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John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

1. Einführung<br />

Beispiele für Derivate sind Futures, Forwards, Swaps oder Optionen. Diese werden entweder<br />

über die Börse oder über OTC-Märkte gehandelt.<br />

Forward- und Futures-Kontrakte<br />

Bei einem Forward-Kontrakt handelt es sich um die Vereinbarung, ein Gut zu einem bestimmten<br />

zukünftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Kurs zu kaufen bzw. zu verkaufen.<br />

Forwards werden außerbörslich gehandelt. Die Long-Position verpflichtet sich, das Underlying<br />

zu einem festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem festgelegten Preis zu<br />

kaufen. Die andere Partei nimmt die Verkaufsposition (Short-Position) ein. Daher ist die<br />

Auszahlung einer Long-Position gleich ST-K, aus einer Short-Position hingegen K-ST. Im<br />

Gegensatz zu den Forward-Kontrakten werden Futures im Regelfall an einer Börse gehandelt.<br />

Optionen<br />

Eine Kaufoption (Call) gibt ihrem Besitzer das Recht, das Underlying an oder bis zu einembestimmten<br />

Zeitpunkt zu einem festgelegten Kurs zu kaufen. Eine Verkaufsoption<br />

(Put) gibt ihrem Besitzer das Recht, das Underlying an oder bis zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt zu einem festgelegten Kurs (Ausübungspreis oder Basispreis) zu verkaufen.<br />

Eine amerikanische Option kann bis zum Verfallsdatum jederzeit ausgeübt werden, eine<br />

europäische Option nur am Verfalltag selbst. Die Käufer bezeichnet man als Inhaber der<br />

Long-Position, die Verkäufer als Inhaber der Short-Position. Der Verkauf der Option wird<br />

auch als writing bezeichnet.<br />

Händlertypen<br />

Drei Hauptkategorien von Händlern lassen sich unterscheiden: Absicherer (Hedger), Spekulanten<br />

(Scalper, Day Trader und Position Trader) und Arbitrageure. Absicherer benutzen<br />

Futures, Forwards und Optionen, um das Risiko, das ihnen aus der möglichen zukünftigen<br />

Veränderung einer Marktvariable erwächst, abzufedern. Spekulanten benutzen<br />

Derivate, um auf die zukünftige Entwicklung einer Marktvariablen zu wetten. Arbitrageure<br />

nehmen sich ausgleichende Positionen in zwei oder mehr Papieren ein, um einen Gewinn<br />

festzuschreiben.<br />

2. Futures-Märkte<br />

Die breite Mehrheit von Futures-Kontrakten führt nicht zur Lieferung. Der Grund dafür<br />

ist, dass die meisten Händler ihre Positionen vor dem im Kontrakt festgelegten Liefertermin<br />

schließen. Wenn eine Börse einen neuen Kontrakt entwickelt, muss sie den Vermögensgegenstand,<br />

die Kontraktgröße, den Lieferort und den Liefertermin festlegen. Für<br />

viele Kontrakte legt die Börse Grenzen der täglichen Preisschwankung (Preislimits) fest<br />

(Kontrakt am unteren bzw. oberen Limit), um große Preisschwankungen infolge spekulativer<br />

Übertreibungen zu verhindern. Wenn der Liefermonat eines Futures-Kontrakts heranrückt,<br />

konvergiert der Futures-Kurs gegen den Spot-Kurs des Underlyings.<br />

Margins<br />

Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, werden Margins eingehoben. Der Betrag, der zu<br />

Kontraktbeginn eingezahlt werden muss, heißt Initial Margin. In der Folge wird das Margin-Konto<br />

zu Marktpreisen bewertet (marking to market). Liegt der Kontostand über der<br />

Initial Margin, so darf die Differenz abgehoben werden. Es gibt einen Mindestsaldo, wenn<br />

nötig, wird eine Nachschussforderung eingehoben (Margin Call). Das zusätzlich eingezahlte<br />

Kapital heißt Variation Margin (Nachschusszahlung). Anstatt auf einmal bei seiner<br />

Martin Gächter | 1


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Fälligkeit wird ein Futures-Kontrakt durch die tägliche Bewertung zu Marktpreisen jeden<br />

Tag glattgestellt.<br />

Clearing<br />

Die Clearingstelle fungiert als Schnittstelle bei Futures-Transaktionen. Sie zeichnet alle<br />

an einem Tag ablaufenden Transaktionen auf, um die Nettoposition jedes Mitglieds ermitteln<br />

zu können. Zur Bestimmung der Clearing Margin ermittelt die Clearingstelle die anzahl<br />

der noch im Umlauf befindlichen Kontrakte entweder auf Brutto- (Aufsummierung<br />

aller Long- und Short-Positionen) oder Nettobasis (Verrechnung der Positionen gegeneinander).<br />

Dieses System wird mittlerweile auch von OTC-Märkten imitiert, um das Kreditrisiko<br />

zu reduzieren („Collateralization“).<br />

Muster von Futures-Kursen<br />

Steigt der Futures-Kurs mit späterem Fälligkeitsdatum, so wird dies als normaler Markt<br />

bezeichnet (z.B. Gold). Fällt der Futures-Kurs mit zunehmender Laufzeit, so spricht man<br />

von einem inversen Markt (z.B. Rohöl).<br />

Die Entscheidung über die Lieferung fällt der Inhaber der Short-Position. Dessen Broker<br />

übermittelt dann eine verbindliche Absichtserklärung zur Lieferung an die Clearingstelle.<br />

Andere Kontrakte (z.B. Aktienindizes) werden in bar abgewickelt.<br />

Orders<br />

Market-Order / unlimitierter Auftrag<br />

Limitorder<br />

Stop-Order / Stop-Loss-Order<br />

Stop-Limit-Order<br />

Market-If-Touched-Order<br />

Forward Futures<br />

Privater Vertrag zweier Parteien<br />

Nicht standardisiert<br />

Gewöhnlich ein spezifizierter Liefertag<br />

Abrechnung bei Kontraktende<br />

Gewöhnlich Lieferung oder bare Abrechnung<br />

Geringes Kreditrisiko<br />

3. Absicherungsstrategien mit Futures<br />

Handel an der Börse<br />

Standardisiert<br />

Lieferzeitraum von mehreren Tagen<br />

Tägliche Abrechnung<br />

Gewöhnlich Schließung des Kontrakts<br />

vor Fälligkeit<br />

Im Prinzip kein Kreditrisiko<br />

Ein Short Hedge (Verkaufsabsicherung) ist sinnvoll, wenn der Absicherer bereits ein Asset<br />

besitzt, das er zu einem zukünftigen Zeitpunkt verkaufen wird. Ein Long Hedge<br />

(Kaufabsicherung) bietet sich an, wenn ein Unternehmen eine bestimmte Ware in der<br />

Zukunft kaufen will und bereits jetzt den Preis fixieren möchte.<br />

Oft wird das Argument vorgebracht, dass die Aktionäre selbst die Absicherung vornehmen<br />

könnten, ohne dafür auf das Unternehmen angewiesen zu sein. Tatsächlich macht<br />

aber das Volumen von Futures-Kontrakten die Absicherung durch Einzelaktionäre oftmals<br />

unmöglich. Jedoch kann sich ein Aktionär mit einem gut diversifizierten Aktienbestand<br />

gut gegen sein Exposure absichern. Unter dem Exposure wird die Abhängigkeit gegenüber<br />

einem bestimmten Risikofaktor verstanden.<br />

Wenn Absicherung in einem bestimmten Wirtschaftszweig nicht üblich ist, kann es sogar<br />

sein, dass es für ein Unternehmen keinen Sinn hat, sich anders als die Mitbewerber verhalten<br />

zu wollen (wenn die Preise dementsprechend schwanken).<br />

Martin Gächter | 2


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Basisrisiko<br />

In der Praxis ist eine Absicherung allerdings nicht immer so einfach: Das Asset, dessen<br />

Preisrisiko man absichern will, ist eventuell nicht das gleiche, das dem Futures-Kontrakt<br />

zugrunde liegt. Zudem weiß der Absicherer vielleicht noch nicht das genaue Datum, an<br />

welchem Tag die Ware gekauft bzw. verkauft wird und die Absicherung kann erfordern,<br />

dass die Futures-Position lange vor dem Verfalltag geschlossen wird. Diese Probleme führen<br />

zum sogenannten Basisrisiko:<br />

Basis = Spotkurs – Futures-Kurs<br />

Falls das abzusichernde Asset und das dem Futures-Kontrakt unterliegende Asset identisch<br />

sind, sollte die Basis bei Verfall des Futures-Kontrakt null sein. Das Basisrisiko kann<br />

sowohl zu einer Verbesserung als auch zu einer Verschlechterung der Lage eines Absicherers<br />

beitragen. Ein Schlüsselfaktor für das Basisrisiko ist die Wahl des zur Absicherung<br />

benutzten Futures-Kontrakts (Underlying und Liefermonat). Steht kein Futures-<br />

Kontrakt für das abzusichernde Asset zur Verfügung, muss ein Underlying gewählt werden,<br />

dessen Preis eng mit dem Preis des abzusichernden Assets korreliert ist (Cross Hedging).<br />

Im Allgemeinen steigt das Basisrisiko mit wachsendem Abstand zwischen Absicherungsende<br />

und Liefermonat.<br />

Cross Hedging<br />

Die Hedge Ratio ist das Verhältnis der Höhe der in den Futures-Kontrakten eingenommenen<br />

Positionen zur Höhe des ursprünglichen Exposures. Der optimale Absicherungsquotient<br />

(Minimum-Varianz-Hedge-Ratio) ist das Produkt aus dem Korrelationskoeffizienten<br />

von σS und σF und dem Quotienten der Standardabweichungen von σS und σF:<br />

Hedge Effectiveness: ¨© ¦§ ¡¢£¤¥<br />

Die optimale Anzahl an Kontrakten ergibt sich, indem man die Hedge-Ratio mit der Größe<br />

der abzusichernden Position multipliziert und durch die Größe eines Futures-Kontrakts<br />

dividiert:<br />

<br />

<br />

Hedging eines Aktienportfolios <br />

Futures auf Aktienindizes können dazu verwendet werden, ein Aktienportfolio abzusichern.<br />

Wenn das Portfolio ein Spiegelbild des Index darstellt, ist klarerweise eine Hedge<br />

Ratio von 1,0 angemessen. Bildet das Portfolio den Index nicht exakt ab, so können wir<br />

den Parameter Beta aus dem CAPM zur Bestimmung der passenden Hedge Ratio benutzen.<br />

Allgemein gilt h*=β und daher , wobei P den aktuellen Wert des Portfolios<br />

und A den Wert der Aktien, die einem Futures-Kontrakt zugrunde liegen, angibt. Eine<br />

Absicherung durch Index-Futures beseitigt das aus den Bewegungen des Marktes resultierende<br />

Risiko und setzt den Absicherer nur der relativen Performance seines Portfolios<br />

gegenüber dem Markt aus. Die Absicherung einer einzelnen Aktie erfolgt auf ähnliche Art<br />

und Weise. Manchmal liegt das Enddatum einer Absicherung hinter den Lieferterminen<br />

aller verfügbaren Futures-Kontrakte. Dann muss die Absicherung prolongiert werden,<br />

indem man in eine Folge von Futures-Kontrakten eintritt (Rollover).<br />

4. Zinssätze<br />

Treasury Rates (Notenbankzinssätze) sind die Zinssätze, die ein Anleger in Trasury Bills<br />

und Treasury Bonds erzielt. Diese sind Instrumente, die eine Regierung benutzt, um in<br />

ihrer eigenen Währung Kredit aufzunehmen.<br />

Martin Gächter | 3


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

LIBOR (London Interbank Offered Rate): Zinssatz, zu dem eine Bank bei einer anderen<br />

eine Einlage tätigt (meist AA-Rating nötig).<br />

LIBID (London Interbank Bid Rate): Dieser Satz gibt an, zu welchem Zinssatz Einlagen<br />

von anderen Banken akzeptiert werden. LIBID < LIBOR<br />

Repo-Zinssatz: Ein Wertpapierhändler vereinbart, Papiere aus seinem Besitz an ein anderes<br />

Unternehmen jetzt zu verkaufen und später zu einem geringfügig höheren Preis<br />

zurückzukaufen. Mit der Rückkaufvereinbarung gewährt das Unternehmen dem Wertpapierhändler<br />

also ein Darlehen.<br />

Stetige Verzinsung<br />

Stetig: Äquivalenter Zinssatz m-Mal/Jahr:<br />

Zerobond-Zinssätze und Anleihen-Bewertung<br />

Der n-Jahres-Zerobond-Zinssatz (Spot-Rate) ist der Zinssatz, den man mit einer Anlage<br />

erwirtschaftet, die heute beginnt und n Jahre dauert. Der theoretische Preis einer Anleihe<br />

kann berechnet werden als Barwert aller zukünftigen Zahlungen, die dem Halter zufließen<br />

werden. Die Effektivverzinsung oder Bond Yield (Rendite) einer Anleihe ist der Diskontierungszinssatz,<br />

der bei Anwendung auf alle Cash Flows einen Anleihewert ergibt, der<br />

dem Marktpreis der Anleihe entspricht. Die Par Yield für eine bestimmte Laufzeit ist jener<br />

Kupon-Zinssatz, der den Anleihewert dem Nennwert gleichsetzt.<br />

<br />

Treasury Spot Rates und Forward Rates<br />

Treasury Spot Rates können mit Hilfe der Bootstrap-Methode aus den Kursen gehandelter<br />

Papiere bestimmt werden. Ein Diagramm, welches den Zerobond-Zinssatz als Funktion<br />

der Laufzeit darstellt, heißt Zinsstrukturkurve. Terminzinssätze oder Forward Rates sind<br />

die Zinssätze, die aus den gegenwärtigen Spot Rates für zukünftige Zeiträume abgeleitet<br />

werden. Wenn Zinssätze aufeinander folgender Zeiträume bei stetiger Verzinsung kombiniert<br />

werden, ist der äquivalente Gesamtzinssatz einfach das arithmetische Mittel der<br />

Zinssätze über den gesamten Zeitraum. Wenn R1 und R2 die Spot Rates für die Laufzeiten<br />

T1 und T2 bezeichnen, dann gilt:<br />

<br />

Ein Forward Rate Agreement (FRA) ist eine außerbörsliche Vereinbarung, dass für Aufnahme<br />

oder Anlage eines bestimmten Nominalkapitals während eines festgelegten zukünftigen<br />

Zeitraums ein bestimmter Zinssatz gilt.<br />

<br />

Duration<br />

Die Duration einer Anleihe ist ein Maß dafür, wie lange ein Anleiheinhaber im Durchschnitt<br />

auf Zahlungen warten muss. Ein Zerobond mit einer Laufzeit von n Jahren hat<br />

eine Duration von n Jahren. <br />

Die Macaulay-Duration kann als Elastizität zwischen der Veränderung des PV und dem<br />

Zinssatz r interpretiert werden. Die Dollar-Duration gibt die absolute Veränderung im<br />

Kurs der Anleihe an, wenn r um einen Prozentpunkt zunimmt, die Modified Duration hingegen<br />

die relative Veränderung des PV der Anleihe bei einer Zunahme von r um ein Prozent.<br />

<br />

Martin Gächter | 4


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Die Duration eines Anleihe-Portfolios kann man als gewichtetes Mittel der Durationen der<br />

einzelnen Anleihen im Portfolio definieren, wobei die Gewichte proportional zu den Anleihekursen<br />

sind. Dabei wird die implizite Annahme getroffen, dass sich die Renditen aller<br />

Anleihen um denselben Betrag ändern.<br />

Zinsstrukturtheorien<br />

Erwartungstheorie<br />

Marktsegmentierungstheorie<br />

Liquiditätspräferenztheorie<br />

5. Bestimmung von Forward- und Futures-Preisen<br />

Investitionsgüter werden von einer wesentlichen Anzahl von Investoren zu Anlagezwecken<br />

gehalten, während ein Konsumgut vorrangig für den Verrauch gehalten wird. Arbitrageargumente<br />

können genutzt werden, um Forward- oder Futures-Preise eines Investitionsguts<br />

zu bestimmen, für Konsumgüter ist dies jedoch nicht möglich.<br />

Bei Leerverkäufen (Shorting) wird ein Asset verkauft, das man nicht besitzt. Ein Anleger<br />

in der Short-Position muss dem Broker jeden Ertrag, der normalerweise auf die leerverkauften<br />

Wertpapiere gezahlt werden würde (z.B. Dividenden) erstatten. Zur Absicherung<br />

muss der Anleger ein Margin-Konto unterhalten.<br />

Forward-Preise und Bewertung von Forward-Kontrakten<br />

Investitionsgut ohne Erträge<br />

Bekannter Ertrag<br />

Bekannte Rendite <br />

Forward-Preis Wert: <br />

Stimmen Forward- und Futures-Kurs überein? <br />

Der Kurs von Futures und Forwards mit gleicher Laufzeit stimmt überein, falls der risikolose<br />

Zinssatz konstant und für alle Laufzeiten gleich ist. Ist aber beispielsweise der Kurs<br />

des Underlyings stark positiv mit den Zinssätzen korreliert, so ist die Long-Position in<br />

einem Futures-Kontrakt attraktiver als in einem Forward-Kontrakt. Der Futures-Kurs ist<br />

daher höher. Diese Effekte sind in der Praxis aber meist recht klein.<br />

Forward- und Futures-Kontrakte auf Währungen<br />

<br />

Eine Fremdwährung kann als Investitionsgut mit bekannter Rendite aufgefasst werden.<br />

Die Rendite ist der risikolose Zinssatz in der Fremdwährung. Die Zinsparitätsbedingung<br />

lautet: <br />

Futures auf Rohstoffe<br />

Lagerhaltungskosten können als negative Erträge behandelt werden. Bezeichnet U den<br />

Barwert aller Lagerhaltungskosten, die während der Laufzeit eines Forward-Kontrakts<br />

anfallen, so gilt: . Sind die anfallenden Lagerkosten proportional zum Kurs<br />

des Rohstoffs, können sie als negative Rendite aufgefasst werden: .<br />

Convenience Yield und Cost of Carry<br />

Der Nutzen aus der Lagerhaltung einer Ware wird auch als dessen Convenience Yield (y)<br />

bezeichnet: . Für Investitionsgüter muss die Convenience Yield null sein,<br />

da es sonst Arbitragemöglichkeiten gibt. Die Convenience Yield gibt die Markterwartung<br />

über die zukünftige Verfügbarkeit des Rohstoffs an.<br />

Martin Gächter | 5


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Die Beziehung zwischen Futures- und Spotkurs lässt sich durch die Cost of Carry (Nettofinanzierungskosten)<br />

zusammenfassen. Diese beinhalten die Lagerhaltungskosten und<br />

die Zinsen zur Finanzierung des Assets abzüglich der auf das Asset erzielten Erträge.<br />

Futures-Kurse und der erwartete zukünftige Spotkurs<br />

Ein Anleger fordert im Allgemeinen für die Übernahme von systematischen Risiken eine<br />

höhere erwartete Rendite als den risikolosen Zinssatz ( CAPM). Sind die Renditen aus<br />

dem Asset unkorreliert mit dem Aktienmarkt, ist der korrekte Zinssatz der risikolose<br />

Zinssatz und es gilt Korreliert die Rendite des Assets positiv mit den Renditen<br />

des Aktienmarktes, so gilt daher: ¦§¨©. Das systematische Risiko ist also positiv.<br />

Wenn der Futures-Kurs unter dem erwarteten zukünftigen Spotkurs liegt, wird dies als<br />

„Normal Backwardation“ bezeichnet, im gegenteiligen Fall „Contango“. ¡¢£¤¥ <br />

6. Zins-Futures<br />

Die Tagzählung bestimmt die Art und Weise, in der die Zinsen im Verlauf der Zeit berücksichtigt<br />

werden. Es gibt verschiedene gebräuchliche Konventionen:<br />

Actual/Actual (in period): US Treasury-Bonds<br />

30/360: Bei US-Unternehmensanleihen 30 Tage/Monat und 360 Tage/Jahr<br />

Actual/360: Geldmarktinstrumente<br />

Kurse von Treasury Bonds werden in den USA in Dollar und zweiunddreißigstel Dollar<br />

angegeben. Kurse von Treasury-Bond-Futures werden genau gleich angegeben. Der angegebene<br />

Kurs ist nicht dasselbe wie der Preis, den der Käufer zahlt:<br />

Dirty Price = Clean Price + aufgelaufene Zinsen seit der letzten Kuponzahlung<br />

Konversionsfaktoren<br />

Der Treasury-Bond-Futures-Kontrakt erlaubt der Partei mit der Short-Position die Wahl,<br />

eine beliebige Anleihe mit über 15 Jahren Restlaufzeit, welche während der nächsten 15<br />

Jahre nicht kündbar ist, zu liefern. Wird dann eine bestimmte Anleihe geliefert, so bestimmt<br />

der Konversionsfaktor den Preis, den die Partei mit der Short-Position erzielt. Der<br />

für die Lieferung zu entrichtende Preis ist das Produkt aus Konversionsfaktor und Kurs:<br />

Erzielter Betrag = (Abrechnungpreis * Konversionsfaktor) + aufgelaufene Zinsen<br />

Der Konversionsfaktor einer Anleihe ist gleich dem Wert der Anleihe je Dollar Nominalkapital<br />

am ersten Tag des Liefermonats unter der Annahme, dass der Zinssatz für alle Laufzeiten<br />

6% p.a. (bei halbjährlicher Verzinsung) beträgt. Die Anleihelaufzeit und die Zeiten<br />

bis zu den Zinsausschüttungsterminen werden für die Berechnung auf Jahresbruchteile<br />

mit 0, 3, 6 und 9 Monaten abgerundet.<br />

Cheapest-to-Deliver-Anleihe<br />

Die Partei in der Short-Position kann sich aussuchen, welche der verfügbaren Anleihen<br />

die günstigste für die Lieferung ist. Um die CtD-Anleihe zu ermitteln, minimieren wir:<br />

Clean Price der Anleihe – (Abrechnungspreis * Konversionsfaktor)<br />

Zusätzlich zum Recht der Wahl der CtD-Anleihe hat die Partei mit der Short-Position noch<br />

die so genannte Wild-Card-Option. Ein exakter theoretischer Futures-Kurs für einen Treasury-Bond-Kontrakt<br />

ist schwierig zu bestimmen (Zeitpunkt und gelieferte Anleihe offen).<br />

Martin Gächter | 6


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Eurodollar-Futures<br />

3-Monats-Eurodollar-Futures sind Futures-Kontrakte auf den 3-Monats-Zinssatz für Eurodollar.<br />

Dabei kann ein Anleger einen Zinssatz auf eine Million Dollar für einen zukünftigen<br />

3-Monats-Zeitraum festschreiben. Bei Kontraktende wird der Abrechnungspreis auf 100-R<br />

gesetzt (R ist der tatsächliche 3-Monats-Eurodollar-Zinssatz an diesem Tag bei vierteljährlicher<br />

Verzinsung auf Basis der Actual/360-Tagzählung). Der Kontrakt ist so ausgestaltet,<br />

dass eine Veränderung um einen Basispunkt in der Futures-Notierung (=0,01)<br />

einem Gewinn oder Verlust von 25$ je Kontrakt entspricht. Inhaber der Long-Position<br />

machen Gewinn, wenn die Zinssätze fallen, während Inhaber der Short-Position von einem<br />

Anstieg der Zinssätze profitieren. Der Wert eines Kontraktes (Q=Notierung) beträgt:<br />

V = 10 000 [100-0,25(100-Q)]<br />

Der Eurodollar-Futures-Kontrakt entspricht einem Forward Rate Agreement (FRA), das<br />

FRA wird jedoch nicht täglich abgerechnet und die Schlussabrechnung erfolgt erst zu T2.<br />

Durationsbasierte Hedging-Strategien<br />

Die Anzahl der zur Absicherung gegen ein unbekanntes ∆y benötigten Kontrakte ist , wobei FC den Futures-Kurs, DF und DP die Duration des Futures bzw. Portfolios<br />

und P den Wert des Portfolios angibt. N* ist die durationsbasierte Hedge Ratio (Preissensitivitäts-Hedge-Ratio).<br />

Ihre Verwendung führt dazu, dass die Duration der gesamten<br />

Position null gesetzt wird. <br />

Um sich gegen das Zinsrisiko abzusichern, verwenden Finanzinstitute oft das sogenannte<br />

Duration Matching, indem sie sicherstellen, dass die Duration ihrer Aktiva gleich der Duration<br />

ihrer Passiva (Short-Positionen in Anleihen) ist. Das Duration Matching immunisiert<br />

ein Portfolio allerdings nur gegen parallele Verschiebungen in der Zinsstrukturkurve.<br />

7. Swaps<br />

Ein Swap ist eine Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen, in der Zukunft Cash Flows<br />

auszutauschen. Der gebräuchlichste Swap ist ein „Plain Vanilla“-Zinsswap. Darin verpflichtet<br />

sich ein Unternehmen, Cash Flows in Höhe des Zinses zu einem vorher festgelegten<br />

Zinssatz auf einen fiktiven Nominalbetrag für eine bestimmte Anzahl von Jahren<br />

zu leisten. Im Gegenzug erhält es Zinsen zu einem variablen Satz auf das gleiche fiktive<br />

Nominalkapital für den gleichen Zeitraum („Fixed-for-Floating“-Zinsswaps). Ein Zinsswap<br />

ist im Allgemeinen so aufgebaut, dass eine Seite die Differenz der beiden zu leistenden<br />

Zahlungen an die andere Seite überweist. Das Nominalkapital wird selbst nicht ausgetauscht.<br />

Bei einer variabel verzinslichen Anleihe wird der Zins gewöhnlich zu Beginn des<br />

Zeitraums, für den er gelten soll, festgelegt und am Ende dieses Zeitraums gezahlt. Meist<br />

tritt zwischen die zwei Unternehmen ein Finanzintermediär. Das Finanzinstitut schließt<br />

zwei separate Kontrakte ab. Viele große Finanzinstitute agieren als Market Maker für<br />

Swaps, die Geld-Brief-Spanne beträgt etwa drei bis vier Basispunkte, den Mittelwert bezeichnet<br />

man häufig als Swap Rate.<br />

Komparative Vorteile und Swap Rates<br />

Komparative Vorteile spielen beim Abschluss von Swaps eine wichtige Rolle. Es wird argumentiert,<br />

dass einige Unternehmen einen komparativen Vorteil bei der Kreditaufnahme<br />

auf Märkten für festverzinsliche Wertpapiere haben, während andere einen komparativen<br />

Vorteil auf Märkten für variabel verzinsliche Geschäfte haben (größere Differenz zwischen<br />

den festen Zinssätzen).<br />

Dieses Argument ist allerdings umstritten. Die unterschiedlichen Differenzen liegen in der<br />

Art der Kontrakte begründet. Wenn sich die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens, das<br />

Martin Gächter | 7


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einen variablen Zinsswap abgeschlossen hat, verschlechtert, so kann der Kreditgeber die<br />

über den LIBOR hinausgehende Zinsspanne (Spread) erhöhen oder den Rollover des Kredits<br />

gänzlich ablehnen. Der Anbieter festverzinslicher Finanzierungsformen kann die Bedingungen<br />

des Kredits nicht auf diese Weise anpassen. Das Unternehmen macht mit einem<br />

Swap womöglich ein gutes Geschäft, trägt aber gleichzeitig das Risiko eines Zahlungsausfalls<br />

des Finanzinstituts.<br />

Die Swap Rate ist der Mittelwert aus dem festen Zinssatz, den ein Swap Market Maker im<br />

Austausch für LIBOR zu zahlen ist (Ankaufssatz) und dem festen Zinssatz, den er im Austausch<br />

für LIBOR erhalten möchte (Verkaufssatz). Beispielsweise enthält die 5-Jahres-<br />

Swap-Rate ein Kreditrisiko, welches der Situation von zehn aufeinander folgenden 6-<br />

Monats-Darlehen an Unternehmen mit AA-Rating entspricht. Daher sind Swap Rates<br />

niedriger als AA-Kreditzinssätze. Swap Rates werden häufig dazu verwendet, um die LI-<br />

BOR-Spot-Rate-Strukturkurve auf über zwei Jahre hinaus zu erweitern.<br />

Bewertung von Zinsswaps<br />

Bei Abschluss hat ein Zinsswap den Wert null. Es gibt zwei Ansätze für die Bewertung,<br />

nämlich als die Differenz zweier Anleihen oder als ein Portfolio von FRA’s.<br />

Bei einem Zinsswap werden die Nominalbeträge nicht ausgetauscht. Der Swap kann aus<br />

der Sicht des variablen Zinszahlers als Long-Position in einer festverzinslichen Anleihe<br />

und Short-Position in einer variabel verzinslichen Anleihe aufgefasst werden:<br />

<br />

Der Wert der variabel verzinslichen Anleihe entspricht nach einer Zinszahlung ihrem (fiktiven)<br />

Nominalbetrag, weil die Anleihe zu diesem Zeitpunkt ein „faires Geschäft“ darstellt.<br />

Der Wert der variabel verzinslichen Anleihe beträgt daher: <br />

Währungsswaps<br />

In seiner einfachsten Form beinhaltet ein Währungsswap den Austausch von Nominalbetrag<br />

und Zinszahlungen in einer Währung gegen Nominalbetrag und Zinszahlungen in einer<br />

anderen Währung. Die Nominalbeträge in der jeweiligen Währung werden gewöhnlich<br />

zu Beginn und am Ende der Laufzeit des Swaps ausgetauscht. Meist spricht man von Fixed-for-Fixed-Währungsswaps,<br />

da der Zinssatz für beide Währungen fest ist.<br />

Auch Währungsswaps können durch komparative Vorteile motiviert sein. Im Gegensatz<br />

zum Plain-Vanilla-Zinsswap werden hier Zinssätze in zwei verschiedenen Währungen verglichen<br />

und es ist daher wahrscheinlicher, dass die komparativen Vorteile wirklich bestehen.<br />

Der Wert eines Swaps, bei dem Eurobeträge eingenommen und Fremdwährungsbeträge<br />

gezahlt werden, beträgt: <br />

Kreditrisiko<br />

Kontrakte, die wie Swaps Verträge zwischen zwei Unternehmen darstellen, bringen ein<br />

Kreditrisiko mit sich. Wenn die Gegenpartei in Konkurs geht, ergibt sich ein Verlust, falls<br />

der Wert des Swaps für das Finanzinstitut positiv ist, und es ändert sich nichts an der<br />

Position der Finanzinstitution, falls der Wert des Swaps für das Finanzinstitut negativ ist.<br />

Die möglichen Verluste durch Zahlungsausfall sind bei einem Swap viel geringer als bei<br />

einem Darlehen mit demselben Nominalkapital, weil der Wert des Swaps gewöhnlich nur<br />

einen kleinen Bruchteil des Wertes des Darlehens darstellt. Bei einem Währungsswap<br />

sind die potentiellen Verluste daher natürlich dementsprechend größer. Marktrisiken kön-<br />

Martin Gächter | 8


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

nen durch den Eintritt in ausgleichende Kontrakte abgesichert werden, Kreditrisiken sind<br />

nicht so leicht abzusichern.<br />

8. Optionsmärkte<br />

Die Auszahlung einer Long-Position in einem europäischen Call beträgt max(ST-K,0), die<br />

Auszahlung eines europäischen Puts hingegen max(K-ST,0).<br />

Aktienoptionen werden meist an Börsen gehandelt, während Währungsoptionen häufig<br />

über den OTC-Markt getätigt werden. Bei einer Index-Option umfasst ein Kontrakt den<br />

Kauf oder Verkauf des hundertfachen Wertes des Index zum festgelegten Basispreis. Die<br />

Abrechnung erfolgt immer in bar. Wenn eine Börse einen bestimmten Futures-Kontrakt<br />

handelt, dann handelt sie häufig auch Optionen auf diesen Kontrakt, die meist kurz vor<br />

dem Lieferzeitraum des Futures verfallen.<br />

Zur Spezifikation von Aktienoptionen zählen insbesondere der Verfalltermin und der Basispreis.<br />

Alle Optionen desselben Typs (Kauf- bzw. Verkaufsoptionen) auf ein Underlying<br />

werden als Optionsklasse bezeichnet. Eine Optionsserie besteht aus allen Optionen einer<br />

gegebenen Klasse mit gleichem Verfalltag und gleichem Basispreis. Optionen können sich<br />

im Geld, am Geld oder aus dem Geld befinden. Der innere Wert einer Option ist definiert<br />

als das Maximum von null und dem Wert, den die Option hätte, wenn sie unmittelbar<br />

ausgeübt werden würde. Eine amerikanische In-the-money-Option muss daher mindestens<br />

so viel Wert sein wie ihr innerer Wert. Der Gesamtwert einer Option ist die Summe<br />

aus innerem Wert und dem Zeitwert.<br />

Dividenden und Aktiensplits<br />

Die Optionen auf den früheren OTC-Märkten waren dividendengeschützt. Börsengehandelte<br />

Optionen werden normalerweise nicht um die Dividendenzahlungen bereinigt, jedoch<br />

bei Aktiensplits oder Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln dementsprechend<br />

angepasst. Nach einem n-zu-m-Aktiensplit wird der Basispreis auf m/n seines vorherigen<br />

Wertes reduziert, die Anzahl der von einem Kontrakt abgedeckten Aktienanteile vergrößert<br />

sich auf das n/m des vorherigen Wertes. Häufig gibt es Positionsobergrenzen für<br />

Optionskontrakte, damit kein einzelner Anleger den Markt zu stark beeinflussen kann.<br />

Die meisten Optionsbörsen ermöglichen den Handel mit Market Makers, um die Liquidität<br />

am Markt zu steigern. Ein Anleger, der eine Option erworben hat, kann die Position<br />

schließen, indem er eine Glattstellungsorder zum Verkauf derselben Option stellt.<br />

Margins<br />

In den USA kann ein Anleger beim Aktienkauf entweder bar bezahlen oder über ein Margin-Konto<br />

Kredit aufnehmen. Anleger dürfen Optionen nicht mittels eines Margin-Kontos<br />

erwerben, da Optionen bereits einen beträchtlichen Leverage (implizite Fremdkapitalaufnahme)<br />

haben. Ein Anleger, der Optionen verkauft, muss Kapital auf seinem Margin-<br />

Konto halten. Eine ungedeckte Option (Naked Option) ist eine Option, die nicht mit einer<br />

(ausgleichenden) Position in der zugrunde liegenden Aktie kombiniert ist. Die Options<br />

Clearing Corporation garantiert, dass Optionsverkäufer ihren Verpflichtungen aus den<br />

Optionskontrakten nachkommen (Margin-Konto).<br />

Optionsscheine, Mitarbeiteroptionen und Wandelanleihen<br />

Optionsscheine und Optionsprogramme für Mitarbeiter sind Kaufoptionen, die vom Unternehmen<br />

in der Regel mit der eigenen Aktie als Underying ausgegeben werden. Werden<br />

diese ausgeübt, dann emittiert das Unternehmen weitere Aktien zum Basispreis der Option.<br />

Optionsscheine (Warrants) sind Kaufoptionen, die oft als Ergebnis einer Anleihe-<br />

Emission entstehen. Mitarbeiteroptionen sind Kaufoptionen, die an Mitarbeiter ausgege-<br />

Martin Gächter | 9


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

ben werden, um sie zu motivieren, im besten Interesse der Aktionäre zu handeln. Eine<br />

Wandelanleihe ist eine von einem Unternehmen emittierte Anleihe, die zu bestimmten<br />

Zeitpunkten zu einem vorher festgelegten Wechselverhältnis in Aktien umgewandelt werden<br />

kann (Anleihe mit integrierter Kaufoption auf die Aktien des Unternehmens).<br />

Nicht alle Optionsgeschäfte werden an Börsen getätigt, viele davon werden auch telefonisch<br />

auf dem OTC-Markt gehandelt. Ein Vorteil von OTC-Optionen besteht darin, dass<br />

diese genau auf die Kundenwünsche zugeschnitten werden können und sich teilweise von<br />

Standard-Calls und –Puts unterscheiden (exotische Optionen).<br />

9. Eigenschaften von Aktienoptionen<br />

EuropäEuropäAmerikaniAmerikaniischer Call ischer Put scher Call scher Put<br />

Aktueller Aktienkurs + - + -<br />

Basispreis - + - +<br />

Restlaufzeit ? ? + +<br />

Volatilität + + + +<br />

Risikoloser Zinssatz + - + -<br />

Dividenden - + - +<br />

Tabelle 1: Einflussfaktoren auf Optionspreise<br />

Die Auswirkungen des Aktienkurses und des Basispreises bei Call- und Put-Optionen sind<br />

aufgrund der Überlegungen zu den jeweiligen Auszahlungsprofilen relativ intuitiv verständlich.<br />

Ebenso ist klar, dass die Preise amerikanischer Optionen mit zunehmender<br />

Laufzeit steigen, was bei europäischen Optionen zwar auch meistens der Fall ist, aber<br />

nicht immer angenommen werden kann (z.B. Dividendenausschüttung etc.).<br />

Da der Besitzer einer Kaufoption stark von Kursanstiegen profitiert, jedoch im Falle eines<br />

Kursrückgangs ein begrenztes Risiko hat, steigen die Optionspreise mit zunehmender<br />

Volatilität des Underlyings.<br />

Nicht ganz so eindeutig ist der Einfluss des risikolosen Zinssatzes. Wenn die Zinssätze<br />

steigen, steigt tendenziell die Renditeforderung der Anleger für die Aktie. Außerdem sinkt<br />

der Barwert jeder zukünftigen Einzahlung für den Optionsinhaber. Die kombinierte Wirkung<br />

dieser beiden Effekte führt dazu, dass der Wert von Verkaufsoptionen sinkt und der<br />

Wert von Kaufoptionen steigt (ceteris paribus, insbesondere der Aktienkurs bleibt unverändert).<br />

Dividenden bewirken eine Reduktion des Aktienpreises am Ausschüttungstag.<br />

Das ist schlecht für den Wert von Kaufoptionen und gut für den Wert von Verkaufsoptionen.<br />

Wertober- und Wertuntergrenzen von Optionen<br />

Call: c ≤ S0 und C ≤ S0 Put: p ≤ Ke -rT und P ≤ K<br />

Wertuntergrenze für Call auf dividendenlose Aktie: c ≥ max(S0 – Ke -rT ,0)<br />

Wertuntergrenze für europäischen Put auf dividendenlose Aktie: p ≥ max(Ke -rT – S0,0)<br />

Put-Call-Parität<br />

c + Ke -rT = p + S0<br />

Vorzeitige Ausübung<br />

S0 – K ≤ C - P ≤ S0 – Ke -rT<br />

Eine vorzeitige Ausübung eines amerikanischen Calls auf eine dividendenlose Aktie ist<br />

niemals optimal. Dafür gibt es zwei Gründe: Einerseits die Versicherungsleistung, da der<br />

Martin Gächter | 10


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Call den Inhaber gegen das Sinken des Aktienkurses unter den Basispreis versichert und<br />

andererseits der Zeitwert des Geldes (Basispreis muss erst später bezahlt werden).<br />

Hingegen kann es optimal sein, einen amerikanischen Put auf eine dividendenlose Aktie<br />

vorzeitig auszuüben. Ein Put sollte zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgeübt werden, wenn<br />

er sich ausreichend tief im Geld befindet. Daher hat eine amerikanische Verkaufsoption<br />

immer einen höheren Wert als die entsprechende europäische Verkaufsoption. Da der<br />

Wert eines amerikanischen Puts manchmal seinem inneren Wert entspricht, kann der<br />

Wert eines europäischen Puts sogar unter seinem inneren Wert liegen.<br />

Dividenden<br />

Wertuntergrenzen: c ≥ S0 – D – Ke -rT p ≥ D + Ke -rT – S0<br />

Es kann optimal sein, eine amerikanische Kaufoption direkt vor dem Ausschüttungstag<br />

auszuüben, zu anderen Zeitpunkten ist die Ausübung eines Calls jedoch nie optimal.<br />

Put-Call-Parität mit Dividenden<br />

c + D + Ke -rT = p + S0<br />

S0 – D – K ≤ C – P ≤ S0 – Ke -rT<br />

10. Handelsstrategien mit Optionen<br />

Eine Long-Position in einer Aktie und einer Short-Position in einer Kaufoption wird als<br />

„Schreiben eines Covered Call“ bezeichnet (ähnelt dem Verkauf eines Puts). Die Strategie<br />

„Protective Put“ beinhaltet den Erwerb einer Verkaufsoption und einer Aktie (ähnelt dem<br />

Erwerb eines Calls). 1<br />

Spreads 2<br />

Eine Spread-Handelsstrategie beinhaltet die Einnahme einer Position in zwei oder mehr<br />

Optionen desselben Typs.<br />

Bull Spread: Erwerb eines Calls auf eine Aktie mit einem bestimmten Basispreis und<br />

Verkauf eines Calls auf dieselbe Aktie mit einem höheren Basispreis. Dies erfordert eine<br />

Anfangsinvestition. Ein analoges Gewinnprofil kann durch den Erwerb eines Puts<br />

mit einem niedrigen Basispreis und den Verkauf eines Puts mit einem hohen Basispreis<br />

gebildet werden.<br />

Bear Spread: Im Gegensatz zum Bull Spread ist der Anleger hier daran interessiert,<br />

dass der Aktienkurs fallen wird.<br />

Box Spread: Kombination aus einem Bull Call Spread mit den Basispreisen K1 und K2<br />

und einem Bear Put Spread mit denselben Basispreisen. Die Auszahlung beträgt immer<br />

K2-K1.<br />

Butterfly Spread: Dieser enthält Optionen mit drei verschiedenen Basispreisen. Er<br />

besteht aus dem Erwerb eines Calls mit einem relativ geringen Basispreis K1, dem Erwerb<br />

eines Calls mit einem relativ hohen Basispeis K3 und dem Verkauf zweier Calls<br />

mit dem Basispreis K2, welcher genau zwischen K1 und K3 liegt. Der Anleger hält hier<br />

große Bewegungen des Aktienkurses für unwahrscheinlich. Der Butterfly Spread erfordert<br />

eine geringe Anfangsinvestition.<br />

Calendar Spread: Hier weisen die Optionen zwar den gleichen Basispreis, aber unterschiedliche<br />

Fälligkeitstermine auf. 3<br />

1 Abbildungen S. 279<br />

2 Abbildungen S. 280 f.<br />

3 Abbildung S. 288<br />

Martin Gächter | 11


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Diagonal Spread: Hier unterscheiden sich sowohl die Fälligkeitstermine als auch die<br />

Basispreise der beiden Kaufoptionen.<br />

Kombinationen aus Calls und Puts<br />

Straddles: Erwerb eines Calls und eines Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum<br />

(Bottom Straddle). Ein Top Straddle ist genau entgegengesetzt (Verkauf<br />

eines Calls und Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum). Dies ist sinnvoll,<br />

wenn der Anleger eine große Bewegung des Aktienkurses erwartet, ohne zu wissen, in<br />

welche Richtung die Bewegung gehen wird.<br />

Strips und Straps: Ein Strip besteht aus einer Long-Position in einem Call und zwei<br />

Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum. Ein Strap besteht aus einer Long-<br />

Position in zwei Calls und einem Put mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum.<br />

Strangles: Erwerb eines Puts und Calls mit demselben Fälligkeitsdatum und unterschiedlichen<br />

Basispreisen (Bottom Vertical Combination). Der Verkauf eines Strangles<br />

wird als Top Vertical Combination bezeichnet.<br />

Über die Kombination von Calls und Puts mit unterschiedlichem Basispreis und Fälligkeitsdatum<br />

lässt sich ein beliebiges Gewinnprofil konstruieren.<br />

11. Binomialbäume<br />

Wir betrachten eine Aktie mit dem Preis S0 und eine Option auf diese Aktie, deren gegenwärtiger<br />

Preis f beträgt. Die Option läuft über die Zeit T und der Aktienkurs kann<br />

entweder auf S0u steigen (Optionspreis fu) oder auf S0d fallen (Optionspreis fd). Wir betrachten<br />

ein Portfolio, das aus der Long-Position in ∆ Aktienanteilen und der Short-<br />

Position in einer Option besteht. Wir berechnen nun den Wert für ∆, der das Portfolio risikolos<br />

werden lässt:<br />

S0u∆ – fu = S0d∆ – fd bzw. <br />

<br />

In diesem Fall ist das Portfolio risikolos und muss eine Rendite in Höhe des risikolosen<br />

Zinssatzes erzielen. ∆ gibt das Verhältnis der Änderung des Optionspreises zur Änderung<br />

des Aktienkurses an. Der Wert der Portfolios beträgt also abgezinst (S0u∆ – fu)e -rT .<br />

Daraus ergibt sich der Wert der Option:<br />

mit <br />

<br />

Die Formel für die Optionsbewertung enthält keine Wahrscheinlichkeiten für das Steigen<br />

oder Fallen des Aktienkurses, da wir ihren Wert in Hinblick auf den Kurs der zugrunde<br />

liegenden Aktie berechnen. <br />

Die erwartete Rendite der Aktie, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Kursanstiegs mit p<br />

angenommen wird, ist genau der risikolose Zins: E(ST)=S0e rT . In einer risikolosen Welt<br />

sind alle Individuen indifferent gegenüber Risiken und fordern daher keine Kompensation<br />

für die Übernahme von Risiken. Dieses Prinzip der Optionsbewertung ist als risikoneutrale<br />

Bewertung bekannt. Den Preis, den wir auf diesem Weg erhalten, ist auch in der realen<br />

Welt korrekt. Auch in mehrperiodigen Binomialbäumen ist der Optionspreis gleich der<br />

erwarteten Auszahlung in einer risikoneutralen Welt, diskontiert mit dem risikolosen<br />

Zinssatz.<br />

Bei amerikanischen Optionen besteht das Verfahren darin, sich vom Ende bis zum Anfang<br />

des Baumes zurückzuarbeiten und an jedem Knoten zu überprüfen, ob eine vorzeitige<br />

Ausübung sinnvoll ist.<br />

Martin Gächter | 12


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Der Options-Delta<br />

Das Delta einer Aktienoption ist das Verhältnis der Änderung des Optionspreises zur Änderung<br />

des zugrunde liegenden Aktienkurses. Dieser entspricht der Anzahl an Aktien, die<br />

wir für jede Short-Position in einer Option halten sollten, um ein risikoloses Portfolio zu<br />

bilden (Delta-Hedging). Der Delta-Faktor einer Kaufoption ist positiv, das Delta einer<br />

Verkaufsoption dagegen negativ. Der Delta-Faktor variiert im Zeitablauf.<br />

Die Parameter u und d können so gewählt werden, dass sie zur Volatilität des Aktienkurses<br />

passen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Aufwärtsbewegung (in der realen Welt) wird<br />

als p* angenommen. <br />

<br />

mit<br />

Die erwartete Rendite der Aktie beim Übergang von der realen zur risikoneutralen Welt<br />

ändert sich, aber die Volatilität bleibt gleich (Girsanov-Theorem). <br />

Optionen auf andere Assets<br />

Aktien mit stetiger Dividendenrendite:<br />

Die Einnahme einer Long- oder Short-Position in einem Futures-Kontrakt verursacht keine<br />

Kosten. Daraus folgt, dass ein Futures-Kurs in einer risikoneutralen Welt eine erwartete<br />

Wachstumsrate von null aufweist und daher gilt:<br />

<br />

<br />

Damit können auch Optionen auf Währungen bewertet werden, da die Fremdwährung als<br />

ein Asset angesehen werden kann, das eine Rendite in Höhe des ausländischen Zinssatzes<br />

rf bietet. <br />

<br />

12. Wiener Prozesse und Itôs Lemma <br />

In diesem Kapitel wird für den Aktienpreis ein stochastischer Prozess mit stetigen Variablen<br />

in stetiger Zeit entwickelt. Ein Markov-Prozess ist ein spezieller stochastischer Prozess,<br />

bei welchem nur der aktuelle Wert einer Variablen für die Prognose der zukünftigen<br />

Entwicklung relevant ist. Die vergangenen bzw. historischen Werte der Variablen sowie<br />

die Art und Weise, wie der aktuelle Wert entstanden ist, sind nicht von Bedeutung. Die<br />

Markov-Eigenschaft von Aktienkursen steht im Einklang mit der schwachen Form der Kapitalmarkteffizienz.<br />

Wir betrachten nun eine Variable, die einem Markov-Prozess folgt. Angenommen, ihr derzeitiger<br />

Wert liegt bei 10 und die Wertänderung in einem Jahr wird durch Φ(0,1) beschrieben.<br />

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Änderung in einem Zeitraum T ist daher<br />

Φ(0,). Die Varianzen von Änderungen sind in aufeinander folgenden Zeitabschnitten<br />

für Markov-Prozesse additiv, was für die Standardabweichungen nicht gilt.<br />

Wiener Prozesse<br />

Ein solcher Prozess wird auch Wiener-Prozess genannt. Dies ist ein spezieller Markov-<br />

Prozess mit einer erwarteten Änderung von null und einer Varianz der Änderungen von<br />

1,0 pro Jahr (Physik: Brownsche Bewegung). Formal folgt die Variable z einem Wiener<br />

Prozess, wenn gilt:<br />

mit<br />

Die Änderung ∆z in einem kleinen Zeitraum ∆t beträgt<br />

Für zwei beliebige kleine Zeitintervalle ∆t sind die Werte ∆z unabhängig: <br />

<br />

∆z=<br />

Martin Gächter | 13


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Wir betrachten den Anstieg des Wertes von z über einen vergleichsweise langen Zeitraum<br />

T. Dieser kann mit z(T)-z(0) bezeichnet werden. Daher gilt unabhängig voneinander):<br />

und <br />

(<br />

Allgemeiner Wiener-Prozess<br />

daher <br />

Die mittlere Änderung eines stochastischen Prozesses pro Zeiteinheit wird Drift genannt.<br />

Die Varianz pro Zeiteinheit wird als Varianzrate bezeichnet. Ein allgemeiner Wiener-<br />

Prozess für eine Variable x kann mithilfe von dz wie folgt definiert werden:<br />

dx = a dt + b dz<br />

Der Termn a dt impliziert, dass x eine erwartete Änderung in Höhe von a pro Zeiteinheit<br />

aufweist. In einem Zeitraum der Länge T wächst der Wert von x um den Betrag aT. Der<br />

Term b dz kann als zusätzliche Interferenz oder Streuung auf dem von x zurückgelegten<br />

Weg angesehen werden. Die Höhe der Interferenz oder Streuung ist das b-fache eines<br />

Wiener-Prozesses (Standardabweichung b).<br />

Für die Änderung des Wertes von x in einem beliebigen Zeitintervall T ergibt sich schließlich<br />

die Normalverteilung mit ∆x(aT,b). Der verallgemeinerte Wiener-Prozess hat somit<br />

eine erwartete Driftrate von a und eine Varianzrate von b².<br />

Itô-Prozess<br />

Der Itô-Prozess ist ein allgemeiner Wiener-Prozess, bei dem die Parameter a und b Funktionen<br />

der zugrunde liegenden Variablen x und der Zeit t sind: dx = a(x,t) dt + b(x,t) dz<br />

Der Prozess für Aktienkurse<br />

Das Modell des allgemeinen Wiener-Prozesses berücksichtigt nicht, dass die von Anlegern<br />

geforderte prozentuale Rendite aus einer Aktie unabhängig vom Preis der Aktie ist. Die<br />

Annahme einer konstanten Drift ist daher ungeeignet. Ist S der Aktienkurs zum Zeitpunkt<br />

t, dann sollte die erwartete Drift von S als µS mit einem konstanten Parameter µ angenommen<br />

werden. Eine vernünftige Annahme ist, dass die Variabilität der Rendite in einem<br />

kleinen Zeitintervall ∆t unabhängig vom Aktienkurs stets identisch ist, d.h. die<br />

Standardabweichung der Veränderung sollte proportional zum Aktienkurs sein:<br />

dS = µSdt + σSdz bzw. <br />

Dieses Modell kann man als Grenzfall des Random Walk im Rahmen des Binomialbaums<br />

für immer kleinere Zeitschritte auffassen. Das hier entwickelte Modell wird als geometrische<br />

Brownsche Bewegung bezeichnet. Das Modell für diskrete Zeitpunkt lautet:<br />

bzw.<br />

<br />

¡¢£¤¥ <br />

¦§¨©<br />

Es gilt daher:<br />

Itôs Lemma <br />

Der Preis einer Aktienoption ist eine Funktion des Preises der zugrunde liegenden Aktie<br />

und der Zeit. Angenommen, der Wert einer Variablen x folgt dem Itô-Prozess, hat die<br />

Variable x die Drift a und die Varianz b². Aus dem Lemma von Itô folgt, dass der Prozess,<br />

den eine Funktion G von S und t befolgt, wie folgt beschrieben wird: <br />

<br />

Martin Gächter | 14


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Dies kann man auf einen Forward-Kontrakt anwenden: Der Forward-Preis F folgt ebenso<br />

wie S einer geometrischen Brownschen Bewegung. Er hat allerdings eine erwartete<br />

Wachstumsrate von µ-r statt µ. Die Wachstumsrate von F ist die Überschussrendite von S<br />

über den risikolosen Zinssatz.<br />

Lognormalverteilte Aktienkurse<br />

Wir setzen nun G=ln S und setzen ein: . Diese Gleichung folgt einem <br />

allgemeinen Wiener-Prozess. Dies bedeutet, dass<br />

und <br />

Dies zeigt, dass ln ST normalverteilt ist. Eine Variable hat eine Lognormalverteilung, wenn<br />

ihr natürlicher Logarithmus normalverteilt ist. Der Preis einer Aktie zum Zeitpunkt T ist<br />

bei gegebenem gegenwärtigen Preis also lognormalverteilt ist. Die Standardabweichung<br />

des Logarithmus des Aktienpreises beträgt .<br />

13. Das Black-Scholes-Merton-Modell<br />

<br />

Das hier verwendete Modell für das Verhalten von Aktienkursen ist genau jenes, das zuvor<br />

behandelt wurde: <br />

Eine lognormalverteilte Variable kann jeden Wert zwischen null und unendlichen annehmen.<br />

Im Gegensatz zur Normalverteilung ist sie schief, Mittelwert, Median und Modus <br />

sind nicht identisch.<br />

E(ST) = S0e µT <br />

Die Lognormalverteilung kann zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer bei<br />

stetiger Verzinsung zwischen dem Zeitpunkt null und dem Zeitpunkt T erzielten Rendite<br />

mit . Mit wachsender<br />

Zeit T verringert sich die Standardabweichung von x. <br />

herangezogen werden: ST = S0e xT und daher <br />

Die erwartete Rendite<br />

Die erwartete relative Änderung des Aktienkurses in einem sehr kurzen Zeitabschnitt ∆t<br />

beträgt µ∆t. µ entspricht allerdings nicht der erwarteten stetigen Rendite für die Aktie!<br />

Die tatsächlich realisierte Rendite ist nämlich und E(x)=<br />

der Der Grund <br />

dafür liegt darin, dass das geometrische Mittel einer (nichtkonstanten) Zahlenfolge immer<br />

kleiner ist als das arithmetische Mittel.<br />

Volatilität<br />

Die Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Aktienkurses (Standardabweichung) nimmt<br />

näherungsweise mit der Quadratwurzel des Zeitraums, den wir in die Zukunft blicken, zu.<br />

Diese wird meist aus historischen Daten geschätzt. Meist werden handelsfreie Tage ignoriert,<br />

wenn die Volatilität aus historischen Daten geschätzt wird:<br />

Martin Gächter |<br />

¡¢££¤¥¦§¨©©<br />

15


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Black-Scholes-Merton-Differentialgleichung<br />

Die Argumente ähneln den No-Arbitrage-Argumenten beim Binomialmodell (Bildung eines<br />

risikolosen Portfolios, das je eine Position im Derivat und in einer Aktie beinhaltet). Ohne<br />

Arbitragemöglichkeiten muss die Rendite aus dem Portfolio dem risikolosen Zinssatz r<br />

entsprechen. In jedem sehr kurzen Zeitabschnitt ist der Preis eines Derivates perfekt mit<br />

dem Kurs der zugrunde liegenden Aktie korreliert, womit der Gesamtwert des Portfolios<br />

am Ende des kurzen Zeitabschnitts mit Sicherheit bekannt ist. Im Rahmen des Black-<br />

Scholes-Modells ist die Position in der Aktie und dem Derivat nur für einen sehr kurzen<br />

Zeitabschnitt risikolos und muss daher regelmäßig angepasst werden. <br />

Eine beliebige Funktion f(S,t), die diese Differentialgleichung erfüllt, ist der theoretische<br />

Preis eines gehandelten Derivates. Die risikoneutrale Bewertung ergibt sich daraus, dass<br />

in der Gleichung keine Variable vorkommt, die von den Risikopräferenzen des Anlegers<br />

abhängt. Die erhaltenen Lösungen sind auch in der realen Welt gültig. Wenn wir uns von<br />

einer risikoneutralen Welt zu einer risikoaversen Welt bewegen, so ändern sich die erwarteten<br />

Zuwachsraten der Aktienkurse sowie der Diskontierungssatz, der für beliebige Auszahlungen<br />

des Derivates verwendet wird. Diese beiden Änderungen heben sich stets gegenseitig<br />

auf.<br />

<br />

Bewertungsformeln nach Black-Scholes <br />

Die Funktion N(x) ist die kumulative Verteilungsfunktion einer Standardnormalverteilung.<br />

Der Ausdruck N(d2) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass die Option in einer risikoneutralen<br />

Welt ausgeübt wird. Somit ist KN(d2) das Produkt aus dem Basispreis und der<br />

Wahrscheinlichkeit, dass der Basispreis ausgezahlt wird. Der Ausdruck S0N(d1)e<br />

<br />

rT ist der<br />

Erwartungswert einer Variablen, die in der risikoneutralen Welt gleich ST ist, wenn ST>K<br />

gilt, und anderenfalls den Wert null hat. Wenn die Black-Scholes-Formel in der Praxis<br />

angewendet wird, wird der Zinssatz r dem risikolosen Zerobond-Zinssatz für eine Laufzeit<br />

von T gleichgesetzt. In der Praxis arbeitet man häufig mit impliziten Volatilitäten, die in<br />

den am Markt beobachteten Optionspreisen enthalten sind. Die Berechnung erfolgt durch<br />

Einsetzen in die Bewertungsformel, wobei σ die einzige unbekannte Variable ist.<br />

Dividenden<br />

Bei europäischen Optionen kann die Black-Scholes-Formel angewendet werden, wenn der<br />

Aktienpreis um den Barwert aller Dividenden während der Optionslaufzeit reduziert wird.<br />

Bei amerikanischen Optionen ist in den meisten Fällen der letzte Ex-Dividende-Tag der<br />

einzige Zeitpunkt, den man für eine vorzeitige Ausübung in Betracht ziehen muss. Fischer<br />

Black hat für die Bewertung eine Approximation vorgeschlagen: Danach ist der Preis<br />

gleich dem Maximum der Preise für zwei europäische Kaufoptionen, die erste verfällt am<br />

gleichen Tag, die andere unmittelbar vor dem letzten Ex-Dividende-Tag.<br />

14. Optionen auf Aktienindizes, Währungen und Futures<br />

Aktien mit bekannter Dividendenrendite<br />

Die Bezahlung einer Dividendenrendite q bewirkt, dass die Wachstumsrate des Aktienkurses<br />

um den Betrag q kleiner ist, als sie sonst wäre. Wenn wir daher eine europäische<br />

Aktienoption mit Laufzeit T bewerten und die Aktie eine Dividendenrendite von q aufweist,<br />

dann vermindern wir den aktuellen Aktienkurs von S0 auf S0e -qT und bewerten an-<br />

Martin Gächter | 16


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

schließend die Option so, als wenn es sich um eine dividendenlose Aktie handeln würde.<br />

Die Dividende definiert sich als die Verminderung des Kurses am Ausschüttungstag.<br />

Wertuntergrenzen: c ≥ max(S0e -qT – Ke -rT ,0) p ≥ max(Ke -rT – S0e -qT ,0)<br />

Put-Call-Parität: c + Ke -rT = p + S0e -qT<br />

Optionen: <br />

Optionen auf Aktienindizes<br />

Ein Indexoptions-Kontrakt wird über das Hundertfache des Indexstands abgeschlossen<br />

und meist in bar abgerechnet. Solche Optionen lassen sich genauso behandeln wie Optionen<br />

auf Aktien mit bekannter Dividendenrendite. Portfolio-Manager können Indexoptionen<br />

verwenden, um ihr Downside-Risiko zu begrenzen. Jeder Kontrakt auf den Index<br />

bezieht sich auf das Hundertfache des Index. Daher kann der Portfoliowert gegen eine<br />

Situation, in der der Index unter K fällt, abgesichert werden, indem der Portfolio-Manger<br />

für jeweils 100S0 Dollar in dem Portfolio einen Verkaufsoptionskontrakt mit dem Basispreis<br />

K erwirbt (bei β=1).<br />

<br />

Ist das Beta des Portfolios nicht 1, so sollte man für jeweils 100S0 Dollar des Portfolios<br />

Beta-Put-Kontrakte erwerben. Mit steigendem Beta eines Portfolios steigen also auch die<br />

Absicherungskosten, da mehr Puts benötigt werden und diese zudem einen höheren Basispreis<br />

haben.<br />

Währungsoptionen<br />

Währungsoptionen werden hauptsächlich am OTC-Markt gehandelt. Während ein Forward-Kontrakt<br />

den Wechselkurs für eine zukünftige Transaktion festschreibt, ermöglicht<br />

eine Option eine Art von Versicherung. Eine Fremdwährung verhält sich wie eine Aktie<br />

mit bekannter Dividendenrendite, der Inhaber der Fremdwährung erhält eine Rendite in<br />

Höhe des ausländischen risikolosen Zinssatzes rf in der Fremdwährung. Die oben definierten<br />

Formeln bleiben daher gültig, es wird nur q durch rf ersetzt.<br />

Bei amerikanischen Währungsoptionen werden am wahrscheinlichsten Kaufoptionen auf<br />

hochverzinsliche Währungen und Verkaufsoptionen auf niedrigverzinsliche Währungen<br />

vorzeitig ausgeübt.<br />

Futures-Optionen<br />

Wenn eine Futures-Kaufoption ausgeübt wird, erhält der Inhaber der Option eine Long-<br />

Position im zugrunde liegenden Futures-Kontrakt sowie einen Geldbetrag, der dem letzten<br />

Abrechnungspreis des Futures abzüglich des Basispreises entspricht. Wenn eine Futures-Verkaufsoption<br />

ausgeübt wird, erhält der Inhaber eine Short-Position im zugrunde<br />

liegenden Futures-Kontrakt sowie einen Geldbetrag, der dem Basispreis minus dem letzten<br />

Abrechnungspreis des Futures entspricht. Die meisten Futures-Optionen sind amerikanischen<br />

Typs und werden mit dem Fälligkeitsmonat des zugrunde liegenden Futures-<br />

Kontrakts bezeichnet.<br />

Die am häufigsten gehandelten Zins-Optionen an US-amerikanischen Börsen sind jene<br />

auf Treasury-Bond-Futures, Treasury-Note-Futures und Eurodollar-Futures. Die Preise<br />

von Zinsfutures steigen, wenn die Preise der Anleihen ansteigen (d.h. wenn die Zinssätze<br />

fallen) und sie fallen, wenn die Preise der Anleihen fallen (d.h. wenn Zinssätze steigen).<br />

Martin Gächter | 17


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Put-Call-Parität bei europäischen Futures-Optionen<br />

c + Ke -rT = p + F0e -rT F0e -rT – K ≤ C – P ≤ F0 – Ke -rT<br />

Bewertung von Futures-Optionen mit Hilfe von Binomialbäumen<br />

Das risikolose Portfolio bestht in diesem Fall aus einer Short-Position in einer Option, die<br />

mit einer Long-Position in ∆ Futures-Kontrakten kombiniert ist, sodass gilt. <br />

Drift von Futures-Preisen in einer risikoneutralen Welt <br />

Ein Futures-Preis in einer risikoneutralen Welt verhält sich genau wie eine Aktie, die eine<br />

Dividendenrendite in Höhe des inländischen risikolosen Zinssatzes r ausbezahlt. Der Drift<br />

des Futures-Preises in einer risikoneutralen Welt ist somit null.<br />

Bewertung von Futures-Optionen mithilfe des Modells von Black<br />

Die zugrunde liegende Annahme ist, dass Futures-Preise dieselbe Lognormalverteilung<br />

aufweisen wie Aktienkurse. Somit können die bereits bekannten Formeln verwendet werden,<br />

indem S0 durch F0 ersetzt und q=r gesetzt wird.<br />

¡¢£¤¥¦§¨© <br />

15. Sensitivitäten von Optionspreisen<br />

Das Ziel eines Händlers besteht darin, die Sensitivitätskennzahlen so zu steuern, dass<br />

alle Risiken akzeptabel bleiben. Jeder dieser „Greeks“ misst eine andere Dimension des<br />

Risikos in einer Optionsposition.<br />

Eine Strategie ist der Verzicht auf eine Absicherung (ungedeckte Position). Eine Alternative<br />

stellt die gedeckte Position dar, wo nach Verkauf einer Kaufoption Aktien gekauft werden.<br />

Keine der beiden Strategien ist zufriedenstellend, da beide zu hohen Verlusten führen<br />

können.<br />

Eine Stop-Loss-Strategie<br />

Die Absicherungsstrategie besteht aus dem Kauf eines Aktienanteils, sobald der Aktienpreis<br />

höher ist als K und dem Verkauf der Aktie, sobald der Preis unter K fällt. Durch diese<br />

Strategie ist sichergestellt, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt T die Aktie hält,<br />

wenn die Option am Ende der Laufzeit im Geld liegt und die Aktie nicht besitzt, wenn die<br />

Option aus dem Geld ist. Dabei gibt es allerdings zwei Probleme: Erstens treten die Cash<br />

Flows für den Absicherer zu verschiedenen Zeitpunkten auf und müssen daher diskontiert<br />

werden. Zweitens können Käufe und Verkäufe nicht exakt zum Preis K durchgeführt werden.<br />

Daher ist eine Stop-Loss-Strategie nur schlecht geeignet.<br />

Delta:<br />

Das Delta einer Option ∆ ist die Sensitivität des Optionspreises gegenüber dem Preis des<br />

Underlyings. Das Delta ist die Steigung der Kurve, welche die Beziehung zwischen Optionspreis<br />

und Preis des Underlyings angibt. Eine Position mit ∆=0 wird als deltaneutral<br />

bezeichnet. Die Absicherung muss regelmäßig angepasst werden (Rebalancing), man<br />

spricht von einer dynamischen Absicherungsstrategie. Demgegenüber stehen die statischen<br />

Absicherungsstrategien (Hedge-and-Forget-Strategien). Black und Scholes bewerteten<br />

Optionen, indem sie eine deltaneutrale Position bildeten.<br />

<br />

Martin Gächter | 18


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Delta von europäischen Aktienoptionen<br />

∆(Call) = N(d1) ∆(Put) = N(d1) – 1<br />

Die Delta-Absicherung einer Short-Position in einer europäischen Kaufoption bedeutet die<br />

Einnahme der Long-Position in N(d1) Anteilen zu jedem Zeitpunkt. Bei einem europäischen<br />

Put ist das ∆ negativ, d.h. eine Long-Position in einem Put sollte mit einer Long-<br />

Position in der zugrunde liegenden Aktie abgesichert werden.<br />

Wirft das Underlying eine Rendite q ab, so gilt:<br />

∆(Call) = e -qT N(d1) ∆(Put) = e -qT [N(d1) – 1]<br />

Das Delta eines Forward-Kontraktes auf eine Aktie ist natürlich immer 1,0. Man kann also<br />

die Short-Position in einem Forward-Kontrakt durch den Erwerb einer Aktie absichern und<br />

die Long-Position in einem Forward-Kontrakt durch den (Leer-)Verkauf einer Aktie.<br />

Aufgrund der Marking-to-Market Eigenschaft von Futures-Kontrakten ist das Delta eines<br />

Futures-Kontraktes e rT bzw. bei einem Asset mit Dividendenrendite e (r-q)T und unterscheidet<br />

sich geringfügig vom Delta eines Forward-Kontraktes. Futures-Kontrakte können<br />

auch dazu benutzt werden, um eine deltaneutrale Position zu erreichen. Die erforderliche<br />

Position im Futures-Kontrakt ist dann HF=e -rT HA bzw. HF=e -(r-q)T HA.<br />

Wird offensichtlich, dass eine Option ausgeübt wird, so nähert sich Delta 1,0. Wenn klar<br />

ist, dass die Option nicht ausgeübt wird, geht das Delta gegen null. Im Gegensatz zu einer<br />

Stop-Loss-Strategie wird die Performance einer Delta-Absicherungsstrategie zusehends<br />

besser, wenn die Absicherung häufiger angepasst wird. Die Strategie beinhaltet<br />

gewöhnlich einen Aktienverkauf unmittelbar nach einem Kursrückgang und einen Aktienkauf<br />

unmittelbar nach einem Kursanstieg (Buy-High-, Sell-Low-Strategie).<br />

Das Delta eines Portfolios aus Optionen oder aus anderen Derivaten, die von einem einzigen<br />

Asset mit dem Preis S abhängen, beträgt . Das ∆ kann aus den Deltas der<br />

einzelnen Optionen des Portfolios berechnet werden. Besteht ein Portfolio aus n Optionen<br />

mit der jeweiligen Stückzahl wi, dann ist das ∆ des Portfolios gegeben durch . <br />

Theta:<br />

Das Theta eines Options-Portfolios misst die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber<br />

der Restlaufzeit, wobei alle anderen Faktoren konstant gehalten werden (Zeitwertverfall).<br />

In den Formeln wird die Zeit in Jahren angegeben. Um Theta pro Kalendertag zu erhalten,<br />

muss man die Formel für Theta durch 365 dividieren.<br />

<br />

Das Theta einer Option ist gewöhnlich negativ. Ist der Aktienkurs bei einem Call sehr<br />

niedrig, dann ist Theta nahe null. Für eine Kaufoption am Geld hat Theta einen hohen<br />

negativen Wert. Delta und Theta unterscheiden sich grundlegend. Es besteht Unsicherheit<br />

hinsichtlich des zukünftigen Aktienkurses, aber nicht hinsichtlich des Ablaufs der<br />

Zeit.<br />

Gamma:<br />

Das Gamma eines Portfolios von Optionen gibt die Sensitivität des Portfolio-Deltas gegenüber<br />

dem Asset-Preis an. Wenn Gamma klein ist, ändert sich das Delta langsam, und es<br />

müssen nur relativ selten Anpassungen vorgenommen werden, um die Deltaneutralität<br />

des Portfolios zu gewährleisten. Die Krümmung der Kurve zwischen Aktien- und Options-<br />

<br />

Martin Gächter | 19


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

preis wird durch Gamma gemessen. Ist Gamma positiv, so ist das Theta tendenziell negativ.<br />

Ist Gamma negativ, so ist Theta tendenziell positiv.<br />

Um ein Portfolio gammaneutral zu machen, wird eine Position in einem Wertpapier (z.B.<br />

eine Option) benötigt, welche nicht linear abhängig ist vom Underlying (Underlying oder<br />

Forward-Kontrakt ist daher nicht geeignet, da ). Werden Optionen hinzugefügt, um<br />

ein Portfolio gammaneutral zu machen, so sind Anpassungen im Underlying notwendig,<br />

damit auch die Deltaneutralität erhalten bleibt.<br />

Beziehung zwischen Delta, Theta und Gamma<br />

Der Wert <br />

eines Portfolios muss die Differentialgleichung erfül-<br />

und <br />

len. Setzt man die Greeks in diese Gleichung ein, so gilt für ein<br />

deltaneutrales Portfolio . Dies erklärt, warum Theta in einem deltaneutralen<br />

Portfolio als Stellvertreter von Gamma aufgefasst werden kann.<br />

Vega:<br />

<br />

:<br />

Der Wert eines Derivats kann sich aufgrund von Volatilitätsbewegungen ändern. Das Vega<br />

eines Portfolios aus Derivaten ist die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber der<br />

Volatilität des Underlyings. Weist Vega einen hohen Absolutbetrag auf, reagiert der Wert<br />

des Portfolios sehr empfindlich auf kleine Änderungen der Volatilität. Eine Position im<br />

Underlying besitzt natürlich ein Vega von null. Leider ist ein gammaneutrales Portfolio im<br />

Allgemeinen nicht veganeutral und umgekehrt. Das Vega einer normalen europäischen<br />

oder amerikanischen Option ist immer positiv.<br />

<br />

Rho =<br />

Das Rho eines Options-Portfolios gibt die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber dem<br />

Zinssatz an. Bei Währungsoptionen gibt es je ein Rho für beide Zinssätze. <br />

Portfolio-Insurance<br />

Eine Verkaufsoption bietet eine Absicherung gegen den Rückgang des Marktes bei gleichzeitiger<br />

Wahrung des Gewinnpotentials. Alternativ kann die Option auch synthetisch<br />

nachgebildet werden, indem eine Position im Underlying (bzw. Future auf das Underlying)<br />

eingenommen wird, deren Delta gleich dem Delta der geforderten Option ist. Die Verwendung<br />

dieser Strategie bedeutet, dass die Mittel zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf ein<br />

riskantes und daher abzusicherndes Aktienportfolio und auf risikolose Assets aufgeteilt<br />

werden. Eine synthetische Nachbildung ist auch mit Index-Futures möglich. Portfolio-<br />

Insurance-Strategien haben das Potential, die Volatilität zu erhöhen (Indexarbitrage).<br />

16. Volatility Smiles<br />

Die Black-Scholes Formel für die Bewertung von Optionen wird zwar in der Praxis verwendet,<br />

allerdings wird die verwendete Volatilität vom Basispreis der Option und von der<br />

Restlaufzeit abhängig gemacht. Die grafische Darstellung der impliziten Volatilität einer<br />

Option als Funktion ihres Basispreises ist als Volatility Smile bekannt.<br />

Bei der Verwendung des Black-Scholes-Modells zur Bewertung einer europäischen Verkaufsoption<br />

ist der Bewertungsfehler der gleiche wie bei der Bewertung einer europäischen<br />

Kaufoption mit demselben Basispreis und derselben Restlaufzeit. Daher sind die<br />

impliziten Volatilitäten auch immer ident, wenn Basispreis und Verfalltermin gleich sind.<br />

Währungsoptionen<br />

Martin Gächter | 20


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Bei Währungsoptionen ist die Volatilität für am Geld befindliche Optionen relativ niedrig.<br />

Sie wird zunehmend größer, wenn sich eine Option ins Geld oder aus dem Geld bewegt.<br />

Man kann die risikoneutrale Wahrscheinlichkeitsverteilung eines Assets zu einem in der<br />

Zukunft liegenden Zeitpunkt aus dem Volatility Smile bestimmen (implizite Verteilung).<br />

Der von Händlern für Währungsoptionen benutzte Smile impliziert, dass die Lognormalverteilung<br />

die Wahrscheinlichkeit extremer Bewegungen des Wechselkurses unterschätzt.<br />

Wechselkurse sind nicht lognormalverteilt, weil die Volatilität des Assets einerseits nicht<br />

konstant ist und der Wechselkurs häufig Sprünge zeigt. Es zeigt sich, dass diese Eigenschaften<br />

extreme Ergebnisse wahrscheinlicher werden lassen 4 .<br />

Aktienoptionen<br />

Vor 1987 gab es keinen nennenswerten Volatility Smile. Der heute bekannte Smile für<br />

Atkienoptionen wird auch als Volatility Skew bezeichnet: Wenn der Basispreis steigt, verringert<br />

sich die Volatilität. Die Volatilität, die zur Bewertung von Optionen mit niedrigem<br />

Basispreis verwendet wird, ist signifikant höher als diejenige, die zur Bewertung einer<br />

Option mit hohem Basispreis verwendet wird 5 . Eine mögliche Erklärung liegt in der<br />

Fremdkapitalaufnahme (Leverage). Wenn sich das Eigenkapital eines Unternehmens im<br />

Wert verringert, nimmt der Anteil des Fremdkapitals zu. Das heißt, dass die Aktie riskanter<br />

wird und ihre Volatilität steigt. Wir können also für die Volatilität des Eigenkapitals<br />

eine fallende Funktion des Preises erwarten.<br />

Volatilitätsstrukturen<br />

Zusätzlich zum Volatility Smile benutzen Händler eine Laufzeitstruktur der Volatilitäten.<br />

Dies bedeutet, dass die zur Bewertung einer am Geld liegenden Option verwendete Volatilität<br />

von der Laufzeit der Option abhängig ist. Die Volatilität ist in der Regel eine ansteigende<br />

Funktion der Laufzeit, wenn die kurzfristigen Volatilitäten historisch niedrig sind.<br />

In diesem Fall wird ein Ansteigen der Volatilitäten erwartet. Sonst ist das Gegenteil der<br />

Fall. Volatility Surfaces kombinieren Volatility Smiles mit der Laufzeitstruktur der Volatilitäten,<br />

um die geeigneten Volatilitäten zur Bewertung einer Option mit beliebigem Basispreis<br />

und beliebiger Laufzeit darzustellen. Der Volatility Smile ist weniger ausgeprägt,<br />

wenn die Laufzeit der Option zunimmt.<br />

Greeks<br />

Der Volatility Smile erschwert die Berechnung der Sensitivitätskennzahlen für Optionspreise.<br />

Es gibt verschiedene Faustregeln für Händler, um dies zu umgehen. Es zeigt sich<br />

allerdings, dass weder die Sticky Strike Rule (Annahme: Volatilität einer Option bleibt von<br />

einem Tag zum nächsten konstant) noch die Sticky Delta Rule mit in sich konsistenten<br />

Modellen übereinstimmen. Ein Modell, das in exakte Übereinstimmung mit den Smiles<br />

gebracht werden kann, ist das Implied Volatility Function Model oder Implied Tree Model.<br />

In der Praxis versuchen viele Banken sicherzustellen, dass sie gegenüber jenen Veränderungen<br />

der Volatility Surface, die am häufigsten beobachtet werden, möglichst wenig<br />

anfällig sind.<br />

18. Value at Risk<br />

Das Maß Value at Risk (VAR) ist der Versuch, das Gesamtrisiko eines Portfolios von Finanzinstrumenten<br />

in einer einzigen Kennziffer zusammenzufassen. Man trifft eine Aussage<br />

der folgenden Form: „Wir sind zu X Prozent sicher, dass wir in den nächsten N Tagen<br />

nicht mehr als V Dollar verlieren werden.“ Die Variable V ist der VAR des Portfolios und<br />

4 Abbildung S. 458.<br />

5 Abbildung S. 461.<br />

Martin Gächter | 21


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

ist eine Funktion des Zeithorizonts N und des Konfidenzniveaus X. Die Aufsichtsbehörden<br />

verlangen von den Banken die Berechnung des VAR mit N=10 und X=99. Der VAR gibt<br />

den Verlust wieder, der dem (100-X)%-Quantil der Verteilung der Änderung des Portfoliowertes<br />

für die nächsten N Tage entspricht. Der VAR berücksichtigt allerdings nicht die<br />

Verteilung an den Rändern. Eine Größe, die dieses Problem aufgreift, ist der Conditional<br />

VAR (C-VAR), auch Expected Shortfall oder Tail Loss genannt. Der C-VAR ist der erwartete<br />

Verlust während eines N-Tage-Zeitraums unter der Bedingung, dass wir uns im linken<br />

Rand, genauer im (100-X)%-Quantil der Verteilung befinden.<br />

N-Tages-VAR = 1-Tages-VAR <br />

Diese Formel gilt, wenn den Änderungen im Wert des Portfolios an aufeinander folgenden<br />

Tagen voneinander unabhängig und identisch normalverteilt sind (mit Mittelwert null).<br />

Die Aufsichtsbehörden verlangen, dass das Risikokapital einer Bank mindestens das Dreifache<br />

des 10-Tages-VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% beträgt.<br />

Historische Simulation<br />

Diese Simulation beinhaltet die direkte Verwendung von historischen Daten als Richtwert<br />

für zukünftige Entwicklungen. Angenommen, wir wollen den VAR für ein Portfolio unter<br />

Verwendung eines Horizonts von einem Tag, eines 99%-Konfidenzniveaus und von Daten<br />

von 500 Tagen berechneten. Dann sammeln wird Daten über die Bewegungen dieser<br />

Marktvariablen für die letzten 500 Tage. Die füntschlechteste tägliche Wertänderung ergibt<br />

das 1%-Quantil der Verteilung. Der Schätzer für den VAR ist der Verlust, der sich<br />

ergibt, wenn wir uns an diesem Punkt befinden.<br />

Modellbildungsansatz <br />

Es ist üblich, beim Modellbildungsansatz davon auszugehen, dass die erwartete Änderung<br />

einer Marktvariablen im betrachteten Zeitraum null beträgt. <br />

Ein-Asset-Fall: Beispiel<br />

Portfolio 1: 10 Mio. $ in Microsoft-Aktien N=10 X=99 <br />

Standardabweichung der täglichen Änderung im PF = 10 Mio. * 0,02 = 200.000$<br />

Annahme: Tägliche Änderungen sind normalverteilt. N(-2,33)=0,01<br />

Das bedeutet, dass eine normalverteilte Variable mit einer Wahrscheinlichkeit von 1%<br />

um mehr als 2,33 Standardabweichungen im Wert sinkt.<br />

1-Tages-VAR = 2,33 * 200.000 = 466.000$<br />

10-Tages-VAR = 466.000 * = 1,473.621$ <br />

Portfolio 2: 5 Mio. $ in AT&T-Aktien<br />

1-Tages-VAR = 116.500$<br />

10-Tages-VAR = 368.405$ <br />

Zwei-Asset-Fall: Beispiel mit <br />

Standardabweichung der Änderung im Wert des Portfolios (1 Tag) = 220.227$<br />

1-Tages-VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% beträgt 220.227*2,33=513.129$<br />

10-Tages-VAR = 1,622.657$<br />

<br />

Martin Gächter | 22


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Diversifikationseffekt<br />

Der Betrag (1,473.621 + 368.405) – 1,622.657 = 219.369$ drückt den monetären Nutzen<br />

der Diversifikation aus. Sind die Portfoliobestandteile nicht perfekt korreliert, führt<br />

dies zu einer Reduktion des Risikos (Diversifikation).<br />

Lineares Modell<br />

Wenn ein Portfolio aus n Assets besteht, wobei in jedem Asset der Betrag i angelegt<br />

wurde und die Rendite von Asset i an einem Tag angibt, so gilt:<br />

bzw. <br />

<br />

Bei der Behandlung von Zinssätzen ist eine Vereinfachung notwendig, da nicht für jeden<br />

Zinssatz, gegenüber dem ein Unternehmen ein Exposure aufweist, eine separate Marktvariable<br />

definiert werden kann. Eine Möglichkeit bildet die Annahme, dass in der Rendite<br />

kurve ausschließlich Parallelverschiebungen auftreten.<br />

<br />

Das lineare Modell lässt sich am einfachsten auf ein Portfolio anwenden, das aus Positionen<br />

in Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffen besteht und keine Derivate enthält.<br />

In diesem Fall ist die Änderung des Portfoliowertes linear von den prozentualen Änderungen<br />

der Preise der Assets, die das Portfolio bilden, abhängig. Teilweise können auch Derivate<br />

einbezogen werden (z.B. Forward-Kontrakt auf den Kauf einer Währung).<br />

Die Anwendung des linearen Modells bei Optionen ist nicht ganz so einfach. Da δ die<br />

Sensitivität des Portfoliowerts gegenüber S darstellt, gilt näherungsweise ∆P=δ∆S. Definieren<br />

wir nun ∆x als die prozentuale Änderung des Aktienpreises an einem Tag, ,<br />

so gilt: . Dies entspricht der vorigen Gleichung mit ¤¥¦§¨©. Damit kann<br />

die bereits bekannte Formel zur Berechnung der Standardabweichung benutzt werden. ¡¢£ <br />

Quadratisches Modell<br />

Wenn ein Portfolio Optionen enthält, stellt das lineare Modell lediglich eine Approximation<br />

dar. Es berücksichtigt nicht das Gamma des Portfolios. Ein Portfolio mit einem positiven<br />

Gamma hat weniger Wahrscheinlichkeitsmasse im linken Rand als die Normalverteilung.<br />

Wenn wir für den Portfoliowert eine Normalverteilung unterstellen, errechnen wir also<br />

einen zu hohen VAR. Bei einem Portfolio mit negativem Gamma unterschätzen wir den<br />

VAR. Für eine genauere Schätzung des VAR als durch das lineare Modell können wir die<br />

Größen Delta und Gamma verwenden, um ∆P zu den ∆xi in Beziehung zu setzen.<br />

Alternativ zu den bisher beschriebenen Ansätzen kann der Modellbildungsansatz auch<br />

mittels einer Monte-Carlo-Simulation zur Erzeugung der Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

von ∆P umgesetzt werden. Der Nachteil besteht darin, dass dies eher zeitaufwändig ist.<br />

Vorteile des Modellbildungsansatzes sind die schnelle Berechnung der Ergebnisse und die<br />

Möglichkeit seiner Verwendung in Verbindung mit zeitvariablen Volatilitäten. Allerdings<br />

geht er von der Annahme einer mehrdimensionalen Normalverteilung aus.<br />

Stress Testing und Back Testing<br />

Zusätzlich zur Berechnung des VAR führen viele Unternehmen ein Stress Testing durch,<br />

also eine Schätzung, wie sich das Portfolio bei den extremsten in den letzten 10 bis 20<br />

Jahren aufgetretenen Marktbewegungen verhalten hätte. Das Back Testing stellt eine<br />

wichtige Verknüpfung zur Realität dar: Dabei wird getestet, wie gut die VAR-Schätzer in<br />

der Vergangenheit funktioniert hätten.<br />

Martin Gächter | 23


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Hauptkomponentenanalyse<br />

Ein Ansatz zur Behandlung des Risikos, das aus Gruppen stark korrelierter Marktvariablen<br />

entsteht, ist die Hauptkomponentenanalyse (Principal Components Analysis). Sie verwendet<br />

historische Daten über Bewegungen der Marktvariablen und versucht, eine gewisse<br />

Anzahl an Komponenten oder Faktoren zu definieren, die diese Bewegungen erklären.<br />

20. Kreditrisiko<br />

Kreditrisiko existiert, da Kreditnehmer und ihre Gegenparteien in Derivatgeschäften möglicherweise<br />

ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können. Die Kreditwürdigkeit<br />

(Bonität) wird durch Rating-Agenturen (z.B. Moody’s) bewertet. Nur Anleihen mit<br />

dem Rating Baa oder besser werden in die Kategorie Investment Grade eingeordnet.<br />

Die unbedingte Ausfallwahrscheinlichkeit gibt z.B. die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls<br />

im dritten Jahr ausgehend vom Zeitpunkt null an. Bedingte Wahrscheinlichkeiten<br />

geben z.B. an, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls im dritten Jahr ist, allerdings<br />

unter der Bedingung, nicht vorher ausgefallen zu sein. Bedingte Wahrscheinlichkeiten<br />

werden als Ausfallintensitäten oder Hazard Rates bezeichnet.<br />

Recovery Rates<br />

Die Recovery Rate einer Anleihe wird normalerweise als Marktwert der Anleihe unmittelbar<br />

nach dem Zahlungsausfall in Prozent des Anleihe-Nennwerts definiert. Recovery Rates<br />

und Ausfallraten sind signifikant negativ korreliert. Gewöhnlich wird unterstellt, dass<br />

nur die Möglichkeit eines Zahlungsausfalls dazu führt, dass eine Unternehmensanleihe<br />

billiger ist als eine identische risikolose Anleihe. Es gilt , wobei h die Ausfallintensität<br />

pro Jahr, s den Spread zwischen der Rendite der Unternehmensanleihe und dem risikolosen<br />

Zinssatz und R die erwartete Recovery Rate angibt. <br />

Credit Default Swaps können dazu verwendet werden, den von Händlern unterstellten<br />

risikolosen Zinssatz zu bestimmen. Die aus den historischen Daten geschätzten Ausfallswahrscheinlichkeiten<br />

sind deutlich geringer als die mit Hilfe von Anleihepreisen ermittelten.<br />

Die aus Anleiherenditen ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeiten stellen risikoneutrale<br />

Ausfallwahrscheinlichkeiten dar. Gäbe es keine erwartete Überrendite, so wären reale<br />

und risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeit gleich. Bei der Bewertung von Kredit-<br />

Derivaten oder der Bewertung des Einflusses des Ausfallrisikos auf die Bepreisung von<br />

Finanzinstrumenten sollten risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten zur Anwendung<br />

kommen, während z.B. bei der Durchführung von Szenario-Analysen zur Ermittlung potentieller<br />

zukünftiger Verluste reale Ausfallwahrscheinlichkeiten verwendet werden.<br />

Da Ratings relativ selten aktualisiert werden, kann der Wert des Eigenkapitals möglicherweise<br />

aktuellere Informationen zur Abschätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten bieten.<br />

Dafür entwickelte Merton ein Modell, bei welchem das Eigenkapital eines Unternehmens<br />

als Option auf die Aktiva des Unternehmens angesehen wird.<br />

Kreditrisiko in Derivategeschäften<br />

Das Exposure gegenüber Kreditrisiken ist bei einem Derivategeschäft komplizierter als<br />

bei einem Kredit, weil die Forderung im Falle eines Ausfalls weniger sicher ist. Es lassen<br />

sich drei mögliche Situationen unterscheiden: Stellt der Kontrakt immer eine Verbindlichkeit<br />

für das Finanzinstitut dar (z.B. Short-Position in einer Option), so besteht kein Kreditrisiko.<br />

Stellt der Kontrakt immer einen Vermögensgegenstand für das Finanzinstitut<br />

dar (z.B. Long-Position in einer Option), so besteht immer ein Kreditrisiko. Kann der<br />

Martin Gächter | 24


John <strong>Hull</strong> | Optionen, Futures und andere Derivate AK Finanzwirtschaft<br />

Kontrakt sowohl eine Verbindlichkeit als auch einen Vermögensgegenstand darstellen<br />

(z.B. Forward), so ist dann ein Kreditrisiko gegeben, wenn das Derivat einen positiven<br />

Wert für das Finanzinstitut hat.<br />

Reduzierung des Kreditrisiko-Exposures<br />

Netting: Bei einem Ausfall eines Unternehmens in einem mit der Gegenpartei abgeschlossenen<br />

Kontrakt sind alle zwischen diesen beiden Parteien noch laufenden Kontrakte<br />

davon betroffen. Diese Netting-Vereinbarung kann das Kreditrisiko erheblich reduzieren.<br />

Besicherung: Eine typische Besicherungsvereinbarung (Collateralization) würde besagen,<br />

dass die Kontrakte gemäß einer vorher festgelegten Formel regelmäßig zu<br />

Marktpreisen bewertet werden sollen (vgl. Margin-Konto).<br />

Downgrade-Trigger: Dies sind vertragliche Bestimmungen, die besagen, dass der<br />

Kontrakt im Falle eines Absinkens des Credit Ratings der Gegenpartei unter ein bestimmtes<br />

Niveau zum Marktpreis geschlossen werden kann.<br />

Ausfallkorrelation<br />

Der Begriff Ausfallskorrelation wird verwendet, um die Tendenz zu beschreiben, mit der<br />

zwei Unternehmen zu etwa der gleichen Zeit ausfallen. Aufgrund der Ausfallkorrelation<br />

kann das Kreditrisiko nicht vollständig durch Diversifikation eliminiert werden. Die Ausfallkorrelation<br />

bildet den Hauptgrund dafür, dass risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />

höher sind als reale Ausfallwahrscheinlichkeiten.<br />

Reduktionsmodelle: Diese unterstellen, dass die Ausfallintensitäten für verschiedene<br />

Unternehmen stochastischen Prozessen folgen und mit makroökonomischen Variablen<br />

korreliert sind.<br />

Strukturmodelle: Diese basieren auf einer ähnlichen Idee wie das Merton-Modell. Ein<br />

Unternehmen fällt aus, wenn sich der Wert seiner Aktiva unter einem bestimmten Niveau<br />

befindet. Dabei wird angenommen, dass die beiden stochastischen Prozesse der<br />

Unternehmen miteinander korreliert sind.<br />

Credit VAR<br />

Ein Credit VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% und einem Zeithorizont von einem<br />

Jahr ist der Verlust aufgrund von Kreditausfällen, der mit 99%iger Sicherheit innerhalb<br />

eines Jahres nicht überstiegen wird. Ein populärer Ansatz zur Berechnung des Credit VAR<br />

für interne Zwecke ist CreditMetrics. Er besteht aus der Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

von Verlusten aufgrund von Kreditausfällen durch Monte-Carlo-<br />

Simulationen von Änderungen des Credit Rating für alle Gegenparteien.<br />

Martin Gächter | 25

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