Eine Auswahl der Arbeitsergebnisse wurde damals im Rahmen der regelmäßig stattfindenden<br />
Aktion „<strong>Wuppertal</strong>er Offene Galerien und Ateliers“ (WOGA) der Öffentlichkeit<br />
präsentiert.<br />
Unter dem Titel „Innenansichten vom Arrenberg“ wurde das Fotoprojekt <strong>2012</strong> fortgesetzt<br />
und diesmal die Lebens- und Arbeitssituation am Arrenberg in den Blick<br />
genommen. Vorrangiges Ziel: Menschen des Quartiers und deren Geschichten zu<br />
dokumentieren und zu illustrieren. Die Ergebnisse wurden zunächst in einem eigens<br />
eingerichteten Webblog gesammelt.<br />
Im Zusammenhang mit dem Thema „Zwischennutzung“ ist dieses Projekt sehr<br />
interessant, da mit der Fotogruppe ein neuer Akteur aus der Quartiersbewohnerschaft<br />
entstanden ist, der durch seine fotografische Arbeit Quartierwissen zusammenträgt<br />
und Fragen erarbeitet, aus denen sich neue Nutzungen für einzelne<br />
Gebäude ergeben können - und somit Entwicklungsperspektiven für den gesamten<br />
<strong>Stadt</strong>teil.<br />
Ein leerstehendes Ladenlokal wurde hergerichtet und temporär zu einer Kommunikationsplattform<br />
mit vielfältigen Nutzungen: als Fotostudio, als Galerie, als Arbeitsraum<br />
der Fotogruppe und als unverbindlicher aber informativer Treffpunkt für die<br />
Bewohner des Viertels.<br />
Die Ergebnisse der Fotogruppe wurden in Bildern und Texten in den Schaufenstern<br />
und im Ladenlokal präsentiert. Während der Anwesenheit der Fotogruppe war die<br />
Galerie auch für Besucher geöffnet. Um möglichst vielen Interessierten einen<br />
Besuch der Galerie zu ermöglichen, wurden darüber hinaus besondere Öffnungszeiten<br />
an drei Tagen der Woche geboten. Die Internetplattform ergänzte die<br />
Kommunikation außerhalb der Öffnungszeiten.<br />
15
Im Blick: Der Mikrostandort<br />
Eine ganze Straße gegen Grau<br />
Leerstand zeigt Farbe und mehr ...<br />
In Wichlinghausen führte die Zwischennutzungsagentur drei sich ergänzende<br />
Projekte durch. Von <strong>2007</strong> bis heute wurden an verschiedenen Standorten auf der<br />
Wichlinghauser Straße ein überdimensionaler Adventskalender, das Projekt<br />
„Leerstand zeigt Farbe“ und der Heine-Kunst-Kiosk installiert. Als wichtige<br />
Verkehrsachse für Autofahrer und Fußgänger wirkt das marode Erscheinungsbild<br />
der Straße nicht nur auf die vor Ort lebenden und arbeitenden Menschen negativ,<br />
durch die Konzentration des Leerstands werden auch potenzielle neue Mieter abgeschreckt.<br />
Das angekratzte Bild der Hauptstraße wandelte sich durch die temporären<br />
Aktionen immer wieder zu einem mit Bewegung und Farbe gefüllten Fleck des<br />
Viertels.<br />
Den Auftakt machte der Künstler Sala Seddiki, mit seinem „Adventskalender“ in<br />
einem Ladenlokal in der Wichlinghauser Straße 21. 24 Motive leuchteten an 24<br />
Tagen. „Kunst auf Augenhöhe“ kann man sagen, denn vor allem den Insassen der<br />
Linienbusse war die bunte Film- und Diaprojektion eine angenehme Abwechslung<br />
auf ihren täglichen Fahrten. Die Botschaft hinter der Aktion wurde von den<br />
Passanten im Verkehr auch mit leichtem Augenzwinkern interpretiert: „Hallo, ich<br />
bin ein leerer Raum. Ich werde zwischengenutzt. Hier besteht Handlungsbedarf!“<br />
Im Frühjahr 2009 wurde der „Heine-Kunst-Kiosk“, eine Plattform für temporäre<br />
Projekte, geboren. Als Schnittstelle von Kunst und Literatur versteht sich das<br />
Projekt, dass nun seit mehr als drei Jahren unterhalb des Viadukts an der<br />
Wichlinghauser Straße 29a augenzwinkernd das Firmenschild der Schreinerei<br />
Heinrich Heine „nutzt“. Das er bis heute überleben würde, hätte man anfangs nicht<br />
erwartet. Bei der ersten Aktion wurde ein Text von Heinrich Heine mit weißer Farbe<br />
auf die Schaufenster des leerstehenden Kiosks aufgetragen:<br />
16<br />
Projektort<br />
Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte Sala Seddiki<br />
Öffentliche Resonanz<br />
Passanten der Wichlinghauser Straße<br />
Laufzeit<br />
November und Dezember <strong>2007</strong><br />
Kosten 1.300 Euro*<br />
Projektort<br />
Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte<br />
Barbara Held, Boris Meißner<br />
Öffentliche Resonanz<br />
mehrere Hundert Besucher der Ausstellungen,<br />
Passanten der Wichlinghauser Straße<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
März 2009 bis heute<br />
Kosten<br />
1.300 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.b-held-kunst.de/heine-kiosk<br />
Projektort<br />
Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte<br />
Michael Hoffmann / K1 Art-Café<br />
Öffentliche Resonanz<br />
Passanten der Wichlinghauser Straße<br />
Laufzeit<br />
Februar bis März 2009<br />
Kosten<br />
2.400 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.k1artcafe.de<br />
„Hier (in Paris) herrscht gegenwärtig die größte Ruhe. Ein abgematteter, schläfriger,<br />
gähnender Friede. Es ist alles still, wie in einer verschneiten Winternacht.<br />
Nur ein leiser monotoner Tropfenfall. Das sind die Zinsen, die fortlaufend hinabträufeln<br />
in die Kapitalien, welche beständig anschwellen: man hört ordentlich,<br />
wie sie wachsen, die Reichtümer der Reichen. Dazwischen das leise Schluchzen<br />
der Armut. Manchmal auch klirrt etwas wie ein Messer, das gewetzt wird.“<br />
Pariser Berichte 1840-1848<br />
Der Heine-Kunst-Kiosk, der anfangs ein Projekt der Zwischennutzungsagentur war,<br />
wird inzwischen unabhängig betrieben und präsentiert seit 2010 in zwei- bis dreimonatiger<br />
Taktung Bild- und Textkunst im öffentlichen Raum. Vornehmlich<br />
Jugendliche mit Migrationshintergrund erhalten hier eine Bühne für ihre Kunst und<br />
können so über ihre Hintergründe, Gefühle und Perspektiven berichten.<br />
Aller guten Dinge sind drei und so entstand zuletzt auch die Idee zur Aktion<br />
„Leerstand zeigt Farbe“. Ab März 2010 wurden sechs Ladenlokale entlang der<br />
Wichlinghauser Straße bewusst anders präsentiert. Die farbenfrohe Gestaltung der<br />
leeren Schaufenster sollte Mietinteressenten anziehen und das Straßenbild temporär<br />
verändern. Die Schaufenster wurden dazu ganzflächig von außen mit unterschiedlich<br />
farbiger Folie beklebt, so dass große schreiende Flächen das Straßenbild<br />
belebten und auf den Leerstand hinwiesen. Aus den Folien wurde in der Mitte die<br />
jeweilige Hausnummer der Immobilie als große Ziffer ausgeschnitten, damit partiell<br />
in das Ladenlokal hineingesehen werden konnte. Der Künstler Michael Hoffmann<br />
wollte mit der Aktion Aufbruch an die Stelle von Apathie rücken.<br />
17
K1 Art-Café<br />
Im Zentrum von Wichlinghausen, in einem alten Fachwerkhaus, nicht weit vom<br />
Wichlinghauser Markt entfernt, hat in der Oststraße 12 das K1 Art-Café sein Domizil.<br />
Neben kulinarischen Angeboten ist Kunst und Kultur das zweite Standbein des<br />
neuen Unternehmens.<br />
Das K1 Art-Café wird von Michael Hoffmann betrieben, der selbst Künstler ist und<br />
Tonskulpturen sowie Porzellanobjekte fertigt. Was man in herkömmlichen Galerien<br />
kurzzeitig durch eine Vernissage erreicht, wird im K1 Art-Café permanent geboten.<br />
Von den Kunstwerken umgeben einen Kaffee und mehr zu genießen, ist Kaffeehauskultur<br />
im besten Sinn. Das Café als Treffpunkt wird zum Ort der Kommunikation,<br />
der Stimulation und der Entspannung.<br />
Stephanie Herpich (ZNA) sprach mit Michael Hoffmann über Zwischennutzung,<br />
bürgerliches Engagement und Kultur in Wichlinghausen und die Rolle der ZNA<br />
<strong>Wuppertal</strong>.<br />
Sie eröffneten im November <strong>2007</strong> das K1. Wie kam es dazu?<br />
M.H.: Es war eine ganz spontane Idee. Das Ladenlokal, in dessen Nähe ich und<br />
meine Frau wohnen, stand plötzlich leer. Ich selbst bin Künstler und hatte schon<br />
lange den Traum von einem Treffpunkt in Wichlinghausen, an dem sich Kreative<br />
begegnen, sich gegenseitig inspirieren, zusammenarbeiten und so anderen<br />
Menschen lokale Kunst und Kultur näher bringen. So kontaktierte ich den Vermieter<br />
und wir kamen ins Geschäft. Für mich war das ein Sprung ins kalte Wasser.<br />
Welche Rolle spielte dabei die ZNA <strong>Wuppertal</strong>?<br />
M.H.: Von der ZNA hatte ich seinerzeit durch das <strong>Stadt</strong>gespräch schon gehört. Ich<br />
wandte mich an sie in der Hoffnung, einen günstigeren Mietpreis zu erhalten. Das<br />
brachte allerdings damals nicht den gewünschten Erfolg. Ich musste dem<br />
Eigentümer von Beginn an die volle Miete zahlen. Das Ladenlokal in guter Lage hatte<br />
18<br />
noch nicht lange genug leergestanden und so gab es keinen Grund, uns da entgegenzukommen.<br />
Den Kontakt zur ZNA habe ich aber gehalten. Wir setzten dann einige<br />
Jahre später das Projekt „Leerstand zeigt Farbe“ auf der Wichlinghauser Straße<br />
zusammen um. Da hat mir die ZNA viele Türen geöffnet und Zugang zu<br />
Leerständen verschafft, in deren Schaufenstern ich meine Installationen platzieren<br />
konnte. Den Kontakt halte ich auch heute noch, denn ich wünsche mir noch weitere<br />
Aktionen, die sich positiv auf das <strong>Stadt</strong>bild auswirken. Der Leerstand ist weiterhin<br />
ein Problem an unserer Hauptstraße und meines Erachtens sollte es mehr und dauerhaftere<br />
Kultur- und Kunstoperationen geben, die auf den Verfall hinweisen und,<br />
wenn sie ihn schon nicht aufhalten, dann zumindest schöner aussehen lassen.<br />
Wie funktioniert Kultur in Wichlinghausen und hat sich da etwas verändert, seitdem<br />
Sie aktiv wurden?<br />
M.H.: Die ersten Jahre waren sehr schwer. Eine Kunstszene war zwar vorhanden,<br />
aber sehr klein. Nach und nach entwickelte sich spürbar mehr. Es gibt bis heute<br />
einen sichtbaren Zuwachs an Galerien. Auch unser neuestes Projekt<br />
„Wichlinghauser Erzählrunde“, die Idee meiner Frau Marie-Luise Barkhoff, verzeichnet<br />
immensen Erfolg. Durch die begonnene Kooperation mit dem Nordstädter<br />
Bürgerverein blicken wir optimistisch in die Zukunft und freuen uns auf insgesamt<br />
vier Erzählrunden in diesem Jahr.<br />
19
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
iussa & ufermann,<br />
Förderverein Elberfelder Nordstadt e.V.<br />
Öffentliche Resonanz<br />
mehrere hundert Besucher der Veranstaltungen<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
April bis September <strong>2007</strong><br />
Kosten<br />
3.700 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.nord-stadt.de/de/artikel/die-geruechtekueche<br />
Mahlzeit | Gerüch(t)eküche<br />
Was sonst der wenig originelle Gruß zur Mittagszeit übers Kantinen-Tablett hinweg ist,<br />
bekommt auf dem <strong>Wuppertal</strong>er Ölberg eine ganz neue Bedeutung.<br />
Eine ungewöhnliche Ausstellung im <strong>Stadt</strong>viertel wurde vom Verein zur Förderung<br />
des Arbeitskreis Nordstadt in Kooperation mit „iussa & ufermann, Kultur wirkt.“ veranstaltet<br />
und von der <strong>Wuppertal</strong>er Initiative für Demokratie und Toleranz, der<br />
Zwischennutzungsagentur, dem Ressort <strong>Stadt</strong>entwicklung und Städtebau, dem<br />
<strong>Stadt</strong>betrieb Jugend und Freizeit und der RAA <strong>Wuppertal</strong> unterstützt. Mit einer<br />
Dauerausstellung unter dem Titel „Mahlzeit“ wurden leerstehende Ladenlokale auf<br />
dem Ölberg belebt und Schaufenster bestehender Geschäfte aufgepeppt. Das<br />
Quartier ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Kulturen. Und Kultur findet<br />
doch insbesondere am Küchentisch statt. Die unterschiedlichsten Ideen der<br />
Menschen vom Ölberg rund ums Tafeln wurden präsentiert, indem Tische in den<br />
Schaufenstern und Geschäften gedeckt waren - mal traditionell, mal landestypisch,<br />
künstlerisch oder ausgefallen. Allesamt gemeinsam wirkten die „Tischlein-deckdich“<br />
festlich und einladend. Begleitend zur Ausstellung kochte die „Gerüch(t)eküche“:<br />
Zu regelmäßigen Terminen wandelte sich so der ehemalige Gemüseladen an<br />
der Marienstraße zum kulinarisch-kulturellen Treffpunkt.<br />
Auch im Anschluss konnte das Ladenlokal immer wieder für soziokulturelle<br />
Aktionen genutzt werden. „Kunst aus Nordstadtmüll“ war eine davon. Hier betreute<br />
Anne Jonas vom Nordlicht e.V. Kinder des Viertels, die aus gesammeltem Speermüll<br />
und Plastikresten phantasievolle Objekte kreierten, die dann im Fenster ausgestellt<br />
wurden.<br />
20 21
Wanderung I Tanzperformance und Videoinstallation<br />
„Mit der Aktion „Wanderung“ soll auf die ungenutzten Raumpotenziale im Bereich<br />
zweier Straßen aufmerksam gemacht werden, die nah beieinander und doch um<br />
Welten getrennt erscheinen.“ Milton Camilo, Künstler<br />
Die Friedrichstraße und die Neue Friedrichstraße bilden eine wichtige Verbindung<br />
zwischen der südöstlichen Nordstadt und der Innenstadt. Beide Bereiche zeichnen<br />
sich durch sehr unterschiedliche Nutzungsintensitäten der Ladenzeilen aus.<br />
Während in der Friedrichstraße sehr vielfältige Ladenlokalnutzungen mit wenigen<br />
Leerständen existieren, gibt es in der Neuen Friedrichstraße eine sehr hohe Leerstandsquote<br />
mit negativen Auswirkungen für das Umfeld. Mit der Aktion „Wanderung“<br />
sollte in künstlerischer Form auf die ungenutzten Raumpotenziale aufmerksam<br />
gemacht und ein Beitrag zur Imageverbesserung im Quartier geleistet werden.<br />
In einer Tanzperformance und einer Videoinstallation haben Künstler ihre Raumwahrnehmungen<br />
und ihre eigenen Erfahrungen mit dem <strong>Stadt</strong>raum künstlerisch<br />
dargestellt. Dabei bezeichnet der Titel „Wanderung“ zwei Phasen - zum einen die<br />
des Entstehungsprozesses und zum anderen die der Rezeption beim Betrachter. In<br />
der Tanzperformance drückten die Tänzer die „Seelenzustände“ der Läden aus, die<br />
zwischen Vergessensein, Zurückgezogenheit, Lethargie, Wut und der Suche nach<br />
neuen Aufgaben wechselt. Wie ein Flaschengeist, der eingesperrt in seiner Flasche<br />
sitzt, sind auch die ungenutzten Läden in der Nutzlosigkeit gefangen. Das Publikum<br />
konnte die Aufführung von der Straße aus verfolgen. Die Resonanz auf die<br />
Performance war sehr unterschiedlich. Allen blieb die Besonderheit der Situation<br />
jedoch nicht verborgen und die Erinnerung an den Tag wirkte noch länger nach.<br />
22<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Milton Camilo<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 150 Besucher<br />
Laufzeit<br />
Juni <strong>2012</strong><br />
Kosten<br />
ca. 2.700 Euro*<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
brink e.V.<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 500 Besucher<br />
Laufzeit<br />
Mai bis Juli <strong>2012</strong><br />
Kosten<br />
ca. 3.200 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.brinkmagazin.de<br />
brink # Ereignis zwischen Kunst und Wissenschaft<br />
Was ist ein Sprung? Was heißt es, zu springen?<br />
„Es ist der Sprung, der Erfahrungen möglich macht, nicht der Schritt auf gesichertem<br />
Terrain.“ RUBENS, Zeitschrift der Ruhr-Universität Bochum, Nr. 162, Juli <strong>2012</strong><br />
Der Bereich Mirke in der <strong>Wuppertal</strong>er Nordstadt ist dabei, sich zu einem Standort<br />
der Kreativwirtschaft zu entwickeln. Das TalTon Theater, der Ausstellungsraum<br />
Hebebühne e.V., der von der ZNA geförderte Kunstraum O.L.G.A., die Diakoniekirche<br />
sowie die Umnutzung des Mirker Bahnhofs durch die Designer-Gruppe<br />
clownfisch sind hierfür Belege. Durch Kooperation mit dem Verein brink e.V., der<br />
das Ziel verfolgt, Diskusionen und kreative Denkprozesse zwischen Kunst und<br />
Wissenschaft anzuregen, ist versucht worden, diese positive Entwicklung auf leerstehende<br />
Ladenlokale in diesem Bereich auszuweiten. Die Abschlussveranstaltung<br />
der Zwischennutzungsagentur am 22. Juni <strong>2012</strong> wurde daher parallel zur Aktion<br />
„brink # Ereignis zwischen Kunst und Wissenschaft“ zum Thema „Sprung“<br />
(Wechsel eines Ortes, Bruch mit der Gegenwart, Veränderung einer Oberfläche) terminiert.<br />
Ziel war es, beide Veranstaltungen zu verbinden und brachliegendes<br />
Raumpotenzial im Quartier temporär für Ausstellungen, Vorträge und Performances<br />
zu nutzen. Mit Hilfe der Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> hatte brink gezielt<br />
Orte gesucht und gefunden, die aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden<br />
waren. Eingebunden wurden ein altes Tanzstudio (Mirker Straße 35-37), eine vergessene<br />
Postkutscherei und eine ehemalige Eisdiele (beides Wiesenstraße 50a)<br />
sowie ein leerstehender Industrieraum (Wiesenstraße 118). Mit der Diakoniekirche<br />
(Friedrichstraße), dem Bahnhof Mirke und der Hebebühne (Mirker Straße 62)<br />
kamen Orte hinzu, die den Gedanken der Neunutzung bereits aufgegriffen hatten<br />
und brink daran Teil haben ließen. Alle in das Kunstsymposium einbezogenen<br />
Ladenlokale waren wieder von der Zwischennutzungsagentur durch ihr Logo („Z“)<br />
gekennzeichnet. Teil der Aktionen war auch die künstlerische Gestaltung einer<br />
Hausfassade. Die Kooperation war ein gelungener Brückenschlag zwischen zwei<br />
Projekten, die neue Räume öffnen wollen, jedes auf seine Art.<br />
23
Generationenprojekte<br />
altGOLD & jungBLUT<br />
Als größter Altenhilfeträger in <strong>Wuppertal</strong> trägt die Evangelische Altenhilfe<br />
Wichlinghausen nicht nur eine besondere Verantwortung für die Menschen, die sie<br />
betreuen und beschäftigen, sondern auch für die <strong>Stadt</strong> und ihre Bewohner. Vor diesem<br />
Hintergrund wurde mit dem Kulturprojekt „altGOLD & jungBLUT“ die Frage des<br />
Zusammenlebens der Generationen in den Fokus gerückt.<br />
Das Generationenprojekt altGOLD & jungBLUT brachte im Jahr 2008 Kinder der<br />
Städtischen Gemeinschaftsgrundschule Germanenstraße mit Senioren der Evangelischen<br />
Altenhilfe Wichlinghausen zusammen. Diese gemeinsame Erlebniszeit verwandelten<br />
die Kinder im Anschluss künstlerisch: sie malten Erinnerungen, gestalteten<br />
große Briefe, verarbeiteten Schnittmusterbögen und <strong>Stadt</strong>karten in Collagen.<br />
Inhaltlich spiegelten die Kunstwerke verschiedenste Fragestellungen wider. Was<br />
prägt ein Menschenleben? Wie können Kinder „Leben“ lernen? Welche Rolle spielt<br />
die wachsende Zahl alter Menschen in unserer Gesellschaft? Was können Alt und<br />
Jung voneinander lernen? Nach der Gesamtschau im Haus der Jugend Barmen<br />
kehrten die Ausstellungsstücke in ihren <strong>Stadt</strong>teil Wichlinghausen zurück, wo sie mit<br />
Unterstützung der Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> über mehrere Wochen in<br />
vielen Schaufenstern zu sehen waren. So belebte die Kunst den <strong>Stadt</strong>teilalltag,<br />
indem sie die leerstehenden Ladenlokale und das gesellschaftlich relevante<br />
Generationenthema in die Öffentlichkeit rückte. Die mehrwöchige Ausstellung regte<br />
zu Gesprächen und zum Ideenaustausch an. Weitere Kooperationen zwischen Jung<br />
& Alt wurden hierdurch initiiert und leben bis heute fort. Im Januar <strong>2012</strong> entstand<br />
auch ein Film über das Projekt, der auf der Internetseite abrufbar ist.<br />
Projektort<br />
Wichlinghausen<br />
Projektbeteiligte<br />
Andy Dino Iussa, Detlef Bach,<br />
Evang. Altenhilfe Wichlinghausen<br />
Städtische Gemeinschaftsgrundschule<br />
Germanenstraße<br />
Öffentliche Resonanz<br />
mehrere Dutzend Teilnehmer eines moderierten<br />
<strong>Stadt</strong>spaziergangs, Passant der Wichlinghauser<br />
und der Westkotter Straße,<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
September bis November 2008<br />
Kosten<br />
1.700 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.altgold-jungblut.de<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Städtische Gemeinschaftsgrundschule<br />
Markomannenstraße<br />
Eva Cukoic, Sabine Comes<br />
Öffentliche Resonanz<br />
mehrere dutzend Besucher der Ausstellung<br />
Passanten des Höchsten<br />
Laufzeit<br />
Oktober bis November 2008<br />
Kosten<br />
500 Euro*<br />
Kinder entdecken ihren <strong>Stadt</strong>teil<br />
Kinder können sich im Normalfall einen großen Teil ihres Lebensraumes nur mit<br />
Hilfe ihrer Eltern vertraut machen, in dem sie zu einzelnen Orten gebracht werden.<br />
Erst nach und nach, wenn sie älter werden und die Wege allein, zu Fuß oder mit<br />
dem Fahrrad zurücklegen, kann sich ihr Lebensraum so entwickeln, dass die vorher<br />
isolierten „Inseln“ nun im Zusammenhang gesehen werden können. Genau da<br />
setzte das Projekt „Kinder entdecken ihren <strong>Stadt</strong>teil – Kinder malen Häuser in der<br />
Nordstadt“ an. In einem leerstehenden Ladenlokal in der Brüderstraße 12, vermittelt<br />
durch die ZNA, fand die Aktion ihren Raum. Die Sicht der Kinder auf ihr Umfeld<br />
ist wichtig, denn sie prägt heute und in der Zukunft das Bild eines Quartiers. Die<br />
Nutzung eines Ladenlokals mit großer Fensterfront brachte ihre Arbeiten an die<br />
Öffentlichkeit. Die Nutzung des Ladenfensters verdeutlichte darüber hinaus<br />
Möglichkeiten der Erschließung neuen Raums für soziokulturelle Initiativen.<br />
24 25
Schreibwerkstatt Marienstrasse<br />
Poetischer Abschied von der Hauptschule „Gertrude“<br />
Werke von Ringelnatz und Rilke und Gedichtformen wie das „Elfchen“ oder die<br />
japanischen Haiku nahmen die Zehntklässler zum Vorbild für ihre poetischen Gedanken<br />
über den Abschied von ihrer Schule in der Gertrudenstraße, über die<br />
Erlebnisse der Vergangenheit und über ihre Zukunft. „Wir haben uns an die zurückliegenden<br />
sechs Jahre in der „Gertrude“ erinnert, an stressige, lustige und prägende<br />
Ereignisse“, so Cornelia Schöneich, Deutschlehrerin an der Schule. Dabei entstanden<br />
rund 50 poetische und teils sehr persönliche Werke, beispielsweise<br />
Parallelgedichte zum Gedicht „Im Paradies“ von Rainer Malkowski zum Thema<br />
„Persönliche Träume und Wünsche fürs Leben“. Zusammen mit der Zwischennutzungsagentur<br />
<strong>Wuppertal</strong> entstand die Idee, die Gedichte publik zu machen – auf<br />
Schaufenstern in der Marienstraße. Die Besitzer der Ladenlokale stimmten begeistert<br />
zu. Manche verlegten sogar extra ihre Fensterputztermine, um die Glasscheiben<br />
ins rechte Licht zu rücken. Bei einer gemeinsamen Begehung wurde das<br />
Projekt der Presse vorgestellt. Einen Monat lang wurden die poetischen Werke in<br />
Schaufenstern in der Marienstraße präsentiert.<br />
Abschied<br />
Das Kribbeln im Bauch kenne ich schon lange. Das komische Gefühl im Hals,<br />
das mich ganz festhält, das mich zum Weinen bringt<br />
und mir nichts zum Sagen einfällt… ist sehr schwer zu beschreiben.<br />
Jemanden zu verlassen, den man gut kennt,<br />
mit dem man viel zusammen erlebt hat.<br />
Fiolla, Schülerin der Hauptschule Gertrudenstrasse<br />
26<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Schüler der Hauptschule Gertrudenstraße<br />
Öffentliche Resonanz<br />
Passant der Marienstraße<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
Juni 2010<br />
Kosten<br />
300 Euro*<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Nicole Kreischer, Sala Seddiki<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 700 Besucher der Monsterbahn<br />
Laufzeit<br />
April bis Juni 2010<br />
Kosten<br />
500 Euro*<br />
Ahhhh Monsterbahn - kleiner Raum ganz groß<br />
„Wir wollten einen Raum einmal so benutzen, ohne ein Gefühl zu haben für den<br />
eigentlichen Raum. Das klingt verrückt – aber es hat funktioniert.“ Sala Seddiki, Künstler<br />
Die <strong>Wuppertal</strong>er Künstlergruppe Simsalabim Industries kreierte zum Ölbergfest<br />
2010 eine Installation in einem leeren Ladenlokal auf der Schreinerstraße. Wichtig<br />
war ihnen vor allem, mit Sperrmüll zu arbeiten und so entstand aus Pressspanplatten,<br />
Kartons und Holzresten die Monsterbahn, ein begehbares dreidimensionales<br />
Kartonlabyrinth. Die Besucher, groß wie klein, waren fasziniert von der<br />
neuen Aktionssphäre in ihrem Viertel. Ein ganz anderes Raumgefühl war dadurch<br />
erlebbar, dass man in die Höhe, wieder in die Tiefe, vom Hellen ins Dunkle und wieder<br />
ins Helle zurück, den gesamten Raum auf allen Ebenen begehen oder bekrabbeln<br />
konnte. Das sprach sich im <strong>Stadt</strong>teil herum. Natürlich von den Kindern des<br />
Quartiers am meisten genutzt, hielt die Monsterbahn ein Vierteljahr zu festen Zeiten<br />
ihre Türen für mehr als 700 Besucher geöffnet.<br />
27
28<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Milton Camilo, Dennis Scharlau, Nusara Mai-Ngarm<br />
Öffentliche Resonanz<br />
hunderte Besucher<br />
Berichterstattung in <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
Juni 2008 bis heute<br />
Kosten<br />
5.400 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.o-l-g-a.de<br />
Weitere Informationen<br />
www.wogawuppertal.de<br />
Kreativstandorte<br />
O.L.G.A. | Raum für Kunst<br />
„Dies ist eine Kulturstätte, die Interessierten aller Kunstrichtungen Gelegenheit zu<br />
Austausch und Bereicherung gibt.“ Milton Camilo, Künstler<br />
Laut Erzählungen von Nachbarn beherbergte der Raum in der Ludwigstraße 14 vor<br />
vielen Jahren eine Destille. Auch einen Textilfachmarkt, der bis heute im<br />
Branchenbuch verzeichnet ist, muss es hier gegeben haben. Seit 2008 ist die<br />
O.L.G.A. ein Raum für Kunst und Kultur. Hier werden Malerei, Fotografie und<br />
Illustration gezeigt, es wird getanzt und vorgetragen, man trifft sich und es wird gearbeitet.<br />
Betritt man den 225 Quadratmeter großen Raum in der eher etwas schmuddeligen<br />
Gegend neben Bausünden, werden sogleich die vielen Möglichkeiten deutlich,<br />
die sich dort bieten. Lichtkanäle spenden Tageslicht von oben, auf dem Boden<br />
liegen charmant aufgearbeitete Holzdielen. Zahlreiche Leuchtstoffröhren unterstützen<br />
das ansonsten eher schwache Tageslicht und erhellen so die Wände, die viel<br />
Platz für die Bildhängung geben. Der Initiator Milton Camilo nutzt den Raum vor<br />
allem als Atelier und für seinen improvisierten Tanz.<br />
Im Verlauf der letzten vier Jahre haben sich aber auch einige Kreative temporär niedergelassen:<br />
Dennis Scharlau fotografierte „Großes und Kleineres“, das Büro für<br />
visuelle Kommunikation meer | glück fand einen Ort. Die Organisatoren der O.L.G.A.<br />
freuen sich stets über Besuch. Seien es Künstler, die ausstellen oder sogar ihre<br />
Ausstellung hier erarbeiten wollen oder Menschen, die sich in größeren Gruppen<br />
treffen möchten. Wenn die Ausstellungen um Tanz und Musik erweitert werden, ist<br />
es noch schöner.<br />
WOGA - Die Menschen hinter den Kunstwerken erleben<br />
„Es ist ein unendlich weites Feld der Freiheit und des Gestaltens, in dem ich einige<br />
Versuche unternommen habe. Leider bin ich eine ziemliche Eigenbrötlerin, die aber<br />
Ihren Besuch anlässlich der WOGA sehr schätzen würde.“ Ursula Rieman, Künstlerin<br />
In welche Himmelsrichtung man jedes Jahr Ende Oktober schaut: <strong>Wuppertal</strong> steht<br />
dann ganz im Zeichen der Kunst. Von Vohwinkel bis Oberbarmen öffnen Galerien<br />
und Ateliers ihre Pforten, um Einblick zu geben in das mannigfaltige Schaffen<br />
<strong>Wuppertal</strong>er Künstler und Galeristen. Für diese jährlich stattfindende Aktion<br />
„<strong>Wuppertal</strong>er Offene Galerien und Ateliers“ kurz: WOGA, wurde die ZNA in den<br />
Jahren ihrer Tätigkeit immer gerne in Anspruch genommen. So konnten Künstler in<br />
den Projektgebieten temporäre Arbeits- und Präsentationsräume belegen, ihr<br />
Schaffen einer großen Öffentlichkeit nahebringen und den Leerstand wie auch das<br />
eigene Geschäft beleben.<br />
29
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Projektgruppe „Raum für die Ohren“<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 50 Besucher<br />
Laufzeit<br />
Juni bis September 2009<br />
Kosten<br />
0 Euro*<br />
Raum für die Ohren – Eine Klang-Raum-Installation<br />
„Es ist spannend, wie inspirierend leere Räume sind.“ Magdalene Zuther, Kulturagentin<br />
Die Premiere einer ganz besonderen Musikinstallation fand in <strong>Wuppertal</strong> statt.<br />
Damit sich die Besucher ganz auf die Musik konzentrieren konnten, saßen sie<br />
gemütlich in Sesseln oder auf Liegestühlen, während die Musiker zwischen ihnen<br />
hin und her wanderten. Das ehemalige Ladenlokal von Zweirad Müller auf der<br />
Luisenstraße wurde dazu für mehrere Vorstellungstermine zur Verfügung gestellt.<br />
„Die Zwischennutzungsagentur hat uns hier die Türen geöffnet“, dankt die<br />
Organisatorin Magdalene Zuther. „Der Raum bekam bei diesem Projekt eine individuelle<br />
und tragende Rolle.“ Durch die eigenwillige Anordnung und die visuelle Abgrenzung<br />
verschiedener Areale, aber auch durch die unterschiedliche Gestaltung,<br />
waren die Besucher dazu angehalten, sich erst einmal aktiv im Raum zu bewegen,<br />
zu orientieren und am Ende ihren Platz zu finden. „Wenn die Besucher sitzen, sind<br />
sie nicht ein monolithischer Publikumsblock, sondern jeder sitzt in einer eigenen<br />
kleinen Gruppe. Man spürt die Nachbarn, aber man sieht sie nicht. Und wenn die<br />
Musik einsetzt, tritt der Raum in den Hintergrund.“<br />
Von Juni bis September 2009 war diese Performance in leerstehenden Räumen der<br />
Bergischen Region und Köln zehn Mal zu erleben. In Kaufhäusern, Produktionsstätten,<br />
Büroetagen und im sozialen Wohnungsbau bot der Leerstand Raum für<br />
Neues.<br />
30 31
Dauernutzung als Perspektive<br />
Die Yogaschule und der Immobilienfonds<br />
Die Erfahrung der Zwischennutzungsagentur mit Leerständen in Häusern, die von<br />
Immobilienfonds oder großen Projektträgergesellschaften gehalten werden, sind<br />
durchaus widersprüchlich.<br />
Zum einen ist es oftmals möglich, Gewerberaum für ein geringes Entgelt an<br />
Zwischennutzer zu vermitteln, da die Rendite vor allem in der Vermietung der<br />
Wohnungsbestände gesucht wird. Zum anderen ist das Verhältnis der großen<br />
Immobiliengesellschaften zu den Immobilien selbst mehr als abstrakt: relevant sind<br />
Kapital- und Ertragswerte, eine Bezugnahme auf das Umfeld, das Quartier oder die<br />
Mieter sind in der Regel nicht zu erwarten. Von den Gesellschaften beauftragte<br />
Immobilienverwaltungen haben zudem oftmals nicht genügende Kompetenzen um<br />
eine zufriedenstellende Verwaltung sicherzustellen. Im Insolvenzfall potenziert sich<br />
dann diese Gemengelage zum Nachteil für den Nutzer.<br />
So hat es auch ein Mieter erlebt, der mit seiner Yogaschule in den Räumen eines<br />
renovierten Altbaus in der Sattlerstraße auf dem Ölberg Fuß fassen wollte. Was zu<br />
Beginn zunächst reibungslos lief, wandelte sich zur Tortur. Mit der Insolvenz des<br />
Immobilienfonds kamen die Probleme. Sämtliche Ansprechpartner waren von heute<br />
auf morgen nicht mehr erreichbar. Reparaturen ließen auf sich warten, im Winter<br />
konnte er bei regelmäßig ausfallender Heizung streckenweise seine Schüler nicht<br />
mehr unterrichten. Er sah sich gezwungen, umzuziehen, um so sein Geschäft zu<br />
retten.<br />
32<br />
Weitere Informationen<br />
www.stadtteilservice-wuppertal.de<br />
Zwischennutzung -> Dauernutzung<br />
Seit Beginn ihrer Arbeit ist es der ZNA immer wieder geglückt, auch Dauernutzungen<br />
zu vermitteln. Die ZNA trat auf Wunsch von Nutzungsinteressenten an<br />
die jeweiligen Eigentümer leerstehender Läden heran und handelte Mietkonditionen<br />
aus, die die Vorstellungen beider Vertragsparteien berücksichtigten: mal wurde ein<br />
Mietvertrag mit einem geringeren Mietzins für eine festgelegte Anfangszeit vereinbart,<br />
ein anderes Mal ein temporäres Entgelt auf Betriebskostenbasis. Es gab auch<br />
Nutzungsinteressenten, die Objekte direkt erwarben, um sie zu sanieren. Die meist<br />
sozialen oder gewerblichen Dienstleistungsunternehmen hatten einen risikoarmen<br />
Start in die Berufswelt und sind noch heute an ihren gewählten Standorten aktiv.<br />
Mit Unterstützung durch die ZNA konnten für den <strong>Stadt</strong>teilservice <strong>Wuppertal</strong> –<br />
einem Gemeinschaftsprojekt der ARGE <strong>Wuppertal</strong>, der <strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong> und freien<br />
Trägern – in verschiedenen <strong>Stadt</strong>teilen geeignete Räumlichkeiten gefunden werden.<br />
Der <strong>Stadt</strong>teilservice trägt dazu bei, dass Familien und Alleinstehende, Alte und<br />
Junge ihren <strong>Stadt</strong>teil als einen lebens- und liebenswerten Wohnort erleben und bieten<br />
in vielerlei Hinsicht Hilfe an. Konkret heißt das: Unterstützung bei Kindergartenfesten,<br />
Begleitung älterer Menschen von der Wohnung zum Arzt oder Seniorentreff,<br />
ehrenamtliche Unterstützung bei gemeinnützigen Arbeiten im Quartier. Die <strong>Stadt</strong>teilservices<br />
sind ausschließlich für Bedürftige tätig und das auch nur dann, wenn<br />
niemand anderes Hilfe leisten kann. Damit ist diese Institution sozusagen ein<br />
Rettungsanker vor Ort und wichtig für den <strong>Stadt</strong>teil.<br />
In der Nordstadt fanden der Regionalverband Autismus Rhein/Wupper und das<br />
Palliativ Netzwerk <strong>Wuppertal</strong> e.V. Räumlichkeiten. Während der Autismus-Treff<br />
Aufklärung und Anregung zum Umgang mit der Behinderung bietet und auch als<br />
Treffpunkt für die Selbsthilfegruppe erwachsener Autisten dient, sind im Palliativ<br />
Netzwerk <strong>Wuppertal</strong> Einzelpersonen und Organisationen aus dem Gesundheits-<br />
33
ereich zusammengeschlossen, denen die umfassende Versorgung von Schwerstkranken<br />
vor Ort am Herzen liegt. Die durch Mitwirken der ZNA neu erschlossenen<br />
Räumlichkeiten dienen der Koordination ihrer Netzwerkaktivitäten in ganz<br />
<strong>Wuppertal</strong>.<br />
Unter den gewerblichen Dienstleistungsunternehmen befinden sich, neben einem<br />
Postdienstleister, der seinen zentralen Standort für <strong>Wuppertal</strong> am Ostersbaum<br />
gegründet hat, häufig freiberuflich Tätige. Am Arrenberg eröffnete in einem leerstehenden<br />
Supermarkt eine Kindereventagentur Präsentations- und Büroräume. Ein<br />
Architekturbüro fand durch die Zwischennutzungsagentur nicht nur neue<br />
Geschäftsräume auf der Friedrich-Engels-Allee, sondern kooperiert nun auch mit<br />
dem nahegelegenen Völkerkundemuseum: ein antikes Modell einer afrikanischen<br />
Hauskonstruktion schmückt das Schaufenster der Architekten und macht so auf<br />
das Architekturbüro und das Museum aufmerksam. Ein Grafikbüro in der Brunnenstraße<br />
auf dem Ölberg diente einem Studenten als Sprungbrett in die erfolgreiche<br />
Selbstständigkeit. Heute hat er sich namhaft am Markt etabliert und ist weitergezogen,<br />
in die Medienstadt Düsseldorf.<br />
Dauerhaft vermitteln konnte die ZNA auch ein großes Ladenlokal in der<br />
Charlottenstraße, wo sich seit nunmehr 3 Jahren ein kurdischer Kulturverein für<br />
Frauenarbeit und Kinderbetreuung stark macht. Der Verein zur Unterstützung von<br />
Erziehungshilfe auf der Marienstraße musste zu Beginn diesen Jahres leider schließen,<br />
da ihm nach fast 4 Jahren die öffentlichen Zuschüsse stark gekürzt wurden.<br />
34<br />
Weitere Informationen<br />
www.proviel.eu<br />
„proviel“ zeigt Profil<br />
Der ehemalige Schandfleck der Straße wurde durch eine Umbaumaßnahme zu einem<br />
ansehnlich gestalteten Gebäude.<br />
Die Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> stellte <strong>2007</strong> den Kontakt zur Kaufabwicklung<br />
der Immobilie her. Eine aufgegebene „Pommesbude“ an der Farbmühle wurde<br />
somit gut ein Jahr nach der Grundsteinlegung zum erweiterten Standort von „proviel“.<br />
Der Industriedienstleister aus <strong>Wuppertal</strong> bietet Arbeitsplätze für psychisch<br />
Kranke und Menschen mit körperlichem Handicap. „proviel“ sanierte das Gebäude<br />
Hünefeldstraße 100 von Grund auf und vernachlässigte dabei auch nicht das<br />
Umfeld und die Gartenanlage. Heute fungiert die Räumlichkeit als Café und Treffpunkt<br />
für die Mitarbeiter, die im firmenzugehörigen betreuten Wohnprojekt leben.<br />
Die Mitarbeiter haben hier einen Ort, an dem man ihnen mit Rat und Tat zur Seite<br />
steht.<br />
35
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Selly Wane<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 200 Besucher der Eröffnungsveranstaltungen<br />
Passanten der Marienstraße<br />
Berichterstattung in den <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
Dezember 2011 bis heute<br />
Kosten<br />
0 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.swane-fairecycledesign.com<br />
Zwischennutzung und Netzwerken<br />
SWANE-Design im Blumenladen<br />
„Wir glauben, dass Unternehmen der Zukunft nicht ausschließlich gewinnorientiert<br />
denken dürfen, sondern gleichwertig auf eine menschenwürdige und naturfreundliche<br />
Herstellung der Produkte achten müssen. Deswegen steht SWANE-Design für ein<br />
erfolgreiches Business, das wirksam zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit<br />
beiträgt. Die ZNA <strong>Wuppertal</strong> hat uns hier eine große Chance ermöglicht, mit geringem<br />
finanziellen Startrisiko unser Unternehmen anzutreiben.“ Selly Wane, Unternehmerin<br />
Durch Vermittlung der Zwischennutzungsagentur <strong>Wuppertal</strong> konnte die<br />
Unternehmerin Selly Wane im Dezember 2011 ihr neues Ladenlokal im ehemaligen<br />
Blumenladen auf der Marienstraße beziehen. SWANE-Design heißt der Raum - ein<br />
Ausstellungsort für Möbel, Schmuck und Accessoires ganz spezieller Art. Produziert<br />
und designed in Afrika, fair gehandelt eingekauft und nach <strong>Wuppertal</strong> verschifft, um<br />
von hier durch den Verkauf die Partner nachhaltig auf dem anderen Kontinent zu<br />
unterstützen: das ist das Konzept hinter Selly Wanes kreativ-sozialer Geschäftsidee.<br />
Die Nordstadt freut sich über den Zuwachs und begrüßte die Nachbarin mit offenen<br />
Armen. Das Atelier KernKunst und die Ölberger Taschenmanufaktur stellen SWANE-<br />
Kunst in ihren Räumlichkeiten aus. Der Verein Nordlicht e.V. lud Kinder des Viertels<br />
zu einem afrikanischen Kochstudio ein und bot einen Workshop an, in dem aus Müll<br />
Kunst gemacht wurde. Aber auch Selly Wane und ihr Team selbst gaben alles, um<br />
den Startschuss über die Grenzen des Viertels hinausschallen zu lassen: Im<br />
Rahmen der Ausstellung „Recycling-Design beamed from Africa“ war jeder eingeladen,<br />
gegenwärtige Recycling-Design-Trends aus Afrika kennen zu lernen und sich<br />
über die Philosophie dahinter zu informieren. Ein umfangreiches musikalisches<br />
Programm sowie Vorträge in den Räumen von SWANE-Design machten die Nordstadt<br />
zu einem tollen Treffpunkt in der Advents- und Weihnachtszeit. Multi und kulturell,<br />
abwechslungsreich, informativ und kreativ. Für jeden war etwas dabei – und<br />
ist es noch immer.<br />
36 37
Interview mit einer Zwischennutzerin<br />
Über die Bedeutung von Zwischennutzungen sprach Stephanie Herpich (ZNA) im Mai<br />
<strong>2012</strong> mit Selly Wane, die seit Dezember 2011 in einem ehemaligen Blumenladen auf<br />
der Marienstraße ihre ersten Geschäftsräume führt. Unter dem Namen Swane-Design<br />
werden hier fair gehandelte Accessoires, Möbel und Schmuck aus Recyclingmaterialien<br />
vertrieben, die in Afrika unter Maßgabe sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit<br />
entstanden.<br />
Welche Bedeutung hat das Thema Zwischennutzung für Sie?<br />
S. Wane: Zwischennutzer profitieren ja in erster Linie von bezahlbaren Mietkonditionen.<br />
Wie ich gesehen habe und auch in meinem neuen Geschäftsumfeld wahrnehme,<br />
sind das in der Regel kreative Personen, die Platz benötigen, um ihre Ideen zu<br />
verwirklichen und ihre Ziele zu verfolgen. Dazu gehöre auch ich. Und bei mir steht<br />
nicht die ökonomische Profitsteigerung an erster Stelle, sondern der Gedanke an<br />
eine gute Sache, an eine faire berufliche Chance, eingebunden in ein unterstützendes<br />
Netzwerk. Die Zwischennutzung sehe ich da als die Chance für einen risikomindernden<br />
Einstieg in die Welt der Selbstständigkeit und die berufliche Entwicklung.<br />
Die Lebens- und Berufsperspektive der Zwischennutzer kann sich soweit verändern,<br />
dass sie sich weiterentwickelt und zu einem neuen Berufsbild führen kann?<br />
S. Wane: Also, temporäre Nutzungen können bestimmt zum Wendepunkt im Leben<br />
der Zwischennutzer werden. Eine Zwischennutzung bietet die Chance zu experimentieren<br />
und erlaubt auch das Scheitern eines Projekts, ohne dass größerer<br />
Schaden daraus entstehen muss. In meinem Falle wäre - auch wenn die Existenz<br />
mehrerer Menschen im Senegal dadurch noch prekärer würde – zumindest vor Ort<br />
nicht direkt eine große Firmenexistenz betroffen und hier gingen auch keine festen<br />
Arbeitsplätze verloren.<br />
38<br />
Kann man sagen, dass Zwischennutzung eine Art Freiheit darstellt, die persönlichen<br />
Ideen umzusetzen und auszuprobieren?<br />
S. Wane: In gewissem Maße schon. Ich denke, Zwischennutzer nehmen in unserer<br />
Gesellschaft zurzeit noch eine Randstellung ein. Das liegt sicher auch daran, dass<br />
es ein neues Phänomen ist. Der eine entschließt sich freiwillig, für eine Idee temporär<br />
z.B. ein leerstehendes Ladenlokal als Ausstellungs- oder Aktionsraum zwischenzunutzen.<br />
Manch andere haben „unfreiwillig“ aus finanziellen Gründen nur die<br />
Chance solche Leerstände zu nutzen - und da ist die Selbstständigkeit dann auch<br />
von unbekannter Dauer. Entweder klappt es oder es klappt nicht. Aber in jedem<br />
Falle ist es eine Chance.<br />
Hat die Entstehung eines Netzwerkes unter Zwischennutzern einen besonderen<br />
Stellenwert?<br />
S. Wane: Ich denke, weil Zwischennutzungen sich oft am selben Ort konzentrieren,<br />
lernen sich die verschiedenen Leute automatisch kennen und so entstehen<br />
Kollaborationen. Die einzelnen Zwischennutzer sind gewissermaßen auch zur<br />
Zusammenarbeit gezwungen, das verlangt schon die Instabilität der Situation auf<br />
dem Arbeitsmarkt. Vereint ist man stärker, Ideen wachsen und das Verhandeln mit<br />
Institutionen und Personen wird einfacher. Auch die schlechten Bedingungen in<br />
manchen Vierteln und die fehlenden finanziellen Mittel erfordern eine enge<br />
Zusammenarbeit der einzelnen Aktivisten. Hier auf der Marienstraße klappt das sehr<br />
gut. Die Vernetzung fand von Anfang an statt. Ich wurde von meinen neuen<br />
Nachbarn, teils selbst Zwischennutzer, mit offenen Armen empfangen und wir<br />
haben gemeinsam in den letzten sechs Monaten viele öffentlichkeitswirksame<br />
Aktionen miteinander gestartet. Ich fühle mich hier gut aufgehoben und hatte einen<br />
tollen Start. Was die Zukunft an dem Standort in der <strong>Wuppertal</strong>er Nordstadt angeht,<br />
bin ich guter Dinge.<br />
39
Zwischennutzung ohne Agentur<br />
Ausblick - Zwischennutzung wird zum Selbstläufer<br />
Die Erkenntnis, dass temporäre Nutzungen als Instrument der <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
sinnvoll sind, setzt sich immer weiter durch. Zahlreiche Beispiele belegen die<br />
Erfolgsgeschichte. Die Projekte haben ihre Spuren im <strong>Stadt</strong>bild hinterlassen und es<br />
ist zu erkennen, dass auch ohne Zutun der Zwischennutzungsagentur gemeinschaftliches<br />
Engagement der verschiedenen Akteure um sich greift. Gerade die temporäre<br />
Gestaltung von Leerständen oder auch deren langfristige Umnutzung hat<br />
sich zu einem wichtigen Thema entwickelt. Eine immer größer werdende Bandbreite<br />
von Zwischennutzungen ist in den innerstädtischen Quartieren vorzufinden.<br />
In der Friedrich-Ebert-Straße 42 nutzten die Initiatoren von clownfisch und Hebebühne<br />
e.V. (einem Netzwerk aus Kunst-, Kultur- und Designschaffenden) einen leerstehenden<br />
Supermarkt zur Installation ihres Kunst- und Designmarkts „Needful<br />
Things“. Da es sich bei diesem Designmarkt nicht um einen Kunstmarkt für wohlhabendere<br />
Bevölkerungsschichten, sondern um einen phantasievollen Ort handeln<br />
soll, an dem sich auch weniger vermögende Gruppen wie zum Beispiel Schüler,<br />
Studenten und arbeitslose Kreative wohlfühlen sollen, wird dem Standort neben<br />
dem wirtschaftlichen Aspekt eine soziale Bedeutung zugeschrieben. Needful Things<br />
ist ein Ort der Kunst und der Kreativität, aber auch ein Raum sozialer Mischung und<br />
Treffpunkt für Ideenaustausch. Das leere Ladenlokal wurde in der Einkaufsstraße<br />
nicht nur an zwei Aktionstagen zum Leben erweckt, sondern zeigte sich auch in der<br />
Vorbereitungs- wie Nachbereitungsphase von einer bunten und ansehnlichen Seite.<br />
Weitere Informationen<br />
www.need-ful-things.de<br />
Über ein Jahr stand die ehemalige Bäckerei in der Marienstraße 52 in der<br />
<strong>Wuppertal</strong>er Nordstadt leer, bis die Macher des Kunstvereins Nordlicht e.V. beim<br />
Eigentümer anfragten, ob die Räume zu günstigen Konditionen für das soziale<br />
Projekt genutzt werden können. Mit Erfolg. Seit über zwei Jahren ist der Verein<br />
Nordlicht e.V. inzwischen aktiv. Kreativ, gemeinnützig, generationsübergreifend – so<br />
kann man mit drei Worten beschreiben, wie die Mitglieder in ihrem Quartier wirken.<br />
Der Raum ist Treffpunkt und Ideenschmiede. Er versteht sich als Ergänzung zum<br />
Schul- und Familienalltag und will „Schaufenster für die Ideen von Jugendlichen“<br />
sein. Er finanziert sich über Spenden, Fördergelder und Einnahmen aus selbstkonzipierten<br />
Veranstaltungen und leistet immer wieder wertvolle Arbeit zur Stärkung des<br />
Viertels.<br />
Die Eichen-Apotheke in der Marienstraße 18 schloss im März <strong>2012</strong>. Nun stand das<br />
Ladenlokal leer und wartete auf eine neue Nutzung. Das verlassene Schaufenster<br />
wurde auf Initiative einer Künstlerin mit einem Kunstwerk ausgestattet. Die entstandene<br />
Lücke war so einerseits geschlossen, andererseits markiert. Nach nur wenigen<br />
Wochen hat sich ein Käufer für die Immobilie bzw. das Ladenlokal gefunden.<br />
40 41
Schaufenster Reden - <strong>Stadt</strong>spaziergang zu den Perspektiven<br />
von Zwischennutzung<br />
22. Juni <strong>2012</strong>: Ein Spaziergang durchs Quartier, mit Impulsvortägen an sechs<br />
Stationen erwartete die ca. 60 Teilnehmer der Abschlussveranstaltung der<br />
Zwischennutzungsagentur (ZNA). Im zentral gelegenen Café ADA konnten Gäste<br />
aus den Bereichen <strong>Stadt</strong>entwicklung, Bau und Raumplanung, aber auch<br />
Kulturförderung, Sozialwissenschaft und Quartiersengagement begrüßt werden.<br />
Zum Einstieg in einen lebendigen Tag sprach Frank Meyer als Beigeordneter der<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong> und Geschäftsbereichsleiter <strong>Stadt</strong>entwicklung, Bauen, Verkehr und<br />
Umwelt, über die städtebaulichen Qualitäten in den gründerzeitlichen Quartieren<br />
und die Bedeutung des Städtebauförderprogramms „<strong>Stadt</strong>umbau West“ für die<br />
Bewältigung des Strukturwandels. Die ZNA war ein wichtiger Bestandteil der<br />
<strong>Wuppertal</strong>er <strong>Stadt</strong>umbaustrategie.<br />
Die weiteren Vorträge mit ihren differenzierten Schwerpunkten warteten an prägnanten<br />
öffentlichen Orten, aber auch in einer Kirche, einem Café, einer Galerie und<br />
einem ehemaligen Bahnhof:<br />
1. „Vom Sinn und Unsinn der Zwischennutzung - Aus Sicht der Immobilienwirtschaft“<br />
„Zwischennutzungen sind aus ökonomischer Sicht für den Immobilienbesitzer<br />
nichts anderes als eine Vermietung zweiter bis dritter Klasse, ein nicht wirklich ernst<br />
zu nehmender vorüber gehender Zustand. Deswegen ja auch Zwischennutzung. Sie<br />
muss deswegen auch möglichst bald beendet werden können, da niemand sicher<br />
weiß, wann jemand am Markt erscheint, der einen Mietpreis zahlt, mit dem das<br />
Grundstück/Gebäude schwarze Zahlen schreibt.“ aus: www.ruhrbarone.de/vomsinn-und-unsinn-der-zwischennutzung;<br />
8/2010<br />
Arnold Voß, Raumplaner<br />
2. „Leerstand und Einzeleigentümer“ „Im Vergleich zu Wohnungsunternehmen verfügen<br />
Einzeleigentümer zunächst nur über reduzierte Bewirtschaftungsoptionen. In<br />
der Wohnungswirtschaft setzt sich die Erkenntnis durch, dass nicht nur die Qualität<br />
der Wohnung entscheidend für die Mieterbindung und Vermietbarkeit ist. So kann<br />
42<br />
Abschlussveranstaltung der<br />
ZNA / Schaufenster Reden<br />
Projektort<br />
Nordstadt<br />
Projektbeteiligte<br />
Zwischennutzungsagentur<br />
Öffentliche Resonanz<br />
ca. 60 Teilnehmer, umfassende<br />
Berichterstattung in den <strong>Wuppertal</strong>er Medien<br />
Laufzeit<br />
Juni <strong>2012</strong><br />
Kosten<br />
4.700 Euro*<br />
Weitere Informationen<br />
www.zwischennutzungsagentur-wuppertal.de<br />
durch die Belegungspolitik die Qualität der Nachbarschaft beeinflusst werden,<br />
Hausmeister können sich um Außenräume kümmern und parallel auch für die<br />
Bewohner ansprechbar sein.“<br />
Bernhard Faller, Quaestio | Forschung und Beratung<br />
3. „KulturNotAufnahme“ „Nicht den Menschen irgendwo in ein Projektbüro einladen,<br />
sondern auf ihn und seine Bedürfnisse zugehen. Voraussetzung ist, dass man das<br />
Vertrauen der Menschen gewinnt, die man anspricht. Das geht nur über das<br />
erwähnte Wahrnehmen und ehrliche Staunen, also darüber, dass diese Menschen<br />
sich aufrichtig ernst genommen fühlen. Schon dieser Prozess ist Kultur.“<br />
Andy Dino Iussa, Kunstprojektentwickler und Regisseur<br />
4. „Zwischennutzung als ernsthafte Strategie der <strong>Stadt</strong>entwicklung?!“ „Das Maß der<br />
Bereitschaft „Zwischennutzungen“ zuzulassen und zu befördern, also insbesondere<br />
jungen, kreativen Menschen „Spielräume“ im mehrfachen Sinne aktiv zu eröffnen,<br />
wird im zukünftig noch zunehmenden Städtewettbewerb um junge Menschen<br />
und die Stärkung der Kreativwirtschaft eine immer größere Rolle spielen.“<br />
Tom Lecke-Lopatta, Bremen, Referent beim Senat für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa<br />
5. „Nachbarschaft und Leerstand“ „Je nach ermöglichter Nutzung entsteht ein<br />
Knotenpunkt, an dem unterschiedliche Interessen und Aktivitäten zusammentreffen<br />
und sich miteinander verknüpfen. Ein und derselbe Raumzusammenhang entfaltet<br />
unterschiedliche Qualitäten und Wirkungen. Lebendige Quartiere haben immer<br />
auch „Löcher“ aufzuweisen, leere Flecken, die anregend sind und die auf unterschiedliche<br />
Weise genutzt werden können.“<br />
Andrea Knobloch und Oliver Gather, Zwischennutzer<br />
6. „Vom Raumpionier zum Raumunternehmer“<br />
„Raumunternehmer sind auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Organisationen, die<br />
ihre Geschäftsidee auf Basis von unzureichend in Wert gesetzten räumlichen<br />
Ressourcen entwickeln und deren Erfolg sich an dem sozialen Nutzen für diesen<br />
Raum messen lässt“.<br />
Franz Flögel, Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen<br />
43
Abschlussdiskussion<br />
Die Abschlussdiskussion „Kommunale Handlungsstrategien im Hinblick auf<br />
Leerstand und neue Nutzungsoptionen“ fand im TalTonTheater statt. Hier nahmen<br />
Rüdiger Bleck (<strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong>, Ressort <strong>Stadt</strong>entwicklung und Städtebau) und<br />
Gaby Schulten (ZNA) unter der Moderation von David R. Froessler (Innovationsagentur<br />
<strong>Stadt</strong>umbau NRW) auf dem Podium Platz und zogen unter Beteiligung von<br />
Publikumsbeiträgen ein Fazit aus der Arbeit der Zwischennutzungsagentur.<br />
Podium und Publikum lobten das Projekt und zogen eine durchweg positive Bilanz.<br />
Dennoch ist es eine weitere Herausforderung auch ohne öffentliche Förderung den<br />
gesetzten Impuls zu nutzen und die entstandenen Netzwerke zu pflegen und zu<br />
erhalten.<br />
44<br />
Fotonachweis<br />
Bettina Osswald Seite 20, 21, 24<br />
Birgit Pardun Seite 8, 9<br />
Dennis Scharlau Seite 28<br />
Eva Cukoic Seite 25<br />
Helmut Drinhaus Seite 18, 19<br />
Klaus Lüdemann Seite 40<br />
Kolja Kunstreich Seite 6, 7<br />
Patricia Eichert Seite 9, 10<br />
Sala Seddiki Seite 16<br />
Sonja Amend Seite 12<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Wuppertal</strong> Seite 3<br />
Stephanie Herpich Seite 22, 23, 32, 34, 35, 38, 39, 41, 42, 43, 44<br />
Studio GrebnerrA Seite 12<br />
Uwe Schinkel Seite 28, 31<br />
Zwischennutzungsagentur Titel + Seite 2, 4, 16, 17, 26, 27, 28, 30, 31, 32,<br />
33, 35, 36, 37<br />
Allgemeine Hinweise<br />
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text bei Personen überwiegend<br />
die männliche Schreibweise gewählt. Selbstverständlich beziehen sich Personenbezeichnungen<br />
immer auf die Angehörigen beider Geschlechter.<br />
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*Die in den Projektsteckbriefen angegebenen Kosten geben keinen Überblick über<br />
den Gesamtaufwand der jeweiligen Projekte.