20.04.2013 Aufrufe

Süddeutsche Zeitung, Montag 30

Süddeutsche Zeitung, Montag 30

Süddeutsche Zeitung, Montag 30

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Dialekten. „Würde sich einer freiwillig über den Kamin hängen und den Rauch<br />

inhalieren?“, fragt er in schönstem Bayerisch. „Oder an den Auspuff eines Wagens,<br />

oder sich gegen die Windrichtung ans Lagerfeuer setzen und tief einatmen?“ Dazu<br />

führt er seine Lippen ganz dicht ans Mikrofon, saugt und erzeugt ein<br />

ohrenbetäubendes Geräusch, das durch die gefüllte Aula hallt. „Die Jugendlichen<br />

denken sich, jetzt kommt da ein alter Sack und erzählt mir, was ich nicht tun darf,“<br />

erzählt Gulp. Wenn das stimmt, ändern sie diese Meinung schnell. Die Schüler<br />

lachen. Nicht zuletzt, weil auch Gulp heute lachen muss. Auch für ihn ist es heute<br />

„etwas völlig Neues und Frisches“. Denn die Gebärden-Dolmetscherin Susanne John<br />

Wuol übersetzt jeden Witz parallel. Dabei gestikuliert sie sehr intensiv. „Saugut! Ich<br />

nehm’ Dich jetzt immer mit“, sagt Gulp. Für John Wuol ist es das erste Mal, dass sie<br />

ein Kabarett übersetzt. „Um den Witz rüberzubringen musste ich es mir vorher auf<br />

DVD genau anschauen“, erzählt sie. „Es macht großen Spaß, aber es ist auch<br />

ziemlich anstrengend.“<br />

Gulp spricht mit dem Publikum, fragt, wer schon einmal gekifft habe und erzählt von<br />

seinem Wohnort, dem Chiemgau. Dieser sei einmal das größte Hanfanbaugebiet<br />

Deutschlands gewesen. Und dass er dort einmal eine Oma getroffen habe, die in<br />

ihrer Jugend auch „beim Festeln a bisserl a Kraut graucht“ habe. „Von Verboten halte<br />

ich gar nichts, aber ich bitte euch, die Birne einzuschalten“, spricht Gulp ins<br />

Publikum. Er sagt, dass es völlig normal sei, Dinge auszuprobieren. Aber dass es<br />

ebenso wichtig sei, auf seinen Körper zu hören. „Dieses Drübersein ist das Problem,<br />

darum geht’s.“<br />

Gegen Ende wird Gulp ernster. Er erzählt von einem jungen Mann, der wegen seiner<br />

Drogensucht gestorben ist. Eine wahre Geschichte. Er hat den jungen Mann sterben<br />

sehen. Die 200 Schüler blicken ihn aufmerksam an. Jetzt nicht irritiert, sondern<br />

konzentriert. Der Mann, der vor knapp zwei Stunden zu Sex Machine über die Bühne<br />

wirbelte, spricht jetzt leiser. Er bedankt sich bei den Jugendlichen, dass sie einem<br />

alten Sack wie ihm zugehört hätten.<br />

© <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH, München Seite 2 von 2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!