Fernerkundung und Naturkatastrophen - DKKV
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Kapitel 7<br />
<strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Naturkatastrophen</strong><br />
Mitherausgeber <strong>und</strong> Sitzungsleiter:<br />
W. Steinborn
Steinborn 409<br />
Entscheidungshilfe aus dem Weltraum:<br />
Einführung zu „<strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> Katastrophen“<br />
W. Steinborn<br />
Deutsches Zentrum für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt (Raumfahrtmanagement), Bonn<br />
Zusammenfassung<br />
In einer einführenden Übersicht wird mit Beispielen aus in Deutschland <strong>und</strong> international geförderten Anwendungsprojekten<br />
gezeigt, wie bei vergangenen Katastrophen mit Satellitenfernerk<strong>und</strong>ung eher noch experimentell in der Nachsorge reagiert<br />
wurde. Erst in jüngster Zeit sind Weltraumagenturen wie NASA <strong>und</strong> ESA, koordiniert durch das globale Komitee der erdbeobachtenden<br />
Weltraumagenturen CEOS, sowie kommerzielle Datenanbieter dabei, sich stärker auf die Bedürfnisse von Anwendern<br />
in Hilfsorganisationen oder Versicherungen einzustellen. Sie entwickeln Hilfen für die Risiko- <strong>und</strong> Vulnerabilitätskartierung<br />
<strong>und</strong> Strukturen für raschere Informationsdienste. Eine operationelle Informationsversorgung bleibt Zukunftsaufgabe,<br />
da ein Beobachtungssystem aus einer ausreichenden Zahl von Satelliten für zivile Zwecke nach dem Muster der<br />
Wettervorhersage bislang fehlt. Weiterhin fehlt eine nationale oder europäische Clearingstelle für die Nachnutzung von<br />
Daten.<br />
Abstract<br />
In an introductory review examples are presented how in R&D-approaches in Germany and abroad satellite remote sensing<br />
was applied in past catastrophes rather experimentally and in the aftercare. Only recently space agencies like NASA and<br />
ESA, coordinated within the committee of earth observing agencies CEOS, as well as commercial data suppliers tend to<br />
better orient themselves on needs of humanitarian aid organisations and insurance companies. They develop support tools for<br />
risk and vulnerability mapping and mechanisms for faster information delivery. However an operational service remains a<br />
future goal as long as a system of a sufficient number of civil earth observation satellites like for the weather forecast is<br />
missing. Missing is also a national or European clearinghouse to ensure multiple use of the data.<br />
Einleitung<br />
Ein Maß für die derzeitige Zunahme der Natur- <strong>und</strong> Technikkatastrophen sind die volkswirtschaftlichen<br />
Schäden, die 100 Mrd. $ jährlich erreichen (Münchener Rück, 2000). Andere Schätzungen sprechen<br />
gar von 10 Mrd. $ wöchentlich (UNEP 2001 <strong>und</strong> Holland). Auf der anderen Seite gibt es Hinweise,<br />
dass die Todesraten bei Katastrophen weltweit abnehmen (NOAA 1992 <strong>und</strong> Nussbaum et al.<br />
1996), was weitgehend der verbesserten Vorwarnung, vor allem bei extremen Wetterereignissen <strong>und</strong><br />
Vulkanausbrüchen zugeschrieben wird, an der Weltraumtechniken einen verdienstvollen Anteil haben.<br />
Dies lässt hoffen, dass ihr weitere Einsatz auch bei anderen Katastrophenarten zu einer Verringerung<br />
der humanitären <strong>und</strong> volkswirtschaftlichen Schäden führen kann.<br />
Über den Wert rechtzeitiger Information in allen Phasen einer Katastrophe (Prävention, Krisenmanagement<br />
<strong>und</strong> Nachsorge), die nach bisheriger Erfahrung mit öffentlicher Information zum größten Teil<br />
Raumbezug hat (Pira, 2000), also Geo-Information ist, gibt es bisher nur wenige Angaben. In einer<br />
Studie für das vom früheren US-Präsidenten Clinton im April 2000 inaugurierte Global Disaster Information<br />
Network (http://www.gdin-international.org/) wird für USA ein Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
zwischen 1:15 <strong>und</strong> 1:31 über 10 Jahre genannt (Holland). Das führt zu Forderungen, in entspr. politische<br />
Beratungsorgane mehr Methodiker zu berufen (Ecologic 2000 <strong>und</strong> UN-IDNDR 1998).<br />
Es wird andererseits in Studien zur Bewertung der Erdbeobachtung immer wieder darauf hin gewiesen,<br />
dass die im Weltraum verfügbaren Systeme noch fragmentarisch <strong>und</strong> experimentell sind, <strong>und</strong> dass<br />
es im zivilen Nutzungsbereich außer bei der Wettervorhersage an flächendeckenden, operationellen
410<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
Infrastrukturen fehlt (UN-IDNDR 1998). Daran hat auch die Durchführung gemeinsamer Konferenzen<br />
zwischen Raumfahrtagenturen <strong>und</strong> Hilfsorganisationen (FEMA <strong>und</strong> Deutsches IDNDR-Komitee<br />
1993) bisher nichts geändert. Erreicht wurde allerdings ein gestiegenes Bewusstsein über die Möglichkeiten<br />
der Weltraumtechniken, aus dem heraus sich ein verstärkter Druck in Richtung öffentlicher<br />
<strong>und</strong> privater Investitionen in diesen Bereich entwickeln könnte. Eine tabellarische Übersicht des Anwendungspotenzials<br />
(Gesellschaft für Angewandte Fernerkung 1995) wurde erarbeitet <strong>und</strong> nach Modifikation<br />
durch den Autor reproduziert (Eikenberg, 2000).<br />
Auch bei den Raumfahrtagenturen <strong>und</strong> privaten Anbietern von Weltraumdaten hat zumindest im Bereich<br />
des Bodenbetriebs eine verstärkte Hinwendung auf die Nutzergruppe Zivilschutz/Humanitäre<br />
Hilfe stattgef<strong>und</strong>en in der Weise, dass die vorhandenen Satelliten bei Notfällen auf deren Aufnahme<br />
programmiert werden <strong>und</strong> ein vereinfachter, schnellerer <strong>und</strong> kostengünstigerer Datenzugang für diese<br />
Gruppen geschaffen wurde. Die ESA berichtet, dass von ihrer „Charta“ zum bevorzugten Zugang zu<br />
Daten mehrerer in einer Kooperation organisierten Satelliten (European Space Agency, 2000) von<br />
November 2000 bis April 2001 achtmal Gebrauch gemacht wurde, darunter für die Ölkatastrophe von<br />
Galapagos <strong>und</strong> die Erdbeben von El Salvador <strong>und</strong> Bhuj/Indien im Januar, die Ölkatastrophe in Dänemark<br />
<strong>und</strong> die Saône-Flut im März 2001.<br />
Zwei Anwendungsgebiete sollen im Folgenden wegen besonderer Relevanz für Mitteleuropa oder<br />
besonderer vorangegangener F&E-Arbeiten exemplarisch beleuchtet werden: Überschwemmungen<br />
<strong>und</strong> Erdbeben bzw. sonstige Landdeformationen.<br />
Anwendungsbeispiel Überschwemmungen<br />
Überschwemmungen sind die häufigsten <strong>Naturkatastrophen</strong> Mitteleuropas (in Frankreich repräsentieren<br />
sie 75% der versicherten Katastrophenschäden), die immer wieder ihren Tribut fordern. Dem<br />
Hochwasser des Rheins <strong>und</strong> seiner Nebenflüsse 1993 <strong>und</strong> 1995 fielen zusammen 42 Menschenleben<br />
<strong>und</strong> 5.5 Mrd. € an volkswirtschaftlichen Gütern zum Opfer, beim Hochwasser in Osteuropa 1997 (Oder)<br />
waren es 110 Menschen <strong>und</strong> 5.9 Mrd. € Schaden. In China gab es Überschwemmungen mit mehr<br />
als einer Million Todesopfern (Zahlen der Münchner Rück). Daraus resultiert ein hoher moralischer<br />
<strong>und</strong> politischer Druck, hier die modernsten verfügbaren Mittel für eine Verbesserung der Situation<br />
einzusetzen.<br />
Typisch für europäische Ereignisse ist die gleichzeitige Betroffenheit mehrerer Länder, da die großen<br />
Flusssysteme grenzüberschreitend sind <strong>und</strong> somit die Notwendigkeit der Koordinierung der Warn-<br />
<strong>und</strong> Hilfsmaßnahmen besteht. Dies ist nicht trivial, denn die entspr. Einrichtungen, einschließlich derer,<br />
die für die Erfassung der Datenlage zuständig sind, sind von Land zu Land verschieden organisiert<br />
(zentral/regional, militärisch/zivil, um nur die wesentlichsten Unterschiede zu nennen). Inkompatibilität<br />
von Messdaten wird häufig beklagt (Liebscher et al., 1995). Eine bewertende Studie (Grünewald et<br />
al., 1998) des deutschen IDNDR-Komitees schließt das Kapitel „Hochwasser-Nachrichten- <strong>und</strong> Meldedienste<br />
im Oder-Einzugsgebiet“ mit den Worten. „Die Analyse des Hochwasserverlaufes weist auf<br />
die unbefriedigende Situation bezüglich der Verfügbarkeit langjähriger <strong>und</strong> zuverlässiger hydrologischer<br />
Datenreihen hin. Auch zeigten sich Defizite bei den grenzüberschreitenden Informationsflüssen<br />
sowie hinsichtlich der Verfügbarkeit effektiver operativer Hochwasservorhersagesysteme vor allem in<br />
Deutschland“.<br />
Als Reaktion auf die ungenügende Vorrüstung für den Ernstfall wurden von den internationalen<br />
Schutzkommissionen für die mitteleuropäischen Flüsse (Rhein, Mosel/Saar, Maas, Oder) 1998 Aktionspläne<br />
aufgestellt, die eine Verdopplung der Vorhersagezeiträume (z.B. für den Rhein von 24 auf 48<br />
h, die Mosel von 12 auf 24 h) bis 2005 enthalten, sowie eine Reihe von weiteren Präventivmaßnahmen<br />
(z.B. im Fall des Rheins <strong>und</strong> seiner Zuflüsse bis 2020 (Internationale Kommission zum Schutze des<br />
Rheins 1998): Renaturierung von 11000 Flusskilometern, Reaktivierung von 1000 km² Überflutungsgebiete,<br />
Landwirtschaftsextensivierung auf 3900 km², Naturentwicklung/Aufforstung auf 3500 km²,<br />
Entsiegelung auf 2500 km², technische Wasserrückhaltebecken für 75 Mio km³, Nutzungsrestriktionen
Steinborn 411<br />
im Überschwemmungsgebiet <strong>und</strong> die Erstellung von Risikokarten). Die geschätzten Kosten von 12<br />
Mrd. € werden in Bezug zu den gefährdeten Vermögenswerten von 1500 Mrd. € gesetzt.<br />
Zur Zeit laufen im europäischen <strong>und</strong> nationalen Programmen der beteiligten Länder u.a. Forschungsprojekte<br />
zur Umsetzung der Maßnahmen. Dabei kommt auch die satellitengestützte Erdbeobachtung in<br />
Betracht, die angesichts der geschilderten Probleme <strong>und</strong> Lösungsmaßnahmen an mehreren Stellen<br />
Vorteile bietet:<br />
• Sie kann durch einheitliche Abdeckung großer Gebiete Lücken in bodengeb<strong>und</strong>enen Messnetzen,<br />
z.B. zur aktuellen Bodenbedeckung, Komponenten des Wasserhaushalts wie Strahlungsbudget,<br />
verdunstungsbereite Blattflächen, Bodenfeuchte, Schneedecke, Versiegelungsgrad etc. schließen<br />
<strong>und</strong> so zur Verbesserung der Vorhersagemodelle beitragen.<br />
• Sie kann als grenzüberschreitend gültiges Messverfahren zur Verbesserung der Datenlage <strong>und</strong><br />
Vereinheitlichung der Modelle beitragen (als weiterer Vorteil erweisen sich die etablierten internationalen<br />
Kooperationsstrukturen der Raumfahrt, die auch für die oft regionalen Anwender in der<br />
Hochwasserbekämpfung einen Rahmen bilden können).<br />
• Sie kann mit Bildern der tatsächlichen Hochwasserausdehnung <strong>und</strong> des zeitlichen Verlaufs (bei<br />
ausreichender Anzahl von Beobachtungssatelliten) zur Verifikation der Modelle <strong>und</strong> Risikokarten<br />
beitragen.<br />
• Sie bietet sich als objektive Methode sowohl zur Vorbereitung, politischen Begründung <strong>und</strong> Entscheidungsfindung,<br />
als auch zur Überwachung von Präventivmaßnahmen wie Nutzungseinschränkungen<br />
oder Genehmigungsvorbehalte an.<br />
• Sie dokumentiert aktuelle Bedrohungszustände (z.B. latent wasserverschmutzende Objekte) <strong>und</strong><br />
Risiken, sowie eingetretene Schäden im Nachgang.<br />
Zur Ausdehnung der Vorhersagezeiten reicht es selbst bei Überschwemmungen in der Ebene („Plain<br />
Floods“) nicht aus, gemessene (meist mit einem mehr oder weniger dichten Netz von Regenradaren)<br />
Niederschläge in die hydrologischen <strong>und</strong> hydraulischen Wasserabflussmodelle einzusetzen. Meteorologische<br />
Prognosemodelle, die meist noch keine hinreichende Ortsauflösung haben, müssen angekoppelt<br />
werden (das dichteste Modell des deutschen Wetterdienstes bietet 7x7 km²).<br />
Ein weiterer im Wasserhaushalt wichtiger, aber Messungen nur schwer zugänglicher Parameter ist die<br />
Sättigung des Bodens, die über seine interzeptive Kapazität <strong>und</strong> damit die zeitliche Entwicklung des<br />
Wasserabflusses entscheidet. Das Rückstreusignal eines abbildenden Radarsensors (SAR) wird von<br />
der dielektrischen Eigenschaft der oberen Bodenschicht bestimmt <strong>und</strong> sollte daher ein Maß für die<br />
Wassersättigung sein, ist aber von zahlreichen Störungen (Vegetation, Relief) überlagert. Mauser et al.<br />
berichten von erfolgreichen Versuchen, die Bodenfeuchte im Einzugsgebiet eines Flusses großflächig<br />
zu rekonstruieren (Bach et al. 1998 <strong>und</strong> Fig.1). Diese Fähigkeit, die in einem von DLR geförderten<br />
Projekt mit Namen „INFERNO“ im Neckar- <strong>und</strong> Moselgebiet weiter untersucht wird, eröffnet große<br />
Potenziale für die Erdbeobachtung in der Hochwasservorhersage, wird aber derzeit stark limitiert<br />
durch die zeitlichen Auflösungsmöglichkeiten solcher Satelliten die bei 35 Tagen liegen (ERS), jedoch<br />
für eine operationelle Anwendung bei 6 St<strong>und</strong>en liegen sollten.<br />
Nur in seltenen Ausnahmefällen wurde bisher eine tägliche Abdeckung mit Satellitendaten erreicht, so<br />
z.B. während der deutschen X-SAR-Mission im April 1994, als Saale <strong>und</strong> Werra eine Sturzflut hatten.<br />
Die Dauer der Oderflut von ca. einem Monat machte es ebenfalls möglich, genügend Satelliten zu<br />
aktivieren (insgesamt wurden Daten von 7 Erdbeobachtungssatelliten erhalten) <strong>und</strong> eine im Schnitt<br />
tägliche Abdeckung zu erreichen (Steinborn, 1999). Bei der Nachbearbeitung zeigte sich, dass auf der<br />
Basis dieser Bilder eine Verbesserung der Vorhersage möglich gewesen wäre (Fig. 2).<br />
Auch sind für eine Operationalisierung solcher Dienste die Auslieferungs- <strong>und</strong> Bearbeitungszeiten der<br />
Bilder noch zu lang. Obwohl einige Anbieterfirmen behaupten, für Notfälle ihre Reaktionszeiten gesenkt<br />
zu haben, so z.B. die Kanadische Radarsat auf bis zu 24 St<strong>und</strong>en (das schließt die Programmierung<br />
des Satelliten ein), vergingen bei einer kürzlich vom deutschen Auswärtigen Amt ausgelösten<br />
Bestellung im Rahmen der erwähnten ESA-Charta (European Space Agency, 2000) bis zur Ausliefe-
412<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
rung von ausgewerteten Szenen der Überschwemmung des sibirischen Flusses Lena 9 Tage, wobei der<br />
Scheitelpunkt der Flut bei Yakutsk vom Satelliten um einen Tag verfehlt wurde.<br />
Eine deutlich erhöhte Zahl von Radarsatelliten, die hier wegen der bei Überschwemmungen üblicherweise<br />
zu durchdringenden Wolkendecke das Mittel der Wahl sind, im Rahmen eines operationellen<br />
Monitoringsystems würde Abhilfe schaffen. In einer am Beispiel eines chinesischen Flusssystems von<br />
1 Mio km² durchgeführten Studie wurden Kosten ermittelt, die wenige % der bei Desastern eingetretenen<br />
materiellen Schäden betragen (H´Kayser-Threde 1996). Solange Satelliten aus Forschungsprogrammen<br />
finanziert werden, werden sie teure Unikate bleiben. Anforderungen an geeignete Systeme<br />
von französischen <strong>und</strong> deutschen Umwelt- <strong>und</strong> Zivilschutzorganisationen sollen im Projekt PACTES<br />
untersucht werden (SPOT Magazine 33, 2001).<br />
Erfreulich sind die Nebeneffekte, die von solchen Forschungen ausgehen. Die Weiterentwicklung<br />
flugzeuggetragener <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong>sverfahren (Laser-Scanning, Stereoaufnahme mit digitalen Kameras,<br />
z.B. der digitalen HRSC-Kamera als Spin-off einer Entwicklung zur Kartierung des Mars [Neukum<br />
et al., 2000], Radarinterferometrie) <strong>und</strong> GIS führten dazu, dass inzwischen von den meisten von<br />
Hochwasser betroffenen Städten dezimetergenaue numerische Höhenmodelle vorhanden sind <strong>und</strong><br />
Vorhersagen auf Einzelhausniveau visualisiert werden können. Solche Informationen dienen dem<br />
Bürger für seine zu treffenden Entscheidungen genau so wie Hilfswerken bei der Organisation von<br />
Evakuierungen oder Versicherungen bei der Schadensregulierung (Steinborn 1997, 2000 <strong>und</strong> Fig. 3).<br />
Anwendungsbeispiel Erdbeben <strong>und</strong> sonstige Landdeformationen<br />
Zusammen mit Überschwemmungen <strong>und</strong> Stürmen gehören sie zu den häufigsten Katastrophen der<br />
Erde, die auch in unserer näheren Umgebung immer wieder Tausende Opfer fordern (Erdbeben von<br />
Irpinia/Italien, 1980: 2700, Izmit/Türkei, 1999: 20000) <strong>und</strong> große Schäden anrichten. Dabei sind auch<br />
die Gefahren früherer Bergwerkstätigkeit nicht außer Acht zu lassen, die Teile Düsseldorfs <strong>und</strong> des<br />
Ruhrgebiets zu unter Flussniveau sinkenden Poldern macht.<br />
Als vor 10 Jahren im Juli 1991 der erste europäische Radarsatellit, der erste zivile überhaupt, in eine<br />
polare Umlaufbahn geschossen wurde, lag der Schwerpunkt bei der Erzeugung von Oberflächenbildern<br />
häufig bewölkter, also optischer <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> schwer zugänglicher Landmassen, Ozeane <strong>und</strong><br />
Polargebiete, unter Nutzung der Rückstreuintensität des Radarsignals. An die Ausnützung der Wellenphase<br />
des kohärenten Radarlichts zur Generierung weit darüber hinausgehender Informationen über<br />
Topografie <strong>und</strong> Landbewegung durch Überlagerung der Aufnahmen zweier Überflugzeitpunkte dachte<br />
man erst später. Zu den ersten, die die Möglichkeiten der Interferometrie (Abtasten der Erde unter<br />
zwei Winkeln zur Erzeugung eines mit dem Geländeprofil korrelierten Höhenmusters; heutige Genauigkeiten<br />
liegen unter 10 Metern, z.B. mit der amerikanisch/deutsch/italienischen Shuttle Radar Topography<br />
Mission im Februar 2000), oder ihrer differenziellen Ausprägung (Analyse relativer Landbewegungen<br />
zwischen zwei Zeitpunkten; Genauigkeiten liegen im Millimeterbereich) beschrieben<br />
haben, gehören Hartl (1991) <strong>und</strong> Massonet (1997).<br />
So werden z.B. die großen Verwerfungen von bis zu 4 Metern, die das Erdbeben der Stärke 7.5 in<br />
Izmit am 17.8.1999 mit sich brachte, sehr genau nachgezeichnet (Fig. 4). Es wurden optische Satelliten-<br />
<strong>und</strong> Luftaufnahmen in der Nachsorge <strong>und</strong> bei einer Vulnerabilitätskartierung der Stadt Istanbul<br />
benutzt (Steinborn 2002; Erdik <strong>und</strong> Swift-Avci 1997). Das auch INSAR genannte Verfahren eignet<br />
sich ebenfalls zur Langzeit-Überwachung Erdbeben-gefährdeter Gebiete. So wird die „Hayward“-<br />
Störung, Hauptzweig des San-Andreas-Störungssystems in Kalifornien, schon seit 1992 beobachtet in<br />
Ergänzung anderer Messtechniken, darunter auch ein GPS-Empfangsnetz. Die INSAR-Messungen<br />
werden benutzt, um Richtung <strong>und</strong> Amplitude a-seismischer (in Teilen des Grabens in der Größenordnung<br />
von 6 mm/Jahr) <strong>und</strong> co-seismischer Bewegungen zu bestimmen <strong>und</strong> zu beurteilen, ob sich dort<br />
größere Spannungen aufbauen (Burgmann 1999).<br />
Die Einsturzunglücke von Lassing 1998, die 10 Bergleuten das Leben kosteten, <strong>und</strong> von Bochum-<br />
Höntrop Anfang 2000 haben in spektakulärer Weise die Aufmerksamkeit auf Spätfolgen des Bergbaus<br />
gelenkt, die heute von den Betroffenen immer weniger hin genommen werden <strong>und</strong> daher umso sorg-
Steinborn 413<br />
fältiger vorbeugend dokumentiert werden müssen. Auch hierfür wird zunehmend von der INSAR-<br />
Technik Gebrauch gemacht (Spreckels et al., 2001, Wegmüller et al., 2000 <strong>und</strong> Fig. 5). Eine frühere<br />
Arbeit im schlesischen Kohlenrevier, bei der in einem GIS die Interferogramme des ERS mit topografischen<br />
Karten <strong>und</strong> Plänen des Untertage-Abbaus überlagert wurden, zeigen deutlich die zeitlichen<br />
Zusammenhänge <strong>und</strong> lassen die Methode sowohl als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage für entspr. bergrechtliche<br />
Genehmigungen als auch als Vorwarnung besonders gefährdeter Objekte (Flughäfen, Pipelines<br />
etc.) geeignet erscheinen (Perski <strong>und</strong> Jura, 1999). Auch Bewegungen <strong>und</strong> Gefährdungen auf Gr<strong>und</strong><br />
anderer menschlicher Eingriffe (Wasserentnahme, U-Bahnbau etc.) werden sichtbar. Die ESA hat<br />
einen Bilderdienst eingerichtet, auf dem die jeweiligen Jahreshebungen/-senkungen europäischer Städte<br />
(Hamburg, Frankfurt, Turin, London, Leeds, Newcastle, Toulouse, Barcelona, Moskau, Paris,<br />
Venedig, Innsbruck, Neapel) zu sehen sind (http://earth.esa.int/INSI/).<br />
Für das Fernmonitoring rutschgefährdeter Hänge, Abraumhalden, Lawinen oder Gletscher rücken<br />
SAR <strong>und</strong> INSAR ebenfalls ins Interesse (Rott <strong>und</strong> Siegel, 1999).<br />
Weitere Anwendungen / Ausblick<br />
Die dargestellten Beispiele gehörten primär dem Bereich <strong>Naturkatastrophen</strong> an, wobei die Grenzen<br />
durchaus fließend sind, wie die Bergbauanwendung zeigt. Im Bereich der Technikkatastrophen gäbe<br />
es mindestens ebenso überzeugende Beispiele anzuführen. Erwähnt seien nur die Verfolgung ölverschmutzender<br />
Schiffe <strong>und</strong> Bohrplattformen auf den Meeren (Wismann, 2000), die Dokumentation der<br />
Explosivstofflagerung vor der Katastrophe in Enschede im Mai 2000 in Luft- <strong>und</strong> Satellitenbildern,<br />
sonstige Dokumentationsaufgaben wie Ansammlung von Massenvernichtungspotenzialen, Massengräbern<br />
oder Entscheidungsunterstützung bei Flüchtlingsströmen, Verteilung von Hilfsgütern <strong>und</strong><br />
Wiederaufbau (Steinborn, 1997/2000). Nicht zu vergessen sind Feuerwarndienste <strong>und</strong> –<br />
gefährdungskarten (Goldammer). Von großem Dokumentationswert sind die Aufnahmen des<br />
IKONOS-Satelliten mit 1m Auflösung, der Manhattan <strong>und</strong> das Pentagon am12. <strong>und</strong> 15.9.2001 überflog,<br />
zu einer Zeit also, als kein Flugzeug aufsteigen durfte, um Lagebilder zu erzeugen (Fig. 6).<br />
Weitere Hinweise auf Datenquellen enthält die Tabelle. Mögen Initiativen wie dieses <strong>DKKV</strong>-Forum<br />
zur Lösung des Problems der mangelnden zeitlichen Überdeckung mit Beobachtungssatelliten beitragen.<br />
Literatur <strong>und</strong> Anlagen<br />
Bach, H., G. Lampert, G. Rieger <strong>und</strong> W. Mauser, 1998: First results of an integrated flood forecast<br />
system based on remote sensing data. Proc.2 nd Int. Workshop on Retrieval of Bio- and Geophysical<br />
Parameters from SAR data for Land Applications, Noordwijk, ESA-SP-441, pp.463-469.<br />
Barnes, S., 2001: United in purpose – spatial help in the aftermath. Geospatial Solutions, 11/2001, 34-<br />
39.<br />
Burgmann, R., 1999: Earthquake potential of the Hayward fault, California, from SAR interferometry<br />
and GPS measurements. In: ESA (Hrsg.): FRINGE ’99, Liège, 11/99, ESA-SP-478.<br />
Deutsches IDNDR-Komitee für Katastrophenvorbeugung <strong>und</strong> Deutsche Agentur für Raumfahrt-<br />
Angelegenheiten: Katastrophenmanagement <strong>und</strong> Satellitennutzung. Workshop, Bonn-Wachtberg,<br />
11/1993.<br />
Ecologic, 2000: The use of global monitoring in support of environment and security. report for the<br />
Joint Research Centre of the European Commission, § 6.2.<br />
Eikenberg, Ch., 2000: Journalistenhandbuch zum Katastrophenmanagement. Deutsches Komitee für<br />
Katastrophenvorsorge.<br />
Erdik, M. <strong>und</strong> J. Swift-Avci, 1997: Utilizing GIS for earthquake damage scenario development. In: D.<br />
Massonet, 1997: Radar-Interferometrie zur Messung der Erdkrustendynamik, Spektrum der Wissenschaft<br />
9/1997, Heidelberg, 56-65.
414<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
European Space Agency, 2000: Charter on cooperation to achieve the coordinated use of space facilities<br />
in the event of natural or technological disasters, 10/2000.<br />
http://earth.esa.int/l2/9/eeo9/Charter_E.html<br />
Federal Emergency Management Agency (FEMA): Remote sensing in federal disaster operations.<br />
http://www.fema.gov/library/remotes.pdf.<br />
Gesellschaft für Angewandte <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong>, 1995: Nutzung <strong>und</strong> Weiterentwicklung satellitengestützter<br />
Technologien im Hinblick auf zukünftige Anforderungen des Katastrophenmanagements. Bericht<br />
für das Deutsche IDNDR-Komitee für Katastrophenvorbeugung, 12/1995.<br />
Goldammer, J.-G.: Feuerplanet Erde – ein Blick aus dem Weltraum. In: http://www.kahbonn.de/fo/feuer/0.htm.<br />
Grünewald, U. et al., 1998: Ursachen, Verlauf <strong>und</strong> Folgen des Sommer-Hochwassers 1997 an der Oder<br />
sowie Aussagen zu bestehenden Risikopotentialen. Deutsches IDNDR-Komitee für Katastrophenvorbeugung,<br />
Bericht 10b.<br />
Hartl, Ph., 1991: Application of interferometric SAR-data of the ERS-1-mission for high resolution<br />
topographic terrain mapping. Geo-Informations-Systeme 2/1991, Wichmann, Heidelberg, 8-14.<br />
H´Kayser-Threde, GAF <strong>und</strong> DLR, 1996: Flood management system for China. Studie für Deutsche<br />
Agentur für Weltraum-Angelegenheiten, 8/1996, §6.<br />
Holland, P.: GSDI and the Global Disaster Information. http://www.gsdi.org/NL/n14.<br />
Internationale Kommission zum Schutze des Rheins, 1998: Aktionsplan Hochwasser. Koblenz,<br />
3/1998.<br />
Liebscher, H.-J., K. Wilke, G. Schultz <strong>und</strong> A. Schumann, 1995: Entwicklung eines mathematischen<br />
Modells zur Untersuchung des Einflusses von Klima- <strong>und</strong> Landnutzungsänderungen auf den Hoch-<br />
<strong>und</strong> Niedrigwasserabfluss im Einzugsgebiet der Mosel sowie zur Echtzeitvorhersage unter Verwendung<br />
von <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong>stechniken. Abschlussbericht für BMU, 10/1995.<br />
Massonet, D., 1997: Radar-Interferometrie zur Messung der Erdkrustendynamik, Spektrum der Wissenschaft<br />
9/1997, Heidelberg, 56-65.<br />
Münchener Rück, 2000: Topics - Jahresrückblick <strong>Naturkatastrophen</strong> 2000.<br />
National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), 1992 : Disaster death tolls, United States<br />
1940 – 1991. Washington Post 1.9.1992.<br />
Neukum, G. <strong>und</strong> I. Bido, 2000: Eine technische Revolution im Luftbildwesen – die Kamera als Spinoff-pProdukt<br />
aus der Mars ’96 Mission, DLR-Nachrichten 98, 9/2000, 16-18.<br />
Nussbaumer <strong>und</strong> Winkler, 1996: Die Todesgefahr bei <strong>Naturkatastrophen</strong> (Sterberate nach Dezennien<br />
1896 --1995). In: Nussbaumer (Hrsg.): Die Gewalt der Natur, Edition Sandkorn.<br />
Perski, Z. <strong>und</strong> D. Jura, 1999: ERS SAR interferometry for land subsidence detection in coal mining<br />
areas. ESA (Hrsg.) Earth observation quarterly 63, 25-29.<br />
Pira International Ltd. et al., 2000: Commercial exploitation of Europe’s public sector information.<br />
European Commission, 9/2000 (danach haben von allen öffentlichen Informationen in Europa im<br />
Gesamtwert von 68 Mrd. € solche im Wert von 36 Mrd. € einen geografischen Bezug).<br />
Rott, H. <strong>und</strong> A. Siegel, 1999: Interferometric Analysis of Motion for Hazard Assessment. ESA (Hrsg.)<br />
Earth observation quarterly 62.<br />
SPOT Magazine 33, 9/2001, 11-13: Flood prevention – putting satellite imagery to the test.<br />
Spreckels, V., J. Musiedlack, U. Wegmüller, T. Strozzi <strong>und</strong> H.-C. Wichlacz, 2001: Nutzung von<br />
INSAR-Daten zur großflächigen Erfassung von topographischen Veränderungen über Abbaubereichen<br />
der Deutschen Steinkohle AG (DSK). Eingereicht für die 43. Wiss. Tagung des Deutschen<br />
Markscheider-Vereins, Trier, 9/2001.<br />
Steinborn, W., 1999: Satellitenbilder helfen bei der Hochwasserprävention. In: Vermessung Brandenburg,<br />
2/1999, 45-51.<br />
Steinborn, W. (Hrsg.): Geo-Informations-Syteme (GIS). Schwerpunktausgaben über Katastrophenanwendungen<br />
5/1997 <strong>und</strong> 5/2000, Wichmann, Heidelberg.<br />
Steinborn, W., 2002: Anwendungsbeispiele der Erdbeobachtung mit Satelliten: Erdbeben 1999 in der<br />
Türkei. In: E. J. Plate <strong>und</strong> B. Merz (Hrsg.): <strong>Naturkatastrophen</strong> – Ursachen, Auswirkungen, Vorsorge,<br />
Schweizerbarth, Stuttgart, 2002, 329-330.
Steinborn 415<br />
UNEP, 2001: Impacts of climate change to cost the world over 300 billion dollars a year. press release,<br />
1.2.01.<br />
UN-IDNDR, 1998: Declaration of the Potsdam Early Warning Conference. 11.9.1998.<br />
Wegmüller, U., T. Strozzi, Ch. Werner, A. Wiesmann, N. Benecke <strong>und</strong> V. Spreckels, 2000: Monitoring<br />
of mining-induced surface deformation in the Ruhrgebiet with SAR Interferometry. Proc.<br />
IGARSS’00, Honolulu, 7/2000.<br />
Wismann, V., 2000: Monitoring von Ölverschmutzungen in Küstengewässern mit Radarsatelliten. In:<br />
H. Streuff, D. Urban <strong>und</strong> W. Steinborn (Hrsg.): <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> für Umwelt, Natur <strong>und</strong> Landschaft,<br />
Workshop, Berlin, 1/00, BMU-Publikation, 69-74.<br />
Provider<br />
URL Kurzbeschreibung / Kommentar<br />
DLR http://www.dfd.dlr.de "Intelligent Satellite Image System" (ISIS) bietet aktuelle SFE-<br />
Daten verschiedener Sensoren zum Download.<br />
http://eoweb.dlr.de:8080/servlets/welcome Der "Earth Observation Information Service" des DLR bietet<br />
eine detaillierte Suche nach SFE-Daten. Nachteil: Registrierungspflicht<br />
NOAA http://www.osei.noaa.gov Bietet zu den verschiedensten <strong>Naturkatastrophen</strong> aktuelle SFE-<br />
Daten. Außerdem gibt es einen täglichen Bericht zu aktuellen<br />
Ereignissen.<br />
http://www.nnic.noaa.gov/GOIN/GOIN.html "Global Observation Information Network" zwischen den USA<br />
(NOAA) <strong>und</strong> Japan (STA). Dient dem Informationsaustausch.<br />
Die Seite bietet sehr viele weiterführende Links.<br />
USGS http://www.usgs.gov/ Der US Geological Survey bietet vielfältige Informationen zu<br />
verschiedenen <strong>Naturkatastrophen</strong> <strong>und</strong> u.a. einen Link zum Earth<br />
Explorer, mit dessen Hilfe sich weltweit passende SFE-Daten<br />
finden lassen. Vorteil: Man kann einzelne Parameter selber<br />
bestimmen.<br />
http://edcwww.cr.usgs.gov/earthshots/slow/ta<br />
bleofcontents<br />
EROS DATA CENTER zeigt u.a. für ausgewählte Gebiete<br />
Zeitreihen von Satellitenaufnahmen.<br />
ESA http://earth.esa.int/ew/ Zeigt zu aktuellen <strong>und</strong> vergangenen <strong>Naturkatastrophen</strong>, nach<br />
Kategorien sortiert, SFE-Daten verschiedener Quellen <strong>und</strong> eine<br />
Kurzbeschreibung. Vorteil: Meist existiert eine Karte, welche<br />
das entsprechende Gebiet eingrenzt.<br />
Eurimage http://www.eurimage.com/ Eurimage bietet zu aktuellen Katastrophen verschiedene Satellitenbilder<br />
von unterschiedlichen Sensoren an. Positiv: Erläuterungen<br />
zu den einzelnen Szenen<br />
Tabelle: Weiter führende Websites (kommentiert von Jana Borgwardt/Uni Bonn).
416<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
Fig. 1: Rekonstruktion der Bodenfeuchte im Einzugsgebiet der Ammer vor einem Hochwasser im August<br />
1995 aus dem Rückstreusignal des europäischen Radarsatelliten ERS nach mehreren Korrekturschritten<br />
(Bach et al. 1998). Im weißen Gebiet war die Rekonstruktion wegen Artefakten nicht möglich.<br />
Fig. 2: Radaraufnahme des ERS vom Oderhochwasser um Breslau 1997. Violett: Bett der Oder, Blau:<br />
überschwemmte Flächen infolge von Deichbrüchen.
Steinborn 417<br />
Fig. 3: Simulation der Ausbreitung des Hochwassers vom 31.1.95 für einen rechtsrheinischen Ausschnitt<br />
des Bonner Stadtgebietes bei einem Wasserstand des Pegels Bonn von 9,97 m. Dargestellt ist<br />
die erwartete Ausbreitung der Wasserfläche <strong>und</strong> zusätzlich im linken unteren Quadranten die Wassertiefe.<br />
Zur Identifikation betroffener Gebäude <strong>und</strong> Straßenzüge ist ein Ausschnitt der DGK 5 unterlagert.<br />
Ein Vergleich mit der Messung der Wasserlinie ergab optimale Übereinstrimmung (Braun et al.<br />
in Steinborn 1997/2000).
418<br />
(a):<br />
(b):<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
Izmit<br />
Epicenter<br />
Eurasian Plate<br />
The North Anatolian Fault<br />
Anatolian Plate<br />
Fig. 4: Die Plattenverschiebung in Ost-West-Richtung des Erdbebens von Izmit wurde radarinterferometrisch<br />
an Hand von zwei Bildpaaren des europäischen ERS-Satelliten vor <strong>und</strong> nach dem<br />
Ereignis untersucht. Die Auswertung des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) zeigt coseismische<br />
Deformationen des Erdbebens vom 17. August 1999, errechnet aus ERS-SLC Daten mit<br />
Hilfe der INSAR-Technik. Die Interferenzmuster sind ein Maß für die relativen Oberflächenverschiebungen<br />
im Zeitraum zwischen 12.08. <strong>und</strong> 16.09. entlang der Nordanatolischen Störung in der Nähe<br />
des Epizentrums. Jeder "Fringe" (Farbzyklus) repräsentiert eine Bewegungsänderung von 2.8 cm in<br />
Richtung des Satelliten, die sich aus einer Horizontaldifferenz von 18 cm <strong>und</strong>/oder einer Vertikaldifferenz<br />
von 3 cm zusammensetzt. Die höchste Dichte der „Fringes“ findet sich erwartungsgemäß in der<br />
Nähe des Epizentrums. Der berechnete Gesamtbetrag der relativen dextralen Verschiebung an den<br />
Plattenrändern liegt dort bei 4 Metern.
(a):<br />
(b):<br />
Steinborn 419<br />
Fig. 5: Bodensenkungen als Bergbaufolge (Beispiel Bochum-Höntrop im Januar 2000) können in<br />
Form von Interferenzmustern mit Radarsatelliten dokumentiert werden. Die Methode arbeitet besonders<br />
gut in Siedlungsgebieten, da störende Überlagerungen durch bewegte Vegetation ausscheiden.<br />
Die ca. 2,5 km breiten Ausschnitte aus dem Ruhrgebiet zeigen eine Absenkung von ca. 11 cm (in Richtung<br />
des beobachtenden Satelliten) innerhalb 71 Tagen im Herbst 1995 <strong>und</strong> eine weitere, wohl mit<br />
dem Abbaufortschritt Richtung Osten entstandene, von ca. 6 cm im Herbst 1996. Jeder Farbzyklus<br />
entspricht 2.8 cm (Wegmüller et al. 2000).
420<br />
(a):<br />
(b):<br />
7. <strong>Fernerk<strong>und</strong>ung</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />
Fig. 6: Die Aufnahme (a aus http://www.spaceimaging.com) von Manhattan des IKONOS mit 1m<br />
Auflösung aus 680 km Höhe vom 15.9.2001 zeigt die Fähigkeit von Satelliten, selbst bei Ausfall aller<br />
übrigen Möglichkeiten (Flugverbot) Lagebilder zu erzeugen, die beispielsweise bei der Einteilung von<br />
Verkehrsrestriktionen oder Hilfseinsätzen Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen bieten können (b aus Barnes<br />
2001).