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Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 03.09.199

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Detailaufnahme der Altstadt von Rothenburg ob der Tauber.) Anlage 16 bildet eine<br />

typische Tonziegeleindeckung (Ausschnitt) mit Merkmalen der Verwitterung, Abwitterung<br />

und Patina (einschließlich Flechten und Moos) ab. Nicht überzeugend ist<br />

angesichts <strong>des</strong>sen nach Meinung der Kammer die Wertung <strong>des</strong> Gutachters, daß die<br />

Festlegung im Bebauungsplan zu unbestimmt sei, um das angestrebte Ziel zu<br />

erreichen. Der Gutachter verkennt dabei die anzustrebende Regelungsdichte von<br />

Festlegungen eines Bebauungsplanes. Sonach hätte die Beigeladene keine weiter<br />

detaillierte Aussage in ihrem Bebauungsplan darüber aufnehmen müssen, ob<br />

beispielsweise nur nichtglasierte und nichtengobierten Ziegel zulässig sein sollen.<br />

Ausschlaggebend ist vielmehr, daß Tondachziegel aus den <strong>vom</strong> Gutachter selbst<br />

dargelegten Gründen typischerweise andere witterungsbedingte Erscheinungsformen<br />

zeitigen können als Betondachsteine. Daß dies in Einzelfällen anders sein kann, ist<br />

hingegen bei der Erstellung einer Satzung nicht maßgeblich. Eine Satzung hat (und<br />

kann sinnvollerweise nur) als abstrakt geltende Rechtsvorschrift - im Gegensatz zu<br />

den einzelfallregelnden Verwaltungsakten - typisierende Festlegungen zu treffen. Bei<br />

typisierenden Festlegungen muß in<strong>des</strong> in Kauf genommen werden, daß nicht alle zu<br />

erfassenden Sachverhalte gleichmäßig erfaßt und einer optimalen Lösung zugeführt<br />

werden. Hätte die Beigeladene eine solche, noch weiter präzisierende Festlegung (z.<br />

B. nur nicht oberflächenbehandelte oder glasierte Tonziegel) aufgestellt, so wären die<br />

Bauherrn noch weiter eingeschränkt worden. Gegen die Einschränkungen wehrt sich<br />

der Kläger in<strong>des</strong>. Bei der geltenden Regelung <strong>des</strong> Bebauungsplanes kann er<br />

wenigstens frei wählen, welche Art von Tonziegeln er verwenden möchte. Er darf zu<br />

den billigsten greifen. Außerdem ermöglicht der Bebauungsplan so eine Vielfalt unter<br />

den verschiedenen Tonziegeln. Jedenfalls das ist ein wichtiger Gesichtspunkt - soll der<br />

Bebauungsplan die Zerstörung der weitgehend erhaltenen "Dachlandschaft" in der<br />

Altstadt von Wolfhagen durch eine allmählich um sich greifende Eindeckung der<br />

Dächer mit Betondachsteinen verhindern, Dieser Gefahr, die <strong>des</strong>halb besteht, weil<br />

Betondachsteine (wenn auch nur geringfügig) billiger sind als Tonziegel, durfte der<br />

Bebauungsplan durch die hier strittige Festlegung begegnen. Für diese Zweckbestimmung<br />

taugt die Vorschrift auch.<br />

Nach alledem kann von einem Abwägungsfehler nicht die Rede sein. Auch eine<br />

Ausnahme oder eine Befreiung nach § 31 BauGB (hier anzuwenden nach § 236<br />

BauGB) kommt nicht in Betracht. Eine Ausnahme (s. § 31 BauGB) sieht der<br />

Bebauungsplan nicht vor. Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung sind nicht<br />

gegeben (s. § 31 Abs. 2 BauGB). Weder erfordert dies das Wohl der Allgemeinheit<br />

(Nr. 1), noch ist die Abweichung städtebaulich vertretbar, noch führt die Anwendung<br />

<strong>des</strong> Bebauungsplanes zu einer unzumutbaren Härte (Nr. 3, siehe hierzu auch oben S.<br />

12 - die Bemerkungen zur Zumutbarkeit). Es ist vielmehr so, daß die Gesichtspunkte<br />

<strong>des</strong> Denkmalschutz die Anwendung der strittigen Festsetzung erfordern.<br />

Abgedruckt in: DSI 04/1994, Seite 64-71

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